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Richard David Precht

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John Stuart Mill (1806-1873)

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Der Philosoph John Stuart Mill und der Utilitarismus

Facharbeit im Unterrichtsfach Ethik

von Lisa Behner und Jonas Prauß

Georg-Christoph-Lichtenberg-Schule Kassel

Schuljahr: 2008/2009

Klasse:11f

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung! 4

2. Die Biographie von John Stuart Mill ! 5

3. Die Entwicklung der philosophischen Einstellung John Stuart Mills ! 5

4. Die Grundgedanken des Utilitarismus ! 7

5. Anwendung des Utilitarismus auf aktuelle Bezüge ! 8

6. Die Kritik des Utilitarismus ! 9

7. Zusammenfassung! 10

8. Quellenverzeichnis! 11

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1. Einleitung

In der folgenden Facharbeit werden wir uns mit John Stuart Mill und seinen philosophischen und ethischen Standpunkten befassen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Utilitarismus.

Wir haben John Stuart Mill und den Utilitarismus gewählt, da wir dieses Thema noch nicht im Unterricht behandelt hatten. Der Name Mill war uns zwar im Zusammenhang mit der industriellen Revolution in England ein Begriff, doch wurde uns sein Wirken nicht näher erläutert. Im Rahmen unseres Ethikunterrichtes in der Jahrgangsstufe 11 / I an der Lichtenbergschule entwickelte sich die Interesse an dieser Thematik.

Mills Geburtsland Großbritannien gilt als Mutterland der modernen industriellen Revolution. Die enormen technischen Entwicklungen im 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts hatten maßgeblichen Einfluss auf die Politik des Landes und es entstanden zahlreiche theoretische Vorstellungen von Gesellschaft und Staat, darunter auch die von John Stuart Mill.

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2. Die Biographie von John Stuart Mill

John Stuart Mill wurde am 20. Mai 1806 in Pentonville in der Nähe von London als erstes von neun Kindern geboren. Sein Vater, James Mill, ein anerkannter Verfasser" wirtschaftlicher und philosophischer Werke, hatte großen Einfluss auf seinen Sohn John Stuart. Sein Ziel war die Schaffung eines Genies, weshalb sein Sohn schon mit drei Jahren Griechisch lernen musste. Im weiteren Verlauf folgten die Sprachen Deutsch, Latein und Französisch. John Stuart Mill las im Alter von sieben Jahren bereits Werke von Platon, unterrichtete seine Geschwister in Latein und begann Arithmetik zu studieren. Einige Jahre später zog es ihn nach Montpellier in Frankreich, wo er Chemie, Mathematik, Logik, Metaphysik und auch Zoologie studierte.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er weder Kontakt zu Gleichaltrigen noch irgendwelche Hobbys. Erst als er vorübergehend bei seinem Bruder in Frankreich lebte, schloss er Freundschaften und unternahm körperlich Aktivitäten wie z.B. Reiten, Fechten und Schwimmen. Außerdem begeisterte er sich für die Botanik und für die Ideale der französischen Revolution.

1821 zog er zurück nach England und gründete mit seinen Freunden die „Utilitarische Gesellschaft“. In dieser Gesellschaft wurden ethische, aber auch gesellschaftspolitische Fragen behandelt. Weitere drei Jahre später gründete John Stuart Mill die „London Debating Society“, wobei seine politischen Absichten sehr deutlich werden: Er fordert eine „reine“ Demokratie.1 "

3. Die Entwicklung der philosophischen Einstellung John Stuart Mills

Das Jahr 1826 war ein bedeutender Wendepunkt in seinem Leben: John Stuart Mill, der wie bereits erwähnt von seinem Vater sehr beeinflusst wurde, begann sich kritische Gedanken über dessen Ansichten zu machen. Diese Kritik verstärkte sich nach dem Tode seines Vaters im Jahre 1836.

Mill vertrat nun Ziele eines sozial ausgerichteten Liberalismus und besaß vor allem klare Vorstellungen in Fragen der Staatsorganisation. Die Hauptziel seiner politischen Vorstellung war die Freiheit des einzelnen Bürgers. Diese Freiheit dürfe nur eingeschränkt werden, um andere Bürger (des Staates) zu schützen, denn „der einzige Grund, aus dem die Menschheit - einzeln oder vereint - sich in die Handlungsfreiheit eines ihrer Mitglieder einzumischen befugt ist: sich selbst zu schützen. Dass der einzige Zweck, um dessentwillen man Zugang gegen den Willen eines Mitgliedes einer

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1 http://de.wikipedia.org/wiki/John_Stuart_Mil

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zivilisierten Gesellschaft rechtmäßig ausüben darf, ist die Schädigung anderer zu verhüten“.2

Nach Mills Meinung ist auch die „freie Entwicklung und Entfaltung der Persönlichkeit“ ein wichtiger Aspekt im Leben. Zudem sieht er die staatlichen Strukturen als hilfreich an, damit die Rechte der Menschen erhalten bleiben. Jedoch fordert er mehr politische Mitbestimmung für alle Bürger.

Ebenfalls entwarf Mill ein modifiziertes Mehrklassenwahlrecht. Durch dieses Wahlsystem wollte er verhindern, dass nicht nur die ’ungebildeten Reichen‘ ein Mitspracherecht hätten, sondern vorallem der Bildungsstandart ausschlaggebend sein sollte.

Ein weiteres wichtiges Ereignis in John Stuarts Leben war die Begegnung mit "seiner späteren Frau Harriet Taylor im Jahre 1830, die jedoch bereits im Winter 1858 stirbt.""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""

Sieben Jahre nach diesem Schicksalsschlag zieht Mill für die liberale Partei Whig ins Parlament ein und wird Abgeordneter des Unterhauses. Dabei machte er sich, vor allem beeinflusst durch die Ansichten seiner toten Ehefrau Harriet, für die Rechte der Frauen stark und fordert, dass auch sie wählen dürften. Dabei stößt er zuerst auf große Zustimmung. Doch schon ein Jahr später wird John Stuart wieder abgewählt, da seine Anhänger seine Arbeit für unzureichend erklärten, was er später mit der Bemerkung „Ich wurde hinaus geworfen!“ kommentierte."""

Nach dieser „Niederlage“ zieht Mill sich zurück nach Frankreich. Dort, in Avignon, stirbt er am 8. Mai 1873."""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""" """"""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""

Im Laufe seines Lebens hat John Stuart Mill wichtige philosophische Werke verfasst wie z.B. „On Liberty” aus dem Jahr 1859, in dem er die Entfaltung des Individuums begründet.3 4

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2 vgl. wikipedia.de a.a.O.

3 vgl. ebenda

4 Die biographischen Daten sind auf den Internetseiten http://www.whoswho.de/templ/te_bio.php?PID=1275&RID=1 und"http://de.wikipedia.org/wiki/John_Stuart_Mill, http://www.philolex.de/mill.htm, und" http://www.bautz.de/bbkl/m/mill.shtml zu finden, sowie in „Standpunkte der Ethik“ von Ferdinand Schöning aus dem Jahr 2005

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4. Die Grundgedanken des Utilitarismus

Die utilitaristische Ethik ist eine häufig diskutierte und kritisierte moralphilosophische Theorie. Diese Philosophie entstand im 18. Jahrhundert und wurde von Jeremy Bentham und John Stuart Mill entwickelt.5

Handlungen sind nur moralisch gut und richtig, wenn sie für die Gemeinschaft nützlich sind. Diese Aussage ist die Grundlage des Utilitarismus und gilt als das so genannte „Nützlichkeitsprinzip“.

Ein weiteres großes Teilgebiet des Utilitarismus ist das „Maximum-Happiness-Principle“.„Jene Handlung, die das größtmögliche Glück für die größtmögliche Anzahl an Menschen hervorbringt, ist die moralisch richtigste“.

Ausgehend von diesen Leitsätzen kann man sagen, dass der Utilitarismus eine eudämonistische Ethik ist. Im Eudämonismus steht das schöne Leben und das Streben nach Glück im Mittelpunkt. Da im Utilitarismus nicht die Handlung an sich wertvoll ist, sondern die Folge aus der Handlung gewertet wird, kann man sagen, dass diese ethische Form konsequentialistisch ist.6

Sir Jeremy Bentham und sein Schüler John Stuart Mill waren die Begründer des Utilitarismus und haben ihn systematisch entwickelt. Für Bentham war eine Handlung nur dann nützlich, wenn sie der Gemeinschaft diente. So war seiner Meinung nach das Leiden eines Einzelnen nach einer Handlung unbedeutend, wenn mehrere Personen davon profitierten. Obwohl Bentham und Mill den Utilitarismus gemeinsam entwickelt haben, gab es dennoch Meinungsverschiedenheiten.

Bentham war es, der das Nützlichkeitsprinzip aufstellte, an dem alle Handlungen moralisch gemessen werden sollten. Bentham vertrat außerdem eine hedonistische Position. Er war der Meinung, dass der Begriff des Glücks durch den der Lust definiert werden müsse. Jeder solle nach Glück für sich selbst und die Gemeinschaft streben. Ähnlich wie der Eudämonismus steht das Streben nach Glück auch beim Hedonismus im Mittelpunkt. In diesen Punkten war Mill mit Bentham einer Meinung.Mill kritisierte dennoch, dass Bentham in seinen Lehren die Qualität und Quantität von Glück, Lust oder Unlust außer Acht lässt. Eine intellektuelle Handlung habe demnach keinen höheren Stellenwert als eine mit Lust verbundene Handlung. Mill distanziert sich von diesem Punkt und schreibt: „Es ist unbestreitbar, dass ein Wesen mit geringerer Fähigkeit zum Genuss die besten Aussichten hat, voll zufrieden gestellt zu werden; während ein Wesen von höheren Fähigkeiten stets das Gefühl haben wird, dass alles Glück der Welt, so wie sie beschaffen ist, erwarten kann, unvollkommen ist."7

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5 www.politlounge.de/essays/klassischer_utilitarismus.pdf

6 Informationen zu den Prinzipien des Utilitarismus auf http://de.wikipedia.org/wiki/Utilitarismus

7 vgl. http://www.hausarbeiten.de/faecher/vorschau/101864.html

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5. Anwendung des Utilitarismus auf aktuelle Bezüge

Nachdem oben das Prinzip und der Grundgedanke des Utilitarismus erläutert wurde, sollen im Folgenden konkrete Beispiel vorgestellt werden.

5.1 Der Kindsmörder Gäfgen

Im September 2002 hat der 28-jährige Gerichtsreferendar Magnus Gäfgen den elfjährigen Frankfurter Bankierssohn Jakob von Metzler entführt und grausam erstickt. Erst nach Androhung von Folter durch einen Spezialisten hatte Gäfgen die Polizei zu dem Versteck des Jungen geführt, der zu dem Zeitpunkt aber bereits tot war. Im Sinne der Menschenrechte ist auch eine Androhung der Folter eine nicht zulässige Handlung. Aber nach dem Grundprinzip des Utilitarismus wäre im Nachhinein dieses Verhalten des damaligen Polizeipräsidenten Daschner zu akzeptieren, wie auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zugestand und deswegen die Folteranklage von Gäfgen fallen ließ.8 Die Androhung von Folter wäre nach dem Prinzip des Utilitarismus zu rechtfertigen, da nicht nur das Leben des Bankierssohn gerettet werden könnte, sondern auch das Glück der Bankiersfamilie mit einbezogen werden müsse, was damit insgesamt höher wiege als eine (angedrohte, mögliche) Folter.

5.2 Die Abtreibung

Die 16-jährige Gymnasiastin Petra K. ist ungewollt schwanger. Doch eine Abtreibung empfindet sie als Tötung und möchte das Kind aus diesem Grund behalten. Allerdings ist ihr Freund nicht einverstanden und stellt unmissverständlich klar, dass er sie nicht unterstützen werde. Ihre Beziehung zerbricht. Als sich das Mädchen nun an ihre Eltern wendet, erhält sie sowohl von ihnen, aber auch von den Eltern des Vaters zwar Unterstützung, zugleich aber auch Vorwürfe. Es gibt aber noch weitere Probleme. Die Gymnasiastin möchte später Medizin studieren und benötigt einen guten Abschluss. Dies ist ihrer Ansicht nach mit einem Kind aber sehr schwierig. Von Tag zu Tag wird sie nachdenklicher und überlegt, ob sie das Kind nicht doch abtreiben lassen solle. Sie steht also vor einer sehr schwierigen Entscheidung: Ist ihre berufliche Zukunft so wichtig, dass sie dafür das ungeborene Kind abtreiben lässt?

Auch an diesem Beispiel wird das Grundprinzip des Utilitarismus deutlich. Die Folgen einer Handlung und die Interessen der Betroffenen müssen berücksichtigt werden, was an diesem konkreten Beispiel deutlich komplexer ist. Einerseits möchte die Betroffene einen guten Schulabschluss und somit eine gesicherte Zukunft erreichen. Andererseits

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8 vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Magnus_G%C3%A4fgen

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geht dies ihrer Meinung nach nur, wenn sie ihre Schwangerschaft abbricht. Dem utilitaristischen Prinzip folgend gibt es keine einfache Lösung, da nicht nur Petras Interessen und das ihres Kindes im Vordergrund stehen, sondern auch die ihres Freundes und die der Eltern berücksichtigt werden müssen.9

6. Die Kritik des Utilitarismus

Utilitarismus leitet sich von englischen Wort „utility“ ab, was übersetzt ’nützlich’ bedeutet. Es entsteht der Eindruck, dass der Utilitarismus nur materialistisch und unsozial sei. Daher benutzt man meistens Begriffe wie individuelles Wohl oder Glück, um Missverständnisse zu vermeiden.

Im Utilitarismus dreht sich alles überwiegend um Glück, Wohlergehen und Nützlichkeit. Weitere ethische Werte wie Freiheit, Gleichheit oder Gerechtigkeit werden weitgehend ignoriert. Somit kann es zu einer Situation kommen, in der der Utilitarismus zu Handlungen rät, die von anderen Ethiken als vollkommen unmoralisch und falsch angesehen wird, wie z.B. die Androhung von Folter und die Rechtfertigung von Abtreibung.Ein weiterer zentraler Kritikpunkt ist die Frage nach Gerechtigkeit. Zwar formulierte Bentham, dass die Reduzierung der eigenen Wünsche auch Freude, Glück und Vergnügen hervorbringen kann (noble enjoyment of justice), aber das Gerechtigkeitsproblem ist dadurch nicht gelöst. Im Utilitarismus werden die Ansprüche auf elementare Menschenrechte und Gleichheit übergangen und der Einzelne zählt wenig im Vergleich zum Wohl der Gemeinschaft.Außerdem spielen im Utilitarismus die Begriffe der Lust und Unlust eine große Rolle.Da jeder Mensch individuell ist, sind demnach auch seine Verhaltensweisen unterschiedlich ausgeprägt und seine Handlungen nicht immer voraussehbar und manchmal auch unberechenbar, d.h. die Handlungen sind im modernen Sinne moralisch anfechtbar. Darf man einen zweifelhaften Weg wählen, um später ein gutes Ergebnis vorzuweisen?Beispiel: Ein Unternehmer produziert billig im Ausland und zahlt deshalb weniger Lohn. Er verkauft dann seine günstig produzierte Ware in seinem Heimatland und erzielt hohe Gewinne. Dem Utilitarismus zufolge würde diese Handlung moralisch richtig sein, da mehr Menschen von der preiswerte Ware profitieren, als dass Menschen darunter leiden.Aktuelle Stichworte wie Kinderarbeit, Mindestlohn und Lebensstandard zeigen aber, dass das utilitaristische Prinzip von Mill in unserer modernen Gesellschaft nicht anwendbar ist.

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9 Die Anregung zu diesem Beispiel wurde aus „Standpunkte der Ethik“ von Ferdinand Schöningh aus dem Jahr 2005 entnommen

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7. Zusammenfassung

Wie oben erläutert, ist das Prinzip des Utilitarismus in der Praxis kaum anwendbar. Dennoch stellt er eine interessante Ethik da, die auf die Frage „Was soll ich tun?“ Lösungsansätze bietet.10

Bei der Untersuchung des Utilitarismus von den Anfängen im 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart fällt auf, dass er sich stets durch Diskussion und Kritik weiterentwickelt hat und in Zusammenarbeit mit anderen Teilgebieten der Philosophie und Ethik mittlerweile zu umfassenderen und sehr anspruchsvolleren Lösungen geführt hat.11

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10 vgl. Richard David Precht . Wer bin ich, und wenn ja wie viele? München 2007, 12.Auflage

11 vgl. http://ema.bonn.de/ethik/content/konzepte/utilitarismus.html#

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8. Quellenverzeichnis

http://de.wikipedia.org/wiki/John_Stuart_Mill

http://de.wikipedia.org/wiki/Utilitarismus

http://ema.bonn.de/ethik21/content/konzepte/utilitarismus.html#kritik

http://www.neuemoral.de/www_neuemoral_de/Philosophen/Utilitarismus/Grundzuge_des_Utilitarismus/grundzuge_des_utilitarismus.html

http://www.politlounge.de/essays/klassischer_utilitarismus.pdf

H. Nink (Hrsg.), Standpunkte der Ethik. Braunschweig 2005 (Ferdinand Schöningh-Verlag), 5. Aufl

Richard D. Precht. Wer bin ich, und wenn ja wie viele? München 2007, 12. Aufl.

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