Prof. Dr. Volker Ladenthin Moralerziehung als Thema der pädagogischen Fächergruppe Lehrstuhl für Historische und Systematische Erziehungswissenschaft [email protected]

Prof. Dr. Volker Ladenthin

Moralerziehung als Thema der pädagogischen Fächergruppe

Lehrstuhl für Historische und Systematische Erziehungswissenschaft

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Vorgaben zu den unterrichtlichen Voraussetzungen für die schriftlichen Prüfungen im Abitur in der gymnasialen

Oberstufe im Jahr 2012

Vorgaben für das Fach Erziehungswissenschaft

2.1. Inhaltliche Schwerpunkte Entwicklung und Sozialisation in der Kindheit Entwicklung, Sozialisation und Identität im Jugend- und ErwachsenenalterNormen und Ziele in der Erziehung Erziehung im Nationalsozialismus, insbesondere im Hinblick auf das Verhältnis von Pädagogik und Politik Bildungs- und schultheoretische Perspektiven nach PISA

Konzepte der Moralerziehung (unter besonderer Berücksichtigung des Modells von Kohlberg)

Konzepte interkultureller Pädagogik: Nieke, Holzbrecher (nur Leistungskurs)Identitätsbildung

Moralerziehung als Thema der pädagogischen Fachgruppe


(1)Moralische Erziehung geordnet

nach Zielen


nach Zielen

(4)Psychologie der Entwicklung der

moralischen Urteilsfähigkeit

(4)Psychologie der Entwicklung der

moralischen Urteilsfähigkeit


nach Konzepten der philosophischen Ethik


nach Konzepten der philosophischen Ethik

(3)Moralische Erziehung als

Pädagogisches Programm

(3)Moralische Erziehung als

Pädagogisches Programm

Grundbegriffe:

ethisch (aus dem Griechischen) = sittlich

moralisch (aus dem Lateinischen) = sittlich

sittlich: Handlungen, die die Würde der Person treffen

Ethik: Die Theorie moralischer Entscheidungen

Moralität: Moralische Kompetenz



(Mögliche) Ziele der Unterrichtsreihe „Konzepte der Moralerziehung“

1. Das (1) Wissen um, das (2) Analysieren und das (3)

Beurteilen von Konzepten der Moralerziehung

2. Fähigkeit, Urteile innerhalb von Konzepten

Moralischen Erziehens zu formulieren und

Handlungsverfahren zu entwickeln

3. Die Fähigkeit, Konzepte Moralischen Erziehens auf

Beispiele zu beziehen („erfahrungsanalog“)



Erziehung zu (1) Sitte, (2) Rechtsgehorsam oder

(3) Sittlichkeit



Systematische Entfaltung

1. Aspekt: Moralische Erziehung geordnet nach Zielen



1. Erziehung zur (Eingewöhnung in) Sitte







Der Kürschner



Zentrale Begriffe:

Praktischer Zirkel = Identität von Sachlichkeit und

Sittlichkeit

Einüben durch Ausüben = Identität von Leben/Handeln und

Lernen

Soziale Kontrolle des Lernens = Identität von Geltung und

Akzeptanz



Margaret Mead (1901-1978)

„Die Erziehung eines kleinen Kindes ist einfach.

Es soll ans Haus gewöhnt sein.“



2. Erziehung zum Rechtsgehorsam







Hammurabi

(1792 bis 1750 v. Chr.,

König von Babylonien)



Thomas Mann: Das Gesetz (Erzählung) – Sozialpädagogik als

Moralisierung



Gesetzestreue als Erziehungsziel

Moralische Erziehung als Rechtserziehung erklärt das faktisch

geltende Recht zum Ziel von Moralisierung

Leitbegriff: „Rechtsgehorsam“

Eltern und Lehrer sind Vertreter der Rechtsordnung

„Disziplin“ als ein Rechtssystem (Moralische Erziehung als

„Disziplinierung“)









„Rechtsgehorsam„: „ […] die

Bereitschaft, Gesetze in der Regel

auch dann anzuerkennen, wenn

einem ihre Begründung dunkel oder

mangelhaft erscheint.“

3. Erziehung zur Sittlichkeit









MENON: Kannst du mir sagen, Sokrates, ob die Tugend gelehrt

werden

kann? Oder ob nicht gelehrt, sondern nur geübt? Oder ob sie weder

angeübt noch angelernt werden kann, sondern von Natur den Menschen

einwohnt?

SOKRATES: Du scheinst mich für glückselig zu

halten, daß ich von der Tugend doch wenigstens

wissen soll, ob die lehrbar ist oder auf welche Art

man sonst dazu gelangt; ich aber bin soweit davon

entfernt, zu wissen, ob sie lehrbar ist oder nicht

lehrbar, daß ich nicht einmal dieses, was die Tugend

überhaupt ist, ordentlich weiß.“





Sitte Recht (Legalität) Sittlichkeit

Erziehung zur geltenden Sitte

Erziehung zum Rechtsgehorsam

Erziehung zur Sittlichkeit

Beschreibung geschlossener Kulturen (M.Mead)

Gesetze als Erziehungsziel;Disziplinierung als Mittel

PlatonRousseauKantHerbart

Aber:

Ist alles, was faktisch gilt, schon sittlich gut?

Aber:

Muss Recht nicht moralisch begründet werden?

Aber:

Wie setzt man richtige Einsichten sozial durch? (Recht haben/Recht bekommen)

(1) Materiale Ethiken, (2) Mitleidensethiken,

(3) Prinzipienethiken




2. Aspekt: Moralische Erziehung geordnet nach Konzepten der philosophischen Ethik



1. Materiale Ethiken

















2. Mitleidensethiken











"Wenn aber die Kraft einer expansiven Seele mich eins werden lässt mit meinen Mitmenschen und ich mich sozusagen in ihm fühle, dann will ich nicht, daß er leidet, weil ich nicht leiden will; ich interessiere mich aus Liebe zu mir selbst für ihn, und der Grund für dieses Gebot liegt in der Natur selbst, die mir das Verlangen nach eigenem Wohlsein eingibt, (…).

Daraus schließe ich, daß es nicht richtig ist, daß die Gebote des Naturgesetzes sich allein auf die Vernunft gründen; sie haben eine festere und sicherere Basis. Die aus der Selbstliebe kommende Menschenliebe ist das Prinzip der menschlichen Gerechtigkeit."





Andreas Gruschka

Projekt: Ontogenese der bürgerlichen Kälte

„Die Vorstellung von der Entwicklung des moralischen Urteils ist in den letzten Jahren vor allem mit den Studien von Kohlberg und seiner Schule verbunden worden. Seit 10 Jahren arbeiten wir an einer Alternative: (…) Im Medium dieser Widersprüche, die in unzähligen alltäglichen Konfliktsituationen von den Schüler erlebt werden, entwickelt sich ungleich stärker das moralische Urteil als in der unterrichtlichen Auseinandersetzung mit Moral als Moral.“ (Homepage Gruschka)



Compassion = Mitleid= Erbarmen= Mitgefühl=

Mitempfinden=

Barmherzigkeit





Mitleiden - Mitleid

Theorie des Mitleidens

Wie erzieht man zum Mitleiden 1?

Wie erzieht man zum Mitleiden 2?

Klausur

Wörterbuch,Rousseau (Emile)

Rousseau(2. Diskurs; Emile)

Rousseau: EmileLessing: Briefe (=Theater)

Compassion Adorno: Fehlende Empathie als Erklärung für Auschwitz

Erzählung/ Film: Hauff: Das Kalte Herz

Referat: Mitleid bei Schopen-hauer

Vorschlag für eine Unterrichtsreihe

3. Prinzipienetiken









Der Kategorische Imperativ

Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.



Immanuel Kant

"Kurz, [der Schüler] soll nicht Gedanken sondern denken lernen; man soll ihn nicht tragen sondern leiten, wenn man will, dass er in Zukunft von sich selbsten zu gehen geschickt sein soll."



Prinzipienethiken…

… geben Regeln zum Finden von Normen vor

… erfordern reflektierende Urteilskraft

… gehen von der Autonomie des Subjekts aus

… betrachten nicht das Verhalten sondern das Motiv oder die Begründung

… setzen die Mündigkeit des Handelnden voraus





„Methodenlehre der reinen praktischen Vernunft“in: „Kritik der praktischen Vernunft“ (12 Seiten)

„Ethische Methodenlehre“ in: „Metaphysik der Sitten“ (9

Seiten)



Ethik setzt den mündigen Menschen voraus. Die Pädagogik will dem Menschen zur

Mündigkeit verhelfen

Die Ethik benennt ein Ergebnis. Die Pädagogik gestaltet einen Prozess

Die Ethik gibt ein sittliches Urteil. Die Pädagogik lehrt die Befähigung zum

sittlichen Handeln

(1) J.F. Herbart und der Erziehende Unterricht

(2) Ethikunterricht /LER/RU

(3) Reformpädagogik




3. Aspekt: Moralische Erziehung als pädagogisches Programm



1. J.F. Herbart und der Erziehende Unterricht









Johann Friedrich Herbart (1776 – 1841)

„Und ich gestehe, keinen Begriff zu haben von Erziehung ohne Unterricht, sowie ich keinen Unterricht anerkenne, der nicht erzieht.“



J. F. Herbart, Über die ästhetische Darstellung der Welt als das Hauptgeschäft der Erziehung (1804)

„Machen, dass der Zögling sich selbst finde, als wählend das Gute, als verwerfend das Böse: dies oder nichts ist Charakterbildung! Dies Erhebung zur selbstbewussten Persönlichkeit soll ohne Zweifel im Gemüte des Zöglings selbst vorgehen und durch dessen eigene Tätigkeit vollzogen werden; es wäre Unsinn, wenn der Erzieher das eigentliche Wesen der Kraft dazu erschaffen und in die Seele eines anderen [Vorgaben/Regeln] hineinflößen wolle.“



Ziel der pädagogischen Handlung:pädagogische Handlung (nach Herbart):

Schutz des Kindes und der Gesellschaft vor Schaden Kinderregierung

Einsicht(Erziehender)Unterricht

Förderung des eigenen Willens Zucht



• Klarheit (des einzelnen Neuen)

• Assoziation (mit anderem bereits Bekanntem)

• System (als Ordnung und Einordnung in einen allgemeinen Zusammenhang)

• Methode (Anwendung des Erkannten)

Herbarts Formalstufen:



2. Ethikunterricht / LER / Religionsunterricht











Erziehender Unterricht Ethikunterricht / LER

Moralische Erziehung in jedem Unterricht

Moralische Erziehung in spezialisierten Fächern

Moralische Erziehung als Prinzip des Unterrichts

Moralische Erziehung als Thema eines Faches

3. Reformpädagogik









Hermann Lietz (1868-1919)

"Verzicht auf eigene Willkür zugunsten des Bestandes, der Sicherheit und der Wohlfahrt der Allgemeinheit war für mich die unerläßliche Ergänzung jener Freiheit.“



(Moralische) Erziehung im Unterricht

(Moralische) Erziehung im Schulleben

Unterricht führt zu Urteilsfähigkeit Schulleben nötigt zum Handeln

Unterscheiden Entscheiden

(1) Rousseau

(2) Lessing

(3) Piaget

(4) Kohlberg




4. und letzter Aspekt: Psychologie der Entwicklung der moralischen Urteilsfähigkeit



1. Rousseau









Rousseaus 4-Stufenmodell der Entwicklung strukturiert den „Emile“

2. Lessing









Lessing unterscheidet 3 (historische und individuelle) Stufen: Moralische Erziehung durch Strafe - Gesetz - Einsicht

3. Piaget









Piaget legt die kognitiven Stufungen auch auf Moral aus

4. Kohlberg









Lawrence Kohlberg (1927 - 1987)



Kohlbergs Modell ist ein psychologisches Analysemodell.

Kohlbergs Modell beschreibt allein kognitive Urteilsfähigkeit.

Kohlberg erarbeitet kein pädagogisches Handlungsmodell.



Kohlberg: Die Entwicklung der moralischen Urteilsfähigkeit





Moralische Erziehung geordnet nach Zielen

1) Sitte 2) Rechtsgehorsam 3) Sittlichkeit

Moralische Erziehung geordnet nach Zielen

1) Sitte 2) Rechtsgehorsam 3) Sittlichkeit

Psychologie der Entwicklung der moralischen Urteilsfähigkeit

1) Rousseau2) Lessing3) Piaget 4) Kohlberg

Psychologie der Entwicklung der moralischen Urteilsfähigkeit

1) Rousseau2) Lessing3) Piaget 4) Kohlberg

Moralische Erziehung geordnet nach Konzepten

der philosophischen Ethik

1) Materiale Ethiken2) Mitleidensethiken3) Prinzipienethiken

Moralische Erziehung geordnet nach Konzepten

der philosophischen Ethik

1) Materiale Ethiken2) Mitleidensethiken3) Prinzipienethiken

Moralische Erziehung als Pädagogisches Programm

1) Erziehender Unterricht2) Ethikunterricht/LER/RU3) Reformpädagogik

Moralische Erziehung als Pädagogisches Programm

1) Erziehender Unterricht2) Ethikunterricht/LER/RU3) Reformpädagogik

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Prof. Dr. Volker Ladenthin Moralerziehung als Thema der pädagogischen Fächergruppe Lehrstuhl für Historische und Systematische Erziehungswissenschaft [email protected]