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Fakultät für Chemie und Pharmazie Universität Regensburg Strukturaufklärung organischer Moleküle mit NMR-spektroskopischen Methoden Vorlesung für das 7. Semester im WS 0304 Prof. Armin Geyer

Prof. Armin Geyer Methoden Universität Regensburg Fakultät ... · Prinzip der magnetischen Reonanz, Bloch´sches Vektormodell, rotierendes Koordiantensystem, Relaxation, Spin-Echo,

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Fakultät für Chemie und PharmazieUniversität Regensburg

Strukturaufklärung organischerMoleküle mit NMR-spektroskopischen

Methoden

Vorlesung für das 7. Semester im WS 0304

Prof. Armin Geyer

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Inhalt

In den Kapiteln 1-7 geht es um die Zuordnung von Spinsystemen. In den Kapitel8 und 9 steht die Raumstruktur und Dynamik des Moleküls im Mittelpunkt.

Seite1. Informationsgehalt des NMR-SpektrumsLogische Verknüpfungsmuster und empirische Korrelationen

1

2. Strukturaufklärung mit COSY-Spektren2D-Spektroskopie als Verknüpfungsmatrix COSY

6

3. Strukturaufklärung mit CH-KorrelationenHMQC und long-range Korrelationen (HMBC)

9

4. Physikalische Grundlagen der PulsspektroskopiePrinzip der magnetischen Reonanz, Bloch´sches Vektormodell,rotierendes Koordiantensystem, Relaxation, Spin-Echo, InversionRecovery

20

5. Zustandekommen des 2D-Spektrums 32

6. Digitalisierung 38

7. Vom 13C-NMR zur invers detektierten CH-KorrelationenPolarisationstransfer, DEPT, INEPT, Zustandekommen von 2D CH-Korrelationenen

41

8. Dynamische NMR-SpektroskopieZeitskalen der Bewegung, Mittelung von NMR-Daten. Chemischerund konformationeller Austausch, Titration: Komplexierung, Lignad-Rezeptor-Wechselwirkungen

49

9. NOE-SpektroskopieNOESY, ROESY, SpindiffusionWasserstoffbrücken

56

Fehlt noch: 10. Magnetische Feldgradienten, Diffusion, DOSY

Gedankt sei allen, die durch ihre Moleküle bzw. ihre NMR-Fragestellungen zumInhalt dieses Skripts beigetragen haben. Insbesondere Frau Nikola Kastner-Pustet für das Schreiben und die Ausarbeitung vieler Beispiele.

Geyer, NMR-Spektroskopie 1

Ein paar wichtige Bemerkungen vorab:

Übungen unter http://www-oc.chemie.uni-regensburg.de/OCP/ch/chv/oc12/index.html

zum Runterladen. Das selbstständige Ausarbeiten von Lösungen ist die beste Kontrolle,ob man den Vorlesungsstoff verstanden hat. Die richtigen Lösungen werden in derVorlesung vorgestellt. Die Übungen dienen der Klausurvorbereitung. Dieses Skript sollkein Ersatz für den Besuch der Vorlesung oder dem Studium eines Lehrbuches sein. Esist nur eine knappe Übersicht über die behandelten Themengebiete. Als modernesLehrbuch parallel zur Vorlesung empfiehlt sich: T. D. W. Claridge High-resolution NMRtechniques in Organic Chemistry, Pergamon Press 1999. Wenig moderne Methodenaber schöne Molekülbeispiele, dynamische NMR-Spektroskopie finden sich in: H.Günther, NMR Spektroskopie (Thieme 1992). Viele Methoden, leider wenig erklärt: S.Braun, S. Berger, H. Kalinowski, 150 and more basic NMR experiments VCH 1998. On-line: NMR-GUIDE der Firma Bruker: http://www.bruker.de/guide/

Weiterführende Literatur: Protein NMR: J. N. S. Evans, Biomolecular NMRSpektroskopie, Oxfort Uni Press 1995

Vorwissen, GrundlagenVorlesung 3. Semester Spektroskopie in der OC.1H-NMR, 13C-NMR, chemische Verschiebung, Integrale, chemische bzw. magnetischeÄquvalenz, Spinsysteme höherer Ordnung. Zur Wiederholung: M. Hesse, H Meier, B.Zeeh, Spektroskopische Methoden in der organischen Chemie, Thieme 2002.

Inhalt der VorlesungIm Rahmen dieser Vorlesung geht es um die Charakterisierung organischerMolekülgerüste. Das heisst Verknüpfung, Substituenten, Chiralität, Dynamik undWechselwirkungen. Im Rahmen dieser Vorlesung werden „nur“ diskrete Moleküle imgelösten Zustand betrachtet. Nicht behandelt werden können paramagnetische Kerne,Festkörper-NMR etc. Abgrenzung zu Lehrverantaltungen der Analytischen Chemie: Dortgeht es um den Nachweis oder die Bestimmung der Konzentration bzw. der Verteilungorganischer Moleküle in einer komplexen Matrix (Sensorik). Abgrenzung zuLehrverantaltungen der Physikalischen Chemie: Dort geht es um die Prinzipien derWechselwirkung elektromagnetischer Strahlung mit Materie.

Häufige Abkürzungen = chemische Verschiebung, = Chemische Verschiebungsdifferenz zweier Signale,

I = Integral, J = Spin-Spin-Kopplung, 2JC,H = 13C-1H-Kopplung über zwei Bindungen,M = Multiplizität, NOE = Nuclear Overhauser Effect, c = Korrelationszeit

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Geyer, NMR-Spektroskopie 2

NMR-spektroskopische Strukturaufklärung in der OCIR, Raman, UV, NMR-Spektroskopie, Kristallstrukturanalyse, etc..., zahlreiche Methodenstehen uns heute für die Strukturaufklärung unbekannter neuer Moleküle zur Verfügung.Darunter gibt keine „beste“ Methode, es kommt immer nur auf die Fragestellung an, dieman (frau oder student) beantworten will. Ein paar wichtige Punkte vorab, die die NMR-Spektroskopie ganz grundsätzlich von anderen Methoden unterscheidet.

Im NMR-Spektrum kann jedem Resonanzsignal genau ein Atom zugeordnet werden(bzw. chemisch äquivalente Atome). Das ist ein enormer Vorteil bei der Aufklärung vonCH-Gerüsten, da man die Resonanzlinien abzählen kann. In der IR- bzw. UV-Spektroskopie gibt es keinen vergleichbaren einfachen Zusammenhang zwischen derAnzahl der Atome und der Anzahl der Linien im Spektrum.

Bei sehr großen Molekülen beobachtet man jedoch sehr viele Linien im NMR-Spektrumund der Vorteil kehrt sich ins Gegenteil um. Zahlreiche Resonanzlinien sind überlagertund können nicht mehr separiert (aufgelöst) werden. Da kommt uns die zweiteBesonderheit der NMR zu Hilfe, nämlich die Langlebigkeit der angeregten Zustände. Sieerlaubt uns die Beobachtung von Kernpaaren (zweidimensionale Spektroskopie). Einsolches Paar kann beispielsweise aus einem C und dem daran gebundenem Hbestehen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zufällig gleiche Frequenzpaare gibt, istgering. Erst bei Proteinen muss man auf die dreidimensionale Spektroskopie erweitern,die "Frequenztrios" verknüpft.

In dieser Tabelle nimmt nach unten die Qualität der Information von oben nach unten zu.Gleichzeitig spiegelt sie auch die historische Entwicklung des Molekülbegriffs wieder.

Strukturaufklärung NMR ParameterElementaranalyse Kernisotop Nur ½-Spin-Kerne: 1H, 13C, 31P, 15N, 19F

Summenformel Integral Jedes Atom erscheint genau einmal

Funktionelle Gruppen Ringstrom etc.

Konstitution J Atomverknüpfungen, Spinsysteme

Stereostruktur Karplus etc. Topizität

Konformation NOE Globales Minimum

Dynamik Relaxation von Picosekunden bis Echtzeitmessung

Wechselwirkung Titration Komplexierung

Funktion Protein-NMR regelbare Mehrkomponentensysteme

Geyer, NMR-Spektroskopie 3

1. Informationsgehalt des NMR-Spektrums, Verknüpfungsmatrix

Möglichkeit 1: 1H-NMR als „Fingerabdruck“. Identifizierung des Moleküls durchVergleich mit Spektrenkatalog, Das funktioniert aber nur für bereitsbekannte Moleküle.

Möglichkeit 2: Mit Zusatzinformationen (Masse, CHN-Analyse) zur eindeutigenStrukturaufklärung, „Strukturbeweis“, d. h. zu diesem Spektrum kann nureine Molekülstruktur passen und umgekehrt.

1.) SignallageChemische Verschiebung in ppm Jedes Atom erscheint genau einmal

imSpektrum.....

2.) Relative Signalintensität (Integral)CH : CH2 : CH3 1 : 2 : 3

... mit festgelegter Signalintensität...

3.) Multiplizität: J-Kopplung

2JH,H geminal

3JH,H vicinal

1JC,H heteronuclearC13H

X CHH

CHH ... und informiert über die

benachbarten Atome.

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Geyer, NMR-Spektroskopie 4

Ein Spinsystem besteht aus einer Gruppevon Kernen, die miteinander Koppeln. Dasgezeigte Dipeptid besteht aus dreiProtonenspinsystemen

Probleme:- Spinsysteme höherer Ordnung JAB > AB- Molekülsymmetrie gleiche / ungleiche Gruppen- Dynamische Prozesse zeitliche Mitteilung von NMR-Parametern

Rotation um Einfachbindungenchemischer Austausch etc.

chemische Äquivalenz magnetische ÄquivalenzIsochrone Kerne mit unter-schiedlicher J-Kopplung zuNachbarkernen

isochrone Kerne mit gleicherSpin-Spin-Wechselwirkung zuNachbarkernen

F

FH

HAA'XX'

H

F

H

FA2X2

ZuordnungsstrategieEin einfaches Beispiel: Diisopropylether

[ppm] 3.6 1.1Int. 1 6M Septett Dublett

Die moderne NMR gibt uns viele Möglichkeiten nicht nur Signale zu zählen, sondernKorrelationen (Verknüpfungen) zwischen Atomen aufzustellen.

O

NN

O CH3

OH

H

OH

O

Geyer, NMR-Spektroskopie 5

Harte Information Weiche InformationLogisches Verknüpfungsmuster,Ja/Nein-Entscheidungen

- Intensität 1 : 6

- Multiplizität Septett 6 gleicheNachbarn

Empirische Zusammenhänge, Vergleich mitanderen Spektren

ca. 1 ppm Alkyl im 1H-NMR

Je komplexer das Molekül, desto wichtiger wird die „harte“ Information. EmpirischeDaten sind fehleranfällig Wenn 100 Resonanzsignale mit jeweils 99%iger Sicherheitzugeordnet werden, dann ist die Zuordnung mit 65%iger Wahrscheinlichkeit falsch. Wirwollen eine sichere Strategie der Signalzuordnung entwickeln. Diese muss aufmöglichst wenig empirischer Korrelation und auf maximal viel harterVerknüpfungsinformation beruhen.

Wir stellen Moleküle gewöhnlich durch über Bindungsstriche verknüpfte Atome dar.Man kann jedoch auch die Atomnummern in einer Kolonne (senkrecht) und danebennochmal in einer Reihe (waagrecht) anordnen, um dann die Atombindungen in denjeweiligen Matrixelementen einzutragen. Genauso funktioniert die Datenbankrechercheüber den Computer. Die aufgezeichnete Struktur wird in eine Verknüpfungsmatrixzerlegt und mit gespeicherten Matrizen verglichen. Eine Teilmatrix wird erstellt, wenneinige Substituenten nicht festgelegt sind. (Hier z. B. Rest R)

Aufgabe: Aufstellen der Verknüpfungsmatrix der aller Protonen, die über zwei oder dreiBindungen voneinander getrennt sind. Es soll nur die Abfolge der H festgelegt werden.(X = Verknüpfung, leer = mehr als 3 Bindungen voneinander entfernt.)

2 3 4 5 6 6‘

6‘ X X

6 X X

5 X X X

4 X X

3 X X

2 X

Die Diagonalelemente verlaufen von rechts oben nach links unten, also gespiegelt zurMatrix, wie sie uns aus der Mathematik vertraut ist (l. o. nach r. u.)

Toll wäre eine experimentelle Methode, die uns von einem unbekannten Molekül einederartige Informationsmatrix liefert. Unbekanntes Molekül Spektroskop. Experiment

VerknüpfungsmatrixGibt es dieses Messung? Ja!

O

ODDO

CO2RN3

1

234

5

6

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Geyer, NMR-Spektroskopie 6

2. COSY Correlated Spectroscopy

Die Projektion entspricht dem 1D-Spektrum. COSY-Spektren sind symmetrischbezüglich der Diagonale. Diagonalsignale haben in beiden Dimensionen die gleichechemische Verschiebung. Kreuzsignale haben unterschiedliche . Diese sind dieVerknüpfungen auf denen die Zuordnung der Spinsysteme basiert. TechnischeVoraussetzung war die Entwicklung der Fouriertransform NMR „Puls-Spektroskopie“(Nobelpreis R.R. Ernst, 1991)

Schematische Darstellung:

F1: Senkrechte sog. Indirekte Dimension

F2: Aquisitionsdimension

schematische Darstellung

F2

F1

A

A

B

B

KABDAA

DBBKAB

COSY-Spektrum zum obigen Beispiel:

Geyer, NMR-Spektroskopie 7

Strategie der Signalzuordnung am Beispiel von sec. ButanolDie häufigste Problemstellung sieht so aus. Man hat einen Strukturvorschlag und dieVerknüpfungsmatrix der COSY-Messung. Gesucht sind die Diagonalelemente 1,2,3,4,5Dabei ist nicht zu erwarten, dass die Numerierung der Struktur der Abfolge der Signaleim Spektrum entspricht.

Diagonale

X 4

X 1

X 3 X

X 2 X X

OH

12

34

Strukturvorschlag5

Experiment: 5 X

Vorgehensweise:

2-Butanol ist ein verzweigtes Spinsystem, die Verzeigung (H2) wird im COSYidentifiziert. H2 hat drei Kopplungspartner, daher muss es eine Spalte (Reihe) derMatrix geben, die drei Kreuzsignle hat. Damit ist H2 eindeutig zugeordnet.

Zwei der drei Kreuzsignale verknüpfen H2 mit Endpunkten des Spinsystems (H1 undH5). Deren Unterscheidung gelingt über die Signalhöhen (Integrale) im 1H NMR.

Das dritte Kreuzsignal verknüpft H2 über H3 nach H4.

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Geyer, NMR-Spektroskopie 8

Strategie der Signalzuordnung im COSY1.) Bevorzugt beginnt man am Ende eines Spinsystems und folgt den Verknüpfungen

bis zur nächsten Verzeigung.2.) 1 1 / 2 2 2 / 3

Diag Kreuz Diag Kreuz etc.

3.) Vorsicht bei kleinen JH,H –Kopplungs- konstanten. Diesezeigen nur sehr schwacheKreuzsignale im COSY

Vorsicht vor Artefakten(Geistersignalen) im 2D Spektrum.Diese sind in der Regel nichtsymmetrisch zur Diagonale

Meist wird die sog.phasensensitive

Darstellung verwendet:Der Vorzeichenwechsel

in der Mitte desKreuzsignals erlaubt die

präzise Bestimmungder Signallage.

Natürlich kann man das 1H-NMR von sec. Butanol oder der Zuckeraminosäure auchohne COSY zuordnen. Unerlässlich wird das COSY aber, wenn im Molekül zweimal dasselbe Spinsystem vorhanden ist. Die beiden Spinsysteme können eindeutigunterschieden werden. Beispiel: In MeOD sind alle XH-Protonen (X = O,N) gegen Dausgetauscht. Im 2D-Spektrum ist eine sichere Sequenzierung der beiden Spinsystememöglich. Solche wiederkehrenden Spinsysteme finden sich oft bei Biopolymeren wieDNA, Zuckern,Peptiden.

O

DO

OD

N

CO2R

O

DO

OD

D

N3

O

z. B.

Geyer, NMR-Spektroskopie 9

Welche anderen Verknüpfungsmatrizen kann man messen?

3. C-H-Korrelationen

Waagrecht Protonen: Zuordnung bekannt aus COSY5 2 3 1 4

4 X

1 X

3 X

2 X

OH

12 3

4

5

Senkrecht Kohlenstoffe:

5 x 4 unsymmetrische Matrix ohne Diagonalezweidimensionale Korrelation über die heteronukleare Einfachbindungskopplung: 1JCH.Auch das Fehlen einer Korrelation ist Information. Signal 5 im 1H-NMR muß XH sein (X C).

Es gibt prinzipielle Unterschiede zwischen homonuklearen und heteronuklearenVerknüpfungsmatrizen:

1H

1H 400 MHz

400 MHz

Diagonale

Homonuclear

nJH,H

13C

1H 400 MHz

100 MHz

keineDiagonale

Heteronuclear

nJC,H

Das HMQC enthält viele strukturell wichtige Informationen und ist daher für unbekannteMoleküle in der Regel das erste 2D-Spektrum, das man zur Hand nimmt. Als erstes wirdzusammen mit den Integralen aus dem 1H-NMR bilanziert, ob alle CHn und XH (X =Heteroatom) da sind.

z.B.: Glucitolderivat

3 OH-Gruppen: Jeweils Integral 1H, keinKreuzsignal im HMQC4 CH- Gruppen: Jeweils Integral 1H,Kreuzsignal im HMQC2 diastereotope CH2-Gruppen: Jeweilszweimal Integral 1H, zwei Kreuzsignale im HMQC zur selben 13C-Verschiebung3 CH3-Gruppen: Jeweils Integral 3H, Kreuzsignal im HMQC1 tert.Butyl-Gruppe: Integral 9H, Kreuzsignal im HMQCAbwesend sind auch alle C, die keine H tragen (CO, Cq etc.)

NOH

O

O

OHOH

CH3

CH3

CH3

Boc12

34

6 5

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Geyer, NMR-Spektroskopie 10

Auch gelingt über das HMQC die Identifizierung funktioneller Gruppen anhand ihrercharakteristischen Kohlenstoffverschiebungen, z. B. Zucker.

Acetal: CH ~ 100 ppm (13C) / 5 ppm (1H)sek. Alkohol: CH ~ 70 ppm (13C) / 4 ppm (1H)

klare Trennung keine eindeutige Unterscheidung im 1H-NMR

z.B.: Teilentschütztes Galactosederivat

Geyer, NMR-Spektroskopie 11

Übersicht: Die vier wichtigsten 2D NMR-Methoden

COSY: Correlation Spectroscopy nJH,H

Voraussetzung ist die über 2 oder 3 (Ausnahme 4) Bindungen vermittelteskalare Kopplung (J-Kopplung) zwischen 2 Protonen

Verwendete Technik: DQF-COSY (DQF = double-quantum filtered)

CH-Korrelationen nJC,H

H

C

1JC,H Direkte CH-Korrelation. Kreuzsignale identifizieren CHx-Gruppen

Verwendete Technik: HMQC HSQC

singleHeteronuclear multiple quantum coherence

H

C C C

2,3JC,H Long-range CH-Korrelation

Kreuzsignale zwischen C und H, die über 2 oder 3 Bindungen getrenntsind

Verwendete Technik HMBC (Heteronuclear multi-bond correlation)

2D–NOE-Spektroskopie

H HH H < 4 Å Korrelation durch den Raum

Verwendete Technik: NOESY (Nuclear Overhauser effect spectroscopy) ROESY (Rotating frame NOESY)

H

C C

H

3JH,H

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Geyer, NMR-Spektroskopie 12

Direkte CH-Korrelation Long-range CH-KorrelationMesstechnik: HMQC Messtechnik: heteronuclear multi-bond

correlation HMBC

H H

H H

13C13C

1H

1H

1JCH

COSY

13C13C

1H

1H

2,3JCH

HC C

H

HC O C

H !Das HMBC erlangt seine Bedeutung beider Verknüpfung von Spinsystemen!

z. B. Zucker: Man sieht die Kopplung über den glycosidischen Sauerstoff hinweg in dasnächste Spinsystem hinein. Maximal über drei Bindungen.

OHO

OO

H

OH

OH

OHOH

OHOH

H

OH O O HHOH

OHH

H OHH

OHH

Spinsystem 1 Spinsystem 2Bis zu 5 Kreuzsignale!

Geyer, NMR-Spektroskopie 13

Das HMBC liefert komplementäre Informationen zu den aus homonoklearen Spektrenzugänglichen Strukturinformationen. Beispiel Galactose: Im DQF-COSY muss manentlang der Numerierung das Spinsystem aufklären. Im HMBC sieht man über denRingsauerstoff hinweg.

z.B heterocyclische Ringe:

C13H27

MesON O

O

H

H H1

2 34

5

H1 H2 H3 H4 H5 H6,6'

C1Abkürzung im HMBC3JCH

DQF-COSYOHO

OH

OH

OHOH

Galactose

12

3

45

6

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Geyer, NMR-Spektroskopie 14

z.B Schutzgruppen:

z.B Peptide:

Jedes CO sieht die beiden NH zweier benachbarter Aminosäuren Sequenzierung von Proteinen / Peptiden

Grundlage aller Kohlenstoffmessungen ist das zu einem Prozent vorhandene Isotop13C (99% 12C haben keinen Kernspin, NMR-blind).

0,5%0,5%

99% H - 12C

Satelliten: H - 13C

1H-NMR:

H150 Hz

1JCH

13C-NMR:

Die 13C-Signale haben nur 1/64 der Signalintensität der 13-C-Satelliten im 1H-NMR !

C

150 Hz

1H-Breitband-entkopplung

Singulett !

1H-NMR: 1H-entkoppeltes 13C-NMR:

Im eindimensionalen 13C-NMR-Spektrum beobachtet man ein Multiplett mit der selbenKopplung, die die Satelliten im 1H-NMR zeigen. Dieses wird aber in der Regel durch diesog. Breitbandentkopplung (eine schnelle Abfolge von Radiofrequenzpulsen ) im 1H-Kanal zum Singulett entkoppelt.

O

H H H

CH3O

H O

OH

O

CH3

CH3

H

ca. 72 ppm (13C) ca. 170 ppm (13C)Acetonid Cq beica. 100 ppm (13C)

N

H

N

O O

O

H3C

H CH3

H

H

Spinsystem 1 Spinsystem 2

Geyer, NMR-Spektroskopie 15

Im HMQC macht man eine ganz ähnliche Entkopplung, was das Dublett des H–13CSpinsystems (die beiden Satelliten) auf die Position der im HMQC nicht sichtbaren 12C-gebundenen Protonen zusammenfallen läßt.

13C

1H

13C

1H

13CBB-Entkopplung

Das heteronukleare 1H13C Spinsystem hat große Analogie zu dem Spinsystem zweierkoppelnder Protonen (homonuklear).

Homonuklear:

C

J = 10 Hz

J = 150 Hz

Heteronuklear:

H

J = 150 Hz

H H

J = 10 Hz

Spin 1 Spin 2

Spin 1 Spin 2

Es gibt Fälle, in denen es Sinn macht, die 1JCH-Kopplungen zu messen. So besteht einguter (empirischer) Zusammenhang zwischen der Größe der anomeren CH-Kopplungund der anomeren Konfiguration der Mannose. Dies ist die sicherste Methode derKonfigurationsanalyse bei Mannosiden!

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Geyer, NMR-Spektroskopie 16

Diese Entkopplung ist im HMBC nicht durchführbar Restsignale.

13C

1HDie Klammer kennzeichnet die1JCH-Korrelation im HMBC

Die Intensität des Kreuzsignals im HMBC ist von der Stärke der long-range-Kopplungabhängig ( 2-3JCH 1-10 Hz ).

HH

H

C

H

H

J groß, ~ 9 Hz

J klein, 1 - 3 Hz

J groß, 10 Hz

J klein, 1 - 3 HzBeispiele:

Geyer, NMR-Spektroskopie 17

Im Unterschied zu 1D-Spektren, wo schwache Signale langsam im Rauschenverschwinden, bzw. schwache Kopplungen graduell nicht mehr aufgelöst werdenkönnen, gibt es bei HMBC-Spektren einen "Schwellenwert" oberhalb dessen Signale"plötzlich" im Spektrum erscheinen. Das hängt mit der elektronischen Prozessierungdieses 2D-Spektrums zusammen.

Signal/Rauschen = S/Noise Je größer S/N desto eindeutigere Signale

Im 1H-NMR:

N

gradueller Übergang

S ~ 1 Hz

Kopplungen im bereich von einem Hz werden zwar nicht mehr aufgelöst, sie könnenaber trotzdem zu einem Kruezsignal im DQF-COSY führen.

Im 2D-Spektrum führt die Kontourliniendarstellung zum plötzlichen Verschwindenschwacher Kreuzsignale.

Ja Nein

Der Grund dafür ist die elektronische Digitalisierung der Spektren.13C-NMR: 216 (65536) Datenpunkte1H-NMR: 214 (16384) Datenpunkte2D: 210 oder 211 (2048) Datenpunkte in der direkten (waagrechten) Dimension2D: 28 oder 29 (512) Datenpunkte in der indirekten (senkrechten) Dimension

2048 = TD

256 oder 512

schlechtere digitale Auflösung in der senkrechtenDimension: Mehrere Hz

Signale im 2D sind in Richtung der schlechteren digitalen Auflösung verzerrt.

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Geyer, NMR-Spektroskopie 18

Unterscheidung zweier tetrasubstituierter Benzole als Beispiele für "H-arme" C-Gerüste:

NH2

NO2

NO2

NH2

NO2O2N

von

Geyer, NMR-Spektroskopie 19

Die vier geschweiften Klammern kennzeichnen die Positionen im 2D-Spektrum, andenen man die direkte CH-Korrelation (HMQC) erwarten würde. Dort erscheint imHMBC das Doublett der 13C-Satelliten. Warum?

Das führt uns zu einer viel elementareren Frage:Warum sieht man überhaupt ein Kreuzsignal im 2D, wenn doch das Signal im 1H-NMRnur durch die an das Isotop 12C gebundene Proton zustande kommt?