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Fest ohne Grenzen in Zwillbrock Weihnachtsgeschichte liegt der kleinen Barockkirche zu Grunde Kerstman contra Sinterklaas Viele Niederländer beschenken sich inzwischen zu Weihnachten Hier Nikolaus, dort Sinterklaas Und überall der Freund der Kinder Weihnachtsmarkt mit Niveau in Münster Ramsch und Gebrauchtes darf nicht angeboten werden Sinterklaas oder das Christkind Für Familie Freiberger stellt sich diese Frage nicht Zurück in die Zeit von Kaiser Augustus „Lebende Krippe“ lockt tausende nach Enter „Krippkes bekieken“ im Münsterland Die größten Ausstellungen gibt es in Rheine und Telgte Verlagsbeilage der Grafschafter Nachrichten · Sonnabend, 28. November 2009

Nachbarn-Buren

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Eine Koproduktion der drei im Grenzgegebeit erscheinenden Tageszeitungen • De Twentsche Courant Tubantia (Enschede) • Westfälische Nachrichten & Partner (Münster) • Grafschafter Nachrichten (Nordhorn)

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Page 1: Nachbarn-Buren

Fest ohne Grenzenin ZwillbrockWeihnachtsgeschichte liegt derkleinen Barockkirche zu Grunde

Kerstman contraSinterklaasViele Niederländer beschenkensich inzwischen zu Weihnachten

Hier Nikolaus, dort SinterklaasUnd überall derFreund der Kinder

Weihnachtsmarktmit Niveau in MünsterRamsch und Gebrauchtesdarf nicht angeboten werden

Sinterklaas oderdas ChristkindFür Familie Freiberger stelltsich diese Frage nicht

Zurück in die Zeitvon Kaiser Augustus„Lebende Krippe“ lockttausende nach Enter

„Krippkes bekieken“im MünsterlandDie größten Ausstellungen gibtes in Rheine und Telgte

Verlagsbeilage der Grafschafter Nachrichten · Sonnabend, 28. November 2009

Page 2: Nachbarn-Buren

Zweitesgemeinsames

Projekt

Im vergangenen Jahrhaben die Grafschaf-

ter Nachrichten ge-meinsam mit der in En-schede erscheinendenTageszeitung De Twent-sche Courant Tubantiaund den WestfälischenNachrichten in Gronauaus Anlass des 50-jäh-rigen Bestehens der Eu-regio unter dem Titel„Nachbarn“ erstmalsein gemeinsames Ma-gazin mit Beiträgen vonbeiden Seiten der Gren-ze heraus herausgege-ben. Es war ein großerErfolg; selten hat einePublikation so viele po-sitive Reaktionen her-vorgerufen. Das „Nach-barn“-Magazin, europa-weit bisher einmalig,wurde im Oktober die-ses Jahres sogar inWien von einer interna-tionalen Jury mit dem„Erasmus MediaAward2009“ ausgezeichnet.

Jetzt liegt ein neuesMagazin vor Ihnen. Einfünfköpfiges deutsch-niederländisches Re-daktionsteam hat sichin den vergangenen Mo-naten intensiv damitbeschäftigt, wie die Be-völkerung diesseits undjenseits der Grenze dieAdvents- und Weih-nachtszeit erlebt, wel-che Unterschiede eszwischen Nikolaus undSinterklaas gibt undwas in diesen Wochenim Euregio-Gebiet so al-les an Veranstaltungengeboten wird. Heraus-gekommen ist eine 24Seiten starke Zeitungmit einer Vielzahl le-senswerter und infor-mativer Beiträge.

Gesamtauflage

ca. 420.000 Exemplare

Dieses Produkt ist die Teil-ausgabe für den Landkreis Grafschaft Bentheim

HerausgeberGrafschafter Nachrichten GmbH & Co. KG,

Coesfelder Hof 2,48527 Nordhorn,Tel. +49 (05921) 707-0

RedaktionMartin Bork, Westfälische Nachrichten

Jan Haverkate, De Twentsche Courant Tubantia

Julia Henkel, De Twentsche Courant Tubantia

Rindert Paalman, De Twentsche Courant Tubantia

Freimuth Schulze, Grafschafter Nachrichten

AnzeigenUlrich Schläger, Grafschafter Nachrichten

Matthias Richter, Grafschafter Nachrichten (verantwortlich)

Technische HerstellungGrafschafter Nachrichten GmbH & Co. KGCoesfelder Hof 2, 48527 Nordhorn

I M P R E S S U M

NACHBARN – WEIHNACHTENIM GRENZGEBIETEine Koproduktion der drei im Grenzgegebeit erscheinendenTageszeitungen

• De Twentsche Courant Tubantia (Enschede)• Westfälische Nachrichten & Partner (Münster)• Grafschafter Nachrichten (Nordhorn)

2 NACHBARN • DEZEMBER – WEIHNACHTEN IM GRENZGEBIET

Fest ohne Grenzen in ZwillbrockWeihnachtsgeschichte liegt der kleinen Barockkirche zu Grunde

Eine Nachtmesse imFreien bildete einst denUrsprung der kleinenKirche in Zwillbrock.Auch heute noch ist dieWeihnachtszeit hier ei-ner der Höhepunkte desJahres – für Deutscheund für Niederländer.„Dieses Gebäude berührtdie Menschen in irgend-einer Weise, auch wennsie nicht gläubig sind.“

Von Herman Haverkate

ZWILLBROCK. Jedes Jahr,immer nach dem ersten Ad-ventssonntag, kriecht er inden schmalen Raum hinterdem Hochaltar. Mit Hilfe vonEhrenamtlichen tauscht Bru-der Hubert dann das meter-hohe Brett mit der Darstel-lung der Kreuzigung JesuChristi vorübergehend gegenein anderes aus – gegen dasmit der Dar-stellung derAnbetung derHirten imStall von Beth-lehem. „Keingroßer Auf-wand, die Dekors werden ge-wechselt. Wie in einem Thea-ter. Normal ist hier Karfrei-tag, jetzt kann es Weihnach-ten werden.“

Bruder Hubert Müller, wieer mit vollem Namen heißt,erzählt sichtbar gerührt. Wasfür einen Außenstehendenlediglich ein kleiner Eingriffist, ist für ihn ein Ereignisvon Format. „Diese Kirche isteinst aus der Weihnachtsge-schichte heraus entstanden.Katholiken aus Holland be-suchten hier in der Weih-nachtsnacht des Jahres 1651die Mitternachtsmesse. Inder calvinistischen Republikwar dies verboten. Die meis-ten Besucher waren mehr alsfünf Kilometer zu Fuß unter-wegs. Dies erscheint wie einromantisches Klischee, doches war bitterkalt und es reg-nete. Die anwesenden Frauenknüpften ihre Umschlagtü-cher aneinander, um für ei-nen Baldachin über demPriester am Altar zu sorgen.Jahrhundertelang hatteZwillbrock den Namen„Bethlehem am Wald“.

Auch mehr als 350 Jahrespäter ist die idyllische kleine

Barockkirche in Zwillbrocknoch stets die ultime Verkör-perung des Weihnachtsge-fühls. Nicht allein durch denneuen zeitweisen Hochaltar,der bis Maria Lichtmess (2.Februar) stehen bleibt, auchdurch die Musik, die wäh-rend der gesamten Advents-zeit jeden Sonntag in dem in-timen Raum mit seinen mo-numentalen Altaren, derKanzel und der Orgel er-klingt.

„Die Weihnachtszeit ist dieschönste Zeit des Jahres“Dann hat es den Anschein,als ob die Welt auf ein Malein bisschen kleiner, mensch-licher geworden ist. Es ist einFest, um in diesen dunklenTagen hierher zu kommen.Auf ein Mal, mitten im Nie-mandsland, taucht entlangder Straße dieses kleine baro-cke Juwel auf. Das Schöne andieser Kirche ist, dass sie soweit abseits der bewohntenWelt liegt. Jeder muss sich

auf den Wegmachen, umsie zu errei-chen. Genausowie die Gläu-bigen von da-mals, ja. Min-

destens die Hälfte der Kon-zertbesucher kommt nochstets aus den Niederlanden.Deshalb steht hier am Weges-rand auch ein Doppelkreuz:das eine nach Deutschlandgerichtet, das andere nachHolland. Zwillbrock warschon euregional, bevor esüberhaupt bestand.“

Im Pastorat hinter der Kir-che steht der Kaffee schonbereit. Eine Tür neben demAltar gewährt durch die Sa-kristei den Zugang zu demHaus, dessen einziger Be-wohner Bruder Hubert seit1993 ist. Es ist hier still an ei-nem ganz normalen Alltag.Auf dem Parkplatz stehen le-diglich ein paar Autos. Wan-derer aus dem ZwillbrockerVenn, einige Kilometer wei-ter.

„Die Wochenenden sindhier die Spitzentage. Dannsteht alles voll. Ich frage dieBesucher häufiger, wofür siegekommen sind. Für die Na-tur natürlich, aber auch fürdiese Kirche. Es ist geradedie Kombination, die diesenOrt so besonders macht: Na-tur, Kultur und dann auchnoch der Kultstatus. Einst

hatte ich hier eine GruppeWünschelroutenläufer ausUtrecht zu Gast. Dieser Ortsitze voller Kraft, berichtetensie. Ich habe nichts mit Wün-schelrouten, aber in diesemFall bin ich geneigt, ihnen zuglauben.“

Sein größter Stolz, nebender Kirche, istdie Konzertse-rie. Er organi-siert sie ei-gentlich dasganze Jahrüber und ei-gentlich ohne allzu großenAufwand. „Die Musiker mel-den sich selber. Chöre, In-strumentalisten: Ich braucheihnen nicht hinterher zu lau-fen. Jeden Sonntag wird hiermusiziert, von Ende Augustbis Mitte Juni. Jeder will hiergerne auftreten. Geld habenwir nicht, die Räumlichkei-ten dagegen wohl. Unserwirkliches und einziges Ka-pital ist das Kirchengebäu-de.“

Die Ensembles kommenvon überall her. Aus Deutsch-land und aus den Niederlan-den. Vom Kölner Domchorüber Capella Voca le ausMünster bis hin zu Ex Arteaus Enschede und OrganistGijs van Schonhoven – siesind alle, jahrein, jahraus,

mindestens einMal in Zwill-brock zu Gast.

„DieserRaum berührtdie Menschen,vor allem

dann, wenn hier auch nochMusik erklingt. Es gibt hierso viel zu sehen, so viel zu hö-ren. Hundert Besucher sitzenhier immer, meist noch mehr.Nach Abschluss der Konzertestehe ich immer an der Tür.Wenn man die Menschendann anschaut, erkennt manin ihren Augen, dass sie bisins Herz gerührt sind. Mankann Zwillbrock nicht ohneirgendwelche Emotionen ver-lassen.“ �

Hälfte der Konzertbesucher

kommt noch stets ausden Niederlanden

Jeden Sonntagwird in der

Zwillbrocker Kirchemusiziert

Page 3: Nachbarn-Buren

NACHBARN • DEZEMBER – WEIHNACHTEN IM GRENZGEBIET 3

Bruder Hubert kümmert sich seit Jahren um die kleine Barockkirche von Zwillbrock: „DiesesGebäude berührt die Menschen in irgendeiner Weise, auch wenn sie nicht gläubig sind.“

Es begann einst mit eini-gen Auftritten rund um dasFest der Kirchweihe im Sep-tember. Seitdem entwickeltesich im Laufe der Zeit einkomplettes Jahresprogramm,mit Akzent auf die Advents-und Weihnachtszeit.

„Wir stellen keine großenAnsprüche. Es muss sich le-diglich um religiöse Musikhandeln, passend zum histo-rischen Hintergrund des Ge-bäudes. Und der Eintrittmuss frei sein. Hier brauchtniemand etwas zu bezahlen.Eine freiwillige Spende istgenug.“

Auch an den bevorstehen-den Sonntagen ( jeweils um

Konzerte in Zwillbrock (jeweils16.30 Uhr): Sonntag, 29. Novem-ber: Holzbläser der MusikschuleBorken; Sonntag, 6. Dezember:Gemischter Chor Ulft; Sonntag, 13.Dezember: Madrigalchor Vreden;Sonntag, 20. Dezember: Kammer-chor Ex Arte Enschede; Heilig-abend, 24. Dezember (23 Uhr):Christmette mit Orgel und Flöte;10. Januar: Weihnachten traditio-nell mit Capella Vocale Münster.

16.30 Uhr) kündigt sich dasWeihnachtsfest mit vierKonzerten wieder an.Gleichzeitig verändert sichdie Kirche dann in das Beth-lehem von anno dazumal.Außer dem neuen Hochaltarerscheint in der Kirche aucheine Krippe. Sie verleiht dembarocken Theater, das dasGotteshaus von Zwillbrockin den Augen von BruderHubert ist, rund um die Fei-ertage eine besondere Di-mension.

„Diese Kirche besitzt ei-nes der wenigen gut erhalte-nen Barockinterieurs derRegion. Zudem beeindrucktsie durch große Schlichtheitund Beschaulichkeit, ganzanders als die überschwäng-lichen Barockkirchen vonItalien und Süddeutschland.Alles steht hier, auf eineganz schlichte Weise, im Zei-chen des Schauspiels. DieWelt der Heiligen Christusund Maria umgibt uns wieein Dekor. Wir, die Gläubi-gen, befinden uns noch aufder Erde, aber das Theaterist der Himmel.“

Draußen, beim Abschied,

verweist Bruder Hubert aufden Stern von Bethlehem imPflaster vor der Kirche.„Weihnachten ist ein Festohne Grenzen. Das gilt auchfür diesen Ort. Hier besteht

die Grenze schon lange nichtmehr. In Kürze, während derChristmette in der Weih-nachtsnacht, wenn wir demEntstehen der Kirche geden-ken, sitzen wir wieder alle

brüderlich nebeneinander,Niederländer und Deutsche.Eine schönere Illustrationdes Weihnachtsgedankenskann ich mir nicht vorstel-len.“ ■

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Page 4: Nachbarn-Buren

4 NACHBARN • DEZEMBER – WEIHNACHTEN IM GRENZGEBIET

Schleichend erobert ervon Amerika aus Europa:der Weihnachtsmann. Erverdrängt immer mehrdie christlich überliefer-ten Figuren wie den hei-ligen Nikolaus.

Von Martin Borck

NORDHORN. Populäre ame-rikanische Spielfilme ver-mitteln ein Bild vom Weih-nachtsmann, wie er Glockenschwingend und „Hohoho“-rufend vor Kaufhäusernsteht. Oder wie er als „SantaClaus“ mit einem von Ren-tieren gezogenen SchlittenGeschenke verteilt. Äußer-lich gibt es es zwar Ähnlich-keiten mit dem heiligen Ni-kolaus, wie die rote Farbeder Kleidung und den wei-ßen Bart – aber damit hören

die Gemeinsamkeiten schonauf. Würde man dem Weih-nachtsmann die Gretchen-frage stellen – Wie hältstdu’s mit der Religion? – erkäme wohl heftig ins Stot-tern.

Dabei geht die Figur desWeihnachtsmannes oderSanta Claus ursprünglich so-gar auf die des heiligen Ni-kolaus zurück. Der war im-merhin der Patron der vonniederländischen Siedlerngegründeten Stadt Neu Ams-terdam, des heutigen NewYork. Den Weihnachtsmannals Figur, die die guten Kin-der belohnt und die bösenbestraft, gibt es seit dem 19.Jahrhundert. Seit den 30er-Jahren des 20. Jahrhundertsverschob sich sein Tätig-keitsfeld immer stärker hinzum Kommerz. Und dabeiverlor er seine Würde.

Auf jeden Fall taugt derWeihnachtsmann nichtmehr als Vorbild. Und daherregt sich seit einigen Jahrenimmer stärkerer Widerstandgegen seine Allgegenwartund seine kommerzielleÜbermacht in der Advents-zeit. Der Bund der Deut-schen Katholischen Jugend(BDKJ) will darum den Hei-ligen Nikolaus als morali-sche Instanz wieder stärkerin den Mittelpunkt rücken.„Er ist schließlich Schutzpa-tron vieler Bevölkerungs-gruppen, von den Kaufleu-ten über die Kinder bis hinzu den Messdienern“, sagtChristopher Kalfhues vonder Regionalstelle für Kin-der- und Jugendseelsorge imBistum Münster. „Der Niko-laus kommt ja leider im Vo-kabular vieler Menschenschon gar nicht mehr vor“,

bedauert er. „Mit der Aktionsollen die guten Taten desHeiligen Mannes stärker insBewusstsein rücken, wiezum Beispiel seine Hilfe fürdie Ärmsten der Armen.“

Dazu wählt der BDKJ seiteinigen Jahren einen süßenWeg: Seine Mitglieder ver-kaufen und verschenken zurWeihnachtszeit Schokola-den-Nikoläuse – sozusagenals Alternative zum Schoko-Weihnachtsmann. Mit mehrInhalt. Nicht vom tatsächli-chen Gewicht, aber von derreligiösen Bedeutung her.„Der Schoko-Sankt-Nikolausträgt eine Mitra, die Bi-schofsmütze, einen Hirten-stab, das Zeichen eines Bi-schofs, und in der Hand dasEvangelium.“ Die Organisa-toren möchten mit dem Ni-kolaus aus Schokolade errei-chen, dass man sich mit dem

Bischof aus Myra, der im 4.Jahrhundert wirkte, ausein-andersetzt. In diesem Jahrkommt es gut aus, dass derNikolaustag auf einen Sonn-tag fällt. Da wird in vielenGottesdiensten von seinenVerdiensten erzählt werden,sagt Kalfhues. „Das ist unswichtig.“

Auch in den Niederlan-den gerät Sinterklaas, derHeilige Nikolaus, gegenüberdem „Kerstman“, dem Weih-nachtsmann, in die Defensi-ve. Eigentlich erstaunlich,da sich der Sinterklaas-Abend bei einer Umfrage imvergangenen Jahr als die fürdie Niederländer wichtigsteTradition erwies.

Nun ist der Streit um dieVorherrschaft in der Festkul-tur nichts Neues. Der nieder-ländische Volkskundler �

Kerstman contra SinterklaasDer Nikolaus gerät in Holland gegenüber dem Weihnachtsmann in die Defensive

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Page 5: Nachbarn-Buren

NACHBARN • DEZEMBER – WEIHNACHTEN IM GRENZGEBIET 5

1 AdventskalenderDer Adventskalender versüßt die Wartezeit bis Heilig-abend mit 24 kleinen Überraschungen – eine für jedenTag vom 1. Dezember an. Diese Tradition entstand um1850 in protestantischen Familien, die nacheinander 24Abbildungen an die Wand hängten. Ab etwa 1900 wur-den die ersten gedruckten Kalender zum Kauf angebo-ten, später wurden diese auch mit Schokolade gefüllt.Viele deutsche Familien basteln mit viel Fantasie selbereinen Adventskalender. In den Niederlanden ist dieseTradition weniger bekannt.

2 Einzug von SinterklaasIn den Niederlanden beginnt die Vorfreude auf Weihnachten Mitte November mit demEinzug von Sinterklaas. Dieser kommt in Holland etwa drei Wochen vor dem Nikolaustagmit einem Dampfboot an. Dabei handelt es sich um den nationalen Einzug, der seit 1952von den Fernsehstationen übertragen wird. Daneben hält Sinterklaas in vielen niederlän-dischen Städten und Gemeinden seinen Einzug – per Boot, zu Pferde, mit dem Zug odereinem anderen Transportmittel. Mit dem nationalen Einzug befinden sich Sinterklaas unddie Zwarte Pieten offiziell in Holland und dürfen die Kinder ihre Schuhe und Stiefel auf-stellen.

Adventskalender

John Helsloot führt an,dass bereits in der Mittedes 19. Jahrhunderts dasaus Deutschland vorrü-ckende Weihnachtsfestden Sinterklaas-Abend be-drohte. Das Weihnachts-fest stieß bei vielen protes-tantischen Familien aufGegenliebe, denen die mitSinterklaas einhergehendeHeiligenverehrung suspektwar. Der typisch niederlän-dische Kompromiss: Mantolerierte beide Feste.

Doch mittlerweile hatder Weihnachtsmann Sin-terklaas als Geschenke-bringer offenbar abgelöst.Zumindest übersteigen dieAusgaben der Verbraucherfürs Weihnachtsfest die fürden traditionellen Sinter-klaas-Abend. Das wärevielleicht nicht soschlimm, wenn es nichtmit einer immer stärke-ren Präsenz des Weih-nachtsmannes einher-ginge. Für viele Nie-derländer ein Graus.Sie sehen in ihmden personifiziertenKommerz, währendSinterklaas für siefast einen National-heiligen darstellt,mit dem man sichidentifizieren kannund mit dem sie Kind-heitserinnerungen ver-binden. Gerade dieseMenschen irritiert es,dass die Kaufhäuser undGeschäfte ihre Schau-fenster und Auslagen im-mer stärker und immerfrüher – nämlich schonvor dem 5. Dezember –auf Weihnachten aus-richten. „Das typischniederländische Sinter-klaas-Gefühl wird da-durch verwässert“, zi-tiert Helsloot eineHausfrau.

Doch es gibt auchandere Stimmen: So

schätzen offenbar viele –auch niederländische – Be-sucher der riesigen Garten-zentren in den Niederlan-den die dort inszenierteVorweihnachtsstimmung,auch wenn Tannenbäumeund Kugeln schon kurznach Ende der Gartenmö-belsaison dieRäumezieren.An-

gesichts des Aufwands se-hen sich die Geschäftsleutenicht in der Lage, zunächstfür Sinterklaas und dannfür Weihnachten zu deko-rieren.

Dessen ungeachtet ma-nifestierte sich das Unbe-hagen über den amerikani-schen Trend des „Christ-mas“-Feierns in teils spek-takuläreren Aktionen: Soplatzierte die Stadt Assenin den 1990er-Jahren An-ti-Weihnachtsmann-Schilder, um zu demons-trieren, dass Weih-nachtsschmuck zumin-dest vor dem 5. Dezem-ber nicht gern gese-hen wurde. Als derWeihnachtsmanndort doch auf-tauchte, wurde erfestgenommenund aus der Stadtgeleitet, berichtetHelsloot: „Im Sin-terklaas-Umzugwurden im Jahrdarauf Weih-nachtsmännerin Käfigen mit-geführt. In Wa-geningen wur-de der Weih-nachtsmannkurzerhand in

den Sack desZwarte Piet ge-

steckt. In Bornewurde die Aktions-

gruppe „Rettet Sint“gegründet, in En-schede die Niederlän-dische Sinterklaas-Gewerkschaft.“

Diese Niederlän-der verteidigen ihrkulturelles Erbe.Sinterklaas bedeu-tet ihnen ein Stücknationaler Identi-tät. Viele Kinderglaubten fest anihn, während derWeihnachtsmannfür sie nicht mehr

ist als – eben ein verkleide-ter Mann.

Trotz allem hält sich derWeihnachtsmann hartnä-ckig. Und das wird so blei-ben, prophezeit Helsloot.Auch wenn der niederlän-dische Schriftsteller Nico-laas Metsier einmal sagte,dass „der Weihnachts-mann auf dem Gebiet derFestkultur so etwas wieFast Food repräsentiert“.Man müsse allerdings fest-stellen, so Helsloot tro-cken, dass diese Form derNahrungsaufnahme in denNiederlanden ja auch aufenormes Interesse stößt.Andererseits werde es inder Bevölkerung stets ei-nen hohen Anteil an Men-schen mit dem Hang ge-ben, an den Traditionenfestzuhalten.

In Deutschland stehtübrigens auch das Christ-kind in einem Verdrän-gungswettbewerb mit demWeihnachtsmann. BereitsMartin Luther kannte dieFigur des Christkindes.Seine Gestalt verdankt eswohl einem Wesen, dasschon vor der Reformati-onszeit, ausgestattet mitSchleier, Krone und En-gelsflügeln, bei Weih-nachtsumzügen die Engel-schar anführte. Beide Figu-ren haben sich aber erst imLaufe der Zeit zu Ge-schenküberbringern entwi-ckelt. „Seit dem ZweitenWeltkrieg hat sich die Po-pularität des Weihnachts-mannes merklich gestei-gert, während das Christ-kind ein wenig in Verges-senheit zu geratenscheint“, beschreiben dieVolkskundler beim Land-schaftsverband Westfalen-Lippe die Entwicklung derWeihnachtsbräuche.

Vielleicht wäre es alsoauch Zeit für ein Schoko-Christkind? ■

Viele Niederländer beschenken sich inzwischen zu Weihnachten

Von Martin Borck

Wer einen Nikolaus- oderWeihnachtsmann-Dar-

steller sucht, um die weih-nachtliche Feier bei sich zuHause, in der Nachbarschaft,bei einer Betriebs- oder Ver-einsfeier zu versüßen, kann ineinigen Orten in Deutschlandauch auf die Agentur für Ar-beit zurückgreifen. Zum Bei-spiel im westfälischen Ahlenvermittelt eine Mitarbeiterininsgesamt gut zwei DutzendMänner, die zum gebuchtenTermin in der passenden Ver-kleidung erscheinen und ausdem Goldenen Buch mahnendund lobend die bösen und gu-ten Taten der Kinder aufzäh-len.

Ist ein Termin vereinbart,dann kommt zum Beispiel Ul-rich Schulz zu Besuch. In sei-ner mittlerweile 17-jährigen Ni-kolaus-Karriere hat er bereitsin viele leuchtende Kinderau-gen und erfreute Erwachsenen-gesichter geblickt. Langweiligwird es ihm deshalb aber nochlange nicht, wie er betont. Im-mer wieder habe er interessan-te Geschichten zu erzählen undinvestiere die Stunden dafürgern: „Ein Nikolaus nimmtsich doch immer Zeit!“

„Ein freundliches Wesenund seine Dienstkleidung samtweißem Bart müssen die Niko-läuse schon mitbringen“, meintHeike Otterbeck, Sprecherinder Arbeitsagentur Münster.Auch eine tiefe Stimme erwar-ten die meisten Menschen beieinem Nikolaus. Obwohl dieEmanzipation auch vor der Fi-gur des Weihnachtsmannsnicht Halt macht. Die erstenWeihnachtsfrauen wurdenschon gesichtet. Wenn auch inüberwiegender Zahl nicht inoffizieller Mission, sonderneher zu Karneval . . .

Nikolaus vomArbeitsamt

Ein echter Schokoladen-Nikolausmit seinen Attributen als Bischof.

Page 6: Nachbarn-Buren

6 NACHBARN • DEZEMBER – WEIHNACHTEN IM GRENZGEBIET

3 Post für das ChristkindIn Deutschland schicken hunderttausende von Kindernihre Wunschzettel persönlich an das Christkind, den Weih-nachtsmann oder den Nikolaus. Eigens dafür eröffnetePostämter im österreichischen Christkindl oder den deut-schen Orten wie Himmelstadt, Himmelpfort, Himmels-pforten, Himmelsthür, Nikolausdorf, Engelskirchen undSt. Nikolaus beantworten jeden Brief.

4 AdventskranzKranz, in der Regel aus Tannenzweigen, mit vier Kerzen, diean den vier Sonntagen vor Weihnachten – den Advents-sonntagen – angezündet werden. Eine am ersten Advent,zwei am zweiten Advent und so weiter. Als Erfinder des Ad-ventskranzes gilt der lutherische Pastor Johann Hinrich Wi-chern aus Hamburg. Seine Pflegekinder hatten ihn immerwieder gefragt, wann denn endlich Weihnachten ist, worauf-hin er auf ein hölzernes Rad 19 kleine und vier große Kerzensetzte, um die Tage bis zum Fest abzählen zu können.

Adventskalender

Auch nach 1500 Jahrenhat er nichts von seinerFaszination eingebüßt –Sankt Nikolaus, der gutealte heilige Mann. Ver-ehrt wird er von denKindern diesseits undjenseits der Grenze glei-chermaßen, hier als Ni-kolaus mit seinemKnecht Ruprecht, dortals Sinterklaas mit denausgelassenen ZwartePieten. Und überallkommt der Freund derKinder mit kleinen Ga-ben.

Von Freimuth Schulze

NORDHORN/ENSCHEDE. Unddoch ist die Bedeutung desheiligen Mannes in beidenLändern verschieden. Beiden Kleinen in Holland hater einen ganz anderen Stel-lenwert als bei den Kindernin Deutschland. Jenseits derGrenze hält Sinterklaas all-jährlich am ersten Sonn-abend nach Sint Maarten(11. November) seinen Ein-zug. Dann treffen er und sei-ne neckischen Zwarte Pietenmit einem Dampfboot, ausSpanien kommend, in einemstets anderen niederländi-schen Hafen ein.

In diesem Jahr legte „Pak-jesboot 12“ in Schiedam an,wo neben dem Bürgermeis-ter der Stadt auch eine riesi-ge Kinderschar wartete. DasFernsehen übertrug wie injedem Jahr live; in ganz Hol-land klebten die Kleinen umdie Mittagszeit wieder anden Bildschirmen.

Nach der offiziellen An-kunft in den Niederlanden

hält Sinterklaas jenseits derGrenze in nahezu allen Städ-ten und Gemeinden seinenEinzug, mit dem Boot odermit der Kutsche, manchmalsogar mit dem Hubschrau-ber, zumeist jedoch auf sei-nem Schimmel. Die ZwartePieten schwirren dann aus,um ihre Späße zu treiben,klettern in Bäume und aufDächer, setzen sich aufsFahrrad oder winken ge-meinsam mit Sinterklaasvom Balkon der Rathauses.Die bunten Kostüme derHelfer von Sinterklaas sindder Kleidung des 17. Jahrun-derts nachempfunden. DieHolländer haben für jedenZwarte Piet einen besonde-ren Namen. Da gibt es den„Pakjespiet“ (Päckchenpiet),den „Hulppiet“ (Hilfspiet),den Zielepiet (Mitleidspiet)und viele andere.

Bis zum 6. Dezemberdreht sich im Nachbarland(fast) alles um Sinterklaas.Die Geschäfte machen indiesen Wochen die bestenUmsätze des Jahres, dennden Nikolaustag feiern dieHolländer mit „kadotjes“.Das ist wie Heiligabend inDeutschland. Dann kommendie großen und die kleinenGaben auf den Tisch, in vie-len Familien begleitet vonGedichten für den jeweiligenBeschenkten, nachdem Sin-terklaas und seine treuenHelfer in den Tagen zuvorbereits eifrig die abends vonden Kindern vor den Kamingestellten Schuhe zumeistmit Kleinigkeiten gefüllthatten. Während die Kinderschliefen, waren die ZwartePieten unbemerkt durch denSchornstein geklettert. AlsDank für die „kadotjes“ hat-

ten die Kinder Möhren oderHeu für das Pferd von Sin-terklaas in die Schuhe ge-steckt.

Nach der niederländi-schen Tradition kommt Sin-terklaas aus Spanien, das infrüheren Zeiten von denMohren (Mauren) besetztwar. Daraus entwickelte derVolksglaube im Laufe derZeit den Zwarten Piet. Biszur Mitte des 20. Jahrhun-derts war der Zwarte Piet,eingebunden in kolonialeTraditionen, ein ungebilde-ter Knecht, der sich nur ei-ner einfachen Sprache be-dienen konnte. Nach undnach aber entwickelte ersich zu einem angesehenenHelfer von Sinterklaas.

Zur Nikolauszeit in Hol-land gehören gefüllte Speku-latius, Pepernoten (kleinePfeffernüsse) und Chocola-

deletter (Schokoladenbuch-staben). Die etwa daumen-großen Pfeffernüsse, ausMehl unter Zugabe von ver-schiedenen Kräutern geba-cken, werden in den Wochenvor dem 5. Dezember überallverstreut, wo Sinterklaasund seine Zwarte Pieten auf-tauchen. Meist wirft Sinter-klaas damit händeweise umsich, aber sie liegen auch inden Schuhen, die die Kindervor den Kamin gestellt ha-ben. Und selbst auf dem Sin-terklaasfest im Altersheimdürfen die Pfeffernüssenicht fehlen.

Was die Chocoladeletterbetrifft, geht am Vorabenddes holländischen Nikolaus-tages, am 5. Dezember, auchkaum ein Niederländer leeraus. Wohl jeder Bürger desNachbarlandes erhält wäh-rend der Sinterklaaszeit denersten Buchstaben seinesVornamens aus Schokolade.In den Supermärkten liegendie süßen Buchstaben indiesen Tagen bergeweise –am Nikolaustag selber istnicht mehr viel davon übrig.

Wie bedeutsam Sinter-klaas für die Niederlandeist, geht aus der Tatsachehervor, dass sich eine lan-desweite Sankt-Nikolaus-Organisation (Sint Nicolaas-genootschap Nederland) in-tensiv mit den Traditionenrund um Sint Nicolaas be-schäftigt. Sie hat sich dasZiel gesetzt, Initiativen zuergreifen und zu fördern, indenen die Figur von und dieLegenden und Volksbräucheum Sankt Nikolaus im Mit-telpunkt stehen – sowohlwissenschaftlich, künstle-risch und kulturell als auchauf touristischem und so-zialem Gebiet. Dabei ver- �

Hier Nikolaus, dort Sinterklaas . . .In Holland kommt er mit seinen Zwarte Pieten, in Deutschland mit Knecht Ruprecht

Nikolausumzüge wie hier in Nordhorn sind diesseits der Grenze genauso populär wie aufholländischer Seite. Foto: Jürgen Lüken

Page 7: Nachbarn-Buren

NACHBARN • DEZEMBER – WEIHNACHTEN IM GRENZGEBIET 7

5 PakjesavondFür niederländische Kinder der absolute Hö-hepunkt des Monats Dezember. Am Abenddes 5. Dezember bringen Sinterklaas und dieZwarte Pieten einen Sack voller „cadeautjes“(Geschenke). Bei vielen Familien schauen sieselber herein und unterhält sich Sinterklaas mitden Kindern. Vor dem Krieg war der „pakjesavond“nicht besonders weit verbreitet. Erst durch die Wohlfahrt in denJahren danach wurde das Beschenken mit großen und kleinen Dingen im-mer normaler.

6 NikolaustagIn Deutschland wird das Fest des heiligen Nikolaus amMorgen seines Geburtstages gefeiert: am 6. Dezember.Die Kinder haben am Abend zuvor die Schuhe vor denKamin oder vor die Tür gestellt und finden darin am an-deren Morgen Leckereien wie Nüsse, Äpfel, Apfelsinen,Schokolade oder kleine Geschenke finden. Viele Famili-en werden von St. Nikolaus persönlich besucht, nichtselten verbunden mit einem ernsthaften Wörtchen andie Kinder, die nicht so brav gewesen sind.

Adventskalender

sucht die Sint Nicolaasge-nootschap, weltweites Inte-resse für Sankt Nikolaus zuwecken und Sinterklaas imeigenen Land besondere Auf-merksamkeit zu schenken.

Diesseits der Grenze stehtfür Groß und Klein im De-zember das Weihnachtsfestim Mittelpunkt. Unbeachtetbleibt aber auch hier der Ni-kolaustag nicht. In vielen Or-ten hält der gute alte heiligeMann auch in Deutschland inden Tagen vor dem 6. Dezem-ber und am Nikolaustag sel-ber seinen Einzug. Hier istKnecht Ruprecht sein Gehil-fe. Der Tradition nach in einebraune oder schwarze Kuttegekleidet, trägt er am Gürteleine Rute und Geschenke ineinem Korb auf seinem Rü-cken – meist kleine Säckchen,gefüllt mit Süßigkeiten, Nüs-sen und Mandarinen.

In den meisten deutschenFamilien stellen die Kinderam Abend des 5. Dezemberihre geputzten Stiefel oderSchuhe vor den Kamin, vordas Fenster oder vor dieHaustür. Nachts füllt der Ni-kolaus diese dann mit Nüs-sen, Obst und Süßigkeiten.Am Morgen des eigentlichenNikolaustages, dem 6. De-zember, können es die Klei-nen dann kaum erwarten,aus dem Bett zu kommen undvor die Tür zu rennen: „Warich auch brav genug?“ Werkeinen Stiefel oder Schuh auf-gestellt hat, geht meist auchnicht leer aus. Dann wartetauf die Kinder ein bunter Tel-ler mit verschiedenen Lecke-reien.

Dazu gehört im deutschenGrenzgebiet auch vielfachder so genannte „Stuten-kerl“, aus Hefeteig gebacken.Er reicht aber bei weitem

nicht an die Popularität desholländischen Chokoladelet-ters heran.

Wie im Nachbarland Sin-terklaas und seine ZwartePieten, kommen der Nikolausund Knecht Ruprecht heutein immer mehr deutschen Fa-milien am Abend des 5. De-zember persönlich vorbei, umdie Kleinen zu beschenkenund sie zu loben oder zu ta-deln. Da vergehen die Kinderbeinahe vor Aufregung, wennKnecht Ruprecht mit seinerRute an die Fensterscheibeklopft. Entlang der Grenzewird der „deutsche“ Nikolausheute auch schon immer häu-figer von Zwarte Pieten be-gleitet – der holländische Ein-

fluss macht sich bemerkbar.Das Interesse an Nikoläu-

sen ist inzwischen so groß,dass diese von den deutschenArbeitsämtern sogar per An-zeigen gesucht werden. Somanch ein Rentner, Studentoder Arbeitsloser bessert alsAushilfs-Nikolaus sein Ta-schengeld etwas auf.

In vielen deutschen Städ-ten und Gemeinden gibt eszum Teil schon seit Jahrzehn-ten offizielle Nikolausvereine,vor allem im Münsterlandwie in Schöppingen, Ahaus,Alstätte oder Graes. Einer derwohl ältesten ist der von Gro-nau-Epe. Er hat seinen Ur-sprung im Jahr 1947. NeunJahre später wurde der erste

Nikolausumzug in der da-mals noch selbstständigenGemeinde organisiert. DerNikolaus und seine Rup-rechts mussten damals nochzu Fuß gehen, da die Vereins-kasse nicht für Pferde reichte.Auch wurden in den erstenJahren keine Tüten sondernBonbons verteilt.

Insgesamt hat der Niko-lausverein Epe bisher schonweit über 100 000 Nikolaus-tüten gepackt. Seit mehr alseinem halben Jahrhundertbesucht der Nikolaus amVorabend des Nikolaustagesdie Eper Kinder und dieZeichen stehen gut, dass esnoch viele Jahre so weiter-gehen wird. Mittlerweile

haben die Kinder der Ver-einsgründer das Zepter indie Hand genommen bezie-hungsweise angereicht be-kommen. Sie sind es, dienunmehr seit einigen Jah-ren als Nikolaus oder Ru-precht durch die Stadt rei-ten, auf den Spuren ihrerVäter, die damit jedochnoch lange nicht in der Ru-hestand entlassen sind. Ge-rade das Improvisationsta-lent und die geballte Erfah-rung der „alten Garde sorgtfür ein Gelingen des Niko-lausfestes in Epe. So etwasnennt man wohl Traditionund es ist gut, dass sie ge-pflegt wird – seit nunmehrüber 50 Jahren. ■

. . . und überall der Freund der KinderSowohl in Deutschland als auch in Holland stellen die Kleinen ihre Stiefel vor die Tür

Sinterklaas trifft mit seinen Zwarte Pieten alljährlich am Wochenende nach dem Sankt-Martinstag mit einem Dampfboot –aus Spanien kommend – in Holland ein. Foto: dpa

Page 8: Nachbarn-Buren

8 NACHBARN • DEZEMBER – WEIHNACHTEN IM GRENZGEBIET

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Der Leiter des Nikolaus-Büros im niedersächsischen Nikolausdorf (KreisCloppenburg), Hubert Weddehage, präsentiert einen mit Briefen gefülltenPappkarton und eine der entsprechenden Antwortkarten. Es handelt sichnur um einen kleinen Teil der Kinder-Post an den Nikolaus, die das Freiwil-ligen-Team in diesen Wochen jeden Tag im Gemeindehaus der Dorfkircheerreicht und die auch prompt beantwortet wird. Jeden Abend im Dezem-ber treffen sich die Nikolausdorfer, um sich der Wünsche und Sorgen vonKindern aus ganz Deutschland anzunehmen.

NIKOLAUSDORF. Wenn in diesenTagen irgendwo in Deutschland einKind einen Brief an den Nikolausschreibt, dann landet die Postwahrscheinlich im Nikolausdorf imLandkreis Cloppenburg. Dort gibtes seit nunmehr über 30 Jahren die„Nikolausaktion“, die weit über dieGrenzen Deutschlands hinaus be-kannt ist.

Im November 1965 berichteteeine Zeitung erstmals überden Nikolaus aus demNikolausdorf. Wäh-rend bis dahin nurvereinzelt Briefe anden Nikolaus einge-troffen waren undvon der damaligenPosthalterin FridaFlemming beant-wortet wurden, ka-men nach der Veröffent-lichung sofort wahre Postberge inNikolausdorf an. Und daran hatsich bis heute nichts geändert.

Der damalige Schulleiter JohannKabella gründete seinerzeit mit vie-len freiwilligen Helfern das „Niko-lausbüro“. Viele kleine und großeKinderwünsche, Sorgen und Fra-gen standen in den Briefen, die denNikolaus in all den Jahren erreichthaben. Von der Deutschen Bundes-post wurde im Jahr 1967 ein Son-derstempel herausgegeben; es be-

steht nach wie vor die Möglichkeit,seine Post beim Postamt in Clop-penburg damit versehen zu lassen.

Der Inhalt der Briefe ist immerwieder interessant. Da kommenlange und ausführliche Listen überWeihnachtswünsche, manchmalsogar mit Katalognummern. Ande-re Briefe enthalten von Kinderhandgemalte Bilder mit Weihnachtsmo-

tiven. Jeder Brief wird beant-wortet, jedes Kind erhält

eine Antwort vomNikolaus.

Seit 1997 ist derNikolaus aus demNikolausdorf auchim Internet prä-sent. Unterwww.nikolaus-dorf.de gibt es Jahrfür Jahr mehr undmehr rund um denNikolaus zu entde-

cken. Insbesondere der Grußkar-tenservice lockt alljährlich vieletausend Besucher an – Jung undAlt.

Viele Kinder besuchen jedesJahr auch den Nikolaus in seinemHeimatort „Nikolausdorf“. Am Ni-kolaustag, dem 6. Dezember,kommt der Nikolaus alljährlich mitder Kutsche vorgefahren und be-schenkt die Kleinen mit großen Tüten. ■

Willkommen imNikolausdorf

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Page 9: Nachbarn-Buren

NACHBARN • DEZEMBER – WEIHNACHTEN IM GRENZGEBIET 9

7 WeihnachtsbaumDie Tradition, in der Weihnachtszeit einen geschmückten Baum in das Wohnzimmer zustellen, geht auf einen uralten Brauch zurück, in der dunklen Jahreszeit etwas Grün insHaus zu holen. Die ersten Weihnachtsbäume standen wahrscheinlich schon vor 1500 indeutschen Wohnzimmern, im 19. Jahrhundert eroberten sie auch den Rest der Welt. Diemeisten niederländischen Familien stellen den Weihnachtsbaum heute auf, sobald Sin-terklaas das Land wieder verlassen hat – unmittelbar nach dem 6. Dezember. Wieder ent-fernt wird er bereits unmittelbar nach dem Weihnachtsfest. In Deutschland ist es vielfachnoch gebräuchlich, den Weihnachtsbaum erst am 24. Dezember zu schmücken und ihnbis zum 6. Januar (Dreikönigstag) oder sogar 2. Februar (Maria Lichtmess) stehen zu las-sen.

8 AmerigoSinterklaas reitet immer auf einem Schim-mel, den er aus Spanien mit auf das Bootnimmt, wenn er nach Holland kommt. DasPferd von Sinterklaas hat seit 1990 einenfesten Namen: Amerigo. Dies war der echteName des Polizeipferdes, auf dem Sinter-klaas in diesem Jahr seinen nationalen Ein-zug in Elburg hielt.

Adventskalender

Von Freimuth Schulze

NORDHORN. „Sechs mal dreiEuro“, ruft der NordhornerGastwirt Gerd Frentjen andiesem Abend unzähligeMale über die Köpfe der vie-len Gäste hinweg, die dichtgedrängt in seinem Restau-rant stehen und versuchen,sich an einen langen undmit Wild voll gepacktenTisch vorzukämpfen. Dannrollen wieder die Würfel.„Acht ist hoch“, „Zwölf isthoch“ – noch kann der letzteder sechs Teilnehmer an die-ser Knobelrunde hoffen, ei-nen Fasanen, einen Hasenoder zwei tiefgefrorene En-ten mit nach Hause nehmenzu können. Dann fallen abernur insgesamt sieben Augenaus dem Becher: „Wiedernichts!“. Auf ein Neues beider nächsten Runde.

Etwa 100 Meter weiter, anderselben Seite der Nordhor-ner Hauptstraße, geht es umSüßes. Vor der Filiale der Bä-ckerei Sundag wird um Tor-ten geknobelt. Hunderte da-von werden speziell für dasNikolausknobeln in derSchüttorfer Großbäckerei ge-backen, dazu viele Weggen.Auch die Torten gehen andiesem Nikolausabend wegwie warme Semmeln – auchbeim Nordhorner Bäcker-Original Aloys Altendeite-ring, der mit seinem Ver-kaufswagen schräg gegen-über steht. Überall laufen dieMenschen mit Tortendosenbepackt durch die Straßender City, viele „entsorgen“den Gewinn zwischenzeit-lich in ihrem Auto, um dieHände wieder frei für neueKnobelrunden zu haben.

Fleischermeister HeinrichFriemann steht am Abenddes 5. Dezember alljährlichauf einer kleinen Mauer vor

seinem Geschäft. Mit einerGlocke macht er die Tausen-den von Innenstadtbesucherauf die nächsten Knobelrun-den aufmerksam. Im Ladenstehen die Menschen indichten Reihen vor dem Ver-kaufstresen. Hier geht es umdie Wurst. Geknobelt wirdmit vielen Bechern gleich-zeitig – um Mettwurst,Schinken und Fleischwurst.Stolz verlassen viele den La-den mit einem Wurstpaketunter dem Arm: Auf zumnächsten Stand!

Das traditionelle Niko-lausknobeln am Abend des5. Dezember gibt es nur inder Grafschaft Bentheimund in Ostfriesland. Gekno-belt wird nicht nur in Gast-stätten, Bäckereien und Flei-schereien, auch an vielenStänden in der Hauptstraßegeht es um allerlei Köstlich-keiten, um Pralinen undSchokolade, um süße Hexen-häuschen oder Hautpflege-

sets, um handgefertigteweihnachtliche Holzfigurenund Adventsgestecke. Ju-gendabteilungen von Verei-nen und Verbände bessernso ihre Kassen auf.

Die Spielregeln sind über-all gleich und ganz einfach.Es wird mit drei Würfelnpro Becher geknobelt. DieMitspieler zahlen für einenbestimmten Preis einen be-stimmten Einsatz pro Per-son. Gewonnen hat der Spie-ler mit der höchsten Augen-zahl, gegebenenfalls kommtes zum Stechen.

Streng genommen han-delt es sich in Nordhorn umein verbotenes Glücksspiel,das jedoch einmal im Jahrmit behördlicher Erlaubnisstattfinden darf. Seit über120 Jahren schon gibt es dasdamals so genannte Dob-beln am Nikolausabend. Soteilte „Der landräthlicheHülfsbeamte“ im Jahre 1888auf eine entsprechen Anfra-

ge mit, dass eine „besondereamtliche Genehmigungnicht erteilt, sondern dassog. Dobbeln an dem be-stimmten Tag wie früher ge-duldet wird, vorausgesetzt,daß grober Unfug dabeinicht getrieben wird“. DasKnobeln kann also aufGrund der Tradition und dessich damit herausgebildetenGewohnheitsrechts von derStadt gestattet werden. „Da-mit wird Brauchtum ge-pflegt“, so Stephan Semper,zuständiger Sachbearbeiterbei der Stadt Nordhorn, derfür dieses Jahr 61 Genehmi-gungen ausgestellt hat.

An den Ständen werdendie Interessenten von denGewerbetreibenden wieMarktschreier zum Mitma-chen animiert. An vielenStänden herrscht indes auchohne große Werbung einderartiger Andrang, dass dieMitspieler froh sind, nachvorn an den Spieltisch zu ge-

langen, um ihr Glück zu ver-suchen. Das bunte Treibenund die Aussicht auf einenschönen Gewinn mit wenigEinsatz sind so attraktiv,dass ganze Busgesellschaftenspeziell dazu nach Nordhornkommen. Sie genießen dabeiauch die ganz besondere At-mosphäre des NordhornerWeihnachtsmarktes in denStraßen der City mit dem ty-pischen Duft von Glühwein,Bratwurst und gebranntenMandeln.

Erfunden haben soll dasNordhorner Nikolauskno-beln vor über 170 Jahren derGastwirt Leonhard Frentjen– in der Backstube der heutemehr als 300 Jahre altengleichnamigen Bäckerei undGaststätte in der Nordhor-ner Innenstadt. Er backtedamit speziell zum Niko-laustag die so genannten„Klaaskerle“ und verknobel-te diese an Ort und Stelle: inder Backstube. ■

Nikolausknobeln hat in Nordhorn TraditionWild, Wurst und Torten: Zigtausende bevölkern an diesem Abend die Innenstadt

Um die Wurst geht es alljährlichbeim traditionellenNikolausknobeln inNordhorn.Foto: Jürgen Lüken

Page 10: Nachbarn-Buren

10 NACHBARN • DEZEMBER – WEIHNACHTEN IM GRENZGEBIET

9 Sankt MartinDie Winterfeste beginnen sowohl in Teilen der Niederlande als auchin einige deutschen Regionen am 11. November, dem Namenstagvon Sankt Martin. Im Norden der Niederlande gehen an diesem TagKinder mit Lampions singend von Haus zu Haus und erhalten dannSüßigkeiten. In der Provinz Limburg wird am 11. November nicht nurdie Geschichte von Sankt Martin erzählt, es werden auch Freuden-feuer entzündet und es gibt Umzüge. In Deutschland werden ähnli-che Traditionen gepflegt. In vielen Familien steht am 11. NovemberGänsebraten auf dem Speiseplan.

10 PepernotenIn den Niederlanden ist das Nikolausfest ohne Streuenvon „pepernoten“ (Pfeffernüsse) undenkbar. Dabei han-delt es sich um kleine runde Plätzchen, gebacken ausRoggenmehl, mit einem Schuss Anis. Gemeinsam mit„pepernoten“ wirft Sinterklaas auch „snoepjes“ (kleineSüßigkeiten) unter die Kinder. Früher handelte es sichdabei um kleine Münzen, die an eine alte Legende erin-nern sollten, nach der Sankt Nikolaus den Brautschatzvon drei jungen Mädchen bezahlt.

Adventskalender

Von Freimuth Schulze

SCHÜTTORF. Johnny vanden Broek stammt gebürtigaus Nijmegen und wohntseit 35 Jahren in Schüttorf.Sinterklaas hat ihn schonwährend seiner Kindheit fas-ziniert. In den vergangenenJahren ist bei ihm dann im-mer stärker das Bewusstseingewachsen, eine der schöns-ten Traditionen seines Hei-matlandes auch in seinerneuen deutschen Wahlhei-mat hochhalten und pflegenzu müssen. Seit nunmehracht Jahren tritt Johnny vanden Broek in den Tagen umden 5. Dezember herum re-gelmäßig als Sinterklaas auf.

Seit 2004 ist der Hollän-der Mitglied der Sint Nico-laasgenootschap Nederland.Diese Vereinigung versuchtweltweit das Interesse fürSankt Nikolaus zu weckenund Sinterklaas im eigenenLand besondere Aufmerk-samkeit zu schenken. DieSint Nicolaasgenootschap ar-beitet schon seit einigen Jah-ren an einem Dokumentati-onszentrum und unterhältenge Kontakte zu anderenvergleichbaren Organisatio-nen im In- und Ausland.

Um besser auf seine Auf-tritte als Freund der Kindervorbereitet zu sein, ent-schloss sich Johnny van denBroek schon 2005 zur Teil-nahme an den Kursen derSint Nicolaasgenootschap imniederländischen Leersum.Dort versammeln sich all-jährlich viele holländischeNikoläuse und noch mehrZwarte Pieten aus allen Tei-len des Landes. Auf sie war-tet immer ein umfangreichesUnterrichtsprogramm.

„Ich trete jetzt viel be-wusster als Sinterklaas auf“,so Johnny van den Broek,

der unter anderem auch ge-lernt hat, wie er sich auspeinlichen Situationen ret-ten kann. Der „deutscheNiederländer“ erinnert sichnoch gut an einen Auftritt,als ein Kind vom Nikolausnicht das Playmobil bekam,das auf seinem Wunschzet-tel stand. „Das Kind war sowütend, dass es Sinterklaasnicht ein Mal mehr dieHand geben wollte“, bedau-ert van den Broek, der 40Jahre lang für die Nieder-ländische Eisenbahn gear-beitet hat und seit 2003pensioniert ist. Jetzt kann ersich zumindest zu dieserZeit des Jahres seinem nichtalltäglichen Hobby widmen.

Während der Schulungin Leersum erfahren dieSinterklaasen unter ande-rem alles über die Ge-schichte des Sankt Nikolaus

von Myra und des ZwartePiet, der den guten altenheiligen Mann auf allen sei-nen Wegen begleitet. Aus-führlich geht es darum, wieKinder mit Sinterklaas um-gehen und Sinterklaas mitKindern umzugehen hatund was er von den Kin-dern erwarten kann. DieTeilnehmer erfahren allesüber korrekte Nikolausklei-dung und wie sie getragenwird. „Ein guter Bart ist be-sonders wichtig“, so Johnnyvan den Broek. Es gibt so-gar Bärte, die 500 Euro undmehr kosten: „Eine ganznormale Sinterklaas-Beklei-dung schlägt schon schnellmit 300 bis 400 Euro zu Bu-che, kann aber auch drei-mal so teuer sein.“

Johnny van den Broek istin Schüttorf auch gesell-schaftlich voll integriert. Er

ist seit fast 25 Jahren ehren-amtlicher Helfer im FCSchüttorf 09, mit weit über3000 Mitgliedern einer dergrößten Sportvereine Nie-dersachsens. Van den Bro-eks Nikolaus-Auftritte vorden kleinen Vereinsmitglie-dern gehören seit Jahrenebenso zu seinen festen Ter-

minen wie die im Schüttor-fer Kindergarten „Schatzkis-te“. „Das sind Sternstundenfür Sinterklaas“, berichtetder Niederländer: „Es isteinfach immer wieder einwunderbares Gefühl, zu er-leben, wie fasziniert dieKinder beim Anblick desheiligen Mannes sind.“ ■

Echter Sinterklaas beschert deutsche KinderJohnny van den Broek wurde für seine Auftritte als Nikolaus in Holland geschult

Niederländi-scher Nikolausin Deutsch-land: Johnnyvan den Broekaus Schüttorfals Sinterklaas.

Fotos: privat

Bei der Jugend des FC Schüttorf 09 ist Johnny van denBroek immer besonders gerne zu Gast. Hier besucht er dieKinderturngruppe von Doris Ketteler, die sich jeden Mittwochtrifft.

Umringt von Zwarte Pieten: Johnny van den Broek mit (hin-ten von links) Jeroen, Ed und Jan sowie vorne Iranda währendeines Sinterklaas-Kurses vor zwei Jahren im niederländi-schen Leersum.

Page 11: Nachbarn-Buren

NACHBARN • DEZEMBER – WEIHNACHTEN IM GRENZGEBIET 11

11 LiederSinterklaas und Weihnachten sind Feste, zu denensowohl in den Niederlanden als auch in Deutschlandviel gesungen wird. Eines der bekanntesten Sinter-klaas-Lieder ist „Zie ginds komt de stoomboot“(Sieh, dort kommt das Dampfboot) nach der Melodiedes deutschen Volksliedes „Im Märzen der Bauer“. Ei-nes der am häufigsten gesungenen Weihnachtsliederweltweit ist „Stille Nacht“, das seinen Ursprung in Ös-terreich hat.

12 SurpriseEin Surprise (Überraschung) ist ein mit einem Augen-zwinkern versehenes Geschenk oder eine Geschenk-verpackung, die sich vielfach auf ein Hobby oder einbesonderes Ereignis im Leben des Empfängers be-zieht oder auf die Person von Sinterklaas. Zum Bei-spiel ein Geschenk in Form eines Hauses für jemand,der umziehen wird oder eines Fußballs aus Pappma-ché für einen Fußballliebhaber. Vor allem ältere Kinderund Erwachsene überraschen sich gegenseitig mitSurprises.

Adventskalender

Von Martin Borck

Es ist schon erstaunlich,wie sehr man sich mitseinem Vornamen

identifiziert. Oder würdenSie statt Hans lieber Fritzheißen? Oder statt Fritz lie-ber Hans? Schon kleine Kin-der reagieren empfindlich,wenn man sie spaßeshalbermit einem anderen Namenanspricht.

Dabei sind sie sich zu-nächst der Bedeutung ihresNamens gar nicht bewusst.Sie heißen eben so – und da-mit basta. Bei mir fiel derGroschen, als ich noch ganzklein war, schätzungsweisedrei, vier Jahre alt. Am Vor-abend des Martinsfestes (11.November) wurden damalsin den 60er-Jahren bei unsim Münsterland Martinsfeu-er abgebrannt. Die Kinderzogen zunächst durch dieNachbarschaft, sangen dasplattdeutsche Lied

„Sünte Mätten, SünteMätten, et is so koald,

gew mi toch eenStücksken Torf of Holt.

Laot mi nich so lange staon,ick mutt noch

‘n Hüüsken wiedergaon.“

und hauten mit Knüppelnauf die Stufen der Häuser,um ihren Bitten nach Brenn-stoff (und vielleicht nochnach etwas Leckerem) Nach-druck zu verleihen. Dannging es mit dem Holz aufdem Bollerwagen zu der Stel-le, wo das Feuer abgebranntwurde. Die Kinder trugenschöne, im Kindergartenoder in der Schule selbst ge-bastelte Laternen, und eswurden Martinslieder gesun-gen. „St. Martin ritt durchSchnee und Wind . . .“

Aber: Martin – so hieß(und heiße) ich doch selbst!Als mir das damals klar wur-de, soll ich plötzlich – ausStolz auf den HeiligenMann, der seinen Mantelmit einem Bettler teilte undder denselben Namen trugwie ich – doppelt so laut ge-sungen haben wie zuvor. Daswird zumindest in Familien-kreisen erzählt.

Namenstage hatten frü-her zumindest in den ka-tholischen Familien einedeutlich stärkere Bedeu-tung als heute. Die Legen-den, die sich mit dem Na-menspatron verbinden, wa-ren im Bewusstsein der All-gemeinheit wesentlich stär-ker präsent. Das Handeln

des Patrons sollte Vorbildsein für das Kind, das den-selben Namen trug. Und dieNamenspatrone wurdenwesentlich stärker verehrtals heutzutage. Dort wurdedeshalb früher Namenstaganstelle des Geburtstags ge-feiert (mit dem Argument:„Schließlich hat jede KuhGeburtstag“).

Im Mittelalter brauchtendie Menschen an Namensta-gen großer Heiliger nicht zuarbeiten. Damals gab esnoch keine Urlaubsregelung– doch dank dieser Gedenk-tage kamen die Menschenimmerhin auf über 100 freieTage im Jahr (einschließlichder Sonntage). Aus einerÜbersicht des Rijksmuseum

Catharijneconvent in Ut-recht geht hervor, dass zumBeispiel Agnes und Matthiasgefeiert wurden, ebenso Ger-trudis und Pancratius, Bar-nabas und Peter und Paul,Jakobus, Bartholomäus undLaurentius . . .

Während in TeilenDeutschlands der Dreikö-nigstag (6. Januar) und Ma-riä Himmelfahrt (15. Au-gust) auch heute noch offi-zielle Feiertage sind, an de-nen die Menschen frei ha-ben, sind derlei religiöseFesttage in den Niederlan-den (bis auf Weihnachten,Oster- und Pfingstmontagsowie Christi Himmelfahrt)verschwunden. Dort erhal-ten die Arbeitnehmer soge-

nannte „snipperdagen“, diejeder – ob Christ, Moslemoder Jude – an seinen Feier-tagen einsetzen kann. Oderan jedem anderen Tag.

Wenn auch die Heiligen-verehrung im alltäglichenLeben nicht mehr so präsentsind, so hat sie bei den ka-tholischen Christen immernoch eine große Bedeutung,allen voran die Marienvereh-rung. Auch der Namenspa-tron der Kirchengemeindenwird jeweils gefeiert. Und inden vergangenen Jahren be-sinnt man sich immer häufi-ger auf die Heiligen – auchwenn es um weltliche Veran-staltungen wie Märkte geht.Der Mariä-Geburtsmarkt imSeptember in Telgte hat so-gar eine jahrhundertelangeTradition. An anderen Ortenfinden (Jahr)Märkte eben-falls um den Namenstag ei-nes Heiligen statt, zum Bei-spiel Ende September derMichaelismarkt in Epe.

Einige Heilige werdennach wie vor besonders ge-feiert, ohne dass der christ-liche Kern der Legende ver-wässert wird. Dazu gehörtMartin, der seinen Mantelmit einem frierenden Bett-ler teilt. Wie er wird imMünsterland auch der Ni-kolaustag mit Laternenum-zügen begangen, an denentausende Kinder teilneh-men. Lambertus am 17. Sep-tember hat in Münster undeinigen kleineren Ortennoch eine große Tradition.In Twente und dem Achter-hoek ist selbstverständlichNikolaus, Sinterklaas, derHeilige mit dem größtenBekanntheitsgrad – obwohles um das Wissen um seineVerdienste eher schlecht be-stellt ist. ■

An Namenstagen einst arbeitsfreiLaternenumzüge zu Sankt Martin haben nach wie vor Tradition

Martinsumzüge haben auch im Münsterland und in der Grafschaft Tradition.Foto: Frank Zimmermann

Page 12: Nachbarn-Buren

12 NACHBARN • DEZEMBER – WEIHNACHTEN IM GRENZGEBIET

13 WeihnachtskrippeMit einer Weihnachtskrippe wird zu Hause oder in der Kirche dieGeschichte von der Geburt Jesus Christi dargestellt, mit Figurenwie dem Jesuskind in der Krippe, mit Maria und Josef, einem Och-sen und einem Esel, Hirten mit ihren Schafen, mit einem Engelund mit den drei Königen Caspar, Balthasar und Melchior. Weih-nachtskrippen sind bei Christen in der ganzen Welt bekannt. Formund Aussehen können sehr unterschiedlich sein, abhängig vonden kulturellen Traditionen des Landes, aus dem die Krippestammt, dem zur Verfügung stehenden Material und der Phanta-sie der Person, die die Krippe fertigt.

14 MarzipanMarzipan, eine Mischung aus Mandeln und Zucker, gehört zum Weih-nachtsmonat Dezember ganz einfach dazu. Deutschland kennt diesehochwertige Leckerei vornehmlich in der Form kleiner Brote oder Ku-geln oder in verschiedenen Gebäcksorten verarbeitet. Sowohl inDeutschland als auch in der Niederlanden werden allerdings auch dieverschiedensten Figuren aus Marzipan geformt. Früher gaben Jungenmit einem Stück Marzipan um den 5. Dezember herum ihrer Liebe zueinem Mädchen Ausdruck.

Adventskalender

Von Martin Borck

Heiligabend und dererste Weihnachts-tag stehen im

Münsterland und in derGrafschaft traditionell imZeichen der Familie. Kin-der, die auswärts studierenoder arbeiten, besuchendie Eltern. Man geht zurKirche, ansonsten besuchtman vielleicht noch andereFamilienmitglieder oderbleibt gemütlich zuHause.

Am zweiten Weih-nachtstag dagegenwird man eines ande-ren Phänomens ge-wahr: Schon am Vor-mittag füllen sich invielen Regionen Knei-pen und Gaststät-ten mit Gästenzum so genann-ten Stephanus-Steinigen, dassich bis in denspäten Abend hinzie-hen kann. Weihnach-ten stellt nämlich für vieleMenschen die Gelegenheitdar, Freunde und Bekanntezu treffen, die ansonstenübers ganze Land verstreutsind und (fast) nur zumFest in die alte Heimatkommen. Wann ergibt sichschon mal die Gelegenheit,alte Freunde und Schulka-meraden auf einem Hau-fen wiederzusehen, wennnicht zu Weihnachten?Auch Cliquen und Clubsnutzen die Gelegenheitzum fröhlichen Beisam-mensein. Dabei läuft dasBier erfahrungsgemäß inStrömen.

Warum dieser Brauch„Stephanus-Steinigen“heißt? Nun, weil der 26.

Dezember, also der zweiteWeihnachtstag, der Ge-denktag des Heiligen Ste-phanus ist. Er gilt als dererste christliche Märtyrer:Wegen der Verkündigungdes christlichen Glaubenswurde er von gläubigen Ju-den beim Hohen Rat derGotteslästerung bezichtigtund zum Tode verurteilt.Stephanus wurde grausamgesteinigt.

In-sofern haftet

dem doch sehrprofanen Brauch durch

die Benennung fast etwasBlasphemisches an. Zumaldie Zecher einen kleinenStein bei sich tragen soll-ten, weil sie sonst eineRunde ausgeben müs-sen . . .

Übrigens hat der Gast-stätten-Besuch in vielenRegionen auch am zweitenOstertag Tradition. Nurheißt er dann nicht Ste-phanus-Steinigen. WeilOstern kalendarisch einbewegliches Fest ist undder Ostermontag in jedemJahr auf einen anderenHeiligengedenktag fällt,spricht man hier vom„Gang nach Emmaus“ . . .(siehe Lukas-Evangelium,Kapitel 24).

Stephanus-Steinigen wird noch immer gepflegt

Von Andrea Kutzendörfer

Können Sie sich Weih-nachten ohne Tannen-baum vorstellen? Ich

nicht. Es ist schon lange her,aber die Angst, es könntediesmal passieren, sitzt mirheute noch im Nacken. „Wirwarten aufs Christkind“hieß dieFernsehsendung, mit dersich deutsche Kinder früherdie Zeit vor der Bescherungvertrieben.

Nur ich nicht. Ich standwie jedes Jahr am Fensterund wartete auf meinen Va-ter. Schaffte er es auch dies-mal, rechtzeitig einen Tan-nenbaum anzuschleppen?„Süßer die Glocken nie klin-gen“ trällerte es bereitsdurchs Haus, aber meineNerven lagen blank. DerSchnäppchenjäger fröntenämlich wie jedes Jahr sei-nem Lieblingshobby undwar erst in allerletzter Se-kunde losgelaufen, um einenBaum zu kaufen. Was er beiseiner Rückkehr im Dunkelnfröhlich präsentierte, warerst gar nicht zu erkennen.Dann aber nahmen wir dieKrücke selig in Empfang.Kein anderer hatte sie mehrhaben wollen.

Nur wir. Jetzt konnteWeihnachten beginnen. Na-türlich gibt es auch Familien,in denen es vor der Besche-rung richtig beschaulich zu-geht. Da wird die herrlichduftende Tanne, die schonTage vorher auf dem Balkonstand, gemeinsam mit denlieben Kleinen geschmückt.Die Christbaumkugeln sindlängst aus dem Keller geholt,das Lametta liegt, fein säu-berlich auseinandergefum-melt, bereit. Kein Zank mitden Geschwistern, kein Streit

mit der Mutter, kein „Dugehst gleich ins Bett!“ Nichts.

Oder das romantischeZwei-Personen-Stück mitTruthahn: „Mein Mann undich basteln eine Truthahn-Füllung, die ihresgleichensucht“, berichtet meineFreundin mit glänzendenAugen. Dann zählt sie auchnoch selig die Zutaten auf:Trockenobst, Äpfel, Zwie-bel . . . „Anschließend zwit-schern wir uns einen Sektund legen erst einmal schö-ne Musik auf“, fährt sie fort.

So geht das auch. Oderder traditionelle Kirchgang.Mit Mann und Maus geht esam Nachmittag des 24. De-zember ins Gotteshaus. An-schließend steht bei derOma der Heringssalat bereitund dann wird, bevor es andie Geschenke geht, erst ein-mal gemeinsam gespült. DerKirchgang fällt aus, wenn ei-nem, in letzter Sekunde ent-deckt, noch ein Geschenkfehlt. Dann wird – vor allemvon den lieben Kleinen – aufden letzten Drücker gewer-

kelt und gebastelt, was dasZeug hält. Und dann gehtdie jährliche Klopperei umdas letzte Geschenkpapierlos. Denn bis in den HeiligenNachmittag hinein durchdie Geschäfte laufen – dasist vorbei.

Ab Mittag geht gar nichtsmehr. Ich kann mich gut da-ran erinnern, wie ich an ei-nem 24. Dezember gegen 16Uhr von meinen verbliebe-nen 1,50 DM Taschengeld ander Tankstelle noch eine Fla-sche Wein für meinen Vatererstand. Denn auch wenn ereinem in jedem Jahr denletzten Nerv raubte, ein Ge-schenk sollte er doch be-kommen. Irgendeine Tannehat er ja schließlich immerangeschleppt. Bis zu demHeiligen Abend, an demmein Bruder und ich, end-lich erwachsen, als Überra-schung jeweils einen wun-derschönen Christbaum inunser Elternhaus schlepp-ten. Den dritten wuchtetegerade unser Vater die Trep-pe hoch. ■

Wir warten aufs ChristkindHeiligabend in einer typisch deutschen Familie

Page 13: Nachbarn-Buren

NACHBARN • DEZEMBER – WEIHNACHTEN IM GRENZGEBIET 13

15 ChocoladeletterSinterklaas verteilt in den Niederlanden neben „kadootjes“ auch die be-liebten Chocoladeletters – Buchstaben aus Schokolade. Der Empfän-ger wird jeweils mit dem ersten Buchstaben seines Vornamens be-schenkt. Möglicherweise geht die Tradition zurück bis in die mittelalter-lichen Klosterschulen, in denen die Kinder mit Hilfe von Buchstaben ausBrotteig lesen und schreiben lernten und die sie dann als Belohnungverzehren durften. Im 19. Jahrhundert war es üblich, Sinterklaas-Ge-schenke mit einem Laken abzudecken und darauf den Anfangsbuch-staben des Vornamens des Kindes zu legen.

16 SprichwörterZu bestimmten Kalendertagen wie Sankt Martin, Sankt Nikolaus, Weihnachten oder Silvester und Neujahrgehören nach der Volkstradition Sprichwörter, die sich auf das Wetter beziehen, nicht selten Monate imVoraus.

„Regnet es an St. Nikolaus, wird der Winter streng, ein Graus“ ★ „Wenn’s Christkindlein Tränenweint, vier Wochen keine Sonne scheint“ ★ „Viel Wind in den Weihnachtstagen, reichlich Obst dieBäume tragen“ ★ „Nevels in Sint-Maartensnacht, maken de winter kort en zacht“ (Nebel in derSankt-Martins-Nacht, machen den Winter kurz und sacht) ★ „Is’t op Kerstmis nog niet koud, danvraagt de winter niet veel hout“ (Ist es zu Weihnachten nicht noch nicht kalt, erfordert der Winter nichtviel Holz) ★ „Viel sneeuw rond Oudjaar, wis veel hooi in’t nieuwe jaar“ (Viel Schnee zum Jahres-wechsel beschert viel Heu im neuen Jahr)

Adventskalender

Bitte ein Bier? Auf denWeihnachtsmärkten inMünster wird man ver-geblich danach fragen.Die einzigen alkoholi-schen Getränke, die dortausgeschenkt werden,sind Glühwein undPunsch. Und die Anzahlder Imbissstände iststark begrenzt, lauteHumpa-Musik uner-wünscht. „Wir wollenhier keine Kirmes. Es sollstimmungsvoll sein.“Dies erklärt unter ande-rem den großen Erfolgdes münsterschen Weih-nachtsmarktes.

Von Rindert Paalman

MÜNSTER. Theo Breider, un-ermüdlicher Geschäftsfüh-rer des VVV in Münster inden 1950er und 1960er Jah-ren, hatte es persönlich an-geordnet. Der Weihnachts-schmuck in der Innenstadt,so hatte er 1954 den Ge-schäftsleuten erklärt, müsse„gesittet und zurückhaltend“sein, passend zur besonde-ren Architektur der Giebel-häuser am Prinzipalmarkt.Adventskränze und dezenteBeleuchtung und hier undda ein großer Weihnachts-baum, mehr nicht. Und sogeschah es.

In den Jahren danachkam etwas mehr Ausgelas-senheit hinzu: Lichtmastenwurden mit Girlanden um-wickelt und an den verschie-denen Einfallstraßen zumZentrum wurden mit Tan-nenzweige geschmücktePforten aufgestellt, später

durch Bäume voller kleinerLampen ersetzt. „Münsterstrahlt“, nannte Breider seinKonzept. Dies gilt bis zumheutigen Tag und ist ein un-vergleichlicher Erfolg. Besu-cher, die die münsterschenWeihnachtsmärkte mit ei-nem Wort charakterisierensollen, antworten spontan:„stimmungsvoll“.

Münster ist in ganzDeutschland bekannt. We-gen seines Friedenssaales,in dem 1648 der „Westfäli-sche Frieden“ geschlossenwurde. Wegen des berühm-ten Prinzipalmarktes, ei-nem der fünf schönstenPlätze Deutschlands. Und

wegen seines Weihnachts-marktes, der einer Untersu-chung zufolge zu den deut-schen Top 5 gehört – ge-meinsam mit den Märktenvon Nürnberg, Erfurt, Dres-den und Aachen. Jede Rei-seleiterin bestätigt es:„Münster ist in der Weih-nachtszeit eine Reise mehrals wert.“ Natürlich, dieWeihnachtsmärkte vonDortmund, Essen, Düssel-dorf, Köln oder Bremensind auch bekannt. Viel grö-ßer auch. Und lauter. „Aberwir wollen keine Kirmes“,heißt es in Münster,: „Essoll stimmungsvoll sein.“

Bernadette Spinnen, Lei-

terin von Münster Marke-ting, bittet provozierend umeine Schätzung, wie vieleBesucher Münster durch-schnittlich während derVorweihnachtszeit besu-chen. Die Antwort wartetsie gar nicht erst ab:120 000! Normal sind es täg-lich 63 000. „Unglaublich,nicht wahr?“ Der Erfolg istso wahnsinnig, dass dieMünsteraner selber schonein Mal nörgeln, angesichtsdieser gigantischen Besu-cherzahlen. „Wir könnennicht einmal mehr unserenormalen Einkäufe tätigen“,ist dann zu hören. „AnSonnabend ist es völlig ver-

rückt. Die Reinigungsma-schinen der Stadt könnennicht einmal ihre Arbeit ver-richten, weil die Straßenfast völlig durch Menschen-massen verstopft sind. Wirfragen uns hin und wiederauch schon mal, ob wirnicht inzwischen die Grenzeerreicht haben und wasnoch möglich ist.“

Der Weihnachtsschmuckmag denn bereits 1954 sei-nen Einzug in Münster ge-halten haben – das Zentrumwar als Folge der schwerenBombardierungen währenddes Krieges zum Teil noch ei-ne Ruine –, den ersten Weih-nachtsmarkt gab es erst1971. Es begann klein, in derNähe des Rathauses. Heutegibt es fünf Weihnachts-märkte. Der auf dem Innen-hof des Rathauses, hinterdem Friedenssaal, ist dergrößte. Weitere Weihnachts-märkte gibt es an der Lam-bertikirche, im Kiepenkerl-Viertel und auf dem Aegi-dienplatz – alle untereinan-der zu Fuß schnell erreich-bar.

Der Markt am Landesmu-seum ist in diesem Jahr we-gen der Baumaßnahmen amMuseum in die Umgebungder Überwasser-Kirche ver-legt worden. Er war langeZeit bei den Studenten we-gen des kostengünstigenGlühweins beliebt. „Da warimmer happy our“, berichtetBernadette Spinnen: „ZumLeidwesen der Beschickerder anderen Märkte und derCafé- und Restaurant-Betrei-ber in Münster. Dies hat so-gar ein Mal zu einem regel-rechten Glühwein-Krieg ge-führt. Aber die Zeiten sindlange vorbei.“ �

(Bitte umblättern)

Weihnachtsmarkt mit NiveauDezent und stimmungsvoll – Münster will keine Kirmes in der Adventszeit

Münster hat einen der schönsten Weihnachtsmärkte Deutschlands.

Page 14: Nachbarn-Buren

14 NACHBARN • DEZEMBER – WEIHNACHTEN IM GRENZGEBIET

17 ChriststollenDas älteste deutsche Weihnachtsgebäck, herge-stellt aus Hefeteig, Butter, Rosinen, Sukkade undkonfitierte Apfelsinenschalen. Ursprünglich wurdeder Stollen ohne Butter und Früchten gebacken –wegen der Fastenzeit vor dem Weihnachtsfest. In-zwischen gibt es die verschiedensten Stollensorten.Der bekannteste, der Dresdener Christstollen, istseit 1997 gesetzlich geschützt. Nur Bäcker aus derUmgebung von Dresden dürfen das Gebäck so nen-nen.

18 World Wide WebNikolaus, Sinterklaas, das Christkind und der Weihnachts-mann gehen mit der Zeit und haben schon lange auch für sichdas Internet entdeckt. Wer unter dem Stichwort Weihnachtengoogelt, erhält mehr als 14 Millionen Treffer, Sinterklaas bringtes in derselben Suchmaschine auf mehr als drei Millionen Re-sultate. Im World Wide Web ist alles Mögliche zu finden: Tradi-tionen, Lieder, Rezepte, Basteltipps und selbst wie man aufKoreanisch ein frohes Weihnachtsfest wünscht.

Adventskalender

(Fortsetzung)

Jeder Weihnachtsmarktin Münster hat seinen eige-nen Organisator. So betreibtdas Veranstaltungsbüro derHalle Münsterland denMarkt auf dem Innenhof desRathauses. Das Büro wurdezum Trendsetter. Es entwi-ckelte die Bedingungen, de-nen die Pächter der Markt-stände genügen müssen. DasMarketingbüro der Stadt ko-ordiniert die fünf Märkte.

Jeder Markt hat im Laufeder Jahre seinen eigenen Stilund seine ganz besondereAtmosphäre entwickelt – deram Aegidiimarkt zum Bei-spiel ist mit seiner Krippe,der Pyramide mit den klei-nen Figuren und dem klei-nen Karussell beliebt bei Fa-milien. „Das bedeutet abernicht, dass jeder tun und las-sen kann was er will“, soBernadette Spinnen. Es gibtstrenge Regeln, was wohlund was nicht erlaubt ist,aber darüber herrscht großeÜbereinstimmung.

Absolute Bedingung ist,dass der Weihnachtsmarktnicht zur Kirmes ausartet –„keine Partymeile“ –, wiedies in den letzten Jahrenstets häufiger in anderenStädten der Fall ist, „mit vielMusik, Alkohol und Fresse-rei. Diesem Trend wollen wirnicht folgen“, so BernadetteSpinnen: „Wir streben eingutes Gleichgewicht zwi-schen Ständen, an denenKunsthandwerk und ähnli-ches angeboten wird, undImbissständen an. Und wirachten auf Qualität. Markt-beschicker, die gebrauchteWaren anbieten wollen, wer-den abgewiesen.“

Es gebe immer wiederStimmen, die fordern, dieMärkte an den Wochenen-

den bis Mitternacht geöffnetzu lassen, berichtet Berna-dette Spinnen. Vor allem dieBeschicker der Imbissständehätten ein Interesse daran:„Aber das wollen wir nicht,ebenso wenig wie eine Öff-nung der großen Warenhäu-ser an Sonntagen.“ Undisku-tabel ist in Münster auch,dass die großen Weihnachts-

märkte bereits Mitte Novem-ver eröffnet werden. Markt-beschicker, die viel Stand-geld bezahlen, drängen hinund wieder schon ein Maldarauf. Aber sie haben keineChance. In Münster hat dierömisch-katholische Kirchenoch großen Einfluss: derWeihnachtsmarkt starteterst am Montag nach Toten-

sonntag. Das war in diesemJahr der 23. November.

Nicht nur mit den Orga-nisatoren der Weihnachts-märkte gibt es Absprachendarüber, was wohl und wasnicht erlaubt ist, auch mitden Geschäftsleuten. Be-leuchtung, Advents-schmuck . . ., alles muss auf-einander abgestimmt sein.

„Es muss eine Einheit aus-strahlen.“

In diesem Jahr sind dieGeschäftsleute schriftlichdarüber informiert worden,wie alles auszusehen hat:Der Adventskranz muss inden Farben rot-grün gehal-ten und mit kleinen Leucht-birnen ausgestattet sein,nicht mit roten Lampen. DieGirlanden rund um dieLichtmasten kehren nachlängerer Zeit wieder insStraßenbild zurück; das Um-wickeln hat auf ein und die-selbe Weise zu erfolgen. DieTannenzweige in den Fens-tern der Giebel müssen sehrdezent beleuchtet sein unddie Weihnachtsbaumgrup-pen dürfen nur von innenheraus Licht geben; sie wer-den ausschließlich an mar-kanten Stellen im Zentrumaufgestellt.

„Jeder hält dies für selbst-verständlich“, so BernadetteSpinnen, „denn so schafftman mit dem Prinzipal-markt und seiner Umgebungein prachtvolles Dekor.“ Alsdas luxuriöse Einkaufszen-trum „Münster-Arkaden“,unweit des Prinzipalmarktes,vor einigen Jahren glaubte,sich mit blauen und silber-nen Farben und einer futu-ristischen Beleuchtungschmücken zu können, wur-de es von den Geschäftsleu-ten aus der Umgebung zu-rechtgewiesen. Seitdem hältes sich ohne zu murren andie Regeln. „So soll das auchsein“, meint BernadetteSpinnen.

Auch die großen Waren-häuser der Stadt – GaleriaKaufhof, Karstadt, Peek &Cloppenburg, C &A – fügensich problemlos in die Gege-benheiten. Münster hat nocheinen relativ großen �

Jeder Weihnachtsmarkt hat seinen eigenen StilRamsch und Gebrauchtes darf in Münster nicht angeboten werden

Weihnachtseinkauf mit Flair: Der münstersche Prinzipalmarkt mit seinen Arkaden strahlteine ganze besonders festliche Atmosphäre aus.

Page 15: Nachbarn-Buren

NACHBARN • DEZEMBER – WEIHNACHTEN IM GRENZGEBIET 15

19 EngelEngel spielen eine zentrale Rolle in der biblischen Weih-nachtsgeschichte, in der ein Engel den Hirten kundtut, dassJesus geboren ist und ein ganzer Engelchor jubelnd singt.Engelfiguren sind denn auch eine beliebte Weihnachtsdeko-ration. Es wird erzählt, dass ein Weihnachtsengel im offiziel-len DDR-Jargon „Jahresendflügelfigur“ genannt wurde, weildie Machthaber im Sprachgebrauch der DDR Hinweise aufWeihnachten vermeiden wollten. Möglicherweise ist diesaber auch nur ein Scherz, hervorgerufen durch eine satiri-sche Zeitschrift.

20 DreikönigeDas Fest der Heiligen drei Könige wird am 6. Januar gefeiert. Christen gedenkendann der biblischen Geschichte der Weisen aus dem Morgenland, die dem Sternvon Bethlehem folgten, um das neugeborene Jesuskind zu begrüßen. In Teilender Niederlande laufen Kinder an diesem Tag singend von Tür zu Tür und erhaltendafür Süßigkeiten oder Geld. Auch deutsche Kinder gehen von Haus zu Haus, ver-kleidet als Caspar, Melchior und Balthazar. Sie sammeln Geld für einen gutenZweck und schreiben mit Kreide die Buchstaben C+M+B an die Haustür. Sie ste-hen für das lateinische Christus Mansionem Benedicat (Christus segne diesesHaus).

Adventskalender

selbstständigen Mittelstand,doch die Filialisten erobernstets mehr Terrain. DerPrinzipalmarkt mit seinenluxuriösen Geschäften warlange Zeit „privat“, aberauch hier ist inzwischen dieHälfte der Geschäfte in denHänden der großen Filial-unternehmen und Betrei-bergesellschaften. Und de-ren Interessen stimmennicht immer mit den örtli-chen überein.

Der niederländische Mit-telstand kennt seine Tritt-brettfahrer, Geschäfte, viel-fach von großen Filialunter-nehmen, die keiner Interes-sengemeinschaft ange-schlossen sind und sich auchnicht an Werbekampagnenund ähnlichen Aktionen be-teiligen, die aber wohl profi-tieren wollen. „Am Prinzi-palmarkt macht jeder mit“,so Bernadette Spinnen: „DieInteressen sind auch zugroß; sie wissen, dass sie alserste profitieren. ZumGlück, denn wenn sich derPrinzipalmarkt nicht beteili-gen würde, hätten wir eingroßes Problem. An anderenStellen des Zentrums abergibt es noch so manchenProfiteur. H&M Mode zumBeispiel weigert sich konse-quent, sich zu beteiligen. Al-les in allem aber können wiruns nicht beklagen. In ande-ren großen Städten ist dieAnzahl der Trittbrettfahrerviel größer.“

Für die großen und diekleinen mittelständischenBetriebe sowie die Gastrono-mie sind die Weihnachts-märkte „unwahrscheinlichwichtig“. Alle Hotels derStadt sind von Anfang anausgebucht. Die Geschäfte,Cafés und Restaurants ver-zeichnen während der Weih-

nachtszeit Rekordumsätze.„Wenn es keine Weihnachts-märkte geben würde, wäredas für sie eine Katastro-phe“, so Bernadette Spin-nen: „Wer jetzt nichts um-setzt, hat ein großes Prob-lem.“

Untersuchungen – dieletzte stammt aus dem Jahr2005 – haben ergeben, dassdie Besucher auf den Weih-nachtsmärkten im Schnitt20 Euro ausgeben. Rechnetman die Ausgaben in denGeschäften und gastronomi-schen Betrieben hinzu, dannkommt man auf einen Be-trag von etwas mehr als 75Euro. „Kurzum: Bei 120 000Besuchern pro Tag machtdas . . .“, so Bernadette Spin-nen.

Von den Besuchern, sowird geschätzt, kommt an

bestimmten Tagen 60 Pro-zent aus den Niederlanden.„Dann hört man hier nurnoch Niederländisch“. Alleinauf dem großen Hinden-burgplatz parken täglich 120bis 130 niederländische Bus-se; die anderen Busse wer-den zu Plätzen am Randedes Zentrums dirigiert. AnSonnabenden patrouillierensogar einige niederländischePolizeibeamte in den müns-terschen Straßen. Die Hos-tessen der Service- und Mit-arbeiter der Ordnungsdiens-te sprechen nahezu alle Nie-derländisch. „Wir versuchen,auch so viele Mitarbeiter derGeschäfte wie möglich mitder niederländischen Spra-che vertraut zu machen.Dies zeigt, wie wichtig derniederländische Gast für unsist“, so Spinnen.

Die Stadt Münster lässtsich das Marketing jährlichmehr als als 100 000 Eurokosten. Etwa 15 000 Euro da-von werden für Public relati-on, Werbung und Service fürdie Weihnachtsmärkte aus-gegeben. Gastronomie undMittelstand steuern gemein-sam noch ein Mal den glei-chen Betrag dazu – für dieGestaltung des Zentrumsund ihrer Geschäfte gebensie noch mehr Geld aus.„Aber 30 000 Euro für dasPromoten des jährlichenWeihnachtsmarktes bis weitins Ausland hinein ist nichtzu viel“, erkennt BernadetteSpinnen: „Es ist allerdingsauch nicht erforderlich, dasRad jedes Jahr aufs Neue zuerfinden. Der Weihnachts-markt von Münster ist in-zwischen derart bekannt,

dass er praktisch ein Selbst-läufer ist.“

Was die Marktbeschickerfür ihre Standplätze bezah-len? „Keine Ahnung. Damüssen sie die Organisato-ren anrufen. Aber es wirdnicht billig sein. Dennochist die Fluktuation gering.Ich habe den Eindruck, dasses ausgesprochen lukrativist, einen Stand oder einHäuschen auf dem Weih-nachtsmarkt zu betreiben.Es gibt lange Wartelisten.Wer einmal einen Stand-platz hat, darf im nächstenJahr wiederkommen. Es seidenn, er hält sich nicht andie Regeln und bietetRamsch an. Aber das pas-siert eigentlich nie. Denn je-der weiß: für mich stehenzehn andere bereit“, so Ber-nadette Spinnen. ■

Zahl der Trittbrettfahrer hält sich in GrenzenDie meisten Geschäfte in Münster beteiligen sich an den Kosten für den Weihnachtsschmuck

Ein einheit-liches Bild:Die Häus-chen desmünster-schen Weih-nachtsmark-tes auf demPrinzipal-markt.

Page 16: Nachbarn-Buren

16 NACHBARN • DEZEMBER – WEIHNACHTEN IM GRENZGEBIET

Der Nordhorner Weihnachtsmarkt gehört zu den beliebtesten in der Grenz-region. Er wurde bereits am 25. November eröffnet und kann bis zum 30. De-zember besucht werden. Foto: Stephan Konjer

Ahaus: 4. bis 6. Dezember

Alstätte: 27. bis 29. November.

Bad Bentheim: 4. bis 6. Dezemberim Schatten der Burg.

Billerbeck: 28. und 29. November.

Borken: 27. bis 29. Novemberr,Marktplatz.

Burgsteinfurt: 4. bis 6. Dezember,Altstadt.

Denekamp: 12. und 13. Dezember.

Gescher: 28. und 29. November.

Gilddehaus: 12. Dezember, 14 bis 18Uhr, auf dem Mühlenberg.

Gronau: 10. bis 20. Dezember.

Nordhorn: täglich bis 23. Dezem-ber (auch sonntags) in der Innen-stadt.

Ochtrup: 27. bis 29. November.

Münster: täglich bis 23. Dezem-ber; sonntags bis donnerstags bis20 Uhr, freitags und sonnabendsbis 21 Uhr.

Neuenhaus: 28. und 29. Novem-ber.

Ootmarsum: 12. und 13. Dezemberunter dem Motto „Weihnachtenund Kunst“.

Rheine: 5. bis 15. Dezember,Marktplatz.

Schüttorf: 28. und 29. Novemberim historischen Stadtkern.

TTecklenburg: 4. bis 6. Dezember,Altstadt.

Uelsen: 5. Dezember, „Der andereWeihnachtsmarkt“.

Vreden: 11. bis 13. Dezember.

Wettringen: 28. und 29. Novem-ber, am Heimathaus.

Weihnachtsmärkte in der Region

NordhornSONNTAG, 28. NOVEMBER: Konzertzum Advent, 19.30 Uhr, St. Augusti-nuskirche.

SONNTAG, 6. DEZEMBER: Advents-konzert der ChorgemeinschaftNordhorn, 17 Uhr, Kreuzkirche.

Mittwoch, 9. Dezember: St. Peters-burger Kinderchor, 17 Uhr, Alte Kir-che am Markt.

FREITAG, 11. DEZEMBER: „Weih-nachtswunderland“ mit der GruppeGodewind, 20 Uhr, Kulturzentrum„Alte Weberei“.

SONNTAG, 13. DEZEMBER: Weih-nachtskonzert der Kinderchöre,16.30 Uhr, Konzert- und Theater-saal.

SONNTAG, 20. DEZEMBER: gemein-sames Weihnachtskonzert der Mu-sikschulen Nordhorn und Dinkel-land, 16 Uhr, Kreissparkasse in derBahnhofstraße.

Bad BentheimSONNTAG, 20. DEZEMBER: „Daskleine Musiktheater“, 15.30 Uhr,Musiktheater „Hennekens Hof“,Wilhelmstraße.

BardelSONNTAG, 29. NOVEMBER: Advents-konzert, 19 Uhr, Klosterkirche.

WietmarschenSONNTAG, 13. DEZEMBER: Advents-konzert des Musikvereins Wietmar-schen, 16.30 Uhr, Wallfahrtskirche.

Konzerte zu Advent und Weihnachten

● Teenagerberatung

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● Sterilitätsberatung

● Hormonanalyse

● Zyklusmonitoring

● Ovulationsterminierung

● Konzeptionsoptimierung

● Computergestützte Ultraschalldiagnostik

● Live-3D-/4D-Ultraschall

● Individuelle und risiko-adaptierte Hormonsub-stitution

● Ambulantes Operieren

● DEGUM und FMF zertifizierte Schwangerenbetreuung

● Pränataldiagnostik● Erst-/Zweit- und Dritt-

Trimesterscreening● NT-Messung● Downsyndrom-

Risikoermittlung● Fetale Echocardiographie● Fetale Versorgungs-

überprüfung● Gepulste und farbcodierte

Dopplersonographie ● Fetale Herzfrequenz-

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In der ganzen Grafschaft gibt es in diesen Wochen Advents- und Weih-nachtskonzerte. Dieses Archivbild zeigt die Lutherische Kantorei aus Nord-horn unter der Leitung von Friedrich Erdmann während eines Konzertes imvergangenen Jahr.

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NACHBARN • DEZEMBER – WEIHNACHTEN IM GRENZGEBIET 17

Von Martin Borck

NORDHORN. In der kalten,klaren Winterluft bildet derAtem kleine Nebelwolken.Der Schnee dämpft alle Ge-räusche bis auf das rhyth-mische Knirschen, das dieeigenen Schritte erzeugen.In diese winterliche Stilleertönt auf einmal ein Ton,der ganz offensichtlich vonweit her kommt: der ar-chaische Klang eines Mitt-winterhorns. Kurz daraufantwortet ein anderer Blä-ser aus einer anderen Rich-tung auf das Signal. DieBläser pflegen eine uralteTradition in der niederlän-dischen Region Twente undin der Grafschaft Bentheim.In der Advents- und Weih-nachtszeit bis zum FestHeilige Drei Könige kündi-gen sie die Geburt Christian.

Doch schon vor derChristianisierung stießendie germanischen Stämmein der Region um die Zeitder Wintersonnenwendeins Horn. Historische Quel-len belegen das. „Es ist ur-sprünglich ein heidnischerBrauch gewesen“, bestätigtHans Kamphuis. Er ist Vor-sitzender des Mittwinter-hornvereins in Ootmarsum.Ob die Menschen damalsmit dem Hornblasen dieSonne unterstützen woll-ten, wieder länger zu schei-nen, oder ob sie böse Geis-ter vertreiben wollten?Man weiß es nicht. Auf je-den Fall wurde die heidni-sche Tradition späterchristlich umgedeutet.

„Die Hörner haben früherauch anderen, weltlichenZwecken gedient“, erzählenKamphuis und sein Vereins-kollege Jules Kokhuis. „Dader Ton weit trägt, habensich früher auch Schmugglerund Wilderer gegenseitigvor Zöllnern und Jagdaufse-hern gewarnt.“

Seit etwa 25 Jahren erlebtdas Mittwinterhornblasenein regelrechtes Comeback.„Die Tradition hat es in denNachbarschaften immer ge-geben“, stellt Kamphuis klar.Doch seit den 1990er-Jahrenveranstalteten die Vereinealljährlich Mittwinterhorn-Wanderungen. Auf zehn bis15 Kilometer langen Rund-wegen spazieren die Besu-

cher durch Wald und Flur.Entlang des Weges postierensich Bläser und lassen ihreHörner ertönen. Die Signalewerden Kilometer weiteraufgenommen und beant-wortet.

So wird es auch am 20.Dezember wieder sein. Start-und Ziel ist in diesem Jahrin Neuenhaus. Etwa 100 Blä-ser aus der ganzen Regionwerden erwartet. „Auch inDeutschland findet die Tra-dition immer mehr Anhän-ger“, freut sich Kamphuis.Vor allem, weil auch bei dendeutschen Freunden dieüberlieferten Bräuche einge-halten werden. „Die Regelnsollte man schon einhalten“,findet der Ootmarsumer.Unter freiem Himmel darfausschließlich von der Ad-ventszeit bis zum Dreikö-nigsfest geblasen werden.Und dazu hat man in derpassenden Kluft zu erschei-nen: Kittel, passende Mützeund Holzschuhe. „Zum Mitt-winterhorn passen keine di-cken Skijacken, wie ich esschon mal gesehen habe“,meint Kamphuis. Und waser und Kokhuis nicht ausste-hen können, sind Kommer-zialisierungstendenzen. „Wirmachen es, weil es ein schö-ner Brauch ist.“

Kamphuis gerät regel-recht ins Schwärmen. „Es istein sagenhaftes Gefühl,wenn man an einem kalten,klaren Abend draußen stehtund „den oalen roep“ (denalten Ruf ) bläst und wennkurz darauf die Antwortenaus aus der Ferne ertönen.Das gibt einem ein Gefühlvon Zusammengehörigkeit.Von Ruhe und dem Eins-Sein mit der Natur.“

Dabei ist der Laut nichtunbedingt schön, den dieHörner von sich geben. Eherklagend und wehmütig. DieHörner haben weder Griff-löcher noch Klappen. Eskönnen daher nur die Na-turtöne geblasen werden.Doch das reicht, um einenbeeindruckenden Klang ent-stehen zu lassen. Jedes hatseine eigene Stimmlage.Und jeder Bläser hat seineeigene Art zu intonieren.„Ich höre am Klang und derMelodie, wer gerade bläst“,meint Kamphuis. Die Bläsersind übrigens allesamt So-listen, denn ein harmoni-sches Zusammenspiel meh-rerer Hörner scheitert da-ran, das die Instrumentenicht aufeinander abge-stimmt werden können.Kamphuis und Kokhuismüssen lachen: „Einmal

wollte jemand aus dem Wes-ten des Landes Mittwinter-hörner engagieren. Amliebsten eine ganz Band.Wahrscheinlich hätte dernoch gewollt, dass wir ge-meinsam Jingle Bells spie-len.“ Der hatte eben keineAhnung . . .

Das Blasen ist eine Kunstfür sich: Das Mundstück(„de happe“, wie die Twen-ter es nennen) muss mit ei-ner bestimmten Lippen-spannung bespielt werden.Auch die Atemtechnik mussgekonnt sein. „Manche Leu-te meinen, man könnte dasan einem einzigen Nachmit-tag lernen. Aber das klapptnicht“, sagt Kamphuis.

Mit zwei tiefen Tönen be-ginnt das Ruf- und Antwort-Spiel. Ein Signal, dass an-gibt: Ich bin da. Es folgendrei weitere Laute, die an-kündigen, das der Spieler et-was „erzählen“ wird. Unddann wird in lang anhalten-den Tönen die „Geschichte“erzählt.

In Ootmarsum sind 30Aktive im Verein, daruntereinige Jugendliche. Auchzwei Mädchen erlernen diealte Kunst. Alle Mitgliederhalten die Bräuche in Ehre.So halten sie sich auch beimÜben an die Regel, dass nur

vom ersten Advent bis zum6. Januar draußen geblasenwird. „In der übrigen Zeitkönnen wir in der Halle ei-nes Karnevalsvereins pro-ben.“

Die Instrumente werdenheutzutage aus weichemHolz hergestellt. Ein etwa 15Zentimeter dicker, andert-halb Meter langer Ast vonBirke, Weide oder Erle eig-net sich besonders gut. Undeine Krümmung am dickenEnde muss er haben. Nachdem Absägen wird Rindeund überschüssiges Holz ab-geschält. Danach muss derAst trocknen, bevor er derLänge nach in der Mittedurchgesägt wird und dieHälften ausgehöhlt werden.Anschließend werden diebeiden Hälften wieder anei-nandergeleimt. Zuletzt wirdein Mundstück aus Holun-der am dünnen Ende ange-bracht. Das fertige Hornwird von der Seite geblasen.

Vier Mitglieder im Vereinbauen die Instrumente. Frü-her wurde nicht geleimt,sondern wurden die Hälftenmit Weidenruten zusam-mengehalten. Und die Hör-ner wurden in den Brunnengehängt, damit das Holzfeucht blieb und das Horndicht wurde. Denn ein Hornmit Ritzen klingt erbärm-lich . . .

Wie sehr das Mittwinter-horn zur akustischen Identi-tät der winterlichen Twentebeiträgt, zeigt sich an einerAnekdote. Früher wohntenNonnen in einem Kloster inOotmarsum. Das Klosterwurde geschlossen und dieNonnen zogen nach Amers-foort. Weit weg von Twente.Nach einem Winter ohneHorngeschall riefen dieNonnen in Ootmarsum an.Sie würden die Hörner sovermissen. Ob denn die Blä-ser nicht zu ihnen kommenkönnten. Was sie – Ehrensa-che – natürlich taten.

Und einmal hat sichKamphuis in einen regel-rechten Rausch gespielt. AmNordhorn-Almelo-Kanal wares, erinnert er sich. Es hattegefroren, und der Klang desHorns trug über dem Eis soweit wie noch nie. „Ichkonnte fast nicht mehr auf-hören. Das war ein fantasti-sches Erlebnis.“ ■

Mittwinterhörner erklingen wiederUralte Tradition wird vor allem in der Twente und in der Grafschaft gepflegt

Mittwinterhornbläser vor der malerischen Kulisse Ootmarsums.

Page 18: Nachbarn-Buren

18 NACHBARN • DEZEMBER – WEIHNACHTEN IM GRENZGEBIET

Bringt Sinterklaas oderdas Christkind die Ge-schenke? Diese Frage hatsich die Familie Freiber-ger in Rheine noch niegestellt. Seit über 35 Jah-ren feiert sie im Dezem-ber zweimal. Mit selbstgereimten Gedichten,denn diese Tradition hatdas Christkind vom nie-derländischen Sinter-klaas übernommen.

Von Julia Henkel

RHEINE. Die Erinnerung anbeinahe vier Jahrzehnte de-zemberlicher Festfreudesind in einem dicken Albumaufbewahrt. Zeichnungender damals noch kleinenKinder, die fest an Sinter-klaas glaubten. Mit Schreib-maschine geschriebene Zet-tel des Heiligen Mannes mitHinweisen, wo er den Sackmit den Geschenken ver-steckt hatte. Gedichte vonSinterklaas und vom Christ-kind, verfasst auf Deutsch,auf Niederländisch oder ei-nem Mischmasch aus beidenSprachen. Marguérite Frei-berger hat sie allesamt auf-bewahrt, und nach den lan-gen Jahren laden sie zu ei-ner fröhlichen Reise durchdie Zeit ein.

Ein bisschen stressig wares im Dezember manchmalschon. Vor allem an den ers-ten Tagen, wenn Sinterklaasim Land war und sichgleichzeitig die Vorfreudeaufs Weihnachtsfest regte.„Dann war’s manchmal dop-pelt gemoppelt“, erzähltMarguérite. „Vom 1. Dezem-ber an durften die Kinder

Türchen im Adventskalen-der öffnen und ihre Schuhefür Sinterklaas vor die Türstellen. Das ging bis zum 5.Dezember – dann wurde eswieder ruhiger.“

Marguérite (63) wuchs inRotterdam auf, ihr MannHerbert (67) in Kiel. Siebrachte die niederländischenSinterklaas-Traditionen mitin die Ehe, er die Bräuche,mit denen er zu Hause Weih-nachten feierte. Ihr KinderSusanne (37), Saskia (34),Jens (31) und Mariska (28)wuchsen wie selbstverständ-lich mit beiden Traditionenauf. Im Dezember kam im-mer zuerst Sinterklaas undbrachte seine Päckchen, undgute zwei Wochen späterwar das Christkind an derReihe.

Ein einziges Mal hat Mar-guérite das vertraute Sinter-klaasfest ausfallen lassenmüssen, notgedrungen. Daswar 1971, in dem Jahr, indem sie und Herbert sichbeim Wintersport im öster-reichischen Mallnitz ken-nengelernt hatten. Sie heira-teten im selben Jahr und zo-gen in ein Dorf in die Nähevon Hannover. Marguériteerwartete ihr erstes Kindund musste wegen Kompli-kationen ins Krankenhauseingeliefert werden.

„Das war ausgerechnet imNovember und Dezember,wir konnten also nicht zuHause bei meinen ElternSinterklaas feiern. Das warfür mich natürlich einSchlag, zumal ich ja sowiesoschon Heimweh hatte. Bei

uns zu Hause herrschte zuSinterklaas immer großerTrubel. Mein Onkel klopftemal so heftig mit einem Be-senstiel gegen das Fenster,dass die Scheibe zu Bruchging. Wir feierten den „Päck-chenabend“ mit allem wasdazu gehört. Überraschun-gen und Gedichte für dieErwachsenen, Geschenkefür die Enkel, warme Choco-lademelk, Pfeffernüsse und„Banketletter“, ein vom Kon-ditor gebackener Buchsta-be.“

Übrigens wurde früherbei Marguérite auch Weih-nachten gefeiert. „Wir gin-gen immer zur Christmette.Wenn wir zurück nach Hau-se kamen, gab es Tee mitTimp, eine Art länglichesRosinenbrötchen. Am ersten

Feiertag waren alle mit derVorbereitung für das Fest-mahl beschäftigt. Oder wirbesuchten Verwandte undsorgten dann am zweitenTag für die Mahlzeit. Einmalhaben unser Hund und un-sere Katze das Essen ausdem Herd geklaut, währendwir bei einer Tante waren . . .Da mussten wir ganz schönimprovisieren. Das Dinerwar immer sehr festlich, mitköstlichen Gerichten undselbst geschriebenen Speise-karten. Im Weihnachtsbaumhingen Kränze, aber es gabkeine Geschenke.“ Bei Her-berts Eltern lernte Margué-rite die deutschen Weih-nachtsbräuche kennen. „Daging es immer richtig feier-lich zu, mit Geschenken undWunderkerzen im Baum.“

In den ersten Jahren ihrerEhe feierten die FreibergersSinterklaas bei Opa undOma in Rotterdam. Die Tra-dition entstand, als die ältes-te Tochter Susanne sechsMonate alt war und die Frei-bergers noch in Hannoverwohnten. „Dort konnten wirkeine niederländischen Ra-dio- oder Fernsehsenderempfangen und bekamendeshalb nichts von Sinter-klaas mit“, erzählt Marguéri-te. 1973 zog die Familienach Rheine um.

Solange die Kinder nochklein waren, verbrachten siedie Sinterklaas-Zeit regelmä-ßig in den Niederlanden.„Das war immer sehr schönmit dem Nachbarn von Opa,der Sinterklaas spielte.Wenn man durch die Ein-kaufsstraßen lief, begegneteman immer irgendwo einemZwarte Piet, der den Kin-dern eine handvoll Pfeffer-nüsse gab.“ Für Herbert �

Sinterklaas oder das Christkind?Für die deutsch-niederländische Familie Freiberger stellt sich diese Frage nicht

Bei der Familie Freiberger in Rheine wird im Dezember alljährlich zweimal gefeiert: am Niko-lausabend und Heiligabend.

Zutaten: 300 Gramm Mehl, halbe Tü-te Backpulver, 175 Gramm Margarine,150 Gramm Rohrzucker, gut 20Gramm Spekulatiusgewürz ein Päck-chen Marzipanmasse, ein gequirltes Eiund einige ganze Mandeln.

Mehl, Backpulver, Margarine, Zuckerund Spekulatiusgewürz in einerSchüssel zu einem geschmeidigen Ku-

gel kneten. Den Teig 30 Minuten ruhenlassen. Teig ausrollen. Die eine Hälfteauf ein Backblech legen. Die Marzi-panmasse verteilen und die andereHälfte des Teigs darüber legen. DieRänder aufeinander drücken und denSpekulatius mit den Mandeln verzie-ren. Die Oberfläche mit Ei bestreichen.Im vorgeheizten Backofen bei etwa150 Grad etwa 45 Minuten backen

Rezepte für gefüllte Spekulatius und Weihnachtsplätzchen

Zutaten: 250 Gramm Mehl, ein Eigelb, 100Gramm kalte Butter in kleinen Portionen, 125Gramm Zucker, eine Prise Salz, geriebene Zi-tronenschale oder Zitronenaroma, 100Gramm Puderzucker, ein wenig Zitronensaft,bunte Zuckerstreusel zum Verzieren.

Das Mehl in eine Schüssel sieben. Eigelb,Butter, Salz Zucker und die Zitronenschalehinzufügen. Alle Zutaten schnell zu einem

Teig kneten. Den Teig eine halbe Stunde langim Kühlschrank ruhen lassen, dann lässt ersich einfacher verarbeiten. Den Teig andert-halb Zentimeter dick ausrollen. Plätzchenmit Formen ausstechen. Die Plätzchen zehnMinuten bei 160 Grad backen, bis sie hell-braun sind. Für die Glasur den Puderzuckermit ein paar Tropfen Zitronensaft vermi-schen. Die abgekühlten Plätzchen mit derGlasur und Streuseln verzieren.

Gefüllte Spekulatius Einfache Weihnachtsplätzchen

Page 19: Nachbarn-Buren

NACHBARN • DEZEMBER – WEIHNACHTEN IM GRENZGEBIET 19

21 KerstpakketViele niederländische Arbeitgeber beschenken ihre Mitarbeiter zum Ende des Jah-res mit einem „kerstpakket“ (Weihnachtspaket). In der Vergangenheit handelte essich dabei vielfach um eine Dose oder einen Korb mit hochwertigeren Lebensmit-teln, um dem Weihnachtsfest zu Hause einen zusätzlichen Touch zu geben. Aus die-ser Tradition heraus hat sich eine regelrechte „kerstpakketten“-Industrie entwi-ckelt. Der Inhalt der Pakete führt häufig zu Diskussionen. Daraufhin wurde dasSelbstwählpaket erfunden: die Mitarbeiter stellen ihr Präsent zum Jahresende sel-ber aus einem bestimmten Angebot heraus zusammen. Das kann auch ein Ausflugsein oder ein Spende für einen guten Zweck. Deutschland kennt diese Traditionkaum; hier erhalten viele Mitarbeiter vom Arbeitgeber Weihnachtsgeld oder einenWeihnachtsbonus zusätzlich zum Dezember-Gehalt.

22 LebkuchenKlassisches deutsches Weihnachtsgebäck mit Honigund orientalischen Kräutern. Lebkuchen (oder Pfeffer-kuchen) gibt es in allen Sorten und Größen – mit oderohne Schokolade, Nüssen, Mandeln oder auch gefülltmit Marmelade. Beliebt sind zum Beispiel verzierteHerzchen aus Lebkuchen, die auch auf der Kirmes an-geboten werden, und kleine, mit Süßigkeiten verzierteHexenhäuschen, von denen die Mauern und Dächeraus Lebkuchen bestehen.

Adventskalender

war das damals alles neu.„Von Sinterklaas hatte ichnoch nie etwas gehört. MeinNiederländisch war zuerstauch nicht so gut, dass ichGedichte verfassen konnte.Aber ich empfand Sinter-klaas als ein schönes Fest.“

Als die Kinder zur Schulegingen und nicht mehr ein-fach so ein paar Tage nachHolland reisen konnten, ka-men Opa und Oma aus Rot-terdam zu Besuch nachRheine. „Nahe der nieder-ländischen Grenze konntenwir nun die niederländi-schen Sender empfangenund den Einzug von Sinter-klaas am Fernsehen verfol-gen“, erzählt Marguérite.Mit Büchern, einer Lang-spielplatte mit Sinterklaas-Liedern, Wunschzetteln mitausgeschnittenen Bildchenaus einem Spielzeugkatalogund Pfeffernüssen aus denNiederlanden feierten sieauch in Deutschland das ur-niederländische Fest. DieKinder stellten ihre Schuhean den Kamin, dazu eineMohrrübe und Wasser fürdas Pferd von Sinterklaas.„Einmal hatten Jens undSaskia ein Geschenk für ei-nen Nachbarjungen kaputtgemacht. Darum hatte icheine Rute gebastelt und inihren Schuh gesteckt. Jenswar am Morgen als ersterauf den Beinen. Triumphie-rend kam er zu uns ans Bett:,Kuck mal, Mama, Blumen!'“

Der Glaube an Sinterklaasmit all seinen Geheimnissenund Traditionen war für dieFreiberger-Kinder heilig, ge-nau wie für ihre Altersge-nossen in den Niederlanden.„Ich habe sie sogar einen Tagnicht in den Kindergartengeschickt, weil da der Pastorkam und glatt erzählte, dassNikolaus gar nicht existiert.Ich wollte verhindern, dassmeine Kinder das hörten.“

Der Spannungshöhe-punkt wurde am Abend des5. Dezember erreicht. „Siewussten nie, ob Sinterklaasnun wirklich kommen wür-de oder nicht. Wirließen das im-mer offen.“ Bisirgendwann ge-gen eine derTüren gehäm-mert wurde,seltsamerweiseimmer genaudann, wennHerbert gera-de in der Kü-che das Ge-schirr spülte. „Dannmusste ich in den Keller, andie Tür klopfen und über dieAußentreppe schnell wiederins Haus schlüpfen, so dasssie keinen Verdacht schöpf-ten. Die Kinder waren im-

mer davon überzeugt, dassSinterklaas oder die ZwartePieten da gewesen waren.“ –„Papa spülte ja immer ab.Das war für uns ganz nor-mal“, sagt Susanne. „Manch-mal warf er auch nochschnell unbemerkt eineHandvoll Pfeffernüsse inden Flur.“

Nach Sinterklaas kamHeiligabend das Christkindmit Geschenken. Auch Weih-nachten war mit viel Vor-freude in der Adventszeitverbunden: Die Kerzen amAdventskranz wurden ange-zündet, jeden Tag ein Tür-chen des Adventskalendersgeöffnet, Wunschzettel ge-schrieben, es wurde gebas-telt und gebacken. „Heilig-abend aßen wir immer et-was Einfaches wie Würst-

chen mit Kartoffelsalat. DerBaum wurde geschmückt,die Geschenke darunter ge-legt und das Zimmer abge-schlossen. Wir tranken im

Zimmer eines der Kin-der Kaffee. Bis eines

von ihnen guckendurfte, ob das

Christkindschon da ge-wesen war.Dann wurdeein Glöck-

chen geläu-tet.“Die Familie

hält beide Traditionenin Ehre. „Sinterklaas ist

ein eher fröhliches Fest,Weihnachten ruhiger undstimmungsvoller“, erläutertHerbert die Unterschiede.„Vor allem an Heiligabend,wenn gesungen wird und dieWeihnachtsgeschichte ausder Bibel vorgelesen wird.“Die Frage, welches der bei-den Feste wichtiger sei, stell-te sich ihnen nie. „Es gabeinfach zwei Feste“, sagtMarguérite. Sinterklaas undWeihnachten waren gleichbedeutend, die Geschenkeebenfalls. Der De-zember wurdeallerdings zu ei-nem sehr teuren Mo-nat. „Man musste sichschon überlegen, wieman das Spielzeug, dasman kaufte, aufteilte:dies zu Sinterklaas, daszu Weihnachten.“

Die Kinder machtensich darüber überhaupt kei-ne Gedanken, sagt TochterSusanne. „Für uns war dasnormal, wir konnten unsüberhaupt nichts andersvorstellen. Es gab eben zweiselbstständige Feste, die zu-fällig beide in den Dezemberfielen. Wir dachten nicht da-rüber nach, dass wir zwei-mal Geschenke bekamenund auch nicht, wie viel das

kostete.“Nur einer kam bei den

Freibergers im Dezembernie zu Besuch: der HeiligeNikolaus, der in der Nachtvom 5. auf den 6. Dezemberdeutsche Kinderschuhe mitSüßigkeiten und kleinen Ge-schenken füllte. Susanne:„Für uns war Nikolaus ein-fach Sinterklaas. AndereKinder erzählten in derSchule, dass sie morgens et-was in ihrem Schuh gefun-den hatten. Aber das musstebei uns ja nun nicht auchnoch sein. Wir hattenschließlich schon drei Wo-chen lang immer was in un-seren Schuhen gehabt undauch Geschenke bekom-men.“

Seitdem die Kinder so altsind, dass sie nicht mehr anSinterklaas glauben, feierndie Freibergers „Pakjesa-vond“ mit „Surprises“ undGedichten. Die Familienmit-glieder ziehen untereinan-der Lose und kaufen Ge-schenke, die sie so fantasie-voll wie möglich einpackenund im Namen von Sinter-

klaas mit einempas-

sendenGedicht ver-sehen. AbsoluteGeheimhaltung ist Pflicht,wer wen beschenkt, wirdnicht verraten.

Auch Susannes MannMatthias (39), SaskiasFreund Michael (34) undJens' Frau Jessica (27) sindmittlerweile in die nieder-

ländischen Sinterklaas-Bräuche eingeweiht. „Siemachen einfach mit, unddas klappt gut“, sagt Susan-ne. „Ein Gedicht machenkann jeder, nur die Surprisessind etwas schwieriger.“ DieFamilie ihres deutschenMannes aus Hopsten ist we-niger mit den niederländi-schen Traditionen vertraut.„Sie wissen zwar, dass wirSinterklaas feiern, aber siehaben nie weiter danach ge-fragt. Mit ihnen feiern wirWeihnachten.“

Bei den Freibergersmacht mittlerweile nichtnur Sinterklaas Gedichte.Auch das Christkind ver-sieht seine Geschenke mitpassenden Versen. „Das isteigentlich ja eine schöneTradition, die wir inDeutschland nicht kennen“,erklärt Herbert. „Man musssich Gedanken über die Per-son machen, für die das Ge-schenk bestimmt ist. Das istdas Besondere. Darum ha-ben wir diese holländischeSinterklaas-Tradition zuWeihnachten übernommen.“

Seit einigen Jahren wirdim Hause Freiberger auchwieder gegen die Tür gehäm-mert und werden „Peper-

nootjes“ gestreut.Die Enkel Erik

(4) und Mi-ra (1) fei-ern das

niederländischeFest auf dieselbeWeise, wie sie beiOma und Opa in

Rotterdam gehegtund gepflegt wur-

den. Für sie gehört auchein Besuch beim Sinterklaas-Einzug in Oldenzaal dazu.„So bekommen sie ein Ge-fühl dafür“, sagt ihre MutterSusanne. „Sinterklaas reitetvorbei, und überall laufenZwarte Pieten herum. DieKinder finden das toll.“ ■

Oma und Opa kamen eigens aus Rotterdam

Der Glaube an Sinter-klaas sollte so langewie möglich erhalten

bleiben

Page 20: Nachbarn-Buren

20 NACHBARN • DEZEMBER – WEIHNACHTEN IM GRENZGEBIET

Anfang November vollzieht sichbei einem Teil der männlichenBevölkerung des kleinen OrtesEnter in Overijssel eine seltsa-me Metamorphose: Ansonstenglatt rasierte Gesichter bekom-men Stoppeln, der Bartwuchsnimmt immer stärkere Formenan. Kurz vor Weihnachten zie-ren prächtige Vollbärte die Ge-sichter. Im Ort weiß man wa-rum: Die „Bärtlinge“ sind Pro-tagonisten der „Lebenden Krip-pe“.

Von Martin Borck

ENTER. „Vor 15 Jahren sind wir da-mit angefangen“, erinnert sich JanVeldhuis. Ein Mitglied der EnterseKlomp‘n Daansers, der örtlichenFolkloretanzgruppe, hatte die Ideedazu. Die Geschichte der Geburt Je-

su, so wie sie im Evangelium be-schrieben wird, wollten sie darstel-len. So lebensecht wie möglich. „Dasbedeutet, dass wir auch immer rich-tige Babys, nicht etwa Puppen, alsJesuskind in die Krippe legen“, be-tont Ada Spoelder. „Ich halte schonimmer im Oktober Ausschau nachStorchfiguren und Wäscheleinenmit Babykleidung in den Vorgärten.Auf diese Weise werden bei uns inder Region nämlich Neugeborene inder Nachbarschaft begrüßt. Und beiden Eltern frage ich – aber erst nachSinterklaas – an, ob die Familiennicht bei der lebenden Krippe mit-machen wollen.“

Weihnachten: Während die meis-ten anderen Familien die Feiertagezu Hause im Kreis der Familie ver-bringen, begeben sich die Akteuredes „Levende Kerststal“ an beidenFeiertagen zum Aufführungsort,der sich seit 2005 rund um das HuisVerwolde in Laren befindet. Die Be-sucher werden gut 2000 Jahre inder Zeit „zurückgebeamt“. Am Ein-

Zurück in die Zeit von Kaiser Augustus„Lebende Krippe“ lockt alljährlich zu Weihnachten Tausende nach Enter

gang zum Gelände ist ein Stadttoraufgebaut, wo sich die Besucher„einschreiben“ lassen. Wie damals,als Josef und Maria sich nach Beth-lehem aufmachten, um dem Befehldes Kaisers Augustus nachzukom-men, der eine Volkszählung durch-führen ließ. In „Bethlehem“ selbstwartet eine Herberge auf Besucher.Das Bibelwort „Sie fanden keinenPlatz mehr in der Herberge“ be-wahrheitet sich auch in Larenschnell: „Der Raum ist immerschnell gefüllt. Wir bieten dort näm-lich heiße Getränke an“, sagt Jolan-de Steenwelle. Und angesichts derTatsache, dass alljährlich 10 000 bis15 000 Besucher die Veranstaltungbesuchen, ist es in dem Raum sehrschnell voll . . .

Auch sonst orientieren sich dieKlomp‘n Daansers an der biblischenGeschichte. Auf dem Feld lagernHirten an Lagerfeuern. Sie bewa-chen ihre Herde – natürlich echteSchafe. Im Stall stehen Ochs undEsel. Der Verkündigungsengel istebenso vertreten wie die drei Wei-sen aus dem Morgenland. „DieSchafe gehen ja, aber das Kamel zumieten, ist in jedem Jahr ein richti-ger Kostenfaktor“, sagt Steenwelle.

Im Mittelpunkt der Inszenierungsteht das Jesuskind in der Krippemit Maria und Josef an seiner Seite.In langen Reihen schieben sich dieBesucher an der Krippe vorbei. „Wirmüssen die Menschen mittlerweileschon immer freundlich bitten,nicht zu lange stehen zu bleiben,weil der Andrang so groß ist.“

„Es spielen sich manchmal rüh-rende Szenen ab“, erzählen Steen-

welle und Spoelder. „Kinder werdenhochgehalten, damit sie das Babybesser sehen können. Viele Besu-cher würden das Kind am liebstenanfassen und streicheln. Wir muss-ten schon einen Balken vor die Krip-pe stellen. Denn – wie gesagt – dasBaby ist ja echt.“ Der kleine Jesus-Darsteller liegt übrigens – Zuge-ständnis an die modernen Zeiten –auf einer mit einem Fellchen be-deckten elektrischen Heizdecke, da-mit es nicht frieren muss. Und nachjeweils anderthalb Stunden kommteine Ablösung. Mutter und Kindkönnen sich vor dem Besucheran-drang erholen.

Dass die Idee dermaßen an-schlägt, hatten die Organisatorenanfangs nicht gedacht. Nicht nur dieMenschenmassen sind beeindru-ckend: „Viele Menschen sind wirk-lich tief gerührt, manche weinen so-gar. Viele Kinder bringen dem Je-suskind selbst gemalte Bilder oderkleine Geschenke mit.“

Die Klomp‘n Daansers sorgen zu-sätzlich für Stimmung. Weihnachts-musik erklingt ebenso wie der ural-te Ruf der Mittwinterhörner. ein Er-zähler liest die Weihnachtsgeschich-te vor und passende Gedichte wer-den vorgetragen. „Hinter der gan-zen Sache steht ja auch die christli-che Botschaft. Wir machen das janicht nur so.“ Die Mitwirkendennehmen die Sache daher ernst: „Wirhaben uns zum Beispiel fachlich be-raten lassen, wie die Kleidung derMenschen in Judäa ausgesehen hat.Danach richten wird uns“, sagtVeldhuis. Okay: Die Darsteller dür-fen normale Schuhe tragen – die �

Ein Engel und ein Hirte beim traditionellen Krippenspiel im niederländi-schen Enter.

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Page 21: Nachbarn-Buren

NACHBARN • DEZEMBER – WEIHNACHTEN IM GRENZGEBIET 21

23 SilvesterDer letzte Tag des Jahres (in Holland oudejaarsavond) wird an beiden Seiten der Grenzevielfach in familiärem Kreis oder mit Freunden gefeiert. In den Niederlanden werden andiesem Tag appelflappen (Apfeltaschen) und oliebollen (Fettgebäck mit oder ohne Rosi-nen) mit Puderzucker gegessen. Die Holländer verfolgen abends zudem im Fernsehengern die Silvester-Conférenciers und zünden Feuerwerk an – oftmals bereits vor Mitter-nacht. In Deutschland ist es Tradition, mit Marmelade gefüllte Berliner zu essen und zumx-ten Mal den Sketch „Dinner für one“ im Fernsehen zu verfolgen. Auch Bleifigurengießenund dabei vorauszusagen, was das neue Jahr bringen wird, ist ein beliebter Brauch. Undauch in Deutschland wird das neue Jahr mit Feuerwerk begrüßt.

24 HeiligabendFür die deutschen Kinder der Höhepunkt der Weihnachtszeit, vergleichbar mit dem „pak-jesavond“ in den Niederlanden. Am Nachmittag sind die Geschäfte geschlossen und diemeisten Familien mit den Vorbereitungen für das Fest beschäftigt. Viele Familien besu-chen erst einen Gottesdienst, danach ist Zeit für die Bescherung: Die Tür zum Wohnzim-mer öffnet sich und unter dem beleuchteten Weihnachtsbaum liegen die Geschenke, dieder Weihnachtsmann oder das Christkind gebracht haben. In den Niederlanden ist der24. Dezember ein normaler Arbeitstag, obwohl viele im Nachbarland auch an diesem Tagschon frei haben oder nur bis mittags arbeiten. Für die Christen in Holland beginnt dasWeihnachtsfest spät am Abend mit dem Besuch der Mitternachtsmesse, in der die Ge-burt Jesus Christie gefeiert wird.

Adventskalender

Die Begeisterung in der kleinen niederländischen Gemeinde Enter ist alljährlich groß, wenn die „lebende Krippe“ wieder aufgeführt wird. Um genügend Dar-steller brauchen sich die Organisatoren keine Sorgen zu machen.

werden aber mit Jute umwickelt,um einen authentischen Eindruckzu vermitteln. „Handys und Arm-banduhren aber sind tabu.“

Für die Mitglieder der Gruppefällt das familiäre Weihnachtsfestaus. Mehr noch: Am Tag nach Weih-nachten müssen sie aufräumen.„Das Ganze ist ehrenamtlich“, stel-len die drei Sprecher klar. „Wir fei-

ern auf diese Art und Weise Weih-nachten.“

Dass die Veranstaltung einmalderartige Dimensionen annehmenwürde – nie hätten sie damit gerech-net. Es macht sie aber auch ein biss-chen stolz. „Ich habe selbst dreimaldie Maria gespielt“, sagt Ada Spoel-der. „Und ich habe es nicht fassenkönnen: Diese endlose Reihe von

Menschen vor dem Stall! Es ist ei-gentlich ein Hobby, das eine gewal-tige Eigendynamik entwickelt hat.“

Auch in diesem Jahr kann der„Levende Kerststal“ an beiden Weih-nachtsfeiertagen besucht werden.Die Öffnungszeiten sind jeweils von11 bis 17 Uhr. Der Eintritt kostet fünfEuro für Erwachsene, für Kindervon vier bis zwölf Jahren die Hälfte.

Huis Verwolde liegt in Laren (Ge-meinde Lochem) und ist über dieniederländische Autobahn 1 (Rich-tung Deventer/Amsterdam, Aus-fahrt 26) zu erreichen. Von dort ausist der Veranstaltungsort ausgeschil-dert. ■

Internet:www.levendekerststal.nl

Page 22: Nachbarn-Buren

22 NACHBARN • DEZEMBER – WEIHNACHTEN IM GRENZGEBIET

Im Münsterland gehörtsie unter fast jedenWeihnachtsbaum: dieKrippe mit dem Jesus-kind, Maria und Josef,dem Engel, den Hirtensowie Ochs und Esel.Auch in den Kirchenwerden Krippen zumWeihnachtsfest aufge-stellt.

Von Johannes Loyund Martin Borck

TELGTE/RHEINE/MÜNSTER.Das „Krippkes bekieken“ istseit einigen Generationen ei-ne weihnachtliche Traditionin der Region. In mancherleiHinsicht bieten sich Müns-ter und das Münsterland füreine Entdeckungsreise an.Allein Münster mit seinenetwa 70 Gotteshäusern,Klosterkirchen und Kran-kenhauskapellen verfügtüber eine Fülle schönerKrippen. Im Zentrum derKrippenkultur des Münster-landes steht außerdem seitJahrzehnten das Heimat-haus Münsterland in Telgte,das Jahr für Jahr neue undausdrucksstarke Krippenvon Künstlern und krippen-schaffenden Laien präsen-tiert und 1994 um ein eige-nes Krippenmuseum mitständiger Ausstellung zurWeihnachts- und Krippen-kultur erweitert wurde.

Die Krippenexpertin Ger-trud Mayr, Mitglied der Ge-sellschaft der Krippenfreun-de in Rheinland und Westfa-len, die ihren Sitz in Telgtehat, erklärt Herkunft undGeschichte der Krippen: ImZuge der Gegenreformationin der ersten Hälfte des 17.Jahrhunderts haben die Je-suiten in Münster die beson-ders im Mittelmeerraumweit verbreitete Krippentra-dition eingeführt, berichtetdie Münsteranerin. Eine derältesten erhaltenen Kirchen-krippen in Münster steht inSt. Ludgeri und wurde be-reits im Jahre 1886 gestaltet.

Mancherorts werdenKrippen schon in der Ad-ventszeit aufgebaut. So istdie Krippe der PfarrkircheSt. Nikolaus in Wolbeck seitvielen Jahren für ihre wun-derhübsch gestaltete Wan-

delkrippe bekannt. In ver-schiedenen Szenen und Bil-dern wird das Weihnachts-geschehen von der Her-bergssuche bis zur Fluchtnach Ägypten dargestellt.

Die größte Krippendar-stellung im Münsterland be-findet sich in der St.-Antoni-us-Basilika in Rheine, undzwar in der dortigen Krypta.Auf einer Fläche von mehrals 200 Quadratmetern wirdhier das Weihnachtsgesche-hen in Szene gesetzt, undseit über 25 Jahren erntenSakristan Friedel Theis-mann und seine fleißigenHelfer Lob von den Besu-chern, die aus nah und fernheranströmen. Etwa 100 Be-suchergruppen sind es zwi-schen dem 25. Dezemberund 25. Januar, die Rheineund seine Basilika wegendieser Krippe besuchen.„Das schönste Lob ist, wennjemand sagt: ,An dieserKrippe habe ich Weihnach-ten erlebt‘. Dann haben wires wieder richtig gemacht“,sagt Theismann. 1980 wurdedie Idee einer großen Krippemit den liebevoll restaurier-ten Figuren aus der Zeit um1900 in der Krypta umge-

setzt, weil der aus Schlesienstammende Bildhauer Jo-seph Krautwald für die An-tonius-Basilika eine neueKrippe geschaffen hatte. DerStandort in der Krypta botdie Fläche, das Weihnachts-

geschehen in vielen kleinenSzenen nachzugestalten, soetwa die Verkündigung desEngels an die Hirten, denZug der Sterndeuter ausdem Morgenland und dieFlucht nach Ägypten. Rund

100 Figuren sind es, die Jahrfür Jahr in einer aufwendi-gen und immer wieder neustrukturierten Landschaftstehen. Hier wird der Krip-penbesuch zur Meditation.

Seit Jahrzehnten widmetsich das Heimathaus Müns-terland in Telgte neben derPräsentation und wissen-schaftlichen Aufarbeitungvon Themen aus der religiö-sen Volkskunde und dem re-gionalen Brauchtum demKrippenschaffen. Mittlerwei-le 69 Krippenausstellungengeben ein beredtes Zeugnisvon der Weihnachtskultur inWestfalen sowie dem kreati-ven Schaffen von Künstlern,Laien respektive Kinder-oder Jugendgruppen, die dasThema Krippe und Weih-nachten Jahr für Jahr neubeflügelt, um aus Werkstof-fen aller Art (vom Legosteinbis zum Lindenholz und vonder Papiercollage bis zurTonerde) ihrer Vorstellungdes WeihnachtsgeheimnissesAusdruck zu verleihen. Einkleiner Ansporn dazu ist einalljährlich verliehener Preisfür vorbildliches Krippen-schaffen.

Die Geschichte der Ge- �

„Krippkes bekieken“ im MünsterlandDie größten Ausstellungen gibt es in diesen Wochen in Rheine und in Telgte

Aus Holz geschnitzt ist diese Krippe, die im Heimathaus Münsterland in Telgte zu sehen ist.

Rund 150 Krippenschaffende zeigen in Telgte ihre Interpre-tation von der biblischen Weihnachtsgeschichte.

Page 23: Nachbarn-Buren

NACHBARN • DEZEMBER – WEIHNACHTEN IM GRENZGEBIET 23

Von Martin de Jong

Die Bande, die die Kir-chen über die Grenzeverbinden, sind eben-

so alt wie zahlreich. Dochauch sie sind im Laufe deZeit ein wenig verschlissen.An ihre Stelle treten jedochneue Formen der Zusam-menarbeit. Die niederländi-schen „doopsgezinden“ unddie deutschen Mennonitensind dafür ein gutes Beispiel.

In den Adern von Stefanvan Delden aus Gronaufließt ein guter Schuss nie-derländischen Blutes. SeinUrgroßvater Mathieu vanDelden, der sich in Deutsch-land niederließ, stammteaus Deventer. Der Textilfa-brikant setzte sich stark fürdie kleine Mennoniten-Ge-meinde in Gronau ein, derer selbst angehörte. DieGlaubensrichtung der Men-noniten geht wie die der„doopsgezinden“ (Taufge-sinnten) in den Niederlan-den auf den friesischenTheologen Menno Simons(1496-1561) zurück.

Mathieu van Delden stell-te seinen Mitbrüdern und -schwestern Ende des 19.Jahrhunderts ein eigenesKirchengebäude in Aussicht.Er schenkte ihnen einGrundstück und stellte10 000 Mark für den Bau zurVerfügung – ein für die da-malige Zeit wahrlich nichtgeringer Betrag.

Die Familie van Deldenist über den Urenkel Stefanimmer noch eng mit derGlaubensgemeinschaft ver-bunden. Er selbst war jahre-lang Vorsitzender der Men-noniten-Gemeinde in Gro-nau und kennt deren Ge-schichte wie kein anderer.„Es gab bereits seit Mitte des19. Jahrhunderts Mennoni-ten in Gronau“, erzählt er.„Bei ihnen handelte es sichvornehmlich um Textilfabri-kanten, aber auch Textilar-beiter, die aus Twentestammten. Menschen ausLosser und Glanerbrückzum Beispiel.“

Die Gemeinde in Gronauwurde mit Hilfe EnschederGlaubensbrüder gegründet.

Bis zum Jahre 1920 wurdeauf Niederländisch gepre-digt und getauft. Doch derErste Weltkrieg und der da-mit verbundene einge-schränkte Grenzverkehrstörten das Verhältnis, eben-so die mennonitischenFlüchtlinge aus der UdSSR,die damals in Gronau Unter-kunft fanden, aber nurDeutsch oder Niederdeutschsprachen. Daraus erwuchsein Sprachproblem. Geld, ei-nen niederländischen Pastorzu zahlen, gab es im Übrigenauch nicht mehr. Die extremhohe Inflation zu Beginn der20er-Jahre forderte ihrenTribut.

Genauso wie später derZweite Weltkrieg. Trotzdemließen die niederländischen„doopsgezinden“ ihre deut-schen Freunde nicht imStich. Nach dem Krieg hal-fen sie, den erneuten Flücht-lingsstrom aus dem Ostenaufzufangen. So stark warendie Glaubens- und Familien-bande denn doch.

Stefan van Delden ist einBeispiel. „Gronau ist in den

,Twentschen Ring' aufge-nommen worden, einen Ko-operationsverband vonTaufgesinnten in den östli-chen Niederlanden“, erzählter. Es gibt kleine GruppenDeutscher und Niederlän-der, die die Gottesdiensteauf der anderen Seite derGrenze besuchen. Regelmä-ßig fährt ein halbes Dut-zend Mennoniten aus Gro-nau nach Enschede. Umge-kehrt besuchen uns Leuteaus Almelo und Enschedenach Gronau. „Und wir tau-schen ab und zu unsere Pre-diger aus.“

Ob die Bande jedochnoch enger werden, ist of-fen, allein schon wegen derauch bei den Mennonitenimmer stärker festzustellen-den Kirchenferne. „GroßeEntwicklungen tun sich der-zeit nicht vor. Die Situationist relativ stabil“, sagt vanDelden. Vielleicht ist ja derÖkumene eine bessere Zu-kunft beschieden. In diesteckt der Gronauer derzeitviel Energie. Gemeinsammit Aktiven anderer Kirchen

und Glaubensgemeinschaf-ten aus Losser und Gronauarbeiten die Mennoniten im„Oase“-Projekt zusammen.Dabei handelt es sich um ei-nen ökumenischen Kirchen-garten, der die Gläubigenverschiedener Konfessionenbeider Länder enger zuein-ander bringen soll.

Das „Oase“-Gelände liegtin Gronau quasi in Sichtwei-te von Losser. Die Initiativeentstand aus Anlass derLandesgartenschau, die2003 in den beiden Grenzor-ten stattfand. Regelmäßigwerden seitdem ökumeni-sche Gottesdienste und The-ma-Abende veranstaltet.Gleichzeitig lädt das Fleck-chen Erde zur Pause und Be-gegnung ein. Es gibt einenSpielplatz für Kinder, undauch Schulexkursionen undsogar Betriebsfeiern habenhier schon stattgefunden.„Auf der Oase beginnt etwasNeues zu blühen“, sagt VanDelden. „Es ist schön, dassdabei auch die Stimme derDoopsgezinden und Menno-niten hörbar ist.“

Deutsche Freunde nicht im Stich gelassen„Doopsgezinden“ aus der Twente und die Gronau Mennoniten unterhalten enge Bande

burt Jesu inspiriert zu krea-tiver Vielfalt, die die Besu-cher Jahr für Jahr in Erstau-nen versetzt. Ob in geduldi-ger Detailarbeit hergestellteSchnitzereien, ob Scheren-schnitt oder schlichte Arbei-ten aus Ton – die Ideen sindmannigfaltig und in ihrerAusgestaltung oft überra-schend. „Ich kenne keine an-dere Region in Deutschland,in der die figürliche Ausei-nandersetzung mit derWeihnachtsgeschichte soweit verbreitet ist“, sagteMuseumsleiter Dr. ThomasOstendorf bei der Eröffnungder diesjährigen Ausstel-lung. „Das ist ein außeror-dentliches Zeugnis für diegroßartige und poetischeWirkung der biblischenWeihnachtsgeschichte.“

In diesem Jahr lautet dasThema „Das Kind der Hoff-nung“. Rund 150 Krippen-schaffende zeigen ihre Inter-pretation von der biblischenWeihnachtsgeschichte. „DieBesucher dürfen sich auf„sehr interessante, überaus

ansprechende und oft sogaranrührende“ Arbeiten freu-en, so Ostendorf. Die Krip-pen in der aktuellen Ausstel-lung werden bis zum 31. Ja-nuar 2010 zu sehen sein. Siesind so verschieden wie ihrekünstlerischen Gestalter,

vom Kindergartenkind biszu dessen Opa. Die Freude,die die Krippenschaffendenbeim Modellieren verspür-ten, geht beim Betrachtenauf die Besucher über.

Die Initiative für die Ein-richtung eines eigenen „Krip-

penmuseums“ in Telgte gingseinerzeit von der Landesge-meinschaft der Krippen-freunde aus, deren Vorsitzen-der, Thomas Ostendorf, 1989die Pläne vorantrieb. 1994wurde das Museum eröffnet.Dem Besucher begegnet die

ganze Vielfalt historischerund gegenwärtiger Weih-nachtskrippen aus Westfalenund aus vielen Ländern derErde, wobei der geschichtli-che Wandel der Weihnachts-krippe und des Weihnachts-festes in Deutschland sowiedie besonderen Merkmaleder Krippenkunst eingehenddargestellt wurden. Im Erd-geschoss finden Jahr für Jahrdie wechselnden Sonderaus-stellungen statt, die einzelneAspekte der adventlichenund weihnachtlichen Fest-kultur aufnahmen. Dabeigeht es nicht einfach nur um„Stimmung“, sondern umden volkskundlichen Wandeldes Festes und auch seinehistorisch-kritische Durch-dringung bis hin zur Frage,ob in der wachsenden Kon-sumorientierung unsererZeit nicht die wesentlichenElemente von Advent undWeihnachten zunehmendverloren gehen. ■

Internet:www.museum-telgte.de

Thema 2009 in Telgte: „Das Kind der Hoffnung“

Noch bis 31. Januar ist die Krippenausstellung im münsterländischen Telgte zu sehen.

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