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o. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Reischauer , Linz Probleme der Beweislastregeln des § 924 ABGB Seit dem Inkrafttreten des GewRA ¨ G sind acht Jahre verstrichen. Der Autor nimmt sich der Fragen an, mit denen die Praxis infolge der Beweislastregeln des § 924 ABGB u ¨ ber das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Mangels bisher zu ka ¨ mpfen hatte. Deskriptoren: Schuldinhalt – Mangelhaftigkeit, Gefahrenu ¨ bergang, Grundregel der Beweislastvertei- lung, Ausnahmeregel des § 924 Satz 2 ABGB, Ru ¨ ckkehr zur Grundregel (§ 924 Satz 3 ABGB), Mangel- haftigkeit der Sache und Mangelhaftigkeit der Leistung, gebrauchte Sachen, Bedienungsfehler, Quan- tita ¨ tsma ¨ ngel, Rechtsma ¨ ngel, Mietvertra ¨ge, Verbrauchervertra ¨ ge, Schadenersatz. § 924 ABGB. U ¨ bersicht: A. Einleitung B. § 924 ABGB und Gewa ¨ hrleistung I. Mangelhaftigkeit/U ¨ bergabezeitpunkt 1. Allgemeines/U ¨ bergabezeitpunkt 2. Bewegliche/unbewegliche Sachen 3. Besondere Zeitpunkte II. Mangelhaftigkeit/Gefahrenu ¨ bergang/Annah- meverzug III. Latente (ruhende) Ma ¨ ngel IV. Beweislast nach der Grundregel/§ 924 Satz 2 ABGB: Ausnahmeregel V. Mangelhaftigkeit der Sache/Vermutung der Mangelhaftigkeit der Leistung (§ 924 Satz 2 ABGB) VI. Mangelhaftigkeit der Sache/Vermutung der Mangelhaftigkeit der Leistung (§ 924 Satz 2 ABGB)/Lehre und Rsp VII. Sachlicher Gehalt der 6-Monats-Frist/Erfah- rungswerte/Qualita ¨ tsma ¨ ngel VIII. Vermutungsfrist/keine Haltbarkeitsgarantie IX. Analogie zur 6-Monats-Vermutungsfrist 1. Analogie 2. Tierma ¨ ngel 3. Haltbarkeitsfristen X. Hervorkommen des Mangels innerhalb der (6- Monats-)Frist/Zeitpunkt des Beweises XI. Nichteintritt der Vermutung 1. Allgemeines 2. Art der Sache 3. Art des Mangels 4. Art der Sache und des Mangels XII. Gebrauchte Sachen – insb Kraftfahrzeuge XIII. Bedienungsfehler/§ 924 Satz 2 ABGB 1. Allgemeines 2. Tierma ¨ ngel XIV. Werkvertra ¨ ge/Besonderheiten? – Insb Repara- turen 1. Ermittlung des Schuldinhaltes 2. Generalu ¨ berholung 3. Serviceleistungen 4. U ¨ berwurfmutterfall XV. Mietvertra ¨ ge XVI. Verbrauchervertra ¨ge XVII. Quantita ¨ tsma ¨ngel/Vermutung? XVIII. Rechtsma ¨ngel/Vermutung? XIX. Beweislast fu ¨r die Ausnahmen nach § 924 Satz 3 ABGB 1. Allgemeines 2. Beweis der Art der Sache bzw der Art des Mangels 3. Beweisanforderungen C. § 924 ABGB und Schadenersatz I. Vermutung der Nichterfu ¨ llung/§ 1298 ABGB II. Beweis der Kausalita ¨t der Mangelhaftigkeit der Sache A. Einleitung Das Gewa ¨ hrleistungsrecht hat anla ¨ sslich der Umsetzung der VGK-RL (= Verbrauchsgu ¨ terkauf- richtlinie) durch das GewRA ¨ G (BGBl I 2001/48) eine behutsame Reform erfahren 1 ). Zentrale Norm ist die Beweislastregelung des § 924 ABGB, nach dessen 2. Satz der U ¨ bergeber grundsa ¨ tzlich den Beweis der Mangelfreiheit zum Zeitpunkt der U ¨ bergabe erbringen muss, wenn der U ¨ bernehmer beweist, dass innerhalb von 6 Monaten nach der U ¨ bergabe ein Mangel hervorgekommen ist. Selbst acht Jahre nach Inkrafttreten bereitet diese scheinbar so einfache Vorschrift der Lehre und Rsp noch einige Schwierigkeiten. Diese beruhen zum Teil darauf, dass einerseits (insb beim Werk- vertrag) der Schuldinhalt – der Ansatz fu ¨ r die Ge- wa ¨ hrleistung (§ 922 ABGB) – nicht immer klar her- ausgearbeitet wird (s B.XIV.1.) und man andrer- seits nicht zwischen der Mangelhaftigkeit der Sa- che und der Mangelhaftigkeit der Leistung unter- scheidet (s B.V.). Den Weg zur Analogie zu § 924 Satz 2 ABGB hat der OGH bereits beschritten (s B.IX.). Bei Bedienungsfehlern du ¨rfte der richtige Weg noch nicht gefunden worden sein (s B.XIII.). Die Ausnahmen von der Vermutungsregel des § 924 Satz 2 ABGB, vor allem die bezu ¨ glich der Art des Mangels und die einschla ¨ gige Beweislast dafu ¨ r, stellen vor nicht unerhebliche Probleme (s B.XI. und XIX.). Gerade bei gebrauchten Sa- chen, insb bei Kraftfahrzeugen, ko ¨ nnen diese Fra- gen auftreten (s B.XII.). Auch ist auf das Verha ¨ ltnis des Schadenersatz- rechts zu § 924 ABGB einzugehen (s C.). # Springer-Verlag 2010 1 ) Vgl Reischauer , Das neue Gewa ¨ hrleistungsrecht und seine schadenersatzrechtlichen Folgen, JBl 2002, 137. Juristische Bla ¨ tter 132, 217–229 (2010) DOI 10.1007/s00503-010-1866-4 Printed in Austria

Probleme der Beweislastregeln des § 924 ABGB

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o. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Reischauer, Linz

Probleme der Beweislastregeln des § 924 ABGB

Seit dem Inkrafttreten des GewRAÈ G sind acht Jahre verstrichen. Der Autor nimmt sich derFragen an, mit denen die Praxis infolge der Beweislastregeln des § 924 ABGB uÈ ber dasVorliegen oder Nichtvorliegen eines Mangels bisher zu kaÈmpfen hatte.

Deskriptoren: Schuldinhalt ± Mangelhaftigkeit, GefahrenuÈ bergang, Grundregel der Beweislastvertei-lung, Ausnahmeregel des § 924 Satz 2 ABGB, RuÈ ckkehr zur Grundregel (§ 924 Satz 3 ABGB), Mangel-haftigkeit der Sache und Mangelhaftigkeit der Leistung, gebrauchte Sachen, Bedienungsfehler, Quan-titaÈ tsmaÈngel, RechtsmaÈngel, MietvertraÈge, VerbrauchervertraÈge, Schadenersatz.§ 924 ABGB.

UÈ bersicht:

A. EinleitungB. § 924 ABGB und GewaÈhrleistung

I. Mangelhaftigkeit/UÈ bergabezeitpunkt1. Allgemeines/UÈ bergabezeitpunkt2. Bewegliche/unbewegliche Sachen3. Besondere Zeitpunkte

II. Mangelhaftigkeit/GefahrenuÈ bergang/Annah-meverzug

III. Latente (ruhende) MaÈngelIV. Beweislast nach der Grundregel/§ 924 Satz 2

ABGB: AusnahmeregelV. Mangelhaftigkeit der Sache/Vermutung der

Mangelhaftigkeit der Leistung (§ 924 Satz 2ABGB)

VI. Mangelhaftigkeit der Sache/Vermutung derMangelhaftigkeit der Leistung (§ 924 Satz 2ABGB)/Lehre und Rsp

VII. Sachlicher Gehalt der 6-Monats-Frist/Erfah-rungswerte/QualitaÈ tsmaÈngel

VIII. Vermutungsfrist/keine HaltbarkeitsgarantieIX. Analogie zur 6-Monats-Vermutungsfrist

1. Analogie2. TiermaÈngel3. Haltbarkeitsfristen

X. Hervorkommen des Mangels innerhalb der (6-Monats-)Frist/Zeitpunkt des Beweises

XI. Nichteintritt der Vermutung1. Allgemeines2. Art der Sache3. Art des Mangels4. Art der Sache und des Mangels

XII. Gebrauchte Sachen ± insb KraftfahrzeugeXIII. Bedienungsfehler/§ 924 Satz 2 ABGB

1. Allgemeines2. TiermaÈngel

XIV. WerkvertraÈge/Besonderheiten? ± Insb Repara-turen1. Ermittlung des Schuldinhaltes2. GeneraluÈ berholung3. Serviceleistungen4. UÈ berwurfmutterfall

XV. MietvertraÈgeXVI. VerbrauchervertraÈge

XVII. QuantitaÈ tsmaÈngel/Vermutung?XVIII. RechtsmaÈngel/Vermutung?

XIX. Beweislast fuÈ r die Ausnahmen nach § 924Satz 3 ABGB1. Allgemeines

2. Beweis der Art der Sache bzw der Art desMangels

3. BeweisanforderungenC. § 924 ABGB und Schadenersatz

I. Vermutung der NichterfuÈ llung/§ 1298 ABGBII. Beweis der KausalitaÈ t der Mangelhaftigkeit

der Sache

A. Einleitung

Das GewaÈhrleistungsrecht hat anlaÈsslich derUmsetzung der VGK-RL (= VerbrauchsguÈ terkauf-richtlinie) durch das GewRAÈ G (BGBl I 2001/48)eine behutsame Reform erfahren1). Zentrale Normist die Beweislastregelung des § 924 ABGB, nachdessen 2. Satz der UÈ bergeber grundsaÈ tzlich denBeweis der Mangelfreiheit zum Zeitpunkt derUÈ bergabe erbringen muss, wenn der UÈ bernehmerbeweist, dass innerhalb von 6 Monaten nach derUÈ bergabe ein Mangel hervorgekommen ist. Selbstacht Jahre nach Inkrafttreten bereitet diesescheinbar so einfache Vorschrift der Lehre undRsp noch einige Schwierigkeiten. Diese beruhenzum Teil darauf, dass einerseits (insb beim Werk-vertrag) der Schuldinhalt ± der Ansatz fuÈ r die Ge-waÈhrleistung (§ 922 ABGB) ± nicht immer klar her-ausgearbeitet wird (s B.XIV.1.) und man andrer-seits nicht zwischen der Mangelhaftigkeit der Sa-che und der Mangelhaftigkeit der Leistung unter-scheidet (s B.V.). Den Weg zur Analogie zu § 924Satz 2 ABGB hat der OGH bereits beschritten(s B.IX.).

Bei Bedienungsfehlern duÈ rfte der richtige Wegnoch nicht gefunden worden sein (s B.XIII.).

Die Ausnahmen von der Vermutungsregel des§ 924 Satz 2 ABGB, vor allem die bezuÈ glich derArt des Mangels und die einschlaÈgige BeweislastdafuÈ r, stellen vor nicht unerhebliche Probleme(s B.XI. und XIX.). Gerade bei gebrauchten Sa-chen, insb bei Kraftfahrzeugen, koÈnnen diese Fra-gen auftreten (s B.XII.).

Auch ist auf das VerhaÈ ltnis des Schadenersatz-rechts zu § 924 ABGB einzugehen (s C.).

# Springer-Verlag 2010

1) Vgl Reischauer, Das neue GewaÈhrleistungsrecht undseine schadenersatzrechtlichen Folgen, JBl 2002, 137.

Juristische BlaÈ tter 132, 217±229 (2010)DOI 10.1007/s00503-010-1866-4Printed in Austria

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B. § 924 und GewaÈhrleistung

I. Mangelhaftigkeit/UÈ bergabezeitpunkt

1. Allgemeines/UÈ bergabezeitpunkt

Nach dem Gesetzeswortlaut leistet der Schuld-ner der Sachleistung ¹GewaÈhr fuÈ r MaÈngel, diebei der UÈ bergabe vorhanden sind`̀ 2). Damit ist ge-meint, dass die Leistung ± gemessen am Vertrags-inhalt (§ 922 Satz 1 ABGB) ± zum Zeitpunkt derUÈ bergabe mangelfrei sein muss. NachtraÈglichenachteilige VeraÈnderungen der Leistung sindstreng genommen keine MaÈngel iSd GewaÈhrleis-tungsrechts, weil der Schuldner mit der einwand-freien Leistung bei UÈ bergabe vertragsgemaÈû leis-tet und damit den Vertrag vollstaÈndig erfuÈ llt. Da-her haftet der UÈ bergeber fuÈ r MaÈngel, die nicht be-reits bei der UÈ bergabe vorhanden waren, nicht3).Im Sinne des GewaÈhrleistungsrechts liegt keinemangelhafte Leistung vor. Es ist zwischen Mangel-haftigkeit der Sache und Mangelhaftigkeit derLeistung zu unterscheiden (s V.).

Die geltende Regelung steht im Einklang mitArt 3 Abs 1 VGK-RL, die auf den Zeitpunkt derLieferung des Gutes abstellt4).

Auch das alte GewaÈhrleistungsrecht stellte aufden UÈ bergabezeitpunkt ab5), dies auch bei Grund-stuÈ cken6).

2. Bewegliche/unbewegliche Sachen

§ 924 ABGB gilt fuÈ r bewegliche und unbewegli-che Sachen gleichermaûen. Die Einverleibung imGrundbuch gibt keinen Beweis fuÈ r die UÈ bergabe7),schon gar nicht fuÈ r eine vorbehaltlose UÈ bernah-me8).

3. Besondere Zeitpunkte

Die Aussage, dass nur fuÈ r bei der UÈ bergabe vor-handene MaÈngel zu haften sei, ist in dieser Allge-meinheit nicht richtig9). Das spielt bei RechtsmaÈn-geln eine Rolle. UÈ ber den UÈ bergabezeitpunkt hin-aus haftet der VeraÈuûerer fuÈ r Buchlasten, die ge-gen ihn vor der Einverleibung des Eigentums desErwerbers begruÈ ndet werden (zB Zwangspfand)oder die er vor der Einverleibung des Eigentumsdes Erwerbers noch begruÈ ndet10). Ebenso haftet

er fuÈ r waÈhrend des Annahmeverzugs von ihmbzw gegen ihn begruÈ ndete Pfandrechte an einerbeweglichen Sache11), der UÈ bernehmer wuÈ rdedenn gutglaÈubig lastenfrei erwerben.

Ist das Nichteintreten eines Rechtsmangels fuÈ rdie Zeit nach UÈ bergabe vereinbart, so ist dafuÈ r aucheinzustehen, wenn der Mangel zum Zeitpunkt derUÈ bergabe schon vorhanden war. War der Rechts-mangel latent schon zur Zeit der UÈ bergabe vorhan-den, ist schon deshalb dafuÈ r einzustehen12).

II. Mangelhaftigkeit/GefahrenuÈ bergang/Annah-meverzug

Ist die Gefahr schon vor der UÈ bergabe auf denGlaÈubiger uÈ bergegangen, so ist der Zeitpunkt desGefahrenuÈ bergangs fuÈ r die Mangelfreiheit ent-scheidend13). Dies entspricht dem alten Recht14).Tritt waÈhrend des GlaÈubigerverzugs eine zufaÈ lligeSachverschlechterung ein, so kann dies nicht zu-gunsten des GlaÈubigers wirken. Die zu diesemZeitpunkt mangelfreie Sache wird durch den An-nahmeverzug nicht zur mangelhaften Leistung15).Das GewaÈhrleistungsrecht hat nicht die Aufgabe,die Gefahrtragungsregeln zu uÈ berspielen. ± ZurBegruÈ ndung von Pfandrechten waÈhrend des An-nahmeverzugs s aber I.3.

Die Beweislast fuÈ r das Vorliegen eines Annah-meverzugs traÈgt der Schuldner16). Dies inkludiertden Beweis, dass einwandfrei geleistet worden waÈ-re17), setzt doch der GlaÈubigerverzug grundsaÈ tzlichdie Vorkehrung alles Geschuldeten zur FaÈ lligkeitvoraus18). Dass der Besteller beweisen muÈ sse, dassdie Leistung schon bei Beginn des Annahmever-zugs mangelhaft war, ist ± mangels Annahmever-zugs wegen mangelhafter Leistung ± ein Wider-spruch in sich19). ± Auf Annahmeverzug bei Leis-tung einer mit einem geringfuÈ gigen unbehebbarenMangel behafteten Sache ist hier nicht einzugehen.Nach der Grundregel der Beweislastverteilung beimangelhafter Leistung muss der UÈ bernehmer be-weisen, dass die Sache im Zeitpunkt der UÈ bergabemangelhaft war, weil die vorbehaltlose UÈ bernah-me den Schein der ErfuÈ llung fuÈ r sich hat (s IV.).Der Schein der ordnungsgemaÈûen Leistung bzwdes ordnungsgemaÈûen Angebots der Leistung istaber bei Nichtabnahme gerade nicht gegeben,schon gar nicht, wenn die Leistung zuruÈ ckgewie-sen wird.

# Springer-Verlag 2010

2182010, Heft 4

April

2) Reischauer, JBl 2002, 143; 6 Ob 272/05a SZ 2006/19 =JBl 2006, 587 = EvBl 2006/111 = ZVR 2006/155 = HS37.370 = OÈ JZ-LSK 2006/152 = RZ 2006/EUÈ 202, 155 =Zak 2006/328 = ecolex 2006, 650 = ecolex 2006, 742;3 Ob 295/05m bbl 2006, 199 = ecolex 2006, 741.

3) IdS 6 Ob 272/05a.4) RV 422 BlgNR 21. GP 14.5) RV 422 BlgNR 21. GP 14. ± S auch Reischauer in

Rummel, ABGB3 § 933 Rz 3 (Fristenlaufbeginn bei Ver-jaÈhrung).

6) 8 Ob 172/70 SZ 43/152 = JBl 1971, 305 = EvBl 1971/192 ± Ablieferung.

7) 3 Ob 295/05m bbl 2006, 199 = ecolex 2006, 741.8) 3 Ob 295/05m (zum Abgrenzungsproblem §§ 918 ff/

§§ 922 ff s Reischauer in Rummel, ABGB3 Vor §§ 918 ffRz 8).

9) Dies zu 3 Ob 5/07t ecolex 2007, 513 (B. Jud).10) S Reischauer, JBl 2002, 143.

11) S auch Reischauer in Rummel, ABGB3 § 928 Rz 9.12) Vgl B. Jud, Anm zu 3 Ob 5/07t, ecolex 2007, 513

(Einzelgenehmigungsbescheid ± Aufhebbarkeit [?] nach§ 68 Abs 3 AVG).

13) 8 Ob 124/08f JBl 2009, 377 = EvBl 2009/66 = bbl2009, 77.

14) S 5 Ob 2/83 Miet 36.087; 9 Ob 3/09w EvBl 2009/105= RdW 2009/496, 520; idS 6 Ob 65/67 HS 6362; 1 Ob 651/81 HS 12.936; 1 Ob 509/90 ecolex 1990, 543.

15) IdS auch RV 422 BlgNR 21. GP 14.16) Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1419 Rz 24.17) AA Rebhahn/Kietaibl in Schwimann, ABGB V3

§ 1167 Rz 25.18) Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1419 Rz 1.19) Dies zu Rebhahn/Kietaibl aaO.

R. Reischauer, Probleme der Beweislastregeln des § 924 ABGB

Page 3: Probleme der Beweislastregeln des § 924 ABGB

Bei berechtigter Annahmeverweigerung laÈuftdie 6-Monats-Frist erst ab dem Zeitpunkt einerfolgenden UÈ bergabe.

Geht beim Versendungskauf die Gefahr mit derUÈ bergabe der Sache an den Transporteur uÈ ber20),so ist dieser Zeitpunkt fuÈ r die Mangelfreiheit maû-gebend21).

Zugunsten des Verbrauchers sind die gesetzli-chen Gefahrtragungsregeln zwingend22).

Die VGK-RL will in die nationalen VorschriftenuÈ ber den GefahrenuÈ bergang nicht eingreifen23).§ 476 BGB knuÈ pft im Gegensatz zu § 924 ABGBuÈ berhaupt an den GefahrenuÈ bergang an.

III. Latente (ruhende) MaÈngel

Ein Mangel (insb ein geheimer) kann zum Zeit-punkt der UÈ bergabe noch ruhen, dh keine Wirkungzeigen, so zB ein Baustoff, dessen Fehler ± selbstnach Einsatz ± unmittelbar noch keine nachteili-gen Wirkungen zeigt. Auch fuÈ r solche latente MaÈn-gel ist einzustehen24). Der Mangel muss also nochnicht in Erscheinung getreten, wohl aber schonseiner Anlage nach vorhanden gewesen25), also zu-mindest Anlagemangel26) sein.

Auch dies entspricht dem alten Recht27). Der be-reits bei UÈ bergabe vorhandene weiterfressendeMangel ist als ein im Zeitpunkt der UÈ bergabe vor-handener Mangel zu betrachten28) und daher auchvon § 924 ABGB erfasst.

Insb bei latenten QualitaÈ tsmaÈngeln ist die Ver-mutungsfrist des § 924 von Bedeutung.

IV. Beweislast nach der Grundregel/§ 924 ABGB:Ausnahmeregel

GemaÈû § 924 Satz 2 trifft, wenn ein Mangel in-nerhalb von 6 Monaten ab der UÈ bergabe hervor-kommt, den UÈ bergeber die Beweislast dafuÈ r, dasser mangelfrei geleistet hat (V.). Lex cit durchbricht± in ihrem Anwendungsbereich (s VI. f) ± dieGrundregel, nach der der UÈ bernehmer nach (vor-

behaltloser) UÈ bernahme der Leistung29) die Be-weislast fuÈ r die Existenz eines Sachmangels zumZeitpunkt der UÈ bergabe traÈgt30). Diese Beweislasttrifft ihn, weil die vorbehaltlose UÈ bernahme denSchein der ErfuÈ llung fuÈ r sich hat31). Die zunaÈchstgegebene ErfuÈ llungsbeweislast des Schuldners32)wandelt sich infolgedessen in eine NichterfuÈ l-lungsbeweislast (Beweis der Mangelhaftigkeit)des GlaÈubigers um33).

Die Beweislastverteilung nach allgemeinenGrundsaÈtzen, die dem UÈ bernehmer den Beweiseines Sachmangels bei UÈ bergabe auferlegt, ist me-thodisch gesehen die Grundregel, § 924 Satz 2ABGB eine Ausnahmeregel. Ihrer Schaffung be-durfte es, weil sich aus den allgemeinen GrundsaÈ t-zen die Vermutungsregel der lex cit nicht ableitenlaÈsst. Nach diesen GrundsaÈtzen oblaÈge es demUÈ bernehmer, zu beweisen, dass die MaÈngel bereitszum UÈ bergabezeitpunkt vorhanden waren34). Sta-tistisch gesehen wird sie die wesentlich groÈûereBedeutung gewinnen als die Grundregel. Das aÈn-dert aber an ihrem normativen Ausnahmecharak-ter nichts.

Zur Grundregel kehrt § 924 Satz 3 ABGB zu-ruÈ ck.

Bei der allgemeinen Beweislastregel bleibt esdort, wo der Mangel erst nach der 6-Monats-Fristhervorkommt ± bzw nach jener Frist, die in Analo-gie zu § 924 Satz 2 ABGB greift (s IX.). Ebenso beiQuantitaÈ tsmaÈngeln (s XVII.). Zu RechtsmaÈngeln sXVIII.

Eine Ausnahmeregel vom allgemeinen Grund-satz der Beweislastverteilung enthaÈ lt auch § 925ABGB.

Art 5 Abs 3 VGK-RL geht offenkundig davonaus, dass nach nationalen Rechtsordnungen aufGrund der allgemeinen Beweislastregeln die Be-weislast fuÈ r den Sachmangel den Verbraucher tref-fen wuÈ rde35). Bei den allgemeinen Beweislastre-

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2192010, Heft 4April

20) Vgl § 429 ABGB, 2. Fall. ± Art 8 Nr 20 4. EVHGB istmit Ablauf des 31.12.2006 auûer Kraft getreten (ArtXXIX HaRAÈ G).

21) RV 422 BlgNR 21. GP 14; vgl aber W. Faber, Hand-buch zum neuen GewaÈhrleistungsrecht (2001) 84 ff; ±Zum GefahrenuÈ bergang s Reischauer in Rummel, ABGB3

§ 1419 Rz 12 ff.22) Perner, ABGB-Gefahrtragungsregeln zugunsten

von Verbrauchern zwingend, RdW 2005, 590.23) S ErwaÈgungsgrund 14, RV 422 BlgNR 21. GP 14; vgl

aber W. Faber, Handbuch zum neuen GewaÈhrleistungs-recht 84 ff und Welser/B. Jud, Die neue GewaÈhrleistung(2001) § 924 Rz 5.

24) RV 422 BlgNR 21. GP 14.25) 9 Ob 3/09w EvBl 2009/105 = Zak 2009/210 (P. Byd-

linski).26) Zum Ausdruck vgl 7 Ob 194/05p SZ 2005/138 =

ZVR 2006/1551; 3 Ob 295/05m bbl 2006, 199 = ecolex2006, 741.

27) RV 422 BlgNR 21. GP 14; idS 1 Ob 651/81 HS12.936; 1 Ob 509/90 ecolex 1990, 543 (Hosenstoff/Licht-echtheitswert) aÈuûert dies nur vermutungsweise.

28) 9 Ob 3/09w EvBl 2009/105 = Zak 2009/210 (P. Byd-linski).

29) S Reischauer in Rummel, ABGB3 Vor §§ 918 ff Rz 8.30) Zum Recht vor GewRAÈ G 1 Ob 680/85 JBl 1986, 244;

7 Ob 573/88 SZ 61/162; 1 Ob 509/90 ecolex 1990, 543;1 Ob 579/94 SZ 68/42 = EvBl 1995/109 = OÈ BA 1995/511,813 = RdW 1995, 260 = HS 26.535 = ecolex 1995, 628.

31) Reischauer, Der Entlastungsbeweis des Schuldners(1975) 214 und derselbe in Rummel, ABGB3 § 932 Rz 19;zum Recht vor GewRAÈ G 1 Ob 577/91 JBl 1992, 243 unterBerufung auf Reischauer in Rummel, ABGB2 § 932 Rz 19.

32) Reischauer, Entlastungsbeweis 209 ff.33) Zum Recht vor GewRAÈ G 1 Ob 577/91 JBl 1992, 243.34) 6 Ob 272/05a SZ 2006/19 = JBl 2006, 587 = EvBl

2006/111 = ZVR 2006/155 (Kathrein) = HS 37.370 =OÈ JZ-LSK 2006/152 = RdW 2006, 321 = RZ 2006/EUÈ

202, 155 = Zak 2006/328 = ecolex 2006, 650 = ecolex2006, 742; s zu dieser E auch Augenhofer, Die Vermutungder Mangelhaftigkeit bei UÈ bergabe in der OGH-Recht-sprechung, JBl 2007, 768 (770) sowie Mendel, GewaÈhr-leistung beim Gebrauchtwagenkauf, Zak 2006, 269 undP. Bydlinski, Ein GewaÈhrleistungsausschluss und seineGrenzen, Zak 2007, 6.

35) Vgl Magnus in Grabitz/Hilf (Hrsg), Das Recht derEuropaÈ ischen Union IV. SekundaÈrrecht (32. EL 2007) TeilA ± EG-Verbraucher- und Datenschutzrecht, AbschnittA. ± 15. Richtlinie 1999/44 EG des EuropaÈ ischen Parla-

R. Reischauer, Probleme der Beweislastregeln des § 924 ABGB

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geln bleibt es auch dort, wo Rechtsordnungen, wiedie deutsche (s § 476 BGB), die BeweislastbeguÈ ns-tigung nur dem Verbraucher zukommen lassen.

V. Mangelhaftigkeit der Sache/Vermutung derMangelhaftigkeit der Leistung (§ 924 Satz 2ABGB)

Beweist der UÈ bernehmer, dass innerhalb von 6Monaten nach der UÈ bergabe ein Mangel hervorge-kommen ist, so wird nach § 924 Satz 2 ABGB biszum Beweis des Gegenteils vermutet, dass dieserMangel schon zum Zeitpunkt der UÈ bergabe vor-handen war.

Die UÈ berschrift zu § 924 ABGB ¹Vermutung derMangelhaftigkeit`̀ bedeutet: ¹Vermutung der Man-gelhaftigkeit der Leistung``. § 924 ABGB verwen-det den Begriff ¹Mangel`` in zweifacher Bedeu-tung, naÈmlich einerseits iSv Mangelhaftigkeit derLeistung und andrerseits iSv Mangelhaftigkeitder Sache. Nach Satz 1 leistet der UÈ bergeber Ge-waÈhr fuÈ r MaÈngel, die bei der UÈ bergabe vorhandensind. Eine Leistung ist demnach mangelhaft, wennsie zur Zeit der UÈ bergabe ± gemessen an den ge-schuldeten Eigenschaften ± Fehler aufweist.

Satz 2 spricht vom Mangel, der innerhalb von6 Monaten hervorkommt. Damit ist die Mangelhaf-tigkeit der Sache gemeint. Wird die Mangelhaftig-keit der Sache und deren Hervorkommen inner-halb von 6 Monaten nach der UÈ bergabe bewiesen,so wird nach Satz 2 die Mangelhaftigkeit der Leis-tung vermutet. Das ergibt sich eindeutig aus derEinleitung des 2. Satzes, die an den 1. Satz an-knuÈ pft: ¹Dies [dh die Mangelhaftigkeit der Leis-tung] wird [...] vermutet, wenn der Mangel [dhdie mangelhafte Sache] innerhalb von sechs Mona-ten nach der UÈ bergabe hervorkommt`̀ . Der UÈ ber-nehmer muss also eine Beschaffenheit der Sachebeweisen, die ± wenn sie schon bei UÈ bergabe vor-handen war ± als Mangel der Leistung zu qualifi-zieren ist36). Dann steht dem UÈ bergeber noch derBeweis des Gegenteils offen (§ 924 Satz 2 ABGB),dh der Beweis der Mangelfreiheit der Leistung.Dieser Beweis setzt denknotwendig die Unterstel-lung von deren Mangelhaftigkeit infolge der Ver-mutung des § 924 Satz 2 ABGB voraus.

Auch bei der Frage der Mangelhaftigkeit der Sa-che ist davon auszugehen, was nach dem Vertrags-inhalt geschuldet ist. Die vertraglich geschuldeteLeistung ist hier aber nur das Maû zur Ermittlungeiner Abweichung von ihr und nicht mehr. Anhanddieses Maûes soll nur eine etwaige Minderbeschaf-fenheit der Sache festgestellt werden. Es ist einVergleich zwischen der geschuldeten Beschaffen-heit (den besonders vereinbarten oder den ge-woÈhnlich vorausgesetzten Eigenschaften) unddem tatsaÈchlichen Zustand der Sache herzustellen.

Funktioniert die Klimaanlage eines NeuwagenszB 4 Monate nach der UÈ bergabe nicht mehr, soist die Sache (das Auto) ± gemessen an den ge-schuldeten Eigenschaften ± mangelhaft. Die Leis-tung des Autos ist aber nur dann mangelhaft, wennder Sache der Fehler ± und sei es auch nur latent(s III.) ± schon bei der UÈ bergabe anhaftet. Dies ver-mutet § 924 Satz 2 ABGB nach dem Beweis derMangelhaftigkeit der Sache. Wird FertigmoÈrtel ge-schuldet und bringt dessen Verarbeitung nicht dasgewuÈ nschte Ergebnis, so ist der mit der Verarbei-tung des MoÈrtels angestrebte Erfolg nicht eingetre-ten. Diesen Erfolg hat aber der Lieferant des MoÈr-tels nicht geschuldet. Der Nichteintritt des Erfol-ges stellt somit ± gemessen an der Schuld des Lie-feranten ± auch keine mangelhafte Sachbeschaf-fenheit dar (s oben). Diese haÈtte aber bewiesenwerden muÈ ssen. Darin waÈre die LoÈsung der (im Er-gebnis richtigen) E des LG St. PoÈlten 21 R 159/06z37) gelegen. Mit der Art des Mangels bzw derSache hatte dies nichts zu tun, weil ± gemessenam Schuldinhalt ± keine mangelhafte Sachbe-schaffenheit festgestellt wurde.

§ 924 Satz 3 ABGB laÈsst die Vermutung derMangelhaftigkeit der Leistung bei Vorliegen dereinschlaÈgigen AusnahmetatbestaÈnde (s XI. undXIX.) nicht greifen. Hartes Brot ist eine mangel-hafte Sache. Wegen der Art der Sache (s XI.2.)muss aber der UÈ bernehmer die Mangelhaftigkeitder Leistung beweisen.

Da der UÈ bergeber nur fuÈ r MaÈngel haftet, diezum Zeitpunkt der UÈ bergabe vorhanden waren(I.), bringt die Vermutung des § 924 Satz 2 ABGBeine bedeutsame Beweiserleichterung38).

Zu § 924 Satz 2 ABGB und Schadenersatz s C.

VI. Mangelhaftigkeit der Sache/Vermutung derMangelhaftigkeit der Leistung (§ 924 Satz 2ABGB)/Lehre und Rsp

Aussagen, dass § 924 Satz 2 ABGB nicht dieMangelhaftigkeit der Leistung vermute, ist nachdem unter V. AusgefuÈ hrten nicht zu folgen39). Un-exakt ± aber idR ohne falsche Konsequenzen ± istdie Aussage, dass die Gesetzesstelle nur als Vermu-tung des Zeitpunkts des Vorliegens des Mangels zuverstehen sei40). Mangelhaft ist die Leistung nur,wenn sie bei UÈ bergabe fehlerhaft ist. § 924 Satz 2ABGB vermutet aber, dass sie bei UÈ bergabe fehler-haft war. Damit vermutet er die Mangelhaftigkeit

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ments und des Rates zu bestimmten Aspekten des Ver-brauchsguÈ terkaufs und der Garantien fuÈ r VerbrauchsguÈ -ter (Kaufrechtsrichtlinie) Art 5 Rz 22.

36) Treffend Leitner, OÈ JZ 2009, 476 ± zur Beweislast beiSchadenersatz s aber C.

37) HS 37.371.38) 6 Ob 272/05a SZ 2006/19 = JBl 2006, 587 = EvBl

2006/111 = ZVR 2006/155 = HS 37.370 = OÈ JZ-LSK2006/152 = RZ 2006/EUÈ 202, 155 = Zak 2006/328 = ecolex2006, 650 = ecolex 2006, 742; 1 Ob 199/07g JBl 2008, 327 =RdW 2008, 328 = Zak 2008/119 = ecolex 2008, 229 (B.Jud); 8 Ob 124/08f JBl 2009, 377 = EvBl 2009/66 (Leitner,OÈ JZ 2009, 476) = bbl 2009, 77 ± zur E s aber XIV.4.

39) Dies zu B. Jud, Anm zu 1 Ob 273/06p, ecolex 2007,513.

40) So zB W. Faber, Handbuch zum neuen GewaÈhrleis-tungsrecht 92 f; Welser/B. Jud, GewaÈhrleistung § 924Rz 2; Mendel, Zak 2006, 271; Augenhofer, JBl 2007, 768;B. Jud, Anm zu 1 Ob 199/07g, ecolex 2008, 229.

R. Reischauer, Probleme der Beweislastregeln des § 924 ABGB

Page 5: Probleme der Beweislastregeln des § 924 ABGB

der Leistung. Dies ist der Gehalt der ¹RuÈ ckwir-kungsvermutung``41) ± kein sehr gluÈ cklicher Aus-druck. Die ¹(nunmehrige) Mangelhaftigkeit (= Ver-tragswidrigkeit) der Sache`̀ versteht P. Bydlins-ki42) wohl iSv Mangel der Sachbeschaffenheitund nicht iSv Mangelhaftigkeit der Leistung.

Im Getriebeschadensfall43) hat der OGH nur denBeweis des Mangels der Sachbeschaffenheit ver-langt (zur E s auch unter XII.) und nicht den Be-weis der Mangelhaftigkeit der Leistung44). Im Mo-torschadensfall45) war fraglich, welche Leistungder Unternehmer zu erbringen hatte. Schon des-wegen konnte kein Vergleich des Sachzustandesmit der geschuldeten Leistung erfolgen (zur E sauch XIV.1.).

Funktioniert eine Schankanlage samt EDV-Kas-senanlage wegen technischer Gebrechen nicht46),so handelt es sich um einen Mangel in der Sachbe-schaffenheit, die Mangelhaftigkeit der Leistung istnach § 924 Satz 2 ABGB zu vermuten. Zu Bedie-nungsfehlern s XIII.

Zur KomplexitaÈt der Probleme bei Anwendungdes § 924 Satz 2 ABGB iVm WerkvertraÈgen ± insbauch zum UÈ berwurfmutterfall47) ± s XIV.

VII. Sachlicher Gehalt der 6-Monats-Frist/Erfah-rungswerte/QualitaÈ tsmaÈngel

Die 6-Monats-Frist gilt fuÈ r QualitaÈtsmaÈngel. Siestellt auf jene (geschuldeten) Eigenschaften einerSache ab, die diese wegen ihrer Eigenart uÈ blicher-weise mindestens 6 Monate ab dem Zeitpunkt derUÈ bergabe beibehaÈlt. Dieser Ausgangspunkt gibtder Vermutung des § 924 Satz 2 ABGB den Sinn(§ 6 ABGB). Dies bestaÈ tigt § 924 Satz 3 ABGB,der die Frist nicht greifen laÈsst, wenn sie mit derArt der Sache unvereinbar ist. Ohne RuÈ cksichtauf die durchschnittliche Haltbarkeit einer Sa-che48) bzw ihrer einzelnen Eigenschaften entbehrtedie 6-Monats-Frist jeder soliden Grundlage. EineFrist, die mit Vermutung einer Tatsache arbeitet,

waÈre extrem sachwidrig, wenn sie nicht auf Erfah-rungswerten aufbaute. Diese ErfahrungswerteknuÈ pfen an die Eigenart der Sache an. Diesersachliche Gehalt des § 924 Satz 2 ABGB entkraÈ ftetdie rechtspolitische Kritik an der Regelung49). Er-fahrungswerte besagen auch, warum die 6-Mo-nats-Frist-Vermutung mit der Art der Sache iSd§ 924 Satz 3 ABGB unvereinbar ist (s auch XI.2.).

Obige Gedanken stimmen mit der ErwaÈgung desGesetzgebers uÈ berein, ¹dass ein schon bald nachUÈ bernahme der Sache auftretender Fehler vielfach(zumindest in seiner Anlage) schon bei der Ablie-ferung vorhanden gewesen sein wird`̀ 50), sein da-maliges Vorliegen also wahrscheinlich ist. DieseWahrscheinlichkeit laÈsst sich sachlich nur dort un-terstellen, wo sie mit den allgemeinen Erfahrungs-werten (s oben) in Einklang steht. Dies gilt auchfuÈ r MaÈngel von komplizierten technischen GeraÈ-ten, wie ElektrogeraÈ ten, Kraftfahrzeugen undComputern, bei denen fuÈ r den UÈ bernehmer der Be-weis der Mangelhaftigkeit im Zeitpunkt der UÈ ber-gabe oft schwierig ist. Diese Beispiele erwaÈhnendie Materialien51) im Zusammenhang mit der Er-waÈgung, dass die Fehler vielfach schon bei derUÈ bergabe vorhanden gewesen sein werden.

Zu gebrauchten Sachen s unter XII.Als HilfserwaÈgung fuÈ hren die Materialien an,

¹dass der UÈ bergeber der Sache im AllgemeinennaÈher beim Beweis sein wird als der UÈ bernehmer,weil er vielfach selbst uÈ ber den noÈtigen Sachver-stand verfuÈ gt, mit dem Hersteller in staÈndiger Ver-bindung steht oder mit ihm leichter in Verbindungtreten kann als der Erwerber`̀ 52). Obige HilfserwaÈ-gung traÈ fe auch bei Fehlern, die nach der 6-Mo-nats-Frist auftreten, zu. Auch bezuÈ glich dieserFaÈ lle ist der UÈ bergeber wegen seiner Sachkenntnisbzw der Sachkenntnis der ihm zur VerfuÈ gung ste-henden VormaÈnner naÈher dran. Die Materialiensprechen aber ohnehin nur im Konjunktiv (s oben).

Bei der 6-Monats-Frist kommt es darauf an,welcher konkreten Eigenschaft es mangelt und obvon dieser konkreten Eigenschaft eine Haltbarkeitvon mindestens 6 Monaten zu erwarten war.

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41) So 1 Ob 199/07g JBl 2008, 327 = RdW 2008, 328 =Zak 2008/119 = ecolex 2008, 229 (B. Jud); 8 Ob 124/08fJBl 2009, 377 = EvBl 2009/66 (Leitner, OÈ JZ 2009, 476) =bbl 2009, 77.

42) In KBB2 § 924 Rz 3.43) 6 Ob 272/05a SZ 2006/19 = JBl 2006, 587 = EvBl

2006/111 = ZVR 2006/155 (Kathrein) = HS 37.370 =OÈ JZ-LSK 2006/152 = RdW 2006, 321 = RZ 2006/EUÈ

202, 155 = Zak 2006/328 = ecolex 2006, 650 = ecolex2006, 742; s zu dieser E auch Augenhofer, JBl 2007, 768(770) sowie Mendel, Zak 2006, 269 und P. Bydlinski,Zak 2007, 6.

44) Dies zu 8 Ob 124/08f JBl 2009, 377 = EvBl 2009/66(Leitner, OÈ JZ 2009, 476) = bbl 2009, 77.

45) 1 Ob 273/06p JBl 2007, 786 = Zak 2007/444 = ecolex2007, 513 (B. Jud): Traktor, knapp 8 Jahre, fast 5000 Be-triebsstunden; s zu dieser E auch Augenhofer, JBl 2007,768 (771).

46) Vgl 1 Ob 199/07g (s dazu auch Leitner, OÈ JZ 2009,476) JBl 2008, 327 = RdW 2008, 328 = Zak 2008/119 = eco-lex 2008, 229 (B. Jud) ± zur E s auch unter XIII.1.

47) 8 Ob 124/08f JBl 2009, 377 = EvBl 2009/66 = bbl2009, 77.

48) Vgl auch P. Bydlinski in KBB2 § 924 Rz 7.

49) Dies zu Leitner, OÈ JZ 2009, 476.50) RV 422 BlgNR 21. GP 14; idS 6 Ob 272/05a SZ 2006/

19 = JBl 2006, 587 = EvBl 2006/111 = ZVR 2006/155(Kathrein) = HS 37.370 = OÈ JZ-LSK 2006/152 = RdW2006, 321 = RZ 2006/EUÈ 202, 155 = Zak 2006/328 = ecolex2006, 650 = ecolex 2006, 742; s zu dieser E auch Augenho-fer, JBl 2007, 768 (770) sowie Mendel, Zak 2006, 269 undP. Bydlinski, Zak 2007, 6; 8 Ob 124/08f JBl 2009, 377 =EvBl 2009/66 (Leitner, OÈ JZ 2009, 476) = bbl 2009, 77 ±zur E s aber XIV.4.

51) Vgl RV 422 BlgNR 21. GP 14.52) RV 422 BlgNR 21. GP 14; idS 6 Ob 272/05a SZ 2006/

19 = JBl 2006, 587 = EvBl 2006/111 = ZVR 2006/155(Kathrein) = HS 37.370 = OÈ JZ-LSK 2006/152 = RdW2006, 321 = RZ 2006/EUÈ 202, 155 = Zak 2006/328 = ecolex2006, 650 = ecolex 2006, 742; s zu dieser E auch Augenho-fer, JBl 2007, 768 (770) sowie Mendel, Zak 2006, 269 undP. Bydlinski, Zak 2007, 6; 8 Ob 124/08f JBl 2009, 377 =EvBl 2009/66 (Leitner, OÈ JZ 2009, 476) = bbl 2009, 77 ±zur E s aber XIV.4.

R. Reischauer, Probleme der Beweislastregeln des § 924 ABGB

Page 6: Probleme der Beweislastregeln des § 924 ABGB

Zur Nichtanwendbarkeit der Vermutungsregelnbei QuantitaÈts- und RechtsmaÈngeln s XVII. undXVIII.

Der sachliche Gehalt der 6-Monats-Frist als An-knuÈ pfungspunkt fuÈ r die Beweislastumkehr iststreng zu trennen vom Kreis der beguÈ nstigtenUÈ bernehmer. Art 5 Abs 3 VGK-RL und zB auch§ 476 BGB geben die Beweiserleichterung nurdem Verbraucher, § 924 Satz 2 ABGB beguÈ nstigtjeden UÈ bernehmer. Aus dem vorrechtlichen Raumheraus laÈsst sich weder die Notwendigkeit der Be-weislastregel noch der Kreis der zu BeguÈnstigen-den ableiten. Der EU fehlt zudem die Kompetenzauf dem Gebiet des allgemeinen Zivilrechts.

VIII. Vermutungsfrist/keine Haltbarkeitsgarantie

Die 6-Monats-Frist dient nur der Vermutung derMangelhaftigkeit zum UÈ bergabezeitpunkt. Siedarf nicht mit einer Haltbarkeitsgarantie fuÈ r 6 Mo-nate verwechselt werden. Dies zeigen eindeutig§ 924 Satz 1 ABGB und die MoÈglichkeit der Wider-legung der Vermutung nach § 924 Satz 2 ABGB.Die Beweislastregel knuÈ pft an die durchschnittli-che Mindesthaltbarkeit nach der Art der Sachean, erhebt diese aber nicht zum Inhalt einer Ga-rantie.

IX. Analogie zur 6-Monats-Vermutungsfrist

1. Analogie

Die 6-Monats-Frist des § 924 Satz 2 ABGB be-trifft Sachen, deren Mangelfreiheit normalerweisemindestens 6 Monate ab UÈ bergabe anhaÈ lt (s VII.).Bleibt eine Sache (bzw deren fragliche Eigen-schaft) normalerweise eine geringere Mindestzeitmangelfrei, zB 4 Monate, so muss die Vermutunganalog gelten, wenn bewiesen wird, dass der Man-gel innerhalb von 4 Monaten hervorgekommen ist.Dieses Ergebnis bringt auch das argumentum econtrario aus dem 3. Satz des § 924 ABGB. Nachder Art der Sache ist davon auszugehen, dass derMangel schon bei UÈ bergabe vorhanden war, wenner innerhalb jener Frist hervortritt, der die SacheuÈ blicherweise standhaÈ lt53). Dies mit der Ein-schraÈnkung, dass eine laÈngere als die 6-Monats-Frist nicht in Betracht kommt54). Dass der Gesetz-geber die 6-Monats-Frist gewaÈhlt hat, schlieût eineAnalogie nicht aus55). Die Rsp hat bereits den rich-tigen Weg gefunden (s 2.).

2. TiermaÈngel

Obige Gedanken sind entsprechend auf Tier-krankheiten uÈ bertragbar, die nicht unter § 925ABGB, sondern unter § 924 ABGB fallen. BeiTiermaÈngeln wird auf Grund der Art der Sache56)die Vermutung des § 924 Satz 2 sehr haÈufig nicht

direkt greifen. Es liegt zB voÈllig auf der Hand, dassein bei UÈ bergabe gesundes Tier innerhalb der 6-Monats-Frist erkranken kann. Im Anwendungsbe-reich des § 925 sind wir dieser Problematik wegenseines Spezialcharakters enthoben (I.). EineKrankheit bricht nicht vor dem Ablauf bestimmterZeiten, insb Inkubationszeiten, aus. Sind dieseZeiten ab UÈ bergabe noch nicht abgelaufen, sogreift die Vermutung, dass das Tier schon beiUÈ bergabe krank war57).

Auch der OGH stellt zutreffend bei Krankhei-ten, die nicht unter die Vermutungsfristen des§ 925 ABGB fallen, auf den uÈ blichen Zeitraumzwischen dem Beginn der jeweiligen Erkrankungund ihrer Wahrnehmbarkeit bzw auf das Verstrei-chen der Inkubationszeit ab, gerechnet vom Zeit-punkt der UÈ bergabe58).

Das HoÈchstgericht spricht sich (im Anschluss anP. Bydlinski59)) fuÈ r eine flexible Anwendung des§ 924 Satz 2 aus. Es stellt auf den konkreten Zeit-punkt des Hervorkommens und der Art und Wur-zel der jeweiligen Erkrankung ab60). Die gesetzli-che Vermutung greift laut OGH jedenfalls dannein, wenn eine erstmals nach UÈ bergabe festge-stellte Erkrankung in ihrer Wurzel schon im Zeit-punkt der UÈ bergabe vorhanden gewesen seinkann61). Bei Ermittlung dieser MoÈglichkeit sinddas Alter des Tieres und der uÈ bliche Zeitraum,der zwischen dem Beginn der jeweiligen Erkran-kung und ihrer Wahrnehmbarkeit verstreicht, zuberuÈ cksichtigen62). Bei Infektionskrankheiten istauf die Inkubationszeit abzustellen, also auf denZeitraum ¹zwischen der Infektion und der Wahr-nehmbarkeit erster Krankheitssymptome`̀ 63). Diesalles entspricht den Grundgedanken der Analogiezu § 924 Satz 2 ABGB.

3. Haltbarkeitsfristen

LaÈuft die fuÈ r eine Ware (insb fuÈ r Lebensmittel)angegebene (vgl auch § 922 Abs 2 ABGB) Haltbar-keitsfrist vor der 6-Monats-Frist ab, so kehrt sichdie Beweislast jedenfalls um, wenn der Mangel in-nerhalb der Frist hervorkommt, wurde doch sogarzugesagt, dass die Sache die angegebene Zeit haÈ lt(vgl auch § 922 Abs 2 ABGB). Die Fristangabekann als solche aber die gesetzlichen Vermutungs-fristen nicht verkuÈ rzen und damit weder die di-rekte noch die analoge Anwendung des § 924Satz 2 ABGB ausschlieûen, es waÈre denn verein-bart, dass das Gut seine QualitaÈ t nur bis zum Ende

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53) Wie hier im Ergebnis P. Bydlinski in KBB2 § 924Rz 7; aM Ofner in Schwimann, ABGB IV3 § 924 Rz 9.

54) Reischauer, JBl 2002, 156 f.55) Dies zu Ofner aaO.56) Zum Tier als Sache besonderer Art s Reischauer in

Rummel, ABGB3 § 1332a Rz 1.

57) AM Ofner in Schwimann, ABGB IV3 § 924 Rz 9.58) 4 Ob 104/07h JBl 2007, 787 = OÈ JZ-LS 2007/72 = Zak

2007/552 = RZ 2007/EUÈ 485, 285 = ecolex 2007, 851: Kis-sing-Spine-Syndrom sowie Verkalkungen eines Reitpfer-des im Nackenbereich; s zu dieser E auch Augenhofer, JBl2007, 768 (775 f).

59) In KBB2 § 924 Rz 7 f.60) 4 Ob 104/07h JBl 2007, 787 = OÈ JZ-LS 2007/72 = Zak

2007/552 = RZ 2007/EUÈ 485, 285 = ecolex 2007, 851; s zudieser E auch Augenhofer, JBl 2007, 768 (775 f).

61) AaO.62) AaO.63) AaO.

R. Reischauer, Probleme der Beweislastregeln des § 924 ABGB

Page 7: Probleme der Beweislastregeln des § 924 ABGB

der angegebenen Haltbarkeitsfrist behalten muÈ ss-te.

X. Hervorkommen des Mangels innerhalb der (6-Monats-)Frist/Zeitpunkt des Beweises

Die Beweislast dafuÈ r, dass der Mangel binnen6 Monaten hervorgekommen ist, trifft den Erwer-ber. Diesen Beweis kann er auch nach Ablauf der6-Monats-Frist erbringen64). Macht er den Mangelinnerhalb der 6-Monats-Frist gerichtlich geltend,so gibt es idR kein Beweislastproblem fuÈ r die Fra-ge, ob der Mangel vor Ablauf der 6-Monats-Fristoder nachher hervorgekommen ist. Damit bestehtfuÈ r den Erwerber ein indirekter Zwang, den Man-gel innerhalb der 6-Monats-Frist nach MoÈglichkeitgeltend zu machen65). Die Vermutungsfrist gilt fuÈ ralle GeschaÈ fte, insb auch fuÈ r beiderseitig unter-nehmensbezogene GeschaÈfte. Die RuÈ geobliegen-heit nach § 377 UGB wird durch § 924 ABGB na-turgemaÈû nicht beruÈ hrt.

Da die Beweisaufnahme im GewaÈhrleistungs-prozess oft erst nach Ablauf der 6-Monats-Friststattfinden wird, kann eine vorherige Beweissiche-rung (§§ 384 f, insb § 384 Abs 2 ZPO) ratsam sein.

Die VGK-RL sieht auch die MoÈglichkeit der Ein-fuÈ hrung einer RuÈ geobliegenheit vor (vgl Art 5 Abs2). Von dieser MoÈglichkeit hat OÈ sterreich nicht Ge-brauch gemacht. Da dies nicht zu Lasten der Ver-braucher geht, liegt auch kein Verstoû gegen dieRichtlinie vor. Die 6-Monats-Frist wird sich fak-tisch dahin auswirken, dass der Erwerber MaÈngelmoÈglichst rasch nach ihrer Entdeckung dem UÈ ber-geber bekannt gibt. Auch aus diesem Grund siehtes die RV66) nicht fuÈ r notwendig an, eine RuÈ ge-obliegenheit in das allgemeine oÈsterr Recht einzu-fuÈ hren.

XI. Nichteintritt der Vermutung

1. Allgemeines

Die Vermutung des § 924 Satz 2 ABGB tritt nichtein, wenn sie mit der Art der Sache oder des Man-gels unvereinbar ist. Bei der Art der Sache geht esum deren substantielle Eigenart (s 2.), bei der Artdes Mangels um dessen Erscheinungsbild (s 3.).Die gesetzliche Regelung nach den EB zielt aufFehler ab, bei denen typischerweise anzunehmenist, dass sie nicht bereits bei UÈ bergabe vorhandenwaren67). Dies trifft fuÈ r die Art der Sache voll zu(s 2.). Bei der Art des Mangels liegen die Dingekomplexer (s 3. und XIX.).

2. Art der Sache

Die Vermutung der Mangelhaftigkeit der Sachebei UÈ bergabe (= die Vermutung der Mangelhaftig-keit der Leistung ± s V.) tritt nicht ein, wenn sie mitder Art der Sache unvereinbar ist. Bei der Art derSache geht es um ihre substantielle Eigenart, um

ihre typischen Eigenschaften. Es ist zu fragen, wel-che Eigenschaften fuÈ r die entsprechende Sache ty-pisch sind. FrischgemuÈ se bleibt typischerweisenur ganz kurze Zeit frisch, Salat verwelkt rasch.Es ist nicht nur auf die konkrete Sache insgesamtabzustellen, sondern auf deren typische einzelneEigenschaften. Es ist zu fragen, welche einzelneEigenschaft fehlerhaft ist und ob nach Art des be-sonderen QualitaÈ tsmerkmals die Vermutung derMangelhaftigkeit bei UÈ bergabe mit diesem Quali-taÈ tsmerkmal unvereinbar ist. Beim Kauf eines Ge-brauchtwagens mag im konkreten Fall die Vermu-tung fuÈ r die GuÈ te des Motors, nicht aber fuÈ r die derBremsbelaÈge greifen (zu Gebrauchtfahrzeugen sXII.). Wo die typische Gesamteigenschaft gegendie Vermutung der Mangelhaftigkeit bei UÈ bergabespricht (zB Salat), bedarf es keiner ErwaÈgungenbezuÈ glich der typischen einzelnen Eigenschaften.

Wo auf Grund der gewoÈhnlich vorausgesetztenEigenschaften (§ 922 ABGB) nur ein kurzes Anhal-ten der QualitaÈ t zu erwarten ist, greift wegen derArt der Sache die Vermutung nicht. Ihrer Naturnach leicht verderbliche Ware faÈ llt unter Satz 3;ebenso idR jene minderwertigen Waren, bei denenschon nach der Verkehrsauffassung nur eine ver-haÈ ltnismaÈûig kurze Haltbarkeit zu erwarten ist68).

Auch gebrauchte GuÈ ter sind nach obigen Krite-rien zu beurteilen. Im Detail s XII.

Zur Beweislast fuÈ r die Ausnahme von § 924Satz 2 ABGB s XIX.

3. Art des Mangels

Die Vermutung der Mangelhaftigkeit der Sachebei UÈ bergabe (= die Vermutung der Mangelhaftig-keit der Leistung ± s V.) tritt nicht ein, wenn sie mitder Art des Mangels unvereinbar ist. Handelt essich bei der Art der Sache um deren typische Qua-litaÈt, so bei der Art des Mangels um dessen Er-scheinungsbild, also darum, wie sich der Mangelzeigt.

Es geht um Einwirkungen auf die Sache, denendie typische SachqualitaÈt nicht standhaÈlt bzwnicht standhalten muss. Die Delle am Auto faÈ lltzB darunter (s dazu XIX.). Die RV nennt die Ver-kalkung eines DampfbuÈ geleisens oder die AbnuÈ t-zung von BremsbelaÈgen eines innerhalb kurzerZeit intensiv benuÈ tzten PKW und Spuren einer of-fenkundigen Fehlbehandlung69).

Zur KomplexitaÈt des Problems und zur Beweis-last fuÈ r die Ausnahme von § 924 Satz 2 ABGB sXIX.

Die von der RV ebenfalls angesprochenen Fra-genkreise an sich minderwertiger Waren oder ge-brauchter GuÈ ter fallen unter die Kategorie derArt der Sache (s XI.2. und XII.) und nicht unterdie der Art des Mangels. Doch koÈnnen beide Krite-rien zutreffen (s XI.4.).

Soweit § 925 ABGB fuÈ r Tiere keine Sonderrege-lungen trifft, ist fuÈ r die Beweislastverteilung be-zuÈ glich des Vorliegens eines Mangels § 924 ABGBmaûgebend. Eine Beweislastumkehr analog § 924

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64) Reischauer, JBl 2002, 156.65) Reischauer aaO.66) 422 BlgNR 21. GP 19.67) RV 422 BlgNR 21. GP 15. 68) Vgl RV 422 BlgNR 21. GP 15.

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Page 8: Probleme der Beweislastregeln des § 924 ABGB

Satz 2 (s IX.) kommt zB auch dort nicht in Be-tracht, wo die Art des Mangels dagegen spricht,man vgl zB den Beinbruch eines Reitpferdes.

4. Art der Sache und des Mangels

BezuÈ glich der Nichtanwendbarkeit des § 924Satz 2 ABGB kann im Einzelfall auch eine Ge-samtschau beider VermutungsausschlussgruÈ ndeweiterhelfen70). Ist eine gebrauchte Sache gekauftworden, so kann einerseits wegen der Art der Sa-che bzw Sacheigenschaft (zB der BremsbelaÈge)der Vermutungsausschlussgrund gegeben sein,weil eine bestimmte QualitaÈ t bzw ein bestimmtesQualitaÈ tsmerkmal nicht mehr zu den gewoÈhnlichvorausgesetzten Eigenschaften (iSd § 922 ABGB)zaÈhlt (s XI.2.) und auch keine besondere QualitaÈ tvereinbart worden ist, und andrerseits wegen derArt des Mangels, weil die Sache im Hinblick aufdie geschuldete QualitaÈ t gewissen Einwirkungennicht mehr standhalten muss (s XI.3.).

XII. Gebrauchte Sachen ± insb Kraftfahrzeuge

Auch gebrauchte Sachen fallen grundsaÈ tzlichunter § 924 Satz 2 ABGB71). Ausgangspunkt istwie immer die Frage, was an QualitaÈ t geschuldetist (§ 922 Abs 1 ABGB). Bei gebrauchten Sachensind die gewoÈhnlich vorausgesetzten Eigenschaf-ten (§ 922 Abs 1 Satz 2 ABGB) im Vergleich zuneuwertigen Sachen in vielen FaÈ llen auf einemniedrigeren Niveau anzusiedeln; dies insb, wennsie bei ordentlichem Gebrauch mit der Zeit anQualitaÈ t verlieren. Wie auch sonst (s VII. undXI.2.) ist auf die einzelnen Eigenschaften abzustel-len. An die QualitaÈ t eines Motors eines gebrauch-ten Kfz des Zulassungsjahres X werden uÈ blicher-weise nach der Verkehrsauffassung andere Anfor-derungen gestellt als an dessen BremsbelaÈge undirgendwelche (sonstige) Verschleiûteile. Wo dieHaltbarkeitserwartung nach der Verkehrsan-schauung unter der 6-Monats-Frist liegt, greift§ 924 Satz 2 ABGB nicht. Bei einem Fahrzeugeines aÈlteren Baujahrs mit hohem KilometerstandkoÈnnen innerhalb eines halben Jahres auftretendeMaÈngel nicht generell auf den Zeitpunkt der UÈ ber-gabe bezogen werden72). Bei einem Motor- oder

Getriebeschaden einer gekauften Sache wird idR§ 924 Satz 2 ABGB greifen73).

Soweit § 924 Satz 2 ABGB analog anwendbar ist(s IX.), gilt das oben AusgefuÈ hrte entsprechend.

Werden uÈ ber die SachqualitaÈ t einer gebrauchtenSache (ausdruÈ cklich oder schluÈ ssig) besondere Ver-einbarungen getroffen (§ 922 ABGB), setzen sie dasMaû. Sagt der VerkaÈufer eines Gebrauchtwagensdie Neuwertigkeit der BremsbelaÈge zu, greift§ 924 Satz 2 ABGB voll (vgl den Gebrauchtwagen-kauf vom gewerbsmaÈûigen HaÈndler). Wird andrer-seits zB vereinbart, dass eine bestimmte Sachei-genschaft einer gebrauchten Sache mindere Quali-taÈt aufweisen darf, so ist davon auszugehen. Diesalles gilt aber auch fuÈ r ungebrauchte Sachen.

XIII. Bedienungsfehler/§ 924 Satz 2 ABGB

1. Allgemeines

Bei Bedienungsfehlern sind zwei Fragestellun-gen zu unterscheiden: 1. Liegt ein Bedienungsfeh-ler oder eine Mangelhaftigkeit der Sache vor? Oderist 2. die bewiesene Mangelhaftigkeit der Sache (zBein Motordefekt) auf einen Bedienungsfehler zu-ruÈ ckzufuÈhren? Die in Lehre und Rsp auftretendenDivergenzen duÈ rften wiederum auf die zu wenigscharfe Unterscheidung zwischen Mangelhaftig-keit der Leistung einerseits und Mangelhaftigkeitder Sache andrerseits beruhen (s dazu V.). Ist frag-lich, ob die Sache mangelhaft ist oder ob ein Be-dienungsfehler vorliegt, so hilft § 924 Satz 2 ABGBnicht weiter, weil die dort ausgesprochene Vermu-tung der Mangelhaftigkeit der Leistung den Be-weis der Mangelhaftigkeit der Sache voraussetzt(s dazu V.). In diesem Sinne ist der E 8 Ob 124/08f74) zuzustimmen, nicht jedoch in ihrer Kritikan 1 Ob 199/07g, sofern sie meinen sollte, dassder Beweis der Mangelhaftigkeit der Sache nichtgenuÈ gen sollte (zur E s unten).

Ist die Mangelhaftigkeit der Sache bewiesen (zBder Motordefekt) und zweifelhaft, ob diese ein Be-dienungsfehler verursacht hat oder nicht, so ist ge-maÈû § 924 Satz 2 ABGB die Mangelhaftigkeit derLeistung (zB das Vorliegen des Motordefekts beiUÈ bergabe) anzunehmen. § 924 Satz 2 ABGB greiftgrundsaÈ tzlich, weil er nur den Beweis des Hervor-kommens eines Mangels innerhalb der 6-Monats-Frist verlangt. Gerade die Widerleglichkeit seinerVermutung zeigt, dass das Gesetz davon ausgeht,dass der Mangel erst nach der UÈ bergabe entstan-den sein kann. Dennoch ist nach Satz 3 die Vermu-tung des Satzes 2 nur dann nicht anzuwenden,wenn sie mit der Art des Mangels oder der Artder Sache unvereinbar ist. Diese MoÈglichkeit einesden Mangel verursachenden Bedienungsfehlers

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2242010, Heft 4

April

69) RV 422 BlgNR 21. GP 15 ± zu Bedienungsfehlern sXIII.

70) Vgl Lorenz in MuÈ nchKomm BGB5 § 476 Rz 14 und16.

71) IdS RV 422 BlgNR 21. GP 15; 6 Ob 272/05a (Traktor± Getriebeschaden) SZ 2006/19 = JBl 2006, 587 = EvBl2006/111 = ZVR 2006/155 (Kathrein) = HS 37.370 =OÈ JZ-LSK 2006/152 = RdW 2006, 321 = RZ 2006/EUÈ

202, 155 = Zak 2006/328 = ecolex 2006, 650 = ecolex2006, 742; s zu dieser E auch Augenhofer, JBl 2007, 768(770) sowie Mendel, Zak 2006, 269 und P. Bydlinski,Zak 2007, 6. Zur E s auch VI.

72) RV 422 BlgNR 21. GP 15; 6 Ob 272/05a SZ 2006/19 =JBl 2006, 587 = EvBl 2006/111 = ZVR 2006/155 (Kathrein)= HS 37.370 = OÈ JZ-LSK 2006/152 = RdW 2006, 321 = RZ2006/EUÈ 202, 155 = Zak 2006/328 = ecolex 2006, 650 =ecolex 2006, 742; s zu dieser E auch Augenhofer, JBl2007, 768 (770) sowie Mendel, Zak 2006, 269 und P. Byd-

linski, Zak 2007, 6; 1 Ob 273/06p JBl 2007, 786 = Zak2007/444 = ecolex 2007, 513 (B. Jud); s dazu auch Augen-hofer, JBl 2007, 768 (771) ± zur E s aber XIV.; 2 Ob 189/07v Zak 2008/17.

73) Vgl 6 Ob 272/05a: Traktor, knapp 8 Jahre, fast 5000Betriebsstunden ± Getriebeschaden.

74) EvBl 2009/66 (Leitner, OÈ JZ 2009, 476) = JBl 2009,377 = bbl 2009, 77.

R. Reischauer, Probleme der Beweislastregeln des § 924 ABGB

Page 9: Probleme der Beweislastregeln des § 924 ABGB

schlieût fuÈ r sich alleine noch nicht die Anwend-barkeit des Satzes 2 aus. Nur wenn der Ausnahme-tatbestand des Satzes 3 erfuÈ llt ist, greift Satz 2nicht75).

§ 924 Satz 2 ABGB ist nicht anzuwenden, wennsich aus der Art des Mangels (XI.3.) ein Bedie-nungsfehler erschlieûen laÈ sst (s XIX.). So koÈnnendie in der RV erwaÈhnten Spuren einer offenkundi-gen Fehlbehandlung auf einen Bedienungsfehlerhinweisen76).

2. TiermaÈngel

FuÈ r TiermaÈngel, die § 925 nicht erfasst, geltendie Beweislastvorschriften des § 924 ABGB. Un-mittelbar wird § 924 Satz 2 ABGB wohl selten an-wendbar sein. Er mag zB bei gewissen Verhaltens-stoÈrungen bzw CharaktermaÈngeln eines Tiers grei-fen. Ein Abstammungsfehler, zu welcher Zeit erauch entdeckt werden mag, ist ± im wahrstenSinne des Wortes ± naturgemaÈû immer schon beider UÈ bergabe vorhanden. Dazu bedarf es keinerVermutung. Der Mangel eines zugesicherten Aus-bildungsstandes kann uU von § 924 Satz 2 ABGBerfasst sein. Der Ausbildungsstand kann uU abernachtraÈglich durch den UÈ bernehmer verschlech-tert werden77). ± Es stellen sich hier den Bedie-nungsfehlern (s 1.) vergleichbare Fragen.

Zur Beweislast fuÈ r die Ausnahme von § 924Satz 2 ABGB s XIX.

XIV. WerkvertraÈge/Besonderheiten? ± Insb Repa-raturen

1. Ermittlung des Schuldinhaltes

Die §§ 922 bis 933b ABGB und somit auch § 924ABGB gelten auch fuÈ r WerkvertraÈge78). Wo ein koÈr-perliches Werk herzustellen und zu uÈ bergeben ist,ergeben sich im Hinblick auf die Anwendbarkeitdes § 924 ABGB wohl kaum Sonderprobleme.

Besonders wichtig ist auch bei WerkvertraÈgendas vertraglich Geschuldete, das, wofuÈ r GewaÈhrzu leisten ist (§ 922 ABGB), klar herauszuarbeiten.Es ist zu ermitteln, welchen Erfolg der Werkunter-nehmer herzustellen hat79). Weicht das Geleistetebei UÈ bergabe vom Geschuldeten ab, so ist die Leis-tung mangelhaft. Kommt ein Mangel innerhalbvon 6 Monaten ab der UÈ bergabe hervor, so greiftdie Vermutung des § 924 Satz 2 ABGB, sofernnicht eine Ausnahme nach Satz 3 vorliegt. Natur-

gemaÈû ist auch bei WerkvertraÈgen § 924 Satz 2ABGB analog anzuwenden (s dazu IX.).

Ist eine Reparatur ± im Sinne eines Erfolges (zBder Behebung eines bestimmten Motorfehlers) ±geschuldet, so ist die Leistung mangelhaft, wenndieser Erfolg nicht eingetreten ist. Kommt binnen6 Monaten ± gemessen am geschuldeten Erfolg ±ein Mangel hervor (der zu behebende Motorfehler),tritt (wieder) auf, so wird vermutet, dass er schonbei UÈ bergabe vorhanden war, dass also der Repa-raturerfolg nicht eintrat. Ist die Behebung desFehlers X Vertragsinhalt und tritt innerhalb von6 Monaten ein Fehler Y auf, so ist fuÈ r die Anwen-dung des § 924 Satz 2 ABGB kein Platz, weil derFehler mit dem Geschuldeten nichts zu tunhat80). Daher spielen mangels einer entsprechen-den Leistungsverbindlichkeit auch die KriterienArt der Sache bzw des Mangels keine Rolle81).

2. GeneraluÈ berholung

Bei einer vereinbarten GeneraluÈ berholung (zBeines Motors) ist ± mangels einschraÈnkender Ver-einbarung ± die Behebung aller potentiellen Fehlerals Erfolg geschuldet82). Bei Auftreten von Fehlernnach UÈ bergabe greift die Vermutung der Mangel-haftigkeit der Leistung (zur Unterscheidung vonMangel der Sache und Mangelhaftigkeit der Leis-tung s V.).

3. Serviceleistungen

Wird nur eine Serviceleistung begehrt, so wirdidR zunaÈchst nur vereinbart, mit Sorgfalt moÈglicheFehler zu suchen83). Das Finden eines Fehlers istdaher nicht als Erfolg geschuldet; die Nichtbeseiti-gung daher auch nicht die Mangelhaftigkeit desWerks. Das Weiterbestehen des (nicht gefundenen)Fehlers bedeutet daher ± gemessen am geschlosse-nen Vertrag (s dazu V.) ± keinen Mangel der Sach-beschaffenheit.

4. UÈ berwurfmutterfall

Im UÈ berwurfmutterfall84) trat nach der Montageder OÈ lpumpe einer Feuerungsanlage ein Haarrissan der weiterverwendeten UÈ berwurfmutter auf,der zu einem OÈ laustritt mit FolgeschaÈden fuÈ hrte.Fraglich war, ob der Haarriss auf einer (schonvor der Montage vorhandenen) MaterialermuÈ dungberuhte oder auf einer unsachgemaÈûen Behand-lung der Schraubenmutter, zB deren UÈ berdrehen.Der OGH fuÈ hrte aus, dass das Vorliegen des Man-gels selbst bzw des Mangels an sich weiterhin der

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75) Treffend 1 Ob 199/07g (s dazu auch Leitner, OÈ JZ2009, 476) JBl 2008, 327 = RdW 2008, 328 = Zak 2008/119 = ecolex 2008, 229 (B. Jud ± dazu kritisch Leitner,OÈ JZ 2009, 476 FN 1). Dahin tendierend P. Bydlinski inKBB2 § 924 Rz 5. Zur Kritik von E 8 Ob 124/08f s obenXIV.4.

76) IdS 1 Ob 199/07g.77) Vgl dazu Fischer-Czermak, FS Krejci 1175.78) § 1167; 1 Ob 273/06p JBl 2007, 786 = Zak 2007/444 =

ecolex 2007, 513 (B. Jud); 8 Ob 124/08f JBl 2009, 377 =EvBl 2009/66 (Leitner, OÈ JZ 2009, 476) = bbl 2009, 77.

79) Zum Werkvertrag als Erfolgsverbindlichkeit s Rei-schauer in Rummel, ABGB3 § 1298 Rz 19.

80) So duÈ rfte der Fall 1 Ob 273/06p (Kfz-Motorschaden± Fahrzeugzustand Klasse 4: defekt) JBl 2007, 786 = Zak2007/444 = ecolex 2007, 513 (B. Jud ± s dazu auch VI.) ge-legen sein; vgl zu dieser E auch Augenhofer, JBl 2007, 768(771).

81) Dies zu 1 Ob 273/06p.82) Vgl auch Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1298

Rz 19d.83) S auch aaO.84) 8 Ob 124/08f JBl 2009, 377 = EvBl 2009/66 (Leitner,

OÈ JZ 2009, 476) = bbl 2009, 77.

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UÈ bernehmer zu beweisen habe, und wies das Kla-gebegehren wegen des Scheiterns des Beweises derMangelhaftigkeit der Leistung ab. Beweis desMangels der Sachbeschaffenheit und der Mangel-haftigkeit der Leistung werden hier offenkundiggleich verwendet (zum Unterschied s V.). ± Zu fra-gen waÈre gewesen, was geschuldet wurde. DaranwaÈre zu messen gewesen, ob ein Mangel in derSachbeschaffenheit vorlag. Schuldgegenstandwar der Austausch einer OÈ lpumpe. Im Zuge derMontage musste der Werkunternehmer eine einenTeil der Heizungsanlage bildende UÈ berwurfmutterloÈsen und sie in der Folge wieder anbringen. DieLeistung einer einwandfreien UÈ berwurfmutterwar demnach nicht geschuldet, zumindest nichtvon vornherein. Da sie nicht geschuldet war, lagtrotz Haarrisses der alten UÈ berwurfmutter keinemangelhafte Sachbeschaffenheit im Vergleich zurgeschuldeten Leistung vor und es konnte daherwegen des Haarrisses allein die Vermutung derMangelhaftigkeit der Leistung iSd § 924 Satz 2ABGB nicht greifen. Einen Werkunternehmer trifftaber auch die Pflicht, den von ihm zu bearbeiten-den Gegenstand ± also hier die UÈ berwurfmutter ±nicht zu beschaÈdigen85). Auf diese Pflicht ist § 924Satz 2 ABGB nicht anzuwenden. Steht die Verlet-zung der Pflicht, den zu bearbeitenden Gegen-stand nicht zu beschaÈdigen, zur Debatte, so hatnach allgemeinen GrundsaÈ tzen der GeschaÈdigtedie Verletzung dieser Pflicht zu beweisen. DerUÈ berwurfmutterfall ist daher im Ergebnis wohlrichtig entschieden. Es ging aber nicht um den Be-weis der Mangelhaftigkeit der Leistung, sondernum den Beweis der Verletzung der Pflicht, die Sub-stanz des zu bearbeitenden Gegenstandes nicht zubeeintraÈchtigen86). War die UÈ berwurfmutter schonzum Zeitpunkt der Montage schadhaft, haÈ tte diesder Werkunternehmer merken muÈ ssen, und haÈ tteer sie dennoch bei der Montage verwendet, so haÈ tteer sorgfaltswidrig gehandelt und deshalb gehaftet.Haftungsgrundlage waÈre dann aber die in diesemFall vom GlaÈubiger zu beweisende Sorgfaltsverlet-zung gewesen. Auch dies hat mit § 924 Satz 2ABGB nichts zu tun.

XV. MietvertraÈge

§ 924 Satz 2 ABGB ist mE auch auf MietvertraÈgeanwendbar87). KletecÏka meint, die Vermutung seihier entbehrlich, weil es beim Mietvertrag nichtauf das Vorliegen eines Mangels im Zeitpunkt derUÈ bergabe ankommt88). Dem ist entgegenzuhalten,dass bei Eingreifen der Vermutung die Mangelhaf-tigkeit schon fuÈ r die Vergangenheit anzunehmenist und dies im Zusammenhang mit einer ruÈ ckwir-

kenden Entgeltsminderung von Bedeutung seinkann. Auch iVm Schadenersatz (s C.I.) kann dieRuÈ ckwirkung relevant sein.

XVI. VerbrauchervertraÈge

§ 924 Satz 2 ABGB ist zugunsten des Verbrau-chers zwingend (§ 9 Abs 1 KSchG). Die Abbedin-gung verkuÈ rzte seine Rechtsposition. Dies zu ver-hindern, ist der Sinn des § 9 Abs 1 KSchG, nachdem die GewaÈhrleistungsrechte vor Kenntnis desMangels weder ausgeschlossen noch eingeschraÈnktwerden koÈnnen. Zu den zwingenden Gefahrtra-gungsregeln s II.

XVII. QuantitaÈ tsmaÈngel/Vermutung?

Die Vermutung des § 924 Satz 2 gilt nicht fuÈ rQuantitaÈ tsmaÈngel89). Dies ergibt sich daraus, dassdie Norm auf Sacheigenschaften abstellt, die uÈ bli-cherweise mindestens 6 Monate anhalten (s VII.).Aus der Art einer Sache laÈ sst sich nicht ableiten,dass ihre QuantitaÈ t 6 Monate lang vorhanden seinwird. Dass ein QuantitaÈ tsmangel in einen Quali-taÈ tsmangel umschlagen kann, aÈndert nichts andiesem Befund, solange es darum geht, ob dasQuantum fehlt oder nicht. Aus einem Fehlbestand,der sich innerhalb von 6 Monaten seit der Liefe-rung offenbart, kann aus der Art des Mangels(§ 924 Satz 3 ABGB) ± der fehlenden Menge ± nichtabgeleitet werden, dass die Menge schon bei derUÈ bergabe der Sache abging90)91).

Wo sich in verschlossenen BehaÈltern, die ver-schlossen geblieben sind, eine geringere QuantitaÈ tbefindet, liegt idR der QuantitaÈtsmangel auf derHand. Denkbar sind auch FaÈ lle, in denen sichdurch physikalische VorgaÈnge ± entgegen der ge-schuldeten vertraglichen QualitaÈ t ± die QuantitaÈ tverringert und die Sache insofern schon bei UÈ ber-gabe einen verborgenen Mangel aufwies. Dannhandelt es sich aber um einen QualitaÈtsmangel.

XVIII. RechtsmaÈngel/Vermutung?

§ 924 Satz 2 ABGB ist nicht auf RechtsmaÈngelzugeschnitten. Auch die EB haben nur QualitaÈ ts-maÈngel vor Augen92). § 476 BGB stellt ausdruÈ ck-lich bloû auf SachmaÈngel ab.

Nach der Grundregel der Beweislastverteilunghat der UÈ bernehmer bei SachmaÈngeln die beiUÈ bernahme vorhandenen MaÈngel zu beweisen,weil die vorbehaltlose UÈ bernahme der Leistungden Schein der ErfuÈ llung fuÈ r sich hat (IV.). Rechts-maÈngel sind der Sache nicht anzusehen; die UÈ ber-nahme erzeugt hier keinen ErfuÈ llungsschein. Die

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85) Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1298 Rz 19c.86) S aaO.87) W. Faber, Auswirkungen des GewaÈhrleistungs-

rechts-AÈ nderungsgesetzes auf BestandverhaÈ ltnisse, im-molex 2001, 246 (248 f).

88) KletecÏka, GewaÈhrleistung neu (2001) § 924 Rz 8 ± sauch § 1096 und Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1298Rz 20.

89) Offenlassend 6 Ob 140/06s (Verbandsklage ± Fehlenvon ZubehoÈr und Bestandteilen) SZ 2006/125 = JBl 2007,247 (Leitner); zu RechtsmaÈngeln s XVIII.

90) Dazu tendierend schon Leitner, Anm zu JBl 2007,247.

91) Zum Problem der Beweislastvereinbarung zu Las-ten des Verbrauchers (§ 6 Abs 1 Z 11 KSchG) iVm derAusstellung einer Quittung uÈ ber die erhaltene Menge sReischauer, Zak 2010, 43.

92) Vgl RV 422 BlgNR 21. GP 14.

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Beweislast fuÈ r ordnungsgemaÈûe ErfuÈ llung bleibtdeshalb beim Schuldner (zur gegenteiligen Rsp sunten).

Manche E gehen unter der an sich richtigen PraÈ-misse, dass Sach- und RechtsmaÈngel grundsaÈ tzlichgleich zu behandeln sind93), mE unzutreffender-weise davon aus, dass auch fuÈ r RechtsmaÈngel dieGrundregel (s IV.) gelte, dass der UÈ bernehmer dieMangelhaftigkeit beweisen muÈ sse94). Die ratio derBeweislast fuÈ r SachmaÈngel (s oben) trifft beiRechtsmaÈngeln gerade nicht zu. ± § 924 Satz 2ABGB wurde zu Recht im nach dem GewRAÈ G lie-genden Fall 10 Ob 81/08y nicht angesprochen.

Im Fall 6 Ob 312/97v95) war strittig, ob der Ver-kaÈufer zugesichert hat, dass das Objekt nicht mitdem MRG unterliegenden HauptmietverhaÈltnissenbelastet ist. Bei der fraglichen Beweislast ging esum den Schuldinhalt, den hatte der sich auf dieZusicherung berufende KaÈufer zu beweisen. Daer den Beweis nicht erbracht hatte, wurde sein Be-gehren im Ergebnis richtigerweise abgewiesen.Nur wenn er den Beweis erbracht haÈtte, waÈre derBeweis der Mangelhaftigkeit bzw Mangelfreiheitzur Debatte gestanden. DiesbezuÈ glich waÈre nachder hier vertretenen Ansicht der VerkaÈufer beweis-belastet gewesen. Er haÈtte die Sachverhalte bewei-sen muÈ ssen, nach denen die rechtliche BeurteilungbezuÈ glich der MietverhaÈ ltnisse vorzunehmen ge-wesen waÈre.

Die Besonderheit des Falles 10 Ob 21/08y lagdarin, dass zur Debatte stand, dass der UÈ bergebernach der Vorstellung des UÈ bernehmers die Nicht-inanspruchnahme durch einen Dritten haÈtte be-weisen sollen. Dies waÈre aber der Beweis einesNichtgeschehens. Ein derartiger Beweis kann idRnicht erbracht und daher grundsaÈtzlich auch nichtverlangt werden. Dieser Beweis waÈre jedoch nichtder Beweis der Mangelfreiheit gewesen96). Der waÈ-re im Beweis des Nichtmehrbestehens der Forde-rung des Dritten gelegen. Ein derartiger Beweiskann aber seiner Art nach erbracht werden.

Der UÈ bergeber haftet in gewissen FaÈ llen aberauch fuÈ r RechtsmaÈngel, die erst nach UÈ bergabeentstehen (s I.).

XIX. Beweislast fuÈ r die Ausnahmen nach § 924Satz 3 ABGB

1. Allgemeines

§ 924 Satz 2 buÈ rdet dem UÈ bergeber den Beweisder Mangelfreiheit der Leistung auf, wenn demUÈ bergeber der Beweis gelungen ist, dass innerhalbvon 6 Monaten ein Mangel an der Sache aufgetre-ten ist (s V.). Satz 3 bringt eine Ausnahme von Satz2, wenn die Vermutung der Mangelhaftigkeit derLeistung mit der Art der Sache (XI.2.) oder desMangels (XI.3.) unvereinbar ist. Da es sich beim

Satz 3 um eine Ausnahme von der grundsaÈtzlichanzuwendenden Beweislastregel nach Satz 2 han-delt, trifft den UÈ bergeber die Beweislast fuÈ r dietatsaÈchlichen UmstaÈnde, die die Unvereinbarkeitmit der Vermutung nach § 924 Satz 2 begruÈ nden,dh fuÈ r das Vorliegen eines Sachverhaltes, der unterdas Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes (derVermutungsausschlussgruÈ nde im Sinne des Sat-zes 3) subsumierbar ist97).

2. Beweis der Art der Sache bzw der Art des Man-gels

Der UÈ bergeber hat in den FaÈ llen des Satzes 3nicht die Mangelfreiheit zu beweisen, sondern¹nur`` die Art der Sache bzw die des Mangels,aus der bzw aus dem sich die Unvereinbarkeitder Vermutung ergibt. Dieser Beweis wird ± soweites um die Art der Sache bzw der mangelhaftenSacheigenschaft (s XI.2.) geht ± oft nicht schwierigsein, so bei ihrer Natur nach leicht verderblichenWaren. Im letzten Fall wird haÈufig sogar Gerichts-notorietaÈt (§ 269 ZPO) vorliegen. Schwierig magder Beweis vor allem in FaÈ llen der Art des Mangelssein: Waren zB die Sache oder bestimmte Sachteileschon zur Zeit der UÈ bergabe beschaÈdigt (und da-mit die Leistung mangelhaft) oder ist die BeschaÈ-digung erst nach UÈ bergabe erfolgt? Hatte zB derAuspufftopf eines Neuwagens schon bei UÈ bergabeeine Beule oder ist sie erst nach UÈ bergabe (zB in-folge Aufsitzens) entstanden? War das UhrgehaÈuseschon bei UÈ bergabe beschaÈdigt oder wurde es erstnachher beeintraÈchtigt? Verlangte man in solchenFaÈ llen den strengen Beweis, dass die Vermutungdes Satzes 2 mit der Art des Mangels unvereinbarist, so verlangte man der Sache nach den Beweisder Mangelfreiheit der Leistung.

3. Beweisanforderungen

Den Beweisanforderungen des 3. Satzes mussder Schuldner dadurch genuÈ gen koÈnnen, dass erunter BeruÈ cksichtigung aller UmstaÈnde als wahr-scheinlich dartut, dass der Mangel zum Zeitpunktder UÈ bergabe noch nicht vorhanden sein konnte98).Jedenfalls muss mE ein Prima-facie-Beweis99) ge-nuÈ gen. Ohne Erleichterung der Beweislastanforde-

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93) Reischauer in Rummel, ABGB3 §§ 922 f Rz 8.94) 6 Ob 312/97v wobl 1998/229 (Mohr); 10 Ob 21/08y

ecolex 2009, 673 (Wilhelm) = Zak 2009/463.95) wobl 1998/229 (Mohr).96) IdS auch 10 Ob 21/08y ± Sponsorvertrag mit Unter-

nehmen, dessen gesamte Anteile verkauft wurden.

97) IdS 6 Ob 272/05a SZ 2006/19 = JBl 2006, 587 = EvBl2006/111 = ZVR 2006/155 = HS 37.370 = OÈ JZ-LSK 2006/152 = RZ 2006/EUÈ 202, 155 = Zak 2006/328 = ecolex 2006,650 = ecolex 2006, 742; 1 Ob 199/07g JBl 2008, 327 = RdW2008, 328 = Zak 2008/119 = ecolex 2008, 229 (B. Jud); 8 Ob124/08f JBl 2009, 377 = EvBl 2009/66 (Leitner, OÈ JZ 2009,476) = bbl 2009, 77 ± zur E s aber XIII. und XIV.4.

98) Vgl § 7 Abs 2 PHG und dazu zB Welser/Ch. Rabl,PHG2 § 7 Rz 16; Fitz/Grau/Reindl, PHG2 § 7 Rz 14; Poschin Schwimann, ABGB VII3 § 7 PHG Rz 7 sowie 3 Ob 547/95 JBl 1996, 188 = RdW 1995, 426 = HS 26.870 = HS26.873 f = KRES 4/22 = ecolex 1995, 798; 4 Ob 87/97sZVR 1998/19 = KRES 4/29 = ecolex 1997, 749; 6 Ob157/98a ZVR 1999/45 = RdW 1998, 735 = KRES 4/34;10 Ob 98/02p; OLG Linz 1 R 78/94 HS 25.758 = ecolex1994, 756.

99) S dazu Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1296 Rz 4 ff.

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rungen waÈre die Ausnahmeregelung des 3. Satzesweitgehend funktionslos100). ± Kommt der Schuld-ner den geschilderten Beweisanforderungen nach,dann trifft den GlaÈubiger die volle Beweislast fuÈ rdie Mangelhaftigkeit101).

Kommt innerhalb eines halben Jahres nach derUÈ bergabe eines Neuwagens hervor, dass dieBremskloÈtze defekt sind, so greift (wegen der Artder Sache) grundsaÈ tzlich die Vermutung des § 924Satz 2. Gelingt dem UÈ bergeber der Beweis einerbesonders intensiven Benutzung des Kfz102) undlaÈsst diese Benutzung prima facie auf eine auûer-ordentliche Abnutzung einer an sich mangelfreienQualitaÈ t schlieûen, so ist prima facie anzunehmen,dass die Art des Mangels mit der Vermutung des§ 924 Satz 2 unvereinbar ist. Gelingt dem UÈ ber-nehmer der ErschuÈ tterungsbeweis nicht103), sotrifft ihn die volle Beweislast dafuÈ r, dass der Man-gel bereits zur Zeit der UÈ bergabe vorhanden war,dh dass die Leistung mangelhaft war.

Zur Art des Mangels gehoÈren auch BeeintraÈchti-gungen von Sachen, die jederzeit eintreten koÈnnen,wie zB eine Delle am Auto oder die Verbeulungeines Auspufftopfes. Mit der MoÈglichkeit des je-derzeitigen Eintritts einer derartigen BeschaÈdi-gung ist jedoch noch nicht gesagt, dass mit derArt eines solchen Mangels die Vermutung nach§ 924 Satz 2 unvereinbar ist. Die BeeintraÈchtigungkann bereits vor UÈ bergabe stattgefunden habenund die Sache mit ihr uÈ bergeben worden sein.

Ist die Mangelhaftigkeit der Sache offenkundigund ist davon auszugehen, dass der Mangel ± fallser schon bei UÈ bergabe vorhanden gewesen waÈre ±auch damals schon offenkundig sein musste (zBin die Augen fallender Blechschaden), so ist davonauszugehen, dass der GlaÈubiger die Sache beieiner derartigen Beschaffenheit nicht uÈ bernommenhaÈtte. Ist der Mangel augenfaÈ llig iSd § 928, sospricht prima facie alles dafuÈ r, dass der GewaÈhr-leistungsheischende die Sache nicht uÈ bernommenbzw diese schon bei der UÈ bernahme beanstandethaÈtte. Das Nichtbeanstanden bzw nicht unverzuÈ g-liche Beanstanden spricht damit auch prima faciedafuÈ r, dass ein solcher Mangel bei der UÈ bergabenoch nicht vorhanden war.

Mit der AugenfaÈ lligkeit ist nur die Mangelquali-fikation iSd § 928 angesprochen, nicht jedoch des-sen eigentlicher Anwendungsbereich, in dem es ±im Unterschied zu unserer Problematik ± auf denZeitpunkt des Vertragsschlusses ankommt104).UÈ berdies schlieût § 924 Satz 3 nicht GewaÈhrleis-tung aus, buÈ rdet vielmehr ¹nur`̀ den Beweis derMangelhaftigkeit zur Zeit der UÈ bergabe auf.

Der BGH begnuÈ gt sich bezuÈ glich des Ausschlus-ses der 6-Monats-Vermutung nach dem Kriteriumder Art des Mangels schon damit, dass der Mangelauch dem fachlich nicht versierten KaÈufer bei der

UÈ bergabe der Sache haÈ tten auffallen muÈ ssen105).Dem ist fuÈ r das oÈsterr Recht dann beizupflichten,wenn sich aus den UmstaÈnden durch einen nichterschuÈ tterten Prima-facie-Beweis ergibt, dass derUÈ bernehmer bei Vorliegen des Mangels bei UÈ ber-gabe diesen beanstandet haÈ tte.

Der zeitliche Abstand zwischen UÈ bergabe einerSache und dem Auftreten eines Mangels, der trotzeinwandfreier Leistung jederzeit auftreten kann,kann den Prima-facie-Schluss nahelegen, dass we-gen der Art des Mangels dieser nach UÈ bergabe ein-getreten ist, so wenn sich der UÈ bernehmer erst laÈn-gere Zeit nach der UÈ bergabe meldet106).

Das fuÈ r den Prima-facie-Beweis AusgefuÈ hrtegilt in erster Linie fuÈ r die Ausnahme wegen derArt des Mangels. Es gilt aber auch bezuÈ glich derArt der Sache in Fallkonstellationen, in denen einetypische Beweisnotstandslage hinsichtlich derFrage gegeben ist, ob mit der Art der Sache dieVermutung des § 924 Satz 2 ABGB unvereinbar ist.

C. § 924 ABGB und Schadenersatz

I. Vermutung der NichterfuÈ llung/§ 1298 ABGB

Gelingt die Widerlegung der Vermutung des§ 924 Satz 2 ABGB nicht, so ist von der Mangelhaf-tigkeit der Leistung auszugehen. Es gibt keinensachlichen Grund, diesbezuÈ glich zwischen Ge-waÈhrleistung und Schadenersatz zu differenzieren;dies insb im Hinblick auf den sachlichen Gehaltder 6-Monats-Frist, der auf Sachen abstellt, derenQualitaÈ t uÈ blicherweise mindestens 6 Monate an-haÈ lt107). Bei mangelhafter Leistung liegt Nichter-fuÈ llung vor108). Wird die Vermutung nach § 924Satz 2 ABGB nicht widerlegt, so ist mangelhafteLeistung anzunehmen (V.) und der Schuldner hatsich dann auch nach § 1298 ABGB zu entlasten109).Dies gilt auch fuÈ r den analogen Anwendungsbe-reich des § 924 Satz 2 ABGB (s IX.).

II. Beweis der KausalitaÈ t der Mangelhaftigkeit derSache

Den Beweis der KausalitaÈt des Mangels fuÈ rMangelfolgeschaÈden nimmt § 924 Satz 2 demGlaÈubiger nicht ab, doch genuÈ gt der Beweis, dassdie Mangelhaftigkeit der Sache (s V.) fuÈ r den Scha-den kausal war. Wegen der Vermutung des § 924Satz 2 ABGB ist von einer mangelhaften Leistungauszugehen und infolgedessen davon, dass diesefuÈ r den Schaden kausal war.

Soweit es um den Mangelschaden110) geht, liegtim Mangel selbst der reale Schaden, der ¹nur`̀

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2010, Heft 4April228

100) Ebenso Lorenz in MuÈ nchKomm BGB5 § 476 Rz 15.101) Reischauer, JBl 2002, 156.102) Beispiel der RV 422 BlgNR 21. GP 15.103) S Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1296 Rz 4b.104) Reischauer in Rummel, ABGB3 § 928 Rz 2.

105) Lorenz in MuÈ nchKomm BGB5 § 476 Rz 17.106) IdS Grunewald in Erman, BGB12 § 476 Rz 8.107) IdS auch Rebhahn/Kietaibl in Schwimann, ABGB

V3 § 1167 Rz 41.108) Reischauer in Rummel, ABGB3 §§ 922 f Rz 3.109) Reischauer, JBl 2002, 160; Rebhahn/Kietaibl aaO;

P. Bydlinski in KBB2 § 933a Rz 14; 2 Ob 95/06v SZ2007/109 = JBl 2008, 191 = ecolex 2007, 859 (Wilhelm) =HS 38.337 = HS 38.339 = HS 38.340 = HS 38.341 = HS38.386.

110) S Reischauer in Rummel, ABGB3 § 932 Rz 20j.

R. Reischauer, Probleme der Beweislastregeln des § 924 ABGB

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rechnerisch auszudruÈ cken ist: Es bedarf hier kei-nes Beweises der KausalitaÈ t des Mangels fuÈ r denSchaden, sondern nur des Beweises, wie hoch derreale Mangelschaden zu bewerten ist111).

Wo nicht die Mangelhaftigkeit der im Aus-tauschverhaÈ ltnis stehenden Leistung, sondern die

Verletzung einer anderen Pflicht zur Debatte steht,hilft § 924 Satz 2 ABGB auch im Schadenersatz-recht nicht weiter112).

Korrespondenz: o. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Reischauer,Institut fuÈ r Zivilrecht, Johannes Kepler UniversitaÈ t Linz,Altenberger Straûe 69, A-4040 Linz, OÈ sterreich; e-mail:[email protected].

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111) Reischauer, JBl 1998, 481. ± Dies zu Welser, Scha-denersatz statt GewaÈhrleistung (1994) 54 und 1 Ob 564/94 SZ 67/101 = JBl 1995, 177 = ecolex 1994, 752.

112) Zu 8 Ob 124/08f JBl 2009, 377 = EvBl 2009/66 (Leit-ner, OÈ JZ 2009, 476) = bbl 2009, 77 s B.XIV.4.

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