Upload
others
View
23
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
Orthografie oder Orthographie?
Lesen nach der Rechtschreibreform.
Verena Engl
Freie Universität Berlin
Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie
Diplomstudiengang Psychologie
Abgabetermin der Diplomarbeit: 9. September 2005
Erstgutachter: Prof. Dr. A. Jacobs Zweitgutachterin: Dr. P. Stenneken
EIDESSTATTLICHE ERKLÄUNG
Ich erkläre an Eides statt, dass ich diese Diplomarbeit selbständig und ohne fremde
Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den
benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich
gemacht habe. Mir ist bekannt: Bei Verwendung von Inhalten aus dem Internet habe
ich diese zu kennzeichnen und mit Datum sowie der Internetadresse (URL) ins
Literaturverzeichnis aufzunehmen. Diese Arbeit hat keiner anderen Prüfungsbehörde
vorgelegen. Ich bin mit der Einsichtnahme im Universitätsarchiv der FU und
auszugsweiser Kopie einverstanden. Alle übrigen Rechte behalte ich mir vor. Zitate
sind nur mit vollständigen bibliographischen Angaben und dem Vermerk
„unveröffentlichtes Manuskript einer Diplomarbeit“ zulässig.
Danksagung An dieser Stelle möchte ich einigen Personen danken, ohne die diese Arbeit nicht möglich gewesen wäre: Arthur Jacobs, der mich und das Guckomobil von Anfang an gefördert und unterstützt hat, mir immer Vertrauen entgegengebracht und Tür und Tor nach Berlin und in die Wissenschaft geöffnet hat. Florian Hutzler, nicht nur für Idee, Realisierung und Betreuung des gesamten Guckomobil-Projekts, sondern vor allem dafür, dass er mich wie ein großer Bruder an die Hand genommen hat und bei größeren und kleineren Unfällen immer an meiner Seite stand. Allen, die mir bei der Datenerhebung geholfen haben. Vor allem Vera Schiecke, die mich beim Testen so tatkräftig und zuverlässig unterstützt hat und sich mit mir zusammen so manch kalte Füße geholt hat. Herrn Herz, den Lehrern und vor allem Schülern der Mühlenau Grundschule, die unkompliziert Platz und Schulzeit für mich geopfert haben. SMI und FIAT, die mit der Bereitstellung von Eye-Tracker und Auto das Projekt ermöglicht haben. Der ganzen Arbeitsgruppe für tatkräftige, moralische, emotionale Unterstützung, für offene Ohren und Herzen, für Grips und Geist. Und vor allem Patti, Melissa, Hami und meiner Familie, die immer für mich da sind und bei denen ich mich einfach zu Hause fühle.
Orthografie oder Orthographie? Lesen nach der
Rechtschreibreform.
Korrespondenzadresse: [email protected]
Zusammenfassung Vor zehn Jahren wurde eine Reform der deutschen Orthografie beschlossen. Mit Hilfe von
drei Experimenten, einer Benennungsaufgabe, einer Lexikalischen Entscheidungsaufgabe und
einem Blickbewegungsexperiment (welches sowohl bei erwachsenen Lesern als auch bei
Kindern durchgeführt wurde) sollte untersucht werden, welche Auswirkungen die
Rechtschreibreform auf die Wortverarbeitung hatte. Es zeigten sich keine Auswirkungen der
Rechtschreibreform auf die Benennungslatenzen, aber schnellere Reaktionszeiten in der
Lexikalischen Entscheidungsaufgabe für Wörter der reformierten s-Lautschreibung (Walross
vs. Walroß) und dem Erhalt der Stammschreibung in Zusammensetzungen (Balletttänzerin
vs. Ballettänzerin) in neuer Rechtschreibung. Die Wörter zur Systematisierung von
Einzelfällen (Panter vs. Panther) wurden in alten Rechtschreibung schneller erkannt.
Die Ergebnisse der Blickbewegungsstudie liefern erste Hinweise, dass die
Rechtschreibreform die Worterkennung insgesamt nicht beeinträchtigt hat. Lediglich Wörter,
bei denen der Erhalt der Stammschreibung in Zusammensetzungen (Balletttänzerin vs.
Ballettänzerin) reformiert wurde, konnten sowohl von Kindern als auch von Erwachsenen in
alter Rechtschreibung schneller gelesen werden. Ein gemischtes Bild ergab sich außerdem bei
der reformierten Getrenntschreibung (kennen lernen vs. kennenlernen): Hier können zwar
Erwachsene die zusammengeschriebenen alten Wörter besser verarbeiten, Kinder hingegen
die neu auseinander geschriebenen. Einerseits wird für die konsequente Umsetzung einer
einheitlichen Schreibweise vor allem im Sinne der Kinder plädiert, andererseits auf die
Notwendigkeit empirischer Studien zur Absicherung theoretischer Vorüberlegungen
hingewiesen.
Schlüsselwörter: Rechtschreibreform, Wortverarbeitung, Benennungsaufgabe,
Lexikalische Entscheidungsaufgabe, Blickbewegungen
Orthografy or orthography? Reading after the German
spelling Reform.
Address correspondence to: [email protected]
Abstract Ten years ago the decision was made to reform the German spelling. In the course of three
experiments, a naming task, a lexical decision, and an eye movement experiment we
examined what kind of effects the spelling reform had on reading. In addition to eye
movement data from adults, we recorded children’s eye movements during reading. We
found no effects of the spelling reform on naming latencies, but faster reaction times in the
lexical decision task for words with reformed s-sound spelling (e.g., Walross vs. Walroß) and
“conservation of the root in compounds” (e.g., Balletttänzerin vs. Ballettänzerin). Words of
the category “systematization of single cases” (e.g., Panter vs. Panther) were faster
recognized in old spelling.
Overall, the results of the eye movement study provide no indication for a negative influence
of the spelling reform on word processing. However, for words of the category “conservation
of the root in compounds” (e.g., Balletttänzerin vs. Ballettänzerin) children as well as adult
readers showed a better reading performance for the old spelling. Moreover, we observed
mixed results for parted writing (e.g., kennen lernen vs. kennenlernen): Adult readers showed
a better reading performance for old, i.e., combined words, children for new, i.e., separately
written words. On the one hand, we argue for a consequential implementation of a consistent
orthography for the sake of the children learning to read and write; on the other hand, we
emphasize the necessity of empirical studies to examine the theoretical considerations
underlying the reform.
Keywords:
German spelling reform, word processing, naming, lexical decision, eye movements
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 6
Inhaltsverzeichnis
Einleitung...............................................................................9
Die Änderungen der Rechtschreibreform ........................................................ 9
Mögliche Auswirkungen der Rechtschreibreform auf die Wortverarbeitung 12
Fragestellungen .............................................................................................. 14
Experiment 1
Benennungsaufgabe..................................................................15 Methode ......................................................................................................... 15
Versuchspersonen ............................................................................................................15
Material und Geräte ........................................................................................................16
Durchführung...................................................................................................................17
Ergebnisse ..................................................................................................... 17
Diskussion...................................................................................................... 19
Experiment 2
Lexikalische Entscheidungsaufgabe............................................21 Methode ......................................................................................................... 22
Versuchspersonen ............................................................................................................22
Material und Geräte ........................................................................................................22
Durchführung...................................................................................................................22
Ergebnisse ..................................................................................................... 23
Reaktionszeiten ................................................................................................................23
Mittlere Fehlerrate...........................................................................................................25
Diskussion...................................................................................................... 26
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 7
Die Blickbewegungsstudie
Experiment 3(A)
Erwachsene .............................................................................28 Methode ......................................................................................................... 29
Versuchspersonen ............................................................................................................29
Material ...........................................................................................................................29
Durchführung...................................................................................................................30
Geräte ..............................................................................................................................31
Ergebnisse ..................................................................................................... 31
Fragebogendaten .............................................................................................................31
Blickbewegungsdaten.......................................................................................................32
Diskussion...................................................................................................... 35
Experiment 3(B)
Kinder.....................................................................................38 Methode ......................................................................................................... 39
Versuchspersonen ............................................................................................................39
Material und Durchführung.............................................................................................39
Geräte ..............................................................................................................................39
Ergebnisse ..................................................................................................... 39
Fragebogendaten .............................................................................................................39
Blickbewegungsdaten.......................................................................................................40
Diskussion...................................................................................................... 42
Allgemeine Diskussion ........................................................43
Ausblick ...............................................................................46
Schlussfolgerung .................................................................46
Literaturverzeichnis ...........................................................47
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 8
Verzeichnis der Anhänge
Anhang A: Stimulusmaterial (Reformwörter; Experiment 1 & 2) ................... 52
Anhang B: Instruktion der Benennungsaufgabe ............................................... 53
Anhang C: Nichtwörter der Lexikalischen Entscheidungsaufgabe .................. 54
Anhang D: Instruktion der Lexikalischen Entscheidungsaufgabe.................... 56
Anhang E: Sätze (Blickbewegungsstudie) ........................................................ 57
Anhang F: Bilder (Blickbewegungsstudie)....................................................... 69
Anhang G: Instruktion Blickbewegungsstudie (Erwachsene) .......................... 75
Anhang H: Fragebogen (Erwachsene) .............................................................. 76
Anhang I: Auswertung der Fragebogendaten (Erwachsene) ............................ 77
Anhang J: Fragebogen (Kinder)........................................................................ 78
Anhang K: Resonanz der Presse ....................................................................... 79
Anhang L: Das Guckomobil ............................................................................ 84
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 9
Einleitung
Seit dem Schuljahr 1998/99 wurden die auf der Grundlage der zweiten Rechtschreibreform
vereinbarten Neuregelungen der deutschen Rechtschreibung für rechtmäßig erklärt.
Befürworter und Gegnern der Rechtschreibreform äußerten in der Öffentlichkeit ihre
teilweise konträren Meinungen, die oftmals emotional aufgeladen diskutiert wurden. Ziel
dieses Beitrages ist es, die Leseleistung nach der Rechtschreibreform wissenschaftlich zu
untersuchen und mit empirischen Daten die Reformdebatte zu versachlichen. Es soll der
Frage nachgegangen werden, ob a) die Regeländerungen der Rechtschreibreform 8 Jahre nach
der Einführung noch Auswirkungen auf das Lesen haben, b) eine Umstellung der
Bevölkerung auf die neue Rechtschreibung schon eingesetzt hat und c) ob eine erneute
Reformierung der Regeln die Leseleistung von Kindern, die nur nach der neuen
Rechtschreibung beschult wurden, beeinträchtigen würde.
Die Änderungen der Rechtschreibreform
Die Zielsetzung der Rechtschreibreform war es, durch eine Reduzierung der Regeln das
Rechtschreibsystem handhabbarer und leichter erlernbar zu machen, aber gleichzeitig eine
Beeinträchtigung des Lesens auszuschließen. Um diese Erleichterung zu realisieren, wurden
unter anderem die Regeln zur Getrennt- und Zusammenschreibung, zur Groß- und
Kleinschreibung und zur Laut-Buchstaben-Zuordnung vereinfacht (für eine ausführliche
Beschreibung der Regeländerungen siehe Heller, 2004).
Die durch viele Sonderregeln belastete Regel der Getrennt- und Zusammenschreibung sollte
vor allem dadurch überschaubarere werden, dass von der Getrenntschreibung im Normalfall
ausgegangen wird (gefangen nehmen statt bisher gefangennehmen).
Ziel der Reformierung der Groß- Kleinschreibung war es, klare und wenn möglich formale
Kriterien für die Großschreibung zu gewinnen. Dabei kommt vor allem dem Artikelgebrauch
entscheidende Bedeutung zu (gestern Abend statt gestern abend).
Durch Änderungen bei der Laut-Buchstaben-Zuordnung sollten Verstöße gegen das
Stammprinzip beseitigt werden, um die gleiche Schreibung eines Wortstammes möglichst in
allen Wörtern einer Wortfamilie sicherzustellen. Diese Änderungen betreffen die Schreibung
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 10
von Einzelfällen nach dem Stammprinzip, die Systematisierung von Einzelfällen, den Erhalt
der Stammschreibung in Zusammensetzungen und die s-Laut-Schreibung.
Bei der Schreibung von Einzelfällen nach dem Stammprinzip wurde die Schreibweise
einzelner Wörter an die ihnen nach dem heutigen Sprachgebrauch zugeordnete Wortfamilie
angepasst. So wird belämmert (bisher belemmert) analog zu Lamm oder platzieren (bisher
plazieren) analog zu Platz geschrieben.
Die Systematisierung von Einzelfällen umfasst mehrere Gruppen von Wörtern. Zum einen
entfällt in einigen Wörtern das nicht hörbare h (rau statt rauh, Panter statt Panther), und
Ableitungen von Substantiven, die auf –z enden, können ebenfalls ihrem Wortstamm
entsprechend mit z geschrieben werden (z.B. essenziell, potenziell). Außerdem wurden
Fremdwörter, die aufgrund ihrer fremden Laut-Buchstaben-Zuordnung oftmals besondere
orthografische Schwierigkeiten bereiten, in ihrer Schreibweise an die deutsche Schriftsprache
angepasst (z.B. Ketschup statt Ketchup).
Beim Erhalt der Stammschreibung in Zusammensetzungen werden beim Zusammentreffen
von drei gleichen Konsonantenbuchstaben stets alle geschrieben, so dass nicht nur in Fällen
wie bisher Balletttruppe, sondern auch in Fällen wie Balletttänzerin (bisher Ballettänzerin)
die Stammschreibung der einzelnen Wörter erhalten bleibt.
Die mehr oder weniger wortspezifische Schreibweise der Buchstaben s, ss oder ß für den s-
Laut wurde durch eindeutige Vorschriften vereinheitlicht, so dass man nach der neuen
Rechtschreibung nach betontem Kurzvokal immer ss und entsprechend nach langem Vokal
beziehungsweise nach Zwielauten immer ß schreibt. Nach einer Untersuchung von Marx
(1999) blieb allerdings die erhoffte Verbesserung der Rechtschreibleistung von
Grundschülern durch die Reform der s-Laute aus. Schüler, die gemäß der neuen
Rechtschreibung beschult wurden, schnitten nicht nur bei den reformkritischen s-Wörtern,
sondern aufgrund von unzulässigen Generalisierungen auch bei reformunkritischen s-Wörtern
schlechter ab als die nach den alten Regeln unterrichteten Kinder. Inwieweit diese Ergebnisse
allerdings gegen eine Vereinfachung oder sogar für eine Erschwerung der s-Schreibung durch
die Reform sprechen, ist laut Richter (2001) fraglich. Die Ergebnisse stützen sich lediglich
auf fünf von der Reform betroffene ss-Wörter und fünf Wörter, bei denen die alte
Rechtschreibung erhalten bleibt (entweder ß oder s). Außerdem untersuchte Marx im zweiten
Untersuchungsteil neben Neulernern in der zweiten Klasse auch umgelernte Viertklässler, das
heißt Kinder, die zuerst die alte Rechtschreibung gelernt hatten und dann auf die neue
Rechtschreibung umlernen mussten. Dieses Umlernen führt laut Richter zu großen
Umlernirritationen, so dass der fragliche Reformeffekt eher auf eine Irritation bei
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 11
gleichzeitigem Schriftvorbild von zwei verschiedenen Regelsystemen, sowohl innerschulisch
als auch außerschulisch zurückzuführen ist. Um weitere Irritationen zu vermeiden, wäre es
demnach wichtig, dass Kinder innerhalb und außerhalb der Schule auf identische
Wortschreibung treffen. Anders ausgedrückt: Je mehr Zeitungen zur alten Rechtschreibung
zurückkehren und je weniger die neuen Regeln auch außerhalb der Schule verwendet werden,
umso weniger Chancen hat die Rechtschreibreform, unter Beweis zu stellen, dass die
Rechtschreibung mit den neuen Regeln leichter zu erlernen ist (Richter, 2001). Außerdem
sollte man, wie auch Marx betont, statt des Rechtschreibens (im Sinne eines Regeltrainings)
stärker die Bedeutung des freien und kreativen Schreibens, wie auch des korrekten Lesens, in
den Blickpunkt rücken.
Lesen ist eine der alltäglichsten, wichtigsten aber auch komplexesten Basiskompetenz eines
Menschen: Lesen benötigen wir ein Leben lang, um Informationen zu erhalten und Wissen zu
erwerben. Um das Lesen zu erlernen, müssen Kinder die Fähigkeit erwerben bestimmte
visuelle Symbole mit einem bestimmten Phonem zu verbinden. Die phonologische
Bewusstheit eines Kindes, also die Fähigkeit, die Lautstruktur von gesprochener Sprache zu
erkennen, zu analysieren und gegebenenfalls zu manipulieren, ist ein starker Prädiktor des
Lese- und Schriftspracherwerbs über verschiedene Sprachen hinweg (Jacobs, 2002;
Schneider, Knuspert, Roth, Vise & Marx, 1997; Wimmer, Landerl, Linortner & Hummer,
1991; Ziegler & Goswami, 2005). Vor allem für Leseanfänger, bei denen der direkte Abruf
eines Wortes aus dem Sprachgedächtnis (Mentales Lexikon) noch nicht möglich ist, ist ein
Verständnis für die Lautstruktur ihrer Sprache wichtig, da in diesem Fall das Lesen über das
Lautieren einzelner Buchstaben erfolgt. Je transparenter die Orthografie einer Sprache ist, das
heißt, umso konsistenter die Buchstaben-Lautzuordnungen sind, desto leichter können
Graphem-Phonem-Korrespondenzen von Kindern erkannt und benutzt werden (Landerl,
Wimmer & Frith, 1997). Inkonsistenzen zwischen Schreibweise und Aussprache entstehen
immer dann, wenn bestimmte Grapheme mehr als eine mögliche Aussprache haben.
Im Deutschen ist die Graphem-Phonem Zuordnung weitgehend konsistent. Dadurch ist
sowohl die Worterkennung als auch der Leseerwerb vereinfacht (Hutzler & Wimmer, 2004;
Jacobs & Graf, 2005; Jacobs, Rey, Ziegler, & Grainger, 1998; Wimmer & Goswami, 1994;
Ziegler & Goswami, 2005). Im Folgenden soll dargestellt werden, welche möglichen
Auswirkungen die Veränderungen der Laut-Buchstaben-Zuordnung auf Worterkennung und
Lesen haben könnten.
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 12
Mögliche Auswirkungen der Rechtschreibreform auf die Wortverarbeitung
Die Einzelworterkennung ist der basale Prozess, auf dem die Lesefertigkeit beruht. Die
mentale Repräsentation von Wörtern bildet den Kern des Sprachlernens und der
Sprachverarbeitung (Jacobs et al., 1998; Miller, 1993). Aus diesem Grund ist zu erwarten,
dass die Reformierung der Rechtschreibung Auswirkungen auf die Repräsentationen von
Wörtern im Mentalen Lexikon und damit auf die Einzelworterkennung und das Lesetempo
hat.
Die Reformierung der s-Laut-Schreibung führte zu einer konsistenteren Graphem-Phonem-
Zuordnung. So deutet etwa die Endung _uß nach der Reform auf einen langen Vokal hin und
kann nicht wie vor der Reform beispielsweise bei Fluß oder Fuß jeweils mit einem kurzen
oder langen Vokal ausgesprochen werden. Viele Studien belegen, dass konsistente Wörter
kürzere Latenzzeiten in der Lexikalischen Entscheidungsaufgabe und der Benennungsaufgabe
produzieren (Jared, 2002; Lacruz & Folk, 2004; Ziegler, Montant & Jacobs, 1997).
Außerdem dürfte laut Marx (1999) die Änderung der s-Lautschreibung vor allem
Grundschulkindern beim Vermitteln des Prinzips von Konsonantendopplung bei betontem
Kurzvokal und bei einer Visualisierung von Dehnung und Schärfung helfen. Die
Vereinheitlichung und konsistentere ss-Schreibung sollte also die korrekte Zuordnung von
Kurz- und Langvokalen auf der Wortebene vereinfachen und dadurch dem Ausbilden
effizienter phonologischer Rekodierungsstrategien, dem korrekten Erlesen (Rekodieren) und
dem Behalten von Graphem-Phonemkorrespondenzen dienen.
Durch die Neuregelungen der Schreibung nach dem Stammprinzip wurde die Schreibweise
bestimmter Wörter an die Schreibung des Wortstammes anderer Wörter, mit deren
Morphemfamilie sie im aktuellen Sprachgebrauch in Zusammenhang stehen, angepasst.
Schreuder und Baayen (1997) fanden heraus, dass Wörter, die Mitglieder einer großen
Morphemfamilie sind, in der Lexikalischen Entscheidungsaufgabe schneller erkannt werden.
Nach der neu geregelten Schreibweise sollte es demnach möglich sein, die reformierten
Wörter schneller zu erfassen, da sie durch ihre neue Schreibweise einer bestehenden
Morphemfamilie zugeordnet werden können, während sie vorher als isolierte Waisen einer
das Verständnis erleichternden semantischen Verknüpfung entzogen waren. So ist es z.B. bei
Stengel (in alter Rechtschreibung) orthografisch nicht möglich, einen sinnvollen Bezug zu
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 13
anderen möglicherweise sinnhaft verwandten Wörtern herzustellen, die Worterkennung ist
erschwert. Stängel (neue Rechtschreibung) hingegen wird durch die geänderte
Rechtschreibung der Wortfamilie Stange zugeordnet, wodurch über semantische
Zusammenhänge das Verständnis erleichtert werden sollte.
Zudem sollte der Erhalt der Stammschreibung in Zusammensetzungen über morphologische
Prozesse die Wortverarbeitung erleichtern. Auf die Bedeutung komplexer Wörter wird laut
Jarvella und Meijers (1983) über die einzelnen Morphemkomponenten zugegriffen. Ein
komplexes Wort wird demnach zuerst in seine Komponenten zerlegt, so dass die einzelnen
Wortbedeutungen identifiziert und schließlich zu einer Gesamtbedeutung zusammengesetzt
werden können. Demzufolge würde Balletttänzerin zuerst in Ballett und Tänzerin zerlegt und
dann erst über die Komponenten in der Gesamtbedeutung erfasst. Eine einfache Trennung
von Ballettänzerin in zwei sinnvolle Morpheme ist orthografisch hingegen nicht möglich und
erschwert dadurch die Wortschreibung. Die Frage ist, inwieweit diese Schemakonstanz den
Lesenden ein rascheres Erkennen einzelner Wörter und ihrer „Bausteine“ ermöglicht.
Wörter, die in einer Sprache häufiger vorkommen, also höher frequent sind, können
normalerweise schneller und besser verarbeitet werden als seltene Wörter (Grainger &
Jacobs, 1996). Die Frequenz eines Wortes wird typischerweise durch das Auszählen seiner
Auftretenshäufigkeit pro einer Million Wörter bestimmt. Gerade bei niedrig frequenten
Wörtern ist dieses Maß oft ungenau. Ein Alternativmaß ist die subjektive Vertrautheit, die
zumeist über das Rating von Versuchspersonen erfasst wird und erfassen soll, wie bekannt
einer Versuchsperson ein Wort tatsächlich ist.
In der Leseforschung herrscht Konsens darüber, dass neben der Frequenz die subjektive
Vertrautheit mit einem Wort die Zeit beeinflusst, die ein Leser benötigt, um das Wort zu
erkennen. Die subjektive Vertrautheit beeinflusst sowohl die Benennungslatenzen, als auch
die Reaktionszeit bei der lexikalischen Entscheidung (Connine, Mullennix, Shernoff & Yelen,
1990) und die Gesamtbetrachtungsdauer eines Wortes, wenn Blickbewegungen registriert
werden (Juhasz & Rayner, 2003; Williams & Morris, 2004).
Es ist daher zu erwarten, dass auch die Vertrautheit mit dem jeweiligen Schriftbild die
Verarbeitungsdauer beeinflusst. Die subjektive Vertrautheit mit dem Schriftbild eines
reformierten Wortes und die damit verbundene Irritation beim Lesen einer anderen
Schreibweise könnte zum einen zwischen Personen je nach Alter, Lesegewohnheit und
Beschäftigung mit den Inhalten der Rechtschreibreform variieren. Es ist zu erwarten, dass das
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 14
Umgewöhnen und Vertraut machen mit der neuen Rechtschreibung bei erwachsenen,
erfahrenen Lesern länger dauert: Ältere Menschen haben die meisten Wörter in alter
Schreibweise wesentlich öfter gelesen als in neuer, so dass ihnen das alte Schriftbild
vertrauter ist und es so eher zu Irritationen beim Lesen der neuen Schreibweise kommt.
Jüngere Leser hingegen, die in der Schule zwar noch die alte aber auch die neue
Rechtschreibung gelernt haben, sollten sich schneller auf die neue Rechtschreibung
umstellen.
Zum anderen sind Unterschiede zwischen den Reformwörtern abhängig von ihrer jeweiligen
Auftretenshäufigkeit zu erwarten: Bei sehr häufigen Wörtern sollte die Umstellung durch die
häufigere Konfrontation mit dem neuen Schriftbild schneller erfolgen, als bei mittel bis
niedrig frequenten Wörtern. Bei sehr selten auftretenden Wörtern könnte es hingegen sein,
dass ebenfalls eher selten Irritationen auftreten, da sich in diesem Fall eine feste Vertrautheit
nie aufgebaut hat und deswegen die neue Rechtschreibung nicht mit dem Schriftbild der alten
konkurrieren muss.
Nach den bisherigen Überlegungen muss wohl in zwei Richtungen gedacht werden: Erstens
welchen Nutzen und welche Vereinfachungen die Reform Kindern bringen kann, die das
Lesen erlernen und zweitens welche Einbußen aufgrund von Umstellungen und einer
geringeren Vertrautheit mit dem Schriftbild der neuen Rechtschreibung auf Seiten der
Erwachsenen zu erwarten sind. Wie bereits erwähnt, war jedoch eines der Ziele der
Rechtschreibreform, das Lesen nicht zu beeinträchtigen. Deswegen sollte die anzunehmende
größere Vertrautheit mit dem alten Schriftbild keinen anhaltenden Einfluss auf die
Leseleistung haben.
Fragestellungen
Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen zu möglichen Auswirkungen der
Rechtschreibreform auf die Worterkennung ergeben sich folgende Hypothesen: 1. Wörter in
der neuen Rechtschreibung können vor allem von Leseanfängern insgesamt schneller
verarbeitet und erkannt werden, da a) die Konsistenz der Phonem-Graphem Zuordnung
aufgrund der Reformierung der s-Lautschreibung verbessert ist, b) durch die Schreibung nach
dem Stammprinzip die Zuordnung zu einer größeren Morphemfamilie gewährleistet ist und c)
durch den Erhalt der Stammschreibung in Zusammensetzungen die Zerlegbarkeit der Wörter
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 15
in ihre Morphemkomponenten erleichtert wird (Frage nach dem Rechtschreibreformeffekt).
Zweitens soll geprüft werden, ob die erwarteten Leistungsveränderungen unabhängig von der
Vertrautheit des Lesers mit dem Schriftbild sind, also im gleichen Ausmaß für nur mit der
neuen bzw. alten und mit neuer und alter Rechtschreibung Beschulte gelten (Frage nach der
Vertrautheit des Lesers mit der neuen Rechtschreibung). Außerdem soll untersucht werden,
ob die mittlere Frequenz der Wörter einzelner Regeländerungen die Umstellung auf die neue
Rechtschreibung beeinflusst hat (Frage nach differenzierten Ergebnissen einzelner Kategorien
der Rechtschreibreform).
Experiment 1 Benennungsaufgabe
Die phonologische Rekodierung eines Wortes spielt eine große Rolle beim leisen
sinnentnehmenden Lesen (Ziegler & Jacobs, 1995). Studien haben gezeigt, dass geübte Leser
die Bedeutung von niedrigfrequenten Wörtern über ihre phonologischen Repräsentationen
aktivieren können (z.B. Jared, Levy & Rayner, 1999) und dass Probleme bei der
phonologischen Verarbeitung einer der Hauptgründe für Leseschwierigkeiten sind. Umso
wichtiger ist eine konsistente Graphem-Phonem-Zuordnung für die Worterkennung. Für die
Ausführung einer Benennungsaufgabe muss einer Buchstabenfolge die korrespondierende
Phonologie zugeordnet werden. In Experiment 1 sollte deshalb mit Hilfe der
Benennungsaufgabe untersucht werden, ob die Reformierung der Laut-Buchstaben-
Zuordnung und damit die Änderung der Schreibweise Auswirkungen auf den Zugriff auf die
phonologischen Repräsentationen der Reformwörter hatte.
Methode
Versuchspersonen. An diesem Versuch nahmen 26 Erwachsene (4 Männer und 22 Frauen)
teil. Die Altersspanne reichte von 19 bis 33 Jahren, durchschnittlich waren sie 23 Jahre alt.
Alle waren deutsche Muttersprachler, ihr Sehvermögen war normal oder korrigiert und alle
nahmen freiwillig an dem Experiment teil. Eine Versuchsperson wurde aufgrund von weniger
als 75 % auswertbarer Daten von der Auswertung ausgeschlossen, so dass insgesamt die
Daten von 25 Versuchspersonen in die anschließende Analyse eingingen. Von den 25
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 16
auswertbaren Versuchspersonen gaben 15 an, sie hätten die neue Rechtschreibung in der
Schule gelernt; zehn hatten die neue Rechtschreibung nicht gelernt.
Material und Geräte. Aus der CELEX Datenbank (Baayen, Piepenbrock, & van Rijn, 1993)
wurden insgesamt 49 von der Rechtschreibreform betroffene Wörter extrahiert, die auf
insgesamt vier Kategorien aufgeteilt wurden. Jede Kategorie beinhaltete jeweils Paare von
Reformwörtern einer Regeländerung der Rechtschreibreform in neuer und alter
Rechtschreibung (z.B. Walross und Walroß). So unterschieden sich die Wörter innerhalb
einer Kategorie und zwischen alter und neuer Rechtschreibung nicht in den wesentlichen
Wortmerkmalen wie etwa Frequenz und Nachbarschaftsdichte. Eine Änderung der Länge
zwischen alter und neuer Rechtschreibung war dann nicht zu vermeiden, wenn die
Regeländerung der Rechtschreibreform die Beifügung oder Wegnahme eines Buchstabens
beinhaltete. Die Bildung der Untergruppen und die Zuordnung der Wörter zu den einzelnen
Kategorien erfolgten analog zur Einteilung von Heller (2004).
Kategorie 1 bildeten insgesamt 20 Wortpaare (20 Wörter in neuer und dieselben 20 Wörter in
alter Rechtschreibung) zur Regeländerung der s-Lautschreibung (Fluss vs. Fluß). In
Kategorie 2 waren zehn Wortpaare zur Schreibung nach dem Stammprinzip (Stängel vs.
Stengel), in Kategorie 3 neun Wortpaare zur Systematisierung in Einzelfällen (Panter vs.
Panther) und in Kategorie 4 zehn Wortpaare zum Erhalt der Stammschreibung in
Zusammensetzungen (Balletttänzerin vs. Ballettänzerin). Tabelle 1 gibt eine Übersicht über
Anzahl, mittlere Frequenz und Länge der Wörter in den einzelnen Kategorien mit je einem
Beispiel. Eine Liste der verwendeten Stimuli befindet sich in Anhang A.
Jeder Versuchsperson wurden alle 98 Stimuli dargeboten. Um einen Reihenfolgeeffekt
auszuschließen wurden die Wörter jeder Kategorie auf zwei Blöcke A und B aufgeteilt. Die
beiden Blöcke unterschieden sich nicht hinsichtlich der Anzahl der Wörter in alter bzw. neuer
Orthografie, Frequenz und Länge der Stimuli. 13 Versuchspersonen bekamen die Stimuli von
Block A vor denen des Blocks B dargeboten, zwölf Versuchspersonen in umgekehrter
Reihenfolge. Jede Versuchsperson erhielt eine innerhalb der Blöcke A und B neu
randomisierte Abfolge der Stimuli.
Das Experiment wurde auf einem IBM kompatiblen PC mit 2,60 GHz durchgeführt. Die
Wörter wurden auf einem 17 Zoll Samtron 76BDF Monitor mit einer Bildwiederholfrequenz
von 85 Hz dargeboten, wobei die Großbuchstaben 7.5 mm hoch waren. Das entsprach, bei
einem mittleren Abstand von 50 cm zum Monitor, einem Sehwinkel von 0.86° pro Buchstabe.
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 17
Tabelle 1. Anzahl, mittlere Frequenz und Länge der Wörter getrennt nach Kategorie und neuer (RS neu) und alter (RS alt)
Rechtschreibung mit je einem Beispielwort.
Beispielwort Anzahl Frequenz LängeRS neu RS alt RS neu RS alt RS neu RS alt
Kategorie 1 Walross Walroß 20 20 31.9 6.15 5.15Kategorie 2 Stängel Stengel 10 10 1.25 9 8.7Kategorie 3 Panter Panther 9 9 2.44 6.78 7.56Kategorie 4 Balletttänzerin Ballettänzerin 10 10 0.27 12.3 11.3
Durchführung. Jede Versuchsperson wurde einzeln in einem ruhigen Raum getestet. Die
Versuchspersonen wurden sowohl schriftlich als auch mündlich instruiert, die dargebotenen
Wörter so schnell wie möglich sowie fehlerfrei und laut auszusprechen (Instruktion siehe
Anhang B). Die Stimuli wurden in Kleinbuchstaben mit passender Großschreibung weiß auf
schwarzem Hintergrund in der Mitte des Bildschirms dargeboten. Nach fünf Übungsstimuli
begann der experimentelle Block mit 98 Stimuli. Der Stimulus verblieb bis zum
Artikulationsende in der Mitte des Bildschirms. Danach folgte ein Interstimulusintervall von
2000 ms. Die Benennungslatenzen wurden vom Zeitpunkt des Erscheinens des Stimulus bis
zum Artikulationsbeginn (erfasst durch den Schalldruck am Mikrofon) gemessen.
Eine neben der Versuchsperson sitzende Versuchsleiterin protokollierte technische
Aufnahmefehler und die Fälle, in denen die Aussprache durch falsche Benennung, Stottern,
Sprechpausen oder Korrekturen gestört war.
Nach Ende des Versuches wurde von den Versuchspersonen noch die Vertrautheit mit der
Rechtschreibreform erfragt. Der Versuch dauerte insgesamt etwa 15 Minuten.
Ergebnisse
Die unter Ausschluss der Lesefehler und Aufnahmefehler auswertbaren Reaktionszeiten
wurden von Extremwerten unter 200 ms oder über 2000 ms bereinigt. Für die
Ausreißerbereinigung wurden die Mittelwerte pro Versuchsperson und Versuchsbedingung in
neuer und alter Rechtschreibung zu Grunde gelegt. Alle Reaktionszeiten pro Versuchsperson
und Versuchsbedingung, die drei Standardabweichungen ober- oder unterhalb des jeweiligen
Mittelwertes lagen, wurden im Zuge dieser Auswahl von der weiteren Analyse
ausgeschlossen. Dadurch gingen insgesamt 0,4% der auswertbaren Durchgänge nicht in die
Auswertung ein
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 18
Zur Auswertung der Auswirkungen der Rechtschreibreform auf die Benennungslatenzen
wurde eine Varianzanalyse mit Messwiederholung für Reaktionszeiten berechnet, wobei die
Rechtschreibung (alt vs. neu) als zweistufiger und die Kategorie (s-Lautschreibung,
Schreibung nach dem Stammprinzip, Systematisierung in Einzelfällen, Erhalt der
Stammschreibung in Zusammensetzungen) als vierstufiger Messwiederholungs-Faktor
berücksichtigt wurden. Mit dem Mauchly-Test auf Sphärizität wurden die Voraussetzungen
einer Varianzanalyse geprüft. Im Falle einer Verletzung der Voraussetzungsannahme wurde
eine Greenhouse-Geisser Korrektur vorgenommen.
Es zeigte sich ein Haupteffekt der Kategorie F1(1,22) = 30.60, p < .001 und F2(3,45) = 19.89,
p < .001, aber weder ein Haupteffekt der Rechtschreibung noch eine Interaktion zwischen
Kategorie und Rechtschreibung, alle Fs < 1.24. Zur Überprüfung der Datenqualität wurde auf
Itemebene eine Regressionsanalyse berechnet, die über die Wortlänge und die logarithmierte
Wortfrequenz eine hohe Varianzaufklärung zeigte (F(2, 95) = 36.62, p < .001; R2 = .44;
korrigiertes R2 = .42).
Eine Übersicht der mittleren Benennungslatenzen von neuer bzw. alter Rechtschreibung
innerhalb der einzelnen Kategorien befindet sich in Tabelle 2.
Zur Überprüfung von möglichen Auswirkungen der Vertrautheit mit der Rechtschreibreform
auf die Benennungslatenzen wurde eine 2 x 4 x 2 Varianzanalyse mit den
Messwiederholungsfaktoren Rechtschreibung (alt vs. neu), Kategorie (s-Lautschreibung,
Schreibung nach dem Stammprinzip, Systematisierung in Einzelfällen, Erhalt der
Stammschreibung in Zusammensetzungen) und dem Zwischensubjektfaktor Vertrautheit mit
der Rechtschreibreform (gelernt vs. nicht gelernt) berechnet. Es zeigten sich keinerlei
Interaktionen, alle Fs < 1.
Tabelle 2. Ergebnisse von Experiment 1: Mittlere Benennungslatenz in ms getrennt nach Kategorie und neuer (RS neu) und
alter (RS alt) Rechtschreibung.
Benennungslatenz in msRS neu RS alt Dif
Kategorie 1 637 638 -1Kategorie 2 708 698 10Kategorie 3 675 664 11Kategorie 4 750 748 2
Anmerkung: Dif = Differenz zwischen alter und neuer Rechtschreibung
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 19
Diskussion
In der Benennungsaufgabe zeigten sich keinerlei messbare Auswirkungen der
Rechtschreibreform auf die Worterkennung. Auch innerhalb der einzelnen Kategorien zeigte
sich weder ein Effekt der erhöhten Konsistenz durch die Reformierung der s-Lautschreibung,
noch eine Einfluss der Änderungen der Laut-Buchstaben-Zuordnungen bei der
Systematisierung in Einzelfällen, der Schreibung nach dem Stammprinzip oder dem Erhalt
der Stammschreibung in Zusammensetzungen.
Die Vertrautheit mit dem Schriftbild der Reformwörter zeigte ebenfalls keinen Einfluss auf
die Benennungslatenzen, d.h. es machte keinen Unterschied in den Benennungslatenzen, ob
eine Versuchsperson die neue Rechtschreibung bereits in der Schule gelernt hatte oder nicht.
Die Frage ist nun, ob diese Ergebnisse darauf hindeuten, dass die Rechtschreibreform bei
Erwachsenen weder positive (durch eine erhöhte Konsistenz, bzw. Erleichterung der
Worterkennung über Morpheme) noch negative Auswirkungen (durch Irritationen aufgrund
der subjektiven Vertrautheit mit dem Schriftbild und einer Konkurrenz zwischen alter und
neuer Schreibweise) auf die Wortverarbeitung hatte. Setzt man eine hohe Datenqualität
voraus (die durch die Regressionsanalyse auf Itemebene gezeigt werden konnte) so könnte
das Ausbleiben von möglichen Reformeffekten unter Umständen auf spezifische
Eigenschaften der Benennungsaufgabe und unseres Versuchsdesigns zurückzuführen sein.
Der Konsistenzeffekt tritt zuverlässig vor allem bei Leseanfängern (Backman, Bruck, Hebert
& Seidenberg, 1984) und bei niedrig frequenten inkonsistenten Wörtern auf (Jared, McRae &
Seidenberg, 1990). An unserem Experiment nahmen Erwachsene teil und die Wörter in der
Kategorie zur Reformierung der s-Lautschreibung hatten eine mittlere Auftretenshäufigkeit
von 32 pro einer Million.
Nach dem Zweiwege Modell des lauten Lesens (Coltheart, Curtis, Atkins & Haller, 1993;
Coltheart & Rastle, 1994; Ziegler, Perry & Coltheart, 2000) gibt es mindestens zwei
unabhängige parallele Prozesse, um Schrift in Sprache umzuwandeln. Erstens über die
lexikalische Route, bei der lexikalisches Wissen benutzt wird, um den korrekten
phonologischen Code zu generieren. Zweitens die nicht-lexikalische Route, bei der Graphem-
Phonem-Korrespondenz-Regeln angewandt werden, um einen phonologischen Code zu
berechnen und zu generieren. Höher frequente Wörter werden direkt über die lexikalische
Route verarbeitet, die von Wortkonsistenz nicht beeinflusst wird. Deswegen könnte bei der
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 20
Benennung von höher frequenten Wörtern, in unserem Fall der s-Laut-Wörter, kein Effekt der
Graphem-Phonem-Konsistenz aufgetreten sein.
Außerdem wird laut Ziegler et al. (1997) für die Benennungsaufgabe nicht unbedingt ein
präzises Wissen der Schreibweise benötigt. Niedrig frequente Wörter (wie die Wörter zur
Systematisierung in Einzelfällen, der Schreibung nach dem Stammprinzip und dem Erhalt der
Stammschreibung bei Zusammensetzungen) können gerade in konsistenten Schriftsprachen
auf der Basis von Graphem-Phonem-Korrespondenzregeln richtig ausgesprochen werden,
ohne dass der lexikalische Zugriff abgeschlossen sein muss.
Einen einfacheren, alternativen Erklärungsansatz bieten Ein-Prozess-Modelle der
Worterkennung. Das multiple read-out model phonology (MROM-P) (Jacobs et al., 1998),
das auf dem Interaktiven Aktivationsmodell von McClelland und Rumelhart (1981) basiert,
besagt, dass eine Reaktion in einer experimentellen Aufgabe ausgeführt werden kann, sobald
mindestens eines von mehreren Antwortkriterien erreicht ist. Grainger und Jacobs (1996)
schlagen drei Antwortkriterien vor: Das M-Kriterium bezieht sich auf die Aktivation einer
einzelnen lexikalischen Wortrepräsentation. Überschreitet die Aktivation einer der
Repräsentationen dieses Kriterium, so ist der Stimulus als ein spezifisches Wort identifiziert.
Eine Antwort kann aber auch ausgeführt werden ohne direkten lexikalischen Zugriff auf eine
bestimmte Wortrepräsentation. Dafür wurde im Modell ein so genannter
Schnellratemechanismus implementiert, der auf der Stimulusvertrautheit (Jacobs, Graf &
Kinder, 2003) beruht. Dieses globale Kriterium (Σ) basiert auf der summierten lexikalischen
Aktivation aller Wortrepräsentationen und kann flexibel gesetzt werden. Die Überschreitung
dieses Kriteriums hängt nicht von der Identifikation eines einzelnen Wortes ab. Das dritte
Kriterium ist das zeitliche Abbruchkriterium (T), das in der Lexikalischen
Entscheidungsaufgabe zum Abbruch der Verarbeitung führt, wenn das Wort beziehungsweise
Nichtwort innerhalb eines bestimmten Zeitraums nicht identifiziert werden kann oder die
globale lexikalische Aktivation zu gering ist. Mit dem M-Kriterium liefert das MROM-P eine
mögliche Erklärung unserer Ergebnisse: die Aktivation der Wörter, war in alter und neuer
Rechtschreibung gleichermaßen hoch, so dass das lokale Kriterium (M) überschritten wurde
und die Aussprache direkt aus dem phonologischen Lexikon abgerufen werden konnte.
Die Veränderungen der Rechtschreibreform im orthografischen Lexikon, beziehungsweise
ein möglicher Einfluss der Vertrautheit mit dem Schriftbild könnte demnach insgesamt zu
gering sein, um eine korrekte direkte Identifizierung und Aussprache der passenden
Wortverbindung über die phonologische Aktivierung zu verlangsamen oder zu verhindern.
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 21
Die minimalen reformbedingten Veränderungen im Schriftbild der Wörter hätten dann keine
messbaren Auswirkungen auf die Benennungslatenzen.
Zusammengefasst fanden wir in der Benennungsaufgabe keinerlei Auswirkungen der
Rechtschreibreform auf die Worterkennung, führten dieses Ergebnis jedoch eher auf
aufgabenspezifische Eigenschaften zurück: die Änderung der Schreibweise und damit der
Repräsentationen im orthografischen Lexikon könnten zu gering sein, um die Generierung
der Aussprache aus dem phonologischen Lexikon zu beeinträchtigen. Interessant wäre nun
mit Hilfe der Lexikalischen Entscheidungsaufgabe, die mehr als die Benennungsaufgabe den
Zugriff auf das orthografische Lexikon benötigt, mögliche Auswirkungen der
Rechtschreibreform auf die Wortverarbeitung zu untersuchen.
Experiment 2 Lexikalische Entscheidungsaufgabe
Ziel von Experiment 2 war es, anhand einer Lexikalischen Entscheidungsaufgabe die
Auswirkungen der Rechtschreibreform auf die Worterkennung zu untersuchen. In der
Lexikalischen Entscheidungsaufgabe muss die Versuchsperson bestimmen, ob eine
vorgegebene Buchstabenfolge ein Wort ist oder nicht. Gemessen wird dabei der lexikalische
Zugriff, das heißt die Zeit, die vom Worterkennungssystem benötigt wird, um auf einen
Worteintrag im Mentalen Lexikon zuzugreifen. In Experiment 2 sollte untersucht werden, ob
die Änderungen der Rechtschreibreform einen Einfluss auf die Zugriffsdauer auf das Mentale
Lexikon hatte.
Einige Modelle der Worterkennung nehmen an, dass eine „Wort“ Antwort initiiert wird,
sobald die Schreibweise eines Wortes mit der Repräsentation der aktuellen Buchstabenfolge
im orthografischen Lexikon übereinstimmt (z.B. MROM-P, Jacobs et al., 1998; MROM,
Grainger & Jacobs, 1996; DRC, Coltheart, Rastle, Perry, Langdon & Ziegler, 2001). Die
Lexikalische Entscheidungsaufgabe erfordert vom Leser demnach, mehr als die
Benennungsaufgabe, das Wissen um die korrekte Schreibweise eines Wortes. Wenn die
Zugänge zum orthografischen Lexikon „seltsam“ oder falsch sind, macht die Versuchsperson
mehr Fehler oder benötigt mehr Zeit, um den Abgleich der Schreibweisen zu beenden. Es ist
deswegen zu erwarten, dass sich individuelle Unterschiede in der Vertrautheit mit dem
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 22
Schriftbild der neuen beziehungsweise alten Rechtschreibung neben Auswirkungen der
erhöhten Konsistenz und der Morphemänderungen in der Lexikalischen
Entscheidungsaufgabe zeigen sollten.
Methode
Versuchspersonen. An diesem Versuch nahmen 25 Studenten (9 Männer und 16 Frauen) teil.
Die Altersspanne reichte von 19 bis 31 Jahren, durchschnittlich waren sie 23 Jahre alt. Alle
waren deutsche Muttersprachler, ihr Sehvermögen war normal oder korrigiert und alle
nahmen freiwillig an dem Experiment teil. Drei Versuchspersonen wurden wegen Fehlerraten
von über 30 Prozent in einzelnen Kategorien von der Auswertung ausgeschlossen, so dass
insgesamt die Daten von 22 Versuchspersonen in die anschließende Analyse eingingen. Von
den 22 auswertbaren Versuchspersonen gaben zehn an, sie hätten die neue Rechtschreibung
in der Schule gelernt; zwölf hatten die neue Rechtschreibung nicht gelernt.
Material und Geräte. In Experiment 2 wurde weitestgehend die Methode von Experiment 1
übernommen. Zur Realisierung einer Lexikalischen Entscheidungsaufgabe wurden zusätzlich
zu den bereits in Experiment 1 verwendeten Wörtern 98 aussprechbare Nichtworte erstellt
(siehe Anhang C), die auf ebenfalls vier Kategorien aufgeteilt wurden. Die Nichtwörter
wurden so an die Stimuli der korrespondierenden Wortkategorie angepasst, dass sie
hinsichtlich Anzahl, Wortlänge, Silbenzahl und kritischem Reformmerkmal der
korrespondierenden Wort-Kategorie entsprachen. So wurden 20 Nichtwörter mit „ss“ (Fliss)
und 20 mit „ß“ (Abluß) (Kategorie 5), 10 Nichtwörter mit „ttt, eee, nnn, fff oder ppp“
(Trefffutzer) und zehn Nichtwörter mit „tt, ee, nn, ff oder pp“ (Kategorie 8) (Triffauten)
erstellt. Die 38 Nichtwörter der Kategorien 6 und 7 wurden an ihre korrespondierenden Wort-
Kategorien 2 und 3 lediglich hinsichtlich Anzahl, Länge und Silbenzahl angepasst, da ihnen
ein einheitliches Reformmerkmal fehlte.
Jede Versuchsperson erhielt eine neu randomisierte Abfolge der Stimuli.
Durchführung. Jede Versuchsperson wurde einzeln in einem ruhigen Raum getestet. Die
Versuchspersonen wurden sowohl schriftlich als auch mündlich instruiert jedes dargebotene
Wort zu lesen und anschließend so schnell aber genau wie möglich zu entscheiden, ob es sich
um ein korrektes Wort der deutschen Sprache handelt (Instruktion siehe Anhang D). Den
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 23
Teilnehmern wurde explizit mitgeteilt, dass dabei nicht von Bedeutung ist, ob das Wort in
alter oder neuer Rechtschreibung geschrieben ist.
Die Stimuli wurden in Kleinbuchstaben mit passender Großschreibung (Schriftart, Größe) in
der Mitte des Bildschirms dargeboten. Nach fünf Übungsstimuli begann der experimentelle
Block mit 196 Stimuli. Der Stimulus verblieb bis zum Tastendruck auf dem Bildschirm. Die
Reaktion erfolgte mit Hilfe einer Buttonbox, wobei die links/rechts- Wort/Nichtwort-
Zuordnung nach zwölf Versuchspersonen vertauscht wurde. Die Reaktionszeiten wurden vom
Zeitpunkt des Erscheinens des Stimulus bis zum Drücken einer der beiden Tasten der
Buttonbox gemessen. Nach dem Tastendruck folgte ein Interstimulusintervall von 2000 ms.
Nach Ende des Versuches wurde von den Versuchspersonen noch Vertrautheit und
Anwendung der Rechtschreibreform erfragt. Der Versuch dauerte insgesamt etwa 20 min.
Ergebnisse
Zur Auswertung der Reaktionszeiten und mittleren Fehlerraten wurde eine 2 (alte vs. neue
Rechtschreibung) × 4 (s-Lautschreibung, Schreibung nach dem Stammprinzip,
Systematisierung in Einzelfällen, Erhalt der Stammschreibung in Zusammensetzungen) -
faktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung durchgeführt. Mit dem Mauchly-Test auf
Sphärizität wurden die Voraussetzungen einer Varianzanalyse geprüft. Im Falle einer
Verletzung der Voraussetzungsannahme wurde eine Greenhouse-Geisser Korrektur
vorgenommen. Außerdem wurde ein Schätzer der Effektgröße (η2) berechnet.
Zur anschließenden Überprüfung der theoretisch relevanten Mittelwertsunterschiede wurden
geplante t-Tests für abhängige Stichproben berechnet. Effekte, die sich in der
Versuchspersonenanalyse (t1) als signifikant erwiesen, wurden in einer folgenden Itemanalyse
(t2) auf ihre Generalisierbarkeit über die Stimuli hinweg getestet. Bei nur tendenziell
signifikanten Ergebnissen der Itemanalyse ist die relativ geringe Anzahl der Items in den
einzelnen Kategorien zu berücksichtigen.
Reaktionszeiten. Die Reaktionszeiten korrekter Entscheidungen wurden zuerst von
Extremwerten (Reaktionszeiten über 2000 und unter 200 ms) und anschließend von
Ausreißern bereinigt. Für die Ausreißerbereinigung wurden die Mittelwerte pro
Versuchsperson, Kategorie und neuer und alter Rechtschreibung zu Grunde gelegt. Alle
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 24
Reaktionszeiten pro Versuchsperson und Versuchsbedingung, die drei Standardabweichungen
ober- oder unterhalb des jeweiligen Mittelwertes lagen, wurden von den weiteren Analysen
ausgeschlossen. Dadurch gingen insgesamt 3,9 % der auswertbaren Durchgänge verloren.
Es zeigte sich kein Haupteffekt des Faktors Rechtschreibung (neu vs. alt), F < 1, jedoch ein
Haupteffekt der Kategorie F1(3,19) = 46.90, p < .001 (η2 = 0.69) und F2(3,45) = 22.33, p <
.001 (η2 = 0.60) und eine Interaktion zwischen Kategorie und Rechtschreibung, F1(3,19) =
14.16, p < .001 (η2 = 0.40) und F2(3,45) = 5.55, p < .01 (η2 = 0.27). In einer
Regressionsanalyse konnten über die Wortlänge und die logarithmierte Wortfrequenz 35
Prozent der Varianz aufgeklärt werden (F(2, 95) = 25.62, p < .001; R2 = .35; korrigiertes R2 =
.34).
Zur weiteren Analyse wurden anschließend geplante t-Test Vergleiche der mittleren
Reaktionszeiten zwischen neuer und alter Rechtschreibung für gepaarte Stichproben für jede
Kategorie berechnet.
Tabelle 3 gibt einen Überblick über die Ergebnisse der verschiedenen Kategorien. Es zeigten
sich signifikant schnellere Reaktionszeiten für Wörter in der neuen Rechtschreibung bei der
s-Lautschreibung (Kategorie 1), t1(21) = -2.11, p < .05 und t2(19) = -1.50, p = .15, und dem
Erhalt der Stammschreibung bei Zusammensetzungen (Kategorie 4), t1(21) = -4.78, p < .001
und t2(9) = -2.42, p < .05. Eine längere Reaktionszeit für die neue Rechtschreibung ergab sich
bei den Wörtern zur Systematisierung in Einzelfällen (Kategorie 3), t1(21) = 3.97, p < .01 und
t2(8) = 2.07, p = .07. Kein signifikanter Unterschied der Reaktionszeiten zwischen alter und
neuer Rechtschreibung zeigte sich bei der Schreibung nach dem Stammprinzip (Kategorie 2),
p > .6.
Wie erwartet war die Reaktionszeit für Nichtwörter signifikant länger als für Wörter, t1(21) =
-2.47, p < .05 und t2(194) = -3.09, p < .01.
Zur Überprüfung von möglichen Auswirkungen der Vertrautheit mit der Rechtschreibreform
auf die Benennungslatenzen wurde eine 2 x 4 x 2 Varianzanalyse mit den
Messwiederholungsfaktoren Rechtschreibung (alt vs. neu) und Kategorie (s-Lautschreibung,
Schreibung nach dem Stammprinzip, Systematisierung in Einzelfällen, Erhalt der
Stammschreibung in Zusammensetzungen) und dem Zwischensubjektfaktor Vertrautheit mit
der Rechtschreibreform (gelernt vs. nicht gelernt) berechnet. Es zeigten sich keinerlei
Interaktionen, alle Fs < 1.
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 25
Mittlere Fehlerrate. Auch bei der mittleren Fehlerrate zeigte sich ein Haupteffekt der
Kategorie, F1(3,19) = 17.61, p < .001 (η2 = 0.46) und F2(3,45) = 4.82, p < .01 (η2 = 0.24), kein
Haupteffekt des Faktors Rechtschreibung (neu vs. alt), F < 1, aber ebenfalls eine signifikante
Interaktion zwischen Kategorie und Rechtschreibung, F1(1,19) = 4.05, p < .05 (η2 = 0.16) und
F2(3,45) = 2.25, p = .10 (η2 = 0.13).
In anschließenden geplanten t-Test Vergleichen zeigte sich, wie in Tabelle 3 zu sehen, eine
um 7,6% höhere Fehlerrate bei Wörtern in der neuen Rechtschreibung (12,1% vs. 4,6%) bei
der Systematisierung in Einzelfällen (Kategorie 3), t1(21) = 2.24, p < .05 und t2(8) = 1.62, p =
.14. Eine um 5,5% niedrigere Fehlerrate für Wörter in der neuen Rechtschreibung (3,2% vs.
8,6%) ergab sich beim Erhalt der Stammschreibung bei Zusammensetzungen (Kategorie 4),
t1(21) = -2.66, p < .05 und t2(9) = -1.31, p = .22. Kein signifikanter Unterschied der Fehlerrate
zwischen alter und neuer Rechtschreibung zeigte sich bei den Kategorien 1 und 2, ps > .35.
Zur Überprüfung von möglichen Auswirkungen der Vertrautheit mit der Rechtschreibreform
auf die Fehlerrate wurde eine 2 x 4 x 2 Varianzanalyse mit den Messwiederholungsfaktoren
Rechtschreibung (alt vs. neu) und Kategorie (s-Lautschreibung, Schreibung nach dem
Stammprinzip, Systematisierung in Einzelfällen, Erhalt der Stammschreibung in
Zusammensetzungen) und dem Zwischensubjektfaktor Vertrautheit mit der
Rechtschreibreform (gelernt vs. nicht gelernt) berechnet. Es zeigten sich keinerlei
Interaktionen, alle Fs < 1.
Tabelle 3. Ergebnisse von Experiment 2: Mittlere Reaktionszeit und Fehlerrate getrennt nach Kategorie und neuer (RS neu)
und alter (RS alt) Rechtschreibung.
Reaktionszeit in ms Fehlerrate in %RS neu RS alt Dif T RS neu RS alt Dif T
Kategorie 1 696 726 -30 -2.11 * 2.05 2.05 0 0Kategorie 2 896 883 13 0.53 12.73 15.91 -3.18 -0.89Kategorie 3 869 747 122 3.97 ** 12.12 4.55 7.57 2.24 *Kategorie 4 912 992 -80 -4.77 *** 3.18 8.64 -5.46 -2.66 *
Anmerkung: Dif= Differenz zwischen neuer und alter Rechtschreibung
* = p < .05
** = p < .01
*** = p < .001
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 26
Diskussion
In der Lexikalischen Entscheidungsaufgabe zeigte sich kein genereller Reformeffekt, aber
eine Auswirkung der Rechtschreibreform auf die Worterkennung in einzelnen Kategorien.
Sowohl bei der s-Lautschreibung als auch beim Erhalt der Stammschreibung in
Zusammensetzungen waren die Reaktionszeiten zugunsten der neuen Rechtschreibung kürzer
und die mittlere Fehlerrate gleich bzw. geringer.
Bei der Reformierung der s-Lautschreibung könnte der Unterschied zwischen neuer und alter
Rechtschreibung entweder auf eine tatsächliche Erleichterung der Worterkennung über die
konsistentere Schreibweise der reformierten Wörter oder eine bereits erfolgte Umstellung der
Bevölkerung zurückzuführen sein. Für letzteres würde vor allem sprechen, dass die
Reformierung der s-Lautschreibung sicherlich die bekannteste und am häufigsten umgesetzte
Änderung der Rechtschreibreform ist. Unter Umständen schließt das eine das andere auch
nicht aus: Die erhöhte Konsistenz in der Graphem-Phonem-Zuordnung ist einleuchtend und
transparent und könnte damit auch eine große Akzeptanz und schnellere Umstellung bzw.
Vertrautheit der Bevölkerung mit dem neuen Schriftbild bewirken.
Die Wörter zum Erhalt der Stammschreibung sind mit einer Auftretenshäufigkeit von 0.3 pro
1 Million sehr selten. Aus diesem Grund ist dort eine Vertrautheit des Lesers per se mit der
neuen bzw. alten Rechtschreibung nicht zu erwarten. Balota und Chumbley (1984)
argumentieren, dass niedrig frequente Wörter viel langsamer als hoch frequente Wörter
verarbeitet werden, da die niedrig frequenten Wörter hinsichtlich einer Vertrautheits- bzw.
Sinnhaftigkeitsdimension weniger gut von Nichtworten zu unterscheiden sind. Auch
neurokomputationale Studien mit Computersimulationsmodellen stützen diese These (Braun,
Jacobs, Hahne, Ricker, Hofmann & Hutzler, 2005, Jacobs et al., 2003). Folgt man dieser
Argumentation, so könnte es sein, dass zusammengesetzte Wörter wie beispielsweise
Balletttänzerin eher in Ballett und Tänzerin zerlegbar sind als Ballettänzerin, dadurch
„sinnhafter“ werden und so besser und schneller von einem Nichtwort zu unterscheiden sind.
Dafür spräche, dass beim Erhalt der Stammschreibung in Zusammensetzungen die Wörter der
neuen Rechtschreibung nicht nur schneller als Wort erkannt wurden, sondern dass bei den
Wörtern in alter Rechtschreibung auch mehr Fehler gemacht wurden. Die Wörter der alten
Rechtschreibung könnten demnach schlechter von Nichtwörtern zu unterscheiden sein.
Bei den Stimuli zur Systematisierung in Einzelfällen wurden die Wörter in neuer
Rechtschreibung später erkannt und es wurden mehr Fehler gemacht. Auch die Wörter dieser
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 27
Kategorie sind mit einer Auftretenshäufigkeit von 2.4 pro 1 Million niedrig frequent. Ist die
alte Schreibweise bei der Systematisierung von Einzelfällen den Versuchspersonen vertrauter,
so könnte die Unterscheidung von einem Nichtwort bei diesen Wörtern leichter fallen.
Bei den Wörtern zur Schreibung nach dem Stammprinzip zeigte sich kein Unterschied
zwischen alter und neuer Schreibweise, weder in Reaktionszeiten noch in der mittleren
Fehlerrate. Die Wörter in alter Schreibweise könnten zwar ebenfalls vertrauter sein als die in
neuer Schreibweise, allerdings ist durch die Schreibung nach dem Wortstamm eine erhöhte
Sinnhaftigkeit der Wörter in neuer Schreibweise zu erwarten: Durch die semantische Nähe
von beispielsweise Stängel zu Stange dürfte die Unterscheidung zu Nichtwörtern erleichtert
sein. Es könnte sein, dass sich keine Reaktionszeit- bzw. Fehlerratenunterschiede zeigten,
weil sich der Einfluss der Vertrautheit (für die alte Rechtschreibung) und der Sinnhaftigkeit
(für die neue Rechtschreibung) gegenseitig aufgehoben haben.
Auszuschließen ist außerdem eine Erklärung der Reaktionszeitunterschiede durch
reformbedingte Unterschiede in der Wortlänge zwischen neuer und alter Rechtschreibung, da
die Wortlänge gegenläufig zu allen gefundenen Mittelwertsunterschieden der Reaktionszeiten
war: Die schneller erkannten Wörter der neuen Rechtschreibung bei der s-Lautschreibung und
beim Erhalts der Stammschreibung in Zusammensetzungen waren ebenso wie die schneller
erkannten Wörter in alter Rechtschreibung bei der Systematisierung in Einzelfällen
reformbedingt länger.
In Experiment 2 konnte der Einfluss der Rechtsschreibreform auf einzelne Kategorien
nachgewiesen werden. Es zeigte sich ein Vorteil in der Worterkennung für die neue
Rechtschreibung bei den Wörtern zur Reformierung der s-Lautschreibung. Die Effekte, die
sich in der Lexikalischen Entscheidungsaufgabe bei dem Erhalt der Stammschreibung
(zugunsten der Rechtschreibreform) und der Systematisierung von Einzelfällen (gegen die
Rechtschreibreform) zeigten, sind allerdings unserer Meinung nach eher auf eine mehr oder
weniger große Diskriminierbarkeit des Wortmaterials von Nichtwörtern zurückzuführen.
Zusätzlich wird für eine lexikalische Entscheidung neben dem lexikalischen Zugriff eine
postlexikalische Entscheidungskomponente benötigt. Aus diesem Grund sollten in
Experiment 3 die Auswirkungen der Rechtschreibreform auf möglichst natürliches Lesen
untersucht werden.
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 28
Die Blickbewegungsstudie
Lesen ist eine komplexe Fertigkeit, die das Zusammenspiel vieler verschiedener
Informationsverarbeitungsprozesse beinhaltet. Während sich die Augen über bedruckte Seiten
bewegen, werden die visuellen Merkmale des Textes in orthografische und phonologische
Muster konvertiert, die dann wiederum benutzt werden, um die weitere Sprachverarbeitung
anzuleiten und damit den Inhalt des Textes zu verstehen (für einen Überblick und Vergleich
verschiedener Blickbewegungsmodelle siehe z.B. Jacobs, 2000; Reichle, Rayner & Pollatsek,
2003).
Anders als bei Tests wie der Benennungsaufgabe oder der lexikalischen Entscheidung bei
denen isolierte Wörter dargeboten und lediglich einzelne Reaktionszeiten aufgezeichnet
werden, kann die Blickbewegungsmessung nach Meinung einiger Autoren (Rayner, 1998;
Starr & Rayner, 2001) dazu benutzt werden natürliches Lesen im Kontext zu untersuchen und
Schlussfolgerungen über die Moment-zu-Moment Verarbeitung einzelner Wörter oder
größerer Textsegment zu ziehen (aber siehe Kliegl & Engbert, 2005).
Experiment 3(A) Erwachsene
Die Ergebnisse von Experiment 1 und 2 könnten vor allem von aufgabenspezifischen
Anforderungen an den Probanden beeinflusst sein. Eine Alternative zu diesen artifiziellen
Aufgaben besteht darin, die Probanden im Stillen Sätze lesen zu lassen, die ein kritisches
Wort enthalten. Die Augenbewegungsmuster, die bei einem kritischen Wort beobachtet
werden, dienen dann als abhängige Variable. Die zugrunde liegende Annahme ist, dass die
Zeit, die ein bestimmtes Wort fixiert beziehungsweise gelesen wird, weitestgehend der Zeit
entspricht, die es dauert um das Wort zu verarbeiten (Rayner, 1998).
In Experiment 3A sollten deswegen mit Hilfe der Blickbewegungsmessung die
Auswirkungen der Rechtschreibreform auf möglichst natürliches Lesen zunächst bei
Erwachsenen untersucht werden.
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 29
Methode
Versuchspersonen. An diesem Versuch nahmen 42 (12 Männer und 30 Frauen) Erwachsene
teil. Die Altersspanne reichte von 20 bis 47 Jahren, durchschnittlich waren sie 26 Jahre alt.
Alle waren deutsche Muttersprachler, ihr Sehvermögen war normal oder korrigiert und alle
nahmen freiwillig an dem Experiment teil. Von den 42 Versuchspersonen gaben 18 an, sie
hätten die neue Rechtschreibung in der Schule gelernt; 24 hatten die neue Rechtschreibung
nicht gelernt.
Material. Für Experiment 3 wurde das Stimulusmaterial von Experiment 1 um 40
Reformwörter ergänzt, die insgesamt zwei neue Versuchsbedingungen bildeten. Zehn
Wortpaare in alter und neuer Rechtschreibung zur Groß/Kleinschreibung (gestern Abend vs.
gestern abend) gingen in Kategorie 5 ein und zehn Wortpaare zur Getrenntschreibung
(kennen lernen vs. kennenlernen) in Kategorie 6. In Kategorie 1 wurden sieben Wörter durch
kindgerechte ausgetauscht (z.B. Prozess durch Kuss). Tabelle 4 gibt eine Übersicht über
Anzahl, mittlere Frequenz und Länge der Wörter in den einzelnen Kategorien mit je einem
Beispiel.
Jedes der insgesamt 138 Reformwörter wurde in jeweils einen deutschen Satz integriert. Da
bekannt ist, dass die erste Fixation in einer Zeile länger ist als die folgenden Fixationen
(Heller, 1982) und die letzte gewöhnlich kürzer (Rayner, 1978), wurden die Sätze so
konstruiert, dass sich das Reformwort weder am Anfang noch am Ende des Satzes befand.
Auf diese Weise wurden 138 kindgerechte, syntaktisch einfache Sätze konstruiert (siehe
Anhang E). Die 138 Sätze wurden in die Blöcke 1 und 2 aufgeteilt, wobei darauf geachtet
wurde, dass in jeden Block gleich viele Sätze mit Wörtern aus jeder Kategorie sowie gleich
viele in alter und neuer Rechtschreibung fielen. In den zwei Versuchslisten A und B wurden
die jeweiligen von der Rechtschreibreform betroffenen Wörter in ihrer alt/neu Schreibweise
innerhalb der Sätze vertauscht. Jede Versuchsperson sah erneut jedes Wort in verschiedenen
Sätzen in alter und neuer Rechtschreibung. Um mögliche Vorhersagbarkeits- und
Reihenfolgeeffekte der Wörter auszuschließen, wurde über die Versuchspersonen hinweg
variiert, in welchem Satz welche Rechtschreibung erschien (Liste A oder B) und welcher Satz
zuerst dargeboten wurde (Block 1 oder 2). So zum Beispiel:
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 30
Auf dem hölzernen Faß sitzt ein Papagei. (Liste A, Block 1)
In dem alten Fass schläft ein brauner Hund. (Liste A, Block 2)
Auf dem hölzernen Fass sitzt ein Papagei. (Liste B, Block 1)
In dem alten Faß schläft ein brauner Hund. (Liste B, Block 2)
Um ein aufmerksames und sinnentnehmendes Lesen der Versuchspersonen zu gewährleisten,
wurde etwa nach jedem fünften Satz ein Bild dargeboten, das von der Versuchsperson als zu
dem zuvor gelesenen Satz passend oder nicht passend eingestuft werden sollten. Dazu wurden
aus allen Kategorien 35 Sätze ausgewählt, zu denen insgesamt 35 farbige Bilder erstellt
wurden (siehe Anhang F). 17 Bilder passten inhaltlich zu einem der Sätze, 18 Bilder hatten
nichts mit den Sätzen zu tun. Die Bilder wurden so auf die Blöcke aufgeteilt, dass jeweils
etwa die Hälfte der Bilder zum Satz passend beziehungsweise unpassend war.
Tabelle 1. Anzahl, mittlere Frequenz und Länge der Wörter getrennt nach Kategorie und neuer (RS neu) und alter (RS alt)
Rechtschreibung mit je einem Beispielwort.
Beispielwort Anzahl Frequenz LängeRS neu RS alt RS neu RS alt RS neu RS alt
Kategorie 1 Kuss Kuß 20 20 18.11 6.15 5.15Kategorie 2 Stängel Stengel 10 10 1.25 9 8.7Kategorie 3 Panter Panther 9 9 2.44 6.78 7.56Kategorie 4 Balletttänzerin Ballettänzerin 10 10 0.27 12.3 11.3Kategorie 5 glühend heiß glühendheiß 10 10 11.32 12.8 11.8Kategorie 6 gestern Abend gestern abend 10 10 n.d. 14.1 14.1
Anmerkung: n.d. = nicht definiert (die Frequenz der Wörter zur Groß-Kleinschreibung ist in der CELEX Datenbank
(Baayen, Piepenbrock, & van Rijn, 1993) nicht aufgeführt, da es sich jeweils um zwei Wörter handelt).
Durchführung. Jede Versuchsperson erhielt eine schriftliche Instruktion (siehe Anhang G)
und wurde ausdrücklich dazu aufgefordert, in normaler Lesegeschwindigkeit und auf
Verständnis zu lesen. Anschließend wurde für jede Versuchsperson die Kalibrierung des
iView X Hochgeschwindigkeitssystem individuell durchgeführt. Zur Gewöhnung an das
Gerät und den Versuchsablauf folgte eine Übungsphase mit vier Sätzen und zwei Bildern.
Das eigentliche Experiment bestand aus zwei Experimentalblöcken mit jeweils 69
Durchgängen. Nach dem ersten Block folgte eine Pause, die die Versuchsperson durch einen
Mausklick beenden konnte. Jeder Versuchsdurchgang begann mit der Darbietung eines
weißen Fixationskreuzes am linken Bildschirmrand in der Position des ersten Wortes des
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 31
anschließend dargebotenen Satzes. Sobald die Versuchsperson das Fixationskreuz fixierte,
wurde ein Satz dargeboten. Der Satz verblieb bis zum Mausklick der Versuchsperson auf dem
Bildschirm. In 25 Prozent der Fälle erschien nach dem Satz ein Bild. Die Versuchsperson
sollte dann so schnell und so korrekt wie möglich entscheiden, ob das dargebotene Bild zu
dem zuvor gelesenen Satz passt (Druck auf die linke Maustaste) oder nicht (rechte
Maustaste). Nach der erfolgten Reaktion begann der nächste Versuchsdurchgang.
Die Blickbewegungskamera des iView X Hochgeschwindigkeitssystems wurde zu Beginn
des Versuches mit einer 5-Punkt Kalibrierung eingestellt. Zwecks einer optimalen
Aufnahmequalität wurde nach jedem Satz eine Kontrollroutine durchgeführt. Nach dem
Versuch erhielt jede Versuchsperson einen kurzen Fragebogen, in dem sie zu Lesegewohnheit
und Einstellung bzw. Anwendung der neuen Rechtschreibung befragt wurde (siehe Anhang
H). Der Versuch dauerte insgesamt etwa 25 Minuten.
Geräte. Die Blickbewegungsdaten wurden von einem Pentium V Computer mit einem iView
X Hochgeschwindigkeitssystem (SMI) mit einer Abtastrate von 250Hz aufgezeichnet. Der
Kopf der Versuchsperson wurde durch eine Kinnstütze stabilisiert. Die Sätze wurden auf
einem Pentium Celeron Desktoprechner auf einem 17 Zoll Monitor mit einer
Bildwiederholfrequenz von 85 Hz dargeboten, wobei die Großbuchstaben 7.5 mm hoch
waren. Das entsprach, bei einem mittleren Abstand von 50 cm zum Monitor, einem vertikalen
Sehwinkel von 0.86° pro Buchstabe. Stimulus-Präsentation und Reaktionszeitaufnahme
wurde über Presentation 9.0 (Neurobehavioral Systems, Inc. Albany, USA) kontrolliert.
Ergebnisse
Fragebogendaten
Mit Hilfe des Fragebogens sollte Leseverhalten, Vertrautheit mit den Inhalten der
Rechtschreibreform, Anwendung derselben und Einstellung der Versuchspersonen der
Reform gegenüber erfasst werden. Die Auswertung ergab unter anderem, dass über 60
Prozent der erwachsenen Versuchspersonen versuchen die neue Rechtschreibung
anzuwenden. Abbildung 1 zeigt die einzelnen Antworthäufigkeiten in Prozent.
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 32
21%
17%
36%
26%
ja
eher ja
eher nein
nein
Abbildung 1. Antworthäufigkeiten der Erwachsenen in Prozent auf die Frage: Versuchen Sie in der neuen Rechtschreibung
zu schreiben?
Wie in Abbildung 2 zu sehen ist sprechen sich mehr als 40 Prozent für eine Rückkehr zur
alten Rechtschreibung aus. Für die weitere deskriptive Auswertung der Fragebogendaten
siehe Anhang I.
17%
24%
30%
29%
ja
eher ja
eher nein
nein
Abbildung 2. Antworthäufigkeiten der Erwachsenen in Prozent auf die Frage: Sollte man zur alten Rechtschreibung
zurückkehren?
Blickbewegungsdaten
Da es von begrenztem Wert ist, nur einen Blickbewegungskennwert auszuwerten (Rayner,
1998), wurden im vorliegenden Experiment für jedes Zielwort drei abhängige Messwerte
analysiert: Anzahl der Fixationen, Dauer der ersten Fixation, sowie die
Gesamtbetrachtungsdauer jeweils beim erstmaligen Lesen [first pass]. Die Anzahl der
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 33
Fixationen entsprach der Summe aller aufeinander folgenden Fixationen auf einem Stimulus
beim erstmaligen Lesen und die Gesamtbetrachtungsdauer basierte auf der summierten Dauer
aller Fixationen auf einem Wort ebenfalls beim erstmaligen Lesen. Bei der Betrachtungsdauer
ging die Sakkadendauer nicht in die Analyse mit ein, da durch eine Hereinnahme nur
minimale additive Effekte zu erwarten sind (Rayner, 1998). Fixationen, die kürzer als 60 ms
waren und übersprungene Wörter wurden ebenfalls von der Analyse ausgeschlossen. Dadurch
gingen 8,3% der Daten nicht in die Auswertung ein.
Zur Auswertung der drei Blickbewegungskennwerte, Anzahl der Fixationen, Dauer der ersten
Fixation und Gesamtbetrachtungsdauer wurden 2 (alte vs. neue Rechtschreibung) × 6 (s-
Lautschreibung, Schreibung nach dem Stammprinzip, Systematisierung in Einzelfällen, Erhalt
der Stammschreibung in Zusammensetzungen, Getrenntschreibung, Groß- und
Kleinschreibung) - faktorielle Varianzanalysen mit Messwiederholung auf Versuchspersonen-
(F1) und Itemebene (F2) durchgeführt. Mit dem Mauchly-Test auf Sphärizität wurden die
Voraussetzungen einer Varianzanalyse geprüft. Im Falle einer Verletzung der
Voraussetzungsannahme wurde eine Greenhouse-Geisser Korrektur vorgenommen.
Außerdem wurde ein Schätzer der Effektgröße (η2) berechnet.
Zur anschließenden Überprüfung der relevanten signifikanten Mittelwertsunterschiede
wurden geplante t-Tests für abhängige Stichproben berechnet.
Effekte, die sich in der Versuchspersonenanalyse (t1) als signifikant erwiesen, wurden in einer
anschließenden Itemanalyse (t2) überprüft. Eine Übersicht der relevanten Mittelwerte der drei
Messwerte befindet sich in Tabelle 5.
Anzahl der Fixationen. Es zeigte sich ein Haupteffekt der Kategorie F1(2, 37) = 120.55, p <
.001 (η2 = 0.75) und F2(5, 63) = 25.66, p < .001 (η2 = 0.67), ein Haupteffekt der
Rechtschreibung F1(1, 41) = 9.45, p < .01 (η2 = 0.19) und F2(1, 63) = 8.59, p < .01 (η2 =
0.12), sowie eine Interaktion zwischen Kategorie und Rechtschreibung, F1(3, 37) = 4.38, p <
.01 (η2 = 0.10) und F2(5, 63) = 3.54, p < .01 (η2 = 0.22), für die Anzahl der Fixationen.
Wie in Tabelle 5 zu sehen ist, zeigten sich mehr Fixationen auf Wörtern in neuer
Rechtschreibung bei der s-Lautschreibung (Kategorie 1), t1(41) = 1.99, p = .05 und t2(19) =
1.94, p = .07, beim Erhalt der Stammschreibung bei Zusammensetzungen (Kategorie 4),
t1(41) = 2.51, p < .05 und t2(9) = 2.23, p = .05, und bei den Wörtern zur Getrenntschreibung
(Kategorie 5), t1(41) = 3.16, p < .01 und t2(9) = 3.02, p < .05. Bei der Schreibung nach dem
Stammprinzip (Kategorie 2), der Systematisierung in Einzelfällen (Kategorie 3) und der
Groß- Kleinschreibung (Kategorie 6) fanden sich keine signifikanten Unterschiede.
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 34
Dauer der ersten Fixation. Es zeigte sich ein Haupteffekt der Kategorie, F1(3, 37) = 12.94, p
< .001 (η2 = 0.24) und F2(5, 63) = 4.11, p < .01 (η2 = 0.25). Die Rechtschreibung hatte einen
signifikanten Einfluss auf die Dauer der ersten Fixation, F1(5, 37) = 10.78, p < .01 (η2 = 0.21)
und F2(5, 63) = 7.67, p < .01 (η2 = 0.11). Die Dauer der ersten Fixation war dabei um 5 ms
kürzer auf Wörtern der neuen Rechtschreibung (280 ms vs. 285 ms).Es zeigte sich keine
Interaktion zwischen Rechtschreibung und Kategorie, F < 1.18.
Eine Übersicht der mittleren Dauer der ersten Fixation in den einzelnen Kategorien findet
sich in Tabelle 5.
Gesamtbetrachtungsdauer. Die Kategorie F1(2, 37) = 86.64, p < .001 (η2 = 0.68) und F2(5,
63) = 30.54, p < .001 (η2 = 0.71), nicht aber die Rechtschreibung, F < 1, hatten einen Einfluss
auf die Gesamtbetrachtungsdauer. Es zeigte sich eine Interaktion zwischen Kategorie und
Rechtschreibung, F1(3, 37) = 3.14, p < .05 (η2 = 0.07) und F2(5, 63) = 1.94, p = .10 (η2 =
0.13). In einer Regressionsanalyse konnten über die Wortlänge und die logarithmierte
Wortfrequenz über 60 Prozent der Varianz aufgeklärt werden (F(2, 111) = 101.50, p < .001;
R2 = .65; korrigiertes R2 = .64).
Wie in Tabelle 5 zu sehen ist, hatten die Wörter der neuen Rechtschreibung bei der
Schreibung nach dem Stammprinzip (Kategorie 2) eine kürzere Gesamtbetrachtungsdauer,
t1(41) = -2.27, p < .05 und t2(9) = -1.57, p = .15. Länger betrachtet wurden die Wörter zur
Getrenntschreibung (Kategorie 5) in der neuen Rechtschreibung, t1(41) = 2.12, p < .05 und
t2(9) = 1.97, p = .08, und tendenziell beim Erhalt der Stammschreibung bei
Zusammensetzungen (Kategorie 4), t1(41) = 1.78, p = .08 und t2(9) = 1.28, p = .23. Bei der
Reformierung der s-Lautschreibung (Kategorie 1), der Systematisierung in Einzelfällen
(Kategorie 3) und der Groß- Kleinschreibung (Kategorie 6) fanden sich keine signifikanten
Unterschiede.
Zur Überprüfung von möglichen Auswirkungen der Vertrautheit mit der Rechtschreibreform
auf die 3 Blickbewegungskennwerte (Anzahl der Fixationen, Dauer der ersten Fixation und
Gesamtbetrachtungsdauer) wurde eine 2 x 4 x 2 Varianzanalyse mit den
Messwiederholungsfaktoren Rechtschreibung (alt vs. neu), Kategorie (s-Lautschreibung,
Schreibung nach dem Stammprinzip, Systematisierung in Einzelfällen, Erhalt der
Stammschreibung in Zusammensetzungen, Getrenntschreibung, Groß- und Kleinschreibung)
und dem Zwischensubjektfaktor Vertrautheit mit der Rechtschreibreform (gelernt vs. nicht
gelernt) berechnet. Die Interaktionen wurden nicht signifikant, alle Fs < 1.
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 35
Tabelle 5. Ergebnisse von Experiment 3A: Mittelwerte der Anzahl der Fixationen, der Dauer der ersten Fixation und der
Gesamtbetrachtungsdauer getrennt nach einzelnen Kategorien und neuer (RS neu) und alter (RS alt) Rechtschreibung.
Anzahl Fixationen Dauer erste Fixation in ms Gesamtbetrachtungsdauer in msRS neu RS alt Dif T RS neu RS alt Dif RS neu RS alt Dif T
Kategorie 1 1.21 1.17 0.04 1.99 + 180 182 -2 214 211 3 0.73Kategorie 2 1.38 1.42 -0.04 -1.15 184 186 -2 252 268 -16 -2.27 *Kategorie 3 1.2 1.22 -0.02 -0.75 173 174 -1 204 206 -2 -0.35Kategorie 4 1.95 1.82 0.13 2.51 * 196 200 -4 386 366 20 1.78 +Kategorie 5 1.96 1.76 0.2 3.16 ** 179 192 -13 348 323 25 2.12 *Kategorie 6 1.96 1.92 0.04 0.73 171 178 -7 341 343 -2 -0.34 Anmerkung: Dif= Differenz zwischen neuer und alter Rechtschreibung
* = p < .05
** = p < .01
*** = p < .001
+ = p < .08
Diskussion
Ziel des Experiments 3A war es, die Auswirkungen der Rechtschreibreform auf möglichst
natürliches Lesen zu untersuchen. Es zeigte sich, dass die erste Fixation auf Wörtern in neuer
Rechtschreibung zwar kürzer, dafür aber die Anzahl der Fixation insgesamt größer war.
Dabei machte es keinen Unterschied, ob die Versuchspersonen die neue Rechtschreibung in
der Schule gelernt hatten oder nicht.
Bei einer differenzierten Betrachtung der einzelnen Kategorien zeigten sich ebenfalls
Unterschiede. Die Wörter in neuer Rechtschreibung bei der Schreibung nach dem
Stammprinzip wurden insgesamt kürzer betrachtet. Die semantische Nähe zur Wortfamilie
durch die Schreibung nach dem Wortstamm scheint beim natürlichen Lesen mit
Kontextinformationen die Worterkennung zu erleichtern. Das Ergebnis könnte ebenfalls auf
einer bereits erfolgten kompletten Umstellung der Bevölkerung hinsichtlich der Vertrautheit
mit dem Schriftbild beruhen. Demnach müsste das Schriftbild der neuen Rechtschreibung
inzwischen nicht nur ebenso vertraut sein wie das der alten, sondern sogar noch vertrauter.
Aufgrund der geringen Wortfrequenz, der Ergebnisse aus Experiment 2, in dem wir keine
geringeren Reaktionszeiten für diese Wörter in neuer Rechtschreibung finden konnten und
der Auswertung der Fragebogendaten, die ergab, dass lediglich um die 60 Prozent der
Versuchspersonen versuchen in der neuen Rechtschreibung zu schreiben und über 40 Prozent
zur alten Schreibweise zurückkehren wollen, ist dies jedoch als eher unwahrscheinlich
anzusehen.
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 36
Im Gegensatz dazu wurden bei den Wörtern zur Getrenntschreibung insgesamt eine längere
Betrachtungsdauer und mehr Fixationen auf den Wörtern in neuer Rechtschreibung gefunden.
Dies ist vor allem insofern verwunderlich, da Inhoff, Radach und Heller (1996) berichten,
dass das Lesen von langen zusammengesetzten Wörtern im Deutschen durch das Einfügen
eines Leerzeichens erleichtert wird, auch wenn diese Wortform nicht regelkonform ist und
einem beim natürlichen Lesen normalerweise nicht begegnet. Es ist demnach wohl auf
Vertrautheit zurückzuführen, dass zusammengeschriebene Wörter zur Verarbeitung eine
kürzere Betrachtungsdauer und weniger Fixationen benötigen als auseinander geschriebene.
Ebenfalls überraschend ist, dass die Wörter zum Erhalt der Stammschreibung in alter
Rechtschreibung seltener und insgesamt kürzer betrachtet wurden. Erwartet hätten wir, wie
bereits in Experiment 2, eine Erleichterung der Worterkennung durch den Erhalt der
Stammschreibung und daraus folgend eine bessere Segmentierbarkeit der Wörter in die
ursprünglichen Bestandteile des zusammengesetzten Wortes. So bleibt beim
zusammengesetzten Wort Balletttänzerin die ursprüngliche Schreibweise von Ballett und
Tänzerin erhalten, bei Ballettänzerin hingegen nicht. Eine mögliche Erklärung ist, dass das
Aufeinandertreffen von drei identischen Buchstaben, im oben genannten Beispiel „ttt“, ein
sehr seltenes Trigamm darstellt, das in der deutschen Schriftsprache sonst nicht vorkommt. In
der lexikalischen Entscheidung, in der die Unterscheidung von einem Nichtwort nötig ist,
scheint die leichtere Segmentierbarkeit die Worterkennung zu erleichtern, beim natürlichen
Lesen hingegen führt die ungewohnte Buchstabenfolge zu mehr Fixationen und damit zu
einer längeren Betrachtungsdauer.
Die Änderung der s-Lautschreibung hatte lediglich eine Erhöhung der Anzahl der Fixationen
auf Wörtern in neuer Rechtschreibung zur Folge. Auch wenn sich in der gesamten
Betrachtungsdauer kein Unterschied zwischen alter und neuer Rechtschreibung zeigte, fanden
wir im Gegensatz dazu in Experiment 2 bei der s-Lautschreibung eine schnellere
Worterkennung zugunsten der neuen Rechtschreibung. Eine Erklärung hierfür wäre der
Austausch von sieben Stimuli und einer damit verbundenen Halbierung der mittleren
Auftretenshäufigkeit der Wörter. Diese Reduzierung der Wortfrequenz zieht eine Abnahme in
der Vertrautheit mit dem Schriftbild der alten und damit auch eine erschwerte Umstellung auf
die neue Rechtschreibung nach sich. Es könnte demnach sein, dass zwar die konsistente s-
Lautschreibung das Lesen der Wörter in neuer Rechtschreibung erleichtert, dafür aber die
ungewohnte Schreibweise das Lesen beeinträchtigt und damit zu mehr Fixationen führt.
Bei der Groß- und Kleinschreibung sowie der Systematisierung in Einzelfällen zeigte sich
kein Einfluss der Rechtschreibreform auf das Lesen der Reformwörter. Bei der
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 37
Systematisierung in Einzelfällen zeigten sich dabei ebenfalls andere Ergebnisse als in
Experiment 2: In der lexikalischen Entscheidung fanden sich kürzere Reaktionszeiten und
weniger Fehler für die Wörter der alten Rechtschreibung. Da in diesem Fall das
Stimulusmaterial unverändert geblieben ist, kann die Vertrautheit mit dem Schriftbild die
veränderten Ergebnisse nicht erklären.
Ein bisher nicht erwähnter Einflussfaktor ist sicherlich die veränderte Aufgabenstellung:
unter Umständen sind für das natürliche Lesen Schreibweise und Konsistenz weniger
ausschlaggebend als Kontextinformationen. Geübte Leser können demnach Wörter auch dann
ohne Probleme erlesen und über Kontextinformationen in einen Satz integrieren, wenn diese
ungewohnt geschrieben sind.
Ebenfalls ungeklärt ist, ob die Ergebnisse tatsächlich auf einen Reform- bzw.
Vertrautheitseffekt zurückzuführen sind oder lediglich auf reformbedingte Unterschiede in
der Wortlänge. Im Gegensatz zu Experiment 2 ist in diesem Fall ein Längeneffekt nicht
eindeutig auszuschließen. Es ist bekannt, dass mit zunehmender Länge eines Wortes die
Lesedauer (Rayner, Sereno & Raney, 1996) und die Wahrscheinlichkeit einer Refixation
(Rayner, 1998) zunimmt. Zwar wurden bei der Schreibung nach dem Stammprinzip die im
Durchschnitt längeren reformierten Wörter insgesamt kürzer betrachtet, jedoch zeigten sich
sowohl bei den Wörtern zum Erhalt der Stammschreibung nach Zusammensetzungen als auch
bei den Wörtern zur Getrenntschreibung und der s-Lautschreibung eine längere
Betrachtungsdauer beziehungsweise mehr Fixationen auf den längeren Wörtern in neuer
Rechtschreibung. Wie groß der tatsächliche Einfluss der Wortlänge in unserem Fall ist, ist
fraglich, da nicht in allen Kategorien die reformbedingte Änderung der Wortlänge einen
Effekt zeigte. Es ist zwar möglich, die kürzere Betrachtungsdauer und die geringere Anzahl
der Fixationen auf den kürzeren Wörtern in alter Rechtschreibung beim Erhalt der
Stammschreibung und der Getrenntschreibung lediglich auf eine Änderung der Wortlänge
zurückzuführen, aber unserer Meinung nach eher unwahrscheinlich: Vielmehr scheint es so,
dass die Wortlänge neben der Konsistenz und der Vertrautheit mit dem Schriftbild ein
weiterer zu berücksichtigender Faktor ist. So wäre zu erklären, warum sich keine Auswirkung
der Rechtschreibreform auf die Gesamtbetrachtungsdauer der Wörter der s-Lautschreibung
und der Systematisierung in Einzelfällen fand. Bei der s-Lautschreibung zeigte sich weder ein
Konsistenz- noch ein Wortlängeneffekt, da die reformierten Wörter zwar konsistent
geschrieben, dafür aber auch durch die Änderung von ß zu ss einen Buchstaben länger sind.
Ebenso ist das Schriftbild der alten Schreibweise der Wörter zur Systematisierung in
Einzelfällen vertrauter, dafür aber die neue Schreibweise kürzer.
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 38
In Experiment 3A sollte die Auswirkung der Rechtschreibreform auf das natürliche Lesen bei
Erwachsenen untersucht werden. Nimmt man die Gesamtbetrachtungsdauer als Lesemaß, so
zeigte sich eine Vereinfachung bei der Schreibung nach dem Stammprinzip, eine
Erschwerung bei dem Erhalt der Stammschreibung bei Zusammensetzungen und der
Getrenntschreibung und keine Verbesserung beziehungsweise Beeinträchtigungen bei der s-
Lautschreibung, der Systematisierung in Einzelfällen und der Groß- Kleinschreibung. Auf die
Bedeutung der Ergebnisse für die Bewertung der Rechtschreibreform soll in der generellen
Diskussion eingegangen werden. Im folgenden Experiment sollten die Auswirkungen der
Rechtschreibung auf die Leseleistung von Kindern untersucht werden.
Experiment 3(B) Kinder
In den Experimenten 1, 2 und 3A untersuchten wir die Auswirkung der Rechtschreibreform
auf die Worterkennung und das Lesen von geübten Lesern, die sowohl mit der alten als auch
mit der neuen Rechtschreibung mehr oder weniger vertraut sind. Ziel der Untersuchung war
es herauszufinden, inwieweit die Änderung der Rechtschreibung das Lesen acht Jahre nach
der Reform noch immer beeinflusst beziehungsweise ob eine Umstellung der Bevölkerung
auf die neue Rechtschreibung schon stattgefunden hat.
Bei Kindern ist eine solche Umstellung dann nicht nötig, wenn sie in der Schule nur die neue
Rechtschreibung gelernt haben und somit nur, beziehungsweise viel besser, mit der neuen
Schreibweise vertraut sind. In der Diskussion um die Rechtschreibreform wurde anscheinend
von vielen Kritikern vergessen oder unter den Teppich gekehrt, dass eine ganze Generation
von Kindern bereits nur nach der neuen Rechtschreibung beschult wurde und eine
Reformierung beziehungsweise Rücknahme der Reform bei diesen Kindern unter Umständen
zu großen Irritationen und Leistungseinbußen führen könnte. Die Ergebnisse aus Experiment
3B sollten deswegen dabei helfen zu verstehen, welche möglichen Auswirkungen die
Rücknahme oder Reformierung einzelner Regeländerungen tatsächlich auf die Leseleistung
dieser Kinder hätte. Außerdem wollten wir untersuchen, ob sich einzelne Regeländerungen
vom Lesestandpunkt aus betrachtet als fragwürdig erweisen, da sogar Kinder, die in der
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 39
Schule nur die neue Rechtschreibung gelernt haben, Schwierigkeiten beim Lesen der neuen
Schreibweise haben, beziehungsweise die alte Rechtschreibung leichter verarbeiten können.
Methode
Versuchspersonen. Es nahmen 43 Sechstklässler (Jungen, Mädchen) im Alter zwischen 11
und 13 Jahren freiwillig an dem Experiment teil. Sie waren deutsche Muttersprachler und ihr
Sehvermögen war normal oder korrigiert. Die Erhebung fand in der Mitte des Schuljahres
(Februar) statt.
Eine Versuchsperson hatte weniger als 25 Prozent auswertbare Daten und drei
Versuchspersonen mussten wegen einer Fehlerrate von über 20 Prozent in der
Bilderentscheidungsaufgabe von der Auswertung ausgeschlossen werden, so dass die Daten
von insgesamt 39 Versuchspersonen in die anschließende Analyse eingingen.
Material und Durchführung. Material und Durchführung waren identisch zu Experiment 3A.
Nach der Untersuchung wurde den Kindern ein kurzer Fragebogen vorgelesen (siehe Anhang
J) und die jeweiligen Antworten vom Versuchsleiter notiert.
Geräte. Für die Blickbewegungsdaten der Schülerstichprobe wurden dieselben Geräte wie in
Experiment 3A verwendet. Aufgrund von Flexibilitätsgründen und um eine Störung des
Schulalltags bestmöglich auszuschließen, fand die Untersuchung der Kinder im Guckomobil
(http://www.guckomobil.de) statt.
Ergebnisse
Fragebogendaten
Mit Hilfe des Fragebogens sollte das Leseverhalten der Kinder, die Aufmerksamkeit während
des Versuches und die Irritation durch die alte Schreibweise erfasst werden. Über 50 Prozent
(51.3 % vs. 48.7 %) der Kinder gaben an, dass sie im Allgemeinen durch die parallele
Existenz zweier verschiedener Schreibweisen irritiert seien.
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 40
Blickbewegungsdaten
Zur Auswertung der drei Blickbewegungskennwerte, Anzahl der Fixationen, Dauer der ersten
Fixation und Gesamtbetrachtungsdauer wurden 2 (alte vs. neue Rechtschreibung) × 6 (s-
Lautschreibung, Schreibung nach dem Stammprinzip, Systematisierung in Einzelfällen, Erhalt
der Stammschreibung in Zusammensetzungen, Getrenntschreibung, Groß- und
Kleinschreibung) - faktorielle Varianzanalysen mit Messwiederholung auf Versuchspersonen
(F1) und Itemebene (F2) durchgeführt. Mit dem Mauchly-Test auf Sphärizität wurden die
Voraussetzungen einer Varianzanalyse geprüft. Im Falle einer Verletzung der
Voraussetzungsannahme wurde eine Greenhouse-Geisser Korrektur vorgenommen.
Außerdem wurde ein Schätzer der Effektgröße (η2) berechnet.
Zur anschließenden Überprüfung der relevanten signifikanten Mittelwertsunterschiede
wurden geplante t-Tests für abhängige Stichproben berechnet.
Effekte, die sich in der Versuchspersonenanalyse (t1) als signifikant erwiesen, wurden in einer
anschließenden Itemanalyse (t2) überprüft. Eine Übersicht der relevanten Mittelwerte der drei
Messwerte befindet sich in Tabelle 6.
Anzahl der Fixationen. Sowohl die Kategorie, F1(3, 34) = 192.90, p < .001 (η2 = 0.86) und
F2(5, 63) = 21.17, p < .001 (η2 = 0.63), als auch die Rechtschreibung, F1(1, 38) = 8.71, p < .01
(η2 = 0.19) und F2(1, 63) = 1.85, p = .18 (η2 = 0.03), hatten einen Einfluss auf die Anzahl der
Fixationen. Außerdem zeigte sich eine Interaktion zwischen Kategorie und Rechtschreibung,
F1(3, 34) = 10.88, p < .001 (η2 = 0.22) und F2(5, 63) = 4.87, p < .001 (η2 = 0.28).
Es zeigten sich, wie in Tabelle 6 zu sehen ist, weniger Fixationen auf Wörtern der neuen
Rechtschreibung bei den Wörtern zur Systematisierung in Einzelfällen (Kategorie 3), t1(38) =
-4.61, p < .001 und t2(8) = -2.09, p = .07 und bei den Wörtern zur Getrenntschreibung
(Kategorie 5), t1(38) = -4.02, p < .001 und t2(9) = -1.56, p = .15. Öfter fixiert wurden die
Wörter der neuen Rechtschreibung beim Erhalt der Stammschreibung bei
Zusammensetzungen (Kategorie 4), t1(38) = 3.83, p < .001 und t2(9) = 4.67, p < .01. Bei den
Kategorien 1, 2 und 6 fanden sich keine Unterschiede in der Anzahl der Fixationen zwischen
den Wörtern der alten und neuen Rechtschreibung, ps1 > .28.
Dauer der ersten Fixation. Die Kategorie hatte einen Einfluss auf die Dauer der ersten
Fixation, F1(3, 34) = 4.71, p < .01 (η2 = 0.11) und F2(5, 63) = 1.29, p = .28 (η2 = 0.09). Es
zeigte sich weder ein Haupteffekt der Rechtschreibung noch eine Interaktion zwischen
Kategorie und Rechtschreibung, alle Fs < 1.5.
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 41
Eine Übersicht der mittleren Dauer der ersten Fixation in den einzelnen Kategorien findet
sich in Tabelle 6.
Gesamtbetrachtungsdauer. Sowohl die Kategorie, F1(2, 34) = 127.34, p < .001 (η2 = 0.77)
und F2(5, 63) = 17.21, p < .001 (η2 = 0.58), als auch die Rechtschreibung, F1(1, 38) = 5.35, p
< .05 (η2 = 0.12) und F2(1, 67) = 1.42, p = .24 (η2 = 0.02), hatten einen Einfluss auf die
Gesamtbetrachtungsdauer. Außerdem zeigte sich eine Interaktion zwischen Kategorie und
Rechtschreibung, F1(3, 34) = 10.43, p < .001 (η2 = 0.22) und F2(5, 63) = 4.44, p < .01 (η2 =
0.26).
In einer Regressionsanalyse konnten über die Wortlänge und die logarithmierte Wortfrequenz
über 55 Prozent der Varianz aufgeklärt werden (F(2, 111) = 73.69, p < .001; R2 = .57;
korrigiertes R2 = .56).
Wie in Tabelle 6 zu sehen ist, war die Gesamtbetrachtungsdauer auf Wörtern der neuen
Rechtschreibung kürzer bei der Systematisierung in Einzelfällen (Kategorie 3), t1(38) = -2.39,
p < .05 und t2(8) = -0.81, p = .44, und bei der Getrenntschreibung (Kategorie 5), t1(38) = -
5.90, p < .001 und t2(9) = -1.94, p = .08. Es zeigte sich eine Tendenz zur kürzeren Fixation
auf Wörtern der neuen Rechtschreibung bei der s-Lautschreibung (Kategorie 1), t1(38) = -
1.80, p = .08 und t2(19) = -2.67, p < .05. Länger fixiert wurden die Wörter der neuen
Rechtschreibung beim Erhalt der Stammschreibung bei Zusammensetzungen (Kategorie 4),
t1(38) = 2.41, p < .05 und t2(9) = 2.93, p < .05. Bei der Schreibung nach dem Stammprinzip
(Kategorie 2) und der Groß- Kleinschreibung (Kategorie 6) waren keine Unterschiede zu
finden, ps > .34.
Tabelle 6. Ergebnisse von Experiment 3B: Mittelwerte der Anzahl der Fixationen, der Dauer der ersten Fixation und der
Gesamtbetrachtungsdauer getrennt nach einzelnen Kategorien und neuer (RS neu) und alter (RS alt) Rechtschreibung.
Anzahl Fixationen Dauer erste Fixation in ms Gesamtbetrachtungsdauer in msRS neu RS alt Dif T RS neu RS alt Dif RS neu RS alt Dif T
Kategorie 1 1.67 1.66 0.01 0.48 227 249 -22 379 403 -24 -1.8 +Kategorie 2 2.39 2.48 -0.09 -1.1 250 247 3 586 601 -15 -0.96Kategorie 3 1.56 1.81 -0.25 -4.61 *** 237 234 3 367 401 -34 -2.39 *Kategorie 4 3.47 3.11 0.36 3.83 *** 254 259 -5 908 830 78 2.41 *Kategorie 5 2.82 3.23 -0.41 -4.02 *** 240 250 -10 638 762 -124 -5.9 ***Kategorie 6 2.97 3.06 -0.09 -1.08 228 223 5 645 650 -5 -0.28 Anmerkung: Dif= Differenz zwischen neuer und alter Rechtschreibung
* = p < .05
** = p < .01
*** = p < .001
+ = p = .08
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 42
Diskussion
Das Ziel von Experiment 3B war es zu untersuchen, inwieweit Kinder in ihrer Leseleistung
von der Rechtschreibreform profitiert haben, um daraus Schlüsse zu ziehen, welche
Auswirkung eine Rücknahme bzw. Reformierung der Reform hätte. Es zeigte sich sowohl bei
der Systematisierung in Einzelfällen als auch der Getrenntschreibung, dass Kinder zum
Erlesen der ihnen vertrauteren Schreibweise der neuen Rechtschreibung weniger Fixationen
und eine insgesamt kürzere Betrachtungsdauer benötigten. Die Reformierung der s-
Lautschreibung zeigte ebenfalls eine Erleichterung des Lesens im Reformsinne.
Bei der Systematisierung in Einzelfällen, der Getrenntschreibung und der s-Lautschreibung
ist demnach im Falle einer Re-Reformierung beziehungsweise einer Rücknahmen der
Regeländerung zumindest kurzfristig mit Einbußen in der Leseleistung zu rechnen, was sich
insofern auch mit den Aussagen der Kinder deckt, dass über die Hälfte die parallele Existenz
zweier Schreibweisen irritiert. Wie schnell eine Umstellung der Kinder auf eine erneut
reformierte Rechtschreibung einsetzen würde, ist allerdings schwer abzuschätzen.
Erstaunlich ist, dass sich bei den Wörtern zur Schreibung nach dem Stammprinzip keine
Unterschiede zwischen alter und neuer Rechtschreibung fanden. Wenn auch eine größere
Vertrautheit der Kinder mit diesen Wörtern in der neuen Rechtschreibung aufgrund ihrer
relativ geringen Auftretenshäufigkeit nicht unbedingt vorauszusetzen ist, so hätten wir doch
ebenso wie bei den erwachsenen Lesern eine Erleichterung aufgrund von semantischen
Prozessen erwartet.
Allerdings zeigte sich überraschenderweise, wie bereits bei den erwachsenen Lesern, eine
Verschlechterung der Leseleistung durch den Erhalt der Stammschreibung in
Zusammensetzungen. Dies könnte darauf hin deuten, dass das ungewohnte
Aufeinandertreffen dreier gleicher Buchstaben tatsächlich schwerer zu verarbeiten ist. In der
allgemeinen Diskussion soll näher darauf eingegangen werden, welche Bedeutung dieses
Ergebnis für die Rechtschreibreform hat.
Die Änderung der Groß- Kleinschreibung hatte auch bei Kindern, wie bereits bei den
erwachsenen Lesern, keinen Einfluss auf das Lesen.
Auch bei den Kindern ist ein Einfluss der Wortlänge auf das Lesen nicht auszuschließen.
Aber auch hier scheint eine Reduzierung der Ergebnisse auf einen puren Wortlängeneffekt
nicht angebracht, da sich bei den Wörtern zur s-Lautschreibung ein gegenläufiger und bei der
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 43
Schreibung nach dem Stammprinzip kein Einfluss der Wortlänge auf die
Gesamtbetrachtungsdauer zeigte.
Insgesamt lässt sich sagen, dass Kinder erwartungsgemäß bessere oder gleich gute
Leseleistungen bei den ihnen vertrauten Wörtern in neuer Rechtschreibung zeigten. Die
einzige Ausnahme bildeten die Wörter zum Erhalt der Stammschreibung in
Zusammensetzungen.
Allgemeine Diskussion
Ziel unserer Untersuchung war es, die Auswirkungen der Rechtschreibreform auf
Wortverarbeitung und Leseleistung von Erwachsenen und Kindern zu untersuchen. Als
mögliche Einflussfaktoren auf die Wortverarbeitung und die Leseleistung sahen wir a) eine
Zunahme an Konsistenz durch die Reformierung der s-Lautschreibung, b) die Zuordnung der
Wörter zu einer größeren Morphemfamilie durch die Schreibung nach dem Stammprinzip, c)
die leichtere Zerlegbarkeit der Wörter in ihre Morphemkomponenten durch den Erhalt der
Stammschreibung bei Zusammensetzungen und d) die Vertrautheit mit dem alten bzw. neuen
Schriftbild der reformierten Wörter, abhängig von Zwischensubjektfaktoren und der
Auftretenshäufigkeit der Wörter.
Wir fanden in Experiment 1 keine Auswirkungen der Rechtschreibreform auf die
Benennungslatenzen und damit auf den Zugriff auf die phonologischen Repräsentationen der
Wörter im Mentalen Lexikon. Das Ausbleiben von Effekten führten wir auf spezifische
Eigenschaften der Benennungsaufgabe und unseres Stimulusmaterials zurück. Zum einen
fanden wir keine Verkürzung der Benennungslatenzen durch die konsistentere s-
Lautschreibung, da unter Umständen die Wörter in dieser Kategorie zu hochfrequent waren.
Zum anderen können in konsistenten Sprachen, wie dem Deutschen, Wörter über lautierendes
Lesen ausgesprochen werden, ohne dass der lexikalische Zugriff abgeschlossen sein muss.
Die minimalen Veränderungen der Rechtschreibreform, die nur einen Buchstaben betreffen,
könnten infolgedessen beim lauten Aussprechen nur sehr wenig ins Gewicht fallen und damit
die Benennungslatenzen von Wörtern nicht beeinflussen.
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 44
In Experiment 2 konnte der Einfluss der Rechtsschreibreform auf einzelne Kategorien
nachgewiesen werden. In einer Lexikalischen Entscheidungsaufgabe zeigte sich ein Vorteil
für den Zugriff auf das Mentale Lexikon für Wörter in der neuen Rechtschreibung bei der
Reformierung der s-Lautschreibung und dem Erhalt der Stammschreibung in
Zusammensetzungen. Die Wörter zur Systematisierung von Einzelfällen wurden in der alten
Rechtschreibung schneller erkannt.
In Experiment 3A zeigte sich bei Erwachsenen unter relativ natürlichen Lesebedingungen
eine kürzere Gesamtbetrachtungsdauer auf den Wörtern in der neuen Rechtschreibung bei der
Schreibung nach dem Stammprinzip. Länger betrachtet wurden in der neuen Rechtschreibung
die Wörter zum Erhalt der Stammschreibung in Zusammensetzungen und zur
Getrenntschreibung.
Weder in Experiment 1 und 2 noch in 3A konnte in unserer Stichprobe eine Auswirkung der
subjektiven Vertrautheit mit der Rechtschreibreform gefunden werden: Ob die neue
Rechtschreibung von den Versuchspersonen noch in der Schule gelernt wurde oder nicht
zeigte keinen systematischen Einfluss auf Worterkennung und Lesen,
In Experiment 3B zeigte sich erwartungsgemäß, dass Kinder die ihnen vertraute neue
Schreibweise der s-Lautschreibung, der Systematisierung in Einzelfällen und der
Getrenntschreibung insgesamt kürzer betrachteten. Lediglich die Wörter zum Erhalt der
Stammschreibung in Zusammensetzungen wurden in der neuen Rechtschreibung länger
betrachtet. Bei den Wörtern zur Schreibung nach dem Stammprinzip und zur Groß-
Kleinschreibung hatte die Rechtschreibung keinen Einfluss auf die Gesamtbetrachtungsdauer.
Insgesamt sind die Ergebnisse schwer zu deuten. Die Anzahl der veränderten Wörter ist
teilweise gering, oft handelt es sich um Einzelfälle, für die es sehr schwierig ist, einheitliche
Erklärungsmodelle zu finden. Außerdem sind neben der Rechtschreibung an sich, viele
andere Einflussfaktoren in Betracht zu ziehen, da es weder möglich war die Wortlänge
systematisch zu manipulieren, noch die subjektive Vertrautheit der Versuchspersonen mit den
einzelnen Wörtern tatsächlich genau erfasst wurde. Die Einteilung nach in der Schule gelernt,
nicht gelernt mag zwar ein Vertrautheitsmaß darstellen, aber sicherlich kein zuverlässiges
und genaues. Inwieweit die erhöhte Konsistenz beziehungsweise die Aktivierung von
Stammmorphemen tatsächlich Auswirkungen auf Worterkennung und Lesen hatte oder ob die
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 45
Unterschiede zwischen alter und neuer Rechtschreibung lediglich auf die Wortlänge oder die
Vertrautheit mit dem Schriftbild der Wörter zurückzuführen ist, ist deshalb schwer
festzustellen.
Ebenfalls schwierig ist eine Einschätzung des Einflusses der Wortfrequenz auf die
Umstellung der Bevölkerung auf die neue Rechtschreibung. Generell scheinen die Ergebnisse
von Experiment 2 und 3A eher dafür zu sprechen, dass die mittlere Wortfrequenz die
Gewöhnung des Lesers an die neue Rechtschreibung nicht beeinflusst. Die Ergebnisse sind
allerdings sehr inkonsistent und Effekte der Wortlänge und aufgabenspezifischer
Anforderungen nicht auszuschließen.
Unter Umständen ist eine genaue Analyse nicht möglich, aber auch gar nicht nötig. Betrachtet
man die Ergebnisse von einem rein deskriptiv pragmatischen Standpunkt aus, so lässt sich
generell sagen, dass die Rechtschreibreform das Lesen, aus welchen Gründen auch immer,
bei Erwachsenen und Kindern zum Teil sogar erleichtert, aber zumindest nicht verschlechtert
hat. Die einzige Regelreformierung, die sich negativ auf das natürliche Lesen auswirkt, ist der
Erhalt der Stammschreibung in Zusammensetzungen. Sowohl Kinder als auch Erwachsene
zeigten hierbei Einbußen in der Leseleistung von reformierten Wörtern. Rein intuitiv scheint
diese Kategorie aus Sicht der Rechtschreibung aber sehr sinnvoll. Zur Abklärung wäre eine
breit angelegte Rechtschreibstudie nötig.
Ebenfalls Diskussionsbedarf liefert die Getrenntschreibung: So fällt es Kindern zwar leichter,
die getrennt geschriebenen Wörter zu lesen, Erwachsenen aber die zusammengeschriebene
alte Version. Welche Konsequenzen man auch immer aus diesen Ergebnissen ziehen mag,
wichtig erscheint uns eine konsequente Umsetzung einer einheitlichen Schreibweise. Umso
länger in Büchern und Zeitungen zwei unterschiedliche Rechtschreibungen bestehen, um so
länger wird die Umstellung der Bevölkerung dauern und zu umso mehr Irritationen wird es
bei den Schülern kommen, die das Lesen und Schreiben erst noch lernen müssen.
Außerdem scheint es angebracht, vor der nächsten grundlegenden Änderung der
Schriftsprache empirische Studien durchzuführen, um die theoretisch fundierten
Vorüberlegungen anhand von empirischen Daten abzusichern und falls nötig die Regelwerke
an die Ergebnisse anzupassen. Dies würde unter Umständen nicht nur die Kritiker zum
Schweigen bringen, sondern auch zu einer größeren Akzeptanz und damit zu einer
schnelleren Umstellung der Bevölkerung führen.
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 46
Ausblick
Zukünftige Studien könnten weitere Informationen über die Auswirkungen der
Rechtschreibreform auf Lese- und Schreibleistungen liefern. In einer Replikation der Studie
an anderen Stichproben (z.B. schwache Leser) und mit eventuell anderen Versuchsdesigns
(z.B. Längsschnitt) könnten unsere Ergebnisse überprüft und mögliche Gewöhnungseffekte
der Bevölkerung im Verlauf der Zeit besser abschätzbar werden. Außerdem sollten die
Auswirkungen der Rechtschreibreform auf schwache Leser und Kinder und Erwachsene mit
nicht deutscher Muttersprache untersucht werden. Unter Umständen ist gerade bei diesen der
Einfluss der Reform bei weitem eklatanter. Weiterhin sollte eine weitgreifende Studie zur
Rechtschreibung durchgeführt werden: Vor allem beim Erhalt der Stammschreibung in
Zusammensetzungen sollte empirisch abgesichert werden, ob tatsächlich eine Erleichterung
der Rechtschreibung vorliegt und wenn ja, ob diese Verbesserung die von uns gefundene
Erschwernis des Lesens rechtfertigen kann.
Schlussfolgerung
Lesen ist eine der bedeutendsten Leistungen der menschlichen Zivilisation. Das Ziel der
Rechtschreibreform war es, das Rechtschreiben zu erleichtern, dabei aber das Lesen nicht zu
beeinträchtigen. Aus diesem Grund war es unserer Meinung nach wichtig die Auswirkungen
der Rechtschreibreform auf die Worterkennung zu untersuchen. Es zeigten sich im Großen
und Ganzen sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern keine Beeinträchtigungen der
Leseleistung durch die Reform. Lediglich die Änderung der Regel zum Erhalt der
Stammschreibung in Zusammensetzungen verschlechterte die Leseleistung sowohl bei
Erwachsenen als auch bei Kindern. Ein gemischtes Bild ergab sich außerdem bei der
Getrenntschreibung: Hier können zwar Erwachsene die zusammengeschriebenen alten Wörter
besser verarbeiten, Kinder hingegen die neu auseinander geschriebenen. Unserer Meinung
nach wäre es wichtig möglichst kurzfristig eine einheitliche Schreibung anzustreben, da das
gleichzeitige Existieren von alter und neuer Rechtschreibung in den Medien zu
Umlernirritationen bei Erwachsenen und zu einer allgemeinen Verwirrung bei Kindern führen
könnte, die gerade erst Lese- und Rechtschreibkompetenzen erwerben. Außerdem scheint es
angebracht bei zukünftigen Reformierungen dieser Tragweite im Vorfeld empirische
Absicherungen der sicherlich fundierten theoretischen Vorüberlegungen anzustreben, um
anhand von tatsächlichen Daten das Reformvorhaben zu überprüfen.
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 47
Literaturverzeichnis
Baayen, R. H., Piepenbrock, R. & van Rijn, H. (1993). The CELEX Lexical Database [CD-
ROM]. Philadelphia: University of Pennsylvania, Linguistic Data Consortium.
Backman, J., Bruck, M., Hébert, M. & Seidenberg, M. S. (1984). Acquisition and use of
spelling-sound information in reading. Journal of Experimental Child Psychology, 38,
114-133.
Balota, D. A. & Chumbley, J. I. (1984). Are lexical decisions a good measure of lexical
access? The role of word-frequency in the neglected decision stage. Journal of
Experimental Psychology: Human Perception and Performance, 10, 340-357.
Braun, M., Jacobs, A. M., Hahne, A., Ricker, B., Hofmann, M. & Hutzler, F. (2005). Model-
generated lexical activity predicts graded ERP amplitudes in lexical decision. Manuskript
zur Veröffentlichung eingereicht.
Coltheart, M., Curtis, B., Atkins, P. & Haller, M. (1993). Models of reading aloud: Dual-route
and parallel-distributed-processing approaches. Psychological review, 100, 589-608.
Coltheart, M. & Rastle, K. (1994). Serial processing in reading aloud: Evidence for dual-route
models of reading. Journal of Experimental Psychology: Human Perception and
Performance, 20, 1197-1211.
Coltheart, M., Rastle, K, Perry, C., Langdon, R. & Ziegler, J. (2001). DRC: A dual route
cascaded model of visual word recognition and reading aloud. Psychological Review, 108,
204-256.
Connine, C. M., Mullennix, J., Shernoff, E., Yelen, J. (1990). Word familiarity and frequency
in visual and auditory word recognition. Journal of Experimental Psychology: Learning,
Memory, and Cognition, 16(6), 1084-1096.
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 48
Grainger, J. & Jacobs, A. M. (1996). Orthographic processing in visual word recognition: A
multiple-read out model. Psychological Review, 103, 518-565.
Heller, D. (1982). Eye movements in reading. In R. Groner & P. Fraisse (Eds.), Cognition and
eye movements (pp. 139 -154). Amsterdam: North Holland.
Heller, K. (2004). Rechtschreibreform. Eine Zusammenfassung. Sprachreport-Extraausgabe
Juli 2004. Mannheim (Institut für deutsche Sprache).
Hutzler, F. & Wimmer, H. (2004). Eye movements of dyslexic children when reading in a
regular orthography. Brain and Language, 89, 235-242.
Innhoff, A. W., Radach, R. Heller, D. (1996). Morphological processes during word
recognition [Abstract]. Abstracts of the Psychonomic Society, 1, 54.
Jacobs, A.M. (2000). Five questions about cognitive models and some answers from three
models of reading. In A. Kennedy, R. Radach, D. Heller, & J. Pynte (Eds.), Reading as a
perceptual process, (pp. 721-732). Amsterdam: North-Holland.
Jacobs, A.M. (2002). The cognitive psychology of literacy. In N.J. Smelser & P.B. Baltes
(Eds.), International Encyclopedia of the Social and Behavioral Sciences, (pp. 8971-
8975). Amsterdam: Elsevier.
Jacobs, A. M. & Graf, R. (im Druck). Wortformgedächtnis als intuitive Statistik in Sprachen
mit unterschiedlicher Konsistenz. Zeitschrift für Psychologie.
Jacobs, A. M., Graf, R. & Kinder, A. (2003). Receiver Operating Characteristics in the
Lexical Decision Task: Evidence for a simple Signal-Detection Process Simulated by the
Multiple Read-Out Model. Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, and
Cognition, 29(3), 481-488.
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 49
Jacobs, A. M., Rey, A., Ziegler, J. C. & Grainger, J. (1998). MROM-P: An interactive
activation, multiple read-out model of orthographic and phonological processes in visual
word recognition. In J. Grainger & A. M. Jacobs (Eds.), Localist connectionist
approaches to human cognition (pp. 147-188). Mahwah, NJ: Erlbaum.
Jared, D. (2002). Spelling-sound consistency and regularity effects in word naming. Journal
of Memory and Language, 46, 723-750.
Jared, D., Levy, B. A. & Rayner, K. (1999). The role of phonology in the activation of word
meanings during reading: Evidence from proofreading and eye movements. Journal of
Experimental Psychology: General, 128, 219-264.
Jared, D., McRae, K. & Seidenberg, M. S. (1990). The basis of consistency effects in word
naming. Journal of Memory and Language, 29, 687-715.
Jarvella, R. & Meijers, G. (1983). Recognizing morphemes in spoken words: Some evidenc
for a stem-organized mental lexicon. In G. B: Flores d’Arcaos & R. Jarvella (Eds.), The
process of language understanding (pp. 81-112). New York: Wiley.
Juhasz, B. J. & Rayner, K. (2003). Investigating the Effects of a Set of Intercorrelated
Variables on Eye Fixation Durations in Reading. Journal of Experimental Psychology:
Learning, Memory, and Cognition, 29, 1312-1318.
Kliegl, R. & Engbert, R. (2005). Fixation durations before word skipping in reading.
Psychonomic Bulletin & Review, 12, 132-138.
Lacruz, I. & Folk, J. R. (2004). Feedforward and feedback consistency effects for high- and
low-frequency words in lexical decision and naming. The Quarterly Journal of
Experimental Psychology, 57A(7), 1261-1284.
Landerl, K., Wimmer, H. & Frith, U. (1997). The impact of orthographic consistency on
dyslexia: A German-English comparison. Cognition, 63, 315-334.
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 50
McClelland, J. L. & Rumelhart, D. E. (1981). An interactive activation model of context
effects in letter perception: Part I. An account of basic findings. Psychological Review,
88, 375-407.
Marx, H. (1999). Rechtschreibleistung vor und nach der Rechtschreibreform: Was ändert sich
bei Grundschulkindern? Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und pädagogische
Psychologie, 31 (4), 180-189.
Miller, G. A. (1993). Wörter: Streifzüge durch die Psycholinguistik. Frankfurt:
Zweitausendeins.
Rayner, K. (1978). Eye movements in reading and information processing. Psychological
Bulletin, 85, 618-660.
Rayner, K. (1998). Eye movements in reading and information processing: 20 years of
research. Psychological bulletin, 124, 372-422.
Rayner, K., Sereno, S. C. & Raney, G. E. (1996). Eye movement control in reading: A
comparison of two types of models. Journal of Experimental Psychology: Human
Perception and Performance, 22, 1188-1200.
Reichle, E. D., Rayner, K. & Pollatsek, A. (2003). The E-Z Reader model of eye-movement
control in reading: Comparisons to other models. Behavioral and Brain Sciences, 26, 445-
526.
Richter, S. (2001). Schlechtere Rechtschreibleistungen nach Rechtschreibreform? Kritische
Betrachtungen zu einer Untersuchung von Harald Marx. In M. Fölling-Albers, S. Richter,
H. Brüggelmann, & A. Speck-Hamdan (Hrsg.), Jahrbuch Grundschule I. Fragen der
Praxis – Befunde der Forschung (S. 141-143). Velber.
Schneider, W., Knuspert, P., Roth, E., Vise, M. & Marx, H. (1997). Short- and long-term
effects of training phonological awareness in kindergarten: Evidence from two German
studies. Journal of Experimental Child Psychology, 66, 311-340.
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 51
Schreuder, R. & Baayen, H. R. (1997). How complex simplex words can be. Journal of
Memory and Language, 37, 118-139.
Starr, M. S. & Rayner, K. (2001). Eye movements during reading: some current controversies.
Trends in Cognitive Science, 5(4), 156-163.
Williams, R. S. & Morris, R. K. (2004). Eye movements, word familiarity, and vocabulary
acquisition. European Journal of Cognitive Psychology, 16(1/2), 312-339.
Wimmer, H. & Goswami, U. (1994). The influence of orthographic consistency on reading
development: word recognition in English and German children. Cognition, 51, 91-103.
Wimmer, H., Landerl, K., Linortner, R. & Hummer, P. (1991). The relationship of phonemic
awareness to reading acquisition - more consequence than precondition but still important.
Cognition, 40, 219-249.
Ziegler, J. C. & Goswami, U. (2005). Reading acquisition, Developmental Dyslexia, and
skilled Reading across Languages: A Psycholinguistic Grain Size Theory. Psychological
Bulletin, 131(1), 3-29.
Ziegler, J. C. & Jacobs, A. M. (1995). Phonological information provides early sources of
constraint in the processing of letter strings. Journal of Memory and Language, 34(5),
567-593.
Ziegler, J. C., Montant, M. & Jacobs, A. M. (1997). The feedback consistency effect in lexical
decision and naming. Journal of Memory and Language, 37, 533-554.
Ziegler, J. C., Perry, P. & Coltheart, M. (2000). The DRC model of visual word recognition
and reading aloud: An extension to German. European Journal of Cognitive Psychology,
12, 413-430.
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 52
Anhang A: Stimulusmaterial (Reformwörter;Experiment 1 & 2) Kat RS neu RS alt FQ/1Mio Kat RS neu RS alt FQ/1Mio
1 Abschluss Abschluß 96.67 2 platzieren plazieren 2.331 Abschuss Abschuß 2.83 2 Schänke Schenke 1.331 Amboss Amboß 0.5 2 schnäuzen schneuzen 01 Anlass Anlaß 78.5 2 Stängel Stengel 1.331 Beschluss Beschluß 147.5 2 überschwänglich überschwenglich 1.51 Biss Biß 2.67 3 Biografie Biographie 5.671 Einfluss Einfluß 114 3 Delfin Delphin 1.171 Einlass Einlaß 2.17 3 Jogurt Joghurt 3.51 Engpass Engpaß 5.17 3 Ketschup Ketchup 11 Haselnuss Haselnuß 0.83 3 Panter Panther 1.171 Imbiss Imbiß 1.83 3 rau rauh 8.171 Kompass Kompaß 3.67 3 Spagetti Spaghetti 11 Kongress Kongreß 65.17 3 Tunfisch Thunfisch 01 Missgunst Mißgunst 0.67 3 Xylofon Xylophon 0.331 Prozess Prozeß 105.83 4 Balletttänzerin Ballettänzerin 01 Stress Streß 1.67 4 Brennnessel Brennessel 0.171 Überdruss Überdruß 3 4 Geschirrreiniger Geschirreiniger 01 Umriss Umriß 2.17 4 Krepppapier Kreppapier 0.171 Verlass Verlaß 3 4 Schifffahrtslinie Schiffahrtslinie 11 Walross Walroß 0.17 4 Schwimmmeister Schwimmeister 0.172 aufwändig aufwendig 4.17 4 Seeelefant Seelefant 02 belämmert belemmert 0 4 Stillleben Stilleben 1.172 Gämse Gemse 0.5 4 Stofffetzen Stoffetzen 02 Karamell Karamel 0 4 Teeernte Teernte 02 nummerieren numerieren 1.83
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 53
Anhang B: Instruktion der Benennungsaufgabe
Liebe Versuchsperson!
Du wirst in der Mitte des Bildschirms ein Wort erscheinen
sehen. Du sollst dieses Wort bitte so schnell, aber auch so
korrekt wie möglich aussprechen. Bitte sprich dabei
möglichst laut und deutlich.
Noch Fragen?
Sonst viel Spaß!
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 54
Anhang C: Nichtwörter der Lexikalischen Entscheidungsaufgabe
Kat RS NW Länge Kat RS NW Länge
5 neu Anstiss 7 5 alt Abluß 55 neu Beluss 6 5 alt Austruß 75 neu Boliss 6 5 alt Ballruß 75 neu Duss 4 5 alt Bristiß 75 neu Erbless 7 5 alt Duß 35 neu Ertriss 7 5 alt Eingluß 75 neu Fliss 5 5 alt Einliß 65 neu Gess 4 5 alt Foloß 55 neu Hassel 6 5 alt Frauß 55 neu Hubiss 6 5 alt keiß 45 neu Huss 4 5 alt Kleuße 65 neu Kroness 7 5 alt Kluß 45 neu Lochess 7 5 alt Lackmiß 75 neu Obriss 6 5 alt Lamoß 55 neu Pedoss 6 5 alt Scheußel 85 neu Risser 6 5 alt schreußen 95 neu Schliss 7 5 alt Sieße 55 neu Toktuss 7 5 alt Stagniß 75 neu Triss 5 5 alt Traktiß 75 neu Zuliss 6 5 alt Walriß 66 neu Balenke 7 6 alt befreidet 96 neu Brinkel 7 6 alt Befreiger 96 neu gelittert 9 6 alt betriegen 96 neu Kolmante 8 6 alt ertringig 96 neu kroperieren 11 6 alt Flische 76 neu manderig 8 6 alt Krumpfe 76 neu Rumse 5 6 alt schankerberlich 156 neu schnopsen 9 6 alt verkautig 96 neu stratieren 10 6 alt verleigen 96 neu unterstretlich 14 6 alt zerstaren 97 neu Banke 5 7 alt Abtrieger 97 neu Beikel 6 7 alt Anleder 77 neu Betrauer 8 7 alt Belagen 77 neu Dampel 6 7 alt dall 47 neu Ernannung 9 7 alt Rumpfer 77 neu Regarung 8 7 alt Tascher 77 neu Schassel 8 7 alt Verbinner 97 neu Schinkel 8 7 alt Vorserge 87 neu Telefan 7 7 alt Zersterung 10
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 55
Kat RS NW Länge Kat RS NW Länge
8 neu Gesperrrausterer 16 8 alt Bestarränderei 148 neu Grilllusten 11 8 alt Frannussel 108 neu Klafffertsbauste 16 8 alt Freestel 88 neu Klemmmeunster 13 8 alt Gellanken 98 neu Klepppeikel 11 8 alt Melettinterin 138 neu Seeepferst 10 8 alt Schufferterlinge 168 neu Tabetttursterin 15 8 alt Seelste 78 neu Teeempfe 8 8 alt Stammausterei 138 neu Trefffutzer 11 8 alt Stipperten 108 neu Trennnunkel 11 8 alt Triffauten 10
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 56
Anhang D: Instruktion der Lexikalischen Entscheidungsaufgabe
Liebe Versuchsperson!
Du wirst in der Mitte des Bildschirms Buchstabenfolgen
erscheinen sehen. Du sollst bitte so schnell, aber auch so
korrekt wie möglich entscheiden, ob es sich bei der
Buchstabenfolge um ein Wort der deutschen Sprache
handelt, oder nicht. Ein Nichtwort wäre beispielsweise
Zwompf.
Ist es ein Wort, so drücke bitte die rechte Taste, ist es kein
Wort, so drücke bitte die linke Taste.
Ach ja, ob die Wörter in alter oder neuer Rechtschreibung
geschrieben sind, ist nicht von Bedeutung!
Noch Fragen?
Sonst viel Spaß
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 57
Anhang E: Sätze (Blickbewegungsstudie)
Kat RS Satz Bild Stimulus FQ/1Mio Länge L/B
1 neu In Amerika fand der Abschuss der Marsrakete statt. kein Bild Abschuss 2.83 8 A11 neu Klaus freut sich auf den Abschuss der Silvesterraketen. Bild 4 Abschuss 2.83 8 B11 alt In Amerika fand der Abschuß der Marsrakete statt. kein Bild Abschuß 2.83 7 B21 alt Klaus freut sich auf den Abschuß der Silvesterraketen. Bild 4 Abschuß 2.83 7 A21 neu Auf den Amboss fiel krachend der Hammer. kein Bild Amboss 0.50 6 A11 neu Max kann den Amboss kaum heben. kein Bild Amboss 0.50 6 B11 alt Auf den Amboß fiel krachend der Hammer. kein Bild Amboß 0.50 5 B21 alt Max kann den Amboß kaum heben. kein Bild Amboß 0.50 5 A21 neu Der heutige Anlass ist traurig. kein Bild Anlass 78.50 6 A11 neu Susi bekam ohne jeden Anlass Blumen geschenkt. Bild 18 Anlass 78.50 6 B11 alt Der heutige Anlaß ist traurig. kein Bild Anlaß 78.50 5 B21 alt Susi bekam ohne jeden Anlaß Blumen geschenkt. Bild 18 Anlaß 78.50 5 A21 neu Der kleinste Biss dieser Schlange kann tödlich sein. kein Bild Biss 2.67 4 B11 neu Mit kräftigem Biss verschlang er seinen Apfel. Bild 1 Biss 2.67 4 A11 alt Der kleinste Biß dieser Schlange kann tödlich sein. kein Bild Biß 2.67 3 A21 alt Mit kräftigem Biß verschlang er seinen Apfel. Bild 1 Biß 2.67 3 B21 neu Es folgte der Einlass des Löwen in die Manege. Bild 3 Einlass 2.17 7 A11 neu Lea steht am Einlass und möchte hinein. kein Bild Einlass 2.17 7 B11 alt Es folgte der Einlaß des Löwen in die Manege. Bild 3 Einlaß 2.17 6 B21 alt Lea steht am Einlaß und möchte hinein. kein Bild Einlaß 2.17 6 A21 neu Im Sommer gab es einen Engpass in der Wasserversorgung. kein Bild Engpass 5.17 7 B11 neu Wie konnte Bernd nur in diesen Engpass geraten? kein Bild Engpass 5.17 7 A11 alt Im Sommer gab es einen Engpaß in der Wasserversorgung. kein Bild Engpaß 5.17 6 A21 alt Wie konnte Bernd nur in diesen Engpaß geraten? kein Bild Engpaß 5.17 6 B2
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 58
Kat RS Satz Bild Stimulus FQ/1Mio Länge L/B
1 neu Auf dem hölzernen Fass sitzt ein Papagei. Bild 5 Fass 13.33 4 B21 neu In dem alten Fass schläft ein brauner Hund. kein Bild Fass 13.33 4 A21 alt Auf dem hölzernen Faß sitzt ein Papagei. Bild 5 Faß 13.33 3 A11 alt In dem alten Faß schläft ein brauner Hund. kein Bild Faß 13.33 3 B11 neu Das Nilpferd liegt im Fluss und sonnt sich. Bild 6 Fluss 41.50 5 A11 neu Die Indianer überqueren den Fluss mit einem Kanu. kein Bild Fluss 41.50 5 B11 alt Das Nilpferd liegt im Fluß und sonnt sich. Bild 6 Fluß 41.50 4 B21 alt Die Indianer überqueren den Fluß mit einem Kanu. kein Bild Fluß 41.50 4 A21 neu Caro aß mit Genuss die ganze Sahnetorte auf. Bild 7 Genuss 18.67 6 A21 neu Die Katze fraß voller Genuss den Fischkopf. kein Bild Genuss 18.67 6 B21 alt Caro aß mit Genuß die ganze Sahnetorte auf. Bild 7 Genuß 18.67 5 B11 alt Die Katze fraß voller Genuß den Fischkopf. kein Bild Genuß 18.67 5 A11 neu Am kleinen Imbiss gibt es Bratwurst. Bild 2 Imbiss 1.83 6 A21 neu Gegen einen Imbiss ist nichts einzuwenden. kein Bild Imbiss 1.83 6 B21 alt Am kleinen Imbiß gibt es Bratwurst. Bild 2 Imbiß 1.83 5 B11 alt Gegen einen Imbiß ist nichts einzuwenden. kein Bild Imbiß 1.83 5 A11 neu Der Kapitän segelt mit Kompass über das Meer. kein Bild Kompass 3.67 7 B11 neu Nach meinem Kompass gehen wir Richtung Süden. kein Bild Kompass 3.67 7 A11 alt Der Kapitän segelt mit Kompaß über das Meer. kein Bild Kompaß 3.67 6 A21 alt Nach meinem Kompaß gehen wir Richtung Süden. kein Bild Kompaß 3.67 6 B21 neu Boris wünscht sich einen Kuss von Doris. kein Bild Kuss 11.67 4 A21 neu Oma drückte ihr einen Kuss auf die Backe. kein Bild Kuss 11.67 4 B21 alt Boris wünscht sich einen Kuß von Doris. kein Bild Kuß 11.67 3 B11 alt Oma drückte ihr einen Kuß auf die Backe. kein Bild Kuß 11.67 3 A1
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 59
Kat RS Satz Bild Stimulus FQ/1Mio Länge L/B
1 neu Neid und Missgunst zerstören Freundschaften. kein Bild Missgunst 0.67 9 B21 neu Sie schaut voller Missgunst auf ihren Bruder. kein Bild Missgunst 0.67 9 A21 alt Neid und Mißgunst zerstören Freundschaften. kein Bild Mißgunst 0.67 8 A11 alt Sie schaut voller Mißgunst auf ihren Bruder. kein Bild Mißgunst 0.67 8 B11 neu Das Eichhörnchen vergräbt eine Nuss im Schnee. kein Bild Nuss 4.00 4 B21 neu Der Clown ist auf einer Nuss ausgerutscht. kein Bild Nuss 4.00 4 A21 alt Das Eichhörnchen vergräbt eine Nuß im Schnee. kein Bild Nuß 4.00 3 A11 alt Der Clown ist auf einer Nuß ausgerutscht. kein Bild Nuß 4.00 3 B11 neu Der Dieb knackte das Schloss mit einem Draht. Bild 20 Schloss 71.17 7 B21 neu Im alten Schloss spukt ein Geist. kein Bild Schloss 71.17 7 A21 alt Der Dieb knackte das Schloß mit einem Draht. Bild 20 Schloß 71.17 6 A11 alt Im alten Schloß spukt ein Geist. kein Bild Schloß 71.17 6 B11 neu Felix hat mit Eva Schluss gemacht. kein Bild Schluss 96.83 7 A21 neu Zum Glück waren am Schluss alle zufrieden. kein Bild Schluss 96.83 7 B21 alt Felix hat mit Eva Schluß gemacht. kein Bild Schluß 96.83 6 B11 alt Zum Glück waren am Schluß alle zufrieden. kein Bild Schluß 96.83 6 A11 neu Der viele Stress bekam ihm nicht. kein Bild Stress 1.67 6 B11 neu Florian hat oft Stress mit seinen Eltern. kein Bild Stress 1.67 6 A11 alt Der viele Streß bekam ihm nicht. kein Bild Streß 1.67 5 A21 alt Florian hat oft Streß mit seinen Eltern. kein Bild Streß 1.67 5 B21 neu Der gewaltige Umriss seines Körpers warf einen Schatten. kein Bild Umriss 2.17 6 B21 neu Sie sah den Umriss des Geisterhauses im Nebel. kein Bild Umriss 2.17 6 A21 alt Der gewaltige Umriß seines Körpers warf einen Schatten. kein Bild Umriß 2.17 5 A11 alt Sie sah den Umriß des Geisterhauses im Nebel. kein Bild Umriß 2.17 5 B1
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 60
Kat RS Satz Bild Stimulus FQ/1Mio Länge L/B
1 neu Auf Markus ist Verlass bei Verabredungen. kein Bild Verlass 3.00 7 A21 neu Gestern war kein Verlass auf Kathrin. kein Bild Verlass 3.00 7 B21 alt Auf Markus ist Verlaß bei Verabredungen. kein Bild Verlaß 3.00 6 B11 alt Gestern war kein Verlaß auf Kathrin. kein Bild Verlaß 3.00 6 A11 neu Das dicke Walross geht schwimmen. kein Bild Walross 0.17 7 A11 neu Im Zirkus macht ein Walross viele Kunststücke. Bild 19 Walross 0.17 7 B11 alt Das dicke Walroß geht schwimmen. kein Bild Walroß 0.17 6 B21 alt Im Zirkus macht ein Walroß viele Kunststücke. Bild 19 Walroß 0.17 6 A22 neu Bei einer aufwändigen Hausaufgabe hat man viel zu tun. kein Bild aufwändig 4.17 9 B12 neu Manche Sportarten sind aufwändig und teuer. kein Bild aufwändig 4.17 9 A12 alt Bei einer aufwendigen Hausaufgabe hat man viel zu tun. kein Bild aufwendig 4.17 9 A22 alt Manche Sportarten sind aufwendig und teuer. kein Bild aufwendig 4.17 9 B22 neu Der Zwerg schaut belämmert auf die Schaufel. Bild 25 belämmert 0.00 9 B22 neu Die Katze schaut belämmert auf die Stoffmaus. kein Bild belämmert 0.00 9 A22 alt Der Zwerg schaut belemmert auf die Schaufel. Bild 25 belemmert 0.00 9 A12 alt Die Katze schaut belemmert auf die Stoffmaus. kein Bild belemmert 0.00 9 B12 neu Im Zoo leben eine Gämse und ein Steinbock. Bild 24 Gämse 0.50 5 B22 neu Wie sieht eine Gämse aus? kein Bild Gämse 0.50 5 A22 alt Im Zoo leben eine Gemse und ein Steinbock. Bild 24 Gemse 0.50 5 A12 alt Wie sieht eine Gemse aus? kein Bild Gemse 0.50 5 B12 alt Auf dem Volksfest gibt es Karamel und Zuckerwatte. kein Bild Karamel 0.00 7 A12 alt Bonbons mit Karamel esse ich gerne. kein Bild Karamel 0.00 7 B12 neu Auf dem Volksfest gibt es Karamell und Zuckerwatte. kein Bild Karamell 0.00 8 B22 neu Bonbons mit Karamell esse ich gerne. kein Bild Karamell 0.00 8 A2
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 61
Kat RS Satz Bild Stimulus FQ/1Mio Länge L/B
2 alt Die Schweine wurden numeriert und rannten los. Bild 26 numerieren 1.83 10 B12 alt Die Seiten wurden numeriert und geordnet. kein Bild numerieren 1.83 10 A12 neu Die Schweine wurden nummeriert und rannten los. Bild 26 nummerieren 1.83 11 A22 neu Die Seiten wurden nummeriert und geordnet. kein Bild nummerieren 1.83 11 B22 neu Der Sportler platzierte sich unter den Besten. kein Bild platzieren 2.33 10 B12 neu Die Familie platzierte sich zum gemeinsamen Foto. Bild 10 platzieren 2.33 10 A12 alt Der Sportler plazierte sich unter den Besten. kein Bild plazieren 2.33 9 A22 alt Die Familie plazierte sich zum gemeinsamen Foto. Bild 10 plazieren 2.33 9 B22 neu Die kleine Schänke ist gut besucht. kein Bild Schänke 1.33 7 A22 neu In der alten Schänke gibt es Wein. kein Bild Schänke 1.33 7 B22 alt Die kleine Schenke ist gut besucht. kein Bild Schenke 1.33 7 B12 alt In der alten Schenke gibt es Wein. kein Bild Schenke 1.33 7 A12 neu Das kleine Mädchen schnäuzt sich die Nase. kein Bild schnäuzen 0.00 9 A12 neu Mein Großvater schnäuzt sich lautstark. kein Bild schnäuzen 0.00 9 B12 alt Das kleine Mädchen schneuzt sich die Nase. kein Bild schneuzen 0.00 9 B22 alt Mein Großvater schneuzt sich lautstark. kein Bild schneuzen 0.00 9 A22 neu Der lange Stängel der Rose hat Dornen. kein Bild Stängel 1.33 7 A22 neu Monika soll die Stängel der Blumen noch kürzen. kein Bild Stängel 1.33 7 B22 alt Der lange Stengel der Rose hat Dornen. kein Bild Stengel 1.33 7 B12 alt Monika soll die Stengel der Blumen noch kürzen. kein Bild Stengel 1.33 7 A12 neu Der Welpe begrüßte überschwänglich sein Herrchen. Bild 27 überschwänglich 1.50 15 A12 neu Klara sprang überschwänglich über die Wiese. kein Bild überschwänglich 1.50 15 B12 alt Der Welpe begrüßte überschwenglich sein Herrchen. Bild 27 überschwenglich 1.50 15 B22 alt Klara sprang überschwenglich über die Wiese. kein Bild überschwenglich 1.50 15 A2
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 62
Kat RS Satz Bild Stimulus FQ/1Mio Länge L/B
3 neu Das kannst du in meiner Biografie nachlesen. kein Bild Biografie 5.67 9 A13 neu Dieter Bohlens Biografie ist Weltliteratur. kein Bild Biografie 5.67 9 B13 alt Das kannst du in meiner Biographie nachlesen. kein Bild Biographie 5.67 10 B23 alt Dieter Bohlens Biographie ist Weltliteratur. kein Bild Biographie 5.67 10 A23 neu Der kleine Delfin schwimmt mit den bunten Fischen. Bild 11 Delfin 1.17 6 A23 neu Der verspielte Delfin springt durch den Reifen. kein Bild Delfin 1.17 6 B23 alt Der kleine Delphin schwimmt mit den bunten Fischen. Bild 11 Delphin 1.17 7 B13 alt Der verspielte Delphin springt durch den Reifen. kein Bild Delphin 1.17 7 A13 alt Das kleine Kind spuckt den Joghurt durch das Zimmer. kein Bild Joghurt 3.50 7 A13 alt Ich esse gerne Joghurt mit Früchten. Bild 12 Joghurt 3.50 7 B13 neu Das kleine Kind spuckt den Jogurt durch das Zimmer. kein Bild Jogurt 3.50 6 B23 neu Ich esse gerne Jogurt mit Früchten. Bild 12 Jogurt 3.50 6 A23 alt Ich esse Pommes mit Ketchup und Majonäse. kein Bild Ketchup 1.00 7 A13 alt Zu Nudeln ist Ketchup richtig lecker. kein Bild Ketchup 1.00 7 B13 neu Ich esse Pommes mit Ketschup und Majonäse. kein Bild Ketschup 1.00 8 B23 neu Zu Nudeln ist Ketschup richtig lecker. kein Bild Ketschup 1.00 8 A23 neu Der Löwe und der Panter sehen im Zoo so traurig aus. kein Bild Panter 1.17 6 A13 neu Der schwarze Panter schleicht durch den Dschungel. kein Bild Panter 1.17 6 B13 alt Der Löwe und der Panther sehen im Zoo so traurig aus. kein Bild Panther 1.17 7 B23 alt Der schwarze Panther schleicht durch den Dschungel. kein Bild Panther 1.17 7 A23 neu Die Hände sind rau vom vielen Arbeiten. kein Bild rau 8.17 3 A13 neu Hundezungen sind rau und feucht. Bild 28 rau 8.17 3 B13 alt Die Hände sind rauh vom vielen Arbeiten. kein Bild rauh 8.17 4 B23 alt Hundezungen sind rauh und feucht. Bild 28 rauh 8.17 4 A2
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 63
Kat RS Satz Bild Stimulus FQ/1Mio Länge L/B
3 neu Die leckersten Spagetti macht Mama. Bild 13 Spagetti 1.00 8 A13 neu Kinder lieben Spagetti und Pizza. kein Bild Spagetti 1.00 8 B13 alt Die leckersten Spaghetti macht Mama. Bild 13 Spaghetti 1.00 9 B23 alt Kinder lieben Spaghetti und Pizza. kein Bild Spaghetti 1.00 9 A23 alt Die Dose mit Thunfisch ist eingebeult. kein Bild Thunfisch 0.00 9 B23 alt Ich habe Thunfisch im Restaurant gegessen. kein Bild Thunfisch 0.00 9 A23 neu Die Dose mit Tunfisch ist eingebeult. kein Bild Tunfisch 0.00 8 A13 neu Ich habe Tunfisch im Restaurant gegessen. kein Bild Tunfisch 0.00 8 B13 neu Kevins neues Xylofon ist leider kaputt. kein Bild Xylofon 0.33 7 A13 neu Mark spielt Xylofon und Geige. Bild 29 Xylofon 0.33 7 B13 alt Kevins neues Xylophon ist leider kaputt. kein Bild Xylophon 0.33 8 B23 alt Mark spielt Xylophon und Geige. Bild 29 Xylophon 0.33 8 A24 alt Die berühmte Ballettänzerin brach sich ein Bein. Bild 32 Ballettänzerin 0.00 14 A14 alt Lisa will später Ballettänzerin werden. kein Bild Ballettänzerin 0.00 14 B14 neu Die berühmte Balletttänzerin brach sich ein Bein. Bild 32 Balletttänzerin 0.00 15 B24 neu Lisa will später Balletttänzerin werden. kein Bild Balletttänzerin 0.00 15 A24 alt Aus Hagebutten und Brennesseln kocht man Tee. Bild 31 Brennessel 0.17 10 A14 alt Julia hat sich in die Brennesseln gesetzt. Bild 15 Brennessel 0.17 10 B14 neu Aus Hagebutten und Brennnesseln kocht man Tee. Bild 31 Brennnessel 0.17 11 B24 neu Julia hat sich in die Brennnesseln gesetzt. Bild 15 Brennnessel 0.17 11 A24 alt Boris kauft Geschirreiniger und Schwämme. kein Bild Geschirreiniger 0.00 15 A14 alt Wo hast du den Geschirreiniger hingestellt? kein Bild Geschirreiniger 0.00 15 B14 neu Boris kauft Geschirrreiniger und Schwämme. kein Bild Geschirrreiniger 0.00 16 B24 neu Wo hast du den Geschirrreiniger hingestellt? kein Bild Geschirrreiniger 0.00 16 A2
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 64
Kat RS Satz Bild Stimulus FQ/1Mio Länge L/B
4 alt Dana bastelt mit Kreppapier und Schere. kein Bild Kreppapier 0.17 10 A14 alt Das Paket aus Kreppapier ist fertig. kein Bild Kreppapier 0.17 10 B14 neu Dana bastelt mit Krepppapier und Schere. kein Bild Krepppapier 0.17 11 B24 neu Das Paket aus Krepppapier ist fertig. kein Bild Krepppapier 0.17 11 A24 alt Die nördliche Schiffahrtslinie ist gut besucht. kein Bild Schiffahrtslinie 1.00 16 B14 alt Florian ist mit einer Schiffahrtslinie durch den Hafen gefahren. kein Bild Schiffahrtslinie 1.00 16 A14 neu Die nördliche Schifffahrtslinie ist gut besucht. kein Bild Schifffahrtslinie 1.00 17 A24 neu Florian ist mit einer Schifffahrtslinie durch den Hafen gefahren. kein Bild Schifffahrtslinie 1.00 17 B24 alt Jens ist Schwimmeister und Rennfahrer. kein Bild Schwimmeister 0.17 13 A24 alt Otto ist Schwimmeister von Berlin. kein Bild Schwimmeister 0.17 13 B24 neu Jens ist Schwimmmeister und Rennfahrer. kein Bild Schwimmmeister 0.17 14 B14 neu Otto ist Schwimmmeister von Berlin. kein Bild Schwimmmeister 0.17 14 A14 neu Marie hat viele Seeelefanten und Robben gesehen. kein Bild Seeelefant 0.00 10 B14 neu Sind das Seeelefanten oder Seekühe? Bild 14 Seeelefant 0.00 10 A14 alt Marie hat viele Seelefanten und Robben gesehen. kein Bild Seelefant 0.00 9 A24 alt Sind das Seelefanten oder Seekühe? Bild 14 Seelefant 0.00 9 B24 alt Bitte zeichne ein Stilleben für mich! kein Bild Stilleben 1.17 9 B24 alt Lucy malt ein Stilleben für Lars. Bild 30 Stilleben 1.17 9 A24 neu Bitte zeichne ein Stillleben für mich! kein Bild Stillleben 1.17 10 A14 neu Lucy malt ein Stillleben für Lars. Bild 30 Stillleben 1.17 10 B14 alt Aus den Stoffetzen mache ich eine Decke. kein Bild Stoffetzen 0.00 10 B24 alt Das ist ein Stoffetzen und kein Kleid. kein Bild Stoffetzen 0.00 10 A24 neu Aus den Stofffetzen mache ich eine Decke. kein Bild Stofffetzen 0.00 11 A14 neu Das ist ein Stofffetzen und kein Kleid. kein Bild Stofffetzen 0.00 11 B1
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 65
Kat RS Satz Bild Stimulus FQ/1Mio Länge L/B
4 neu Bald ist die Zeit der Teeernte gekommen. kein Bild Teeernte 0.00 8 A14 neu Bei der Teeernte helfen alle mit. kein Bild Teeernte 0.00 8 B14 alt Bald ist die Zeit der Teernte gekommen. kein Bild Teernte 0.00 7 B24 alt Bei der Teernte helfen alle mit. kein Bild Teernte 0.00 7 A25 neu Engel haben blond gelockte Haare und Flügel. Bild 21 blond gelockt 0.67 13 B15 neu Es lief eine blond gelockte Schönheit vorbei. kein Bild blond gelockt 0.67 13 A15 alt Engel haben blondgelockte Haare und Flügel. Bild 21 blondgelockt 0.67 12 A25 alt Es lief eine blondgelockte Schönheit vorbei. kein Bild blondgelockt 0.67 12 B25 neu Radfahrer tragen eng anliegende Hemden und Hosen. Bild 22 eng anliegend 0.67 13 B15 neu Sarah mag eng anliegende T-Shirts. kein Bild eng anliegend 0.67 13 A15 alt Radfahrer tragen enganliegende Hemden und Hosen. Bild 22 enganliegend 0.67 12 A25 alt Sarah mag enganliegende T-Shirts. kein Bild enganliegend 0.67 12 B25 neu Bedrohte Tierarten kann man gefangen nehmen und züchten. kein Bild gefangen nehmen 3.17 15 A25 neu Verbrecher sollte man gefangen nehmen und einsperren. Bild 23 gefangen nehmen 3.17 15 B25 alt Bedrohte Tierarten kann man gefangennehmen und züchten. kein Bild gefangennehmen 3.17 14 B15 alt Verbrecher sollte man gefangennehmen und einsperren. Bild 23 gefangennehmen 3.17 14 A15 neu Der Sand ist glühend heiß durch die Sonne. Bild 8 glühend heiß 0.00 12 A15 neu Der Topf ist glühend heiß und voller Suppe. kein Bild glühend heiß 0.00 12 B15 alt Der Sand ist glühendheiß durch die Sonne. Bild 8 glühendheiß 0.00 11 B25 alt Der Topf ist glühendheiß und voller Suppe. kein Bild glühendheiß 0.00 11 A25 neu Bernd mag ein hart gekochtes Ei zum Frühstück. kein Bild hart gekocht 0.50 12 B15 neu Der Osterhase versteckt hart gekochte und bunte Eier. kein Bild hart gekocht 0.50 12 A15 alt Bernd mag ein hartgekochtes Ei zum Frühstück. kein Bild hartgekocht 0.50 11 A25 alt Der Osterhase versteckt hartgekochte und bunte Eier. kein Bild hartgekocht 0.50 11 B2
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 66
Kat RS Satz Bild Stimulus FQ/1Mio Länge L/B
5 neu Ich würd ihn so gerne kennen lernen und mit ihm reden. kein Bild kennen lernen 39.67 13 A25 neu Man sollte sich kennen lernen bevor man heiratet. kein Bild kennen lernen 39.67 13 B25 alt Ich würd ihn so gerne kennenlernen und mit ihm reden. kein Bild kennenlernen 39.67 12 B15 alt Man sollte sich kennenlernen bevor man heiratet. kein Bild kennenlernen 39.67 12 A15 neu Der Tisch war reich geschmückt und voller Leckereien. kein Bild reich geschmückt 0.00 16 B25 neu Der Weihnachtsbaum ist reich geschmückt mit Lametta. Bild 9 reich geschmückt 0.00 16 A25 alt Der Tisch war reichgeschmückt und voller Leckereien. kein Bild reichgeschmückt 0.00 15 A15 alt Der Weihnachtsbaum ist reichgeschmückt mit Lametta. Bild 9 reichgeschmückt 0.00 15 B15 neu Martin soll die Küche sauber halten und sein Zimmer aufräumen. kein Bild sauber halten 0.17 13 A25 neu Sie soll das Haus sauber halten und das Essen kochen. kein Bild sauber halten 0.17 13 B25 alt Martin soll die Küche sauberhalten und sein Zimmer aufräumen. kein Bild sauberhalten 0.17 12 B15 alt Sie soll das Haus sauberhalten und das Essen kochen. kein Bild sauberhalten 0.17 12 A15 neu An roten Ampeln sollte man stehen bleiben und warten. kein Bild stehen bleiben 9.50 14 A25 neu Steffi möchte stehen bleiben und sich umschauen. kein Bild stehen bleiben 9.50 14 B25 alt An roten Ampeln sollte man stehenbleiben und warten. kein Bild stehenbleiben 9.50 13 B15 alt Steffi möchte stehenbleiben und sich umschauen. kein Bild stehenbleiben 9.50 13 A15 neu Die Verkäuferin hat zu viel Geld berechnet. kein Bild zu viel 36.17 7 B15 neu Ich habe zu viel Schokolade gegessen. kein Bild zu viel 36.17 7 A15 alt Die Verkäuferin hat zuviel Geld berechnet. kein Bild zuviel 36.17 6 A25 alt Ich habe zuviel Schokolade gegessen. kein Bild zuviel 36.17 6 B26 neu Jan hat sich im Nachhinein bei mir entschuldigt. kein Bild das Beste 0.00 9 A26 neu Vieles sieht im Nachhinein ganz anders aus. kein Bild das Beste 0.00 9 B26 alt Jan hat sich im nachhinein bei mir entschuldigt. kein Bild das beste 0.00 9 B16 alt Vieles sieht im nachhinein ganz anders aus. kein Bild das beste 0.00 9 A1
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 67
Kat RS Satz Bild Stimulus FQ/1Mio Länge L/B
6 neu Die Katze weiß nicht das Geringste über Mäuse. Bild 17 das Geringste 0.00 13 A16 neu Uli hat nicht das Geringste übrig für Lügner. kein Bild das Geringste 0.00 13 B16 alt Die Katze weiß nicht das geringste über Mäuse. Bild 17 das geringste 0.00 13 B26 alt Uli hat nicht das geringste übrig für Lügner. kein Bild das geringste 0.00 13 A26 neu Ich war gestern Abend zu Hause. kein Bild gestern Abend 0.00 13 A26 neu Steffi war gestern Abend im Theater. kein Bild gestern Abend 0.00 13 B26 alt Ich war gestern abend zu Hause. kein Bild gestern abend 0.00 13 B16 alt Steffi war gestern abend im Theater. kein Bild gestern abend 0.00 13 A16 neu Pferde sind im Allgemeinen liebe Tiere. Bild 33 im Allgemeinen 0.00 14 B26 neu Robert geht im Allgemeinen lieber ins Kino. Bild 16 im Allgemeinen 0.00 14 A26 alt Pferde sind im allgemeinen liebe Tiere. Bild 33 im allgemeinen 0.00 14 A16 alt Robert geht im allgemeinen lieber ins Kino. Bild 16 im allgemeinen 0.00 14 B16 neu Ria und Paul sind im Bösen auseinander gegangen. kein Bild im Bösen trennen 0.00 16 A26 neu Sie haben sich im Bösen getrennt. kein Bild im Bösen trennen 0.00 16 B26 alt Ria und Paul sind im bösen auseinander gegangen. kein Bild im bösen trennen 0.00 16 B16 alt Sie haben sich im bösen getrennt. kein Bild im bösen trennen 0.00 16 A16 neu Bei Nachtwanderungen im Dunkeln zu tappen ist normal. kein Bild im Dunkeln tappen 0.00 17 A16 neu Der Detektiv hat lange im Dunkeln getappt. Bild 35 im Dunkeln tappen 0.00 17 B16 alt Bei Nachtwanderungen im dunkeln zu tappen ist normal. kein Bild im dunkeln tappen 0.00 17 B26 alt Der Detektiv hat lange im dunkeln getappt. Bild 35 im dunkeln tappen 0.00 17 A26 neu Die Bande beriet im Geheimen ihren Plan. kein Bild im Geheimen 0.00 11 A26 neu Sie treffen sich im Geheimen auf dem Dachboden. Bild 34 im Geheimen 0.00 11 B26 alt Die Bande beriet im geheimen ihren Plan. kein Bild im geheimen 0.00 11 B16 alt Sie treffen sich im geheimen auf dem Dachboden. Bild 34 im geheimen 0.00 11 A1
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 68
Kat RS Satz Bild Stimulus FQ/1Mio Länge L/B
6 neu Das ändert im Großen und Ganzen nichts mehr. kein Bild im Großen und Ganzen 0.00 20 B16 neu Das Konzert war im Großen und Ganzen ein Erfolg. kein Bild im Großen und Ganzen 0.00 20 A16 alt Das ändert im großen und ganzen nichts mehr. kein Bild im großen und ganzen 0.00 20 A26 alt Das Konzert war im großen und ganzen ein Erfolg. kein Bild im großen und ganzen 0.00 20 B26 neu Es sollte jeder Einzelne fleißig mithelfen. kein Bild jeder Einzelne 0.00 14 B16 neu Plötzlich hatte jeder Einzelne eine Idee. kein Bild jeder Einzelne 0.00 14 A16 alt Es sollte jeder einzelne fleißig mithelfen. kein Bild jeder einzelne 0.00 14 A26 alt Plötzlich hatte jeder einzelne eine Idee. kein Bild jeder einzelne 0.00 14 B26 neu Peter sollte Recht behalten und gewinnen. kein Bild Recht behalten 0.00 14 A16 neu Sven sollte Recht behalten mit seiner Vermutung. kein Bild Recht behalten 0.00 14 B16 alt Peter sollte recht behalten und gewinnen. kein Bild recht behalten 0.00 14 B26 alt Sven sollte recht behalten mit seiner Vermutung. kein Bild recht behalten 0.00 14 A2
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 69
Anhang F: Bilder (Blickbewegungsstudie)
Bild 4 Bild 5 Bild 6
Bild 1 Bild 2 Bild 3
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 70
Bild 7 Bild 8 Bild 9
Bild 10 Bild 11 Bild 12
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 71
Bild 13 Bild 14 Bild 15
Bild 16 Bild 17 Bild 18
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 72
Bild 19 Bild 20 Bild 21
Bild 22 Bild 23 Bild 24
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 73
Bild 25 Bild 26 Bild 27
Bild 28 Bild 29 Bild 30
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 75
Anhang G: Instruktion Blickbewegungsstudie (Erwachsene)
Liebe Versuchsperson!
Im Folgenden werden Ihnen auf dem Bildschirm kurze deutsche Sätze dargeboten. Dazu
erscheint am linken Rand des Bildschirms ein Kreuz (+). Bitte schauen Sie auf das Kreuz,
dort wird kurz darauf das erste Wort des Satzes erscheinen.
Wenn Sie den Satz fertig gelesen haben, drücken Sie bitte sofort die mittlere Maustaste.
In 25 % der Fälle erscheint nach dem Satz ein Bild. Sie sollen dann so schnell und genau wie
möglich per Maustaste entscheiden, ob das Bild zu dem direkt davor dargebotenen Satz
passt oder nicht.
linke Maustaste: das Bild passt
rechte Maustaste: das Bild passt nicht
mittlere Maustaste: der Satz verschwindet
Zwischendurch erscheinen auf dem Bildschirm grüne bzw. gelbe Kreuze, bitte fixieren Sie
auch diese (die Kreuze dienen zur Überprüfung der Blickbewegungskamera).
Es ist für die Untersuchung wichtig, dass Sie Ihren Kopf so wenig wie möglich bewegen.
Deswegen legen Sie Ihr Kinn möglichst bequem auf die Kinnstütze.
Noch Fragen? Ansonsten geht es jetzt mit ein paar Übungsdurchgängen los.
Viel Spaß und Danke für Ihre Teilnahme!
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 76
Anhang H: Fragebogen (Erwachsene) Fragebogen Erwachsene
VP-Nr. _____ weiblich männlich
Alter: _____ Muttersprache Deutsch? ja nein
Wie viele Bücher haben Sie in den letzten 2 Monaten gelesen? ______
Wie viele Meter Bücher haben Sie im Regal? ______
Wie viele Meter Bücher haben Ihre Eltern im Regal? ______
Wie oft lesen Sie in der Woche Zeitung?
6-7 mal
4-5 mal
2-3 mal
weniger als 2 mal
Welche Zeitung(en) lesen Sie? ____________________________________
ja eher ja eher nein nein
Haben Sie die neue Rechtschreibung in der Schule gelernt?
Haben Sie sich mit den Regeln der neuen Rechtschreibung auseinander gesetzt?
Versuchen Sie in der neuen Rechtschreibung zu schreiben?
Verfolgen Sie die Debatte um die Rechtschreibreform in den Medien?
Hat die neue Rechtschreibung das Lesen und Schreiben vereinfacht?
Halten Sie es für sinnvoll, dass eine Rechtschreibreform durchgeführt wurde?
Sollte man zur alten Rechtschreibung zurückkehren?
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 77
Anhang I: Auswertung der Fragebogendaten (Erwachsene)
Haben Sie sich mit den Regeln der neuen Rechtschreibung auseinandergesetzt?
14%
38%
41%
7%
jaeher jaeher neinnein
Hat die Rechtschreibreform das Lesen und Schreiben vereinfacht?
12%
55%
21%
12% jaeher jaeher neinnein
Halten Sie es für sinnvoll, dass eine Rechtschreibreform durchgeführt wurde?
7%
17%
47%
29%
jaeher jaeher neinnein
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 78
Anhang J: Fragebogen (Kinder)
Vp. _____ weiblich männlich
Alter: _____
Muttersprache Deutsch? ja nein
Was ist dein Lieblingsfach in der Schule? _______________________
Liest du gerne? ? ja nein
Wie viele Bücher hast du in den letzten 2 Monaten gelesen? ______
Wünschst du dir manchmal Bücher zu Geburtstag oder Weihnachten? ja nein
Freust du dich, wenn du Bücher geschenkt bekommst? ja nein
Wieviele Meter Bücher haben deine Eltern im Regal? __________
Ist dir bei der Untersuchung etwas aufgefallen? ______________________________________
Hat es dich verwirrt, dass manche Wörter anders geschrieben waren? ja nein
Weißt du woran das liegt? ja nein
Verwirrt es dich allgemein, dass manche Wörter auf zwei Arten geschrieben werden können? ja nein
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 81
Berliner Morgenpost und Die Welt,
16.2.2005
Tagesspiegel, 18.12.2004
Verena Engl (2005). Lesen nach der Rechtschreibreform. 85
Die Innenausstattung des Guckomobils wird montiert.
In der Tiefgarage von SMI – das Herzstück des Guckomobils: das Blickbewegungsmessgerät.
Dr. Florian Hutzler schraubt das Blickbewegungsmessgerät fest an.
Das Guckomobil entsteht
Nach langem und anstrengendem Bohren, Schrauben und Sägen…