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Die besten Kärntner Essays der Philosophie Olympiade 2012/13
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Essay-Wettbewerb
2012/13
Philosophieolympiade
Landesbewerb Kärnten
mit den fünf besten Texten
Grafik: Stavros Hölbling, nach einer Skulptur von Auguste Rodin
Zu einem der vier Zitate war ein Essay zu schreiben: 1. Wer Sicherheit der Freiheit vorzieht, ist zu Recht ein Sklave. (Wird Aristoteles zugeschrieben.) 2. Es gibt in der Welt einen einzigen Weg, auf welchem niemand gehen kann, außer dir: wohin er führt? Frage nicht, gehe ihn. (Friedrich Nietzsche: Unzeitgemäße Betrachtungen, Frankfurt/M., 1969, S. 289) 3. Toleranz steht auf dem Paravent, hinter dem sich Bequemlichkeit, Faulheit und Feigheit verstecken. Toleranz ist die preiswerte Alternative zum aufrechten Gang, der zwar gepredigt, aber nicht praktiziert wird. Wer heute die Werte der Aufklärung verteidigen will, der muss intolerant sein, der muss Grenzen ziehen und darauf bestehen, dass sie nicht überschritten werden. (Henryk M. Broder, "Toleranz hilft nur den Rücksichtslosen", in: Spiegel online, 25. Juni 2007) 4. Die zeitliche Unsterblichkeit der Seele des Menschen, das heißt ihr ewiges Fortleben nach dem Tode, ist nicht nur auf keine Weise verbürgt, sondern vor allem leistet diese Annahme gar nicht das, was man immer mit ihr erreichen wollte. Wird denn dadurch ein Rätsel gelöst, daß ich ewig fortlebe? Ist denn dieses ewige Leben dann nicht ebenso rätselhaft wie das gegenwärtige? (Ludwig Wittgenstein: Tractatus logico-philosophicus, 6.4312)
Wir danken unseren Sponsoren für die Bereitstellung von Büchergutscheinen:
Vorbemerkung zum Essay-Wettbewerb
Die Philosophie-Olympiade, die zum Essay-Schreiben auffordert, ist
international organisiert, dreistufig und umfasst den Bundesländer-Bewerb, die
Philosophie-Akademie (auf ganz Österreich bezogen) und den internationalen
Bewerb. Auf jeder Ebene werden Sieger ermittelt. Zu verfassen sind etwa
dreiseitige Essays, also geistreiche, persönliche Auseinandersetzungen mit
gesellschaftlichen, kulturellen Phänomenen. Ausgangspunkt sind Zitate
berühmter Leute, die im Dezember jeden Jahres veröffentlicht werden (immer
vier). Hierbei ist es nicht vonnöten, dass die Kandidaten den Zusammenhang, in
dem das Zitat steht, kennen. Wichtig ist jedoch, dass es sie inspiriert. Sie
können dem Zitat mittels Argumentation zustimmen und/oder widersprechen.
Beurteilt werden die Fokussierung auf das vorgegebene Thema, die Kohärenz
(d. h. Aussagen dürfen sich nicht unbeabsichtigt widersprechen), die
Argumentationsfähigkeit, die Originalität der Ausführungen. Günstig können
sich philosophiegeschichtliche Kenntnisse auswirken; sie sind aber keine
Bedingung. Wichtig ist jedoch die Reflexions- und Analysefähigkeit. Für die
Essays des Bundesländer-Bewerbs hat man gut zwei Monate als Hausarbeit
Zeit. In Kärnten ermittelt eine dreiköpfige Jury (Mag. Astrid Bacher, Mag.
Richard Hölbling, Dr. Bruno Posod) die besten Arbeiten. Die Essays der eigenen
Schüler werden niemals vom betreuenden Lehrer, sondern immer nur von den
anderen Juroren beurteilt. Die/Der erst- und zweitplatzierte Essay-Autor/in
wird zum Österreich-Bewerb eingeladen. Dort sind die Anforderungen und
Kriterien gleich, nur dass die Arbeit an einem Vormittag und ohne irgendwelche
Hilfsmittel erledigt werden muss. Die beiden Sieger dieses
gesamtösterreichischen Essay-Schreibens messen sich dann international mit
Teilnehmern aus der ganzen Welt. Es sind wieder Essays zu verfassen
(allerdings in einer Fremdsprache), die von einer internationalen Jury beurteilt
werden.
Dr. Bruno Posod, Mag. Astrid Bacher, Mag. Richard Hölbling
Friedrich Nietzsche: „Es gibt in der Welt einen einzigen Weg, auf
welchem niemand gehen kann, außer dir: wohin er führt? Frage
nicht, gehe ihn.“
Beim ersten Lesen des Zitates Friedrich Nietzsches war mir klar, dass er mit seiner
Aussage der Menschheit erklären wollte, dass jeder von uns ein Individuum sei und
niemand anderes, nicht eine einzige andere Person auf dieser Welt, exakt den
gleichen Weg gehen könne, wie man selber. Denn es gebe für jeden nur einen
einzigen Weg.
Diese These scheint mir persönlich sehr logisch, denn jeder von uns ist einzigartig
und wird bei einer Entscheidung, die für den eigenen Weg relevant ist,
unterschiedliche Kriterien in Erwägung ziehen, um sich sicher zu sein eine gute
Entscheidung getroffen zu haben. Es ist normal, dass der eine sich eher traut, etwas
zu riskieren, wobei ein anderer eher auf volle Sicherheit geht, um auf dem eigenen
Weg ein paar Schritte nach vorne zu gelangen. Doch kann man sich überhaupt
sicher sein, eine gute Entscheidung getroffen zu haben, bevor man nicht die
Konsequenzen und Folgen der Entscheidung, also die nächsten Schritte auf dem
eigenen Weg, hinter sich gebracht und erlebt hat? Weiß man denn, wo man enden
wird, wenn eine Entscheidung getroffen wurde? Man kann doch niemals wissen, was
einem passieren wird, beziehungsweise wie sich die eigene Lebenssituation
verändern wird. Vielleicht ist man im Nachhinein mit einer Entscheidung ja
unzufrieden und ändert den Kurs auf seinem Weg. Somit kann man doch niemals
wissen, wo eine Entscheidung einen hintragen wird.
Ich selber vertrete den Standpunkt, dass es keine schlechte oder falsche
Entscheidung gibt, denn auch wenn man ein wenig länger für den nächsten Abschnitt
auf dem eigenen Weg brauchen mag, so sammelt man in dieser Zeit auch viel an
Erfahrung und Wissen, was beim Weitergehen des Weges hilfreich sein wird.
Bemerkt man, sich in der derzeitigen Situation nicht wohl zu fühlen, so steht es
jedem frei, eine Änderung vorzunehmen. Auch wenn man dann etwas ganz von
vorne beginnen muss, so ist man für sich selber doch schon ein Stück weiter, denn
man weiß zumindest, was man in Zukunft nicht unbedingt machen möchte.
Auch Nietzsche fragt in seinem Zitat, wohin der Weg führe, den jeder einzelne von
uns geht. Wo das Ziel sei, zu dem man gelange, wenn man Entscheidungen auf
seinem Weg treffe. Doch gibt es überhaupt ein Ziel? Ist etwa das Ende des Weges
das Ziel, das wir erreichen wollen? Was ist denn dann das Ende des Weges? Etwa
der Tod? Dann würden wir doch unser Leben lang nur auf den Tod, praktisch die
Erlösung vom ewigen Laufen auf dem eigenen Weg, hinarbeiten. Kann man durch
eine Entscheidung, die man in seiner Laufbahn trifft, seinen Tod überhaupt
beeinflussen? Sterbe ich anders, wenn ich nach der Matura in Heidelberg
Germanistik studiere als wenn ich in Berlin Publizistik studiere? Ist es überhaupt die
berufliche und bildungstechnische Laufbahn, die den eigenen Weg beeinflusst? Es
spielen doch auch Faktoren wie Familie und Umfeld eine große Rolle, oder?
Ich denke nicht, in der Lage zu sein ein Ziel zu definieren oder eines zu beschreiben,
da ich selber noch einiges an Weg vor mir habe. Ich kann mir gut vorstellen, dass es
sich, wie schon im Drama des Dr. Faustus beschrieben, um einen glücklichen und
zufriedenen Moment handelt, auf den man im Leben wartet.
Doch weiter in seinem Zitat, fordert Nietzsche dazu auf, nicht nachzufragen, wo der
eigene Weg hinführe, sondern ihn einfach zu gehen.
Dieser Teil des Zitates ist meiner Meinung nach ein sehr gewagter, der viel Platz für
unterschiedliche Interpretationen bietet. Sollte man beim Gehen seines Weges, beim
kreuzen von Querstraßen und Abbiegen in Abzweigungen, etwa nicht nachdenken,
was man tue, sondern einfach das machen, was man in dem Moment ganz spontan
für besser hält ohne auf Mitmenschen zu achten?
Ich denke nicht, dass es realistisch ist, jede Entscheidung alleine zu treffen. Wir sind
teilweise nicht nur finanziell von Partnern und Eltern abhängig, sondern teilen auch
einen gewissen Teil unseres Lebens mit ihnen. Sie bilden meiner Meinung nach
einen Teil des ganz persönlichen Weges. Beziehungen, Verhältnisse, wie gut oder
schlecht man sich mit den Personen im eigenen Umfeld versteht und wie abhängig
man von ihnen ist, spielt doch alles eine sehr große Rolle, wenn es um
Entscheidungen geht. Ein Teil eines Ehebundes wird keine Entscheidung treffen, mit
deren Konsequenzen der Ehepartner konfrontiert wäre, ohne vorher mit ihm/ihr
darüber geredet zu haben, insofern das Verhältnis der beiden auf ehrlicher Basis
läuft. Ich finde, dass es sogar sehr wichtig ist, die Meinung anderer anzuhören, denn
vielleicht kommen Faktoren auf, die man selber gar nicht beachtet hatte. Natürlich ist
es im Endeffekt die eigene Verantwortung mit der Kritik umzugehen und sie auf die
Entscheidung einwirken zu lassen, jedoch ist es immer noch man selber, der die
Schritte auf seinem Weg setzt. Man kann Friedrich Nietzsches Aussage sogar so
interpretieren, dass er an eine gewisse Vorbestimmung glaubt. Man frage besser
nicht nach, denn es sei sowieso schon alles für einen entschieden. Man brauche nur
noch gehen – einen Fuß vor den anderen setzen. Dies halte ich für einen großen
Irrtum, denn ich glaube, dass Emotionen, die einen kurzfristig und spontan
überfallen, sehr wohl Einfluss auf eine Entscheidung haben können.
Im Endeffekt werden wir gen Ende alle auf unseren eigenen Weg zurückblicken
können und hoffentlich das Ziel, was auch immer es sein mag, für uns selber erreicht
haben.
Erster Platz (ex aequo)!
Autorin: Lena Strehmann (BG/BRG Villach-St.Martin)
Betreuerin: Mag. Astrid Bacher
Bemerkungen der Jury: Faszinierend ist, wie auf jeden einzelnen Aspekt des Zitats
ganz konkret eingegangen wird. Gute Argumentationsführung bis zum Schluss.
„Wer Sicherheit der Freiheit vorzieht, ist zu Recht ein Sklave“ -
Aristoteles-
Kurz und knackig beschreibt das Aristoteles zugeordnete Zitat, wie wichtig es ist, sich
nicht andauernd rückzuversichern. Ganz im Gegenteil: Laut obigem Zitat müsse man
bei Zeiten gewisse Risken auf sich nehmen, um mit einem Quäntchen Glück
letztendlich – zwar mit der nicht wünschenswerten Chance auf Verluste – einen viel
größeren Gewinn zu erzielen, als er in der vorherigen Sicherheit möglich gewesen
wäre. Man sollte danach trachten, den „Jackpot zu knacken“, wenngleich man mit
Verlusten zu rechnen hätte. Auf das Leben bezogen, dürfte der größte Gewinn eines
solchen Hasardspiels schließlich in einem fundamentalen und doch so banalen
Menschenrecht liegen: der Freiheit.
Von Kartoffeln und Wochenenden
Ich möchte aus gegebenem Anlass, der in den folgenden Zeilen skizziert wird, mit
der Frage der Subjektivität in Bezug auf die meiner Meinung nach zentralen Begriffe
in diesem kurzen Zitat beginnen: Zunächst sollte festgehalten werden, dass sowohl
Sicherheit als auch Freiheit äußerst subjektiv verstandene Begriffe sind. Sie können
also eigentlich nicht verallgemeinert und müssen gegebenenfalls stark differenziert
werden. Für den/die eine(n) mag Sicherheit viel Geld auf seinen Bankkonten, teure
und wertstabile Immobilien, oder reichlich Gold darstellen, er/sie legt somit viel Wert
auf materiellen Wohlstand und auf dessen Sicherung. Für andere muss derselbe
Begriff jedoch neu definiert werden, was gewisse Werte oder Güter schwerer wiegen
lässt als andere. Es entsteht eine Differenz. Jemand anderer empfindet
beispielsweise seine Familie, den damit verbundenen Rückhalt und das angenehm
empfundene Gemeinschaftsgefühl (was übrigens niemand bestreiten kann, ist es
nicht das Verlangen aller Menschen nach Geborgenheit und Zuwendung?) als
Sicherheit. Materielles wird von zweiterer/zweiterem somit als weniger wertvoll
eingestuft. Wie schwer einer dieser beiden Parameter schlussendlich wiegt, hängt
von jedem Menschen und von dessen individuellem Verständnis von Sicherheit ab.
Ähnliches zeichnet sich ebenso bei der Definition von Freiheit ab. Der eine fühlt sich
bei dem Gedanken – und erst recht bei der Umsetzung – einer Amerika-Tour mit
seinen Kumpels auf protzigen Harleys wirklich frei, wohingegen ein anderer seine
Freiheit in Form eines ruhigen Wochenendes mit seinen Liebsten genießt, ohne am
nächsten Tag zurück in die Schule oder ins Büro hetzen zu müssen. Ob es nun der
Traum nach dem „American Way of Life“ oder ein paar schöne Stunden mit guten
Freunden oder der Familie ist, beides kann als Freiheit empfunden und natürlich
auch genossen werden. Was für einen Gemüsebauer ein frisch geernteter Sack
Kartoffeln und das vorläufige Ende langer Monate der Arbeit repräsentiert, ist für
einen Schüler das heiß ersehnte Wochenende. Um es auf den Punkt zu bringen: Wir
alle orientieren unser Handeln nach unterschiedlichen Zielvorstellungen.
Sicherheit und Freiheit?
Was bedeuten freilich Sicherheit und Freiheit im eigentlichen Sinn? Erstere meint
meines Erachtens eine Form von beständigem Rückhalt. Etwas, auf das man sich
verlassen und im Ernstfall ohne Verluste davonzutragen, zurückkommen kann.
Konträr dazu wäre die Freiheit beziehungsweise das damit verbundene Risiko,
welches bereits in der Einleitung erwähnt wurde, anzusiedeln. Sieht man Freiheit und
Risiko nun als äquivalent an, so dürfte das „Wer-nicht-wagt-der-nicht-gewinnt“-
Prinzip Anklang finden. Gemeint ist, dass man, um einen tatsächlichen Gewinn bei
einer Sache zu erzielen, oftmals seine selbst gesetzten Grenzen, den wohlbehüteten
Garten und somit seiner Sicherheit den Rücken kehren und infolgedessen ein Risiko
eingehen muss. Zu Aristoteles Zeiten war die Sklaverei und die Fremdbestimmung
quasi omnipräsent. Damals dürfte der größte Gewinn, das am schwersten wiegende
Gut wohl die Freiheit gewesen sein. Heutzutage scheint sich in unserer modernen
Gesellschaft ein wesentlicher Wandel in Hinblick auf die Wertigkeit von Freiheit
vollzogen haben. Der etablierte leichtfertige Umgang mit dieser spiegelt sich
beispielsweise in der Risikobereitschaft und teils schon Gleichgültigkeit gegenüber
Gefängnisstrafen wider. Viele Menschen sehen das ihnen zuteil gewordene „freie“
Leben als nur allzu selbstverständlich an und verfallen infolgedessen in einen
bedauernswerten Zustand der Apathie, wenn man bedenkt, wie viel nötig war, um
den Betreffenden diesen Lebensstandard überhaupt zu ermöglichen. Doch darauf
wollen wir später näher eingehen.
Im Gegensatz zur Sicherheit beschreibt die oben gemeinte Freiheit also das
Überwinden selbst gesetzter Grenzen und Einschränkungen, die zur Erhaltung der
Ist-Situation notwendig sind und deren Sicherung garantieren sollen, um letztlich
Profit zu machen und die vorherige Situation zu verbessern. Soviel zum Optimalfall.
Leider beweisen uns regelmäßig auftretende Börsencrashs oder die in den Medien
publik gemachten Privatinsolvenzen nur allzu deutlich, dass eingegangene Risken
nicht zwangsläufig zu den erhofften Zielen führen. Nein, man sollte keinesfalls in
jeder Situation auf volles Risiko gehen! Viel öfters sollte ausführlicher über eventuelle
Konsequenzen und nachteilige Folgewirkungen reflekiert und diskutiert werden,
bevor basierend auf den Ergebnissen der Denkprozesse gewisser Führungskräfte
(beispielsweise in einem großen staatsnahen Unternehmen) und den darauf
folgenden Verhandlungen mit ebenso hochgestellten Personen eine vertretbare
Entscheidung mit einem – gerade wenn dieser Beschluss viele andere Menschen
involviert, die von den Folgen dieser Entscheidungen betroffen sind –
überschaubaren Risiko gefällt wird.
„Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“ (Immanuel Kant)
Freiheit war zu Zeiten des Königsberger Philosophen Immanuel Kant (1724-1804)
vor rund 250 Jahren – und das gilt natürlich auch für heute – ein äußerst
kontroversielles Thema. Um zur Freiheit zu gelangen, war es zur Zeit der Aufklärung
laut Kant nötig, von der Fremd- immerzu in Richtung Selbstbestimmung, welche eng
mit dem Vernunft-Begriff zusammenhängt, zu gehen. Kant wollte der
vorherrschenden „selbstverschuldeten Unmündigkeit“ entgegenwirken, um durch
Vernunft, also das oberste Erkenntnisvermögen, Freiheit für alle zu etablieren. Was
ich damit sagen möchte, ist, dass man vor der Abschätzung von Risken oder dem
darauf folgenden Umsetzen einer Entscheidung unbedingt die daraus resultierenden
Folgen zu prüfen und zu hinterfragen hat. Ganz besonderer Wert sollte hierbei auf
eine eigene Meinungsbildung gelegt werden, denn nur auf diese Art und Weise kann
man vermeiden, selbst manipuliert und zu jemandes Sklaven gemacht zu werden.
Die Aufklärung selbst stellt einen irreversiblen Teil der gesellschaftlichen Geschichte
dar und reflektiert deren Entwicklung. Somit sind Kants Jahrhunderte alten Utopien
nach wie von hoher Relevanz, was uns dazu bewegen sollte, diese Gedanken zu
beherzigen.
In seinem Werk „Die Furcht vor der Freiheit“ versuchte Erich Fromm 1941 eine
Antwort auf die Frage zu finden, warum im Faschismus – und das gilt auch für den
Kommunismus – Millionen von Menschen bereit waren, ihre Freiheit aufzugeben. Der
Autor kommt in dem Kapitel „Das Doppelgesicht der Freiheit“ zum Schluss, dass der
moderne Mensch die Freiheit vielfach als Last empfindet und deshalb bereit ist, sich
einer Autorität zu unterwerfen. Von der Macht erwarten sich die Menschen Schutz
und fliehen in die Konformität.
Wer möchte es freilich dem Menschen angesichts der Globalisierung und der
Bedrohung des Arbeitsplatzes verdenken, dass er auch ein Bedürfnis nach
Sicherheit und Teilhabe am Wohlstand hat. Im Zeitalten zunehmenden „Cocoonings“
und wachsender Politikverdrossenheit dürfen wir allerdings nicht vergessen, dass
das Streben nach Freiheit eines der größten Ziele der Menschheit ist. Um mit Erich
Fromm zu sprechen: „Die Geschichte der Menschheit ist die Geschichte der
wachsenden Individuation, aber sie ist auch die Geschichte der wachsenden
Freiheit.“
Erster Platz (ex aequo)!
Autor: Lorenz Moser (BG/BRG Mössingerstraße, Klagenfurt)
Betreuer: Dr. Bruno Posod
Bemerkungen der Jury: Philosophiekenntnisse über weite Strecken gut ersichtlich
und adäquat eingewoben. Hohes Maß an Kohärenz der Arbeit; "subtitles" erhöhen die
Bereitschaft weiter zu lesen. Alle Zitate wurden in den Text gut eingearbeitet.
Toleranz steht auf dem Paravent, hinter dem sich Bequemlichkeit,
Faulheit und Feigheit verstecken. Toleranz ist die preiswerte
Alternative zum aufrechten Gang, der zwar gepredigt, aber nicht
praktiziert wird. Wer heute die Werte der Aufklärung verteidigen
will, der muss intolerant sein, der muss Grenzen ziehen und darauf
bestehen, dass sie nicht überschritten werden.
(Henryk M. Broder, "Toleranz hilft nur den Rücksichtslosen", in:
Spiegel online, 25. Juni 2007)
Toleranz oder Duldsamkeit (vom lateinischen tolerare, was so viel bedeutet, wie
ertragen, dulden), ist ein Begriff, der seit der Zeit der Aufklärung im 18. Jahrhundert
wohl für die meisten Menschen verständlich sein dürfte. Wenn ich nun sage, dass es
wichtig ist tolerant zu sein, dann werden wohl viele brav mit dem Kopf nicken und mir
zustimmen. Ich behaupte, dass der moderne Mensch tolerant sein muss. Wieder
nickt die Masse brav mit dem Kopf. Wie eine Schafherde sehen sie alle aus, nur dass
sie statt Gras meine Behauptungen fressen. Sie wollen eben tolerant sein. Es hat ja
einen guten Ruf, tolerant zu sein. Aber wie ist man denn überhaupt tolerant?
Synonyme für das Adjektiv „tolerant“ wären unter anderem duldsam, nachsichtig,
großzügig, weitherzig und verständnisvoll. Aha, ist ja spannend. Dies sind alles
Worte, mit denen ich meine Großmutter beschreiben würde. Die gute Frau ist jetzt
doch schon über 80 Jahre alt und obwohl ich sie sehr respektiere und ihre
Erfahrungen schätze, ist sie definitiv keine moderner Mensch. Heißt das nun, dass es
gar nicht so „cool“ ist tolerant zu sein, wie wir denken?
Ich behaupte einfach mal, dass es sogar sehr „uncool“ ist, tolerant zu sein. Ich ernte
für diese Behauptung kein Nicken mehr, aber zumindest lächeln mich die Menschen
noch freundlich an. Ist schon echt super, wenn man als intoleranter Mensch von so
viel Toleranz umgeben ist.
Da ich nun beschlossen habe intolerant zu sein, muss ich diesen Beschluss natürlich
sofort hinterfragen. Als intoleranter Mensch, ist es meine Pflicht, selbst meine
eigenen Entscheidungen nicht einfach zu tolerieren.
Intoleranz will gelernt sein. Zu behaupten, dass Toleranz etwas Schlechtes sei, wäre
meiner Meinung nach falsch. Toleranz sollte als eine Phase betrachtet werden. Eine
Art Insel, auf der wir kurz rasten können, bevor wir uns entscheiden, an welches Ufer
wir schwimmen.
Es wäre natürlich bequemer, auf der Insel zu verweilen, anstatt sich in die reißenden
Fluten zu stürzen und mühselig an eines der beiden Ufer zu schwimmen, jedoch ist
dies eine Einstellung, die uns nicht weiter bringen wird. Fortschritt, nicht Stillstand,
sollten wir anstreben. Der Sprung ins kalte Wasser braucht Mut. Wir haben die
Fähigkeit, es ans Ufer zu schaffen, aber oft fehlt uns der Wille, unseren inneren
Schweinehund zu überwinden. Bereits 1785 erkannte der Königsberger Philosoph
Immanuel Kant, dass es den Menschen nicht am Verstand mangelt, sondern am Mut,
von diesem Gebrauch zu machen. Um ein Weiterkommen zu ermöglichen, ist es
unerlässlich den Sprung ins kühle Nass zu wagen und sich von den Fesseln der
Bequemlichkeit zu befreien.
Dank der Demokratie haben wir heute mehr Möglichkeiten, die Entwicklung der Welt
mitzugestalten, als jemals zuvor und es sollte unser Ziel sein, die eigene Faulheit und
Feigheit zu überwinden, um an dieser Gestaltung teilzunehmen. Vielen ist der Wert
der Demokratie gar nicht bewusst, da sie immer in einer solchen gelebt haben. Wir
nehmen unsere Privilegien nicht wahr und sehen sie als selbstverständlich an.
Schnell vergessen ist unsere von Leid durchzogene Geschichte. Schnell vergessen
sind die Aufklärer und die Menschenrechtskämpfer.
Dem Unbekannten mit Toleranz entgegenzutreten, ist nicht verwerflich, jedoch darf
dies nicht zu Stillstand führen. Es ist unsere Pflicht, wissbegierig und neugierig zu
sein.
Wir dürfen nicht davor zurückschrecken, unseren Verstand zu benützen. Empfinden
wir etwas als gut, obwohl es die Mehrheit ablehnt, beziehungsweise empfinden wir
etwas als schlecht, obwohl es von der Mehrheit befürwortet wird, ist dies nichts
Verbotenes. Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung und von diesem Recht
sollte auch jeder Gebrauch machen. Finden wir gute und genug Argumente, auf
welche wir unsere Meinung stützen können, dann ist es von äußerster Wichtigkeit für
diesen Standpunkt zu kämpfen. Dies heißt dann auch oft, dass wir intolerant sein
müssen. Ich rede nicht von einem Kampf mit Waffen, sondern von einem Kampf mit
Worten. Diese Worte sollten gut gewählt sein. Das Ziel ist, das Gegenüber zum
Nachdenken zu bewegen.
Wir müssen nicht nur die Meinungen anderer Menschen andauernd hinterfragen,
sondern auch unsere eigene. Unser Verstand ist ein wunderbarer
Diskussionspartner. Oft ist es besser einen Kampf zuerst im Kopf zu auszutragen,
bevor man tatsächlich in die Schlacht zieht. Sind wir von etwas überzeugt, dann
brauchen wir auch die Schlacht beziehungsweise den Sprung ins kalte Wasser nicht
zu fürchten. Kein Tier kann mit Worten kämpfen, nur uns Menschen ist diese
Fähigkeit zuerkannt und es ist unsere Pflicht, diese zu ehren und von ihr Gebrauch
zu machen.
Faulheit, Feigheit und Bequemlichkeit als Toleranz zu verkleiden ist einfach. Etwas
zu ertragen ist leichter, als sich mit etwas auseinanderzusetzen. Henryk M. Broder
bezeichnet Toleranz als „preiswerte Alternative zum aufrechten Gang“ und ich
stimme ihm zu, jedoch fordere ich niemanden dazu auf, intolerant zu sein. Ich
kämpfe nicht um Intoleranz, sondern um Freiheit, Fortschritt und Wissen. Ich fordere
die Menschen auf, neugierig und mutig zu sein. Ich fordere die Tötung des inneren
Schweinehunds!
Dritter Platz!
Autorin: Franziska Wintschnig (BG/BRG Mössingerstraße, Klagenfurt)
Betreuer: Dr. Bruno Posod
Bemerkungen der Jury: Ansatz von Toleranz als Phase des Übergangs - durch
Inselbild illustriert - ist ein sehr interessanter Angelpunkt für die Argumentation. Flott
geschrieben, überzeugende, gut gewählte, einprägsame Metaphern.
„Wer Sicherheit der Freiheit vorzieht ist zu Recht ein Sklave.“
Ich möchte vorwegnehmen, dass ich die Menschen in zwei große Gruppen teile. Die,
die in Sicherheit und Wohlstand leben. Unschuldig und scheinheilig bauen sie ihre
kleinen Häuschen, eins um das andere, am besten mit den gleichen gepflegten
Vorgärten und den selben nach Chlor riechenden Swimmingpools. Bequem ist es im
selbstgebauten Nest, vom Wohlstand umgeben, tief in den lethargischen Alltag
versunken sitzen sie da. Die Menschen in ihrer Sicherheit, wie die Maden im Speck.
Warum etwas riskieren, sein gutes Leben ins Ungewisse stürzen? Es ist doch alles
gut so wie es ist! „Die Nachbarn sind zu laut!“, „Die Wartezeiten im Restaurant zu
lang!“, und „Die Spritpreise zu hoch!“. Gründe um sich zu beschweren - um wie die
Rohrspatzen von den Dächern zu schimpfen - aber nicht Grund genug um den über
die Jahre so gemächlich angefressenen „Speckgürtel“ zu verlassen. Von welcher
Bedeutsamkeit muss ein Vorkommnis sein, um dieses von Pensionsvorsorgen,
Krankenversicherungen und ÖAMTC-Mitgliedschaften umgebene Wesen von der
Notwendigkeit von Freiheit zu überzeugen?
Und dann gibt es jene Menschen die nach Freiheit streben. Doch sollte man hier
nach dem eigentlichen Bestreben fragen. Was versprechen sie sich wenn sie
revolutionieren und protestieren, allein losziehen um die Welt zu erkunden?
Menschen die nichts zu verlieren haben nehmen vieles in Kauf, sie setzen die
Sicherheit nicht aufs Spiel, sondern versuchen sie durch Freiheit zu erlangen.
Vermutlich sind sie die Stärksten unter uns, gepeinigt von Schicksal stehen sie auf
und kehren der Gefangenschaft den Rücken zu. Sie sind Sklaven
menschenunwürdiger Zustände und diktatorischer Machthaber. Jedoch nicht Sklaven
ihrer selbst wie die meisten anderen.
Doch immer wieder gibt es Menschen die ihre Sicherheit tatsächlich riskieren und
sich waghalsig aus dem Nest stürzen. Wonach suchen sie? Ist Sicherheit nicht das
existenziellste Grundbedürfnis der Menschen? Es gibt sicher unzählige Gründe
warum der Mensch ausbricht aus diesem „Goldenen Käfig“. Risiko – „no risk, no fun“-
ist es Spaß den die Menschen sich in der Freiheit versprechen? Oder sind es
tiefsinnigere Bedürfnisse, wie das Verlangen nach Selbstständigkeit? Unwillkürlich ist
SicherHEIT mit den “-KEITEN“ AbhängigKEIT und ZugehörigKEIT verbunden. Der
Mensch ist ein Rudeltier, fühlt sich wohl in der Gruppe und sucht Sicherheit in
zwischenmenschlichen Beziehungen. Doch ist dieses Prinzip über kurz oder lang
zum Scheitern verurteilt, da in der Menschheitsgeschichte das „Ich“ schon immer
mehr zählte als das „Wir“. An dieser Stelle möchte ich eine gute Freundin zitieren, die
mir regelmäßig zu sagen pflegt, „Wenn du dich auf andere verlässt, bist du
verlassen“. Hier stellt sich mir die Frage, ob es nicht Enttäuschung und leid ist. Sich
aus der Abhängigkeit Enttäuschender - aus dem Alltag - zu befreien. Das Verlangen
nach Selbstständigkeit, in Anbetracht dessen das Beziehungen jeglicher Art immerzu
Leid mit sich bringen, mag Grund genug sein das Risiko einzugehen Sicherheit
gegen Freiheit zu tauschen.
Dicht im Zusammenhang mit den beiden Bedürfnissen Sicherheit und Freiheit steht
doch unumstritten die Angst. Nicht unsere Wünsche und Begierden, die Angst ist es
die uns prägt. Das Urgestein aller Gefühle! Sie brachte uns als unermüdlicher Antrieb
Fortschritt und Innovation. Man kann es nicht beschreiben, wenn man vor Angst
gelähmt ins Leere starrt und die Stimme ob real oder nur im Unterbewusstsein
vorhanden, „sei mutig“ immer dumpfer und leiser wird. Ich bin kein besonders
ängstlicher Mensch, doch wage ich es zu behaupten, dass es keinen furchtlosen
Menschen gibt. Die vermeintlich Furchtlosen spielen nur Verstecken mit ihren
Gefühlen bis sie eines Tages aufeinander stoßen. Abschließend mute ich mir zu, zu
sagen, dass es nicht das Streben nach Sicherheit ist, dass uns zum Sklaven macht.
Es mag in vielerlei Hinsicht Antriebsfeder sein, da der Mensch, so freiheitsliebend er
auch ist, letzten Endes doch Sicherheit braucht. Sie ist es nicht, die uns zum Sklaven
macht, vielmehr unsere Gefühle und insbesondere unsere Ängste, die Angst zu
versagen, etwas zu verlieren oder einfach nur vor Veränderung.
Vierter Platz!
Autorin: Anna Kampl (BRG Feldkirchen)
Betreuerin: Mag. Andrea Kakl
Bemerkungen der Jury: Starker Beginn, macht Lust auf mehr.... Spannungsbogen gut
aufgebaut; bildhafte Sprache, über weite Strecken griffig.
„Wer Sicherheit der Freiheit vorzieht, ist zu Recht ein Sklave“
Es gibt Menschen, die in ihrem Leben das Bedürfnis der Sicherheit jenem der
Freiheit vorziehen. Es gibt Menschen, die immer nur das tun, was ihnen
vorgeschrieben wird und die sich von anderen Personen ihr Leben diktieren lassen.
Es gibt Menschen, die sich deshalb nur n andere anpassen. Es gibt Menschen, die
stets nur reagieren anstatt zu agieren. Diese Menschen können glücklich sein, sind
es aber oftmals nicht. Das Glücklichsein ist insgeheim ja unser aller Bestreben.
Ich spreche hier von Menschen, die ihre Arbeit nur ausüben, um nicht arbeitslos zu
sein. Die Gesellschaft gibt es uns vor, einen Arbeitsplatz zu suchen. Um sich vor der
Kritik und der Verachtung der Gesellschaft zu schützen nimmt man also die
Gelegenheit zu arbeiten an, nicht jedoch aus dem Grund, etwas machen zu können,
das einem Spaß macht oder wo man sich selbst auf tiefster Überzeugung einsetzen
kann. Es geht stets nur darum, nicht negativ aufzufallen und anderen Menschen zu
gefallen, anstatt primär auf sich selbst zu achten. Ich spreche hier noch bei weitem
nicht von übertriebenem Egoismus, lediglich davon seine eigenen Bedürfnisse
wahrzunehmen. In dem Zitat von Aristoteles werden Personen, deren Leben sich nur
nach anderen richtet, „Sklaven“ genannt. Doch wessen Sklaven sollen sie sein?
Gibt es eine Alternative dazu? Ja, die gibt es- aber sie muss nicht unbedingt besser
sein. Es sind jene Menschen, die der Freiheit Vorrang gewähren und nur sekundär
auf das Grundbedürfnis der Sicherheit achten. Sie gehen stets ihren eigenen Weg
und versuchen in ihrem Leben die Dinge, die sie sich fest in den Kopf gesetzt haben,
zu erreichen. Dieser Weg ist völlig konträr zu dem davor beschriebenen Lebensstil.
Aber was hat man davon, die „Freiheit“ in den Vordergrund zu rücken? Oftmals nur
Neid, Missachtung und jede Menge Probleme. Menschen, die ihren eigenen Weg
gehen, haben oft die Bürde zu tragen, dass sie sehr stark polarisieren. Viele
bewundern diese Art zu leben, doch bei mindestens genauso vielen stößt sie auf
Skepsis. Manche schätzen es, während manche es immer hassen werden. Es ist
also erwiesen, dass der Weg der Freiheit keinesfalls der Weg des geringsten
Widerstands ist, im Gegenteil! Aber was bedeutet Freiheit?
Freiheit bedeutet, dass ich unabhängig von all den Dingen bin, die um mich herum
passieren. Ich entscheide selbst, was ich tue und ob es richtig ist. Ich lasse mir
meinen Weg nicht diktieren. Deshalb kümmert eine solche Person die Meinung der
Mitmenschen nur in begrenztem Ausmaß. Wenn man also wirklich frei wäre, würden
einem die gesamten Probleme nichts ausmachen. Aber wie wird man schon wirklich
frei? Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall gibt es zwischen der Stufe der „Sicherheit“ und
jener der „Freiheit“ noch eine ganze Menge an Zwischenstufen. Es ist also in der
Realität enorm schwer, wirklich diesen, wie ich ihn nennen würde, „Freiheitsweg“ zu
gehen, wenn der Weg des geringsten Widerstands parallel dazu verläuft.
Es ist die wahre Schwierigkeit, sich nicht auf das Niveau gewisser „Neider“
herunterzulassen, sondern konzentriert und fokussiert auf sich selbst zu bleiben. So
geht man dann seinen eigenen Weg, wo alle Hindernisse, welcher Art auch immer,
überwindbar sind. Auf dem „Gemeinschaftweg“ hingegen ist es wie im
Straßenverkehr einer Großstadt: Kaum geht es einmal ein Stück weiter, ist man
schon wieder gezwungen, stehen zu bleiben. Man fällt also wieder in die Routine
zurück, indem man „stehenbleibt“. Sklaven?
Aristoteles meinte den Begriff „Sklaven“ wortwörtlich. Zu seiner Zeit war die Sklaverei
Alltag, jedoch hat sein Zitat heute noch immer Aktualität. Beide „Arten von Sklaven“
haben eines gemeinsam: Sie sind in ihren Tätigkeiten eingeschränkt, sie müssen
zuerst an jemand anderen denken, bevor sie die Priorität auf sich lenken können.
Dabei staut sich, verständlicherweise, mit der Zeit Unzufriedenheit auf. In der Antike
endete diese sehr oft in Sklavenaufständen. Wie diese Unzufriedenheit heutzutage
entladen wird ist unerklärbar. Das Zitat von Aristoteles ist also zweifellos aktuell,
obwohl es schon lange in den meisten Ländern keine Sklaverei mehr gibt.
Heutige „Sklaven“ müssen nicht zwangsweise unglücklich sein. Es gibt Personen, die
ihr Leben in den Dienst anderer stellen, aber damit kein Problem haben. Sie fühlen
sich wohl mit ihrem Lebensstil, also kann der doch so falsch nicht sein. Die Frage ist
jedoch, was einmal von ihnen auf der Erde bleiben wird. Was hinterlassen sie der
Menschheit oder verlassen sie die Erde wie ein Kieselstein im Ozean: leise und
unbemerkt?
Wie unterscheidet sich da der „freie“ Mensch? Er wird früher oder später auf
Gleichgesinnte stoßen und seine Ideen und Visionen möglicherweise verbreiten
können. Als Beispiele aus historischer Sicht kann man hier auf jeden Fall Gandhi
oder Mandela aufführen, die ihr Leben und das Leben ihrer Nachkommen dauerhaft
geprägt haben. Das gelang ihnen nur dank ihrer Entschlossenheit und ihrem Willen,
und weil sie sich nicht von ihrer Umgebung abhängig gemacht haben. Beide hatten
im eigenen Volk viele Widersacher, die lieber andere Wege gegangen wären, aber
diese beiden Personen sind ihren Weg erfolgreich weitergegangen.
Aber neben diesen beiden positiven Beispielen, gibt es gleichzeitig auch negative
historische Beispiele. Wie zum Beispiel Adolf Hitler. Vorrausschickend möchte ich
sagen, dass ich den Nationalsozialismus in keinster Weise gutheißen möchte. Ich will
nur darauf hinweisen, dass er auf seine eigene Art und Weise, seinen Weg
gegangen ist.
So unterscheidet er sich auf jeden Fall von der italienischen Gattin eines
Mafiabosses, die in ihrem ganzen Leben ihre eigenen Bedürfnisse hinten anstellen
muss, und ihre eigenen Wünsche stets denen ihres mächtigen Gatten unterstellen
muss. Das soll keine Geringschätzung der Tätigkeit einer Hausfrau sein, im
Gegenteil. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass es gewisse gesellschaftliche
Positionen gibt, die das Ausüben der eigenen Grundbedürfnisse unmöglich machen.
Aber vielleicht ist es manchmal sogar klüger auf die Sicherheit primär zu achten. Es
kann einem nichts passieren, und doch trägt man seinen kleinen Teil zum Mosaik
des Lebens bei. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Egal wie klein dieser Teil ist,
das Bild wäre ohne ihn nicht so schön wie mit ihm. Er würde trotz der fehlenden
Größe ins Gewicht fallen.
Was würde der Mensch machen, der die Prioritäten anders setzt? Er würde sich
vermutlich nicht ins Mosaik einordnen, sondern nebenbei sein eigenes Bild
aufbauen. Manche werden ihm folgen, und dadurch verursacht er Unruhe im „Mosaik
des Lebens“. Er würde vielleicht unnötige Verwirrung auslösen, vielleicht aber auch
einfach nur die anderen Personen zum Nachdenken anstiften. Ist es das wert? Das
ist die große Frage. Es kommt auf jeden Fall auf die individuelle Situation an. Im
Falle eines Mahatma Gandhi war es zweifellos richtig so zu handeln und, in
zweideutiger Weise, nach Freiheit zu streben. Freiheit für sich selbst, aber auch für
sein Land.
Abschließend möchte ich festhalten, dass jeder Mensch ein gewisses Bedürfnis nach
Freiheit hat, das er, in welcher Form auch immer, ausleben muss. Aber es gibt auch
Personen, die in ihrem Leben der Sicherheit Vorrang gewähren und damit absolut
glücklich sind. Auch diese Personen sind schlichtweg zu akzeptieren. Das ist auch
der Grund dafür, dass ich die Bezeichnung „Sklaven“ diesbezüglich vollkommen
übertrieben finde. Es ist jedem selbst überlassen, welchen weg man einschlägt. Ich
kann nur appellieren, sich die Entscheidung sehr gut zu überlegen und sein Leben
bewusst zu gestalten - mit Tätigkeiten, die sinnvoll erscheinen und eine Freude
bereiten. Nur dann wird der richtige Weg eingeschlagen werden und ein Mensch
kann nur dann wirklich seine „Freiheit“ genießen.
Fünfter Platz (ex aequo)!
Autor: Stefan Ortner (BG/BRG Lerchenfeld, Klagenfurt)
Betreuerin: Mag. Eva Gatti
Bemerkungen der Jury: Guter Beginn, interessante Beispiele. Bemerkenswerte
Hinweise auf das Wesen der Sklaverei als innere Befindlichkeit.
„Es gibt in der Welt einen einzigen Weg, auf welchem niemand
gehen kann, außer dir: wohin er führt? Frage nicht, gehe ihn.“
(Friedrich Nietzsche)
„Der Weg ist das Ziel“, „Dieser Weg wird steinig und schwer“, …
„Der Weg“ wird oft als zentrales Thema angeführt, sei es in Liedern, weisen
Sprüchen oder auch nur in einfachen Redewendungen. Doch von welchem Weg ist
hierbei die Rede? Was darf oder soll sich Mensch darunter vorstellen?
Fakt ist: Es ist kein bestimmter Weg. Wie könnte dies auch einzugrenzen sein? In
unserem Leben kommen wir an etlichen Wegweisern vorbei, welche neue Wege
verheißen, welche wiederum zu Wegen führen, dann und wann eine Kreuzung-
wohin jetzt?- wieder ein neuer Weg, wieder von vorn. Auf all diesen Wegen
begegnen wir den unterschiedlichsten Menschen; viele gehen einige Wege MIT uns,
andere zweigen ab oder „kommen ganz einfach vom Weg ab“. Und manchmal,
manchmal begegnet man diesen Personen, welche ihren Weg ohne andere gehen,
ihn alleine meistern. Diese Personen gehen ihren eigenen Weg; Fuß vor Fuß, Schritt
für Schritt, Stück für Stück- aber sie sind auf sich selbst gestellt.
Nietzsche meint, dass es für jeden von uns diesen einen Weg gibt, welcher nur Platz
für eine Person, für einen SELBST, bietet. Natürlich tun sich dabei bei jedem Zweifel
auf: Wohin führt dieser Weg? Soll ich es wagen, ihn zu gehen? Wohin bringt er mich
letztendlich?
Um an diesem Punkt Nietzsche zu zitieren: „Frage nicht, gehe ihn.“
Von Kindheit an wird einem stets nahegelegt, zu denken, bevor man handelt. Aber
wenn man dann den einen, SEINEN, Weg gefunden hat, sollte man sich nicht zu
viele Fragen stellen, man sollte ihn einfach gehen. Man sollte sich immer darüber im
Klaren sein, dass niemand sonst ihn beschreiten kann, weil es ein Weg ist, gemacht
aus den eigenen Träumen und Zielen. Auch wenn es viel Mut erfordert, sollte man
dennoch nicht zögern, das zu tun, wovon man schon immer geträumt hat. Natürlich
ist dieser Weg oftmals steil, eine Gratwanderung, gespickt mit Sorgen und
Problemen. Doch die ganzen Erfahrungen und all die Fehler, aus denen man lernen
kann, machen einen nur noch stärker. Sie erweitern unseren Horizont, öffnen uns die
Augen für Neues. Man sollte sich trauen, sich darauf einzulassen.
Man sollte sich mitreißen lassen von dem Neuen, dem Unbekannten, nur dann kann
man diesen besonderen Wind der Freiheit spüren. Jemand, der sich nie trauen wird,
einmal allein einen großen Schritt zu tun, kann seine Träume weiterhin nur in
Gedanken leben. Doch warum zögern, wo doch das Leben so viele Chancen
aufzeigt? Warum alles verspielen?
Will denn nicht jeder am Ende seines Lebens auf eine Zeit voller Abenteuer und toller
Erfahrungen zurückblicken? Veränderungen sind nicht immer leicht und können auch
schmerzen, doch auf diesen Schmerz folgt schließlich eine Loslösung, eine Erlösung
von all dem alten Ballast.
Den eigenen Weg zu wählen und auch zu gehen- dies sollte sich jeder zu Herzen
nehmen. Es lohnt sich auf jeden Fall, denn wenn man etwas unbedingt will, dann
schafft man das auch. Geh deinen eigenen Weg! Verwirkliche dich selbst! ein
Aufschrei, ein Appell an alle Menschen da draußen, die sich noch unsicher sind, den
ersten Schritt zu setzen.
Jeder, der seinen Weg zu Ende geht, wird schlussendlich an sein Ziel kommen. Man
muss nur fest daran glauben und- nie aufgeben.
Fünfter Platz (ex aequo)!
Autorin: Katharina Hoi (Stiftsgymnasium St. Paul)
Betreuerin: Mag. Sabine Weber
Bemerkungen der Jury: Der Fokus stimmt quer durch die Bearbeitung, einleitende
Worte machen Lust auf mehr… Motivierender Text, gut formuliert, kommt gleich zum
Punkt.
IMPRESSUM:
Herausgeber: Kärntner Jury der Philosophie-Olympiade, Für den Inhalt verantwortlich: Mag. Richard Hölbling, Druck: HAK/HAS Feldkirchen