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chon von jeher wurden polierte Kalkstein-, Marmor- und Granit- platten besonders gern und ver- schwenderisch in den schönsten Wer- ken der Baukunst eingesetzt. Nach einem Tag auf einer inter- nationalen Messe für Naturstein schwirrt einem förmlich der Kopf von der Vielzahl der verschiedenen Farben und Strukturen in Form von Kristallen und Fossilien, oder auch Falten, Brüchen oder Brekzien, die jedem Gestein seinen ganz eigenen Charak- ter verleihen. Geologen sind sich der den Steinen innewohnenden natürlichen Schön- heit wohl bewusst, aber sie spielen in der Steinbranche in der Regel nur eine untergeordnete Rolle – auch wenn sie bei der Identifizierung neuer Vorkom- men oder der Beschaffung von geeig- neten Steinen für die Renovierung von historischen Gebäuden von größter Bedeutung sind. Während Generationen von Stein- hauern und Steinmetzen sich auf ihre Augen, ihre Werkzeuge und ihre Erfahrung verließen, um zu bestim- men, welche Steine beständig oder für eine bestimmte Verwendung geeignet waren, so erachtet man heute die Laboranalysen und Ge- steinsprüfungen durch einen Geolo- gen als unerlässlich, wenn es um die Wahl oder Spezifikation eines Mate- rials geht. Ein wichtiger Bestandteil des Prüfverfahrens ist die petrogra- fische Analyse eines nur 0,003 mm dicken Dünnschliffs mithilfe eines Polarisationsmikroskops. Dies wurde im Jahr 1849 von dem Engländer Henry Sorby erfunden und sorgte seinerzeit für große Belusti- gung. Insbesondere der Schweizer Geologe Saussure fand es »geradezu lächerlich, Berge durch ein Mikroskop zu betrachten«. Aber die Technik hat sich heute weitgehend etabliert und gilt als absolut unerlässliches Werk- zeug zur Untersuchung von Gestei- nen. Die petrografische Analyse dient der Gesteinsklassifizierung sowie der Bestimmung der hauptsächlichen Mi- neralien, der Korngröße, der Textur, der Porosität sowie der Art des natür- lichen Kitts. Außerdem kann unter dem Mikroskop festgestellt werden, ob Schadstoffe oder mikroskopische Risse vorhanden sind, die sich auf die Witterungsbeständigkeit des Steins auswirken können. Wenn Gesteinsdünnschliffe mit polarisiertem Licht durchleuchtet werden, wird dieses durch die innere Kristallstruktur der Minerale gebro- chen, wodurch eine Reihe von Farben 58 S10/09 Baustelle Unter dem Mikroskop betrachtet zeigen Gesteine ihre innere Schönheit. Mit digitaler Technik lassen sich daraus geradezu psychedelisch anmutende Bilder erschaffen. Von Scott Engering S www.glowingedges.co.uk mehr zum Thema Im Netz Serpentinit Schiefer Connemara-Marmor Serpentinit Psychedelic Rocks

Psychedelic Rocks

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Page 1: Psychedelic Rocks

chon von jeher wurden polierteKalkstein-, Marmor- und Granit-

platten besonders gern und ver-schwenderisch in den schönsten Wer-ken der Baukunst eingesetzt.

Nach einem Tag auf einer inter-nationalen Messe für Natursteinschwirrt einem förmlich der Kopf vonder Vielzahl der verschiedenen Farbenund Strukturen in Form von Kristallenund Fossilien, oder auch Falten, Brüchen oder Brekzien, die jedem Gestein seinen ganz eigenen Charak-ter verleihen.

Geologen sind sich der den Steineninnewohnenden natürlichen Schön-heit wohl bewusst, aber sie spielen inder Steinbranche in der Regel nur eineuntergeordnete Rolle – auch wenn siebei der Identifizierung neuer Vorkom-men oder der Beschaffung von geeig-neten Steinen für die Renovierung vonhistorischen Gebäuden von größterBedeutung sind.

Während Generationen von Stein-hauern und Steinmetzen sich auf ihreAugen, ihre Werkzeuge und ihre Erfahrung verließen, um zu bestim-men, welche Steine beständig oderfür eine bestimmte Verwendung geeignet waren, so erachtet manheute die Laboranalysen und Ge-steinsprüfungen durch einen Geolo-

gen als unerlässlich, wenn es um dieWahl oder Spezifikation eines Mate-rials geht. Ein wichtiger Bestandteildes Prüfverfahrens ist die petrogra-fische Analyse eines nur 0,003 mmdicken Dünnschliffs mithilfe eines Polarisationsmikroskops.

Dies wurde im Jahr 1849 von demEngländer Henry Sorby erfunden undsorgte seinerzeit für große Belusti-gung. Insbesondere der SchweizerGeologe Saussure fand es »geradezulächerlich, Berge durch ein Mikroskopzu betrachten«. Aber die Technik hatsich heute weitgehend etabliert undgilt als absolut unerlässliches Werk-zeug zur Untersuchung von Gestei-nen. Die petrografische Analyse dientder Gesteinsklassifizierung sowie derBestimmung der hauptsächlichen Mi-neralien, der Korngröße, der Textur,der Porosität sowie der Art des natür-lichen Kitts. Außerdem kann unterdem Mikroskop festgestellt werden,ob Schadstoffe oder mikroskopischeRisse vorhanden sind, die sich auf dieWitterungsbeständigkeit des Steinsauswirken können.

Wenn Gesteinsdünnschliffe mit polarisiertem Licht durchleuchtet werden, wird dieses durch die innereKristallstruktur der Minerale gebro-chen, wodurch eine Reihe von Farben

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Baustelle

Unter dem Mikroskopbetrachtet zeigen Gesteine

ihre innere Schönheit. Mit digitaler Technik lassen

sich daraus geradezupsychedelisch anmutende

Bilder erschaffen.

Von Scott Engering

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und Texturen entsteht, die je nachchemischer Zusammensetzung undOrientierung der einzelnen miteinan-der verketteten Kristalle variieren.Durch ein Polarisationsmikroskop be-trachtet erscheinen Mineralien wieQuarz, Feldspat oder Calcit, aus denendie meisten Sandsteine und Kalkstei-ne sowie viele Granit- und Marmorar-ten bestehen, auf den ersten Blicknicht besonders spektakulär. Die inschwarzem Granit, grünem serpenti-nisiertem Marmor oder anderenmetamorphen Gesteinen gefundenenMineralien können hingegen wahrlicherstaunlich sein.

Mithilfe von digitalen Techniken kön-nen aufgrund dieser natürlichen Cha-

rakteristika »Glowing Edges Designs«erschaffen werden, die psychedelischoder bizarr futuristisch anmuten. Alsgroßformatige Bilder beispielsweisekönnen sie ihre einzigartige Wirkungin modernen Arbeits- und Freizeit-räumen entfalten. u

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Scott Engering ist Geologe undund schreibt für internationaleNatursteinzeitschriften. Scott’s»Glowing Edges Designs« sindgroßformatige Bilder, entstan-den durch digital nachbearbei-tete Aufnahmen von Gesteins-dünnschliffen.

Autor

Natursteine wie Connemara-Marmor weisen eine außer-gewöhnliche Struktur auf.

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