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Akutbehandlung „Polytoxikomanie“ Notfallpsychiatrie und qualifizierte Entgiftung
substanzbezogener Störungen
Prof. Dr. W. Jordan, MBA, MIM Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Stellv. Ärztlicher Direktor KLINIKUM MAGDEBURG gGmbH
Inhalte
Notfallpsychiatrie
• Setting
Diagnosestellung
• Explorationstechniken
• Pathognomische Psychopathologie
• Pathognomischer „Drogenblick“
• Pathognomische Laboranalytik und Bildgebung
Allgemeine und spezielle Krankheitslehre
• Psychiatrische Notfälle bei Drogenkonsum
• Notfallmedikation psychomotorischer Erregungszustände
• Schwierige Differenzialdiagnosen
Therapie
• Gesamtbehandlungsplan
• Spezielle Pharmakotherapie
Räumlichkeit
Reizabschirmung
Persönliche Sicherheit
Notfallpsychiatrie - Setting
Gesprächsführung
Informationsgewinn = Diagnostik
Beziehungsgestaltung (verbal und nonverbal) = Therapie
Klarheit
ggf. Grenzen setzen
ggf. Ambivalenzkonflikte lösen
Kontrolle der Gegenübertragungsreaktion
ungünstig: „Oh, Sie schon wieder!“
besser: „Schön, dass Sie da sind!
Wie kann ich Ihnen helfen?“
Fürsorgepflicht
Kenntnis rechtlicher Aspekte
Patientenwille
(aktuell erklärt → im Voraus verfügt → mutmaßlich →
Wohl/Lebensschutz),
Einwilligungsfähigkeit,
Einsichts- und Willensbildungsfähigkeit, Steuerungsfähigkeit,
Behandlung gegen den Willen eines Patienten,
Unterbringungsgesetze (PsychKG, UBG),
Fixierung (n. § 1906 Abs. 4 BGB, i.R. PsychKG, gem. §§ 32, 34 StGB),
Gesetze aus dem Strafgesetzbuch
(Notwehr § 32 StGB, Rechtfertigender Notstand § 34 StGB,
Unterlassene Hilfeleistung § 323c StGB)
Notfallpsychiatrie - Setting
Algorithmus zur Behandlung gegen den Willen eines Patienten
Diagnosestellung
Erleben Soziales Umfeld (Psychodynamik) Verhalten
Symptome
Gegenüber-tragung
Syndrom
Exploration
Anamnese Beobachtung
Laborchemisch/apparative Diagnostik
Psychometrie Körperliche Untersuchung
Diagnose
Therapie
Diagnosestellung - Explorationstechniken
„Wieviel Alkohol trinken Sie?“
„Wieviel Bier vertragen Sie denn?“
„Und wieviel Schnäpse kommen noch
hinzu?“
Erfassung der korrekten Trinkmenge, z.B.
Beziehungsaufbau und Fördern von Rapport (Spiegeln), z.B.
Übernahme Sprachstil, Wortwahl
Angleichen der Körpersprache, Stimme
Diagnosestellung – Pathognom.
Psychopathologie
Symptom
Ideenflucht
Zerfahrenheit, Inkohärenz
Paranoid-halluzinat. Erleben
PH-Erleben + Ich-Störungen
PH-Erleben + Affektstörungen
Akustische Halluzinationen
Optische Halluzinationen
Affektlabilität
Affektinkontinenz
Weitschweifigkeit
Diagnose
Manie
Schizophrenie, organisch, Drogen
PH-Psychose, z.B. Drogen
Schizophrenie
Schizophrenie
PH-Psychose, Schizophrenie
Organisch, medikamentös, Drogen
Depression
Hirnorganisch, Demenz
Persönlichkeitsstörung
Hirnorganisch
Diagnosestellung – Pathognom. „Drogenblick“
Alkohol, Barbiturate, Benzodiazepine (BZD), Opiate
• Beruhigend, euphorisierend
• Bei Intoxikation zentralnervös dämpfend:
Somnolenz bis Koma, Atemdepression
• Bei Entzug zentralnervös und vegetativ aktivierend:
Angst, Unruhe, Tremor, Schwitzen, Diarrhoe, Blutdruck- und
Pulsanstieg, Glieder-, Muskelschmerzen
• Besonderheiten:
Opiatintoxikation – Miosis, Obstipation
Opiatentzug – Mydriasis, lebhafte Darmgeräusche, kein Delir,
zeitliche Entwicklung in Abhängigkeit T ½; Heroin 6 – 8h,
Methadon 24 – 36h nach letzter Einnahme
„Trockenes Alkohol-Delir“ mit geringer-fehlender vegetativer
Symptomatik bei Polyneuropathie, cave: Krampfanfälle i. Entzug
Diagnosestellung – Pathognom. „Drogenblick“
Cannabis (Haschisch, Marihuana)
• Beruhigend, halluzinogen
• Bei Intoxikation: Übelkeit, Erbrechen, Hypothermie,
Wahnvorstellungen, Halluzinationen
• Bei Entzug v.a. psychische Beschwerden:
Depressive Verstimmung, Reizbarkeit, Ängstlichkeit
• Besonderheiten:
Amotivationales Syndrom
Diagnosestellung – Pathognom. „Drogenblick“
Amphetamine (Amphetamin, Metamphetamin [u.a.
Speed, Crystal], MDA [Eve], MDMA [Ecstasy] und Kokain (u.a. Crack)
• Anregend, euphorisierend
• Bei Intoxikation ausgeprägte sympathoadrenerge zentrale und
vegetative Effekte:
Unruhe, Agitation, Reizbarkeit, Aggressivität, psychotisches
Erleben, Halluzinationen, zerebrale Krampfanfälle, Hyperreflexie,
Vasokonstriktionen unterschiedlicher Stromgebiete mit erhöhtem
Infarktrisiko (z.B. Hirn-, Herz-, Nieren-, Darminfarkt), schwere
Gerinnungsstörungen bis zur disseminierten intravasalen
Gerinnung, Hypertonie, Tachykardie, Hyperthermie, Fieber
• Bei Entzug untypischer, z.T. wochenlanger Verlauf:
Ausgeprägte Depressionen, Suizidalität, Angstzustände,
Antriebslosigkeit, Erschöpfung, Heißhunger mit Hyperphagie
• Besonderheiten:
MDMA-Intoxikation klinisch abgeschwächter, aber mit Todesfällen
Kokainschock – unmittelbar nach Einnahme, akut lebensbedrohlich
Diagnosestellung – Pathognom. „Drogenblick“
Psychotomimetika (heterogene Gruppe, u.a. LSD,
Meskalin, Psilocybin, Phencyclidin [„Angel Dust“]
• Anregend, halluzinogen; bereits in geringen Mengen rauschartige
Bewusstseinsveränderungen und halluzinatorisches Erleben
• Bei Intoxikation v.a. zentralserotonerg wirksam, mit peripheren
Intoxikationserscheinungen erst bei sehr hohen Dosen:
Psychotische Symptomatik mit akustischen und optischen
Halluzinationen, Wahnvorstellungen, Angst- und Erregungszu-
ständen, im Verlauf Vigilanzstörungen bis zum Koma, Mydriasis,
Nystagmus, Hyperreflexie, zerebrale Krampfanfälle,
körperlich Übelkeit, Erbrechen, Fieber, Hypertension, Tachykardie
• Bei Entzug kein spezifisches Entzugssyndrom
• Besonderheiten:
Schnelle Toleranzentwicklung mit Rückbildung nach Absetzen;
Physische und psychische Abhängigkeiten selten;
Horrortrips mit eigen- und fremdaggressivem Verhalten, Flashback-
Psychosen noch Monate verzögert, evtl. dosisunabhängig
Diagnosestellung – Pathognom. Laboranalytik
und Bildgebung
Drogenscreening (Urin, Speichel)
• T ½ / Akut – Chron. / Sensitivität, Spezifität
• Falsch positiv, falsch negativ
Hinweis auf Alkoholintoxikation /
Direkte Zustandsmarker
• Blut-, (Atem-)alkohol
• EtG (Ethylglucuronid) i.U. – 72 h, i. Haar – 3
Mo [chron.], EtS (Ethylsulfat) i.U., PEth
(Phosphatidylethanol) i. Blut – 28 d [chron.]
Indirekte Zustandsmarker
• MCV (mittleres Erythrozytenvolumen) – 1-3
Mo
• γ-GT/ ASAT/ ALAT – 2-5/1-4/1-4 Wo
• CDT (Carbohydrate-deficient-transferrrin) –
letzten 2 Wo
Diagnosestellung – Pathognom. Laboranalytik
und Bildgebung
Pontine Myelinolyse
im cMRT
Hyponatriämie
• < 120 - 124 mmol/l
• Langsamer Ausgleich
≤ 0,6 mmol/l/h!
Allgemeine Krankheitslehre –
Psychiatrische Notfälle bei Drogenkonsum
Psychomotorische Erregungszustände
Amphetamine, Kokain, [+ Alkohol], Cannabis
Delirante Syndrome
Alkohol, Barbiturate, Benzodiazepine
[Analgetika]
Drogenintoxikation (z.B. Amphetamine)
Störungen des Bewusstseins
Alkohol, Barbiturate, Benzodiazepine, Opiate
Stuporöse Zustände
Cannabis, Psychotomimetika
Akute Suizidalität
Alkohol, Amphetamine, Kokain
Allgemeine Krankheitslehre –
Notfallmedikation psychomotorischer Erregung
Auswahl
Erregung bei Drogenintoxikationen → Haloperidol
Erregung bei pathologischem Alkoholrausch
cave: BZD bei Alkoholintoxikation
Erregung bei Delir → Je nach Form Haloperidol,
Clomethiazol, BZD
Kriterien
Einsatzort? → Verfügbarkeit?
Multimorbidität? → Interaktionsprofil?
Suizidalität? → Therapeutische Breite?
Pharmakokinetik → Schneller Wirkeintritt, gute Steuerbarkeit
Nebenwirkungsprofil → Gering, Keine besondere Überwachung
Dosierung → Einfach
Allgemeine Krankheitslehre –
Notfallmedikation psychomotorischer Erregung
Basistherapie mit Antipsychotikum Haloperidol
5-10 mg p.o. oder i.m., ggf. 1-2 x wiederholen nach 30 min,
bis max. 50 mg/d (100 mg p.o.)
Alternativ Olanzapin
10-20 mg p.o. oder 10 mg i.m. (cave: Ø Lorazepam bei i.m.
Olanzapin), bis 30mg/d
Melperon
50-100 mg p.o. oder i.m., bis max. 200 mg/d
Zusätzliche Komedikation Lorazepam
1-2,5 mg p.o. (Expidet) oder 1-2 mg i.v.(langsam!) / i.m.,
ggf. nach 30 min wiederholen, bis max. 10 mg/d
Allgemeine Krankheitslehre –
Notfallmedikation psychomotorischer Erregung
Cave Diazepam
5-10 mg p.o., i.v. oder i.m., ggf. 1-2 x wiederholen nach 30 min,
bis max. 40 mg/d
Schnelle Resorption (schnellster Wirkeintritt aller BZD)
Kurzdauernde Wirkung (großes Verteilungsvolumen)
Rückverteilungsphänomene (großes Verteilungsvolumen)
Kumulationsgefahr (aktive Metaboliten, T1/2 bis 200 h!)
Levomepromazin
25–(50) mg i.m., b.Bed. alle 30-60 min bis max. 150 mg/d
Orthostatische Dysregulation, Hypotonie, Kollaps,
Anticholinerge NW (Ø kardiale, Ø zerebrale Vorschädigung,
Ø Prostatahypertrophie, Ø Glaukom)
Bei i.v.-Applikation Thrombophlebitiden
( Verdünnen, langsame Injektion)
Spezielle Krankheitslehre –
Alkoholdelir, Delirium tremens
Cave: Delir durch BZD, AD,
Anticholinergika, L-Dopa,
Zerebrovask. Erkrankungen,
Traumen, ZNS-Infektionen etc.
Symptomatik, Verlauf, Prognose
Bewusstseinstrübung
Desorientiertheit
Situations- und Personenverkennung
Motorische Unruhe, Agitiertheit (Nesteln, Herumsuchen)
Optische Halluzinationen und Akoasmen
Erhöhte Suggestibilität
Wahnhaftes Erleben (Verfolgung, Belagerung)
Grobschlägiger Tremor
(Zittern, Schwitzen, Tachykardie, Hypertonie, Fieber) = Trockenes Delir
(Oft initialer epileptischer Anfall)
Als Alkoholentzugsdelir nach 1 – 3 Tagen Abstinenz (häufiger)
Als Kontinuitätsdelir (seltener)
Dauer 3 – 5 Tage, max. 20 Tage
Bei 5 – 15 % der Patienten
Letalität bis zu 25 %
Spezielle Krankheitslehre –
Schwierige Differenzialdiagnosen
Inhaltliche Denkstörungen (Wahn) und Sinnestäuschungen
(akustische und optische Pseudo-, Halluzinationen)
Drogenintoxikationspsychose (F1x.5; auch F1x.75)
Zeitverlauf (gewöhnlich ≤ 48 h nach Einnahme; auch > 2 Wo)
• Alkoholhalluzinose (Akustische (Pseudo-)Halluzinose)
• Alkoholischer Eifersuchtswahn (Isolierter Wahn)
• Kokainerger Dermatozoenwahn (bis zu 20 % der Abhängigen)
Delir
Optische Halluzinationen
Orientierungsstörungen (Z > O > S > P)
Suggestibilität ↑, Vegetativum ↑
„Drogeninduzierte Psychosen“, z.B. Schizophrenie
Ichstörungen (u.a. Gedankeneingebung, -ausbreitung)
Affektstörungen (Autismus, Parathymie)
Kontaktstörungen („Theory-of-Mind-Defizit“)
Formale Denkstörungen (Zerfahrenheit, Inkohärenz)
Spezielle Krankheitslehre –
Schwierige Differenzialdiagnosen
Affekt- und Antriebstörungen
Agitierte Depression
Circadianität (Morgentief, Früherwachen)
Formale Denkstörungen
Insuffizienzgefühle
Ängstlich-agitiertes Entzugssyndrom
PMR +/+
Vegetativum ↑
(Hyperhidrosis)
Gehemmte Depression
Amotivationales Syndrom
Apathie
Planlosigkeit
(Konzentrations- und Gedächtnisstörungen)
Spezielle Krankheitslehre –
Schwierige Differenzialdiagnosen
Kognitive Störungen („Pseudo-Demenz“– Demenz)
Benzodiazepin-, Opiatabhängigkeit
Apathie, Somnolenz
(Qualitatives) Drogenscreening
Depression
Circadianität (Morgentief, Früherwachen)
Formale Denkstörungen
Affektlabilität
Insuffizienzgefühle
Demenz
Fokalneurologie, Apraxie, PMR +/+
Wortfindungsstörungen
Affektinkontinenz
Dissimulierend, fassadär, weniger Schuldgefühle
Perseveration, Weitschweifigkeit
Gesamtbehandlungsplanung
Klärende Fragen: „Warum nehmen Sie Drogen?“
„Was machen die Drogen mit Ihnen?“
Behandlungsprogramm
(Teil-)Ausnüchterung
Entgiftung, Entzugsbehandlung
Qualifizierte Entgiftung
S4-Behandlung
S5-Behandlung
Behandlungsbestandteile
Medikam. Behandlung psychischer u/o körperlicher Primär-/
Begleit-/Folgeerkrankungen; Spezifische Pharmakotherapie
Soziotherapie, psychosoziale Interventionen
Psychotherapie
Ergotherapie
Bewegungstherapie
Therapie
Therapie – Alkoholentzug – S3-Leitlinie
Therapie – Alkoholentzug
Clomethiazol (Distraneurin®)
Applikationsformen und Äquivalenzdosis
1 Kps. (192 mg) = 1 Tbl. (500 mg) = 5 ml Mixtur (250 mg)
Dosierung
Immer flexibel nach Schwere der Entzugssymptomatik,
Sedierungsgrad und Begleiterscheinungen/Besonderheiten
(„Trockenes Delir“, Krampfanfälle, Leberfunktionsstörung)
Nicht schematisch!
Allgemeine Orientierungshilfe
Initial 2 – 4 Kps. oder Äquivalenzdosis
In den ersten 2 h bis zu 6 – 8 Kps., dann alle 2 h 2 Kps. bis zur
Höchstdosis 24 Kps./d
Dosisreduktion bei zu starker Sedierung
Plateauphase von ca. 3 d, dann ausschleichendes Absetzen
Maximale Behandlungsdauer 14 d, nie ambulant verordnen (Ø Z!)
Kombination mit Haloperidol oder Carbamazepin möglich
Therapie – Alkoholentzug
Benzodiazepine (BZD) mit T ½ > 24 h (z.B. Diazepam)
Cave:
Atemdepressivität v.a. bei noch erhöhtem Alkoholspiegel
Kumulationsgefahr
bei Leberfunktionsstörung mittellang wirksame Substanzen (T ½
6 – 24 h) (z.B. Lorazepam, Oxazepam)
Dosierung
Fest
Symptomorientiert
Auch parenteral
Kombination mit Carbamazepin oder Haloperidol möglich
Keine Zulassung von BZD in Deutschland mit der Indikation
Alkoholentzugssyndrom
Empfehlungsgrad A („Soll“-Empfehlung) der aktuellen S3-Leitlinie
(AWMF 2016)
Therapie – Alkoholentzug
Carbamazepin
Cave:
Knochenmarkstoxisch
Hyponatriämie
keine antidelirante oder delirprophylaktische Wirkung
Induktor von CYP 3A4 (z.B. bei Clomethiazol, schwächer bei
BZD) und CYP 2C19 (z.B. Diazepam)
Dosierung
600 – 800 mg in ersten Tagen als nichtretardierte Tbl. oder Saft
danach über 5 d Absetzen
Auch bei einsetzendem Entzugssyndrom > 1 ‰ geeignet
Zulassung zur Anfallsverhütung im Alkoholentzugssyndrom
Kombination mit Tiaprid (4 x 300 mg, danach über 5 d Absetzen) zur
stärkeren Reduktion psychomotorischer Unruhe
Kombination mit Clomethiazol, BZD und Haloperidol möglich.
Therapie – Alkoholentzug
Supplementäre Therapie
Elektrolytsubstitution, v.a. Kalium und Magnesium
Stressulkusprophylaxe, z.B. Omeprazol
β-Blocker und Clonidin als Komedikation bei vegetativen Symptomen
oder unzureichender Blutdrucksenkung i.R. der regulären
medikamentösen Entzugsbehandlung
Haloperidol (5-10 mg/d) oder ggf. auch Risperidon (0,5-2 mg/d) bei
Delir oder zur Delirverhütung
Doxepin
Altzulassung zur Behandlung leichter Entzugssyndrome
Dosierung 3-6 x 50 mg/d über 3d
Cave: Herzrhythmusstörungen, Delir, Suizidalität
Therapie – Pharmakologische Rückfallprophylaxe
Acamprosat (Campral®) (NMDA-Rezeptormodulator)
Behandlung von Suchtdruck, abstinenzerhaltende Wirkung
Fortführung der Behandlung auch bei Abstinenzbruch
Gesamtbehandlungsplan mit begl. Psycho- und soziotherapeutischen
Maßnahmen
Naltrexon (Adepend®, Nemexin®) (μ-Opiatrezeptorantagonist)
Behandlung von Suchtdruck, trinkmengenreduzierende Eigenschaften
Fortführung der Behandlung auch bei Abstinenzbruch
Nalmefen (Selincro®) (Kombinierter μ- und δ-Opioidrezeptorantagonist mit
partialagonistischer Wirkung am κ-Rezeptor)
Zulassung zur Trinkmengenreduktion bei Alkoholabhängigkeit
Einnahme nach Bedarf, 1 Tbl. 1 – 2 h vor voraussichtl. Alkoholkonsum,
max. 1 Tbl. (18 mg)/d, ≤ 1 a, Ø Dosisanpassung bei leichter –
mittelschwerer Nieren- oder Leberfunktionsstörung (Exposition x 1,5 ↑)
Therapie – Pharmakologische Rückfallprophylaxe
Antabus spezial (Placebo)
Eingebunden im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplanes mit
regelmäßiger Abstinenzkontrolle sowie supportiven und
soziotherapeutischen Kontakten
Fortführung der Behandlung auch bei Abstinenzbruch
Disulfiram (Irreversibler Hemmer der Aldehyddehydrogenase)
Aversivum
Bei Alkoholkonsum: Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Flush,
Herzrasen, Tachypnoe, … , Atemdepression, Hypotonie, Krampfanfälle,
Exitus
Keine Standardtherapie, in Deutschland nicht mehr zugelassen, vom
Markt genommen, erhältlich über internationale Apotheken z.B.
Österreich (Colme Trpf. 60 mg/ml), Schweiz (Antabus Disp. 0,4 g),
Frankreich (Esperal Tbl. 0,5 g)
Therapie – Benzodiazepinentzug
Allgemeine Hinweise
Langsame stufenweise Reduktion
• Ausgehend vom Status Quo ohne Sedierung und Entzug
• die ersten 50% relativ rasch, die nächsten 25 % deutlich
langsamer, die letzten 25 % sehr langsam unter Beachtung der
„letzten Wiese“ reduzieren; z.B. um 50 % alle 5 d
• D.h. semilogorhythmisches Vorgehen
• 10er-Regel für ambulanten Entzug: Reduktion über 1/10 der Zeit,
in welcher das Medikament eingenommen wurde
Stärker ausgeprägte Entzugssymptome bei kurzwirksamen BZD
Evtl. Umstellung kurzwirksames BZD auf langwirksames BZD unter
Berücksichtigung der Äquivalenzdosis
Ggf. medikamentöse Unterstützung der Entzugsbehandlung mit
Doxepin, Imipramin, Mirtazapin, Trazodon, Carbamazepin,
Pregabalin, Valproat oder Melatonin
Therapie –
Benzodiazepinentzug – Äquivalenzdosis (ÄD)
BZD T ½ (h) Aktiver Metabolit T ½ (h)
ÄD (mg)
Diazepam 24-48 N-Desmethyldiazepam
Oxazepam
36-200
4-15
10
Chlordiazepoxid
(Radepur ®)
6-38 N-Desmethyl-Chlordiazepoxid
Demoxepam
N-Desmethyldiazepam
10-18
37
36-200
20-25
Clobazam
(Frisium ®)
18 N-Desmethylclobazam 50 20
Flunitrazepam
(Rohypnol®)
10-30 Desmethylflunitrazepam 20-30 1
Medazepam
(Rudotel ®)
2-5 N-Desmethyldiazepam 36-200 20
Alprazolam
(Tafil ®)
12-15 α-Hydroxyalprazolam 12-15 0,5-1
Bromazepam
(Lexotanil ®)
15-28 3-OH-Bromazepam - 6
Lorazepam
(Tavor ®)
12-16 Metaboliten mit T ½ < Muttersubstanz - 2
Oxazepam
(Adumbran®)
4-15 Metaboliten mit T ½ < Muttersubstanz - 20-40
Therapie – Opiatentzug
Strukturformeln von Morphin,
Heroin und 4-synthetischen
Opioidanalgetika
Opiatgestützte Verfahren
Methadon
Levomethadon
Buprenorphin
Nichtopiatgestützte Verfahren „Kalter Entzug“
Clonidin
Symptomatische Therapie, z.B.
Metoclopramid, Pantoprazol
Ibuprofen
Doxepin
Therapie – Opiatentzug –
opiatgestützte Verfahren
Vorgehen
Phase 0 „Entgiftung Beikonsum“, z.B. vorgeschaltete Alkohol- oder
Benzodiazepinentzugsbehandlung
Phase 1 „Ermittlung des Status Quo“ – Dosisfindung
Ausgehend von den bestehenden Entzugssymptomen wird die
Dosis des Opiatagonisten solange erhöht, bis diese vollständig
aufgehoben sind.
Phase 2 „Dosisreduktion“
Die Dosis des Agonisten wird schrittweise, in Abhängigkeit der
Symptomatik, alle 3–4 d über insgesamt 2–4 Wochen reduziert.
Therapie – Opiatentzug –
opiatgestützte Verfahren
Vorgehen
Phase 3 „Nachsorge“
Abstinenzorientierte Therapie und Rückfallprophylaxe:
• Entwöhnungsbehandlung, „Langzeittherapie“, Adaption über
Reha-Träger in einer entsprechenden Fachklinik
• Ggf. zusätzlich Naltrexon
Substitutionsbehandlung zur Verbesserung Gesundheitszustand
und Verhinderung weiterer Folgeschäden
• Langwirksame Opiatagonisten Methadon, Levomethadon
• Kombin. Opiatrezeptoragonist/ -antagonist Buprenorphin
• Psychosoziale Begleittherapie
• Anfangs Einnahme unter Aufsicht in qualifizierter Einrichtung
(Ambulanz, Schwerpunktpraxis, Gesundheitsamt), später
take-home, Kontrolle Beikonsum
• Bei > 3 Pat. Zusatzbezeichnung Suchtmedizinische
Grundversorgung erforderlich
Therapie der Opiatabhängigkeit –
Ausgewählte Präparate
Buprenorphin (partieller μ-Opiatrezeptoragonist und κ-Opiatrezeptorantagonist)
Behandlungshinweise
• Substitutionsmittel
• Auch zur Detoxifikationsbehandlung mit allmählicher
Dosisreduktion
• Relativ breite Sicherheitspanne (Ø Atemdepression
Nichtopiatabhängiger bei 32 mg), weniger Komplikationen
verglichen zu Methadon
• Dosisanpassung bei BZD- und Alkoholbeikonsum
• Dosisreduktion Methadon/Levomethadon vor geplanter
Umstellung auf Buprenorphin wegen Gefahr Entzugssyndrom
• Alternate-day-Verordnung alle 2–3 d wegen der langen T ½
• i.v.-Missbrauch nach Auflösung möglich → Kombinationspräparat
Buprenorphin und Naloxon (Suboxone)
Therapie der Opiatabhängigkeit –
Ausgewählte Präparate
Buprenorphin (partieller μ-Opiatrezeptoragonist und κ-Opiatrezeptorantagonist)
Dosierung
• Auftreten eines Opiatentzugssyndroms vor Erstgabe abwarten
(Heroin 6–8 h, Methadon 24–36 h)
• Initial 4 mg, ggf. 8 mg, bei BZD und Alkohol 2 mg, worunter
innerhalb von 60 min die Entzugssymptome deutlich zurückgehen
sollten, ggf. Wiederholung der Erstdosis
• Nachuntersuchung alle 2–4 h, Dosisanpassung in 4–8 mg Schritten
bis maximal 24 mg/d
• Verordnung der kumulativen Tagesdosis des 1. Tages am 2. Tag als
Einmalgabe morgens
• Effektive Dosisbereich für Substitutionsbehandlung 8–16 mg/d
• Umstellung auf Verordnung alle 2–3 d möglich, dann Einnahme der
2- bzw. 3-fachen Tagesdosis
• Bei opiatgestützter Entgiftung Ausschleichen über 4 Wo in 2–4 mg
Schritte/Wo
Therapie der Opiatabhängigkeit –
Ausgewählte Präparate
Levomethadon (synthetischer μ-Opiatrezeptoragonist)
Behandlungshinweise
• Doppelte effektive u. analgetische Potenz gegenüber D,L-Methadon
• T ½ ≈ 14–55 h; 5 mg entsprechen 1 ml Lösung (Lsg.)
• Substitutionsbehandlung bei Opiatabhängigkeit
• Umstellung von D,L-Methadon auf Levomethadon (L-Polamidon) in
BRD zumeist unkompliziert, da L-Polamidon-Lsg. hier die halbe
Wirkstoffkonzentration besitzt, so dass in der Regel gleiche
Volumina verabreicht werden
Dosierung
• 1. Tag morgens 15–20 mg (3–4 ml Lsg.), b.Bed. abends + 10–25 mg
• 2. Tag Gesamtdosis des Vortags als Einmalgabe morgens
• Dosisanpassung um 5–10 mg/d in Abhängigkeit von Entzugs-
erscheinungen
• Erhaltungsdosis nach 1–6 d, bis zu 60 mg/d, effektive
Substitutionsbehandlung mit zumeist 30–50 mg/d
Therapie der Opiatabhängigkeit –
Ausgewählte Präparate
Naltrexon (kompetetiver μ-Opiatrezeptorantagonist)
Behandlungshinweise
• 2-fache Wirkstärke u. rasche Absorption p.o. gegenüber Naloxon
• T ½ aktiver Metabolit ≈ 3–4 d
• Entwöhnungsbehandlung bei Opiatabhängigkeit (nur Nemexin)
• Alkoholabhängigkeit zur Reduktion Rückfallrisiko und Craving,
trinkmengenreduzierende Wirkung (nur Adepend)
• Cave: Supersensitive Opiatrezeptoren nach Beendigung einer
Naltrexontherapie auch bei Gabe relativ niedriger Opiat-Dosen →
Intoxikationsgefahr, erhöhte Sterblichkeit
Dosierung
• Ausschluss Opiateinnahme 7–10 d vor Behandlungsbeginn
(Drogenscreening, fraktionierte Testinjektion 0,2–2 mg/d Naloxon,
Nemexin-Testdosis: ½ Tbl. 1 h warten, Ø Entzugssymptome ½ Tbl.)
• Übliche Tagesdosis 50 mg; bei langer T ½ Variationen des
Dosierungsschemas möglich: z.B. Mo 2, Mi 2, Fr 3 Tbl.
Therapie – Entzugsbehandlung weiterer Drogen
Cannabis
Regulärer Entzug, amotivationales Syndrom
• Vergleichbar depressiver Störung
Drogenintoxikations-, drogeninduzierte Psychose
• Vergleichbar Erkrankung aus schizophrenem Formenkreis
Doppeldiagnose
oft stärker ausgeprägte Positivsymptome, schwierigere Verläufe,
schlechteres Ansprechen auf Antipsychotika, mehr Depressivität und
Suizidalität
• Bevorzugt Atypika, ggf. auch Clozapin
• Cave: Durch klassische Antipsychotika mit stärkerer D2-
Rezeptorblockade möglicherweise Verstärkung des Suchtverhaltens
Therapie – Entzugsbehandlung weiterer Drogen
Psychotomimetika
Kein spezifisches Entzugssyndrom, medikamentöse Behandlung zumeist
nicht erforderlich, Aufklärung bezüglich Horrortrips
• Bei Flashback-Psychosen ggf. atypische Antipsychotika
• Evtl. BZD, Clonidin und Naltrexon
Amphetamine, Kokain
Akut auftretende Angst- und Erregungszustände
• BZD
Depressive Syndrome
• SSRI bei MDMA
• ggf. TZA (Imipramin 150-250 mg/d), Bupropion, Reboxetin, ggf.
Hochdosis bei z.T. sehr ausgeprägten, wochenlang bestehenden
Depressionen im Kokainentzug, Suizidalität!
Kokain-Rückfallprophylaxe
• Tiagabin, Topiramat, Disulfiram, Modafinil, Mirtazapin, Naltrexon
Falls es noch nicht genug sein darf…
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