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Anton Brokoq-Loga Frank Eckardt (Hrsg.)
PostwachstumsstadtKonturen einer solidarischen Stadtpolitik
Anton Brokow-Loga, Frank Eckardt (Hrsg.)
PostwachstumsstadtKonturen einer solidarischen Stadtpolitik
Selbstverpflichtung zum nachhaltigen Publizieren
Nicht nur publizistisch, sondern auch als Unternehmen setzt sich der oekom verlag konsequent für Nachhaltigkeit ein. Bei Ausstattung und Produktion der Publikationen orientieren wir uns an höchsten ökologischen Kriterien.
Dieses Buch wurde auf 100 % Recyclingpapier, zertifiziert mit dem FSC®-Siegel und dem Blauen Engel (RAL-UZ 14), gedruckt. Auch für den Karton des Umschlags wurde ein Papier, das FSC®-ausgezeichnet ist, gewählt. Alle durch diese Publikation verursachten CO2-Emissionen werden durch Investitionen in ein Gold-Standard-Projekt kompensiert. Die Mehrkosten hierfür trägt der Verlag. Mehr Informationen finden Sie unter: www.oekom.de/nachhaltiger-verlag
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2020 oekom verlag München Gesellschaft für ökologische Kommunikation mbH Waltherstraße 29, 80337 München
Herausgeber: Anton Brokow-Loga, Frank Eckardt Layout und Satz: Karlotta Sperling Umschlagabbildung: Katharina Scholz, Sandra Bach (sandruschka.de) unter Mitwirkung von Friederike Landau und Anton Brokow-Loga Umschlaggestaltung: Mirjam Höschl, oekom verlag Druck: CPI Books GmbH, Leck
Alle Rechte vorbehalten ISBN 978-3-96238-199-8
Gefördert durch die Rosa-Luxemburg Stiftung, die Fakultät Architektur und Urbanistik der Bauhaus-Universität Weimar sowie aus Mitteln des Open-Access-Publikationsfonds‘ der Bauhaus-Universität Weimar und vom Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft (TMWWDG)
Dieses Werk ist unter einer Creative Commons Lizenz vom Typ Namensnennung- Nicht kommerziell 4.0 International zugänglich. (CC BY-NC 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/)
www.fsc.org
RECYCLEDPapier aus
Recyclingmaterial
FSC® C083411
®
ImpressumBrokow_Loga.indd 2 07.02.20 09:56
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Anton Brokow-Loga, Friederike LandauDas Manifest der Postwachstumsstadt
Danksagung
Frank Eckardt, Anton Brokow-LogaEinleitung: Der sozial-ökologische Wandel der Stadtgesellschaft
I Stadtgesellschaft zwischen Wachstumskrise und -wende
Ulrich BrandSozial-ökologische Transformation konkretDie solidarische Postwachstumsstadt als Projekt gegen die imperiale Lebensweise
Matthias Schmelzer, Andrea VetterStadt für alle jenseits des Wachstums Was kann die Stadtforschung aus der Degrowthdebatte lernen?
Frank EckardtDie Postwachstumsstadt – eine politische StadtNeuverhandlung städtischer Zugehörigkeit
Anton Brokow-LogaEine andere Stadt ist möglich! Realutopische Transformationen zur Postwachstumsstadt
8
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30
44
58
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Postwachstumsstadt_Final_07.02.20-3-2.pdf 5 07.02.20 10:22
Inhaltsverzeichnis
II Transformative Planung im Kontext gesellschaftlicher Debatten
Christian Lamker, Viola Schulze DieckhoffPostwachstum + Planung = Postwachstumsplanung?!Erfahrungen aus der Konfrontation zweier Diskurse
Julia GamberiniPostwachstums- versus nachhaltige Stadt? Gemeinsamkeiten, Spannungsfelder und deren Auswirkungen auf Städte und Stadtforschung
Timmo KrügerWider den Innovationsimperativ!Eine Kritik am Konzept der sozialen Innovation aus Postwachstums-Perspektive
Aylin Yildirim Tschoepe, Susanne KäserImagin(eer)ing Basel:Praktiken, Bilder und Communities in urbanen Partizipationsprozessen
Korbinian Kroiß, Torsten KlafftChancen der Polyzentralität – Wie gestalten wir ein anderes Leben auf dem Land?
Julius Uhlmann, Uwe Plank-WiedenbeckEin Verkehrssystem für die Postwachstumsstadt –Erste Thesen zur Gestaltung urbaner Mobilität unter Postwachstumsbedingungen
III Stadt durch Bewegung: Konflikte um Gestaltungsmacht
Michaela Christ, Jonas LageUmkämpfte Räume. Suffizienzpolitik als Lösung für sozial-ökologische Probleme in der Stadt?
Alexandra Toland, Friederike LandauSpekulation der Sinne – eine Erkundung künstlerischer Strategien der Wachstumskritik in Bezug auf urbane Luftverschmutzung
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184
204
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Inhaltsverzeichnis
Florian Koch, Lea Hampel, Carsten Keller, Floris BernhardtStadtTeilen – Öffentlicher Raum und Wohnen als neue Gemeingüter in sozial gemischten Nachbarschaften
Anton Brokow-Loga, Franziska Felger, Jannis Koch, Anna-Maria WeberRaus aus der Blase?! Postwachstumsansätze in Weimar zwischen Selbstbehauptung und Strategien des Wandels
Evelyn Markoni, Franziska GötzeAnspruch und Wirklichkeit bei der Umsetzung eines nachhaltigenstädtischen Ernährungssystems – Eine empirische Vorstudie der Berner Ernährungsinitiativen
IV Stadt-Utopien zwischen alten Mustern und neuen Erzählungen
Saskia HebertCall me Trimtab: Storytelling, Zeitmaschinen und andere Vehikel
Sanna Frischknecht, Moritz Maurer, Dietmar WetzelFormierungsprozesse ›von unten‹ erforschen. Werkstattbericht einer Spurensuche im Wohnungswesen und der Landwirtschaft
Margarete Over, Lars-Avid Brischke, Leon LeuserDas selbstverwaltete Wohnheim Collegium Academicum in Heidelberg: Suffizienz lernen, leben und verbreiten
Kris KroißZukunften: Sich das Wünschenswerte vorstellenund es vorleben, um ihm näher zu kommen
Wer hat zu diesem Buch beigetragen?
224
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256
273
274
290
306
320
335
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Kris Krois: zukunften
320
(sich) das Wünschenswerte vorstellen und es vorleben, um es wahr zu machen
Visuelles Essay von Kris Krois
zukunften:
»Wer Utopie
säht, erntet
Realität«
Slogans
Bilder
Praktiken
Poster für die Notte Verde der Casa delle agriculture.
»Die Casa delleagriculture engagiertsich seit 2011 mitden Zielen derWiederherstellungdes Lebens aufverlassenem Land, derWiederbevölkerungdes Landes, derSchaffung einernachhaltigen Wirtschaft und der Stärkungder Gemeinschafts-bindungen«
»Die Utopie
der Zukunft
formt die
Gegenwart.«
Postwachstumsstadt_Final_07.02.20-3-2.pdf 320 07.02.20 10:23
321
Bilder:
Autofreier Sonntag, 1973
Platzvergleich: 60 Menschen mit Auto, Bus und Fahrrad, Stadt Münster, 2001
Schwalbacher Strasse, City Hack 2018, Wiesbaden
Von Aktionen und Protesten
zu zukunftstauglicheren
Infrastrukturen und
Alltagspraktiken ———
beflügelt durch Erlebnisse,
Bilder und Erzählungen.
Critical Mass Protest Ride, San Francisco, 2005
Protest mit dem ›Gehzeug‹ nach Hermann Knoflacher, Korea, 2010
Fahrradprotest, Kopenhagen, 1970er Jahre
Infrastukturen für eine bessere Mobilität,
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»… fast zweitausend Jahre, nachdem ein Mann an einen Baumstamm genagelt worden war, weil er gesagt hatte, wie phantastisch er sich das vorstelle, wenn die Leute zur Abwechslung mal nett zueinander wären, kam ein Mädchen [...] auf den Trichter, was die ganze Zeit so schiefge-laufen war, und sie wußte endlich, wie die Welt gut und glücklich werden könnte.« aus Per Anhalter durch die Galaxis von Douglas Adams
Welche Science Fiction kennen Sie?
Bitte machen Sie eine kurze Liste.
Wie viele davon spielen in Welten, in denen Sie
lieber nicht leben wollen?
Und wie viele in wünschenswerten Zukünften?
Das Miteinander aller
Zwanghaft expansiv,
Apokalypse und Dystopie
Apokalyptische Erzählungen, dystopische Science Fiction, wissenschaftliche Veröffent-lichungen und seriöse Berichte über mehrfache Krisen und noch schlimmere Katastrophen der Zukunft sowie ein Dauerfeuer schrecklicher Nachrichten schaffen eine Atmosphäre der Angst, Hoffnungslosigkeit und Ohnmacht.
Gleichzeitig fühlen sich viele Menschen unter Druck im Wettbewerb um Ansehen, Arbeitsplätze, Aufstieg auf der Karriereleiter bzw. im Kampf gegen den Abstieg. Hinzu kommen die Ansprüche perfekte Eltern zu sein und die besten Kinder zu haben, bzw. als Tochter, Sohn, SchülerIn, Jugendliche/r oder immer jung gebliebene/r Erwachsene/r gut rüber zu kommen und was aus sich zu machen, toll auszusehen und zu ›per-formen‹, als LiebhaberIn, AbenteurerIn, ManagerIn des eigenen Lebens und vieles mehr. Dann auch noch etwas zu tun gegen Klimaerwärmung und Artenvernichtung, sich zu engagieren für eine gerechtere und freiere Welt, erscheint vielen in ihrem Stress und dem als ihr Grundrecht emp-fundenen Komfort als zu viel des Guten. Ausserdem: Was soll man/frau schon tun? In Anbetracht der vielfach hochgehaltenen Alternativlosigkeit, all der Sorgen um Sicherheit, Wohlstand und Status, und ohne wirklich positive Perspektiven. Ausserdem ist ja alles sooo komplex. Da ist halt nix machen.
Zusammen kreativ in Vielfalt,
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323
»Ich würde gern in einer nachhaltigen
und friedlichen Welt leben, aber dafür
gibt es viel zu viele Probleme.«
Typische Zukunftserzählung junger Menschen laut einer Studie der Stiftung Futur Zwei
Harald Welzer, 2018
»Ist es nicht seltsam, dass man in einer der reichsten
Gesellschaften der Erde aufwachsen und trotzdem
keinerlei Zukunftsvision haben kann?«
Wo sind die Erzählungen, Visionen und Praktiken des guten Lebens für alle? Die konkreten Utopien von inklusiven, offenen und nachhaltigen Gesellschaften, die inspirieren und motivieren. Gerade SchriftstellerInnen, FilmemacherInnen, DesignerInnen, FotografInnen, JournalistInnen, Künstle-rInnen, WissenschaftlerInnen, andere ErzählerInnen, EntwerferInnen, For-scherInnen und AktivistInnen können diese Utopien zusammen mit allen engagierten Menschen erschaffen. Sie können Erzählungen und Situationen gestalten, die Menschen dazu beflügeln sich positive Zukunftsszenarien vorstellen, sie zu (er)leben, zu erproben und weiter zu entwickeln. Schritt für Schritt. Vielfältig und Offen. Positive Visionen und Entwicklungspfade erzeugen Hoffnung und die Fähigkeit, jetzt etwas zu tun.
Sean Stephenson
»Never believe a prediction
that doesn’t empower you!«
Währenddessen werden ›smarte‹ Zukünfte von großen Technologie-konzernen entworfen und propogiert, die Komfort und Kontrolle versprechen – ohne zu erwähnen, dass Komfort und Kontrolle höchst-wahrscheinlich Eliten vorbehalten sein werden. Gleichzeitig gewinnen Kontrollfantasien und faschistoide Narrationen von nationalistischen und rechtsextremen Kräften immer mehr an Popularität. Diese bieten allzu stark vereinfachte und gefährliche, aber für viele Menschen attraktive Antworten auf die vielfältigen Krisen und (vermeintlichen) Bedrohungen und auf das damit einhergehende Gefühl der Angst.
Smart Futures und
andere Scheinlösungen
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324
Leben in den großen Entwürfen ist nicht großartig. Ideale Welten lassen sich wunderbar entwerfen, aber nicht per Masterplan, Dogma oder Diktatur erreichen. ›Fortschrittliche‹ Ideen — miese Realitäten!
Obacht Utopie!
Konkrete Utopiein Das Prinzip Hoffnung beschreibt Ernst Bloch 1954 die Konkrete Utopie als »Prozess der Ver-wirklichung, in dem die näheren Bestimmungen des Zukünftigen tastend und experimentierend hervorgebracht werden.«, wikipedia / Konkrete Utopie
Heterotopien Für Michel Foucault sind Heterotopien »wirk-liche Orte, wirksame Orte, die in die Einrich-tung der Gesellschaft hineingezeichnet sind, sozusagen Gegenplatzierungen oder Widerla-ger, tatsächlich realisierte Utopien, in denen die wirklichen Plätze innerhalb der Kultur gleich-zeitig repräsentiert, bestritten und gewendet sind …« aus: Von anderen Räumen, 1967
Reale UtopienErik Olin Wright frägt »Welche Veränderun-gen sind a) möglich, b) wünschenswert und c) wie herbeizuführen? In seinem Real Utopias Project versuchte Wright, nicht nur theoretisch, sondern mit Blick auf konkrete zivilgesellschaft-liche Projekte herauszufinden, ob und wie diese zu einer positiven Veränderung der Welt bei-tragen können.« aus der Rezension des Buches Reale Utopien, Die Zeit, 27. Juli 2017
Für Utopien als Methode positiven gesell-schaftlichen Wandel zu denken und einzuleiten argumentiert Ruth Levitas in Utopia as Method. The Imaginary Reconstitution of Society, 2013
Modulare Revolutionen»… ein Mosaik gelingender Verbesserungen der Welt.« Harald Welzer in Alles könnte anders sein. Eine Gesellschaftsutopie für freie Menschen, 2019
Reallabore»… sozial robuste Lösungen erarbeiten und ausprobieren.« (partizipativ) wikipedia nach Uwe Schneidewind, 2014
Rosinenpicken im
Utopie-Theorie-Strudel
Utopie als Methode, Strategie und Praxis zur Transformation von Gesellschaften
Zukunftsvorstellungen,
-bilder und -geschichten
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325
Kreisend schreiten wir voran!*
Positive Science Fiction und Non-Fiction: Studien und Szena-rios, Filme, Bücher, Comics, Pop, Bildbände, Gute Nachtgeschich-ten, Slogans, …
Jetzt anfangen so zu leben und zu wirtschaften, wie wir uns die Zu-kunft wünschen. Carl Boggs nannte das 1977 Prefigurative politics: »Buil-ding a new world in the shell of the old« oder »Be the change you want to see in the world« wie es angeb-lich Ghandi formuliert hat.
Zukunftsvorstellungen,
-bilder und -geschichten
Zukunftspraktiken
Aus Vorstellungen werden
Praktiken und Erlebnis-
se. Aus Praktiken Bilder
und Erzählungen. Und
umgekehrt. Aufbauend.
Inspirierend. Sich selbst
verstärkende positive Ver-
änderungen, die verbreitet
und verwandelt werden in
vielfältigen Ausformungen.
* Mit »Preguntando caminamos«
(Fragend schreiten wir voran) beschreiben
die Zapatistas ihre Vorgehensweise, mit
der sie sich Schritt für Schritt in Richtung
einer positiven Vision bewegen, und dabei
jeden Schritt selbstkritisch hinterfragen,
um zu lernen und die nächsten Schritte
entsprechend zu gestalten.
Postwachstumsstadt_Final_07.02.20-3-2.pdf 325 07.02.20 10:23
326
Popkultur als Katalysator
der Transformation
EFFIZIENZ!
SURVIVAL OF THE FITTEST
MONOKULTUR
FOSSILE
ALTERNATIVLOS!
HOMO OECONOMICUS
PENDLERPAUSCHALE
FINANZWIRTSCHAFT SC
HN
EL
LE
R!
HÖHER!
BESSER!
WIRTSCHAFTSWACHSTUM
HIE
RA
RC
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GRUNDEINKOMMEN
GEMEINWOHL
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LEBEN FÜR
ER
NE
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RB
AR
E
MISCHKULTURHOMO COOPERATIVUS
KR
EIS
LÄ
UF
E
EINE ANDERE WELT IST MÖGLICH!
SELBSTORGANISATION
AUS LUST &
SYMBIOGENESE
ZUFRIEDENHEIT
GE
NU
G
GE
ME
INB
SA
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UT
ZE
N
ZEITWOHLSTAND
AM BODEN BLEIBEN
BE
ZIE
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NG
SQ
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EIN
AN
DE
R
GR
AT
IS Ö
FF
IS
GÄ
RT
EN
NO
TW
EN
DIG
KE
IT*
EFFEKTIV
Materielle, mentale und soziale
Infrastrukturen umbauen
Mit dem Clip »Be Deutsch« zeigt Jan Böhmermann 2016 ein positives, real existierendes und vielfältiges Deutschsein – stolz darauf nicht stolz zu sein, sondern tolerant, bescheiden, hilfsbereit, multikulturell ... bewaffnet mit Fahrradhelm und Grundgesetz in Sandalen mit Socken. Witzig und ernst.
besser leben mit weniger, lebensfördernde und solidarische Strukturen und Vorstellungen stärken, ... ... nachhaltig und gerecht wird ›normal‹.
»Lieber mit dem Faharad zum Strand alsmit dem Auto zur Arbeit« rappt Marsimoto undprägt damit den möglichen Slogan der kommendenPostwachstumsgesellschaft. decrescita felice.
* Brigitte Kratzwald, 2014
Postwachstumsstadt_Final_07.02.20-3-2.pdf 326 07.02.20 10:23
327
Das Community Center im multikulturellen Stadtviertel Cañada Real in Mardrid wird gemeinsam in Schulen, Instituten, Universitäten und Gefängnissen sowie vor Ort von den BewohnerInnen der Nachbarschaft zusammen mit professionellen Arbeitern unter der Leitung des Teams von Recetas Urbanas (RU) gebaut. Das Architekturbüro RU ist auf kollektive Architektur und gemeinschaftliches Bauen spezialisiert – Architektur, die »das Soziale und die Partizipation in den Mittelpunkt stellt«, wie Santiago Cirugeda von RU es ausdrückt. Er wird versucht die Umweltbelastungen zu minimieren. Was Strom, Wasser und Sanitäranlagen angeht, ist das Gebäude autark. Verwendet werden günstige, einfache und teilweise gebrauchte Materialien.
Gemeinschaft(lich) bauen
»650 Kinder im Alter von 8 bis 18 Jahren
und ihre Familien einbeziehen, um heraus-
zufinden, was in Cañada vor sich geht, auf
die Beteiligung von Nachbarn zählen, die
sich in Gefängnissen befinden, und dies als
Instrument der Integration nutzen, mit einem
lateinamerikanischen Netzwerk von Frauen,
die Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt ge-
worden sind, marokkanischen Frauen, Roma...
Es ermöglicht, das sich die verschiedenen
Gruppen die anerkennen und Teil voneinan-
der werden. Das ist der Hammer!«
Santiagio Cirugeda, Recetas Urbanas — Arquitectura Social
Postwachstumsstadt_Final_07.02.20-3-2.pdf 327 07.02.20 10:23
328
Eine Stadt baut sich um
Massively reduce the cost
of basic services like hou-
sing, transport, education and
health, in order to assist those
in the most precarious strata of
the population
Institute a citizens basic
income focused on targeting
poverty and social exclusion
Barcelona
Build data-driven models of the
economy, with real inputs (using
real time data analytics) so that
participatory democracy
could model complex decisions
Prefer and promote collabo-
rative organisations over
both the centralised state and
the market solutions (start inves-
ting higher percentages of public
budget in innovative SMEs and
the cooperative sector)
Build city data commons:
decree that the networked data
of the population generated
in the context of using public
services cannot be owned by
services operators
End privatisation and transfer of
public assets in private hands,
while promoting remunicipa-
lisation of critical urban
infrastructures
Establish itself as a global
reference point as a city of
commons and collabo-
rative production
Barcelona’s main public policy actions
Barcelona Digital City Plan 2015-2019
Postwachstumsstadt_Final_07.02.20-3-2.pdf 328 07.02.20 10:23
329
1. Es geht um Positives, nicht um Perfektion
2. Macht es wirklichoder lasst es wirklich wirken
3. Macht es miteinander
4. Bildet Netzwerke undAllianzen quer zu Lagern
5. Sorgt für wirtschaftlicheGrundlagen, ...
6. Geht Schritt für Schritt...
7. Baut auf Bestehendes aufoder Bestehendes um
8. Alles sollweiterverwendbar, anschlussfähig und offen sein
9. Wesentlichesdokumentieren,veröffentlichen undverbreiten
10. Schönheit, Magie, Tanzen, Feiern und was auch immerFreude macht
Sonst noch was?
Los geht’s!
Tipps und Tricks
für’s Zukunften Was echt besteht oder zumindest
wirklich wirkt, kann überzeugen.
mit allen, die es angeht, und dem was da ist – in Co-
Design-Prozessen – unter Einbeziehung der
spezifischen Zusammenhänge der jeweiligen Situa-
tion. Nicht vergessen: Unterprivilegierte, andere Lebe-
wesen und lebensfördernde Wechselbeziehungen.
...sonst geht’s nicht lange gut. Das muss nicht unbe-
dingt Geld sein, auch tauschlogikfreies ein Beitragen
und Nutzen kann funktionieren (mehr hierzu u.a. in
Friederike Habermann’s Buch Ecommony, 2016).
Das fördert die Kreativität und schont
die Erde, Ökosysteme, Menschen, andere
Lebewesen und unsere Nerven.
Damit andere davon erfahren und darauf auf-
bauen können. Das Prinzip Open Source.
»Es ist verrückt normal zu sein« Pastor Leumund
»Keine Ahnung« Shaban & Käptn Peng
»Utopia« Björk
»Her mit der Utopie« Bernadette La Hengst
...
...und schaut nach jedem Schritt, wie’s
gelaufen ist, um dann auszuhecken wie es
weitergeht, in Richtung der positiven Vision –
reflektierte Praxis statt Masterplan.
Ja, mach nur einen Plan!Sei nur ein großes Licht!
Und mach dann noch’nen zweiten PlanGehn tun sie beide nicht.
Berthold Brecht
»Sie brauchen Verbündete, und zwar solche, die nicht
sowieso schon zu Ihrer eigenen Gruppe gehören«
Srdja Popovic
Die Welt verändern in 3 Schritten:
1. Das Bestehende als gemacht erkennen
2. Das Positive zulassen
3. Anfangen!Friederike Habermann, 2016
»Wenn ich nicht tanzen kann
ist es nicht meine Revolution«
Emma Goldman
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330
Kris Krois
Bildquellen:
Seite 1Bubbico, M. (2018): Posterdesign »NOTTE VERDE 7a edizione« [https://www.maurobubbico.it/notte-verde; 3.9.2019].
Ausschnitt aus dem Foto eines Hauses mit dem Banner »Chi semina utopia raccoglie realtà« [https://casadelleagriculture.wordpress.com; 26.4.2019].
Seite 2Linke Spalte:Ausschnitt aus einem Foto vom »Autofreier Sonntag im Moseltal, gesperrte Straßenlänge 2x 140 km« (1973) [http://www.upi-institut.de/upi37.htm; 28.9.2019].
Ausschnitt aus einem Poster der Stadt Münster (2001), Pressestelle der Stadt Münster
Ausschnitt aus dem Titelfoto von »City Hack – Auf die Schwalbacher Straße!« Volker Wat-schounek (2018), Wiesbaden, [https://wiesbaden-lebt.de/city-hack-auf-die-schwalbacher-strasse; 30.8.2019].
Ausschnitt aus dem Foto der Wohnstraße, Hamburg Falkenried, Hamburg, [https://hallplats-haden.wordpress.com/2009/10/22/bilar-dodar; 28.9.2019].
Rechte Spalte:Ausschnitt aus dem Foto »Critical Mass and Muni Metro in San Francisco on San Jose Ave-nue near 30th Street in 2005«, [https://en.wikipedia.org/wiki/Critical_Mass_(cycling)?oldfor-mat=true#/media/File:Critical_Mass,_San_Francisco,_April_29,_2005.jpg; 6.1.2020]
Ausschnitt aus dem Foto zu »Hermann Knoflacher: Wir sind vom Virus Auto befallen« (2015) [https://www.youtube.com/watch?v=1zF1YSRF-q0; 6.1.2020].
Ausschnitt aus dem Foto »dcf-0856« [http://www.cycling-embassy.dk/facts-about-cycling-in-denmark/cycling-history/dcf-0856/; 6.1.2020].
Ausschnitt aus dem Foto zu »First Ever Priority Plan for Bicycle Parking in Copenhagen« (Troels Heien, 2018) [http://www.cycling-embassy.dk/2018/03/12/first-ever-priority-plan-bi-cycle-parking-copenhagen/; 6.1.2020].
Seite 3Ausschnitt aus dem Bild zu »Ambientalisti e pure transgender. I Barbapapà sono ancora
Postwachstumsstadt_Final_07.02.20-3-2.pdf 330 07.02.20 10:23
331
Zukunften
avanti«, [https://www.ilfattoquotidiano.it/in-edicola/articoli/2016/07/17/ambientalisti-e-pure-transgender-i-barbapapa-sono-ancora-avanti/2912749/; 30.8.2019].
Star Trek, 1966, NBC
Avatar (2009), 20th Century Fox
Seite 4Zwei Auschnitte aus Magazinen zur digitalen Transformation (2016-17), SZ Scala GmbH / Google Deutschland
Ausschnitt aus dem Titelfoto zu »mHealth, the future is now« Ricardo Funk (2015) [https://medium.com/@rfunk82/mhealth-the-future-is-now-a8df5cdf12f1; 30.8.2019].
Auschnitt aus einem Screenshot von »2029 Singularity Year Neil deGrasse Tyson & Ray Kurz-weil #2017« [https://www.youtube.com/watch?v=y-vVteiU0AI; 30.8.2019].
Seite 5Ausschnitt aus dem Titel von »Das kommunistische Manifest« (1922) Dietz Nachfolger/Buchhandlung Vorwärts, Berlin,
Ausschnitt aus dem Bild zu »Totalitarismen i Sovjet« (2016) [http://juniorlinken.no/totalita-rismen-i-sovjet/; 6.1.2020].
Ausschnitt aus dem Titel von »I Manifesti del futurismo« (1914)
Ausschnitt aus dem Foto »Palazzo braschi 1934« [https://it.wikipedia.org/wiki/File:Palazzo_braschi_1934.jpg].
Ausschnitt aus einem Foto des Bauhaus Dessau (Foto: Tadashi Okochi)
Ausschnitt aus einem Foto der Gropiusstadt, euroluftbild.de/Robert Grahn, Berlin (2015)
Ausschnitt aus dem Bild Megapolis, Klaus Bürgle (1959)Ausschnitt aus dem Foto »Stopped.«, Danielle Scott [https://www.flickr.com/photos/dani-elle_scott/3767637774; 6.1.2020]
Seite 7Auschnitte aus Screenshots des Video Clips »BE DEUTSCH! [Achtung! Germans on the rise!]« (2016), NEO MAGAZIN ROYALE / Jan Böhmermann
Postwachstumsstadt_Final_07.02.20-3-2.pdf 331 07.02.20 10:23
332
Kris Krois
Seite 8Auschnitte aus dem Handbuch der Eigenbauwerkstadt »TALLERES DE AUTOCONS-TRUCCIÓN. Centro Comunitario Intercultural. Sector 5, Cañada Real« (2018) Recetas Ur-banas / Santiago Cirugeda [http://esdmadrid.es/esdmadrid_2.0/wp-content/uploads/2018/11/TALLERES-CANADA-REAL.pdf; 6.1.2020].
Ausschnitt aus dem Foto der Facebook-Seite von Ricetas Urbanas (2019) [https://www.facebook.com/126500177378564/photos/a.439278839434028/2683841701644386/?ty-pe=3&theater ; 6.1.2020].
Schematische Darstellung des Konzeptes der »Superblocks«, Agéncia d'Ecologia Urbana de Barcelona (2019)
Seite 9Ausschnitt aus dem Foto »The Poblenou Superblock« in »How Will Cities Change?«, Eric Carlson (2019) [https://medium.com/@ericcarlson/how-will-cities-change-e849e04aa8da; 6.1.2020].
Ausschnitt aus dem Foto »La superilla del Poblenou, amb la senyalització corresponent«, Oriol Duran (2016) [http://www.elpuntavui.cat/territori/article/6-urbanisme/1001476-banc-de-proves-al-barri-del-poblenou.html; 6.1.2020].
Ausschnitt aus dem Foto zu »Recull de notícies relacionades amb la implementació de Superilles a Barcelona«, (2018) [http://www.bcnecologia.net/ca/premsa/recull-de-noticies-re-lacionades-amb-la-implementacio-de-superilles-barcelona; 6.1.2020].
Seite 10Birds von Lee Mette vom Noun Project [https://thenounproject.com/search/?q=Birds&crea-tor=14119&i=170959; 6.1.2020].
BibliographieAdams, D. (1981): Per Anhalter durch die Galaxis, Berlin
Ajuntament de Barcelona: Barcelona Digital City Plan 2015-2019. [https://ajuntament.barce-lona.cat/digital/sites/default/files/pla_barcelona_digital_city_in.pdf; 6.1.2020].Boggs, C. (1977): Revolutionary Process, Political Strategy, and the Dilemma of Power. Theory & Society 4, No. 3 (Fall), 359-93.
Brecht, B. (1928): Ballade von der Unzulänglichkeit menschlichen Planens
Postwachstumsstadt_Final_07.02.20-3-2.pdf 332 07.02.20 10:23
333
Zukunften
Böhmermann, J. (2016): BE DEUTSCH!. Mainz
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Postwachstumsstadt_Final_07.02.20-3-2.pdf 333 07.02.20 10:23