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Gerhardt | Schmitt Personalentwicklung im Marketing – Ein Praxisbeispiel der BMW Group
1|200618 1|2006
Gerhardt | Schmitt Personalentwicklung im Marketing – Ein Praxisbeispiel der BMW Group Seite 18-20
Erfolgreiche Personalentwicklung
ermöglicht es unter Berücksichti-
gung der Mitarbeiterwünsche und
-interessen zu jeder Zeit, die richtigen
Mitarbeiter mit den richtigen Qualifika-
tionen auf den richtigen Funktionen
einzusetzen. Personalentwicklung im
Marketing kann daher nur gesamthaft
mit dem Personalentwicklungskonzept
im Unternehmen betrachtet werden.
Personalentwicklung steht aber zudem
nie für sich allein, sondern immer im
Gesamtkontext der Unternehmenskul-
tur, -struktur und -zielsetzung.
Die Langfristige Personalpoli-tik als Basis für erfolgreichesHandeln im Unternehmen
Auf der Basis der Premium-Marken-
strategie befindet sich die BMW Group
inmitten der größten Produktoffensive
der Unternehmensgeschichte. Vor eini-
gen Jahren noch war die BMW Group
ein Hersteller mit einer Marke und drei
Modellreihen.
Seit Herbst 2004 ist die BMW
Group mit drei Marken BMW, MINI
und Rolls-Royce und zehn Modellrei-
hen weltweit vertreten, darunter als
jüngste die BMW 6er- und die BMW
1er-Reihe.
Hinter dem Erfolg eines Unterneh-
mens steckt immer die herausragende
menschliche Leistung einer Mann-
schaft. Denn ein wichtiges differenzie-
rendes Merkmal eines Unternehmens
sind die Mitarbeiter. Die Bedürfnisse
der Mitarbeiter und des Unternehmens
in Einklang zu bringen, ist das Ziel der
langfristigen Personalpolitik (LPP) der
BMW Group. Dabei bildet die Personal-
politik zusammen mit der Personalstra-
tegie den Handlungsrahmen für das
operative Personalmanagement der
BMW Group und ist integraler
Bestandteil der gesamten Unterneh-
menspolitik.
Bei der Gestaltung einer zukunfts-
orientierten Personalpolitik werden
vielfältige Faktoren berücksichtigt.
Gesellschaftliche Entwicklungen, zu-
nehmende Mobilität von Wissen und
Arbeit bis hin zu demographischen Ent-
wicklungen fließen in die strategischen
Überlegungen ein. Die erfolgreiche Ver-
netzung dieser Trends und die aktive
Umsetzung in der Personalarbeit führen
zu unternehmens- und marktbezoge-
nen Lösungen, die mithelfen, die Wett-
bewerbsfähigkeit zu erhalten und wei-
ter zu erhöhen. Dabei besteht der
Beitrag der Personalpolitik in der Effi-
zienzsteigerung, die nicht einseitig nur
über eine Verringerung der Personal-
kosten, sondern vor allem über eine
Leistungssteigerung erreicht wird. Diese
Leistungssteigerung wird im Wesent-
lichen über drei Gestaltungsfaktoren
erreicht: durch die Leistungsfähigkeit
(das „Können“), die Leistungsbereit-
schaft (das „Wollen“) und die Lei-
stungsmöglichkeit (das „Dürfen“).
Die Personalpolitik der BMW Group
orientiert sich dabei an den folgenden
Prinzipien: Leistung und Gegenlei-
stung, Flexibilität, Verantwortung sowie
Vertrauen und Zusammenarbeit.
Grundlage für die Zusammenarbeit
bildet das Mitarbeiter- und Führungs-
leitbild. Das Mitarbeiterleitbild gilt
weltweit für alle Mitarbeiter des Unter-
nehmens und wird durch das Füh-
rungsleitbild weiter ausdifferenziert,
um der besonderen Rolle und Aufgabe
von Führungskräften Rechnung zu tra-
gen. Zielsetzung ist hierbei, dass die
Mitarbeiter durch dauerhaft hohe Lei-
stung nach besten Ergebnissen streben,
Verantwortung für ihren persönlichen
Beitrag übernehmen und mitdenken
und mitgestalten. Sie sollten in unter-
schiedlichen Arbeits- und Organisa-
tionsstrukturen zusammenarbeiten,
Flexibilität beweisen, sich weiterbilden
und Veränderungen als Chance und
nicht als Risiko empfinden.
Hochleistungskultur und Mitarbei-
terorientierung passen dahingehend
zusammen, dass Fordern und Fördern
Personalentwicklung im Marketing – Ein Praxisbeispiel der BMW Group
Jens GerhardtBMW AG, Personal- undSozialwesen München,Leiter Personalbetreu-ung und -entwicklungVertrieb (Zentralfunk-tionen), Marketing, DE-München
Katrin SchmittBMW AG, Personal undSozialwesen München,Referentin Personalbe-treuung und -entwick-lung Vertrieb (Zentral-funktionen), Marketing,DE-München
Gute Führungskräfte werden nicht „geboren“ oder „gemacht“. Siemüssen sich selbst dazu entwickeln. Die Personalentwicklung einesUnternehmens kann somit den Karriereweg einer Führungskraft ent-scheidend beeinflussen.Die folgenden Ausführungen geben einen exemplarischen Einblick indie Personalentwicklungsmaßnahmen der BMW Group. Hierbei wirdbesonderer Augenmerk auf die Personalentwicklung von Marketing-Führungskräften gelegt.
Personalentwicklung im Marketing – Ein Praxisbeispiel der BMW Group Gerhardt | Schmitt
19191|2006
Personalentwicklung im Marketing – Ein Praxisbeispiel der BMW Group Gerhardt | Schmitt
ausgeglichen sind. Einerseits wird von
den Mitarbeitern der BMW Group
erwartet, dass sie dauerhaft hohe Leis-
tung erbringen: gleichzeitig bietet das
Unternehmen eine leistungsgerechte
Vergütung, attraktive Zusatzleistungen
und nicht zuletzt sichere Arbeitsplätze
für engagierte und verantwortungsbe-
wusste Mitarbeiter.
So darf sich die BMW Group zu den
attraktivsten Unternehmen in Europa
zählen. Bereits zum vierten Mal in Folge
wurde die BMW Group in diesem Jahr
in einer Umfrage des deutschen Maga-
zins „Wirtschaftswoche“ unter Studen-
ten zum beliebtesten Arbeitgeber
gewählt. In der letzten BMW Group-
internen Mitarbeiterbefragung im Jahr
2002 lagen die Werte in punkto Gesamt-
zufriedenheit in allen Unternehmensbe-
reichen über 90 Prozent.
Strategische Personalent-wicklung sichert langfristigManagementpotenzial
Gute Führungskräfte werden weder
„geboren“ noch „gemacht“. Sie müssen
sich selbst dazu entwickeln. Führungs-
kräfte haben „realistische“ Visionen und
können andere dafür begeistern. Gerade
diese Fähigkeit zeichnet schon immer
die Führung bei der BMW Group aus.
Sie nimmt bei der Verwirklichung der
Premiummarken-Strategie eine Schlüs-
selrolle ein.
Die BMW Group achtet darauf, dass
jeder Einzelne seine Fähigkeiten und
Leistungen im Sinne des Unternehmens
einbringt und ständig weiterentwickelt,
um damit für Spitzenleistungen und
dauerhaften Unternehmenserfolg zu
sorgen. Vielfältige Personalentwick-
lungsinstrumente sichern die Prozesse
und ermöglichen Führungskräften und
Mitarbeitern gemeinsam, die Vorausset-
zungen und Rahmenbedingungen für
eine optimale Leistungserbringung zu
schaffen.
Die BMW Group beginnt in allen
Unternehmensbereichen bereits sehr
früh mit der Bindung und Ausbildung
talentierter Nachwuchskräfte. Das
Nachwuchsförderungsprogramm (NFP)
kombiniert eine Ausbildung mit einem
FH-Studium und bildet Abiturienten in
technischen und betriebswirtschaft-
lichen Bereichen aus. „Fastlane“ als
Praktikantenbindungsprogramm sichert
den Kontakt zu sehr erfolgreichen ehe-
maligen Praktikanten mit dem Ziel,
diese gezielt weiter ausbilden zu können
und nach Abschluss ihres Studiums für
die BMW Group zu gewinnen. Das Ein-
stiegs- und Entwicklungsprogramm
„Drive“ bildet Absolventen von Hoch-
schulen bis maximal drei Jahre Berufser-
fahrung optimal für ihre Laufbahn bei
der BMW Group aus. Das Fachbereichs-
programm wird durch Produktions-
und Niederlassungseinsätze, Seminare
sowie ein Kennenlernen der gesamten
Prozesskette des jeweiligen Bereiches
abgerundet und individuell auf die
Bedürfnisse des jeweiligen Drivers ange-
passt. Der Driver lernt bereits sehr früh,
Initiative zu übernehmen und sich sein
eigenes Programm, verbunden mit den
Anforderungen der Fachabteilung,
zusammenzustellen.
Für alle Führungskräfte besteht ein
umfangreiches Qualifizierungspro-
gramm in Zusammenarbeit mit nam-
haften internationalen Business
Schools. Die BMW Group-Führungs-
kräftequalifizierung gliedert sich in drei
Säulen, um sowohl den spezifischen
Anforderungen des Unternehmens an
die Führungsebene als auch der persön-
lichen Situation der einzelnen Füh-
rungskraft gerecht zu werden.
Die CAMPUS-Programme verstehen
sich als strategisch ausgerichtete Quali-
fizierungsprogramme zu Themen wie
Leadership, Management und allgemei-
nen BMW Group Kernprozessen.
Die ACADEMY-Programme berück-
sichtigen die spezifischen Anforderun-
gen des Unternehmens an die jeweilige
Führungsebene und den persönlichen
Entwicklungsbedarf der einzelnen Füh-
rungskraft. DIALOGUE-Veranstaltun-
gen beinhalten die strategische Diskus-
sion von Trends und Zukunftsthemen
mit ausgewählten Führungskräften.
Durch jährliche Zielvereinbarungen
werden alle Mitarbeiter in die sie betref-
fenden Entscheidungsprozesse einge-
bunden: Jeder Mitarbeiter steckt mit
seiner Führungskraft die Ziele ab, die
im kommenden Jahr erreicht werden
sollen (Zielmanagementprozess). Der
Zielerreichungsgrad wird konsequent in
regelmäßigen Zielereviews visualisiert
und überprüft.
Der einmal jährlich durchgeführte
Beurteilungsprozess findet für alle Füh-
rungskräfte im Rahmen einer Pro-
zesspartnerbefragung und übergreifen-
den Beurteilungsrunden statt. Beurteilt
wird die Leistung und das Potenzial
sowie weitere Einsatzmöglichkeiten des
Mitarbeiters anhand der Kriterien des
Systematisierung der Personalentwicklung durch Entwicklungsszenarien im Marketing
Breite
Inhalte
Führung
Retail
Wholesale
Zentrale
PreisDistribution
Kommunikation
ProduktProjekt Mitarbeiter
Themenführer-schaft
Abb. 1: Entwicklungsszenarien im Marketing
Gerhardt | Schmitt Personalentwicklung im Marketing – Ein Praxisbeispiel der BMW Group
Management-Hauses: Zielerreichung,
Unternehmerisches Denken und Han-
deln, Prozess- und Fachkompetenz,
Führungs- und Teamverhalten als auch
die Wirkung der Persönlichkeit stellen
die Basis der Beurteilung dar. Eigene
Ziele, Interessen und Neigungen des
Mitarbeiters entscheiden ebenso über
individuelle Entwicklungsziele und
Maßnahmen wie die aktuelle Beset-
zungssituation sowie zukünftige Anfor-
derungen an neue Stellenbesetzungen.
Durch das „Mehr-Augen-Prinzip“ sowie
einheitliche Beurteilungsstandards wird
eine objektivierte Leistungseinschät-
zung sichergestellt. Das Ergebnis der
Beurteilung bildet die Basis für die indi-
viduelle Gehaltsplanung und wird den
Mitarbeitern im Rahmen eines persön-
lichen Gespräches mit den Vorgesetzten
transparent gemacht.
Weitere Transparenz über die eigene,
individuelle Leistung als Führungskraft
kann jeder Vorgesetzte durch die frei-
willige Durchführung des „Feedbacks
für Führungskräfte" bekommen, ein
Instrument zur Personal- und Teament-
wicklung bei dem Mitarbeiter ihrem
Vorgesetzten zurückmelden, wie sie das
Führungsverhalten erleben, was gut ist
und was verbessert werden soll.
Das Strategische und OperativeMarketing stellt spezifische An-forderungen an seine Mitarbeiter
Die bereits beschriebenen Personalent-
wicklungsinstrumente finden unterneh-
mensweiten Einsatz. Karrieren im Mar-
keting unterscheiden sich jedoch in ihrer
Ausprägung zu Karrieren in anderen
Unternehmensbereichen bei der BMW
Group. Betrachtet man das Marketing
der BMW Group als einen Bereich
innerhalb des Ressorts Vertrieb und Mar-
keting, so ist hier zwischen Zentralfunk-
tionen mit Marken- (BMW, MINI, Rolls-
Royce) bzw. Group-Verantwortung und
Marketingfunktionen in den jeweiligen
Vertriebsregionen zu unterscheiden.
Die Zentralfunktionen steuern das
Produktportfolio der BMW Group
sowie die weltweite Markenentwicklung
für BMW, MINI und Rolls-Royce über
den gesamten Marketing-Mix.
Das Zentrale Marketing bei der BMW
Group ist klassisch nach dem Marke-
ting-Mix organisiert. In der Regel steigt
ein Hochschulabsolvent in einer Diszi-
plin wie Kommunikation oder Produkt-
management ein und sammelt 3-4 Jahre
erste Erfahrung in diesen Bereichen.
Dann kann der nächste Personalent-
wicklungsschritt stattfinden. Dieser
sollte entweder eine breitere Orientie-
rung in zentralen Marketingfunktionen
geben oder aber einen Schritt in die Ver-
triebswelt ermöglichen. Durch gezielte
Personalentwicklung mit der Führungs-
kraft, dem Mitarbeiter und dem Perso-
nalwesen wird versucht, eine breite Ent-
wicklungsbasis für ein erfolgreiches
Handeln jedes einzelnen Mitarbeiters,
aber auch für eine sinnvolle Nachfolge-
planung des Unternehmens sicherzu-
stellen. Für das Marketing heißt dies
konkret, Erfahrungen in den unter-
schiedlichen Vertriebsebenen Retail,
Wholesale und in den Zentralfunktio-
nen zu sammeln. Führungsbreite durch
Themenführerschaft für Fachfunktio-
nen, Projekte oder Mitarbeiter sowie ein
Wechsel zwischen strategisch steuern-
den und operativen umsetzenden Funk-
tionen auch über die Bereiche Vertrieb,
Marketing und Aftersales ist zu empfeh-
len. Ein zu schneller Funktionswechsel
sollte aber vermieden werden, um den
unterschiedlichen Aufgaben und der
wachsenden Komplexität der einzelnen
Aufgaben Rechnung zu tragen und um
eine gewisse Stabilität zu erhalten. Im
Vertrieb und Marketing sind Internatio-
nalität und Mobilität selbstverständlich.
Die BMW Group entwickelt hier gezielt
Führungskräfte im Inland für eine
Übernahme einer Marketing- oder Ver-
triebsfunktion in den Tochtergesell-
schaften, um einen Know-how-Transfer
zu sichern. An die Persönlichkeit von
Mitarbeitern im Marketing werden
neben den allgemein geltenden Krite-
rien des Management-Hauses weitere
Erfolgsfaktoren gestellt wie Kreativität,
Markenverständnis und Vernetzungsfä-
higkeit.
Um auf strategische Veränderungen
im Marketing- und Vertriebsressort rea-
gieren zu können, analysieren wir im
Rahmen der qualitativen Personalpla-
nung die damit verbundenen zukünfti-
gen Veränderungen von Mitarbeiter-
kompetenzen und Arbeitsstrukturen.
Nur so kann rechtzeitig auf die verän-
derten Anforderungen reagiert werden
und ist eine Ableitung von Maßnahmen
möglich.
Neben spezifischen Anforderungen
an Marketingmitarbeiter sei auch
erwähnt, dass ein Wechsel zwischen
Unternehmensbereichen wie z.B. Pro-
duktmanagement im Marketing, strate-
gischen Konzernfunktionen und Funk-
tionen im Entwicklungsressort für die
Weiterentwicklung von bereichsüber-
greifenden Prozessen wie z.B. dem Pro-
duktentstehungsprozess eine wichtige
Voraussetzung ist. Ein Schritt in einen
anderen Unternehmensbereich muss
gezielt geplant sein und sollte möglichst
in einer frühen Phase der Karriere statt-
finden. Nur so können der richtige
„Blick über den Tellerrand“ und Syner-
gien für Mitarbeiter und Unternehmen
von großem Nutzen sein.
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