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Verabschiedet vom ad-hoc-Ausschuss „Motorische Tests für Kinder und Jugendliche“ der dvs am 27.09.2007. Status: Version 2.0 vom 17.10.2007 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft ad-hoc-Ausschuss „Motorische Tests für Kinder und Jugendliche“ Sprecher: Prof. Dr. Klaus Bös (Universität Karlsruhe) Oktober 2007

Motorischer Test für Kinder und Jugendliche€¦ · Verabschiedet vom ad-hoc-Ausschuss „Motorische Tests für Kinder und Jugendliche“ der dvs am 27.09.2007. Status: Version2.0vom

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Verabschiedet vom ad-hoc-Ausschuss „Motorische Tests für Kinder und Jugendliche“ der dvs am 27.09.2007.Status: Version 2.0 vom 17.10.2007

Motorischer Test für Kinder und Jugendliche

Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaftad-hoc-Ausschuss „Motorische Tests für Kinder und Jugendliche“

Sprecher: Prof. Dr. Klaus Bös (Universität Karlsruhe)

Oktober 2007

Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft

2 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche

Impressum

Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaftad-hoc-Ausschuss „Motorische Tests für Kinder und Jugendliche“Sprecher: Prof. Dr. Klaus Bös (Universität Karlsruhe)

Sportmotorischer Test für Kinder und JugendlicheKarlsruhe & Hamburg: dvs 2007

Endredaktion: Klaus Bös, Frederik Borkenhagen, Lars SchlenkerFotos: Institut für Sport und Sportwissenschaft, Universität Karlsruhe (TH)

Mitglieder des ad-hoc-Ausschusses „Motorische Tests für Kinder und Jugendliche“der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs):

Bös, Prof. Dr. Klaus; Universität Karlsruhe (Sprecher)Büsch, PD Dr. Dirk; IAT LeipzigKretschmer, Prof. Jürgen; Universität HamburgLames, Prof. Dr. Martin; Universität AugsburgMüller, PD. Dr. Hermann; Universität des SaarlandesMunzert, Prof. Dr. Jörn; Universität GießenPfeifer, Prof. Dr. Klaus; Universität Erlangen-Nürnberg

Gäste:

Dillinger, Dr. Marc-Oliver; Ministerium für Inneres, Familie, Frauen und Sport des SaarlandesIgel, Dr. Christoph; Universität des SaarlandesKraus, Dr. Ulrike; Innenministerium Nordrhein-WestfalenLautenbach, Peter; Deutsche Sportjugend, Frankfurt am MainSeidel, Dr. Ilka; FoSS KarlsruheStrauß, Prof. Dr. Bernd; Universität MünsterUngerer-Röhrich, Prof. Dr. Ulrike; Universität BayreuthWestermann-Krieg, Liesel; Kultusministerium Niedersachsen

Kontakt:

Prof. Dr. Klaus BösUniversität KarlsruheForschungszentrum für den Schulsport (FoSS)Kaiserstraße 1276128 [email protected]

Website des ad-hoc-Ausschusses:

http://www.sportwissenschaft.de/index.php?id=691

Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft

Motorischer Test für Kinder und Jugendliche 3

Inhaltsverzeichnis

I Kurzfassung ......................................................................................... 4

II Stellungnahme dvs-Vorstand ............................................................. 6

III Sachbericht zur Entwicklung des Motorischen Tests ...................... 7

1 Einleitung .................................................................................................................. 7

2 Grundlagen motorischer Tests ............................................................................... 82.1 Zielstellungen und Anwendung von sportmotorischen Tests ..................................... 82.2 Der fähigkeitsorientierte Ansatz als Grundlage von Tests .......................................... 82.3 Testkonstruktion ....................................................................................................... 122.3.1 Konstruktionsprinzipien für Testaufgaben in motorischen Tests .............................. 122.3.2 Taxonomie von Testaufgaben .................................................................................. 142.4 Testübersicht ............................................................................................................ 16

3 Testvorschlag zur Erfassung motorischer Fähigkeiten ...................................... 203.1 Testziele, Gültigkeitsbereich und Testdurchführung ................................................. 203.2 Testkonstruktion des Motorischen Tests ................................................................... 213.2.1 Vorarbeiten ............................................................................................................... 213.2.2 Rahmenbedingungen der hier vorgeschlagenen Testbatterie................................... 213.2.3 Beurteilung der Testbatterie vor dem Hintergrund der Aufgabentaxonomie ............ 223.3 Alternative Testaufgaben .......................................................................................... 23

4 Beschreibung der Testaufgaben ........................................................................... 244.1 Testmaterialien ......................................................................................................... 244.2 Testdurchführung ...................................................................................................... 244.3 Testitems ................................................................................................................... 25

5 Gütekriterien ........................................................................................................... 325.1 Objektivität ................................................................................................................ 325.2 Reliabilität ................................................................................................................. 325.3 Validität ..................................................................................................................... 33

6 Literaturverzeichnis ................................................................................................ 42

7 Anhang .................................................................................................................... 44

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4 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche

I Kurzfassung

Ausgangssituation

Die motorische Leistungsfähigkeit steht in enger Beziehung zur Gesundheit. Diese Bezie-hung verfestigt sich mit zunehmendem Lebensalter. Motorische Leistungsfähigkeit setzt aberdie Setzung angemessener Reize für das motorische System voraus. Dieser Reizsetzungkommt im Kindes- und Jugendalter damit eine herausragende Bedeutung zu. Die aktuelleDiskussion in Wissenschaft, Medien und Öffentlichkeit zeigt, dass die Leistungsfähigkeit heu-tiger Kinder und Jugendlichen gegenüber früheren Generationen zurückgegangen ist. DieseDiskussion passt zu der bildungspolitischen Diskussion um Standards in den unterschiedli-chen Schulfächern, die durch die Ergebnisse der PISA-Studie ausgelöst wurde.

Auftrag der SMK an die dvs

Am 23.10.2006 hat die Sportministerkonferenz (SMK) den Präsidenten der dvs angefragt,die Sportministerkonferenz bei der Entwicklung eines Testverfahrens zu beraten und zu un-terstützen, das es gestattet, bundesweit das Niveau motorischer Fertigkeiten und Fähigkei-ten von Kindern und Jugendlichen kontinuierlich zu erheben, um zukünftige politische Ent-scheidungen auf der Grundlage verlässlicher Daten treffen zu können.

Grundlage für den ad-hoc-Ausschuss „Motorische Tests für Kinder und Jugendliche“ der dvswaren acht publizierte Testverfahren mit einem großen Bekanntheits- und Verbreitungsgrad,zu denen auch das nationale Motorik-Modul (MoMo) gehört, das erstmals für die Bundesre-publik Deutschland repräsentative Daten zur motorischen Leistungsfähigkeit von Kindernund Jugendlichen liefert.

Testaufbau und Testinhalte

Basierend auf publizierten Testverfahren unter Berücksichtigung der Vorarbeit von MoMowird für die SMK eine Testbatterie mit 8 Testaufgaben vorgeschlagen:

Motorische Fähigkeiten

PassiveSystemeder Energie-übertragung

Ausdauer Kraft Schnelligkeit Koordination Beweglichkeit

Aufgabenstruktur

AA KA SK AS KZ KP Bgehen,laufen 6-Min 20m Bal rwLokomotions-

bewegungenSprünge SW SHH

ObereExtremitäten LSTeilkörper-

bewegungenRumpf SU RB

Kürzel der Testitems

6-Min 6-Minuten Ausdauerlauf 20m 20 Meter SprintSW Standweitsprung Bal rw Balancieren rückwärtsLS Liegestütz in 40 sec SHH Seitliches Hin- und HerspringenSU Sit-ups in 40 sec RB Rumpfbeugen

Ergänzend werden Größe und Gewicht sowie der BMI erfasst.

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Motorischer Test für Kinder und Jugendliche 5

Gültigkeitsbereich des Tests

Der Test misst die motorischen Fähigkeiten Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, Koordination undBeweglichkeit, die zusammenfassend als körperliche Leistungsfähigkeit bezeichnet werden. DieRealisierung dieser Fähigkeiten erfolgt mittels einfachstrukturierter motorischer Fertigkeitenwie z.B. laufen, springen und balancieren. Sportartspezifische Fertigkeiten (z.B. Ball spielen,schwimmen, turnen) werden in dieser Testbatterie ausgeklammert.Der Test eignet sich für den Einsatz in Schule und Verein. Getestet werden können Kinderund Jugendliche im Alter von 6-18 Jahren.

Ziele des Tests

Der Test eignet sich zur Messung des aktuellen Leistungsstandes sowie zur Beschreibungvon Leistungsveränderungen. Es können nachstehende Fragen beantwortet werden:

Messen des aktuellen Leistungsstands:

• Screening: Wie ist der aktuelle motorische Leistungsstand?• Eingangsdiagnose: Ist der aktuelle motorische Leistungsstand ausreichend für die Aufnahme

eines bestimmten Trainings?• Leistungsprofil: Welche motorischen Stärken und Schwächen lassen sich erkennen?• Defizitanalyse: Welche motorischen Fähigkeiten sollten bei Schwächen gezielt gefördert

werden?• Charakterisierung von Subpopulationen: Welche Unterschiede bestehen bezüglich der

motorischen Fähigkeiten zwischen Mädchen und Jungen sowie zwischen den Altersgruppen?

Messung von Leistungsveränderungen:

• Beschreibung der Entwicklungsverläufe: Wie verändern sich motorische Fähigkeiten in derEntwicklung von Kindern und Jugendlichen?

• Evaluation von Interventionen: Sind motorische Leistungsveränderungen nach einer gezieltenFörderung bei der gesamten Gruppe oder beim Einzelnen erkennbar?

Testdurchführung

Der Test ist einfach und ökonomisch durchführbar. Im Routinebetrieb können vom Testperso-nal, das aus einer geschulten Person und 5 angeleiteten Testhelferinnen und Testhelfer besteht(dies können auch instruierte Schülerinnen und Schüler sein) bis zu 28 Probanden in 90 Minu-ten getestet werden. Bei der wissenschaftlichen Testung kommt nur Fachpersonal zum Einsatz.

Testgütekriterien

Die Testaufgaben sind hinsichtlich der teststatistischen Gütekriterien Objektivität, Reliabilitätund Validität überprüft. Es liegen Normwerte für Jungen und Mädchen der Altersgruppen 6-17Jahren vor.

Testauswertung und Testinterpretation

Für die sachgerechte Durchführung des Tests sowie für die Auswertung und Interpretationder Testergebnisse werden Handreichungen für Lehrerinnen und Lehrer und Übungsleiterin-nen und Übungsleiter erstellt.

Expertise

Die Testbatterie ist das Ergebnis einer Arbeitsgruppe, in der 7 Experten einschlägiger Sekti-onen und Kommissionen der dvs sowie SMK- und KMK-Mitglieder eingebunden waren. Zu-sätzlich erfolgte eine Anhörung von Testexperten.

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6 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche

II Stellungnahme dvs-Vorstand

Am 23.10.2006 hat mich der (damalige) Vorsitzende der Sportministerkonferenz, Herr Sena-tor Röwekamp in meiner Funktion als Präsident der Deutschen Vereinigung für Sportwissen-schaft (dvs) angefragt, der nächsten Sportministerkonferenz Ende November 2007 ein stan-dardisiertes Motorik-Testverfahren mit der Zielstellung der kontinuierlichen Erhebung desNiveaus motorischer Fähigkeiten und Fertigkeiten von Kindern und Jugendlichen vorzu-schlagen.

Die dvs ist sehr gerne dieser Anfrage nachgekommen und hat dem Anliegen eine hohe Prio-rität gegeben, auch aus der Überzeugung, dass ein solches Vorhaben dringend notwendigist, um einen nachhaltigen Beitrag zur positiven Entwicklung von Kindern und Jugendlichenzu leisten.

Der dvs-Vorstand hat Ende Dezember 2006 einen ad-hoc-Ausschuss „Motorische Tests vonKindern und Jugendlichen“ einberufen, dem sieben der führenden Sportwissenschaftler aufdiesem Gebiet angehören.

Der Ausschuss wird geleitet von Professor Dr. Klaus Bös (Universität Karlsruhe TH). Dieweiteren sechs Mitglieder des Ausschusses sind PD Dr. Dirk Büsch (IAT Leipzig), Prof. Jür-gen Kretschmer (Universität Hamburg), Prof. Dr. Martin Lames (Universität Augsburg), PDDr. Hermann Müller (Universität des Saarlandes), Prof. Dr. Jörn Munzert (Universität Gie-ßen) sowie Prof. Dr. Klaus Pfeifer (Universität Erlangen-Nürnberg).

Mit Beginn der Beratungen am 26. Januar 2007 war es das vordringliche Ziel des dvs-adhoc-Ausschusses zu sichten und zu entscheiden, ob bereits vorliegende Testverfahren der SMKin Teilen oder im Ganzen vorgeschlagen werden können und ob ggf. gänzlich neue oderteilweise neue Testverfahren zu entwickeln sind und welche Schritte hier notwendig sind.

Im Zuge der Beratungen im Mai 2007 wurde eine Expertenanhörung von weiteren Wissen-schaftlern (u. a. Dr. Klaes, WIAD; PD Dr. Stemper, Universität Wuppertal) durchgeführt. DieBeratungen, die im Laufe des 1. Halbjahres 2007 im Ausschuss intensiv geführt wurden,wurden in enger Abstimmung mit Herrn Dr. Dillinger von Seiten der SMK koordiniert. An denBeratungen nahmen weitere Gäste von Seiten SMK und KMK sowie ich selbst und weitereMitglieder des dvs-Vorstands teil, um gleich von Beginn an einen engen Austausch zu ge-währleisten.

Ich freue mich heute sehr, Ihnen den Abschlussbericht des dvs-Ausschusses „MotorischeTests für Kinder und Jugendliche“ unter der Federführung von Professor Bös überreichen zudürfen. Der Bericht geht ausführlich darauf ein, dass es möglich ist, den motorischen Statusvon Kindern und Jugendlichen standardisiert und kontinuierlich mittels einer wissenschaftlichabgesicherten Testbatterie zu erheben. Der Ausschuss macht einen ausführlich begründetenVorschlag für eine solche Testbatterie.

Prof. Dr. Bernd StraußPräsident der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs)

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Motorischer Test für Kinder und Jugendliche 7

III Sachbericht zur Entwicklung des Motorischen Tests

1 Einleitung

Am 23.10.2006 hat die SMK an die dvs einen Auftrag formuliert, eine Testbatterie zu entwi-ckeln, die es gestattet, bundesweit das Niveau motorischer Fertigkeiten und Fähigkeiten vonKindern und Jugendlichen kontinuierlich zu erheben, um zukünftige politische Entscheidun-gen auf der Grundlage verlässlicher Daten treffen zu können.

Dieser Auftrag entstand vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion in Wissenschaft, Me-dien und Öffentlichkeit, dass die Leistungsfähigkeit heutiger Kinder und Jugendlichen ge-genüber früheren Generationen zurückgegangen ist (vgl. zusammenfassend Bös 2003).

Diese Diskussion passt zu der bildungspolitischen Diskussion um Standards in den unter-schiedlichen Schulfächern, die durch die Ergebnisse der PISA-Studie ausgelöst wurde.

Für den Schulsport und die Erfassung der motorischen Leistungsfähigkeit von Kindern undJugendlichen ergeben sich folgende Besonderheiten:

1. Die motorische Leistungsfähigkeit steht in Beziehung zu Gesundheit. Diese Beziehungverfestigt sich mit zunehmendem Lebensalter. Motorische Leistungsfähigkeit setzt aberdie Setzung angemessener Reize für das motorische System voraus. Dieser Reizset-zung kommt im Kindes- und Jugendalter damit eine herausragende Bedeutung zu.

2. Das nationale Motorik-Modul (MoMo) liefert erstmals für die Bundesrepublik Deutschlandrepräsentative Daten zur motorischen Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen.

Die Betonung von Motorik und körperlicher Leistungsfähigkeit stellt andere Sinnperspektivenim Sport von Kindern und Jugendlichen nicht in Frage.

Die hier vorgeschlagene Testbatterie besteht aus 8 Testaufgaben. Diese Testaufgaben ba-sieren auf den Vorarbeiten publizierter Testverfahren. Eine besondere Berücksichtigung fanddabei das nationale Motorik-Modul (MoMo), das in den Jahren 2003-2006 deutschlandweitan einer repräsentativen Stichprobe von 4.529 Kindern und Jugendlichen im Alter von 4-17Jahren durchgeführt wurde.

Die Tests sind einfach durchführbar und gestatten eine Diagnose und Beurteilung des allge-meinen motorischen Fähigkeitsniveaus mit den Dimensionen Ausdauer, Kraft, Koordinationund Beweglichkeit, die zusammenfassend als körperliche Leistungsfähigkeit bezeichnet wer-den.

Die Realisierung dieser Fähigkeiten erfolgt mittels einfachstrukturierter motorischer Fertigkei-ten wie z.B. laufen, springen und balancieren. Sportartspezifische Fertigkeiten (z.B. Ballspielen, schwimmen, turnen) werden in dieser Testbatterie ausgeklammert. Die Testbatteriehat nicht den Anspruch motorische Fertigkeiten oder darüber hinaus andere Sinnperspekti-ven und Lernziele des Sportunterrichts abzudecken. Insbesondere ist der motorische Testkein vollständiger Lösungsvorschlag für die komplexe Diskussion um Bildungsstandards imFach Sport, die zur Zeit in der sportpädagogischen Diskussion virulent geführt wird.

Die Testbatterie ist das Ergebnis einer ad-hoc-Arbeitsgruppe, in der 7 Experten einschlägigerSektionen und Kommissionen der dvs eingebunden waren. Die Ergebnisse der Wissen-schaftler wurden von Anfang an mit ständigen Gästen aus der SMK und der KMK diskutiertund im Hinblick auf Ihre Relevanz und Umsetzbarkeit überprüft. Zusätzlich fand eine Anhö-rung von Testexperten statt.

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2 Grundlagen motorischer Tests

2.1 Zielstellungen und Anwendung von sportmotorischen Tests

Um den Leistungszustand von Kindern und Jugendlichen beschreiben, verfolgen und sach-gerecht intervenieren zu können, ist die Diagnose eine unverzichtbare Voraussetzung. „Oh-ne Diagnose intervenieren wir blind“ lautete entsprechend auch das Motto der Tagung derdeutschen Sportpsychologen (asp) 2007. Das unterrichtliche und trainingsmethodische Han-deln von Lehrerinnen und Lehrern und Trainerinnen und Trainern setzt diagnostische Infor-mationen voraus, um daraus gezielte Bewegungsübungen für den Sportunterricht und denVereinssport ableiten zu können.

Mit motorischen Tests ist eine Momentaufnahme der motorischen Leistungsfähigkeit deseinzelnen Kindes oder einer ganzen Gruppe möglich. Sie können außerdem auch Informati-onen zur Entwicklung der motorischen Leistungsfähigkeit aufzeigen.

Sportlehrerinnen und Sportlehrer und Übungsleiterinnen und Übungsleiter haben damit einInstrument an der Hand, mit dessen Hilfe man positive wie negative Veränderungen der Kin-der und Jugendlichen objektiv beurteilen kann. Das diagnostische Urteil von Lehrerinnen undLehrern und Trainerinnen und Trainern kann dadurch sinnvoll ergänzt werden. Mit Hilfe vonmotorischen Tests kann man gezielt motorische Stärken und Schwächen erkennen und denKindern frühzeitig individuell passende Fördermöglichkeiten anbieten.

Im Einzelnen lassen sich folgende Einsatzmöglichkeiten von motorischen Tests unterschei-den:

Tab. 2.1. Fragestellungen zum Einsatz motorischer Tests.

Messen des aktuellen Leistungsstands:

• Screening: Wie ist der aktuelle motorische Leistungsstand?• Eingangsdiagnose: Ist der aktuelle motorische Leistungsstand ausreichend für die

Aufnahme eines bestimmten Trainings?• Leistungsprofil: Welche motorischen Stärken und Schwächen lassen sich erkennen?• Defizitanalyse: Welche motorischen Fähigkeiten sollten bei Schwächen gezielt ge-

fördert werden?• Charakterisierung von Subpopulationen: Welche Unterschiede bestehen bezüglich

der motorischen Fähigkeiten zwischen Mädchen und Jungen sowie zwischen denAltersgruppen?

Messung von Leistungsveränderungen:

• Beschreibung der Entwicklungsverläufe: Wie verändern sich motorische Fähigkeitenin der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen?

• Evaluation von Interventionen: Sind motorische Leistungsveränderungen nach einergezielten Förderung bei der gesamten Gruppe oder beim Einzelnen erkennbar?

2.2 Der fähigkeitsorientierte Ansatz als Grundlage von Tests

Die Testdiagnostik in der Sportwissenschaft hat die gleichen Wurzeln wie die Diagnostik inPsychologie und Pädagogik (vgl. Bös, 1987, 2001).

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Sie basiert auf dem fähigkeitsorientierten Ansatz, wie er für die Sportwissenschaft von Gund-lach (1968), Roth (1982), Bös und Mechling (1983) und anderen in der Tradition der Arbeitenin der Psychologie von Fleishman (1954) und Guilford (1957) begründet wurde.

Fähigkeiten sind latente Konstrukte, die nicht direkt der Beobachtung zugänglich sind, son-dern aus beobachtbaren Indikatoren erschlossen werden.

So ist z.B. die Muskelkraft als motorische Fähigkeit nicht direkt beobachtbar. Aus der Tatsa-che, dass sich Personen bei der Anzahl der absolvierten Klimmzüge, Liegestützen, Sit-upsoder Hocksprünge unterscheiden, wird auf das unterschiedliche Niveau der Kraftfähigkeit derProbanden geschlossen. Die gemessenen Testleistungen sind somit Indikatoren für die la-tente Fähigkeit ’Muskelkraft’.

Im gewählten fähigkeitsorientierten Ansatz geht man davon aus, dass die beobachtbaren Zu-sammenhänge auf der Leistungsresultatsebene auf gemeinsame latente Dimensionen (Fähig-keiten) zurückgeführt und mit Hilfe von Tests angemessen diagnostiziert werden können.

Fähigkeiten sind damit leistungsbestimmend für ganze Klassen von Bewegungstätigkeiten(Fertigkeiten). Ihnen wird damit ein allgemeiner (aufgaben- und situationsübergreifender)Charakter zugeschrieben, während Fertigkeiten aufgabenzentriert sind.

Die energetischen und informationsorientierten Dispositionen (Voraussetzungen), die eineerfolgreiche Ausführung einer bestimmten Bewegungshandlung ermöglichen, werden zu-sammenfassend als motorische Fähigkeiten bezeichnet. Diese bilden in wechselseitigemZusammenspiel die Grundlage für die Herausbildung von Handlungselementen – eben Fer-tigkeiten – zur Bewältigung von Bewegungsaufgaben.

Fertigkeiten sind damit Bestandteile der manifesten (Verhaltens)ebene. Konsequenterweisesollten Fähigkeiten immer der Prozessebene („Innenaspekt“) zugerechnet werden, Fertigkei-ten als sichtbarer Außenaspekt von Fähigkeiten dagegen der manifesten Verhaltensebene(„Außenaspekt“).

Bezogen auf motorische Tests folgt daraus, dass die Messung immer auf der Verhaltens-ebene (Produktebene, Fertigkeitsebene) erfolgt, dass aber die eigentlich interessanten Grö-ßen die dahinter stehenden latenten Fähigkeiten (Prozessebene) sind.

Würde man Fertigkeiten mit speziellen Fähigkeiten gleichsetzen (vgl. Roth, 1982), so unter-scheiden sich beide Begriffe nur hinsichtlich ihres Spezifikationsgrades. Fertigkeiten lägendann nicht auf der Realisierungsebene einer Bewegungshandlung, sondern wären eher alsTeilelemente von Fähigkeiten auf der Ebene latenter motorischer Konstrukte aufzufassen.Um Missverständnisse zu vermeiden, plädieren wir deshalb auf der Beobachtungsebene(Realisierungsebene) für den Terminus ’Fertigkeiten’. Diese sollen auf der KonstruktebeneEntsprechungen in ’Fähigkeiten’ haben.

Differenzierung motorischer Fähigkeiten

Es gibt eine Vielzahl von historischen Arbeiten zur Differenzierung motorischer Fähigkeiten(vgl. Cratty, 1975; Fetz, 1965; Fleishman, 1954; Frey, 1977; Guilford, 1957; Gundlach, 1968;Powell, Katzko & Royce, 1978; Roth, 1982; Bös & Mechling, 1983). Diese sind teils phäno-menologisch, teils empirisch, teils theoretisch begründet. Alle Ansätze gehen dabei von derVorstellung aus, dass die Motorik ein komplexes, mehrdimensionales Konstrukt ist, das nichtmit einer Kenngröße ausreichend beschrieben werden kann.

Differenzierungen von motorischen Fähigkeiten basieren zumeist auf der Annahme von so ge-nannten Grundeigenschaften (Fetz, 1965) oder Hauptbeanspruchungsformen (Hollmann & Het-tinger, 1980) und ermöglichen im Sportunterricht, im Grundlagentraining des Leistungssports

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10 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche

aber auch im Gesundheitssport und Rehabilitationssport eine hinreichend genaue Diagnoseund Steuerung der Belastungsgestaltung.

Differenzierungen nach Fähigkeitskategorien sind jedoch nicht hinreichend präzise für Leis-tungserklärungen und -prognosen, zur Trainingssteuerung auf hohem Leistungsniveau, fürsportartspezifische Beschreibungsmodelle oder für krankheitsspezifische Fragestellungen inder Rehabilitation. Hier erfordern Diagnosen einen stärker prozess- und funktionsorientiertenZugang mit Hilfe sportmedizinischer oder biomechanischer Messverfahren.

Wir schließen uns bei der nachstehenden Differenzierung den historisch bedeutsamen An-sätzen von Gundlach (1968) und Pöhlmann (1977) an und unterscheiden auf einer erstenEbene motorische Fähigkeiten nach den Polen Energie und Information in konditionelle (e-nergetische) und koordinative (informationsorientierte) Fähigkeiten. Auf einer zweiten Ebenewird in die vielzitierten motorischen ’Grundeigenschaften’ Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, Ko-ordination und Beweglichkeit aufgefächert (vgl. Martin et al. 2001)

Die Zuweisung von Ausdauer- und Kraftfähigkeit zu den energetisch determinierten Funkti-onspotenzen ergibt sich aus der Unterscheidungsmöglichkeit von Herz-Kreislauf-System undSkelettmuskulatur als zentrale Systeme der Energiegewinnung und des Energietransportesim menschlichen Organismus. Umfang und Struktur der Skelettmuskulatur werden als Voraus-setzung für die motorische Kraftfähigkeit angesehen. Die Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems stellt die bestimmende und limitierende Größe für Ausdauerleistungen dar.

Abb. 2.1. Differenzierung motorischer Fähigkeiten.

Die konditionellen Kraft- und Ausdauerfähigkeiten lassen sich auf der Basis von Dauer undIntensität der Belastung weiter differenzieren (Ebene 3). Eine Unterscheidung von aerober(AA) und anaerober (AnA) sowie von Maximalkraft (MK), Schnellkraft (SK) und Kraftausdau-er (KA) erscheint dabei notwendig und ausreichend.

Die Einteilung in aerobe (AA) und anaerobe Ausdauer (AnA) korrespondiert mit der Differen-zierung nach den unterschiedlichen Formen der Energiegewinnung.

Die Benennung von Maximalkraft (MK), Schnellkraft (SK) und Kraftausdauer (KA) orientiertsich an den beobachtbaren Hauptunterscheidungsformen der Muskelkraft und ist physiolo-gisch und experimentell abgesichert. Maximal- und Schnellkraft sind primär durch die musku-lären (Faseranzahl, Faserquerschnitt, Faserstruktur) und neurophysiologischen Bedingungen(Rekrutierung und Frequenzierung motorischer Einheiten, intermuskuläre Koordination, Mus-kelfaserzusammensetzung) festgelegt, während die Kraftausdauer in stärkerem Maße auchvom Energiestoffwechsel abhängig ist und damit die letztgenannte Fähigkeit in den Schnitt-punkt von Kraft und Ausdauer rückt.

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Motorischer Test für Kinder und Jugendliche 11

Die Schnelligkeit in ihrer sportspezifischen Ausprägung als Aktionsschnelligkeit (AS) lässt sichnicht eindeutig dem konditionellen oder koordinativen Fähigkeitsbereich zuordnen. SchnelleBewegungen zeichnen sich gerade dadurch aus, dass bei ihnen eine optimale Verknüpfungdes energetischen Potentials mit der Qualität sensorischer Regulationsprozesse besteht.

Die Aktionsschnelligkeit stellt damit keine isolierte motorische Basisdimension, sondern einekonditionell und koordinativ determinierte Komplexfähigkeit dar.

Das Niveau der Aktionsschnelligkeit lässt sich bei unselegierten Stichproben durch die Aus-prägung von einfacher strukturierten Kraft-, Ausdauer- und Koordinationsfähigkeiten gutprognostizieren. So konnten wir bei 10-jährigen Schülern die Sprintleistung im 50m-Lauf durchdie Basisdimensionen Maximalkraft, allgemeine aerobe Ausdauer und Koordination beiPräzisionsaufgaben mit einer Güte von 55% aufgeklärter Varianz vorhersagen (Bös & Mech-ling, 1983). Am Beispiel der Aktionsschnelligkeit lässt sich sehr anschaulich die enge Ver-bindung von energetischen und informationsorientierten Fähigkeiten bei der Realisierungkomplexer sportbezogener Bewegungshandlungen aufzeigen.

Die Reaktionsschnelligkeit (RS) beinhaltet die Vorbereitungsphase, die Phase des Reizan-gebots und der Reizwahrnehmung, die Phase der Latenz sowie die Phase der effektivenHandlung ein.

Wenn es sich um isolierte Reaktionszeitmessungen handelt, sind in erster Linie physiologi-sche Faktoren für schnelle Reaktion verantwortlich. In komplexen Situationen z.B. in denSportspielen rückt die Reaktionsschnelligkeit in die Nähe der koordinativ determinierten Anti-zipationsfähigkeit. Zahlreiche empirische Untersuchungen belegen, dass zwischen der Reak-tionszeit und der Bewegungszeit keine korrelativen Zusammenhänge bestehen. Die Fähig-keit zur schnellen Reaktion scheint damit eine relativ eigenständige Komponente darzustel-len, die mit zunehmender Komplexität der geforderten Reaktionsaufgabe von Antizipations-prozessen abhängt.

Die koordinativen Fähigkeiten als informationsorientierte Funktionspotenzen lassen sichnach der Art der sensorischen Regulation sowie in Abhängigkeit vom Anforderungsprofil derBewegungshandlungen unterscheiden. Roth (1982, S. 53) kommt durch die Verbindung vondeduktiv abgeleiteten (neuro)physiologischen Erkenntnissen mit induktiven sportwissen-schaftlichen Ansätzen zu einer Gesamtstruktur des koordinativen Merkmalskomplexes, wo-bei er in ’koordinative Fähigkeiten zur genauen Kontrolle von Bewegungen (KP)’ und ’koordi-native Fähigkeiten unter Zeitdruck (KZ)’ differenziert (vgl. Abb. 4.8).

Auf der Basis empirischer Untersuchungen kann Roth die vorgelegte Strukturanalyse koordi-nativer Fähigkeiten erhärten.

Bös und Mechling (1983) weisen in ihrem Ansatz zu „Dimensionen der Motorik“ die ,Koordi-nation zur genauen Kontrolle von Bewegungen’ (Koordination bei Präzisionsaufgaben) alsisolierte motorische Basisdimension des informationsorientierten Fähigkeitsbereiches aus,und bezeichnen die „Fähigkeit zur Koordination unter Zeitdruck’ als komplexe motorischeFähigkeit im Schnittpunkt von energetischen und informationsorientierten Prozessen.

Ähnliche komplexe koordinative Konstrukte sind die Gewandheit (Hirtz, 1964) oder die Ge-schicklichkeit (Rieder, 1976).

Die beiden Bereiche ’Koordination unter Zeitdruck’ und ’Koordination bei Präzisionsaufga-ben’ lassen sich dimensionsanalytisch gegeneinander abgrenzen (Roth, 1982, S. 192), sindaber statistisch nicht voneinander unabhängig. Tests zur Messung der Koordination unterZeitdruck (Geschicklichkeitstests, Gewandtheitstests) korrelieren mit Präzisionsaufgaben inmittlerer Höhe (vgl. Bös & Mechling, 1983).

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12 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche

Bei der Beweglichkeit (B) besteht ebenfalls keine präzise Zuordnungsmöglichkeit zum kondi-tionellen oder koordinativen Merkmalsbereich. Probleme resultieren vor allem aus der unter-schiedlichen Umfangsbestimmung.

Wir plädieren hier für eine enge Fassung des Begriffes „Beweglichkeit“ als „Schwingungswei-te der Gelenke“ im Unterschied zu einem weiten „sportnahen“ Begriffsverständnis, das Be-weglichkeit zu einer komplexen Fähigkeit macht. Optimale Bewegungsamplituden bei sport-bezogenen Leistungsvoraussetzungen, hängen zum einen von der Qualität der „passivenSysteme der Energieübertragung“, zum anderen aber vom energetischen Potential und vomNiveau der sensorischen Regulation bei der Bewegungsausführung ab (vgl. Klee & Wie-mann, 2005).

Bei einem engen definitorischen Verständnis erscheint es uns angebracht, Beweglichkeitnicht als Fähigkeit, sondern als eine weitgehend anatomisch determinierte personale Leis-tungsvoraussetzung der passiven Systeme der Energieübertragung anzusehen (vgl. Bös &Mechling, 1983).

Insgesamt wurden damit auf der dritten Einteilungsebene zehn motorische Beschreibungska-tegorien ausgewiesen.

Auf der Messebene werden diese zehn Beschreibungskategorien noch um die Konstitutionergänzt. Bös und Mechling (1983) rechnen die konstitutionellen Merkmale (Größe, Gewicht,Body Composition) ebenfalls den passiven Systemen der Energieübertragung zu.

2.3 Testkonstruktion

Exkurs: Einzeltest oder Testbatterie

Die Beantwortung diagnostischer Fragen kann unterschiedlich komplex angegangen werden.

Die einfachste Form der Testung ist der Einsatz einzelner Testaufgaben. Diese decken je-doch immer nur einen ganz spezifischen Aspekt der motorischen Leistungsfähigkeit ab. Sokann beispielsweise die Koordination bei Präzisionsaufgaben mit der Aufgabe „Balancierenrückwärts“ oder die Kraftausdauer mit „Liegestütz“ oder „Sit-ups“ überprüft werden.

Die komplexere Form der Testung ist die Anwendung von Testbatterien. Hier werden mehre-re Testaufgaben zum Messen verschiedener Teilbereiche der motorischen Leistungsfähig-keit durchgeführt.

Testbatterien können unterschieden werden in homogene (eindimensionale) Testbatterienund heterogene (mehrdimensionale) Testbatterien, die man auch als Testprofile bezeichnenkann.

2.3.1 Konstruktionsprinzipien für Testaufgaben in motorischen Tests

Testaufgaben sollten drei Konstruktionsprinzipien aufweisen:

• Testaufgaben sollten nur das zu diagnostizierende Merkmal erfassen. Alle weiteren in-terindividuell differenzierenden Merkmale der Testleistung sollten durch die Art der Auf-gabenstellung möglichst eliminiert werden

• Testaufgaben sollten möglichst wenig Übungseffekte aufweisen

• Testaufgaben sollten von koordinativen Vorerfahrungen weitgehend unabhängig sein

Diese Forderungen lassen sich nur bei der Verwendung von einfachstrukturierten Aufgabenzur Messung von relativ isolierten Fähigkeitsbereichen realisieren.

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Motorischer Test für Kinder und Jugendliche 13

Die Messung der Maximalkraft bei statischen dynamometrischen Messungen in einemKraftmessstuhl oder die Messung der aeroben Ausdauer mittels Fahrradergometrie sind sol-che Beispiele für homogene Tests, die isolierte motorische Fähigkeiten messen.

„Sportnahe“ Testaufgaben wie Hindernisläufe, Sprünge und Würfe sind dagegen komplex-strukturiert. Dies zeigt sich bei Faktorenanalysen in denen solche Testaufgaben in der RegelLadungen auf mehreren Faktoren aufweisen.

Mit zunehmender Merkmalskomplexität kommt der Aussage von Schnabel (1963, S. 1071),dass es strenggenommen keinen motorischen Test geben wird, der alleiniger Ausdruck nureines Merkmals, einer Eigenschaft oder Fähigkeit ist, eine immer stärkere Bedeutung zu.

Die Konstruktionsprinzipien für motorische Testaufgaben ’Isolierung von Merkmalsberei-chen’, ’Unabhängigkeit von koordinativen Vorerfahrungen’ und ’geringe Übungsabhängigkeit’scheinen daher allenfalls für die Quantifizierung von allgemeinen konditionellen Fähigkeitenmöglich.

Für die Erfassung der allgemeinen koordinativen Fähigkeiten und die Diagnose von speziel-len (sportartspezifischen) Merkmalsbereichen lassen sich die oben genannten Konstrukti-onsprinzipien kaum verwirklichen.

Dementsprechend treten bei Koordinationstests und/oder sportartspezifischen Tests mehr Va-liditätsprobleme auf. Die Testaufgaben sind oft von spezifischen Vorerfahrungen abhängig undunterliegen in hohem Maße Messwertfluktuationen durch Situationsfaktoren und Übungs-einflüssen.

Um auf der Grundlage von sportmotorischen Testresultaten zu diagnostisch verwertbarenResultaten zu kommen, gilt es, diese Besonderheiten bei der Testkonstruktion zu berück-sichtigen. Dies ist auch Gegenstand bei der Testvalidierung mittels Multitrait-Multimethod-Analyse. Dabei sollten heteromethod-monotrait-Korrelationskoeffizienten (Validitätskoeffi-zienten) größer sein als monomethod-heterotrait-Korrelationen.

Bei der Korrelation von Testaufgaben zeigt sich jedoch, dass es häufig so etwas wie „Ballfak-toren“ oder „Lauffaktoren“ gibt, die man auch als Methodenfaktoren bezeichnen könnte.Noch gravierender ist die Tatsache, dass bestimmte Aufgabentypen für bestimmte Perso-nentypen „leichter“ sind. So sind typischerweise für Jungen oft Übungen mit Bällen „leichter“als für Mädchen, die ihrerseits bei Rhythmusaufgaben Vorteile haben. Dies verletzt das Kri-terium der spezifischen Objektivität, die in der von Rasch (1960) begründeten probabilisti-schen Testtheorie als ein zentrales Gütemerkmal angesehen wird.

Exkurs zur Komplexität und Generalität von Testaufgaben

Unter Komplexität oder umgekehrt Einfachheit einer Testaufgabe wird hier verstanden obsich die Lösung einer Testaufgabe auf klar definierbare und abgrenzbare Leistungsfaktorenzurückführen lässt.

So ist beispielsweise die Bewältigung der Testaufgabe „Cooper-Test“ (12-Minuten-Dauer-lauf) einfachstrukturiert (laufen ist eine Grundfertigkeit) und die Qualität der Aufgabenbewäl-tigung ist primär von der Ausprägung der aeroben Ausdauer abhängig.

Hindernisläufe dagegen sind komplexe Anforderungen auf der Realisierungsebene von Fer-tigkeiten (z.B. Kombinationen von Laufen, Springen, Dribbeln, Kriechen). Die TestaufgabeHindernislauf lässt sich damit auch nicht einem einzelnen isolierbaren Leistungsfaktor (einerFähigkeit) zuordnen. Wir sprechen in diesem Fall von einer Testaufgabe hoher Komplexität,die auch mit vielen anderen Testaufgaben korreliert.

Generalisierbarkeit bedeutet, ob zu erwarten ist, dass die gemessene Fähigkeit einen be-deutsamen Erklärungswert für eine große Klasse von Bewegungshandlungen hat. So sind

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14 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche

etwa die ’Maximalkraft’ und mehr noch die ’aerobe Ausdauer’ stark generalisierbare Fähig-keiten, d.h. ihnen wird – neben einer hohen Situationskonstanz und zeitlichen Stabilität –unterstellt, dass sie für ganze Klassen von Fertigkeiten leistungsrelevant sind. Eine Personmit guter Maximalkraft wird eine Kugel weiter stoßen können, aber auch mehr Klimmzügeoder Liegestützen absolvieren können. Bei der Beurteilung der Generalisierbarkeit einesTests spielt allerdings neben der gemessenen Fähigkeit auch immer die Aufgabenstruktureine Rolle. So besitzen isolierte Teilkörperbewegungen (z.B. Messung der Handkraft) einegeringere Generalisierbarkeit als Tests, die große Muskelgruppen erfassen (z.B. Läufe,Sprünge).

2.3.2 Taxonomie von Testaufgaben

Bei der Konstruktion von Testbatterien gilt es auf der Aufgabenebene, neben einer Struktu-rierung der Merkmalsbereiche (Fähigkeitsbereiche) auch situations- und aufgabenspezifi-sche Besonderheiten zu berücksichtigen. Ziel der Testkonstruktion sollte es sein, den ange-strebten Messinhalt möglichst vollständig zu erfassen. Aus ökonomischen Gründen solltegleichwohl die Anzahl der Testaufgaben möglichst gering sein. Dieses Ökonomieprinzip isttypisch für sportmotorische Tests, da eine Testung auch immer anstrengend ist und Zeit be-ansprucht. Bei Fragebogentests (z.B. Intelligenztests) verwendet man für den gleichen Test-inhalt zumeist mehrere Testaufgaben, um die Reliabilität der Testung zu verbessern.

Abb. 2.2. Taxonomie sportmotorischer Testaufgaben (Bös, 1987, S. 103).

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Motorischer Test für Kinder und Jugendliche 15

In seiner Taxonomie von Testaufgaben unterscheidet Bös (1987, S. 103) die drei Eintei-lungsdimensionen Fähigkeitsstruktur, Struktur der Handlungsumgebung und Aufgabenstruk-tur. Für die Differenzierung der motorischen Fähigkeiten wird die im Abschnitt 2.2.1 vorge-stellte Systematisierung in 10 motorische Fähigkeiten übernommen. Bei der Differenzierungder Aufgabenstruktur orientieren wir uns an den frühen Arbeiten von Gentile et al. (1975,2000) und Higgings (1977) und unterscheiden zunächst Lokomotionsbewegungen (Sprünge,Läufe und Gehen), Teilkörperbewegungen mit Ortsveränderung (differenziert nach obere Ex-tremitäten, Rumpf, untere Extremitäten) und Tätigkeiten ohne Ortsveränderung (Haltungen,isometrische Muskelkontraktion). Damit lassen sich 9 Aufgabenkategorien unterscheiden.

Eine weitere Unterscheidungsmöglichkeit stellt die Struktur der Handlungsumgebung dar(vgl. Gentile, 1975, 2000; Göhner, 1979). Es lassen sich zunächst in Anlehnung an Poulton(1957) offene und geschlossene Situationen unterscheiden. Ebenfalls wichtig für die Be-schreibung der Umgebungsbedingungen von Testaufgaben ist die Bewegungsausführungmit und ohne Gerät, die in einer Reihe von Systematisierungen ebenfalls genannt wird (vgl.Donskoj, 1975; Meinel, 1971). Geräte können z.B. Bestandteile des Geräteaufbaues sein(z.B. Langbank beim Balancieren) oder aktiv manipuliert werden (z.B. Bälle beim Wurf oderStoß). Die Kombination von offen/geschlossen mit der Unterteilung ohne Gerät/mit Gerät/mitGerätemanipulation ergibt sechs Charakterisierungen für die Handlungsumgebung.

Auf dieser theoretischen Basis kommt man zu einer Aufgabendifferenzierung in 10 x 9 x 6 =540 Aufgabentypen. Diese ist zum einen für praktische Zwecke untauglich und zum anderenentspricht sie nicht der empirischen Realität.

Im Handbuch sportmotorischer Tests findet Bös 700 verschiedene Testaufgaben (1987, S.446). Die Zuordnung dieser Aufgaben zu der oben vorgestellten Taxonomie lässt in zweiReduktionsschritten die Zusammenfassung zu 86 verschiedenen Aufgabentypen und schließ-lich zu folgenden 12 Grundtypen von Testaufgaben zu (S. 452): Dauerläufe, Klimmzüge, Sit-ups, Liegestütz, Sprünge, Würfe/Stöße, Sprint, komplexe Läufe, Auge-Hand-Koordination,Balancieren rückwärts, Einbeinstand und Rumpfbeugen.

Die bloße Benennung von Grundtypen schafft noch keine Klarheit für die Zusammenstellungeiner Testbatterie, wie das nachfolgende Beispiel zu Sit-ups zeigt.

Allein zum Aufgabengrundtyp „Sit-ups“ findet man in der Literatur 60 Ausführungsvarianten,die sich nach Zeitdauer (15 sec, 30 sec, 40 sec, 2 Minuten, maximal), Fixieren der Beine(ohne, Helfer oder Hilfsmittel), mit/ohne Erschwerung (z.B. Ball im Nacken), Armhaltungen(seitlich, vor dem Körper verschränkt). beschreiben lassen (vgl. Safrit, 1992).

Um eine möglichst aussagekräftige und gleichzeitig ökonomische Testbatterie zusammenzu-stellen, ist damit sowohl eine theoriegeleitete Klassifikation von Testaufgaben, wie auch einepräzise Beschreibung der Durchführungsbedingungen erforderlich. Hier wird deshalb einezweidimensionale Klassifikation von Testaufgaben in Fähigkeitsstruktur und Aufgabenstruk-tur vorgeschlagen. Dabei werden bei der dreidimensionalen Taxonomie mit 540 Aufgabenty-pen folgende Einschränkungen vorgenommen:

Von den zehn Fähigkeitskategorien können drei unberücksichtigt bleiben:

• anaerobe Ausdauer (für Kinder und Jugendliche bis zum Ende der ersten puberalenPhase wegen fehlender Laktatbildung nicht relevant)

• Reaktionsschnelligkeit (nur apparativ objektiv und reliabel messbar und für die motori-sche Leistungsfähigkeit nur bedingt relevant)

• (isometrische) Maximalkraft (nur apparativ objektiv und reliabel messbar und deshalb fürUntersuchungen in Schulen und Vereinen nicht praktikabel)

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16 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche

Von den neun Aufgabenkategorien können fünf unberücksichtigt bleiben:

• Tätigkeiten ohne Ortsveränderung (Haltung und isometrische Kontraktion) (wegen feh-lender Praktikabilität bei der Testdurchführung)

• komplexe Läufe und Sonstiges (wegen komplexer Aufgabenstruktur und damit nicht ein-deutiger Zuordnung zu einer Fähigkeit)

• Teilkörper untere Extremitäten (sind durch Läufe, Sprünge und Balancieren ausreichendberücksichtigt)

Die Struktur der Handlungsumgebung kann ganz entfallen. Damit verbleiben für die Aufga-benkonstruktion und Zusammenstellung einer Testbatterie 7 Fähigkeitskategorien und 4 Auf-gabenkategorien, die in der nachfolgenden Abbildung dargestellt sind.

Sowohl auf der inhaltlichen Ebene der Fähigkeiten als auch auf der messmethodischen Ebe-ne der Tests werden sportartspezifische Aspekte innerhalb dieser Arbeit ausgeklammert.

Tab. 2.2. Taxonomie von Testaufgaben nach Fähigkeiten und Aufgabenstruktur.

Motorische Fähigkeiten

PassiveSystemeder Energie-übertragung

Ausdauer Kraft Schnelligkeit Koordination Beweglichkeit

Aufgabenstruktur

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bewegungenRumpf

2.4 Testübersicht

In beiden Auflagen des Handbuches „Motorische Tests“ (Bös, 1987; Bös et. al., 2001) findetman eine Vielzahl von Testaufgaben sowie die Kombination dieser Aufgaben zu Testbatte-rien. Weitere Testsammlungen findet man für den deutschsprachigen Raum bei Haag undDassel (1975), Fetz und Kornexl (1978), Rapp und Schoder (1977), Grosser und Starischka(1981) oder Neumaier (1983).

Die internationale Entwicklung findet man in der Übersicht bei Bös (1987) und später beiTelama et. al. (2002) sowie Bös (2003).

Beeinflussend für die deutschen Testentwicklungen waren die Arbeiten des CDDS (Commit-tee for the Development of Sport, (1978), die ihren Niederschlag in den Eurofit Tests gefun-den haben, die es sowohl für Kinder (van Mechelen et al., 1991) als auch für Erwachsene(Oja & Tuxworth, 1995) gibt.

1 Die Aktionsschnelligkeit ist in unserem Verständnis keine eigenständige motorische Fähigkeit, dasie weitestgehend aus Kraft und Koordination erklärbar ist. Da der Begriff jedoch in der Sportpra-xis sehr gebräuchlich ist, wird er hier aufrechterhalten. Die gestrichelten Abgrenzungen zur Kraftauf der einen bzw. Koordination auf der anderen Seite soll die Überschneidung der Aktions-schnelligkeit mit den anderen Fähigkeiten verdeutlichen.

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Motorischer Test für Kinder und Jugendliche 17

Die genaue Zahl publizierter Testbatterien im nationalen und internationalen Raum lässt sichnicht bestimmen. Alleine Bös et. al. (2001) beschreiben mehr als 100 motorische Testbatterien.

Eine qualitative Beurteilung von Tests ist mit Hilfe eines Kriterienkatalogs möglich, wie er aufder Grundlage der Arbeiten des Testkuratoriums Psychologie von Bös (1987) entwickelt undspäter publiziert wurde (Bös et al., 2001; Test AG der dvs, 2007).

Der Kriterienkatalog findet sich im Anhang dieses Berichts.

Aus heutiger Sicht können für die Zielgruppe der Kinder und Jugendliche acht Testbatterienmit einem großen Bekanntheits- und Verbreitungsgrad identifiziert werden:

• BfEL-Projektevaluation (Bös et al., 2007)

• Düsseldorfer Test (www.check-duesseldorf.de)

• Eurofit (van Mechelen, 1991)

• KATS-K (Bös et al., 2001)

• Kinderturn-Test (Bös et al., 2006)

• MoMo (Bös et al., 2002)

• Sport Science Studies (Telama, Naul u.a., 2002)

• WIAD (Rusch & Irrgang, 1994)

Die vier in der Karlsruher Arbeitsgruppe entwickelten Tests (MoMo, KATS-K, Kinderturntest,BfEL) sowie der Düsseldorfer Test (www.check-duesseldorf.de) wurden nach den oben vor-gestellten Konstruktionsprinzipien entwickelt. Alle fünf Tests sind umfassend hinsichtlich derGütekriterien überprüft. Der Hauptunterschied zwischen den Tests liegt in den unterschiedli-chen Testzielen und Rahmenbedingungen.

Eurofit (van Mechelen, 1991) basiert auf der internationalen Kommissionsarbeit im CDDS,der in der Sport Science Studies veröffentlichte Testvorschlag von Telama und Naul (2002)orientiert sich ebenfalls an den Vorarbeiten einer internationalen Projektgruppe und der WI-AD-Test (WIAD, 2000) gründet auf dem Münchener Fitness Test von Rusch und Irrgang(1994).

In der Tabelle 2.3 sind diese acht Testbatterien dargestellt.

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18 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche

Tab. 2.3. Beschreibung und Beurteilung von acht publizierten Testbatterien.B

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Motorischer Test für Kinder und Jugendliche 19

Kurzbeschreibung der Testbatterien

BfEL-Test (Bös et al., 2007)Der BfEL-Test ist eine Kurzform von MoMo, die im Rahmen der Evaluation der 24 ausge-wählten Modellprojekte von ‚Besser Essen. Mehr Bewegen’ durch die BfEL eingesetzt wird.Die Evaluation ist im Jahre 2007 gestartet.

Düsseldorfer Test (www.check-duesseldorf.de; Stemper, 2003)N=4.700; m,w; 6-10 Jahre; DüsseldorfDer Düsseldorfer Test entspricht im Wesentlichen dem KATS-K. Der Test wird flächende-ckend in Düsseldorfer Grundschulen eingesetzt.

Eurofit (Van Mechelen, 1991)N=mehrere zig Tausend; m,w; 12-16 Jahren; repräs. für NL; flächendeckend in EUDer Eurofit ist Ergebnis internationaler Kommissionsarbeit. In Deutschland hat sich der Testwegen seiner fehlenden Akzeptanz und Praktikabilität (hoher Testaufwand) nie durchgesetzt.Der Gültigkeitsbereich erstreckt sich von 12-16 Jahren.

KATS-K (Bös et al., 2001)N=1.600; m,w; 6-10 Jahre; in 6 BundesländernDas Karlsruher Testsystem wurde im Rahmen einer von den Unfallkassen finanzierten Un-tersuchung in Grundschulen aus 6 Bundesländern durchgeführt. Das KATS-K besteht imWesentlichen aus dem AST und dem HAKI-Test (vgl. Bös 2001). Der Gültigkeitsbereich er-streckt sich auf das Alter 6-10 Jahre.

Kinderturn-Test (Bös et al., 2006)N>100.000; m,w; 3-10 Jahre; flächendeckend in DeutschlandDer Kinderturntest wird im Rahmen der DTB-Kinderturnkampagne eingesetzt. Der Test istein Kooperationsprodukt von Universität Karlsruhe, Barmer, DTB und Landesstiftung Baden-Württemberg. Bei der Testentwicklung und -evaluation (Datenbasis N=1.406) wurde denErfordernissen der Praxis (wenig Geräte, leichte Durchführbarkeit) Rechnung getragen. DerGültigkeitsbereich erstreckt sich von 3-10 Jahren.

MoMo (Bös et al., 2002)N=4.529; m,w; 4-17 Jahre; repräsentativ für DeutschlandMoMo wurde im Rahmen des Kinder- und Jugendsurveys des RKI (KiGGs) entwickelt. Mo-Mo deckt das gesamte motorische Fähigkeitsspektrum ab. Wegen der speziellen Testsituati-on (Einzeltest im kleinen Testraum) kamen keine ’sportnahen Tests’ (z.B. 20m-Lauf, 6-min-Lauf) zum Einsatz. Bei einer MoMo-Testung in Luxemburg (Bös et al., 2006) wurde für dieAltersgruppen 9,14,17 Jahre der 6-min-Lauf durchgeführt.

Sport Science Studies (Telama, Naul u.a., 2002)N=5.000; m,w; 12-15 J.; 6 Länder (anfallende Stichprobe)Der Test besteht aus 5 Aufgaben, die z.T. relativ ungebräuchlich sind (Shuttle Run, Crun-ches, 5er Sprung). Der Gültigkeitsbereich erstreckt sich von 12-15 Jahren.

WIAD (Rusch & Irrgang, 1994 [Original]; WIAD, 2000)N=740.000 (WIAD); N=269 (Rusch & Irrgang);6-18; m,w; flächendeckende Lehrertestung in DeutschlandDer WIAD-Test stammt im Original von Rusch (1991) und wurde zur Sportförderdiagnostikentwickelt. Der Test wurde nicht auf Gütekriterien überprüft. Der Test deckt die vorgeschla-gene Aufgabentaxonomie nicht umfassend ab. Das WIAD hat den Test um den 6-min-Laufergänzt und lässt den Test durch Lehrerinnen und Lehrer in umfassender Weise durchfüh-ren. (z.B. Fitnesslandkarte Niedersachsen) Der Gültigkeitsbereich erstreckt sich von 6-18Jahren.

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20 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche

3 Testvorschlag zur Erfassung motorischer Fähigkeiten

3.1 Testziele, Gültigkeitsbereich und Testdurchführung

Testziele

Die Testbatterie soll es gestatten, bundesweit das Niveau motorischer Fähigkeiten von Kin-dern und Jugendlichen kontinuierlich erheben, um zukünftige politische Entscheidungen aufder Grundlage verlässlicher Daten treffen zu können.

Fragen zur Messung des aktuellen Leistungszustandes sowie zur Messung von Leistungs-veränderungen – auf der Basis motorischer Fähigkeiten - werden beantwortet.

Sportliche Fertigkeiten werden mit dem Test nicht erfasst.

Gültigkeitsbereich

Der Test soll in Schulen und Vereinen für Kinder und Jugendliche des Altersbereiches von 6-18 Jahren durchführbar sein.

Testdurchführung

Der Test ist so konzipiert, dass er nach einer Testleiterschulung von Lehrerinnen und Leh-rern sowie Übungsleiterinnen und Übungsleitern im Routinebetrieb von Unterricht und Trai-ning mit der Unterstützung durch Hilfspersonal durchgeführt werden kann.

Die Testleiterschulung kann auch mittels Testmanual und CD erfolgen.

Es ist möglich, in einer Testeinheit von 90 Minuten bis zu 28 Personen von Testpersonal zutesten, das aus einer geschulten Person und fünf eingewiesenen Testhelferinnen und Test-helfern besteht. Die Testhelferinnen und Testhelfer können Jugendliche sein.

Die einzelnen Testaufgaben werden im Stationsbetrieb durchlaufen. Es wird empfohlen, denSprint am Anfang und den Ausdauerlauf am Ende durchzuführen.

Für wissenschaftliche Untersuchungen gelten strengere Standardisierungsregeln für Test-personal und Aufgabenreihenfolge. Jeder Proband absolviert den Test in der gleichen Rei-henfolge und es wird ausschließlich geschultes Personal eingesetzt. Damit erhöht sich auchder Zeitaufwand. 20 Probanden können von sechs geschulten Testleiterinnen und Testleiternin 90 Minuten getestet werden.

Die Durchführung der einzelnen Testaufgaben ist einfach und erfordert einen geringen Gerä-tebedarf (vgl. Kapitel 4).

Die Testauswertung ist mit Hilfe von einfachen Auswertungstabellen möglich.

Für eine zeitsparende und optisch ansprechende Auswertung ist geplant, eine Auswertungs-CD zu erstellen sowie Auswertungssoftware internetbasiert zur Verfügung zu stellen.

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Motorischer Test für Kinder und Jugendliche 21

3.2 Testkonstruktion des motorischen Tests

3.2.1 Vorarbeiten

Grundlage der Testbatterie sind publizierte Moriktests, die von der dvs-Expertengruppe ge-sichtet und diskutiert wurden (vgl. Kapitel 2.4). Ebenfalls erfolgte eine Anhörung von Testex-perten. Eine wichtige Grundlage für die Testentwicklung bildete die repräsentative Untersu-chung zu Motorik und körperlich-sportlicher Aktivität (MoMo), die im Rahmen des nationalenKinder- und Jugend Gesundheitssurveys (www.KIGGS.de) durchgeführt wurde.

Exkurs zu MoMo (www.motorik-modul.de)

Im Jahr 2002 wurde am Institut für Sport und Sportwissenschaft der Universität Karlsruhevon der Forschergruppe des Motorik-Moduls für das bundesweite Motoriksurvey (MoMo)eine Testbatterie für Kinder und Jugendliche von 4-17 Jahren entwickelt.

Für die Konstruktion von MoMo wurde eine Vielzahl von Testaufgaben gesichtet. Diese wur-den 20 Testexperten mit der Bitte vorgelegt, die Testaufgaben hinsichtlich deren Aussage-kraft und Akzeptanz zu beurteilen. Von 13 Experten lagen daraufhin Testbeurteilungen vor.Basierend auf diesen Beurteilungen wurden elf Testaufgaben zusammengestellt, die empi-risch hinsichtlich Objektivität, Reliabilität, Validität, Akzeptanz und Durchführbarkeit überprüftwurden.

MoMo wurde in Einzeltestung in kleinen Testräumen durchgeführt. Daher musste bei MoMoauf sportnahe Testaufgaben (z.B. Läufe) verzichtet werden. Stattdessen wurden bei MoModie Reaktionsschnelligkeit und die Feinmotorik mit berücksichtigt.

Daraus resultierte eine Testbatterie mit elf Testaufgaben, Auf der Basis der repräsentativenMoMo-Stichprobe wurden alters- und geschlechtsspezifische Normwerte erstellt. Die elf Test-aufgaben erfassen die motorischen Fähigkeitsbereiche aerobe Ausdauer, Kraftausdauer,Schnellkraft, Reaktionsschnelligkeit, Koordination bei Präzisionsaufgaben und Beweglichkeit.

Diese Testbatterie wurde 2003-2006 repräsentativ für Deutschland mit 4.529 Kindern undJugendlichen durchgeführt. „MoMo“ erhebt den Anspruch, das komplexe Spektrum der moto-rischen Fähigkeiten weitgehend abzudecken (Bös et al., 2004).

3.2.2 Rahmenbedingungen der hier vorgeschlagenen Testbatterie

Der hier vorgeschlagenen Testbatterie folgende Rahmenbedingungen:

• Testdurchführung in Sporthallen• Weitestgehender Verzicht auf apparative Messvorrichtungen• Testaufgaben die leicht erklärt und einfach durchgeführt werden können• Testaufgaben, die bei Testern und Testpersonen auf hohe Akzeptanz stoßen• Testaufgaben, die alle Gütekriterien erfüllen

Daraus resultierte der Verzicht auf apparative Tests der MoMo-Testbatterie zur Erfassungvon Reaktionsschnelligkeit (PC-Test), Schnellkraft (Messplatte) und Feinmotorik (MLS-Test-geräte). Stattdessen kamen wegen der Durchführung in einer Sporthalle „sportnahe“ Tests(Sprint, Dauerläufe) für die Erhebung der Aktionsschnelligkeit und der aeroben Ausdauerzum Einsatz.

Insgesamt wurden auf der Basis theoretischer Vorarbeiten und der Experteneinschätzungenim Rahmen des MoMo sowie der Diskussion innerhalb des dvs-ad-hoc-Ausschusses nach-stehende acht Testaufgaben ausgewählt.

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22 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche

Aufgabenauswahl

Tab. 3.1. Testaufgaben.

Motorische Fähigkeiten

PassiveSystemeder Energie-übertragung

Ausdauer Kraft Schnelligkeit Koordination Beweglichkeit

Aufgabenstruktur

AA KA SK AS KZ KP Bgehen,laufen 6-Min 20m Bal rwLokomotions-

bewegungenSprünge SW SHH

ObereExtremitäten LSTeilkörper-

bewegungenRumpf SU RB

Konstitution

Ergänzend werden die konstitutionellen Merkmal Größe, Gewicht und daraus berechnet derBody Mass Index (BMI) erfasst.

Kürzel der Testitems

6-Min 6-Minuten AusdauerlaufSW StandweitsprungLS Liegestütz in 40 secSU Sit-ups in 40 sec20m 20 Meter SprintBal rw Balancieren rückwärts auf einem BalkenSHH Seitliches Hin- und HerspringenRB Rumpfbeugen

3.2.3 Beurteilung der Testbatterie vor dem Hintergrund der Aufgabentaxonomie

Die Aufgabentaxonomie weist 7 x 4 = 28 Beschreibungskategorien auf, die mit 8 Testaufga-ben gefüllt ist.

Die vertikale Betrachtung nach Fähigkeiten zeigt, dass bis auf Kraftausdauer (Liegestütz, Sit-ups) alle Bereiche einfach besetzt sind. Die zentralen motorischen Fähigkeiten (Ausdauer,Kraft, Schnelligkeit, Koordination und Beweglichkeit) sind in der Testbatterie repräsentiert.

Die horizontale Betrachtung nach Aufgabenstruktur zeigt fünf Lokomotionsbewegungen (2 xLäufe, 2 x Sprünge, 1 x balancieren rückwärts) und drei Teilkörperbewegungen (2 x Rumpf,1 x obere Extremitäten).

Beim Betrachten der muskulären Beanspruchung ist die Beinmuskulatur am stärksten reprä-sentiert. Auch die Rumpfmuskulatur sowie die Muskulatur der oberen Extremitäten wurdenbei den Tests berücksichtigt.

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Motorischer Test für Kinder und Jugendliche 23

3.3 Alternative Testaufgaben

Im Ausschuss wurden auch andere Testaufgaben in Betrachtet gezogen. Folgende alternativeTestaufgaben wurden diskutiert und verworfen:

Tab. 3.2. Diskutierte Testaufgaben.

Fähigkeit/Test Quelle Ausschlussgründe

AAErgometer MoMo In Schule und Verein nicht praktikabel

Shuttle Run (Ausdauer) Eurofit, ScienceStudies

Wenig Testerfahrungen (Vergleichsstudie geplant)

Stufentest WIAD Nicht valide

KAMatthias Test KATS-K Eingeschränkter Altersbereich

Halten im Hang WIAD, Eurofit sehr motivationsabhängig

Crunches Science Studies Wenig gebräuchlich, Alter eingeschränkt

MKHandkraft KATS-K, Eurofit In Schule und Verein nicht praktikabel

SKMessplatte MoMo In Schule und Verein nicht praktikabel

MedBall KATS-K, Dü-Test Alter eingeschränkt

Standhoch WIAD Weniger valide als Standweit

5er Sprung Science Studies Wenig gebräuchlich

Shuttle Run (Sprint) Eurofit Wenig gebräuchlich, komplex

RSReaktionstest MoMo Elektronisch in Schule und Verein nicht praktikabel,

manuell ungenau

KZHindernislauf KATS-K, Dü-Test Alter eingeschränkt

Ballprellen WIAD Eingeschränkter Altersbereich

Tapping Eurofit Nicht möglich über gesamte Altersspanne

MLS MoMo In Schule und Verein nicht praktikabel

KP

Zielwerfen KATS-K, Dü-Test,WIAD

Eingeschränkter Altersbereich(wird für Testweiterentwicklung erprobt)

Sit and reach Eurofit, ScienceStudies

Höherer apparativer Aufwand als Rumpfbeuge

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24 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche

4 Beschreibung der Testaufgaben

4.1 Testmaterialien

Standardmaterialien

Die Standardmaterialien gehören zur Grundausstattung einer Turnhalle:

• Stoppuhren• 6 Markierungshütchen• Maßband• 2 Gymnastikmatten

Spezielle Testmaterialien

Die speziellen Testmaterialien kann man entweder bauen (Bauanleitung im Testmanual)oder in einem Test-Set beziehen.

• Balancierbalken in 6, 4,5 cm und 3 cm Breite, 5 cm Höhe und 300 cm Länge. Startbrettin 40 cm Länge, 40 = 40 cm Breite und 5 cm Höhe

• Waage• Ein Holzkasten oder eine Langbank mit angefertigter Zentimeterskala• Rutschfeste Teppichmatte (50 x 100 cm) mit Mittellinie• Kreppband• Doppelseitiges Klebeband

4.2 Testdurchführung

Die ausführlichen Hinweise zur Testdurchführung befinden sich im Testmanual ebenso wiekonkrete Vorschläge zur Testvorbereitung (standardisiertes Aufwärmprogramm).

Bei der Testdurchführung werden 2 Varianten unterschieden. Zum einem eine wissenschaft-liche Testung, bei der die erhobenen Daten für Forschungsarbeiten verwendet werden undzum anderen der Routineeinsatz des Tests in Schule und Verein. Dabei werden die hohenTeststandards reduziert, um die Ökonomie der Testdurchführung zu erhöhen.

Routinetestung in Schule und Verein

Bei einer Routinetestung in Schule und Verein steht die Ökonomie der Testdurchführung imVordergrund. In kurzer Zeit soll eine möglichst hohe Anzahl von Probanden getestet werdenkönnen.

Die Testdurchführung erfolgt im Stationsbetrieb. Es wird empfohlen, den Sprint am Anfangund den 6-Minuten-Lauf am Ende durchzuführen. Die Pause zwischen den Testaufgabensollte eine vollständige Erholung gewährleisten.

Das Testpersonal sollte aus einer geschulten Person bestehen, die dann weitere Testhelfe-rinnen und Testhelfer einweist. Die Testaufgaben werden von den Testhelferinnen und Test-helfern betreut. Der 6-min-Lauf wird am Ende mit bis zu 14 Testpersonen gleichzeitig durch-geführt. Bei den Testaufgaben „20m-Sprint“ und „Seitliches Hin und Herspringen“ kann derzweite Wertungsversuch weggelassen werden. Der „20m-Sprint“ kann mit bis zu 3 Testper-sonen gleichzeitig durchgeführt werden.

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Motorischer Test für Kinder und Jugendliche 25

Folgende Rahmenbedingungen bei der Testdurchführung sollten gegeben sein:

• Jede Testperson erhält eine standardisierte Testinstruktion.• Jede Testaufgabe wird nach ausreichender Pause im erholten Zustand durchgeführt.• Die Testperson muss die jeweilige Testaufgabe verstanden haben, bevor die Testaufga-

be absolviert wird.• Mindestens eine geschulte Person überwacht und koordiniert die Testdurchführung.

Bei der Routinetestung können bis zu 28 Probanden in 90 Minuten getestet werden.

Wissenschaftliche Testung

Für eine wissenschaftliche Testung gelten folgende Rahmenbedingungen:

• Die Testaufgaben müssen in folgender Reihenfolge durchgeführt werden. Am Beginn (1)wird der 20m-Lauf durchgeführt. Die Aufgaben im Block 2 können im Stationsbetrieb inbeliebiger Reihenfolge absolviert werden. Am Ende (3) wird der 6-Minuten-Lauf durch-geführt.

1. 20m-Sprint2. Balancieren rückwärts

Seitliches Hin und HerspringenRumpfbeugeLiegestützSit-upsStandweitsprung

3. Sechs-Minuten-Lauf

• Jede Testperson erhält eine standardisierte Testinstruktion. Der Testaufbau ist standar-disiert. Die Testperson muss die die jeweilige Testaufgabe verstanden haben, bevor dieTestaufgabe absolviert wird. Während der Testdurchführung muss eine ruhige Atmo-sphäre herrschen.

• Jede Testaufgabe wird nach ausreichender Pause im erholten Zustand durchgeführt.

• Die Anzahl der jeweiligen Probeversuche ist fest vorgegeben. Bis auf die Testaufgaben„Liegestütz“, „Sit-ups“ und „Sechs-Minuten-Lauf“ werden bei jeder Testaufgabe zweiWertungsversuche durchgeführt.

• Das komplette Testpersonal muss eine standardisierte Schulung absolvieren.

Bei einer wissenschaftlichen Verwendung können in 90 Minuten 20 Probanden von sechsgeschulten Testleiterinnen und Testleitern getestet werden.

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4.3 Testitems

20m-Sprint

Abb. 4.1. 20m-Sprint.

TestzielDie Aufgabe dient der Überprüfung der Aktionsschnelligkeit.

TestaufgabeDie Testperson muss eine Strecke von 20m in möglichst kurzer Zeit zurücklegen. Zu Beginnder Testaufgabe steht die Testperson mit beiden Beinen aufrecht hinter der Startlinie. Einexterner Starter gibt das akustische Startsignal. Auf Höhe der Ziellinie wird die Zeit manuellgestoppt. Die Aufgabe wird zweimal durchgeführt.

MesswertaufnahmeGemessen wird die Laufzeit in Sekunden auf 1/10 Sekunden genau.

DatenverarbeitungTestwert ist der Bestwert.

TestaufbauAls Startlinie dient die Grundlinie des Handballfeldes und Ziellinie ist die Mittellinie. Falls inder Sporthalle kein Handballfeld markiert sein sollte, werden zwei Linien mit Klebeband imAbstand von 20 Metern angebracht.

TestmaterialienStoppuhr, Handballfeld, evtl. Klebeband, Markierungshütchen.

Besondere HinweiseDie Genauigkeit der Handstoppung wurde in einer Studie erfolgreich überprüft. Eine gezielteSchulung verbessert die Genauigkeit der Handstoppung. (vgl. Kapitel 5.1)Die Übung soll mit Sportschuhen durchgeführt werden.

ReferenzDas Karlsruher Testsystem für Kinder (Kats-K) (Bös et al., 2001)Fetz & Kornexl (1978)

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Balancieren rückwärts

Abb. 4.2. Balancieren rückwärts.

TestzielDer Test dient der Überprüfung der Koordination bei Präzisionsaufgaben.

TestaufgabeIn jeweils zwei gültigen Versuchen balanciert die Testperson rückwärts über einen 6 cm, 4,5cm und 3 cm breiten Balken. Der Test beginnt stets am Startbrett. Gezählt werden die An-zahl der Schritte, bis es zum Bodenkontakt kommt. Es wird ein Probeversuch vorwärts undrückwärts durchgeführt. Anschließend werden zwei gültige Versuche pro Balken gewertet.Die Testaufgabe wird vorher demonstriert.

MesswertaufnahmeGezählt wird die Anzahl der Schritte. Das erste Fußaufsetzen wird noch nicht gewertet. Erstwenn der zweite Fuß das Startbrett verlässt und den Balken berührt, werden die Schritte(Punkte) gezählt. Gewertet wird die Anzahl der Schritte, bis ein Fuß den Boden berührt oderacht Punkte erreicht sind. Sollte die Strecke mit weniger als acht Schritten bewältigt werden,so sind acht Punkte anzurechnen.

DatenverarbeitungMesswert ist die Summe der Punkte aus allen sechs Versuchen.

TestaufbauDie 3 Balken und Startbretter werden rutschfest auf dem Boden befestigt. Bei Unebenheitenwerden die Balken unterlegt, so dass sie stabil stehen.

TestmaterialienBalancierbalken in 6, 4,5 cm und 3 cm Breite, 5 cm Höhe und 300 cm Länge. Startbrett in 40cm Länge, 40 = 40 cm Breite und 5 cm Höhe.

Besondere HinweiseDie Übung soll mit Sportschuhen durchgeführt werden.

ReferenzMoMo-Testmanual (Bös et al., 2004)KTK (Kiphard & Schilling, 1974)

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Seitliches Hin- und Herspringen

Abb. 4.3. Seitliches Hin- und Herspringen.

TestzielDie Aufgabe dient der Überprüfung der Koordination unter Zeitdruck bei Sprüngen.

TestaufgabeDie Aufgabe besteht darin, mit beiden Beinen gleichzeitig so schnell wie möglich, innerhalbvon 15 Sekunden, seitlich über die Mittellinie einer Teppichmatte hin- und herzuspringen.Vor Testbeginn absolviert die Testperson fünf Probesprünge. Die Testperson hat zwei Test-versuche. Zwischen den Testversuchen ist eine Pause von mindestens einer Minute. DieTestaufgabe wird zu Beginn vom Testpersonal demonstriert.

MesswertaufnahmeErfasst wird die Anzahl der ausgeführten Sprünge von zwei gültigen Versuchen (hin zählt als1, her als 2 usw.) von je 15 Sekunden Dauer. Nicht gezählt werden Sprünge bei denen dieTestperson auf die Mittellinie tritt oder eine der anderen Seitenlinien übertritt sowie Sprüngedie nicht beidbeinig durchgeführt werden.

DatenverarbeitungMesswert ist der Bestwert.

TestaufbauEine Teppichmatte wird rutschfest angebracht.

TestmaterialienStoppuhr, rutschfeste Teppichmatte (50 x 100 cm) mit Mittellinie, doppelseitiges Klebebandzur Befestigung der Teppichmatte.

Besondere HinweiseDie Übung soll mit Sportschuhen durchgeführt werden.

ReferenzMoMo-Testmanual (Bös et al., 2004)KTK (Kiphard & Schilling, 1974)

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Rumpfbeuge

Abb. 4.4. Rumpfbeuge.

TestzielMessung der Rumpfbeweglichkeit

TestaufgabeDie Testperson steht auf einer Langbank oder einem extra angefertigten Holzkasten. Sie beugtden Oberkörper langsam nach vorne ab und die Hände werden parallel, entlang einer Zenti-meterskala, möglichst weit nach unten geführt. Die Beine sind gestreckt. Die maximal erreich-bare Dehnposition ist zwei Sekunden lang zu halten. Der Skalenwert wird an dem tiefstenPunkt, den die Fingerspitzen berühren, abgelesen. Die Testperson hat zwei Versuche. Zwi-schen dem ersten und zweiten Versuch soll sich die Testperson kurz aufrichten.

MesswertaufnahmeDer erreichte Skalenwert (pro Versuch) wird notiert. Zu beachten ist, dass die Skala unterdem Solenniveau positiv und darüber negativ ist!

DatenverarbeitungMesswert ist der Bestwert in der Relation zum Sohlenniveau.

TestaufbauAn einem vorgefertigten Holzkasten bzw. einer Langbank ist eine Zentimeterskala senkrechtbefestigt, die auch Werte unterhalb des Nullpunktes zeigt. Der Nullpunkt ist auf der Höhe desSohlenniveaus. Unterhalb der Kante ist die Skala positiv, oberhalb ist sie negativ. Die Test-person steht ohne Schuhe auf dem Holzkasten. Die Beine sind parallel und gestreckt.

TestmaterialienEin Holzkasten oder eine Langbank, eine Zentimeterskala, Klebeband.

Besondere HinweiseDie Übung soll ohne Sportschuhe durchgeführt werden.

ReferenzMoMo-Testmanual (Bös et al., 2004)Fetz & Kornexl (1978)

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30 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche

Liegestütz

Abb. 4.5. Liegestütz.

TestzielMessung der Kraftausdauer der oberen Extremitäten.

TestaufgabeDie Testperson soll innerhalb von 40 Sekunden so viel Liegestütz wie möglich durchführen. Inder Ausgangsposition liegt die Testperson in Bauchlage und die Hände berühren sich auf demGesäß. Sie löst die Hände hinter dem Rücken, setzt sie neben den Schultern auf und drücktsich vom Boden ab, bis die Arme gestreckt sind und der Körper vom Boden gelöst ist. An-schließend wird eine Hand vom Boden gelöst und berührt die andere Hand. Während diesesVorgangs haben nur Hände und Füße Bodenkontakt. Der Rumpf und die Beine sind gestreckt.Eine Hohlkreuzhaltung ist zu vermeiden. Danach werden die Arme gebeugt bis der Körper wie-der in Bauchlage und die Ausgangsposition eingenommen ist. Bevor ein neuer Liegestützdurchgeführt wird, berührt die Testperson die Hände hinter dem Rücken. Die korrekt ausgeführ-ten Liegestütz in einem Zeitraum von 40 Sekunden werden gezählt. D.h. es wird jedes Mal ge-zählt, wenn sich die Hände wieder hinter dem Rücken berühren. Die Testaufgabe wird zu Be-ginn demonstriert. Anschließend absolviert die Testperson zwei Probeversuche.

MesswertaufnahmeDie innerhalb 40 Sekunden korrekt durchgeführten Liegestütz werden gezählt. Als notwendi-ge Kriterien hierfür gelten:

• Nur Hände und Füße berühren den Boden• Hand wird oben abgeschlagen• Auf dem Rücken wird „abgeklatscht“• Beine und Oberkörper müssen den Boden beim Hochstützen gleichzeitig verlassen

DatenverarbeitungMesswert ist die Anzahl der Liegestütz in 40 Sekunden.

TestaufbauDer Test wird auf einer dünnen Gymnastikmatte durchgeführt.

TestmaterialienMatte, Stoppuhr

Besondere HinweiseDie Übung soll mit Sportschuhen durchgeführt werden.

ReferenzMoMo-Testmanual (Bös et al., 2004)

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Sit-ups

Abb. 4.6. Sit-ups.

TestzielDie Aufgabe dient der Überprüfung der Kraftausdauer der Rumpfmuskulatur.

TestaufgabeDie Testperson muss in 40 Sekunden so viele Sit-ups wie möglich absolvieren. Während derDurchführung werden die Füße vom Testpersonal fixiert und die Beine im Kniegelenk umca. 80° gebeugt. Die Hände werden hinter dem Nacken verschränkt. Die Testperson mussbei einem Sit-up aus liegender Position den Oberkörper aufrichten und mit beiden Ellenbo-gen beide Knie berühren. Es wird ein Durchgang absolviert.

MesswertaufnahmeGezählt werden alle korrekt durchgeführten Sit-ups innerhalb 40 Sekunden.

DatenverarbeitungMesswert die Anzahl der Sit-ups in 40 Sekunden.

TestaufbauDer Test wird auf einer dünnen Gymnastikmatte durchgeführt.

TestmaterialienGymnastikmatte, Stoppuhr

Besondere HinweiseDie Übung soll mit Sportschuhen durchgeführt werden.

ReferenzDas Karlsruher Testsystem für Kinder (Kats-K) (Bös et al., 2001)

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Standweitsprung

Abb. 4.7. Standweitsprung.

TestzielDie Aufgabe dient der Überprüfung der Schnellkraft bei Sprüngen (Sprungkraft).

TestaufgabeDie Testperson muss mit einem Sprung möglichst weit springen. Der Absprung erfolgt beid-beinig und die Landung ebenfalls auf beiden Füßen. Bei der Landung darf nicht mit der Handnach hinten gegriffen werden. Die Testaufgabe wird zu Beginn demonstriert. Die Testpersonhat zwei Versuche die gewertet werden.

MesswertaufnahmeGemessen wird die Entfernung von der Absprunglinie bis zur Ferse des hinteren Fußes beider Landung. Die Messwertaufnahme erfolgt in Zentimetern.

DatenverarbeitungMesswert ist der beste Versuch aus 2 Sprüngen.

TestaufbauDer Test wird auf dem Hallenboden oder einem Sprungteppich durchgeführt. Der Sprung-teppich wird rutschfest auf dem Boden befestigt.

TestmaterialienMaßband, Kreppband

Besondere HinweiseDie Übung soll mit Sportschuhen durchgeführt werden.

ReferenzMoMo-Testmanual (Bös et al., 2004)Fetz & Kornexl (1978)

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Sechs-Minuten-Lauf (6-Min-Lauf)

TestzielMessung der aeroben Ausdauer beim Laufen.

TestaufgabeDie Testpersonen sollen das Volleyballfeld in sechs Minuten möglichst oft umlaufen. DerAusdauerlauf erfolgt in Gruppen bis ca. 10 Testpersonen. In den sechs Minuten ist Laufenund Gehen erlaubt. Während des Laufs wird in Minutenabständen die noch zu laufende Zeitangegeben. Nach Ablauf der sechs Minuten bleibt jede Testperson an Ort und Stelle stehenund setzt sich dort auf den Boden. Um den Kindern ein Gefühl für den Laufrhythmus zu ver-mitteln, gibt das Testpersonal die Laufgeschwindigkeit in den ersten zwei Runden vor. AufGrund der bisher ermittelten Durchschnittszeiten wird ein Lauftempo bei 6-8 jährigen Kindernvon ca. 24 Sekunden und bei 9-12 jährigen Kindern von ca. 20 Sekunden pro Runde emp-fohlen. Bei Jugendlichen gibt es größere geschlechtsspezifische Unterschiede, so dass diedurchschnittliche Rundenzeit bei 14 jährigen Mädchen bei ca. 19 Sekunden liegt und bei 14jährigen Jungen bei ca. 16 Sekunden.

MesswertaufnahmeDer Messwert für jede Testperson ist die in sechs Minuten zurückgelegte Wegstrecke in Me-tern. Die Wegstrecke wird aus der Anzahl der Runden (1 Runde =54m) plus der Strecke derangefangenen letzten Runde errechnet.

DatenverarbeitungMesswert ist die zurückgelegte Wegstrecke auf einen Meter genau.

TestaufbauDie Laufbahn führt um die Begrenzungslinien des Volleyballfeldes (9x18 Meter). An denEckpunkten des Feldes (50 cm nach innen versetzt) sowie an den Längsseiten werden Mar-kierungshütchen aufgestellt. Eine Laufrunde hat die Länge von 54 Metern.

Abb. 4.8. Aufbau des 6-Min-Laufes:

TestmaterialienStoppuhr, Startnummern, vorgefertigte T-Shirts mit Nummern, sechs Markierungshütchen

Besondere HinweiseDie Übung soll mit Sportschuhen durchgeführt werden.

ReferenzDas Karlsruher Testsystem für Kinder (Kats-K) (Bös et al., 2001)Fetz & Kornexl (1978)

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34 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche

5 Gütekriterien

Methodische Vorbemerkungen1

Zu den Testaufgaben Liegestütz, Standweitsprung, seitliches Hin- und Herspringen, balan-cieren rw, Rumpfbeuge wurden in einer eigenen, neueren Studie (N=138) Objektivität undReliabilität überprüft (Oberger et al. 2006). Dabei wurde die Objektivität mit doppelter Test-leiterbesetzung und die Reliabilität mit der Test-Retest Methode überprüft. Für die Testauf-gaben Sit-up, 20m-Lauf und des 6-Min-Lauf wurden Objektivitäts- und Reliabilitätskoeffizien-ten aus publizierten Testanalysen übernommen.

Zur inhaltlichen Validität liegen Ergebnisse aus verschiedenen Expertenbefragungen vor.Ebenfalls gibt es Befunde zur Überprüfung von kriterien- und konstruktbezogener Validität.

5.1 Objektivität

Die Koeffizienten für die Durchführungsobjektivität wurden in verschiedenen eigenen Studiendurch den parallelen Einsatz von 2 Testleiterinnen und Testleitern ermittelt. Wenn keine ei-genen Studien vorlagen wurde auf andere Referenzquellen zurückgegriffen. Wenn mehrereKoeffizienten vorlagen, wurde der Mittelwert gebildet.

Tab. 5.1. Objektivität der Testaufgaben.

Testaufgabe Koeffizient ReferenzBalancieren rückwärts .99 Oberger et al. (2006)Seitliches Hin- und Herspringen .99 Oberger et al. (2006)20m-Sprint .86 Fetz & Kornexl (1978)Rumpfbeuge (stand and reach) .99 Oberger et al. (2006)Liegestütz .98 Oberger et al. (2006)Sit-ups .92 Haag & Singer (1981)Standweitsprung .99 Oberger et al. (2006)6min-Lauf .87 Bös & Mechling (1983)

Die Objektivitätskoefiizienten für die Testaufgaben sind gut bis sehr gut. Im Durchschnitt be-trägt der Objektivitätskoeffizient 0,95.

In allen Fällen handelt es um Testaufgaben, die gut standardisiert sind und hinsichtlich derTestdurchführung einfach sind und keinerlei Probleme verursachen.

Der etwas niedrigere Objektivitätskoeffizient beim 6-Min-Lauf resultiert daraus, dass hier dieObjektivität und Reliabilität gleichzeitig durch Testwiederholung mit Versuchsleiterwechselbestimmt wurden. Der hier ermittelte Koeffizient ist also eine untere Abschätzung für dieDurchführungsobjektivität.

Anmerkung zum 20m-SprintFür den 20m-Sprint wurde zur Überprüfung der Durchführbarkeit des Tests ein Vergleich von Hand-stoppung und Lichtschrankenmessung durchgeführt. Dazu wurden 3 Gruppen von Testern (a 5 Per-sonen) gebildet, die jeweils 6 Läufe stoppten. Es handelte sich dabei einmal um eine Expertengruppe(versierte Stopper) und 2 Gruppen von Sportstudenten. Eine der Sportstundentengruppen erhieltnach 3 Läufen eine Schulung zur Verbesserung der Handstoppung. Zentrales Ergebnis ist, dass alle 3Gruppen sehr gut stoppten. Alle 90 Einzelmessungen lagen in einem Bereich von 0,2 Sekunden, diemaximale Differenz der Gruppenmittelwerte betrug 0,1 Sekunden. Die Handstoppung ist wegen derReaktionszeit der Testpersonen grundsätzlich 0,2 sec schneller als die Lichtschrankenmessung. Ge-zielte Schulung der Handstoppung ist sinnvoll. Es verbessert die Differenz zwischen Lichtschrankeund manuellem Stoppen um 0,057 sec.

1 Die Testanalysen sind noch nicht abgeschlossen.

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Motorischer Test für Kinder und Jugendliche 35

5.2 Reliabilität

Die Test-Retest-Reliabilität wurde in verschiedenen eigenen Studien durch Testwiederholungermittelt. Wenn keine eigenen Studien vorlagen wurde auf andere Referenzquellen zurück-gegriffen. Wenn mehrere Koeffizienten vorlagen, wurde der Mittelwert gebildet.

Tab. 5.2. Reliabilität der Testaufgaben.

Testaufgabe Koeffizient Referenz

Balancieren rückwärts .76 Oberger et al. (2006)Seitliches Hin- und Herspringen .96 Oberger et al. (2006)20m-Sprint .73 Bös et al. (2001), Fetz & Kornexl (1978)Rumpfbeuge (stand and reach) .86 Oberger et al. (2006)Liegestütz .76 Oberger et al. (2006)Sit-ups .88 Kolb (2000), Bös & Beck (1989)Standweitsprung .96 Oberger et al. (2006)6min-Lauf .87 Bös et al. (2001), Bös & Mechling (1983)

Die durchschnittliche Test-Retest-Reliabilität liegt bei 0,85 und signalisiert eine sehr guteTestzuverlässigkeit der einzelnen Testaufgaben.

5.3 Validität

Zur Bestimmung der Validität werden Aspekte zur inhaltlichen Validität, zur kriterienbezoge-nen Validität und zur Konstruktvalidität herangezogen.

Die inhaltliche Validität wird abgeschätzt über verschiedene Expertenratings, die kriterienbe-zogene Validität wird ermittelt über Korrelationen mit Außenkriterien und zur Überprüfung derkonstruktbezogenen Validität werden theoretische Vorstellungen zum hypothetisch ange-nommenen Testinhalt überprüft.

5.3.1 Inhaltliche Validität

Im Zuge der Testentwicklungen des International Physical Performance Test Profile (IPPTP,Bös & Mechling 1985) sowie des Physical Fitness Tests für die Bundeswehr (Bös & Beck1989) wurde eine Befragung von 40 ausgewählten Fitnessexperten in 25 europäischen Län-dern zur Relevanz von Testinhalten und Testaufgaben in sportmotorischen Tests zur Erfas-sung der körperlichen Leistungsfähigkeit durchgeführt (Bös, 1992).

Dabei wurden Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit, Koordination und Schnelligkeit als zentraleInhaltsbereiche von sportmotorischen Tests identifiziert (Bös, 1992, S. 39).

Als international bewährte Testaufgaben wurden Ausdauerläufe (6-Minuten, 12-Minuten),Sprints (20m, Pendellauf 4 x 9m), Sprünge (Standweit, Standhoch), Liegestütz, Situps,Rumpfbeugen) genannt (Bös, 1992, S. 39).

Die Ergebnisse dieser internationalen Expertenbefragung wurden für weitere Testentwick-lungen (AST, KTT, KATS-K, MoMo) sowie wie für die vorliegende Testbatterie genutzt.

Zentraler Bestandteil der Entwicklungsarbeit waren immer Expertenratings zur Aussagekraftund Durchführbarkeit der ausgewählten Testaufgaben.

In der Tabelle 5.3 sind die Expertenurteile (Notenskala von 1-5) zusammenfassend darge-stellt.

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36 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche

Tab. 5.3. Inhaltliche Validität der Testaufgaben.

Testaufgabe Aussagekraft Durchführbarkeit Referenz

Balancieren rückwärts 1,9 1,9 MoMoSeitlich Hin und Her 2,0 1,6 MoMo20m-Sprint 3,0 3,0 KTTRumpfbeugen 2,1 1,4 MoMoLiegestütz 2,0 2,0 MoMoSitups 1,9 1,8 PFTStandweit 2,0 1,5 MoMo6-Min-Lauf 2,0 1,0 KTT

Zu den 8 Testaufgaben liegen überwiegend sehr positive Einschätzungen von Experten aus3 Studien zum Motorik Modul (MoMo; Oberger, 2006), zum Physical Fitness Test (PFT; Bös& Beck, 1989) und zum Konditionstest Tennis (KTT; Bös & Wohlmann, 1988) vor.

Im Durchschnitt über alle Testaufgaben wird die Aussagekraft mit der Note 2,1 und dieDurchführbarkeit mit der Note 1,8 beurteilt.

Anmerkung zum 20m-SprintDie starke Abwertung beim 20m-Sprint (Note 3,0) resultiert aus der negativen Einschätzung der Ex-perten bezüglich der Genauigkeit der Handstoppung.

Deshalb wurde diese Testaufgabe im Rahmen der Testanalysen zu der vorliegenden Testbatterienochmals einer genauen Überprüfung mit einem Vergleich von Handstoppung und elektronischerMessung mit Lichtschranken unterzogen (vgl. dazu auch Kapitel 5.1).

5.3.2 Weitere Analysen

Zur Überprüfung der kriterienbezogenen Validität (Ermittlung über Korrelationen mit Außen-kriterien) und der konstruktbezogenen Validität (Überprüfung theoretischer Vorstellungenzum hypothetisch angenommenen Testinhalt) werden Daten aus der Testbatterie benötigt,die derzeit noch nicht vorliegen. Hierzu können erst später Aussagen getroffen werden.

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Motorischer Test für Kinder und Jugendliche 37

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7 Anhang

Klaus Bös: Kriterienraster zur Darstellung der diagnostischen Verfahren

Ziel des Kriterienrasters ist die Dokumentation, Beschreibung und Kommentierung von dia-gnostischen Verfahren sowohl unter inhaltlich-theoretischen als auch unter teststatistischenGesichtspunkten.

Das Kriterienraster dient zum einen als Vorgabe für die Beschreibung von Tests und Frage-bogen. Zum anderen gibt es dem Leser und Anwender von diagnostischen Verfahren, überdie beschreibende Darstellung hinaus, die Möglichkeit, einen Beurteilungsvorschlag hinsicht-lich der Qualität und Anwendungsrelevanz der einzelnen Verfahren zu erhalten.

Das Kriterienraster umfasst 13 Teilaspekte, die sich zu 4 Oberpunkten zusammenfassenlassen. Zu jedem Teilaspekt gibt es Beurteilungskriterien genannt. Es werden maximal 40Punkte vergeben.

Tab. 1. Kriterienraster zur Erfassung der diagnostischen Verfahren.

Name des TestsTestautor(en) mit Adresse

1. Dokumentation1.1 Charakteristik1.2 Quellenangabe1.3 Literaturangabe

2. Konzeption2.1 Inhalts- und Gegenstandsbereich2.2 Aufgabenbeschreibung2.3 Anwendungs- und Gültigkeitsbereich

• Alter• Geschlecht• Zielgruppe

2.4 Zielsetzung2.5 Konstruktionsmerkmale

• Umfang und Aufbau• Dimensionalität• Messwertaufnahme• Verarbeitung der Messwerte

2.6 Durchführung• Organisation und Ablauf• Raumbedarf• Zeit- und Personenbedarf• Instruktion• Geräte und Material

3. Statistik3.1 Standardisierungsgrad3.2 Hauptgütekriterien3.3 Normen

4. Allgemeiner Kommentar

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40 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche

Erläuterungen der Kriterien und Bewertungen

Name des diagnostischen VerfahrensDie Bezeichnung des diagnostischen Verfahrens mit dem gängigen Kürzel wird genannt.

Autor(en) und AnschriftEs werden Name und Anschrift des Autors genannt. Bei mehreren Autoren wird nur eineAdresse angegeben.

1. Dokumentation (max 7 Punkte)

1.1 Charakteristik des diagnostischen Verfahrens (max 1)Unter Charakteristik wird das Verfahren einer Verfahrensart, z.B. Screening für ..., sportmo-torischer Test zur Erfassung von ..., etc., zugeordnet.

1.2 Quellenangabe (max 3)Unter „Quelle“ wird diejenige Publikation verstanden, in der das Verfahren erstmals vollstän-dig beschrieben wurde bzw. die für das Verfahren u.E. am bedeutsamsten ist. Nach der ‚Art‘und Zugänglichkeit der Publikation lassen sich folgende Unterscheidungen für die Quellevornehmen.

• Manuskript zum Verfahren (0)• Publikation in einem Sammelband (1)• Monographie, Zeitschriftenbeitrag (2)• Eigenständiges Manual (3)

1.3 Literatur (max 3)Die Rezeption eines Verfahrens spiegelt seine Bedeutung in der Fachwelt wieder. Es gehtum die Frage, ob neben dem Autor noch weitere Fachwissenschaftler das Verfahren publi-ziert haben. Zusätzlich wird auch die Praxisrelevanz des Verfahrens widergespiegelt, indemdie Testanwendungsliteratur angegeben wird.

• Der Test wurde vom Autor publiziert, es liegen keine Publikationen zur Testanwendungvor (1).

• Es gibt (eine/mehrere) Publikationen von weiteren Fachwissenschaftlern (2).• Es wurden Testanwendungen von Fachwissenschaftlern publiziert (3)

2. Konzeption (max 13 Punkte)Für die Beurteilung der Testkonzeption werden Angaben zu den inhaltlich theoretischenGrundlagen des Verfahrens als auch praxisrelevante Aspekte der Durchführung und Anwen-dung benötigt.

2.1 Inhalts- und Gegenstandsbereich (max 3)Die Frage nach dem Gegenstandsbereich oder Messinhalt eines Tests ist eine der zentralenFragen bei der Beurteilung der Testgüte. Folgende Aspekte sind für die Beurteilung derTestkonzeption wichtig:

• Der inhaltlich theoretischen Bestimmung des Gegenstandsbereiches wird im Rahmender Testpublikationen oder in weiteren Arbeiten des Testautors kein genügender Raumgewidmet (0).

• Der theoretische Bezugsrahmen des Testkonzepts wird deutlich hergestellt (1).• Das inhaltlich theoretische Testkonzept ist in publizierten Ansätzen und Konzeptionen,

die nicht unbedingt vom Testautor stammen müssen, verankert (2).• Der Testautor hat in der Testpublikation die theoretischen Grundlagen des Tests und die

Beziehungen zum Testkonzept umfassend diskutiert (3).

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Motorischer Test für Kinder und Jugendliche 41

2.2 Aufgabenbeschreibung (max 2)Die präzise Beschreibung der Testaufgaben mit Durchführungsanleitungen und Bewertungs-richtlinien ist für sachgerechte Testanwendungen unverzichtbar. Eine Bewertung dieses Kri-teriums kann wie folgt vorgenommen werden:

• Es gibt keine präzise Testbeschreibung (0)• Es gibt eine präzise Testbeschreibung und Angabe von Durchführungsanleitungen und

Bewertungskriterien (1)• Es gibt eine präzise Testbeschreibung, Angabe von Durchführungsanleitungen und Be-

wertungskriterien sowie die Zuordnung der Testaufgaben zum angezielten Gegens-tandsbereich (2).

2.3 Anwendungs- und Gültigkeitsbereich (max 1)Es kann beurteilt werden, ob der Testautor präzise Angaben zum Geltungs- und Anwen-dungsbereich hinsichtlich Altersstufe, Geschlecht und Anwendungsgruppen macht.

Die Angabe von Geltungs- und Anwendungsbereich des Tests ist für die Diagnosepraxisunverzichtbar.

2.4 Zielsetzung (max 1)Beurteilungskriterium für einen Test ist, ob die Zielsetzung des Verfahrens vom Testautorkonkret benannt wird.

2.5 Konstruktionsmerkmale (max 3)Die Konstruktionsmerkmale eines Tests werden mit Hilfe der Kategorien Testumfang und Test-aufbau, Dimensionalität, Messwertaufnahme und Verarbeitung der Messwerte beschrieben.

Beurteilt werden kann, ob seitens des Testautors überprüfte Aussagen zur Dimensionalität vor-liegen, ob für jede Testaufgabe genaue Bewertungsvorschriften benannt werden, und ob dieVerarbeitung der Einzelmesswerte zu einem Gesamtwert oder als Testprofil spezifiziert wird.

UmfangEs wird unterschieden zwischen Einzeltests, Subtests und Testbatterien

Dimensionalität (max 1)Es lassen sich homogene Verfahren, die isolierte Merkmalsbereiche erfassen, und hetero-gene Verfahren, die Komplexmerkmale messen, unterscheiden. Beurteilungskriterium sinddie nachfolgenden Aspekte.

• Es werden keine Aussagen zur Dimensionalität gemacht.• Es werden Aussagen zur Dimensionalität unter Angaben geeigneter Dimensionsanalyse

gemacht.

Die Dimensionalitätsprüfung erscheint notwendig, auch wenn das Verfahren primär externalvalidiert ist, d.h. seine Aussagekraft weniger an der Konstruktvalidität als an der Kriteriums-validität gemessen wird.

Messwertaufnahme (max 1)Im Bereich sportwissenschaftlicher Messung lassen sich verschiedene Formen der Quantifi-zierung unterscheiden:

• metrisch skalierte Werte• Ratings (qualitative Beurteilung auf vorgegebenen Stufen)• dichotome Beurteilung (gelöst - nicht gelöst)

Beurteilungskriterium ist, ob die Erfassung der Messwerte präzise beschrieben ist.

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Verarbeitung der Messwerte (max 1)Neben der Erfassung der Itemrohwerte benötigt man für die Testauswertung Informationenüber die Weiterverarbeitung der Einzelmesswerte.

In der Regel ist vor der Bildung von Gesamtwerten oder Indizes eine Normierung als Zwi-schenschritt notwendig. Beurteilungskriterium ist, ob präzise Angaben über die Weiterverar-beitung der Testrohwerte gemacht werden. Insbesondere interessiert die Frage, ob der Autordie Zulässigkeit einer Summenscorebildung überprüft hat.

Die Bildung eines Gesamtwertes erscheint lediglich bei homogenen Verfahren sinnvoll. Beiheterogenen Verfahren ist eine dimensionsbezogene Profilauswertung als Methode der Wahlanzusehen.

2.6 Durchführung (max 3)Das für den Testpraktiker besonders wichtige Nebengütekriterium der Ökonomie der Testan-wendung wird anhand der organisatorischen, räumlichen und zeitlich/personellen Durchfüh-rungsbedingungen sowie der Instruktion und des benötigten Gerätebedarfs beurteilt.

In der folgenden Tabelle sind in einer groben Differenzierung am Beispiel „motorische Tests“unterschiedliche Varianten für Testdurchführungsbedingungen exemplarisch aufgelistet.

Die Ökonomie der Anwendung nimmt von oben nach unten je nach Aufwand für Versuchsleiter(VL) und Versuchspersonen (VP) sowie räumlichen und organisatorischen Bedingungen zu.

Tab. 2. Testökonomie bei motorischen Tests.

Organisatorisch räumlich zeitl./pers. Instruktion Geräte

0 kein Stationsbetrieb;strikter Einzeltest

BesondererTestraum

Mehrere VL,mehr als 90 minfür 20 Vpn

VL-Demooder Video

aufwendige Testgeräte

1 kein Stationsbetrieb;teilweise Stations-betrieb

Sporthalleund/oderSportplatz

1 VL 20 Vpn in90 minoder 2 VL

verbal Vpnoder VL-Demo

einfache Zusatzgeräte

2 Stationsbetrieb;teilweise Einzeltest

Sporthalle 1 VL 20 Vpn in90 min

verbal;Vpn-Demo

Grundausstattung

3 Circuit; Stations-betrieb

Sporthalle 1 VL 20 Vpn in45 min

verbal;Vpn-Demo

Grundausstattung

Für die Bewertung der Testökonomie ist keine vollständige Berücksichtigung aller denkbarenDurchführungsaspekte notwendig. So ist ein Verfahren bereits unökonomisch, wenn es auf-wendige Geräte voraussetzt oder wenn die Testdurchführung bei mehreren Versuchsleiternimmer noch einen hohen Zeitbedarf erfordert.

Ein Bewertungsversuch der Testökonomie muss immer vor dem Hintergrund der spezifi-schen Durchführungsbedingungen gesehen werden. Ein Test erfüllt das Nebengütekriteriumder Testökonomie in idealer Weise, wenn er als Circuit in der Sporthalle, und von einemTestleiter mit einer ganzen Klasse (ca. 20 Versuchspersonen) in einer Unterrichtsstundedurchführbar ist. Zusätzlich sollte eine verbale Instruktion ausreichen und nur Geräte aus derHallengrundausstattung benötigt werden. Das Ökonomieprinzip wird bereits erheblich ver-letzt, wenn Einzeltestung notwendig ist, wenn besondere räumliche oder materielle Bedin-gungen erforderlich sind, wenn die Testinstruktion aufwendig ist, technische Voraussetzun-gen erfordert oder wenn ein hoher Zeitbedarf benötigt wird.

Bei Fragebogen, die im Gruppentest ohne besondere Voraussetzungen durchführbar sind,sind diese Idealbedingungen meist erfüllt.

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3. Statistik (max 20)In diesem Abschnitt werden die teststatistischen Grundlagen anhand der HauptgütekriterienObjektivität, Reliabilität und Validität sowie die Anwendungsrelevanz und Vergleichbarkeitder Testergebnisse anhand vorliegender Angaben zur Testnormierung beurteilt.

3.1 Standardisierungsrad (max 1)Beurteilungskriterium ist die Höhe des Standardisierungsgrades des Verfahrens:

• informelles Verfahren• formelles Verfahren mit hohem Standardisierungsgrad

3.2 Hauptgütekriterien (max 10)Relevant sind Angaben zu Objektivität, Reliabilität und Validität. Eine differenzierte Beurtei-lung ist nach dem Umfang und der Art vorliegender Testanalysen möglich.

Angaben zur Objektivität des Verfahrens (max 1)

Angaben zur Reliabilität des Verfahrens (max 2)

• keine Reliabilitätsbestimmung• Reliabilitätsbestimmung nach einer Methode (z.B. Test-Retest)• vergleichende Reliabilitätsbestimmungen nach mehreren Methoden

Angaben zur Validität des Verfahrens (max 7)

Bestimmung der Kriteriumsvalidität

• mit einem sportwissenschaftlichen Verfahren als Kriterium (1)• mit verschiedenen sportwissenschaftlichen Verfahren als Kriterium (2)• mit sportwissenschaftlichen Verfahren als Kriterium und zusätzlich mit Außenkriterien

oder Prüfung der inhaltlich-logischen Validität (z.B. durch Expertenrating) (3)

Zusätzliche Konstruktvalidierung

• durch Faktorenanalyse (+2)• durch Prüfung eines komplexen Hypothesengefüges (+2)

3.3 Normen (max 7)Der Begriff der Normen wird hier sehr weit gefasst. Die einfachste Form von Normen liegt vor,wenn Vergleichswerte (Mittelwert, Standardabweichung) publiziert sind. Die Abstufung derBewertung der Testnormierung erfolgt nach Umfang und Differenziertheit der Berechnungensowie nach Zusammensetzung und Größe der Normierungsstichprobe.

• keine empirischen Vergleichswerte• Vergleichswerte (Mittelwerte, Standardabweichungen)• vorläufigen Normen, Normierungsvorschlägen• gruppenspezifischen Normierungsvorschlägen• abgesicherten Normen mit explizierten Berechnungsgrundlagen• abgesicherten gruppenspezifischen Normen

4. Allgemeiner KommentarIn einem abschließenden Kommentar werden die wesentlichen „Verfahrensmerkmale“ zu-sammenfassend dargestellt. Dabei wird versucht, neben den angesprochenen quantifizierba-ren Beurteilungskriterien auch auf schwer fassbare Bezüge, wie z.B. die Entstehungsge-schichte der einzelnen Verfahren und auf Zukunftsperspektiven (geplante Forschungen undPublikationen) einzugehen. Die Anwendbarkeit des Verfahrens wird vom Autor beurteilt.

Der abschließende Kommentar trägt immer auch subjektive Züge des Beurteilers und solldem Leser und Anwender lediglich als Orientierungshilfe dienen.

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Bei der Neuen Münze 4a · 22145 HamburgTel.: (040) 67941212 · Fax: (040) 67941213

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