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Paper of the Month 01/2015 – 12/2015Center for Stroke Research Berlin & Department of Neurology Charité – Universitätsmedizin Berlin
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Centrum für Schlaganfallforschung Berlin & Klinik für Neurologie an der Charité:
Paper of the Month 01/2015 – 12/2015
Table of Content
Month Paper Page
01/2015 Vascular change and opposing effects of the angiotensin type 2 receptor in a mouse model of vascular cognitive impairment Martina Füchtemeier, Marie P. Brinckmann, Marco Foddis, Alexander Kunz, Chrystelle Po, Caterina Curato, Ulrich Dirnagl, and Tracy D. FarrJournal of Cerebral Blood Flow & Metabolism advance online publication 10 December 2014; doi: 10.1038/jcbfm.2014.221
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02/2015 Improved pre-hospital triage of stroke patients in a specialized stroke ambulance – Results of the PHANTOM-S studyMatthias Wendt, Martin Ebinger, Alexander Kunz, Michal Rozanski, Carolin Waldschmidt, Joachim E. Weber, Benjamin Winter, Peter M. Koch, Erik Freitag, Jenrik Reich, Daniel Schrem-mer, Heinrich J. Audebert, for the STEMO-consortium.Stroke. 2015 Mar;46(3):740-5. doi: 10.1161/STROKEAHA.114.008159.
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03/2015 Supply-Demand Mismatch Transients in Susceptible Peri-infarct Hot Zones Explain the Origins of Spreading Injury Depolarizations. von Bornstädt D, Houben T, Seidel JL, Zheng Y, Dilekoz E, Qin T, Sandow N, Kura S, Eiker-mann-Haerter K, Endres M, Boas DA, Moskowitz MA, Lo EH, Dreier JP, Woitzik J, Sakadži S, Ayata CNeuron. 2015 Mar 4;85(5):1117-31.
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04/2015 Vascular Signal Transducer and Activator of Transcription-3 Promotes Angiogenesis and Neuroplasticity Long Term After StrokeHoffmann CJ, Harms U, Rex A, Szulzewsky F, Wolf SA, Grittner U, Lättig-Tünnemann G, Sendt-ner M, Kettenmann H, Dirnagl U, Endres M, Harms C.Circulation. 2015 Mar 20. pii: CIRCULATIONAHA.114.013003.
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05/2015 Cortico-pallidal oscillatory connectivity in patients with dystoniaWolf-Julian Neumann, Ashwani Jha, Antje Bock, Julius Huebl, Andreas Horn, Gerd-Helge Schneider, Tillmann H. Sander, Vladimir Litvak, Andrea A. KühnBrain. 2015 May 1. pii: awv109. [Epub ahead of print]
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06/2015 The Stroke-Migraine Depolarization ContinuumJens P. Dreier and Clemens ReiffurthNeuron. 2015 May 20;86(4):902-922. doi: 10.1016/j.neuron.2015.04.004.
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07/2015 Phosphorylated α-synuclein in skin nerve fibers differentiates Parkinson‘s disease from multiple system atrophyZange L, Noack C, Hahn K, Stenzel W*, Lipp A*Brain (2015) 138 (8): 2310-2321.* contributed equally
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08/2015 Anti-DPPX encephalitis: Pathogenic effects of antibodies on gut and brain neurons. Piepgras J, Höltje M, Michel K, Li Q, Otto C, Drenckhahn C, Probst C, Schemann M, Jarius S, Stöcker W, Balint B, Meinck HM, Buchert R, Dalmau J, Ahnert-Hilger G, Ruprecht K.Neurology. 2015 Aug 19. pii: 10.1212/WNL.0000000000001907. [Epub ahead of print]
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09/2015 Natural course of total mismatch and predictors for tissue infarctionHotter B, Ostwaldt AC, Levichev-Connolly A, Rozanski M, Audebert HJ, Fiebach JB.Neurology. 2015 Sep 1;85(9):770-5. doi: 10.1212/WNL.0000000000001889. Epub 2015 Jul 31.
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Centrum für Schlaganfallforschung Berlin & Klinik für Neurologie an der Charité:
Paper of the Month 01/2015 – 12/2015
Table of Content
10/2015 Amplitudes of SSEP and outcome in cardiac arrest survivors: A prospective cohort study.Endisch C, Storm C, Ploner CJ, Leithner C.Neurology. 2015 Oct 21 (Epub ahead of print)
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11/2015 Tracking CNS and systemic sources of oxidative stress during the course of chronic neuroinflammation.Mossakowski AA, Pohlan J, Bremer D, Lindquist R, Millward JM, Bock M, Pollok K, Mothes R, Viohl L, Radbruch M, Gerhard J, Bellmann-Strobl J, Behrens J, Infante-Duarte C, Mähler A, Boschmann M, Rinnenthal JL, Füchtemeier M, Herz J, Pache FC, Bardua M, Priller J, Hauser AE, Paul F, Niesner R, Radbruch H.Acta Neuropathol. 2015 Dec;130(6):799-814. doi: 10.1007/s00401-015-1497-x. Epub 2015 Oct 31.
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12/2015 Ankle-Brachial Index and Recurrent Stroke Risk:Meta-Analysis.Hong JB, Leonards CO, Endres M, Siegerink B, Liman TG.Stroke. 2015 Dec 10. pii: STROKEAHA.115.011321. [Epub ahead of print]
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Unter vaskulärer Demenz versteht man eine Gruppe unterschiedlicher dementieller Erkrankungen, die ihren gemeinsamen Ursprung im zerebralen Gefäßbett ha-ben. Obwohl die zugrunde liegenden pathophysiologi-schen Mechanismen nicht verstanden sind, werden den Risikofaktoren - wie zunehmendes Alter, Bluthochdruck, Hyperlipidämie und Diabetes mellitus - eine entschei-dende Rolle zugeschrieben. Des Weiteren wird die chro-nische zerebrale Hypoperfusion als kausale Verbindung zur Entstehung einer Demenz angesehen.
In unserer Studie nutzen wir ein Mausmodell, in dem durch künstliche Verengung der gehirnversorgenden Arterie der Blut uss gesenkt wird und nach wenigen Wochen ein mildes dementielles Syndrom auftritt. Neben der Charakterisierung des Modells untersuchten wir die räumlich-zeitliche Entwicklung der Gehirnpatho-logie mittels MRT und den therapeutischen Nutzen einer pharmakologischen Modulation des Renin-Angiotensin-Systems.Erstmalig in diesem Modell konnten die Blut uss-Verän-derungen quantitativ gemessen und verschiedene Ver-laufsmuster der Hypoperfusion bestimmt werden. Mit-tels Diffusion Tensor Imaging wurden in verschiedenen Gehirnregionen Parameterveränderungen ermittelt, die auf eine Degeneration der weißen Substanz hinweisen. Zusätzlich konnte im anterioren Bereich des Circle of Willis vaskuläres Remodelling aufgezeigt werden. Die Stimulation des Angiotensin-II-Rezeptor Typ 2 führte in den Tieren mit zerebraler Hypoperfusion zu einer Expansion der Basilar-Arterie, In ltration von Lympho-
zyten und zu einer Beein ussung des räumlichen Refe-renzgedächtnis.Die Ergebnisse zeigen, dass MRT-basierendes Neuro-imaging eine vielversprechende Möglichkeit ist, Sur-rogatmarker zu identi zieren und dass das Renin-Angiotensin-System eine Rolle in der vaskulären De-menz spielen könnte.
Martina Füchtemeier ist wissenschaftliche Mitarbeite-rin in der Abteilung für Experimentelle Neurolgie undin der AG Vaskuläre Pathologie am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen. Tracy Farr ist Professorin an der School of Life Scien-ces, Universität Nottingham, UK.
Paper of the Month 01/2015Centrum für Schlaganfallforschung Berlin und Klinik für Neurologie der Charité
Vascular change and opposing effects of the angiotensin type 2 receptor in a mouse model of vascular cognitive impairment Martina Füchtemeier, Marie P. Brinckmann, Marco Foddis, Alexander Kunz, Chrystelle Po, Caterina Curato, Ulrich Dirnagl, and Tracy D. FarrJournal of Cerebral Blood Flow & Metabolism advance online publication 10 December 2014; doi: 10.1038/jcbfm.2014.221
Martina Füchtemeier
Tracy Farr
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Die spezialisierte Behandlung von Patienten mit Hirnin-farkt oder Hirnblutung führte in den vergangenen Jah-ren über eine Optimierung der Behandlungsqualität zu einer verbesserten Prognose. Nicht alle Kliniken verfü-gen über eine Stroke Unit oder eine neurochirurgische Behandlungsmöglichkeit. Im konventionellen Rettungs-dienst werden die Patienten aufgrund diagnostischer Unsicherheiten nicht immer in die korrekte Klinik einge-wiesen. Im Rahmen des STEMO-Projekts wurde unter-sucht, ob die prä-hospitale Triagierung von Patienten mit ischämischem und hämorrhagischem Hirninfarkt durch erweiterte Diagnostik und speziell ausgebildetes Personal verbessert werden kann.
Zwischen Mai 2011 und Januar 2013 wurden die Daten von insgesamt 6182 Patienten ausgewertet. Mit der herkömmlichen Versorgung lag die Rate falscher Zu-weisungen von Patienten mit ischämischem Hirninfarkt, welche nicht auf einer Stroke Unit behandelt wurden bei 10,1 %, verglichen mit 3,9 % bei der Versorgung durch STEMO (p<0,01). Dies entspricht einer relativen Risiko-reduktion von mehr als 60 %. Die Zuweisungsrate von Patienten mit Hirnblutungen in Kliniken ohne neurochi-rurgische Abteilung konnte von 43,0 % (konventionelle Versorgung) auf 11,3 % (Versorgung durch STEMO) re-duziert werden (p<0,01).
Neben der bereits gezeigten Erhöhung der Lyserate und Reduktion der Lysezeit verbessert STEMO somit auch die prä-hospitale Triagierung von Patienten mit ischä-mischem Schlaganfall und Hirnblutung.
Matthias Wendt ist Facharzt für Neurologie, angestellt am CBF und wissenschaftlich in der AG STEMO bei Herrn Prof. Heinrich Audebert tätig. Heinrich Audebert ist Ärztlicher Leiter der Neurolo-gie am Campus Benjamin Franklin und Arbeitsgrup-penleiter im Centrum für Schlaganfallforschung Berlin.
Paper of the Month 02/2015Centrum für Schlaganfallforschung Berlin und Klinik für Neurologie der Charité
Improved pre-hospital triage of stroke patients in a specialized stroke ambulance – Results of the PHANTOM-S studyMatthias Wendt, Martin Ebinger, Alexander Kunz, Michal Rozanski, Carolin Waldschmidt, Joachim E. Weber, Benjamin Winter, Peter M. Koch, Erik Freitag, Jenrik Reich, Daniel Schrem-mer, Heinrich J. Audebert, for the STEMO-consortium.Stroke. 2015 Mar;46(3):740-5. doi: 10.1161/STROKEAHA.114.008159.
MatthiasWendt
HeinrichAudebert
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Für die Akutversorgung des ischämischen Schlagan-
falls ist es notwendig, Mechanismen zu verstehen, die
zur Ausdehnung des Infarktareals beitragen. Scheinbar
spontane Depolarisationen im Umfeld des Schlaganfalls,
so genannte Peri-Infarct Depolarizations (PID), rücken
dabei zunehmend in den Fokus experimenteller und kli-
nischer Studien. PID führen zu einer langanhaltenden
Verengung der Hirngefäße und tragen damit entschei-
dend zur Minderdurchblutung des betroffenen Gewebes
bei. Dennoch war der Entstehungsmechanismus der PID
bisher unbekannt.
Wir haben deshalb ein tierexperimentelles Schlaganfall-
modell genutzt, um gezielt Triggerfaktoren für PID zu
identifizieren. Eine moderate Senkung des arteriellen
Sauerstoffpartialdrucks (auf unter 90 mmHg) führte
nahezu immer zur Entstehung einer PID. Als Ursprungs-
areal dient dabei eine Zone im Umfeld des Schlaganfalls,
die mit ca. 30 % Restblutfluss kritisch versorgt ist. Dar-
über hinaus senkte eine physiologische Aktivierung die-
ses Kortexareals das lokale Sauerstoffangebot um bis zu
40 % und löste dadurch ebenfalls PID aus. Zusammen
mit klinischen Daten aus der Neurochirurgie ergab sich
somit, dass transiente Ungleichgewichte in der Sauer-
stoffversorgung das Auftreten von PID erklären. Umge-
kehrt verhindert die Stabilisierung des Blutdrucks und
Erhöhung des Sauerstoffangebots die Entstehung von
PID fast vollständig. In der Akutversorgung des ischämi-
schen Schlaganfalls sollte folglich strikt auf ein stabiles
Sauerstoffangebot geachtet und die somatosensorische
Stimulation des Patienten reduziert werden.
Daniel von Bornstädt ist Doktorand und arbeitet in der
AG Interdisziplinäre Schlaganfallforschung (Prof. Endres,
Charité) und im Neurovascular Research Laboratory
(Prof. Ayata, Harvard Medical School)
Cenk Ayata leitet das Neurovascular Research Labora-
tory, MGH, Harvard Medical School
Paper of the Month 03/2015Centrum für Schlaganfallforschung Berlin und Klinik für Neurologie der Charité
Supply-Demand Mismatch Transients in Susceptible Peri-infarct Hot Zones Explain the Origins of Spreading Injury Depolarizations. von Bornstädt D, Houben T, Seidel JL, Zheng Y, Dilekoz E, Qin T, Sandow N, Kura S, Eikermann-Haerter K, Endres M, Boas DA, Moskowitz MA, Lo EH, Dreier JP, Woitzik J, Sakadži S, Ayata CNeuron. 2015 Mar 4;85(5):1117-31.
Daniel von Bornstädt
Cenk Ayata
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Die post-ischämische Angiogenese ist entscheidend für die Erholung der Funktion nach einem Schlaganfall. Sie wird zum Teil durch Aktivierung des Transkriptionsfak-tors ‚signal transducer and activator of transcription-3 (Stat3)‘ in Endothelzellen vermittelt.
In der vorliegenden Studie wurde die Funktion von Stat3 selektiv in Endothelzellen in einer endothel-spezi schen konditionalen Knockout-Maus blockiert. Ein ischämi-scher Schlaganfall wurde in Alters- und Geschlechts-ge-mischten Populationen erwachsener Mäuse durch den Vorschub eines Filamentes an den Abgang der Arteria cerebri media induziert. Akut hatte der endotheliale Stat3 Knockout keine Konsequenz auf das Läsionsvolu-men (48 h, Kleintierbildgebung mit MRT am 7 Tesla und neuronale Färbung in der Histologie). Chronisch, d.h. nach 4 Wochen, führte dies jedoch zu einer Blockade der Gefäßneubildung und zu einer schlechteren Reha-bilitation der motorischen Funktion in Verhaltenstests und war mit einer chronisch gesteigerten zellulären Entzündung und Narbenbildung assoziiert. In der frü-hen regenerativen Phase nach fokaler Ischämie wurden die molekularen Veränderungen untersucht: Durch eine spezielle Methode wurden die Zellen bzw. die Mikroum-gebung der mikro-kapillären Endothelzellen angerei-chert und die Veränderungen des Transkriptoms unter-sucht. Zur großen Überraschung zeigte sich nicht nur die erwartete Blockade der Angiogenesestimulation, sondern eine ausgeprägte Blockade neuronaler Plastizi-tät in endothelialen Stat3 Knockout-Mäusen. Diese Stu-die ergibt erste Hinweise im präklinischen Bereich, wie
endotheliale Signalwege eine permissive, regenerative Umgebung vermitteln könnten. Ziel der aktuellen For-schung ist nun eine Stimulation der Gefäßbildung und eines regenerativen Mikromilieus über eine sehr niedri-ge und chronische Erhöhung der IL-6 Spiegel sowie eine endothelspezi sche pharmakologische Stimulation des Stat3-Signalwegs. Die Forscher erhoffen sich Erkennt-nisse für eine medikamentöse Unterstützung der Reha-bilitation in der Therapie des chronischen Verlaufs des Schlaganfalls.
Christian Johannes Hoffmann (MD) arbeitet in der AG Molekulare Schlaganfallforschung (Prof. Harms) an der Schnittstelle zur AG Interdisziplinäre Schlaganfall-forschung (Prof. Endres). Seit 2015 wird Christian Hoff-mann vom Berliner Institut für Gesundheitsforschung als Junior Clinical Scientist gefördert und absolviert seine klinische Weiterbildung in der Klinik für Neurolo-gie am Campus Mitte. Christoph Harms ist Leiter der AG Molekulare Schlag-anfallforschung (Experimentelle Neurologie).
Diese Arbeit wurde im Rahmen des Sonderforschungs-bereichs (Trans Regio-43 (Berlin-Göttingen): The Brain as a Target of In ammation, Sprecher: Prof. Heppner) im Teilprojekt von Prof. Endres und Prof. Dirnagl von der DFG gefördert.
Paper of the Month 04/2015Centrum für Schlaganfallforschung Berlin und Klinik für Neurologie der Charité
Vascular Signal Transducer and Activator ofTranscription-3 Promotes Angiogenesis and Neuroplasticity Long Term After Stroke
Hoffmann CJ, Harms U, Rex A, Szulzewsky F, Wolf SA, Grittner U, Lättig-Tünnemann G, Sendt-ner M, Kettenmann H, Dirnagl U, Endres M, Harms C.Circulation. 2015 Mar 20. pii: CIRCULATIONAHA.114.013003.
Christian J. Hoffmann
ChristophHarms
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Die Pathophysiologie der Dystonie ist bisher nicht gut
verstanden. Ausgehend von einer Basalganglienerkran-
kung hat sich zuletzt zunehmend gezeigt, dass es sich
um eine Netzwerkstörung mit auch kortikal abnormen
Aktivierungsmustern handelt. Die tiefe Hirnstimulation
(THS) im Globus pallidus internus ist hierbei nicht nur
eine effektive Therapie zur Behandlung der Dystonie,
sondern bietet die Möglichkeit, diese Netzwerke bei Pa-
tienten mit Dystonie zu untersuchen. Ziel unserer Studie
war es, durch parallele MEG-LFP Ableitungen (Magneto-
encephalographie/lokale Feldpotentiale), die oszillatori-
schen kortiko-pallidalen Netzwerke zu charakterisieren.
Hierfür untersuchten wir bei neun Patienten mit idiopa-
thischer Dystonie die Kohärenz als Maß der funktionel-
len Konnektivität zwischen pallidalen LFP und kortikalen
MEG Signalen. Die Nutzung von Quellenlokalisationsver-
fahren ermöglicht die frequenzspezi sche räumliche
Lokalisation oszillatorischer pallido-kortikaler Konnek-
tivität im standardisierten Montreal Neurological Insti-
tute (MNI) Raum. Unsere Untersuchungen zeigten drei
räumlich und spektral distinkte Netzwerke: Im Theta
Frequenzband (4-8 Hz) fanden wir eine oszillatorische
Verbindung zwischen GPi und Temporallappen, wohin-
gegen im Alpha-Band (7-13 Hz) eine pallido-cerebelläre
Konnektivität vorhanden war. Im Beta Frequenzband
zeigte sich eine Verbindung zu motorkortikalen Arealen.
Frühere Studien bei Patienten mit idiopathischem Par-
kinsonsyndrom haben ähnliche Verbindungen des Nuc-
leus subthalamicus zum Temporallappen und Motorkor-
tex gezeigt. Pathophysiologisch interessant ist die von
uns erstmals beschriebene funktionelle Konnektvität
zwischen GPi und Cerebellum, die eine negative Korre-
lation mit der Symptomschwere der Patienten aufweist
(Spearman’s Rho = -0.94, P = 0.017). Unsere Ergebnisse
weisen darauf hin, dass der cerebelläre Ein uß auf die
Basalganglien einen symptommodulierenden Effekt bei
Dystonie haben könnte. Die Auswirkung der gestörten ce-
rebello-pallidalen Konnektivität auf Bewegungsmuster
soll in weiteren Studien mittels MEG untersucht werden.
Wolf-Julian Neumann ist wissenschaftlicher Mitarbei-
ter in der AG Bewegungsstörungen.
Andrea A. Kühn ist Leiterin der Klinischen Forscher-
gruppe, Leiterin der AG Bewegungsstörungen und
Oberärztin der Klinik für Neurologie am Standort CVK.
Paper of the Month 05/2015Centrum für Schlaganfallforschung Berlin und Klinik für Neurologie der Charité
Cortico-pallidal oscillatory connectivity in patients with dystonia
Wolf-Julian Neumann, Ashwani Jha, Antje Bock, Julius Huebl, Andreas Horn, Gerd-Helge Schneider, Tillmann H. Sander, Vladimir Litvak, Andrea A. KühnBrain. 2015 May 1. pii: awv109. [Epub ahead of print]
Wolf-JulianNeumann
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Schlaganfall und Migräne weisen Gemeinsamkeiten in Krankheitsentstehung und -verlauf auf. Insbesondere neuronale Depoarisationswellen, sogenannte Spreading Depolarizations (SD), rücken zunehmend in den Fokus des Interesses bei beiden Erkrankungen.
Diese markanten Depolarisationswellen können große Gehirnareale durchwandern und verursachen auf ihrem Weg eine massive Umverteilung von Ionen im Gewebe sowie tiefgreifende Veränderungen des Blut usses.
SD gilt als zellulärer Prozess, der der Migräneaura zu-grundeliegt. Unzweideutig elektrophysiologisch nach-gewiesen, ist sie aber bei Patienten mit ischämischem Schlaganfall, spontanen Hirnblutungen und Schädel-Hirn-Trauma. SDs mit bestimmten elektrophysiologi-schen Stigmata sind bei Patienten hochsigni kant mit einem schlechteren Outcome assoziiert.
In den derzeitigen Modellen und Erklärungsansätzen wird oft radikal zwischen SD in normal versorgtem Gewebe und SD in extrem unterversorgtem Gewebe getrennt. SD in normal versorgtem Gewebe wäre dem-nach das pathophysiologische Korrelat der Migräneau-ra, würde aber nicht beim Schlaganfall vorkommen. SD in extrem minderversorgtem Gewebe wäre auf den Schlaganfall beschränkt. Die Trennung zwischen beiden Extremvarianten führt unter anderem dazu, dass SDs in extrem unversorgtem Gewebe in der Literatur oft nicht als solche bezeichnet werden. Dem widersprechen die Messungen an Patienten mit Schlaganfall und Schädel-Hirn-Trauma eindeutig. Sie zeichnen ein weitaus komplexeres Bild, in dem die beiden Extremvarianten der SD im Gehirn räumlich und zeitlich
ießend ineinander übergehen. Prinzipiell funktioniert dieser Übergang in beide Richtungen, da SD nicht nur Folge sondern auch Ursache einer Mangeldurchblutung sein kann. Aus all dem resultiert ein gesamtes Spektrum von SDs, das nicht zuletzt pharmakologisch äußerst he-terogen ist, und im Zentrum unserer Übersichtsarbeit steht.
Welche Implikationen hat dieses Spektrum für Patien-ten mit Migräne mit Aura? Die klinischen Manifestati-onen der üblichen Migräne mit Aura könnten nicht un-terschiedlicher sein als die klinischen Manifestationen eines Schlaganfalls. Wie kann es dann sein, dass beide Erkrankungen auf Nervenzellebene den gleichen funda-mentalen Prozess miteinander teilen? Wie kann es sein, dass er im Rahmen einer Migräneaura vergleichsweise harmlos ist, und beim Schlaganfall in Hirnrinde und Ba-salganglien den Zelltod einleitet? Dieser vordergründig widersinnigen Hypothese des brasilianischen Neurophy-siologen Aristides Leão aus dem Jahre 1947 geht der Artikel auf den Grund und belegt anhand klinischer und neurobiologischer Daten, wie sich die scheinbaren Wi-dersprüche seiner Hypothese über die Jahrzehnte lang-sam au ösen, um auf diese Weise ein besonders schö-nes Beispiel erfolgreicher, translationaler Forschung hervortreten zu lassen.
Jens P. Dreier ist Leiter der AG Translation in Stroke Research am Centrum für Schlaganfallforschung Berlin, Charité. Clemens Reiffurth ist Doktorand und arbeitet in der AG Translation in Stroke Research.
Paper of the Month 06/2015Centrum für Schlaganfallforschung Berlin und Klinik für Neurologie der Charité
The Stroke-Migraine Depolarization ContinuumJens P. Dreier and Clemens ReiffurthNeuron. 2015 May 20;86(4):902-922. doi: 10.1016/j.neuron.2015.04.004.
Jens P. Dreier
ClemensReiffurth
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Phosphoryliertes α-Synuclein (PαSyn) ist ein patholo-gisch modifiziertes Protein, dessen mikroskopischer Nachweis an Prädilektionsstellen im ZNS den Krank-heitsprozess verschiedener neurodegenerativer Er-krankungen charakterisiert. Es ist Bestandteil der Lewy Bodies beim idiopathischen Parkinson-Syndrom (PD) so-wie der oligodendroglialen Einschlusskörper bei Multi-systematrophie (MSA). Eine Differenzierung dieser Er-krankungen anhand von Anamnese, klinischer Unter-suchung sowie bildgebender und funktioneller Zusatz-diagnostik ist vor allem im Frühstadium schwierig. Die autonome Dysfunktion ist als klinischer Marker bei der MSA häufig stärker und frühzeitiger ausgeprägt als bei PD. Pathophysiologisch ist sie bei MSA auf eine Dege-neration zentraler präganglionärer autonomer Neurone begrenzt, wohingegen bei PD zusätzlich periphere post-ganglionäre sympathische Nervenzellen involviert sind. In der vorliegenden Studie wurden erstmals postgang-lionäre sympathische Nervenfasern in einer intravital gewonnenen Hautprobe von PD- und MSA-Patienten hinsichtlich der α-Synuclein-Pathologie untersucht und verglichen. Der immunhistochemische Nachweis von intraaxonalem PαSyn gelang in den sympathischen Ner-venfasern von PD-Patienten (10/10), jedoch nicht bei Pa-tienten mit MSA (0/10) und Kontrollpatienten ohne neu-rodegenerative Erkrankung (Essentieller Tremor, 0/6). Die intravitale Hautbiopsie und immunhistochemische Analyse von PαSyn bietet demnach einen vielverspre-chenden Ansatz zur frühzeitigen Differenzierung von PD und MSA. Bei PD korrelierte das Ausmaß der PαSyn-Ablagerung mit dem Ausmaß einer altersunabhängigen
Reduktion sympathischer Hautnervenfasern. Demzufol-ge ist eine PD-assoziierte periphere Neurodegeneration zumindest in Bezug auf autonome Nervenfasern durch eine PαSyn-abhängige Pathologie erklärbar.
Leonora Zange war Assistenzärztin der Klinik für Neu-rologie und arbeitete in der AG Autonomes Nervensys-tem/Bewegungsstörungen. Axel Lipp ist Oberarzt der Klinik für Neurologie und Leiter der AG Autonomes Nervensystem/Bewegungs-störungen.
Paper of the Month 07/2015Centrum für Schlaganfallforschung Berlin und Klinik für Neurologie der Charité
Phosphorylated α-synuclein in skin nerve fibers differentiates Parkinson‘s disease from multiple system atrophyZange L, Noack C, Hahn K, Stenzel W*, Lipp A* Brain (2015) 138 (8): 2310-2321.* contributed equally
Leonora Zange
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Anfang 2013 beschrieb die Arbeitsgruppe von Josep Dal-mau vier Patienten mit einer neuen Form einer autoim-munen Encephalitis, die mit Antikörpern gegen dipepti-dyl-peptidase-like protein 6 (DPPX), einer Untereinheit von Kv4.2 Kaliumkanälen, assoziiert ist. Interessanter-weise hatten drei der vier Patienten vor Beginn der Ence-phalitis schwere Diarrhoen ungeklärter Ätiologie. Im Oktober 2013 wurde ein 68-jähriger Patient auf Sta-tion 146 aufgenommen und dort von Johannes Piepgras (als PJ-Student) und Klemens Ruprecht betreut. Der Pa-tient hatte im Anschluss an eine Episode mit massivem Durchfall (20 kg Gewichtsverlust) eine progrediente Ori-entierungsstörung, Kurzzeitgedächtnisstörungen, eine Hypersomnie, sowie eine Gangunsicherheit und einen linksbetonten Tremor entwickelt. Im Serum des Patien-ten fanden sich hochtitrige Antikörper gegen DPPX, wel-che die Diagnose einer Anti-DPPX Encephalitis bestätig-ten. Um zu verstehen, wie Antikörper gegen DPPX die ungewöhnliche klinische Symptomkonstellation einer DPPX-Encephalitis hervorrufen könnten, untersuchten wir die Effekte von Serum und aufgereinigtem Immun-globulin (Ig)G unseres Patienten, sowie eines weiteren Patienten mit einer Anti-DPPX Encephalitis, auf ente-rische Neurone. In der indirekten Immun uoreszenz stellte sich eine starke Bindung von Anti-DPPX Serum/aufgereinigtem IgG an enterische Neurone dar. Als eine funktionelle Konsequenz hieraus zeigte sich nach Inku-bation mit Anti-DPPX Serum/aufgereinigtem IgG eine gesteigerte Erregbarkeit sowie erhöhte Aktionspotenti-alfrequenz enterischer Neurone. In kultivierten murinen hippocampalen Neuronen zeigten Anti-DPPX Seren ein
somatodendritisches und perisynaptisches Färbemus-ter, das mit der Expression von Kv4.2 Kaliumkanälen ko-lokalisierte. Anti-DPPX haltiges Serum und aufgerei-nigtes IgG reduzierte darüber hinaus die Expression von DPPX, aber auch Kv4.2 Kanälen, auf der Zellober äche hippocampaler Neurone.Die gesteigerte Erregbarkeit enterischer Neurone so-wie die reduzierte Expression von DPPX und Kv4.2 in hippocampalen Neuronen re ektieren den klinischen Phänotyp von Patienten mit Anti-DPPX Encephalitis. Die Ergebnisse unserer Arbeit sprechen somit für eine pa-thogenetisch relevante Rolle von DPPX-Antikörpern bei Patienten mit Anti-DPPX Encephalitis.
Johannes Piepgras Wissenschaftlicher Mitarbeiter der AG »MS und Neuroimmunologie« und Doktorand der AG »C3 Proteine und neuronale Regeneration« des Insti-tuts für Integrative Neuroanatomie Markus Höltje Leiter der AG »C3 Proteine und neuro-nale Regeneration« des Instituts für Integrative Neuro-anatomie
Klemens Ruprecht Oberarzt der Klinik für Neurolo-gie und Leiter der AG »MS und Neuroimmunologie«
Paper of the Month 08/2015Centrum für Schlaganfallforschung Berlin und Klinik für Neurologie der Charité
Anti-DPPX encephalitis: Pathogenic effects of antibodies on gut and brain neurons. Piepgras J, Höltje M, Michel K, Li Q, Otto C, Drenckhahn C, Probst C, Schemann M, Jarius S, Stöcker W, Balint B, Meinck HM, Buchert R, Dalmau J, Ahnert-Hilger G, Ruprecht K.Neurology. 2015 Aug 19. pii: 10.1212/WNL.0000000000001907. [Epub ahead of print]
JohannesPiepgras
MarkusHöltje
KlemensRuprecht
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Analog zum Konzept vom Infarktkern und der Penumbra in
der Pathophysiologie des Schlaganfalls entwickelte sich
über die letzten 15 Jahre das Konzept des MRI Mismatch.
Zugrunde liegt die Annahme, dass der gegenwärtige In-
farktkern durch eine DWI Sequenz und das Penumbra-Ge-
webe durch Perfusions-Bildgebung (PI) dargestellt wird.
Eine kleine Gruppe von Patienten stellt sich mit einem
sogenannten „total mismatch“ in der Akutsituation vor:
also einer unauffälligen DWI, jedoch einem mehr oder
weniger ausgeprägtem Perfusionsde zit. Bislang waren
in der Literatur zwölf solcher Fälle beschrieben. Das
Phänomen wurde als benigne interpretiert, longitudi-
nale (klinische und Bildgebungs-) Daten hierzu fehlten
jedoch. Unser Ziel war es, den klinischen und bildgeben-
den Verlauf dieser Patienten zu beschreiben, und Prä-
diktoren für diesen Verlauf zu identi zieren.
Aus der 1000Plus Datenbank identi zierten wir 23 Pati-
enten mit total mismatch. Von diesen entwickelten knapp
40 % (n=9) im Verlauf der nächsten 24 Stunden eine
Läsion innerhalb des primär hypoperfundierten Territo-
riums. Patienten mit demarkierter Läsion zeigten, ge-
messen an NIHSS und mRS bei Entlassung, einen signi -
kant schlechteren Ausgang. Als positive Prädiktoren für
eine Infarktdemarkierung bestätigten sich der Schwere-
grad des klinischen Syndroms bei Vorstellung (NIHSS),
sowie der Schweregrad der Hypoperfusion (gemessen
an der Hypoperfusion Intensity Ratio). Ein Verschluss
des versorgenden Blutgefäßes zeigte keine Korrelation.
Wir konnten dementsprechend zeigen, dass eine unauf-
fällige DWI bei Patienten mit akuten cerebrovaskulären
Ereignissen nicht notwendigerweise einen Infarkt aus-
schließen und eine optimistische Prognose nahelegen.
Benjamin Hotter ist Assistenzarzt der Klinik für
Neurologie, war Mitglied der AG Akademische Neurora-
diologie und arbeitet nun in der AG Zerebrovaskuläre
Erkrankungen von NeuroCure.
Jochen B. Fiebach ist Oberarzt der Klinik für Neurolo-
gie und ist Leiter der AG Akademische Neuroradiologie
am Centrum für Schlaganfallforschung Berlin.
Paper of the Month 09/2015Centrum für Schlaganfallforschung Berlin und Klinik für Neurologie der Charité
Natural course of total mismatch and predictors for tissue infarctionHotter B, Ostwaldt AC, Levichev-Connolly A, Rozanski M, Audebert HJ, Fiebach JB.Neurology. 2015 Sep 1;85(9):770-5. doi: 10.1212/WNL.0000000000001889. Epub 2015 Jul 31.
BenjaminHotter
Jochen B.Fiebach
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Etwa die Hälfte der Patienten, die nach Herzstillstand
und Reanimation auf einer Intensivstation behandelt
werden, erlangt das Bewusstsein nicht wieder. Wenige
Untersuchungen können einen schweren hypoxischen
Hirnschaden bereits früh nach Herzstillstand mit hoher
Wahrscheinlichkeit vorhersagen. Ein zentraler Bestand-
teil dieser Diagnostik sind Medianus-SEP. Das Fehlen
kortikaler Antworten ist nur bei wenigen Patienten mit
gutem Outcome beschrieben. Ein Problem ist allerdings
die Interrater-Reliabilität. Studien zur Untergrenze der
Amplituden kortikaler Potenziale bei Patienten mit gu-
tem Outcome fehlen.
Seit 2009 erfolgt die prognostische Evaluation nach
Herzstillstand auf den internistischen Intensivstatio-
nen am Virchow-Klinikum nach einem interdisziplinär
konsentierten Diagnostik-Pfad, der unter anderem
Medianus-SEP umfasst. Wir bestimmten bei über 300
prospektiv seither erfassten Patienten die Amplituden
der kortikalen Medianus-SEP und das Outcome bei Ent-
lassung.
Die niedrigste Amplitude eines kortikalen Potenzials bei
einem Patienten mit gutem Outcome lag bei 0.62 μV.
Keiner von 78 Patienten mit niedrigeren Amplituden
erlangte das Bewusstsein wieder. Keiner von 27 Patien-
ten, die im Syndrom der reaktionslosen Wachheit über-
lebten, hatte kortikale Amplituden von mehr als 2.5 μV.
Soweit anhand von Verlauf und Zusatzdiagnostik beur-
teilbar hatten Patienten, die trotz höherer Amplituden
starben, keinen schweren hypoxischen Hirnschaden.
Unsere Studie zeigt, dass der prognostische Wert der
Medianus-SEP über die Dichotomie »beidseits fehlend«
vs. »mindestens einseitig vorhanden« hinausgeht.
Sehr niedrige Amplituden sprechen für einen schweren
hypoxischen Hirnschaden, sehr hohe Amplituden spre-
chen dafür, dass der Patient das Bewusstsein wieder
erlangen kann.
Christian Endisch ist Medizinstudent und promoviert
innerhalb der Arbeitsgruppe »Akut- und Intensivneuro-
logie« über das Thema Medianus-SEP nach Reanimation.
Christoph Leithner ist Oberarzt am Campus Virchow
Klinikum. Er hat in der Abteilung für experimentelle
Neurologie über neurovaskuläre Kopplung und Metho-
den der Blutflussbildgebung gearbeitet und forscht der-
zeit in der Arbeitsgruppe »Akut- und Intensivneurologie«
über Prognose nach Herzstillstand und Reanimation.
Paper of the Month 10/2015Centrum für Schlaganfallforschung Berlin und Klinik für Neurologie der Charité
Amplitudes of SSEP and outcome in cardiac arrest survivors: A prospective cohort study.Endisch C, Storm C, Ploner CJ, Leithner C. Neurology. 2015 Oct 21 (Epub ahead of print)
Christian Endisch
Christoph Leithner
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Seit langem mehren sich die Hinweise darauf, dass oxi-
dativer Stress in der Pathogenese der Multiplen Sklero-
se eine wichtige Rolle spielt, jedoch blieb das Verständ-
nis seiner funktionellen Dynamik und seiner zellulären
Quellen aufgrund unzulänglicher Detektionsverfahren
bisher lückenhaft.
Mittels NAD(P)H-Fluoreszenzlebensdauermikroskopie
(FLIM), einer farbstoff- und markerfreien Methode, mit
der Enzymaktivität in Echtzeit gemessen werden kann,
untersuchten wir sowohl in vivo im Hirnstamm von
EAE-Mäusen als auch in peripheren Monozyten von MS-
Patienten die Funktion der NADPH-Oxidase (NOX), dem
Hauptentstehungsort von Sauerstoffradikalen im Ent-
zündungskontext.
Hierbei wurden Monozyten und Mikroglia, aber auch
Astrozyten als zelluläre Quellen von Sauerstoffradika-
len in EAE-Entzündungsherden identifiziert. Eine Über-
aktivierung der NOX führte in benachbarten Neuronen
zu Zellschäden, welche ebenfalls mittels FLIM quantifi-
ziert wurden. Wir fanden außerdem eine signifikant er-
höhte NOX-Aktivität in peripheren CD11b+-Zellen bei MS-
Patienten im Vergleich zu gesunden Probanden. Durch
eine Therapie mit dem Antioxidans EGCG konnte diese
Überaktivierung auf gesunde Werte gesenkt werden.
FLIM wird somit als neue Methode vorgestellt, um die
Ursachen und Folgen oxidativen Stresses zu beobach-
ten und mögliche Therapien auf enzymatischer Ebene
zu erproben.
Agata A. Mossakowski ist Ärztin der Klinik für Neuro-
logie und war Teil der AG Biophysikalische Analytik, AG
Experimentelle und Molekulare Psychiatrie und AG Im-
mundynamik und Intravitalmikroskopie.
Helena Radbruch ist Ärztin in der Neuropathologie
und leitet die AG Entzündlich Demyelinisierende Erkran-
kungen.
Paper of the Month 11/2015Centrum für Schlaganfallforschung Berlin und Klinik für Neurologie der Charité
Tracking CNS and systemic sources of oxidative stress during the course of chronic neuroinflammation.Mossakowski AA, Pohlan J, Bremer D, Lindquist R, Millward JM, Bock M, Pollok K, Mothes R, Viohl L, Radbruch M, Gerhard J, Bellmann-Strobl J, Behrens J, Infante-Duarte C, Mähler A, Boschmann M, Rinnenthal JL, Füchtemeier M, Herz J, Pache FC, Bardua M, Priller J, Hauser AE, Paul F, Niesner R, Radbruch H.Acta Neuropathol. 2015 Dec;130(6):799-814. doi: 10.1007/s00401-015-1497-x. Epub 2015 Oct 31.
Agata A. Mossakowski
HelenaRadbruch
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Der Knöchel-Arm-Index (ABI) ist eine einfach durchzu-führende, etablierte Untersuchung zur Bestimmung ei-ner peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) und ein Indikator für eine generalisierte Arteriosklerose. Der ABI ist der Quotient aus den am Unterschenkel und am Oberarm gemessenen systolischen Blutdrücken (RR systolisch Knöchel/RR systolisch Arm). Ein erniedrigter ABI < 0,9 ist unabhängig von herkömmlichen vaskulären Risikofaktoren mit einer erhöhten Mortalität sowie er-höhtem Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko in der allge-meinen Bevölkerung assoziiert. Bei Patienten mit ischämischem Schlaganfall ist eine koexistierende, symptomatische pAVK ein starker Ri-sikofaktor für schlechtes kardiovaskuläres Outcome und eine erhöhte Mortalität. Zum prognostischen Wert eines niedrigen ABI als hochspezifischem und sensitivemTest für eine asymptomatische pAVK beim Schlaganfall sind derzeit wenige Studien durchge-führt worden mit z. T. unterschiedlichen Ergebnissen. In diesem systematischen Review mit Meta-Analyse haben wir untersucht, ob in der vorliegenden Literatur ein niedriger ABI ein unabhängiger Prädiktor für 1.) ei-nen erneuten Schlaganfall und 2.) das kardiovaskuläres Langzeitrisiko (Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall) darstellt.Die Datenbanken Embase, MEDLINE und PubMed wur-den systematisch nach prospektiven Kohorten mit Schlaganfall oder transitorischer ischämischer Attacke und ABI Messung durchsucht. Weitere Einschlusskrite-rien waren eine Follow-Up Untersuchung nach mindes-tens 12 Monaten mit den Endpunkten erneuter Schlag-
anfall oder kombinierter kardiovaskulärer Endpunkt aus vaskulärem Tod, Herzinfarkt oder Schlaganfall. Wir konnten insgesamt 11 Studien identifizierten, die unse-re Einschlusskriterien erfüllten. Die gepoolte Analyse ergab, dass ein niedriger ABI sowohl mit einer erhöh-ten Gefahr für einen erneuten Schlaganfall mit einer Hazard-Ratio von 1.7 (95 % CI 1.1 - 2.64) als auch mit ei-nem erhöhten Risiko für vaskuläre Ereignisse oder vas-kulärem Tod (HR 2.22; 95 % CI 1.67 - 2.97) einhergeht.
Zusammengefasst konnte unsere Review zeigen, dass ein niedriger ABI ein robuster, unabhängiger Risikofak-tor sowohl für das kardiovaskuläre Langzeitrisiko als auch für das Schlaganfallrezidivrisiko ist. Weitere Studien müssen nun zeigen, ob eine Imple-mentierung vom ABI in Prädiktionsmodelle die Risiko-abschätzung verbessert und ob hier neu identifizierte Hochrisiko-Patienten von neuen Interventionen und medikamentösen Therapien, wie z. B. der dualen Plätt-chenhemmung, profitieren.
Ja Bin Hong ist Medizinstudentin und Doktorandin in der AG „Clinical Epidemiology and Health Services Re-search in Stroke (CEHRiS)“.
Christopher O. Leonards ist Mitarbeiter im CSB. Thomas Liman ist Arzt der Klinik für Neurologie und CSB sowie Teil der AG Interdisziplinäre Schlagnanfallfor-schung (Prof. Endres) und der AG CEHRiS (Dr. Siegerink).
Paper of the Month 12/2015Centrum für Schlaganfallforschung Berlin und Klinik für Neurologie der Charité
Ankle-Brachial Index and Recurrent Stroke Risk: Meta-Analysis. Hong JB, Leonards CO, Endres M, Siegerink B, Liman TG.Stroke. 2015 Dec 10. pii: STROKEAHA.115.011321. [Epub ahead of print]
Ja Bin Hong
Christopher O. Leonards