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Hauptvorlesung MKG-Chirurgie:
Mundschleimhautkrankheiten
Jan Liese
Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und plastische Gesichtschirurgie
der Universität Leipzig
Übersicht
• Anatomie, Effloreszenzenlehre, histopathologische Grundbegriffe
• Prämaligne Mundschleimhautkrankheiten• Infektionen der oralen Mukosa• Orale Ulzerationen und vesikulobullöse
Mundschleimhautkrankheiten• Sonstige Affektionen der oralen Mukosa
Anatomie der Mundschleimhaut
• Ontogenetischer Ursprung: ekto- und mesodermal (entspricht Haut)
• Aufbau:-Plattenepithel-Basallamina-Lamina propria-Submukosa
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Aufbau des Plattenepithel• Schichtung von basal:
-Stratum basale/germinativum-Stratum spinosum = Stachelzellschicht-Stratum granulosum = Körnerschicht-selten: Str. lucidum = transparente „Klebe-, Honigschicht“-Stratum corneum
• Einteilung nach Verhornungsgrad in-orthokeratinisiert (dicke Hornschicht, ∅Zellkerne im Str. corneum), v.a. Gaumen-parakeratinisiert (dünne Hornschicht, Zellkerneim Str. corneum), Wangenschleimhaut
Morphologisch und funktionelleAufteilung der Mundschleimhaut
Zusammenfassung Anatomie• Orale Epithelien sind sehr heterogen.
erschwert Histologie u. Zytologie, Verteilungd. Effloreszenzen
• Gingivo-dentale Verbindung ist locus minorisresistentiae.
• Speichel erfüllt wichtige Schutzfunktion für Zähne und Mundschleimhaut.
• Ort hoher Keimdichte: 1012 Keime/ml im Sulkus• Gute Durchblutung (Rotfärbung) u. hohe
Regenerationsfähigkeit.
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Effloreszenzenlehre• Effloreszenzen (= Hautblüten) sind
-sichtbare Veränderungen der Haut- und Schleimhäute-pathomorphologisches Substrat der jeweiligenDermatosen
• Einteilung:-Primär- und Sekundäreffloreszenzen-in Relation zumHautniveau:
Primäreffloreszenzen
• Makula = Fleck (braun, rot, weiß, blau)Spez.: Hämatom, Pigment
• Papula = Papel = Gewebevermehrung intra-o. subepithelial je nachGröße
• Vesikula = Bläschen(subcorneal, intraepidermal, subepidermal) Spez.: Pustula
Sekundäreffloreszenzen• Erosio = Erosion, oberflächlich, glatt Heilung
ohne Narbenbildung• Exkoriatio mit punktförmigen Blutungen• Ulcus = über Epithel hinausragender
Gewebedefekt• Rhagade = tiefe, lineare Ulzeration, v.a. an unter
Spannung stehenden Hautpartien• Cicatrix = Narbe• Atrophie = altersbedingt, postinflammator.,
hormonell• Squama = Ansammlung von Hornlamellen• Crusta = eingetrocknete Sekrete
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Wertung der Effloreszenzen
• Morphologische Vielfalt wie auf der Haut existiert in SH nicht:-Blasen sehr kurzlebig-Erytheme einheitlich rot-Urticae ∅ scharf begrenzt QuinckeÖdem-∅ Schuppen u. Krusten Beläge
• Homogenität der Effloreszenzen erschwertDiagnostik!
Histologie große Bedeutung
Dermatohistopathologie –Grundbegriffe 1
• Akantholyse = Verlust d. Zusammenhaltes d. Stachelzellen (Desmosomen) Spalt- u. Blasenbildung, Bsp.: Pemphigus vulgaris
• Akanthose = Verbreiterung d. Stachelzellschicht Epidermisverdickung, Reteleisten breiter und länger, Bsp.: chron. Ekzem, friktionaleHyperkeratose
• Dyskeratose = fehlerhafte Verhornung einzelner Zellen, Bsp. Dyskeratosisfollicularis
• hydroptische Degeneration d. Basalzellschicht Vakuolenbildung, Pigmentinkontinenz, Bsp.: Lichen ruber pemphigoides, Lichen sclerosus et atrophicans
• Hypergranulose = Verdickung d. Str. granulosum + Keratohyalingranula , Bsp.: Lichen ruber planus
• Hyperkeratose = Verbreiterung d. Str. corneum infolge-Zellteilung = Proliferationshyperkeratose, Bsp.: Psoriasis vulgaris-Abschilferung = Retentionshyperkeratose, Bsp.: Ichtyosis vulgaris (i.o. überflüssiges Keratin + Speichel weißer Belag, in gesunder Mundhöhlenur Papillae filiformes)
• Parakeratose = kernhaltige Zellen im Str. corneum, Str. granulosum fehlt!U.: fehlerhafte o. überschießende Verhornung, Bsp.: Psoriasis vulgaris
• Hyperparakeratose = verbreiterte parakeratinisierte Epithelschicht, schwammartige Auflockerung d. Epidermis, Bsp. akutes Kontaktekzem
• Zellinfiltrate v.a. mononukleäre Zellen granulozytäre Zellen-oberes Korium perivaskulär, interstitiell, bandförmig-tiefes Korium diffus, umschrieben
• Epithelatrophie = Ausdünnung des Epithels i.d.R. mit Verlust derReteleisten
• zelluläre Atypien = zytologische Veränderungen, die in der epithelialenDysplasie typisch sind
• epitheliale Dysplasie = Vorhandensein von Zellatypien im Epithel
Dermatohistopathologie –Grundbegriffe 2
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Prämaligne Läsionen - Problematik• 4100 neue Malignome der
Mundhöhle pro Jahr in Deutschland
• Kopf-Hals Tumoren machen 7% aller Malignome aus
• 5-Jahres Überlebensrate stagniert bei 50%
steigende Inzidenz und Mortalität weltweit, v.a. bei Frauen und jüngeren Menschen
Strategien zur Reduktion der Mortalität des Mundkrebs
•• Primäre Prävention:Primäre Prävention:--BekanntmachenBekanntmachen von Mundkrebs als bedeutendes von Mundkrebs als bedeutendes GesundheitsproblemGesundheitsproblem--Aufklärung über Risikofaktoren wie Tabak, Aufklärung über Risikofaktoren wie Tabak, Alkohol und schlechte MundhygieneAlkohol und schlechte Mundhygiene
•• Sekundäre Prävention:Sekundäre Prävention:Früherkennung Früherkennung prämalignerprämaligner LäsionenLäsionenwesentliche Einflussmwesentliche Einflussmööglichkeit des Zahnarztesglichkeit des Zahnarztes
•• TertiTertiääre Prre Präävention:vention:--Verbesserung der BehandlungsprotokolleVerbesserung der Behandlungsprotokolle--Nachsorge und rekonstruktive BehandlungNachsorge und rekonstruktive Behandlung
Stellenwert der sek. Prävention• Die Prognose oraler Malignome hängt wesentlich vom
Stadium der Erkrankung bzw. Größe ab.
• Bei über 90% der Plattenepithelkarzinome derMundhöhle finden sich prämaligne Läsionen. (Kujan O et al., 2006)
Durch effektive Früherkennung kann die Mortalitätwesentlich reduziert werden.
Einschränkungen:-Behandlungsmotivation (Compliance) der Patienten istoft schlecht!-Kontrolle von Risikofaktoren oft nicht möglich
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Was sind orale prämaligne Läsionen?
Nach WHO-Einteilung von 1978:• Präkanzeröse Läsion:
ein erkennbar verändertes Gewebe, in dem Krebs wahrscheinlicher entsteht als in normal erscheinendem vergleichbaren Gewebe.
• Präkanzeröse Bedingung:eine generalisierte Erkrankung, die mit einem signifikant höheren Krebsrisiko vergesellschaftet ist.
Präkanzeröse Bedingungen• Lues, v.a. luetische Glossitis • Orale submuköse Fibrose• aktinische Cheilitis• sideropenische Dysphagie
(Plummer-Vinson)• Lichen planus• Lupus erythematodes chron. discoides• Xeroderma pigmentosum• Epidermolysis bullosa
infektiös
physikalisch {nutritiv
autoimmunolog.{erblich {
Ätiologie
Prämaligne Läsionen
• Leukoplakie• ErythroplakieLeukoplakiebegriff problematisch, da1. Negativ definiert
Ausschlußdiagnose2. Sammelbegriff für vielfältige
Erkrankungen
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Diskrepanzen - LokalisationLokalisation Leukoplakie(nach Häufigkeit)
1. Wangenschleimhaut2. Unterkiefervestibulum3. Oberkiefergingiva4. Unterkiefergingiva5. Zunge6. Mundboden7. Unterlippe
Lokalisation Malignome(nach Häufigkeit)
1. Mundboden2. Zunge3. Unterlippe4. Unterkiefergingiva5. Wangenschleimhaut6. Unterkiefervestibulum7. Oberkiefergingiva
Oral and Maxillofacial Pathology, Marx & Stern 2003
Klassifikation der “weißen” Läsion
• Farbe der Schleimhaut hängt ab von-Vaskularisierung-Pigmentierung (Melanin)-Epitheldicke-Keratinisierung
• Störung der Keratinisierung ist in meisten FällenUrsache für Weißfärbung der Mukosa:-zu starke oder abnorme Keratinproduktion-fehlende Entfernbarkeit durch Wischen-Klassifikation nach Aetiologie
Aetiologische Klassifikation der“weißen Läsion”
•Carcinoma in situ•Plattenepithelkarzinom
Neoplasien
•Lichen planus•Lupus erythematodes
DermatologischeKrankheiten (Bsp.)
LeukoplakieIdiopathische Läsionen
•Candidiasis•Syphilitische Leukoplakie•Haarleukoplakie (= orales Condyloma planum), HIV
Infektiöse Läsionen
•Mechanisch (Friktionskeratose, Morsicatio buccarum)•Chemisch (aspirin burn)•Thermisch (Zigaretten)
Physikalische Läsionen
•„weißer Schwammnävus“, Naevus spongiosus albus•Seltene Genodermatosen
Erbliche Läsionen
•heterotope Talgdrüsen (= Fordyce-Anomalien)•Leuködem
anatom. Normvarianten
Ausschluß
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
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Klinische Untersuchungund Dokumentation
• Genaue Beschreibung derEffloreszenzen,
Verlaufsbeurteilung• Größe, Foto, Skizze• Oft treten verschiedene
Krankheiten gleichzeitig auf!• Überbewertung einzelner
Kriterien vermeiden, Bsp. Wegwischbarkeit Zwar ist das Endoskop nicht hochmodern,
das Wilhelm Busch leiht diesem Herrn,doch das er ´reinschaut, das ist richtig -das Instrument ist nicht so wichtig.
Anatomische Varianten• heterotope Talgdrüsen
-Syn. Fordyce-Anomalie-Vork.: 2.-3. LD zu 75-90%-Klin.: stecknadelkopfgroße, gelbe Knötchen, meistsymmetr.-Lok.: Wangen u. Lippenschleimhaut
• Leuködem-Ätio.: Variante d. Mund-SH mit unvollständigerExfoliation von parakeratot. Epithelzellen-Vork.: Prävalenz: Indien 0,02%, Neuguinea: 16,9%, häufiger bei Rauchern, 90% d. schwarzen Bevölkerung-Klin.: weißer Schleier auf glatter Mukosa, v.a. bukkal, bilateral diffus
Erbliche Läsionen• Naevus spongiosus albus
-Syn.: weißer Schleimhautnävus, weißer Mund-Ätio.: kongenitale Störung der Keratinbildung-Vork.: aut.-dom. vererbt, variable Expressivität-Klin.: wächst mit, weißlich-graue, papuläre, unscharfbegrenzte, inhomogene Läsionen, meist symmetrisch-Lok.: v.a. Wange, auch Ösophagus, Nasen-SH-Histo: Akanthose, Hyperkeratose, intrazelluläres Ödem-keine Therapie notwendig
• Seltene Genodermatosen:-Dyskeratosis congenita-Hyperkeratosis palmare et plantare (Tylosis)-hereditäre gutartige intraepitheliale Dyskeratose-Follikuläre Keratose (Mb. Darier)
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Physikalische Läsionen
Wichtige Abrenzung zur Leukoplakie:• reaktive Läsionen:
-reversibel-in Zusammenhang mit einem Reiz-nicht als Leukoplakie zu bezeichnen
Diagnose: reaktive Keratose• Bis Diagnose evident ist, z.B. durch
Reizkarenz V.a. Leukoplakie
Mechanische Läsion• Reaktion d. Mukosa auf mechan. Trauma
-akutes Trauma Ulzeration-chronisches Trauma Epithelverdickung u. Hyperkeratose
• Friktionale Hyperkeratose:-Syn. Morsicatio buccarum-Ätio.: scharfe Kanten, Wangenbeissen, schlechtsitzende Prothese-Klin.: raue, papuläre Läsion analog zum Reiz-Histo: Akanthose, Hyperkeratose, keineDysplasie
Chemische Läsionen• orale submuköse Fibrose
-Vor.: Indien, v.a. ♀-Ätio.: Betelnussgenuß, Kollagensynthese 170% -Klin.: Fibrosierung von Schleimhaut und v.a. SubmucosaMundöffnung , SH derb und weißlich-Th.: Exzision u. mikrovaskulärer Gewebetransfer o. Fernlappenplastik-Prog.: Risiko d. malignen Tranformation
• Aspirin burn:-Ätio.: Verätzung d. oralen Mukosa durch Acetylsalizylsäure-Tabl. (ph = 3,5 Proteindenaturierung)-Klin.: anfangs brennendes Gefühl, Ausbleichen d. Schleimhäute, weißliche gefältelte Bereiche Epitheliolyseu. Ulkusbildung-Th.: andere Applikationsform Abheilung in 8-10 Tagen
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Sonderfall allergische Reaktion• Lichenoide Reaktion:
-Ätio.: Kontakt-allergische Reaktion, Medikamente (v.a. Gold, Antimalariamittel, Methyldopa, Sulfonylharnstoffe)
in Umgebung alter Amalgamfüllungen
-Klin.: ähnlich Lichen planus = weißliche, teils ret. Läsion -Th.: Amalgamfüllungen erneuern-DD: Lichen planus (histolog. schwierig), Leukoplakie
Thermische Läsionen• Lokalisierte thermische Hyperkeratose:
-Ätio.: thermisch-chemischer Reiz-Lok.: Zigarette Lippe, kommissural (Wangen-SH), Pfeiffe Zunge, Gaumen
• Rauchergaumen:-Syn.: Leukokeratosis nicotinica palati, Nikotinstomatitis, „smokers’ palate“-Vor.: v.a. in Indien u. Kulturen mit „reverse smoking“-Klin.: Rötung d. SH, später grau-weißliche Farbe, Fältelungen u. gerötete Knötchen (=Ausführungsgänged. Speicheldrüsen)-Th.: Tabakkarenz-Prog.: keine Präkanzerose, aber ingesamt höheresKrebsrisiko
Leukoplakie - Epidemiologie• Vorkommen:
-höheres Lebensalter (5. Dekade)-v.a. Männer, zunehmend mehr Frauen -Prävalenz: 0,2-11,7%, am höchsten in Indien
• Lokalisation: -Wangenschleimhaut, v.a. retroangulärerBereich-Unterkiefervestibulum, Oberkiefergingiva, Unterkiefergingiva-Zunge, Mundboden, Unterlippe
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Leukoplakie - RisikofaktorenÄtiologie unbekannt, vermutlich multifaktoriell• Tabak:
-geraucht Zungen-/Mundbodenleukoplakie-gekaut Backentaschenleukoplakie
• Alkohol: meist in Kombination mit Nikotinabusus, Kanzerogenität erwiesen, Leukoplakieinduktion ?
Kombi Nikotin u. Alkohol häufiger u. früher• schlechte Mundhygiene• chron. Infektionen wie Candidiasis, Lues• virale Infektionen• Hypovitaminosen A, B, C und E, Fehlernährung• (Sonnenexposition u. Austrockung d. Lippen)
?
• WHO 1978:= weißer (nicht wegwischbarer) Fleck oder Schwellung, die klinisch oder histopathologischkeiner anderen Erkrankung zugeordnet werden kann.
• Int. seminar on oral leukoplakia, Malmö 1984:= weißlicher Fleck oder Schwellung, die klinisch oder histopathologisch keiner anderen Erkrankung zugeordnet werden kann und nicht in Zusammenhang steht mit physikalischen oder chemischen Reizen außer dem Gebrauch von Tabak.
Wandel der Leukoplakiedefinitionen 1
Wandel der Leukoplakiedefinitionen 2
• Int. collaboration group on oral white lesions, Uppsala 1994:= vornehmlich weiße Läsion der Mundschleimhaut, die nicht einer anderen genau bestimmbaren Läsionzugeordnet werden kann, einige orale L. werden sich in Krebs transformieren.
•• LeukoplakieLeukoplakie –– Vorschlag für eine einheitliche Vorschlag für eine einheitliche Terminologie, van der Terminologie, van der WaalWaal 2001:2001:zusätzlich Unterteilung in zwei Gruppen:-Leukodysplasie = dysplastische Läsion-Leukokeratose = nicht-dysplastische LäsionBeschreibung unter Einbeziehung der Größe und Lokalisation der Läsion.
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Terminologie der Leukoplakievan der Waal, Axell 2001
Leukoplakie = vornehmlich weiße Läsion der Mundschleimhaut, die nicht einer anderen genau bestimmbaren Läsion zugeordnet werden kann: einige orale L. werden sich in ein Karzinom transformieren.
Unterteilung in zwei Gruppen:• Leukodysplasie = dysplastische Läsion = P1• Leukokeratose = nicht-dysplastische Läsion = P0
Nach diagnostischer Sicherheit:• Verdacht auf Leukoplakie = alle Läsionen gemäß der Definition
(provisional)• definitive Leukoplakie = nach Ausschluß von ursächlichen Faktoren
und HistopathologieNach klinischen Kriterien:-Farbe: weiß, gelb-weißlich, grau-Subtypen (n. WHO):• homogene Leukoplakie:
-weich, flach, bimssteinartig, faltig• inhomogene Leukoplakie:
-rauh, gefleckt, verrukös, getüpfelt-rote Anteile Erythroleukoplakie
Bsp.: inhomogene Leukoplakie der Wangenschleimhaut rechts L1P1
Formulierung der Diagnose
Prognose:• Klinisches Erscheinungsbild erlaubt keine
sichere prognostische Einschätzung:ca. 4% (Literatur 0,3-18%) d. Leukoplakientransformieren maligne innerhalb von 10 Jahren
• Klinische Kriterien für schlechte Prognose:-inhomogene L.-Lok.: vorderer Mundboden, ventrale Zunge-langes Bestehen-keine Risikofaktoren-Anamnese: Zweitmalignom, weiblichesGeschlecht
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Folgerungen:
• Die Diagnose Leukoplakie sollte idealerweisenur echte prämaligne Läsionen und Läsionen unklarer Ätiologie u. Dignität bezeichnen.
Diagnostisches Dilemma: klinische Subtypen, Größe d. Läsion, Lokalisation u. Anamnese (Risikofaktoren) erlauben keine klare Prognose!
• Dysplasiebegriff (= morphologischer Parameter) erscheint derzeit als geeigneter prognostischer Faktor.
Dysplasie• Definition:
Vorhandensein von präneoplastischenZellatypien mit gestörtem Epithelaufbau!= epitheliale Atypie
• Vork.: Risiko d.-homogenen Leukoplakie: ca. 10%-inhomogenen Leukoplakie: ca. 50%-Erythroleukoplakie: ca. 90-100%
• Einteilung in 3 Schweregrade:nach ca. 11 Kriterien bzgl. Proliferation, Maturation und Differenzierung d. Epithelzellen
Von der Dysplasie zur Oralen Intraepithelialen Neoplasie (OIN)
In Anlehnung an erfolgreiche cervicale (CIN) und laryngeale Dysplasiebegriffe:
Risiko zur Karzinomentstehung aus Leukodysplasien 30%, im Falle HOIN = 100% (Küffner, Lambardi 2001)
OIN 3Schwere Dysplasie (Grad 3)
OIN 2Moderate Dysplasie (Grad 2)
OIN 1Milde Dysplasie (Grad 1)
CIS (Carcinomain situ)
OIN 3
High grade OIN (HOIN)
Low grade OIN (LOIN)
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Perspektive: Klassifikation prämaligner Läsionen nach OIN
evtl. in Kombination mit OIN•invasives PECevtl. in Kombination mit OIN•mirco-invasives PECinvasives
Karzinom
OIN 2 (moderate Dysplasie)OIN 3 (schwere Dysplasie)CIS (Carcinoma in situ)
•High grade OIN (HOIN)OIN 1 (milde Dysplasie)•Low grade OIN (LOIN)Vorläufer d.
PECbösartig, maligne
nicht vorhanden•Keratosis nicotinica•Alkohol u. Nikotin Stomatitis•atrophischer/erosiver Lichen•aktinische Cheilitis•weitere
Risikoläsionen
alle oralen Läsionen außer malignen o. Risikoläsionen
Nicht-Risiko-läsionen
gutartig, benigne
gesunde MukosanormalOIN (Dysplasie)DiagnoseKategorieStatus
Premalignant lesions of the oral mucosa, Küffner and Lombardi, 2001
Welche diagnostischen Methoden sind etabliert?
1. Anamnese, Risikofaktoren, Inspektion u. Palpation
2. Bürstenabstrich und Zytologie
3. Biopsie und Histopathologie
Bürstenabstrich und Zytologie• Prinzip: Gewinnung von
Zellen aller Epithelschichten
• wenig invasiv• Beurteilung durch
erfahrenen Zytologen• Erkennung von
Karzinomen d. Mundschleimhaut mit 97% Sensitivität u. 90% Spezifität
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Bewertung Zytologiebefund 1
Zytologischer Befund
sicher negativ
Ohne sicheren NachweisBösartige Zellen nicht sicher auszuschließen
Mit dringendem Verdacht auf das Vorliegen von bösartigen Zellen
sicher positiv
Morphologische Beurteilung d. Zellen:
Bewertung Zytologiebefund 2DNA-Zytometrie:• Identifizierung eines
aneuploidenChromosomensatzes
hohe Korrelation mit maligner Transformation
• Sehr spezifischer prospektiver Marker d. malignen Transformation
Bewertung Zytologiebefund 3
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Schlussfolgerungen• Die Bürstenbiopsie ist eine geeignete Methode
zum Screening von primären Mundhöhlenkarzinomen.
• Die Methode ist nur bedingt geeignet für -stark keratinisierte Bereiche-Rezidivtumoren und nicht geeignet für Lippenkarzinome.
• Analyse des DNA-Gehaltes steigert die Treffsicherheit zur Identifizierung maligner Zellen erheblich!
• Jede „positive“ Bürstenzytologie erfordert eine Biopsie zur Diagnosesicherung!
Prinzipien der Biopsie
Inzisionsbiopsie• Syn. Probeentnahme• bei neoplastischen
Läsionen o. V.a. systemischen Erkrankungen
• Malignomverdacht ? erstStaginguntersuchungen!
Exzisionsbiopsie• nur bei Läsionen, die sehr
wahrscheinlich (nach zytologischer Untersuchung) durch Enukleation bzw. vollständige Entfernung geheilt werden können!
•Vorbehandlung: Eradikation mykot./bakt. Infektion
•Abhängig von Größe, Form u. Lokalisation d. Läsion u. Art d. Erkrankung:
Biopsie einer Erythroleukoplakie 1Ziel: Identifikation
d. Dysplasie / Karzinoms
Wahl d. Biopsiestelle ist kritisch, Kriterien:
• klinisch: erythroplakische u. atrophe Areale, Indurationen
• intravitale Färbung
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Biopsie einer Erythroleukoplakie 2
intravitale Färbung zur Wahl d. BiopsiestelleToluidinblau färbt DNA, Mukopolysaccaride
Identifizierung proliferativer Areale
Bewertung Histologiebefund 1• Derzeit Goldstandard zur Beurteilung
prämaligner Läsionen, da-HOIN hohe Korrelation mit maligner Transformation-einzige Methode zur Beurteilung d. Invasivität-unabhängig von Keratinisierung u. Narbenbildung Lippe u. Rezidive-etablierte MethodeAngabe o. Ausschluss einer Oralen Intraepithelialen Neoplasie (OIN) mit zwei Graden: LOIN o. HOIN ist zu fordern!
Bewertung Histologiebefund 2Einschränkungen:• schlechte interindividuelle Reproduzierbarkeit (Parker et al. 2002)
Graduierung nur in zwei Stufen• Reproduzierbarkeit in hohem Maße abhängig vom Biopsieort,
Biopsietechnik, Inflammation (Fischer, Epstein, et al. (2004)) Zufall bei Inflammation, hoch bei Wangen- u. Zungen-SH, Stanze
• mangelhafte prognostische Validität d. histologischen Dysplasiediagnostik d. Plattenepithels (Sudbø et al. 2001)
nicht alle Dysplasien durchlaufen eine maligne Transformationkeine sichere Prognoseeinschätzung !
Gefahren v.a. bei prämalignen Läsionen• Überbehandlung• falsche Sicherheit
Verschleppung d. Krebsdiagnose
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Schlussfolgerungen• Zur initialen Einordnung sowie
Verlaufsbeurteilung intraoraler Läsionen (auch gutartiger) ist die Zytologie gut geeignet.
• Histopathologie (Biopsie) ist immer zu fordern!• Zytologie und Histopathologie können falsch
negativ sein, im Zweifel Therapieentscheidung nach klinischer Diagnose + Anamnese (Risiko)!
• Keine Methode ermöglicht derzeit eine zuverlässige Prognose.
Welche neuartigen diagnostischen Methoden und Verfahren etablieren sich?
• Automatisierte zytologische AnalysenBsp.: Multimodale Zellanalyse, OralCDx
• Molekulare Marker maligner Transformation
• Intravitale Mikroskopie
Molekulare MarkerHypothese: Cancerogenese = Prozess in mehreren
Schritten (multiple-hit-model)primäre genetische Defekte
zelluläre Änderungen (Phenotyp)klinische Auswirkungen
Spezifische zelluläre Änderungen sind theoretisch früh erkennbar, derzeit
• Chromosomale MarkerLOH = Loss of heterozygosity
• Transkriptionsfaktoren:Cyclin D, p53, p16
• Oberflächenmarker• Mechanische Zelleigenschaften
Bsp.: optical strecher
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Behandlungsablauf Leukoplakie
Modifiziert nach van der Waal, Axell 2001
+ Brushbiopsy
Zusammenfassung Therapie
• (in)homogene Leukokeratose C3, LX, P0:-Beobachtung, ggfs. Exzision, ggfs. Vit-A-Säure-Nachsorge alle 6-12 Monate
• (in)homogene Leukodysplasie C3, LX, P1:-Totalexzision anstreben, ggfs. Teilexzision-Nachsorge alle 3-12 Monate
Zusammenfassung Leukoplakie• Diagnose Leukoplakie sollte auf histologisch
gesicherte prämaligne Läsionen und Läsionen unklarer Dignität eingeschränkt werdensowie Angaben zur Lokalisaton und Größe der Läsion enthalten.
• Bürstenzytologie dient der initialenDignitätsbeurteilung und der Nachsorge.
• Jede prämaligne Läsion erfordert Biopsie und histopathologische Untersuchung mit Beurteilung bzw. Ausschluß einer Oralen Intraepithelialen Neoplasie (OIN).
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Spezielle prämaligne Läsionen: proliferative verruköse Leukoplakie• Syn.: PVL• Vor.: ältere ♀• Ätio.: unbekannt• Klin.: langsames, persistierentes u. irreversibles
Wachstum exophytischer , warziger Areale, Beginn oft als simple Hyperkeratosemultifokale Ausbreitung
• Prog.: hohe Tendenz zur malignenTransformation
• Th.: wie Leukodysplasie
Spezielle prämaligne Läsionen:Erythroplakie
• Def.: deutlicher roter Fleck, der weder klinischnoch histopathologisch einer anderenErkrankung zugeordnet werden kann.
• Lok.: Wangenschleimhaut u. weicher Gaumen, selten Zunge
• Prog.: in 91% d. Fälle CIN o. PEC• Th.: Exzisionsbiopsie bzw. Tumorentfernung• DD: -vesikulobullöse MSH-Krankheiten
-erythematöse Candidiasis-atrophischer Lichen planus
Oraler lichen planus (OLP)Vorkommen:• 0,5-2,5% d. Bevölkerung mit Hautbeteiligung• OLP 0,1-4% je nach Population, davon 5-45%
mit Hautveränderungen• 4.-6. Dekade, erosive Formen im höheren Alter• v.a. Frauen (60%)
Ätiologie unklar, in jedem Fall multifaktoriell-Hypersensitivitätsreaktion Typ IV?-viral
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OLP – Klinisches Bild• Klin. Typen oral oft kombiniert
-retikulär: häufigster T., sog. Wickham Striae mitStreifung u. netzförmigen Anteilen, v.a. Planumbuccale, Gingiva, Zunge, Lippe u. Gaumen-papulär, plaqueförmig: wie homogeneLeukoplakie-atrophisch-erosiv, bullös, ulzerierend
• Typische Hautläsion: plane, polygonale, livid-rote Papel mit matt-glänzender OF u. Wickham-Streifung
• Lok.: gesamte Mundhöhle, fast nie imMundboden
OLP - Beschwerden• phasenhafter, zyklischer Verlauf
-retikulärer, plaqueförmiger u. papulärer Typ: keine bis geringes Missempfinden, Rauhigkeiten-erosiver, ulzerierender, bullöser, atrophischerTyp: starke Schmerzen u. Brennen, v.a. beiNahrungsaufnahme u. Mundhygiene
• Einflussfaktoren auf Erkrankungaktivität:-unspezifische mechanische Reize (Köbner-Phänomen)-psychische Verfassung-Superinfektion mit Candida
OLP - DiagnostikZur Diagnosesicherung ist immer eine Biopsie zu
fordern DD: Leukoplakie!• Histologische Merkmale:
-Hypergranulose-subepitheliales T-Lymphozytenband mitDegeneration basaler Epithelschichten-Sägezahnprofil d. Reteleisten
• Untersuchungsmethoden:-ggf. direkte Immunfluoreszenz natives Gewebe u. spezialisiertes Labor
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OLP - TherapiePrinzipien:• rein symptomatisch, d.h. beschwerdeorientiert• Tumorvorsorge
Maßnahmen:• Eliminierung mechan. Irritationen (scharfe Zahnkanten,
defekte Füllungen u. Prothesen)• ggfs. antimykotische Behandlung• Kortikosteroide in topischer Form, 1-2*/d morgens:
-Triamcinolon (Volon A Haftsalbe)-Clobetasolhaltige Salbe (Dermoxin) mit Kompresse
• ggf. systemische Therapie mit Cortison, Bsp.: Prednisolon
OLP - Prognose• Prog.:
präkanzeröse Bedingung Nachkontrollen alle3-6 Monate
maligne Transformation in 0,5-2(-4)% d. Fällein 5-7 Jahren, v.a. erosive Form
• oft langjähriger Verlauf• DD:
-Leukoplakie (oft schwierig)-Schleimhautpemphigoid-Lupus erythematodes discoidales-Lingua geographica
Chronisch discoiderLupus erythematodes - CDLE
• Vor.: ♀ = ♂
• Ätio.: Autoimmunerkrankung ohneNachweis von Autoantikörpern
• charakterist. Läsionen d. Haut:-numuläre Herde meist an lichtexponierter Haut -3-zonalem Aufbau aus
-zentraler Atrophie,-umgrenzende follikuläreHyperkeratose,-angrenzendes Erythem
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CDLE – Klinisches Bild
• Hautläsionen:-Lok.: lichtexponierte Areale, Haargrenze-Schmetterlingserythem häufig-Ausheilung meist unter Hyper- u. Depigmentierung, Vernarbung
• Schleimhautläsionen in 25-50%:-Lok.: Wangenschleimhaut, Lippe, Gaumen, Gingiva-schmerzlose Ulzerationen-netzartige Erytheme u. Erosionen
CDLE – Therapie u. Prognose
• Th.:-topische Kortikoide, wie OLP-Chloroquin systemisch-Prednisolon
• Prog.:-entstellende Narben u. Haarlosigkeit-schmerzhafte Läsionen-sehr selten Übergang in systemischenLupus erytematodes (SLE)
Systemischer Lupus erythematodes (SLE) – Klinisches Bild, Therapie u. Prognose
• Vor.: junge Frauen (♀ 9x häufiger als ♂)• Ätio.: Auto-Antikörper (ANA), zirkulierende
Immunkomplexe Beteiligung aller Organe!• Haut-∆: Schmetterlingserythem, Effloreszenzen
im Nacken, Oberarme, Finger• Organbefall: Arthritis, Karditis, Nephritis, seltener
ein- o. doppelseitige Parotitis• 40-50% intraorale Beteiligung, oft schwere
Parodontitis• Th.: kombinierte immunsuppressive Therapie• Prog.: 5-Jahre-Überlebensrate: 90%