64
17.1 Anatomische Grundlagen 665 17.1.1 Topographische Anatomie 665 17.1.2 Projektionsradiographie 666 17.1.3 Schnittbilddiagnostik 667 17.2 Fehlbildungen 673 17.3 Entzündungen 678 17.3.1 Akute Mediastinitis 678 17.3.2 Chronische Mediastinitis 679 17.4 Mediastinale Raumforderungen 680 17.4.1 Allgemeines 680 17.4.2 Primäre Mediastinaltumoren 683 17.4.3 Sekundäre Mediastinaltumoren 699 17.4.4 Mediastinale Lymphadenopathien 707 17.4.5 Pseudotumoren 718 17.5 Sonstige Erkrankungen 723 17.5.1 Mediastinalemphysem 723 17.5.2 Mediastinalverlagerungen 724 Literatur 727 D as Mediastinum bezeichnet den mittleren Anteil der Brusthöhle und wird in das vordere, mittlere und hintere Mediastinum unterteilt. Zur Diagnostik dienen Thoraxübersichtsaufnahmen und Schnitt- bildverfahren wie CT und MRT, die auf Grund der überlagerungsfreien Abbildung und des größe- ren Weichteilkontrastes der Projektionsradiographie überlegen sind. Die transösophageale Endosono- graphie macht eine Beurteilung der Ösophaguswand und des periösophagealen Mediastinums möglich. Angeborene Fehlbildungen des Bronchialbaums und des neuroenteralen Kanals sind überwiegend zysti- sche Mediastinaltumoren (z.B. bronchiogene Zy- sten). Bei entzündlichen Erkrankungen sind akute und chronische Mediastinitis zu unterscheiden. Als mediastinale Raumforderungen kommen insbeson- dere Thymom, Thymuskarzinom, teratogene Tumo- ren, Lymphadenopathien, maligne Lymphome und Lymphknotenmetastasen in Betracht. 17.1 Anatomische Grundlagen 17.1.1 Topographische Anatomie Das Mediastinum (ableitbar aus lat. in medio: in der Mitte, stare: stehen; auch „medium intestinum“) be- zeichnet den mittleren Anteil der Brusthöhle. Es wird ventral vom Sternum, dorsal von der Wirbel- säule, seitlich von der mediastinalen Pleura und kau- dal vom Zwerchfell begrenzt. Nach kranial geht das Mediastinum kontinuierlich in die supraklavikulä- ren, zervikalen und prävertebralen Weichteile über. Nach kaudal bestehen über den Hiatus oesophagei und den Hiatus aorticus Verbindungen zum Retro- peritoneum. Das Mediastinum beinhaltet – eingela- gert in Fett- und Bindegewebe – das Herz, den Öso- phagus, die Trachea, den Thymus und große Gefäße und Nerven. Das Mediastinum wird bei einer sagittalen anato- misch-topographischen Gliederung in das vordere, das mittlere und das hintere Mediastinum (Holz- knecht- oder Prä- bzw.Paravertebralraum) unterteilt. Die Zuordnung der einzelnen Organstrukturen zu den drei Kompartimenten erfolgt nach anatomischen, pathogenetischen oder diagnostischen Gesichtspunk- ten, sodass sich bei dem Vergleich einzelner Autoren Variationen ergeben. So wird das Herz gelegentlich dem vorderen, meist jedoch dem mittleren Medias- tinum zugerechnet. Das vordere Mediastinum wird durch die Rückfläche des Sternums und die ventralen Konturen des Perikards, der Trachea und der oberen Hohlvene begrenzt. Das mittlere Mediastinum liegt zwischen vorderer Trachealwand bzw.ventralem Peri- kard und den Vorderkanten der Brustwirbelkörper. Die Grenzen des hinteren Mediastinums sind ven- tral durch die Wirbelkörpervorderkanten und dorsal durch die hintere Thoraxwand definiert. Zusätzlich wird das Mediastinum in eine obere und eine untere Hälfte unterteilt, die durch eine horizontale vom Sternalwinkel über die obere perikardiale Umschlag- falte bis zur Grundplatte des 4. Brustwirbelkörpers (BWK) reichenden Ebene getrennt sind. Mediastinum B. Krug, O. Schulte 17 M. Galanski (ed.), Thorax © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2003

Mediastinum 17 · 2017. 8. 29. · Mediastinum gelegenen V. cava superior (Abb.17.5). Kranial des Azygosbogens wölbt sich die Lunge dorsal der Trachea als supraazygealer Rezessus

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  • 17.1 Anatomische Grundlagen 66517.1.1 Topographische Anatomie 66517.1.2 Projektionsradiographie 66617.1.3 Schnittbilddiagnostik 667

    17.2 Fehlbildungen 673

    17.3 Entzündungen 67817.3.1 Akute Mediastinitis 67817.3.2 Chronische Mediastinitis 679

    17.4 Mediastinale Raumforderungen 68017.4.1 Allgemeines 68017.4.2 Primäre Mediastinaltumoren 68317.4.3 Sekundäre Mediastinaltumoren 69917.4.4 Mediastinale Lymphadenopathien 70717.4.5 Pseudotumoren 718

    17.5 Sonstige Erkrankungen 72317.5.1 Mediastinalemphysem 72317.5.2 Mediastinalverlagerungen 724

    Literatur 727

    Das Mediastinum bezeichnet den mittleren Anteilder Brusthöhle und wird in das vordere, mittlereund hintere Mediastinum unterteilt. Zur Diagnostikdienen Thoraxübersichtsaufnahmen und Schnitt-bildverfahren wie CT und MRT, die auf Grund der überlagerungsfreien Abbildung und des größe-ren Weichteilkontrastes der Projektionsradiographieüberlegen sind. Die transösophageale Endosono-graphie macht eine Beurteilung der Ösophaguswandund des periösophagealen Mediastinums möglich.Angeborene Fehlbildungen des Bronchialbaums unddes neuroenteralen Kanals sind überwiegend zysti-sche Mediastinaltumoren (z.B. bronchiogene Zy-sten). Bei entzündlichen Erkrankungen sind akuteund chronische Mediastinitis zu unterscheiden. Alsmediastinale Raumforderungen kommen insbeson-dere Thymom, Thymuskarzinom, teratogene Tumo-ren, Lymphadenopathien, maligne Lymphome undLymphknotenmetastasen in Betracht.

    17.1Anatomische Grundlagen

    17.1.1Topographische Anatomie

    Das Mediastinum (ableitbar aus lat. in medio: in derMitte, stare: stehen; auch „medium intestinum“) be-zeichnet den mittleren Anteil der Brusthöhle. Es wird ventral vom Sternum, dorsal von der Wirbel-säule, seitlich von der mediastinalen Pleura und kau-dal vom Zwerchfell begrenzt. Nach kranial geht dasMediastinum kontinuierlich in die supraklavikulä-ren, zervikalen und prävertebralen Weichteile über.Nach kaudal bestehen über den Hiatus oesophageiund den Hiatus aorticus Verbindungen zum Retro-peritoneum. Das Mediastinum beinhaltet – eingela-gert in Fett- und Bindegewebe – das Herz, den Öso-phagus, die Trachea, den Thymus und große Gefäßeund Nerven.

    Das Mediastinum wird bei einer sagittalen anato-misch-topographischen Gliederung in das vordere,das mittlere und das hintere Mediastinum (Holz-knecht- oder Prä- bzw.Paravertebralraum) unterteilt.Die Zuordnung der einzelnen Organstrukturen zuden drei Kompartimenten erfolgt nach anatomischen,pathogenetischen oder diagnostischen Gesichtspunk-ten, sodass sich bei dem Vergleich einzelner AutorenVariationen ergeben. So wird das Herz gelegentlichdem vorderen, meist jedoch dem mittleren Medias-tinum zugerechnet. Das vordere Mediastinum wirddurch die Rückfläche des Sternums und die ventralenKonturen des Perikards, der Trachea und der oberenHohlvene begrenzt. Das mittlere Mediastinum liegtzwischen vorderer Trachealwand bzw.ventralem Peri-kard und den Vorderkanten der Brustwirbelkörper.Die Grenzen des hinteren Mediastinums sind ven-tral durch die Wirbelkörpervorderkanten und dorsaldurch die hintere Thoraxwand definiert. Zusätzlichwird das Mediastinum in eine obere und eine untereHälfte unterteilt, die durch eine horizontale vomSternalwinkel über die obere perikardiale Umschlag-falte bis zur Grundplatte des 4. Brustwirbelkörpers(BWK) reichenden Ebene getrennt sind.

    Mediastinum

    B. Krug, O. Schulte

    17

    M. Galanski (ed.), Thorax© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2003

  • Das vordere Mediastinum enthält den Thymus,Lymphknoten und den N. phrenicus. Das mittlereMediastinum beinhaltet das Herz, die Aorta ascen-dens, die Vv. cava superior und inferior, den Öso-phagus, die Trachea einschließlich der Stammbron-chien, Lymphknoten und den N. vagus. Im hinterenMediastinum liegen der Aortenbogen und die Aortadescendens, die Vv. azygos und hemiazygos, Lymph-knoten, der Truncus sympathicus und Interkostal-arterien.

    17.1.2Projektionsradiographie

    Mit Ausnahme von Luft in Hohlorganen (zentraleAtemwege, Ösophagus) und von Verkalkungen (Aor-ten- und Trachealsklerose, Lymphknotenverkalkun-gen) haben alle physiologischen und pathologischenStrukturen des Mediastinums etwa die gleiche Dich-te, sodass sie auf Thoraxübersichtsaufnahmen nichtvoneinander zu differenzieren sind (Abb. 17.1a).

    Aorta und Truncus pulmonalis sind an ihren rand-ständigen Außenkonturen, die Aorta gelegentlichauch an pathognomonischen Wandverkalkungen er-kennbar. Der Azygoslymphknoten grenzt sich im Sa-gittalbild als laterale Ausbuchtung des rechten obe-ren Mediastinums kranial der Aorta ascendens undim Seitbild als rundlich-ovaläre Verdichtung ventro-kranial der Stammbronchien ab.Aufgrund der Anhe-bung durch den linken Vorhof verläuft der linkeStammbronchus stärker horizontal als der rechte, imSeitbild liegt also der luftgefüllte Queranschnitt deslinken Stammbronchus höher als der des rechten(Abb. 17.1b). Das Ösophaguslumen kann durch rönt-gennegatives (Luft) oder röntgenpositives Kontrast-mittel erkennbar sein. Durch die unmittelbare topo-graphische Beziehung der Mediastinalorgane zurLunge entstehen pleuromediastinale Berührungsflä-chen. Treffen Röntgenstrahlen orthograd auf dieseGrenzflächen, so bilden sich im Röntgensummations-bild scharf begrenzte, sog. Pleuralinien ab (Beyer1980; Lange 1996; Neufang u. Beyer 1980; Neufang u. Bulo 1981). Die digitale Projektionsradiographieermöglicht durch ihren im Vergleich zur analogenTechnik größeren Expositionsspielraum eine zuver-lässigere Abgrenzung der Pleuralinien. Folgende For-men werden unterschieden (Abb. 17.2).

    Pleuralinien∑ Subclavia-Herz-Bogen

    � Die vorderen Umschlagfalten der Pleura verlaufen beid-seits der V. subclavia folgend von kraniolateral nachkaudoventral, sodass sie in Höhe des Aortenbogens unddes Herzens einander anliegen. Hieraus resultiert eine Y-förmige Verdichtung, deren Basis am Herz beginnt und

    Kapitel 17 Mediastinum666

    Abb. 17.1 a, b. Projektionsradiographischer Normalbefund desMediastinums. a Thoraxübersichtsaufnahme im sagittalenund b im seitlichen Strahlengang

  • deren Schenkel bis zu den Unterkanten der Sternoklavi-kulargelenke reichen.

    ∑ Apex-Arcus-Bogen� Die hinteren Umschlagfalten der Pleura mediastinalis

    ziehen in Begleitung der 2. Rippe nach medial, treffen inHöhe des Zwischenwirbelraumes BWK 3/4 auf die Pleuramedastinalis der Gegenseite und ziehen als vertikalerStreifen zum Aortenbogen.

    ∑ Azygoösophagealer Streifen� Auf der rechten Seite grenzt die Lunge prävertebral an die

    V. azygos und den Ösophagus. Die Pleuraumschlagsfaltebildet eine fast in der Medianebene nach unten verlau-fenden streifenförmige Verdichtung.

    ∑ Paravertebraler/paraspinaler Streifen� Die dorsalen Lungenabschnitte liegen der paravertebralen

    Muskulatur seitlich an. Hierdurch entsteht eine vertikalverlaufende paravertebrale Verdichtung, die auf derlinken Seite praktisch immer erkennbar ist und auf derrechten Seite dann von der Verdichtung der Wirbelsäuledifferenziert werden kann, wenn der Paravertebralraumdurch Osteophyten, Hämatome oder Tumore verbreitertist.

    ∑ Paraaortaler Streifen� Er entspricht der lateralen Kontur der Aorta descendens

    und stellt im Gegensatz zum paravertebralen Streifen einestrichförmige Transparenzerhöhung dar.

    ∑ Para- und retrotrachealer Streifen� Die rechte Lunge liegt medial der laterodorsalen Tracheal-

    wand an. Diese Nachbarschaftsbeziehung findet ihr rönt-genmorphologisches Korrelat in einer paratrachealen(Sagittalbild) und retrotrachealen (Seitbild) streifenför-migen Verdichtung, die im Normalfall nicht breiter als3–4 mm ist.

    17.1.3Schnittbilddiagnostik

    Aufgrund der überlagerungsfreien Abbildung unddes größeren Weichteilkontrastes ermöglichen dieSchnittbildverfahren Computertomographie (CT)und Magnetresonanztomographie (MRT) eine derProjektionsradiographie überlegene Darstellung derTopographie (Abb. 17.3, 17.4; Chukwuemeka 1997;Lange 1996; Leppert 1998; Schaefer-Prokop 1998;Wegener 1992).

    Die großen arteriellen und venösen Gefäße glie-dern das Mediastinum. Die auf Transversalschichtenquer angeschnittene Aorta ascendens und Aortadescendens und ihre Abgangsgefäße sind ausgehendvom Aortenbogen leicht zu identifizieren. Die linkeA. subclavia, die am weitesten dorsal aus dem Aorten-bogen entspringt, wölbt sich gegen die linke Lungen-spitze vor. Die in Kaliber und Verlauf stark variieren-de linke V. brachiocephalica (anonyma) liegt kranio-ventral des Aortenbogens. Die rechte V. brachioce-phalica bildet die rechte obere Mediastinalkontur.Der Zusammenfluss beider Venen zur V. cava super-ior ist leicht zu identifizieren. Die V. cava superiorverläuft rechts laterodorsal der Aorta ascendens biszu ihrer Einmündung in den rechten Vorhof. ZurAbgrenzung von Querschnitten der V. subclavia undder Vv. jugulares internae und externae von Lymph-knoten ist computertomographisch eine transvenöseKontrastierung der Gefäßlumina hilfreich. V. sub-clavia und V. axillaris liegen ventral der entsprechen-den Arterien und lassen sich dorsal des M. pectoralisminor bis in die Axillen verfolgen.

    Conus und Truncus pulmonalis sind durch ihreEinbettung in das subepikardiale Fettgewebe sowohlcomputer- als auch MR-tomographisch gut beur-teilbar. Die rechte A. pulmonalis hat intraperikardialeinen Durchmesser von 12–15 mm und zieht dorsalder V. cava superior und ventral des Stammbronchuszum rechten Hilus. Die linke A. pulmonalis verläuftnur kurzstreckig intraperikardial, überkreuzt denlinken Stammbronchus und zieht dorsal zum linkenHilus. Die Oberlappenvenen verlaufen ventrolateralder Arterien und Bronchien zum linken Vorhof. DieEinmündungen der Unterlappenvenen sind an denlateralen Rändern des linken Vorhofs erkennbar.

    Die V. azygos verläuft rechts paravertebral im hin-teren Mediastinum. Sie ist je nach Fettgehalt desumgebenden Gewebes ab einem Durchmesser von3–5 mm erkennbar. In Höhe BWK 4–6 kreuzt sie in einem laterokonvexen Bogen zu der im mittlerenMediastinum gelegenen V. cava superior (Abb. 17.5).Kranial des Azygosbogens wölbt sich die Lungedorsal der Trachea als supraazygealer Rezessus gegen das Mediastinum vor. Kaudal des Azygosbogensbildet sie in Höhe des Hilus und des Herzens den

    17.1 Anatomische Grundlagen 667

    Apex-Arcus-Bogen

    Subclavia-Herz-Bogen

    Paratrachealer Streifen

    Paraaortaler Streifen

    Angioösophagealer Streifen

    Paravertebraler Streifen

    Abb. 17.2. Schematische Wiedergabe der Pleuralinien. (Mod.nach Lange 1996)

  • Kapitel 17 Mediastinum668

    Abb. 17.3 a–d. Topographische Anatomie des Mediastinumsin der Computertomographie. 1 Sternum, 2 Wirbelsäule,3 Trachea, 4 Ösophagus, 5 A. brachiozephalica, 6 A. carotis,7 A. subclavia, 8 V. subclavia, 9 Aortenbogen, 10 Aorta ascen-dens, 11 Aorta descendens, 12 V. cava superior, 13 V. azygos,

    14 V. hemiazygos, 15 Truncus pulmonalis, 16 A. pulmonalisdextra bzw. sinistra, 17 Segmentaufzweigung der A. pulmo-nalis, 18 Stammbronchus, 19 rechter Vorhof, 20 linker Vorhof,21 Lungenvene, 22 Bulbus aortae, 23 rechte Herzkammer,24 linke Herzkammer, 25 Sinus coronarius, 26 V. cava inferior

  • 17.1 Anatomische Grundlagen 669

    Abb. 17.3 e–h. Legende s. S. 4

  • azygoösophagealen Rezessus. Die Einmündung derrechten V. mammaria interna in die V. cava superiorist – insbesondere bei Kollateralkreisläufen – an derrechten Mediastinalkontur erkennbar. Die V. hemia-zygos liegt nach Durchtritt durch das Zwerchfellprävertebral im linken hinteren Mediastinum undentgeht, wie die V. hemiazygos accessoria, im Nor-malfall der bildlichen Darstellung. Der Begriff „aorto-pulmonales Fenster“ bezeichnet eine zwischen Aor-

    tenbogen und Truncus pulmonalis gelegene Medias-tinalnische. Ihre Weite hängt von der Elongation derAorta und dem Kaliber der Pulmonalgefäße ab.

    Die Distanz zwischen laterodorsaler Trachealwandund Lunge beträgt in der Regel 4 mm. Das Tracheal-lumen ist im Bereich der Pars membranacea abge-flacht. Die Knorpelspangen der zentralen Atemwegekönnen Kalkeinlagerungen aufweisen. Der Ösopha-gus ist häufig durch seinen Luftgehalt und/oder

    Kapitel 17 Mediastinum670

    Abb. 17.4 a–d. Topographische Anatomie des Mediastinumsin der MR-Tomographie. (Mit freundlicher Genehmigung vonHerrn Dr. B. Wintersperger, Institut für Radiologische Diag-nostik, Klinikum Großhadern). 1 Rechte Herzkammer, 2 lin-ke Herzkammer, 3 rechter Vorhof, 4 linker Vorhof, 5 V. cava

    superior, 6 V. cava inferior, 7 Truncus pulmonalis, 9 A. pulmo-nalis dextra bzw. sinistra, 10 Lungenvene, 11 Aorta ascendens,12 Aortenbogen, 13 Aorta descendens, 14 Truncus brachio-zephalicus, 15 Trachea, 16 Stammbronchus

  • peroral gegebenes, röntgenpositives Kontrastmittelmarkiert. Er liegt im oberen Mediastinum der Tra-chea dorsal an, nimmt kaudal der Trachealbifurka-tion einen links gerichteten Verlauf und überkreuztsupradiaphragmal die Aorta descendens. Eine Wand-dicke von 3 mm gilt als normal. Nerven und Ductusthoracicus sind in der Regel nicht erkennbar. IhreLage kann nur relativ zu den Nachbarstrukturen ver-mutet werden. Lediglich die Nn. phrenici sind gele-

    17.1 Anatomische Grundlagen 671

    Abb. 17.5 a, b. Computertomographische Darstellung der V.azygos. a Verschluss der linken V. brachiocephalica mit Abflussdes links cubital injizierten Kontrastmittels über die V. azygosin die V. cava superior. b Thrombose der V. cava superior an der Einmündung der V. azygos bei einem Patienten mitmediastinalem Non-Hodgkin-Lymphom

    gentlich punktförmig an den lateralen Konturen desHerzens sichtbar.

    Die mediastinalen Faszien bestimmen analog derretroperitonealen Verhältnisse die Ausbreitung hä-morrhagischer und exsudativer Prozesse. Ösophagusund Trachea sind von lockerem Fett-/Bindegewebeumgeben, das von der periviszeralen Faszie einge-scheidet wird. Dieser periviszerale Raum kommu-niziert nach kranial mit dem Larynx, Trachea undPharynx beinhaltenden zervikalen Kompartiment,das von der prätrachealen und buccopharyngealenFaszie begrenzt wird. Nach kaudal setzt sich der peri-viszerale Raum entlang der Bronchien bis in dieLungenperipherie fort und kommuniziert mit demsubepikardialen Fettgewebe. Die periviszerale Faszieist mit der periaortalen Adventitia bindegewebigverbunden. Die prävertebrale Faszie reicht von derSchädelbasis bis zum Kreuzbein und umgibt dasparavertebrale Fett-/Bindegewebe ventrolateral. Siestellt eine Barriere für die ventrolaterale Ausbreitungvertebraler und paravertebraler entzündlicher Pro-zesse dar und erklärt deren kraniokaudale Ausbrei-tungstendenz.

    Die Lymphknoten des Mediastinums werdenunter topographischen Gesichtspunkten zu Gruppenzusammengefasst. Im vorderen Mediastinum werdendie dorsal der Rippenknorpel lokalisierten paraster-nalen (Mammaria-interna-)Lymphknoten von denprävaskulären Lymphknoten unterschieden, die ver-einzelt retrosternal (perikardial), in der Hauptsachejedoch ventral der großen Gefäße (Aorta ascendens,V. cava superior, Truncus brachiocephalicus, V. ju-gularis interna, V. subclavia) liegen. Sie dienen demLymphabfluss aus den medialen Mammaanteilen,der vorderen Thoraxwand und den medialen An-teilen der Leberkapsel. Im mittleren Mediastinumtreten die an der unteren Zirkumferenz des Perikardsund an den Ligamenta pulmonalia lokalisiertenparietalen Lymphknoten gegenüber den viszeralenLymphknoten zahlenmäßig zurück. Letztere werdenentsprechend ihrer Lokalisation in paratracheale,tracheobronchiale, bifurkale (subcarinale) und bron-chopulmonale Lymphknoten unterschieden. Im hin-teren Mediastinum kommunizieren die ventral derRippenköpfchen gelegenen interkostalen Lymphkno-ten mit den entlang des unteren Ösophagus und derAorta descendens lokalisierten posterioren medias-tinalen Lymphknoten.

    Je nach Ortsauflösung des gewählten bildgeben-den Verfahrens und Fettgehalt des umgebenden Ge-webes sind mediastinale Lymphknoten ab einemQuerdurchmesser von 3–5 mm erkennbar (Abb.17.6;Leppert 1998; Schaefer-Prokop 1998; Wegener 1992).Computertomographisch grenzen sie sich als weich-teilisodense Strukturen vom umgebenden hypoden-sen mediastinalen Fettgewebe (ca. –10 bis –80 H.E.)

  • carinale) Lymphknotenvergrößerungen laterokonvexverformt. Die komplexe Gefäß- und Bronchialstruk-tur des Hilus setzt zur computertomographischenBeurteilung geringer Lymphknotenvergrößerungeneine intravenöse Kontrastmittelgabe voraus.

    Der Thymus ist ein ventral der Aorta ascendens imvorderen Mediastinums gelegenes, paarig angelegtesOrgan (Abb. 17.7). Der linke Flügel ist meist größerals der rechte und kann bis in das aortopulmonaleFenster reichen. In zwei Dritteln der Fälle sind beideThymuslappen zu einer dreieckigen Gewebeforma-tion verschmolzen, seltener finden sich zwei oder nurein isolierter Thymuslappen. Als Teil des lympha-tischen Systems hat der Thymus bei Neugeborenensein größtes Volumen (Daldrup 1998; Kushihashi1996; Merten 1991; Schaefer-Prokop 1998; Siegel 1996;Wegener 1992). Im Laufe der Kindheit und Adoles-zenz bildet er sich kontinuierlich zurück. Die Dickeder Thymuslappen ist ein besseres Maß als ihreLänge. Sie sollte bis zum 20. Lebensjahr 1,8 cm undspäter 1,3 cm nicht überschreiten. Die computerto-mographische Dichte des Thymus entspricht in Kind-heit und Jugend der der Muskulatur, mit zunehmen-der Involution sinkt sie zunehmend ab und wirdnach dem 40. Lebensjahr fettisodens. Die Organin-volution kann gleichmäßig oder herdförmig erfol-gen. Im Endstadium findet sich eine fibröse Organ-matrix. MR-tomographisch hat Thymusgewebe in

    ab. MR-tomographisch sind sie durch ihre inter-mediäre Signalintensität vom sowohl in T1- als auchin T2-Wichtung signalreichen Mediastinalfett dif-ferenzierbar. Nach intravenöser Kontrastmittelgabezeigen normale Lymphknoten einen mäßigen,homo-genen Kontrastanstieg. Sie besitzen eine ovaläreForm, wobei die Längsachse meist parallel zu denvaskulären Leitstrukturen ausgerichtet ist. Das Ver-hältnis von Längs- zu Querdurchmesser liegt norma-lerweise � 2, der Querdurchmesser < 10 mm. Er wirdin anatomischen Arbeiten im Mittel mit 3–6 mm an-gegeben. Nur bei den tracheobronchialen und bifur-kalen Lymphknoten werden in Folge der erhöhtenDrainagefunktion physiologische Querdurchmesservon 11–12 mm beobachtet.

    In axialer Schichtführung bieten Trachea, Aortaascendens, Aorta descendens, V. cava superior, Öso-phagus und V. azygos gut beurteilbare Queran-schnitte. Geringe Volumenzunahmen der benach-barten Lymphknoten werden daher vergleichsweiseleicht erfasst. Wegen ihres zu Partialvolumeneffektenführenden schrägen bis horizontalen Verlaufs bietenStammbronchien, Conus pulmonalis und zentralePulmonalgefäße ungünstigere Abbildungsverhältnis-se. Das aortopulmonale Fenster ist erst bei einemAbstand > 1,5 cm zwischen Aorta und Truncus pul-monalis sicher zu beurteilen.Der spitzwinklige azygo-ösophageale Rezessus wird durch bifurkale (sub-

    Kapitel 17 Mediastinum672

    Abb. 17.6 a, b. Computertomographische Darstellung von zen-tral verfetteten und daher benignen mediastinalen Lymph-knoten. a Bei einem Patienten mit malignem Melanom

    Stadium T1N1M0. b Bei einem Patienten mit linksseitigemPleura- und Perikarderguss

  • 17.2 Fehlbildungen 673

    Abb. 17.7. Normaler Thymus eines 7-Jährigen

    Tabelle 17.1. Häufigkeit mediastinaler Primärtumoren undtumorähnlicher Läsionen (n = 1893). (Mod. nach Hofman u.Otto 1991 sowie Anyanwu u. Krysa 1991)

    Tumor n [%]

    Maligne Lymphome 382 20Thymogene Tumoren 321 17Schilddrüsentumoren 297 16Mediastinale Zysten 229 12Neurogene Tumoren 167 9Teratome/Keimzelltumoren 145 8Sonstige maligne Tumoren 141 7Sonstige tumorähnliche Läsionen 113 6Sonstige benigne Tumoren 98 5

    Tabelle 17.2. Topographie mediastinaler Tumoren (n = 742). (Mod. nach Levasseur et al. 1976)

    Vorderes Mediastinum Mittleres Mediastinum Hinteres Mediastinum[%] [%] [%]69 13 20

    Oberes Mediastinum 48% Schilddrüsentumoren Schilddrüsentumoren SchilddrüsentumorenLymphome Bronchogene Zysten Neurogene TumorenTeratomeThymustumoren

    Mittleres Mediastinum 33% Thymustumoren Bronchogene Zysten Neurogene TumorenTeratome

    Unteres Mediastinum 19% Lipome Bronchogene Zysten Neurogene TumorenPleuroperikardzystenThymustumoren

    der Jugend in allen Wichtungen eine niedrigereSignalintensität als Fettgewebe, mit zunehmender Involution gleicht sich die Signalintensität des Par-enchyms der des umgebenden Fettgewebes an.

    17.2Fehlbildungen

    PathologieBei den meisten zystischen Mediastinaltumoren(10–27% aller primären Mediastinalgeschwülste)handelt es sich um kongenitale Fehlbildungen desBronchialbaums und des neuroenteralen Kanals (Ta-belle 17.1, 17.2; Aktogu 1996; Anayanwu u. Krysa1991; Anawanyu 1991; Haddon 1991; Hofmann 1991;Kohmann 1993; Lange 1996; Levasseur 1976; Merten1991; Schaefer-Prokop 1998; Wegener 1992).

    Bronchogene Zysten stellen etwa 50% aller kon-genitalen Mediastinaltumoren (Tabellen 17.1, 17.3–17.6). Entwicklungsgeschichtlich handelt es sich umAussprossungen aus dem Tracheobronchialsystem,die ihren Anschluss an das Tracheobronchialsystemverloren haben. In ca. 30% liegen bronchogene Zys-ten in Nachbarschaft der zentralen (mediastinaleLokalisation) und in ca. 70% in Nachbarschaft derperipheren Atemwege (pulmonale Lokalisation). Beiparatrachealer Lage werden sie auch als tracheo-bronchiale Zysten bezeichnet. Mediastinale bron-chogene Zysten sind in der Regel in Umgebung derTrachealbifurkation lokalisiert. Ist die fibröse Ver-bindung zu den zentralen Atemwegen verloren, sofinden sich bronchogene Zysten auch paraösopha-geal, in der Ösophaguswand, retrosternal und im hin-teren Mediastinum.Pathologisch-anatomisch handeltes sich um kugelförmige Raumforderungen, derenWandaufbau histologisch dem eines Bronchus ent-spricht. Sie sind mit einem Sekret von seröser bisstark visköser Konsistenz gefüllt. Selten besteht einAnschluss an das Tracheobronchialsystem.

  • Kapitel 17 Mediastinum674

    Tabelle 17.3. Primäre und sekundäre mediastinale Raumforderungen. (Mod. nach Anyanwu u. Krysa 1991)

    Primäre Mediastinaltumoren Sekundäre Mediastinaltumoren

    Neurogene Tumoren Metastasen aller malignen TumorenKeimzelltumoren ÖsophagustumorenThymome Substernale StrumenLymphome AortenaneurysmataEndokrine Tumoren: Struma, Nebenschild- Hiatushernie, Morgagni-Hernie

    drüsenadenom, KarzinoidZystische Tumoren: bronchogene Zyste, Perikardzyste, Anteriore Meningozele

    enterogene Zyste, Thymuszyste PankreaspseudozysteAkzessorische Milz

    Tabelle 17.4. Zystische Mediastinaltumoren. (Mod. nach Amyamwu 1991)

    Angeboren Erworben Parasitär

    Bronchogen Hernien EchinokokkusÖsophageal D. thoracicusGastroenteral PankreaspseudozysteTracheoösophageal NeoplastischPerikardial TeratodermoidThymogen LymphangiomMesothelzyste Zystisches ThymomMeningozele

    Tabelle 17.5. Klassifikation thymogener bzw. mediastinaler Tumoren und tumorähnlicher Läsionen. (Mod. nach Hofmann u.Otto 1991)

    Thymogene Mediastinaltumoren Nicht thymogene Mediastinaltumoren

    Thymome Keimzelltumoren/TeratomeThymuskarzinoide Histiozytäre TumorenMesenchymale Thymustumoren Maligne LymphomeThymolipome M. HodgkinThymushyperplasie Non-Hodgkin-LymphomeHistiozytäre Tumoren Neurogene TumorenMaligne Lymphome Tumorähnliche LäsionenM. Hodgkin Mediastinale ZystenNon-Hodgkin-Lymphome Angiofollikuläre LymphknotenhyperplasieTumorähnliche LäsionenThymogene ZystenThymushyperplasie

    Tabelle 17.6. Staging epithelialer Thymustumoren. (Nach Masaoka et al. 1981)

    Stadium I Makroskopisch allseits kapselbegrenzte Thymome, histologisch keine KapselinfiltrationStadium II Makroskopisch Invasion des parathymalen Fettgewebes und/oder der mediastinalen Pleura,

    histologisch KapselinfiltrationStadium III Makroskopische Infiltration benachbarter Organe wie Perikard, Lunge und GefäßeStadium IVa Pleurale und/oder perikardiale TumorinfiltrationStadium IVb Lymphatische oder hämatogene Metastasen

  • Angeborene tracheobronchiale Fisteln sind sehrselten. Sie sind histologisch aus unterschiedlichenTracheal- und Ösophaguswandanteilen aufgebaut undnehmen kontinuierlich an Größe zu, bis sich schließ-lich eine zystische Raumforderung entwickelt hat.

    Aus dem dorsalen Anteil des Urdarms entwickelnsich Ösophagus und Gastrointestinaltrakt. Alle zys-tischen Fehlbildungen, die sich aus diesem Anteil des Urdarms entwickeln, werden unter dem Begriff„enterale Zysten“ zusammengefasst, Synonyme sind„Duplikationszysten“, „Anschlusszysten“ und „Du-plikaturen“. Ösophageale und gastroenterale Zystenberuhen auf einer fehlerhaften Umwandlung der inder Embryonalzeit soliden Speiseröhre in ein Hohl-organ. Sie sind in Umgebung des Ösophagus (öso-phageale Zysten) und im hinteren Mediastinum anzutreffen (gastroenterale Zysten). Enterale Zystensind mit Ösophagus-, Magen- oder Dünndarmepi-thel ausgekleidet. Sie enthalten ein wässriges Sekretund im Falle eines Anschlusses an den Magen-Darm-Trakt häufig Luft.

    Neuroenterale Zysten entstehen durch eine unvoll-ständige Trennung des Endoderms von der noto-chordalen Platte. Im Gegensatz zu bronchogenenZysten sind neuroenterale Zysten paravertebral loka-lisiert und sind eine Differentialdiagnose zu Ductus-thoracicus-Zysten, die typischerweise erst bei einerSektion diagnostiziert werden. Neuroenterale Zystensind in der Regel von Ösophagus-, Magen- oderDünndarmepithel ausgekleidet und über einen Stielsowohl mit den Meningen als auch mit unterschied-lichen Abschnitten des Gastrointestinaltraktes ver-bunden.

    Das Perikard entsteht aus der Verschmelzung ur-sprünglich nicht miteinander in Verbindung stehen-der lakunärer Hohlräume. Werden bei der embryo-nalen Verschmelzung einzelne Lakunen ausgespart,so entstehen Perikardzysten, die bevorzugt im rech-ten, aber auch im linken kardiophrenischen Winkelauftreten. Pathologisch-anatomisch handelt es sichum mono- bis polyzystische Raumforderungen, dievon kubischen oder flachen Epithelzellen ausge-kleidet sind und seröse Flüssigkeit enthalten. Pleuro-perikardiale Zysten sind meist zwischen 3 und 8 cmgroß. Sie kommunizieren nur selten mit der Peri-kardhöhle.

    Mesothelzysten entwickeln sich aus der gleichenAnlage wie Perikardzysten. Sie befinden sich in ande-ren Lokalisationen des Mediastinums und sind nichtmit dem Perikard verbunden.

    Angeborene Thymuszysten sind auf eine Entwick-lungsstörung der dritten Kiementasche zurückzu-führen.

    Meningozelen (s.Abschn. 16.4.2) gehören im enge-ren Sinne nicht zu der Gruppe der angeborenenMediastinalzysten, sollten jedoch in die Differential-

    diagnose zystischer Raumforderungen des hinterenMediastinums einbezogen werden.

    KlinikAngeborene Mediastinalzysten sind meist asympto-matisch und werden im frühen Erwachsenenalter alsZufallsbefund auf einer Thoraxübersichtsaufnahmediagnostiziert (Aktogu 1996; Anayanwu u. Krysa1991; Anawanyu 1991; Benzarti 1997; Haddon 1991;Kohmann 1993; Lange 1996; Merten 1991; Schaefer-Prokop 1998). Durch Kompression paraspinaler Ner-ven, der zentralen Atemwege und der Speiseröhrekönnen bei größeren Raumforderungen Schmerzen,Luftnot und Erbrechen auftreten. Bronchogene Zys-ten, die in Umgebung der Carina lokalisiert sind,führen meist schon in der Kindheit zu Obstruktions-erscheinungen. Paraösophageale Zysten haben ge-legentlich eine Dysphagie zur Folge, werden jedochnur selten superinfiziert. Einblutungen und Infektio-nen können zu plötzlicher starker Größenzunahmeführen. In seltenen Fällen kann eine bronchogeneZyste obliterieren. Bei gastroenteralen Zysten kannMagensekret durch Andauung der Zystenwand gas-tritische Beschwerden und im Extremfall eine Zysten-perforationen mit entsprechenden Komplikationenverursachen. Enterale Zysten sind typischerweise mitweiteren Fehlbildungen wie Spina bifida, Skoliose,Hemivertebrae, Meningozele, Herzmissbildungen,intraabdominellen Zysten und Malrotationen desDarms vergesellschaftet.

    ProjektionsradiographieAuf der Thoraxübersichtsaufnahme stellen sich an-geborene Mediastinalzysten als rundlich-ovaläre,meist glatt konturierte mediastinale Raumforderun-gen dar (Abb. 17.8; Aktogu 1996; Anayanwu u. Krysa1991; Anawanyu 1991; Haddon 1991; Kohmann 1993;Lange 1996; Merten 1991; Murray 1992). Broncho-gene Zysten sind typischerweise in unmittelbarerNachbarschaft der Atemwege gelegen (Abb. 17.9 a, b).Enterale Zysten sind vorwiegend im hinteren Medias-tinum lokalisiert und können gelegentlich Kalzifi-zierungen aufweisen. Luft-Flüssigkeits-Spiegel wei-sen auf eine Verbindung zu den zentralen Atem-wegen oder dem Gastrointestinaltrakt hin. Durchperorale Kontrastierung der Speiseröhre lässt sicheine Verlagerung oder Lumeneinengung des Öso-phagus diagnostizieren. Eine glatt begrenzte Raum-forderung im kardiophrenischen Winkel macht einePerikardzyste wahrscheinlich (Abb. 17.10). OssäreMissbildungen wie Spina bifida, Skoliose und Hemi-vertebrae lassen an mediastinale Missbildungstumo-ren denken. Eine sichere diagnostische Zuordnungist jedoch bildmorphologisch nicht möglich und be-darf bei therapeutischer Relevanz der histologischenKlärung.

    17.2 Fehlbildungen 675

  • Kapitel 17 Mediastinum676

    Abb. 17.8 a, b. Verkalkte mediastinale Zyste. a Sagittale undb seitliche Thoraxübersichtsaufnahme

    Abb. 17.9 a–c. Bronchogene Zysten. a Sagittale und b seitlicheThoraxübersichtsaufnahme mit Nachweis einer glatt berande-ten Raumforderung im vorderen oberen Mediastinum (Pfeil)

  • SchnittbilddiagnostikSchnittbilddiagnostisch lässt sich die die zystischeNatur der Raumforderung und ihre topographischeBeziehung zu den Nachbarstrukturen klären (Aktogu1996; Anayanwu u. Krysa 1991; Anawanyu 1991;Bittner 1998; Daldrup 1998; Haddon 1991; Kohmann1993; Lange 1996; Lesko 1999; Merten 1991; Murray1992; Schaefer-Prokop 1998; Siegel 1991; Wegener1992; Wilson 1994). Es handelt sich in der Regel um dünnwandige Zysten von variabler Form. DieDichte der Flüssigkeit schwankt je nach Eiweißge-halt zwischen –5 und 25 H. E. bei pleuroperikardialenZysten (Abb. 17.10b) und zwischen 20 und 50 H.E.bei bronchogenen und enteralen Zysten, sodass ei-weißreiche Zysten computertomographisch als soli-de Prozesse fehlgedeutet werden können. Die MR-Tomographie ist der Computertomographie wegender eindeutigeren Differenzierung von Zysten mitproteinreichem Inhalt und soliden Geweben me-thodisch überlegen (Abb. 17.9c). MR-tomographischstellt sich die Zystenflüssigkeit unabhängig vonihrem Eiweißgehalt in T2-Wichtung signalreich dar,wohingegen in T1-Wichtung seröse Flüssigkeitensignalarm und eiweißreiche Flüssigkeiten isointensbis signalreich zur Abbildung kommen. Nach intra-venöser Kontrastmittelgabe findet sich computer-und MR-tomographisch kein intrazystisches Enhan-cement, sondern allenfalls ein Enhancement in derZystenwand.

    Bronchogene Zysten liegen in über 50% der Fällerechts parakarinär, seltener paratracheal, paraöso-phageal und retrokardial. Bei paravertebraler Lagekommt eine enterale Zyste in Betracht. Pleuroperi-

    kardiale Zysten sind typischerweise in den vorderenkardiophrenischen Winkeln lokalisiert. Luft-/Flüs-sigkeitsspiegel weisen auf einen Anschluss an dasTracheobronchialsystem oder den Gastrointestinal-trakt hin.

    Enterale Zysten sind häufiger mit Malformationender Wirbelsäule wie Hemivertebrae, Schmetterlings-wirbel und Skoliose vergesellschaftet. Die Abgren-zung gegenüber mediastinalen Pankreaspseudozys-

    17.2 Fehlbildungen 677

    Abb. 17.10 a, b. Perikardzyste. a Ausschnittsvergrößerung einerThoraxübersichtsaufnahme, b CT nach intravenöser Kontrast-mittelgabe

    Abb. 17.9 c. T2-gewichtetes Turbo-Spin-Echo-Bild mit Nach-weis einer signalreichen bronchogenen Zyste im hinterenoberen Mediastinum (anderer Patient)

  • ten bereitet wegen der meist eindeutigen Anamneseund Klinik sowie dem obligaten infradiaphragmalenBefund keine Schwierigkeiten. Die Artdiagnose istjedoch in der Regel nicht zu stellen.

    17.3Entzündungen

    17.3.1Akute Mediastinitis

    PathologieEntzündliche Mediastinalerkrankungen werden inakute und chronische Formen unterteilt (Tabel-le 17.1). Die akute Mediastinitis ist Folge einer bak-teriellen Infektion und nimmt typischerweise einenfoudroyanten, häufig letalen Verlauf (Kohmann 1993;Lange 1996; Schaefer-Prokop 1998; Wegener 1992).Sie beruht in über 90% der Fälle auf einer Ösopha-gusperforation durch iatrogene Manipulation (En-doskopie, Biopsie, Fremdkörperextraktion), Tumor-infiltration oder äußere Verletzung. Spontane Öso-phagusperforationen werden vereinzelt nach schwe-rem Erbrechen (Boerhaave-Syndrom) beobachtetund sind in der Regel suprakarinär lokalisiert. Sel-tener sind akute Mediastinitiden Folgen einer Ope-ration (Sternotomie, Magenhochzug) oder zervikalerEntzündungen, die sich entlang der präformiertenFaszienräume in das Mediastinum ausbreiten. Ent-zündungen der Pleura, der Lunge und der Wirbel-säule greifen aufgrund der anatomisch-topographi-schen Gegebenheiten erst spät auf das Mediastinumüber. Das entzündliche Exsudat durchsetzt die me-diastinalen Spalträume in der Regel diffus. Seltenerbilden sich mediastinale Abszesse, die ihrerseits indie Speiseröhre, die zentralen Atemwege und diePleurahöhlen einbrechen können.

    KlinikPlötzlich auftretende schwere retrosternale Schmer-zen, die in die Halsweichteile ausstrahlen, Fieber,Schüttelfrost, eine obere Einflussstauung und einzervikales Weichteilemphysem lassen an eine akuteMediastinitis denken.

    ProjektionsradiographieAuf der Thoraxübersichtsaufnahme zeigt sich einefortgeschrittene Mediastinitis als unscharf begrenz-te, bilaterale, meist kranial betonte Mediastinalver-breiterung (Abb. 17.11a; Lackner 1998; Lange 1996;Murray 1992). Der Vergleich mit Voraufnahmen kannbei entsprechender Klinik zur Bewertung initialerVeränderungen hilfreich sein. Lufteinschlüsse in Pro-jektion auf das mittlere Mediastinum und die Hals-weichteile können Folge einer Ösophagusperforation

    sein. Oft werden begleitende Pleuraergüsse, gelegent-lich ein meist links lokalisierter Seropneumothoraxbeobachtet. Bei entsprechendem Verdacht ist dieDurchführung einer Ösophagusbreischluckuntersu-chung indiziert. Mediastinale Gasansammlungen,die nicht auf eine Ösophagusperforation oder eineOperation zurückzuführen sind, sind als Ausdruckeiner Abszedierung zu werten.

    SchnittbilddiagnostikÜber die Aussage der Thoraxübersichtsaufnahme hin-ausgehend zeigt das mediastinale Fett- und Binde-gewebe als Ausdruck der entzündlichen Exsudationeine streifige bis diffuse Anhebung der Dichte (CT)

    Kapitel 17 Mediastinum678

    Abb. 17.11 a, b. Akute Mediastinitis infolge einer iatrogenenÖsophagusperforation: a Die Thoraxübersichtsaufnahme zeigt eine glatt begrenzte Verbreiterung des oberen Medias-tinums. b Computertomographisch sind extraluminale Luft-einschlüsse und eine diffuse Dichteanhebung des mediastina-len Fett-/Bindegewebes durch das entzündliche Ödem nach-zuweisen

  • bzw. der Signalintensität (T2-gewichtetes MR-Bild;Abb. 17.11b; Bittner 1998; Lange 1996; Lesko 1999Murray 1992; Schaefer-Prokop 1998; Siegel 1996; We-gener 1992; Wilson 1994). Bei schlanken Patienten ist der Abstand zwischen den Mediastinalgefäßendurch das Exsudat vergrößert. Luftansammlungenlassen sich einzelnen mediastinalen Kompartimen-ten und Organstrukturen zuordnen, wodurch dieDifferentialdiagnose eingeengt wird. UmschriebeneFlüssigkeitsansammlungen mit hyperdensem/hyper-intensem Randsaum nach intravenöser Kontrast-mittelgabe machen insbesondere bei Vorliegen zen-traler Lufteinschlüsse eine Abszedierung wahrschein-lich (s. Abschn. 17.4.5). In der postoperativen Phaseist zu bedenken, dass kleinere Luft- und Flüssig-keitsansammlungen in der Regel bis zu 20 Tage und selten bis zu 50 Tage nach der Operation nach-weisbar sind, ohne dass eine Entzündung vorliegt (Abb. 17.12). Erst ein Wiederauftreten oder eine Zu-nahme in Verlaufskontrollen deuten auf ein entzünd-liches Geschehen hin.

    17.3.2Chronische Mediastinitis

    PathologieDie Ätiologie der chronischen Mediastinitis ist hete-rogen und zum Teil ungeklärt (Tabelle 17.1). Meist istsie infektiösen Ursprungs (Tuberkulose, Mykosen,Histoplasmose, Aktinomykose, Syphilis), sie kannjedoch auch als Folge eines Mediastinalhämatoms,einer Bestrahlung, einer medikamentösen Therapie(Methysergid) oder eines mediastinalen M. Ormondsein (Hainaut 1998; Kohman 1993; Lange 1996;Schaefer-Prokop 1998; Wegener 1992).

    Eine Unterscheidung in granulomatöse und fibro-sierende Formen ist nicht sinnvoll, da eine granu-lomatöse Mediastinitis schleichend in eine fibröseMediastinitis übergehen kann und sich die Röntgen-morphologie beider Entitäten nicht unterscheidet.Die chronische Mediastinitis betrifft nahezu aus-nahmslos das obere Mediastinum im paratrachealen,subcarinalen und hilären Bereich. Die Diagnoseeiner chronischen Mediastinitis wird in der Regelhistologisch gestellt. Pathologisch-anatomisch zeigensich Veränderungen im Rahmen einer granuloma-tösen Entzündung oder eine derbe Bindegewebs-platte, die die großen Mediastinalgefäße, die zentra-len Atemwege und den Ösophagus einmauert.

    KlinikDer klinische Verlauf ist in der Regel subakut. Bei der tuberkulösen Mediastinitis im Kindesalter sindausgeprägte Lymphknotenschwellungen typisch, dieKompressionserscheinungen hervorrufen können.Die entzündeten Lymphknoten können einschmelzenund Anschluss an die Atemwege gewinnen. Bei Er-wachsenen sind tuberkulöse Lymphknotenvergröße-rungen nur mäßig ausgeprägt (Hainaut 1998; Lange1996; Moon 1996; Schaefer-Prokop 1998). Das gleich-zeitige Vorliegen einer retroperitonealen Fibrose,einer Riedel-Struma oder eines orbitalen Pseudo-tumors spricht für eine idiopathische fibröse Medias-tinitis. Ein Verschlusssyndrom der V. cava superiorwird in etwa 10% der Fälle, also seltener als beineoplastischen Mediastinalprozessen beschrieben.Gelegentlich wird eine Dysphagie durch Einengun-gen des Ösophagus oder eine Dyspnoe durch Ein-engung der zentralen Atemwege und der zentralenPulmonalgefäße beobachtet.

    ProjektionsradiographieDie radiologischen Symptome variieren mit der Aus-dehnung und Lokalisation der chronischen Entzün-dung bzw. Fibrosierung. Die Thoraxübersichtsauf-nahme kann einen mediastinalen Normalbefund,eine meist das obere Mediastinum betreffende dif-fuse Verbreiterung oder eine lobulierte, meist rechtsbetonte, paratracheale Raumforderung zeigen. Ver-kalkungen sind selten. Pulmonale Infiltrate und hiläre Lymphknotenvergrößerungen können auf dieGenese der Erkrankung hindeuten (Kohman 1993;Lange 1996; Murray 1992). Pulmonale Minderbe-lüftungen aufgrund einer Obstruktion der zentra-len Atemwege, eine pulmonal-venöse Stauung auf-grund einer Obstruktion der zentralen Lungenvenenoder eine pulmonal-arterielle Hypertonie aufgrundeiner Obstruktion der zentralen Lungenvenen oderder zentralen Pulmonalarterien legen in solchenFällen die Diagnose einer chronischen Mediastinitisnahe.

    17.3 Entzündungen 679

    Abb. 17.12. Computertomographische Darstellung physiolo-gischer mediastinaler Lufteinschlüsse nach Herzoperation

  • SchnittbilddiagnostikDie chronische Mediastinitis findet ihre computer-tomographische Entsprechung in einer meist imoberen mittleren Mediastinum gelegenen Verdich-tung, die die mediastinalen Fettschichten maskiertund den Ösophagus, die zentralen Atemwege und die großen Gefäße in unterschiedlichem Maße ein-scheidet (Kohman 1993; Lange 1996; Murray 1992;Schaefer-Prokop 1998; Wegener 1992; Wilson 1994).Sie kann eine flächige pseudotumoröse oder eine re-tikuläre Struktur aufweisen. Gelegentlich liegen nurminimale perivaskuläre Verdichtungen des medias-tinalen Fettgewebes vor. MR-tomographisch wird dieSignalintensität von dem Exsudatgehalt des patho-logisch veränderten Gewebes bestimmt. Chronischfibrosierende Formen weisen sowohl in T1- als auchin T2-Wichtung eine Signalintensitätsminderung imVergleich zum gesunden mediastinalen Fett-/Binde-gewebe auf (Bittner 1998; Lesko 1999; Siegel 1996).Die Intensität des Enhancements nach intravenöserKontrastmittelgabe spiegelt die Floridität des ent-zündlichen Prozesses wieder. Typischerweise liegenLymphknotenvergrößerungen vor, die von entzünd-lichen Lymphknotenveränderungen anderer Genesenicht zu differenzieren sind. Bei älteren Verschlüs-sen der V. cava superior lässt sich das Ausmaß derThrombose anhand des Kollateralkreislaufes überdas Azygosvenensystem abschätzen.

    17.4Mediastinale Raumforderungen

    17.4.1Allgemeines

    PathologieDer topographische Begriff „Mediastinaltumor“ be-inhaltet eine Vielzahl pathogenetisch und histolo-gisch unterschiedlicher Tumoren, die mehrheitlichgutartig sind (Tabelle 17.4–17.6; Anayanwu u. Krysa1991; Anayanwu 1991; Chang 1994; Hofmann 1991;Kohman 1993; Lackner1998; Lange 1996; Levasseur1976; Merten 1991; Schaefer-Prokop; Wegener 1992).Die differentialdiagnostische Zuordnung orientiertsich einerseits an der Tumorlokalisation im vorde-ren, mittleren oder hinteren Mediastinum und ande-rerseits an der Bildmorphologie (solide vs. zystischeTumoren, Tumorkalzifikationen, Fettanteile). Entspre-chend der anatomischen Topographie sind als erwor-bene Tumoren im vorderen Mediastinum Thymomebzw. Thymuskarzinome (Tabelle 17.6), benigne undmaligne teratogene Tumoren und maligne Lympho-me zu erwarten. Raumforderungen im mittlerenMediastinum gehen vom Herzen (Aneurysmen), vonden großen Gefäßen (Aneurysmen, Hämatome), von

    der Speiseröhre (Ösophaguskarzinom, Dilatation desÖsophagus bei Achalasie und Sklerodermie), von denzentralen Atemwegen (Bronchialkarzinom) und vonden regionären Lymphknoten (benigne Lymphade-nopathie, maligne Lymphome, Lymphknotenmetas-tasen) aus. In Zwerchfellnähe können abdominelleOrgane durch Zwerchfelllücken in das mittlere Me-diastinum hernieren (axiale und paraösophagealeHiatushernie, Upside-down-Magen, Morgagni-Her-nie, Bochdalek-Hernie). Raumforderungen des hinte-ren Mediastinums sind überwiegend neurogenen(Neurinome, Neurofibrome) oder vaskulären Ur-sprungs (Aneurysmen des Aortenbogens und derAorta descendens).

    Aus systematischer Sicht werden kardiovaskuläreRaumforderungen, Ösophagusprozesse und neuro-gene Tumoren in den Bänden „KardiovaskuläresSystem“, „Gastrointestinales System“ und „Kopf –Hals“ dieser Reihe ausführlicher behandelt. Im Wei-teren wird nur auf ihre differentialdiagnostischeBedeutung eingegangen.

    KlinikMediastinale Raumforderungen sind meistens asymp-tomatisch und werden als Zufallsbefund entdeckt(Anayanwu u. Krysa 1991; Anawanyu 1991; Chang1994; Freitas 1994; Higgins 1993; Kohman 1993;Lange 1996; Masaoka 1981; Merten 1991; Schaefer-Prokop 1998; Schulman 1998; Wegener 1992). Thorax-schmerzen, Husten, Dyspnoe und Fieber sind Leit-symptome eines malignen Mediastinaltumors. EineInfiltration oder Kompression des N. recurrens führtzu Heiserkeit, des Ganglion stellatum zum Horner-Syndrom und der Lymphbahnen zum mediastinalenLymphstau und evtl. Chylothorax. Eine akute, d.h.schnell entstandene Kompression der V. cava supe-rior hat eine obere Einflussstauung zur Folge, wo-hingegen eine chronische partielle oder vollständigeBlockade der V. cava superior zur Ausbildung einesvenösen Kollateralkreislaufs führt. Hierfür sind in25% der Fälle benigne und in 75% der Fälle maligneTumoren wie vom rechten Oberlappen ausgehendeBronchialkarzinome, maligne Strumen und Thymo-me als ursächlich zu nennen. Rückenschmerzen kön-nen Folge eines Tumors im hinteren Mediastinumsein. Eine Myasthenia gravis kann mit einem Thy-mom,eine paroxysmale Hypertonie mit einem neuro-endokrinen Tumor (Phäochromozytom, chromaffi-nes Paragangliom, Ganglioneurom) und eine Hyper-kalzämie mit einem solitären Adenom (85%), multi-plen Adenomen (4%), einer Hyperplasie (10%) odereinem Karzinom (1%) der Nebenschilddrüse verge-sellschaftet sein.

    Die Aufgaben der bildgebenden Diagnostik beider Abklärung mediastinaler Raumforderungen be-stehen in der Identifizierung des Tumors und seiner

    Kapitel 17 Mediastinum680

  • Lokalisation, in der Beschreibung der Tumormor-phologie, in der Erfassung von pulmonalen, pleu-ralen oder ossären Begleiterkrankungen, in der Einengung der Differentialdiagnose und in der The-rapiekontrolle. Hierbei ist schnelles, klinisch effi-zientes und kosteneffektives Vorgehen von Bedeu-tung.

    ProjektionsradiographieDie Thoraxübersichtsaufnahme in posterior-ante-riorem und seitlichem Strahlengang stellt die Basis-diagnostik des Mediastinums dar (Anayanwu u.Krysa 1991; Anawanyu 1991; Chang 1994; Cole 1995;Kohman 1993; Lackner 1998; Lange 1996; Merten1991; Murray 1992; O’Donovan). Sie erlaubt die Be-urteilung von Krankheitsverläufen und hat einegroße differentialdiagnostische Breite (Herz, Lunge,Mediastinum, Skelett). Mit Thoraxübersichtsauf-nahmen lassen sich Mediastinaltumoren ab einemDurchmesser von etwa 1,5 cm zuverlässig nachwei-sen. Kleinere Tumoren entgehen dem projektions-radiographischen Nachweis, da sie von den physiolo-gischen Thoraxstrukturen überlagert werden. Tho-

    raxübersichtsaufnahmen geben keine zuverlässigeAuskunft über die Dichte der mediastinalen Raum-forderung. Nur Kalkeinschlüsse sind aufgrund desgroßen Absorptionsunterschiedes sicher von Weich-teilgewebe zu unterscheiden. Durch perorale Gabeeines röntgenpositiven Kontrastmittels können Lageund Wandkonturen des Ösophagus dargestellt wer-den. Soweit Schluckstörungen im Vordergrund ste-hen, sollte ein Ösophagusbreischluck erfolgen. DieStabilität der Trachealwand wird durch durchleuch-tungsgesteuerte Zielaufnahmen während der Aus-führung des Müller- (Erzeugung eines intrathoraka-len Unterdrucks) und des Valsalvamanövers (Erzeu-gung eines intrathorakalen Überdrucks) kontrolliert(Abb. 17.13 a, b). Die konventionelle Tomographie hatihre Bedeutung durch die Einführung der digita-len Schichtbildverfahren CT und MRT verloren. Zurprätherapeutischen Darstellung des topographischenBezugs eines Mediastinaltumors zu den großenMediastinalgefäßen kann eine Arterio- oder Kavo-graphie notwendig werden. Die Myelographie wurdein weiten Indikationsbereichen durch die MR-Tomo-graphie ersetzt.

    17.4 Mediastinale Raumforderungen 681

    Abb. 17.13 a, b.Durchleuchtungsgesteuerte Zielauf-nahmen der Trachea während des Müller-Manövers (Erzeugung eines intra-thorakalen Unterdrucks, a) und desValsalva-Manövers (Erzeugung einesintrathora-kalen Überdrucks, b).Links betonte, retrosternale Struma mit Trachealverlagerung nach rechts.Keine Trachealinstabilität

  • SchnittbilddiagnostikWegen ihrer überlagerungsfreien Darstellung derPathoanatomie und ihres überlegenen Weichteilkon-trastes werden die Computertomographie und inletzter Zeit zunehmend auch die MR-Tomographie(Abb. 17.14) zur Beschreibung der genauen Lokali-sation und Morphologie projektionsradiographischnachgewiesener Mediastinalprozesse, zum präope-rativen TMN-Staging und zur Suche nach kleine-ren, auf der Thoraxübersichtsaufnahme mutmaßlichnicht sichtbaren mediastinalen Raumforderungenbei entsprechendem klinischen Verdacht eingesetzt(Anayanwu u. Krysa 1991; Anawanyu 1991; Bittner1998; Chang 1994; Daldrup 1998; Ferguson 1998;Higgins 1993; Kohman 1993; Lesko 1999; Merten1991; Murray 1992; Schaefer-Prokop 1998; Siegel1996; Storto, Wegener 1992; Wilson 1994). In derklinischen Routine hat sich wegen ihrer diagnos-tischen Genauigkeit und der vergleichsweise güns-tigen Kosten-Nutzen-Relation die Computertomo-graphie bewährt. Bei Staging-Untersuchungen wer-den Sensitivitäten zwischen 75–95%, Spezifitätenzwischen 65–100% und Treffsicherheiten zwischen75–95% angegeben. Die MR-Tomographie gilt in

    der Beurteilung des Mediastinums der Computer-tomographie als ebenbürtig.Von Vorteil sind die feh-lende Strahlenexposition, die freie Wahl der Schicht-ebenen, der hohe Weichteilkontrast und die von einerintravenösen Kontrastmittelgabe weitgehend unab-hängige Darstellung der Gefäßstrukturen. Als nach-teilig gelten die vergleichsweise hohen Kosten,die geringere Geräteverfügbarkeit, die bislang etwasniedrigere Ortsauflösung und die untersuchungs-technisch noch nicht vollständige behobene Anfäl-ligkeit für Bewegungsartefakte. Daher sollte nur beiFragestellungen, die das hintere Mediastinum be-treffen, und bei Kindern oder Patienten mit bekann-ter Kontrastmittelunverträglichkeit der MR-Tomo-graphie der Vorzug gegeben werden.

    Die transkutane Sonographie erlaubt bei jugulärerund parasternaler Einschallung eine begrenzte Ein-sicht in das vordere obere Mediastinum (Betsch1994). Eine retrosternale Struma ist diagnostizierbar.Eine Beurteilung der kaudalen Anteile ausgedehn-terer Strumen und eine genaue topographische Zu-ordnung eines vergrößerten Schilddrüsenlappens zuTrachea und den großen Gefäßen ist jedoch wegender Behinderung der Schallwellenausbreitung durchKnochen und Luft nicht möglich, sodass sich dieMethode bei der Klärung mediastinaler Fragestel-lungen nicht breiter durchsetzte.

    Durch die Einführung der transösophagealenEndosonographie wurde eine sonographische Be-urteilung der Ösophaguswand und des periösopha-gealen Mediastinums einschließlich des Herzens und der Aorta ascendens möglich (Schüder 1995).Die Präzision, mit der die anatomischen Schichtender Ösophaguswand dargestellt werden können,wird durch kein anderes bildgebendes Verfahren er-reicht. Kraniokaudale Begrenzung und Infiltrations-tiefe von Ösophagustumoren werden in etwa zweiDritteln der Fälle richtig bestimmt. Ösophagus-impressionen durch mediastinale Tumoren könnensicher von intramuralen Tumoren unterschiedenwerden.

    Die genannten Verfahren erlauben nur eine be-grenzte differentialdiagnostische Zuordnung medias-tinaler Tumoren. Diese orientiert sich an Lokalisa-tion, Form, Kontur und Dichte (CT) bzw. Signal-intensität (MRT) des Fremdgewebes vor und nach intravenöser Kontrastmittelgabe. Mehrere, nicht ope-rationspflichtige mediastinale Tumoren wie Thymo-lipome, Zysten und benigne Strumen können in Zusammensicht mit Anamnese und Klinik sicherdiagnostiziert werden. In vielen Fällen ist jedoch zur Wahl des geeigneten Therapieverfahrens einehistologische Sicherung notwendig. Bei günstigerLokalisation im vorderen oder hinteren Mediastinumbieten sich perkutane CT- oder neuerdings auch MR-gesteuerte Biopsietechniken zur Dignitätsklärung

    Kapitel 17 Mediastinum682

    Abb. 17.14. Das Mediastinum infiltrierendes Chondrosar-kom. T2-gewichtetes Turbo-Spin-Echo-Bild in der die maxi-male mediastinale Tumorausdehnung erfassenden angulier-ten Schichtrichtung

  • einer mediastinalen Raumforderung an. Für die histo-logische Beurteilung maligner Lymphome ist derMaterialbedarf jedoch so groß, dass oft einer offenenBiopsie über eine Mediastinoskopie oder eine Tho-rakotomie der Vorzug gegeben wird. In seltenenFällen kann die interventionelle Behandlung einertrachealen, ösophagealen oder venösen Tumorob-struktion durch Laserung und/oder Stent-Einlagesinnvoll sein.

    17.4.2Primäre Mediastinaltumoren

    Primäre Mediastinaltumoren sind als Raumforde-rungen definiert, die von einer im Mediastinum gele-genen Organstruktur ausgehen (Anayanwu u. Krysa1991; Anayanwu 1991; Chang 1994; Daldrup 1998;Kohman 1993; Lackner 1998; Lange 1996; Levasseur1976; Merten 1991; Schaefer-Prokop 1998; Wegener1992). Auf angeborene primäre Mediastinaltumo-ren wurde im Abschn. 17.2 eingegangen. Erworbeneprimäre Mediastinaltumoren sind selten, sie sinddurch große Heterogenität ausgezeichnet (Tabel-len 17.2–17.6).

    Da sich die Mediastinalorgane aus allen drei Keim-blattanlagen entwickeln, werden im Mediastinumneben histogenetisch unterschiedlichen Tumorenteratoide Geschwülste mit ekto-, ento- und mesoder-malen Anteilen gefunden.

    Vorderes Mediastinum

    Pathologie und KlinikPrimärtumoren des vorderen Mediastinum gehenvon den dort befindlichen parenchymalen und mes-enchymalen Geweben aus (Tabelle 17.3, Anayanwu u. Krysa 1991; Anayanwu 1991; Brown 1991; Chang1994; Hofmann 1991; Kohman 1993; Lackner 1998;Lange 1996; Masaoka 1981; Merten 1991; Saleeb 1999; Schaefer-Prokop 1998; Wegener 1992). In derHauptsache handelt es sich um retrosternale Stru-men, Thymome, Teratome und primäre Lymphkno-tenerkrankungen. Aber auch Perikardtumoren, Para-gangliome, Lipome, Hämangiome, Hämatome oderMorgagni-Hernien kommen in Betracht. Oft ist dieErkrankung nicht auf das vordere Mediastinum be-schränkt, sondern bezieht das mittlere Mediastinumein. Bei zystischen Prozessen ist an Thymuszysten,Teratome, Dermoidzysten und Strumen zu denken.Teratome, Dermoidzysten, maligne Keimzelltumorenund Strumen weisen typischerweise Kalzifikationenauf. Fettanteile machen Lipome, Teratome oder Der-moidzysten wahrscheinlich.

    Die physiologische Involution des Thymus nachdem 20. Lebensjahr geht mit dem Ersatz des Drü-

    senparenchyms durch Fettgewebe einher. Thymus-atrophien findet man auch bei schweren Allgemein-erkrankungen und unter Chemotherapie. ReaktiveThymushyperplasien („thymic rebound“; Abb. 17.15)werden nach schweren Allgemeinerkrankungen,Radiochemotherapien, Thyreotoxikosen, Hashimoto-Thyreoiditis, M. Addison und M. Behçet beobachtetund werden mit einer Besserung der Immunlage inVerbindung gebracht. Hierbei kann die Volumenzu-nahmen des Thymus über 50% des Ausgangswertesbetragen. Die gleichfalls als Hyperplasie bezeichnetelymphoide Reaktion des Thymus bei Myastheniagravis ist nicht obligat mit einer Organvergrößerungverbunden.

    Primäre Thymustumoren sind selten (Tabelle 17.1).Die unter ontogenetischen und histogenetischenAspekten komplizierte Organstruktur des Thy-mus hat zur Entwicklung zahlreicher Klassifika-tionen geführt. Mehrheitlich werden unter dem Be-griff „Thymom“ die epithelialen Thymustumorensubsummiert. Bei Erwachsenen ist das Thymom der häufigste Tumor im vorderen Mediastinum(Masaoka 1981). Extrem selten werden ektope Thy-mome im hinteren Mediastinum und im lateralenHalsbereich beschrieben. Epitheliale Thymustumo-ren werden meist im mittleren Lebensalter diagnos-tiziert. Ihre Größe schwankt von wenigen Millime-tern bis zu 30 cm. Unter klinischen und prognos-tischen Aspekten ist es sinnvoll, zwischen nichtin-vasiven und invasiven Thymomen zu unterscheiden.Histologisch sind Thymome meistens durch mitLymphozyten vermischte gutartig erscheinende neo-plastische Thymusepithelzellen charakterisiert. Siekönnen eine Kapsel aufweisen, infiltrativ wachsenund intrathorakal metastasieren. Extrathorakale Ab-siedlungen sind eine Rarität. Thymome sind oftasymptomatisch oder aber mit Symptomen einerMyasthenia gravis assoziiert. 50% der Patienten mitThymom haben eine Myasthenia gravis, 10% einparaneoplastisches Syndrom.

    Maligne Thymome werden histologisch besser alsThymuskarzinome beschrieben. Thymuskarzinoidewerden histogenetisch den Neuroendokrinopathienzugerechnet. Sie treten gehäuft bei Männern im mitt-leren Lebensalter auf und haben aufgrund ihres ag-gressiven Wachstums eine vergleichsweise schlechtePrognose. Primäre Thymustumoren mesenchymalenUrsprungs sind selten. Thymuslipome sind unter denmesenchymalen Thymustumoren die mit Abstandgrößte Gruppe. Sie treten bei Kindern und jungenErwachsenen auf und können eine beträchtlicheGröße erreichen. Erworbene Thymuszysten sindFolge einer Entzündung, einer Operation oder einerRadiochemotherapie.

    Der Thymus ist bei M. Hodgkin in etwa 30% derFälle infiltriert (Tabelle 17.1). Insofern sind im vor-

    17.4 Mediastinale Raumforderungen 683

  • deren Mediastinum lokalisierte maligne Lymphomewenigstens teilweise den primären Thymustumoren,überwiegend jedoch den nicht-thymischen Medias-tinalgeschwülsten zuzuordnen (s. Abschn. 17.44).Unter den Non-Hodgkin-Lymphomen können sichdas T-lymphoblastische Lymphom vom „convolutedtype“, das histologisch durch Zellen der Thymozyto-poese gekennzeichnet ist, und das primär medias-tinale hellzellige B-Zell-Lymphom, das als epithel-assoziiertes Thymuslymphom interpretiert wird, alsprimäre Mediastinaltumoren manifestieren.

    Unter dem Begriff Keimzelltumoren oder terato-ide Blastome werden gut- und bösartige Teratome,Seminome (Dysgerminome), Dermoidzysten, Em-bryonalzellkarzinome und Chorionkarzinome zusam-mengefasst (Tabelle 17.1). Keimzelltumoren gehenaus Zellen der embryonalen Keimblätter hervor. Ihrehistologischen Differenzierungsmuster entsprechendenen primär gonadaler Tumoren. So enthalten Te-ratome Zellanteile aller drei Keimblätter, währendDermoidzysten epidermalen Ursprungs sind. DasMediastinum ist einer der häufigsten Manifestations-

    orte primär extragonadaler Keimzelltumoren. Um-gekehrt stellen Keimzelltumoren etwa 15% aller me-diastinalen Raumforderungen dar. Das Seminom istmit einem Anteil von ca. 30% der häufigste medias-tinale Keimzelltumor. Während für die benignenmediastinalen Keimzelltumoren keine Geschlechts-und Alterspräferenz besteht, treten maligne Formenbevorzugt bei jungen Männern auf. Zystische Tumo-ren erweisen sich meist als gutartig, solide eher alsbösartig. In der Hälfte der Fälle finden sich Tumor-verkalkungen. Analog den Verhältnissen im Retro-peritoneum ist bei einer persistierenden mediastina-len Raumforderung nach Chemotherapie eines ma-lignen Teratoms zu etwa gleichen Teilen mit vitalemTumorgewebe, Narben bzw. Nekrosen und der Aus-differenzierung eines „reifen“ Teratoms zu rechnen,das nur einer operativen Therapie zugänglich ist.

    Nicht-thymogene mesenchymale Tumoren sind inallen drei Mediastinalkompartimenten anzutreffen(Tabelle 17.1). Die benignen Formen sind am häu-figsten im vorderen, die malignen Varianten am häu-figsten im hinteren Mediastinum lokalisiert. Lipome

    Kapitel 17 Mediastinum684

    Abb. 17.15 a–d. Thymushyperplasie (Rebound) nach Thera-pie eines Wilmstumors bei einer 4-Jährigen. a Thoraxüber-

    sichtsaufnahme und b CT vor Chemotherapie. c Thoraxüber-sichtsaufnahme (Pfeil) und d CT nach Chemotherapie

  • sind selten und meist exzentrisch gelegen.Sie könnendas Mediastinum kranial- und kaudalwärts verlassenund nehmen dann eine sanduhrförmige Gestalt an.Aufgrund ihrer weichen Konsistenz führen Lipomenicht zu einer Verdrängung der Nachbarorgane undstellen häufig einen Zufallsbefund dar.

    Zervikale Lymphangiome und zystische Hygromereichen in 10% der Fälle bis in das obere vordereMediastinum (Topcu 1997). Primäre mediastinaleLymphangiome sind selten. Beide Entitäten entspre-chen angeborenen, von Endothel ausgekleideten undLymphe enthaltenden Hohlräumen,die sich nur durchihre Durchmesser unterscheiden. Hämangiome wer-den gelegentlich im vorderen Mediastinum beo-bachtet. Bei der generalisierten Lymphangiomatose(zystische Angiomatose) liegen sowohl hämangio-matöse als auch lymphangiomatöse Anteile vor undsind selbst histologisch schwer voneinander zu dif-ferenzieren.

    Eine intrathorakale Schilddrüsenvergößerungkann hyperplastisch (Jodmangel), entzündlich (Thy-reoiditis) oder neoplastisch bedingt sein (Tabelle17.1). Intrathorakale Strumaanteile gehen in zweiDritteln der Fälle vom Isthmus und den kaudalenPolen der Schilddrüse aus und reichen in das vordereobere Mediastinum. In einem Drittel sind die dorsa-len Schilddrüsenanteile hyperplastisch und dehnensich peritracheal in das mittlere Mediastinum, oder – seltener – dorsal der Speiseröhre in das hintereMediastinum aus.

    Schilddrüsenadenome weisen häufig regressiveVeränderungen mit zystischen und verkalkten An-teilen auf. Dystope Knoten sind von einer Kapsel umgeben und erhalten ihre Blutversorgung über einen Verbindungsstrang mit der Schilddrüse. In-trathorakale Strumen können die Trachea verlagernund erheblich einengen. In seltenen Fällen könnenbenigne und maligne intrathorakale Strumen zu einer Trachealinstabilität führen. Dystope mediasti-nale Strumen sind selten und führen früh zu Ver-drängungserscheinungen. Die Jod-123-Szintigraphiesichert durch den Nachweis von Mehrbelegungen innerhalb des Mediastinums und fehlenden Mehr-belegungen innerhalb des Schilddrüsenlagers dieDiagnose.

    Orthotope Nebenschilddrüsenkörperchen (ca. 90%der Fälle) liegen den kranialen und kaudalen Schild-drüsenpolen dorsal an (Tabelle 17.1). Ektope Neben-schilddrüsen (ca. 10% der Fälle) sind typischerweiseim vorderen oberen Mediastinum, seltener im tra-cheo-ösophagealen Winkel gelegen. Eine Neben-schilddrüsenüberfunktion wird in 90% von Adeno-men und in 10% von einer Hyperplasie hervorge-rufen. Die Mehrzahl der Adenome ist hormonaktiv.Ihr Durchmesser variiert in der Regel zwischen 0,5und 3 cm, kann jedoch auch 10 cm überschreiten.

    Wegen der etwa 95%igen Erfolgsrate einer primärenoperativen Exploration ist eine Lokalisation ektoperNebenschilddrüsen mittels bildgebender Verfahrennur im Falle eines postoperativ persistierenden oderrezidivierenden Hyperparathyreoidismus indiziert(Higgins 1993).Als methodische Möglichkeiten kom-men in Betracht die hochauflösende Sonographie,die Technetium-Thallium-Szintigraphie, die MR-Tomographie, die superselektive Arteriographie unddie superselektive Venographie mit Entnahme vonBlutproben zur Hormonbestimmung (Cesani 1995;Freitas 1994; Saleeb 1999).

    ProjektionsradiographieAuf der sagittalen Thoraxübersichtsaufnahme füh-ren Tumoren des vorderen Mediastinums bei aus-reichender Größe zu einer Mediastinalverbreite-rung, die nicht von der Herzkontur zu trennen ist(Silhouetten-Phänomen) und im Gegensatz zu Atel-ektasen und Infiltraten der benachbarten Lunge die Interlobien nicht überschreitet (Abb. 17.16 a, b,17.17 a, b, 17.18 a, b; Chang 1994; Kohmann 1993;Lackner 1998; Lange 1996; Merten 1991; Murray 1992).Im Seitbild zeigt sich eine retrosternale Verdichtung,die mit der ventralen Herzkontur und der ventralenVerdichtung der Aorta ascendens konfluiert, wennder Tumor den genannten anatomischen Leitstruk-turen unmittelbar anliegt (Abb. 17.16b).

    Thymustumoren projizieren sich auf der sagit-talen Thoraxübersichtsaufnahme in 50–80% auf dieHilusregion (Abb. 17.18 a, b). Eine niedrige Dichte,die Verwechslungsmöglichkeiten mit Herzvergrö-ßerungen und perikardialen Zysten bietet, ist fürThymuslipome typisch. Kaudal der Klavikulaebeneim vorderen oberen Mediastinum gelegene Raum-forderungen mit grobscholligen Verkalkungen sindmit großer Wahrscheinlichkeit auf eine Struma zu-rückzuführen. Trachealverlagerung und Tracheal-kompression weisen auf eine Beteilgung des mittle-ren Mediastinums hin. Ausgedehntere Lymphangio-me führen typischerweise zu Verdichtungen, diesowohl das obere vordere Mediastinum als auch dieuntere Zervikalregion einschließen. Auch hier isteine Trachealverlagerung häufig. PleuroperikardialeFetteinlagerungen und pleuroperikardiale Zystensind bei entsprechender Größe als glatt begrenzte,rundlich-ovaläre perikardiale Verdichtungen be-vorzugt in den Herz-/Zwerchfellwinkeln erkennbar(Abb. 17.19). Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lympho-me des vorderen Mediastinums sind häufig mitLymphomen in anderen Mediastinalkompartimentenassoziiert. Auch andere Begleitbefunde (z.B. Pleura-oder Perikardergüsse, pleurale und intrapulmonaleRaumforderungen und ossäre Destruktionen) kön-nen die Differentialdiagnose einer Raumforderungim vorderen Mediastinum einengen.

    17.4 Mediastinale Raumforderungen 685

  • Eine Trachealinstabilität ist anhand durchleuch-tungsgesteuerter Zielaufnahmen dann zu diagnos-tizieren, wenn sich der Querdurchmesser der Tracheain zwei senkrecht zueinander stehenden Ebenen imMüller- (intrathorakaler Unterdruck) und Valsalva-manöver (intrathorakaler Überdruck) um > 50% än-dert (Abb. 17.13 a, b).

    SchnittbilddiagnostikIst der Tumornachweis projektionsradiographischgeführt, lässt sich die Artdiagnose durch Beschrei-bung der Tumorlokalisation und -morphologie mit-tels Computertomographie und MR-Tomographieeinengen (Brown 1991; Chang 1994; Daldrup 1998;Ferguson 1998; Higgins 1993; Kushihashi 1996; Koh-man 1993; Lesko 1999; Lange 1996; Merten 1991;Murray 1992; Schaefer-Prokop 1998; Siegel 1996;Wegener 1992; Wilson 1994). Aber auch kleinere me-

    diastinale Raumforderungen, die dem projektions-radiographischen Nachweis entgehen, lassen sichcomputer- und MR-tomographisch diagnostizieren.Fettgewebe und flüssigkeitshaltige Zysten sind sichervon solidem Weichteilgewebe unterscheidbar. Un-scharfe Randkonturen, eine fehlende Abgrenzbar-keit von Nachbarstrukturen als Zeichen der Infil-tration, Lymphknotenvergrößerungen über 1,5 cmQuerdurchmesser und ossäre Destruktionen stellenMalignitätskriterien dar.

    Gelegentlich ist als Normvariante nur ein Thymus-lappen angelegt, der mit einem Tumor verwechseltwerden kann. In diesen Fällen behält der Lobus seineelongierte Form und legt sich den Mediastinalstruk-turen an. Die physiologische Involution des Thymus-parenchyms findet ihr computer- und MR-tomo-graphisches Korrelat in zunehmend fettäquivalen-ten Dichtewerten bzw. Signalintensitäten (Abb. 17.7).

    Kapitel 17 Mediastinum686

    Abb. 17.16 a–c. Primärtumor des vorderen Mediastinums.Histologisch handelt es sich um ein Teratom. a Thoraxüber-sichtsaufnahme im sagittalen und b im seitlichen Strahlen-gang, c CT nach intravenöser Kontrastmittelgabe

  • Gelegentlich kann der Thymus im Erwachsenenalter als kleine, noduläre, fettdurchsetzte retrosternaleStruktur persistieren. Bei Kindern und Jugendlichenexistieren keine verlässlichen Messwerte zur Unter-scheidung eines normalen Thymus von einer Thy-mushyperplasie. Nach dem 20. Lebensjahr ist bei ei-nem maximalen Querdurchmesser über 15 mm voneiner Thymushyperplasie auszugehen. Hyperplasti-sche Veränderungen als Folge einer schweren Allge-meinerkrankung oder einer Chemotherapie könnensich im Verlauf von Monaten zurückbilden. In etwa25% der Fälle bleibt jedoch eine Organvergrößerungvon >50% des Ausgangswertes bestehen.

    Thymome finden ihre schnittbilddiagnostischeEntsprechung in rundlich-ovalären, exzentrisch imvorderen oberen Mediastinum gelegenen überwie-gend soliden Raumforderungen (Abb. 17.19). Lobu-lierte Randkonturen weisen auf kleinere intraparen-chymatöse Raumforderungen hin. Zysten und Ver-kalkungen kommen unabhängig von der Dignität bei etwa 25% der Thymome vor. Verkalkungen kön-nen diffus in der Tumormatrix verteilt oder in derTumorperipherie lokalisiert sein. Computertomo-graphisch gelingt nach intravenöser Kontrastmittel-gabe eine im Vergleich zur Nativdiagnostik bessereDemarkierung intratumoraler Zysten. MR-tomogra-phisch zeichnen sich Thymome durch eine niedrige,der Muskulatur annähernd isointense Signalinten-sität in T1-Wichtung und eine hohe Signalintensitätin T2-Wichtung aus. Im Gegensatz zu mediastinalemFettgewebe ist die Signalintensität von Thymomen inT2-Wichtung in der Regel inhomogen. 30–40% derThymome wachsen lokal infiltrierend. Verbreiterun-gen der Pleura und des Perikards, Pleura- und Peri-kardergüsse, eine Obliteration der Fettlinien derThoraxwand und Arrosionen des Sternums zeigenein infiltratives Wachstum an. Da die Tumorkapselmit dem Perikard und der Pleura verwachsen seinkann, deutet ein Fehlen der entsprechenden Fett-linien nicht zwangsläufig auf eine Infiltration hin.Eine sichere Dignitätszuordnung von Thymomen istweder computer- noch MR-tomographisch möglich,sodass Thymome nach wie vor operativ exploriertwerden müssen (Abb. 17.18 c, d).

    17.4 Mediastinale Raumforderungen 687

    Abb. 17.17 a–c. Retrosternale Struma nodosa bei drei Patienten. Sagittale Thoraxübersichtsaufnahme mit a Nachweis einer links betonten Raumforderung im oberenMediastinum, die zu einer Trachealverlagerung nach rechtsgeführt hat, und b einer Raumforderung im oberen Mediastinum, die die Trachea von beiden Seiten einengt.c CT nach intravenöser Kontrastmittelgabe mit Nachweis eines nach retrosternal reichenden rechten Schilddrüsen-lappens, dessen Parenchym durch hypodense Adenomedurchsetzt ist und der die Trachea einengt

  • Kapitel 17 Mediastinum688

    Abb. 17.18 a–d. Thymuskarzinom. Thoraxübersichtsaufnah-me im sagittalen a und im seitlichen Strahlengang b mit Nachweis einer retrosternalen, glatt begrenzten Verdichtung.

    Das T2-gewichtete koronale c und sagittale d Turbo-Spin-Echo-Bild eines anderen Patienten zeigt eine inhomogenstrukturierte Tumormatrix

  • Thymolipome können sehr groß werden. Sie pas-sen sich aufgrund ihrer weichen Konsistenz den me-diastinalen Strukturen an, ohne sie zu verdrängen.Sie können in wechselndem Ausmaß bindegewebigeAnteile aufweisen, sodass ihre computertomographi-sche Dichte gegenüber reinem Fettgewebe erhöht ist.MR-tomographisch ist eine im Vergleich zu Fettge-webe erhöhte Signalintensität sowohl in T1- als auchin T2-Wichtung charakteristisch. Einblutungen inThymuszysten sind häufig, sodass der Zysteninhalt jenach Proteingehalt Dichtewerte zwischen -10 und+ 80 H.E. aufweisen kann. MR-tomographisch isteine mit zunehmender T2-Wichtung ansteigendeSignalintensität des Zysteninhalts diagnoseweisend.Wandverkalkungen werden als Ausdruck stattgehab-ter Einblutungen gewertet.

    Keimzelltumoren sind häufig im vorderen oberenMediastinum und hier insbesondere im Thymus-lager lokalisiert. Teratome weisen entsprechend ihrerAbstammung aus allen drei Keimblattanlagen in-homogene, von fett- über wasser- bis zu kalzium-äquivalente Dichten bzw. Signalintensitäten auf (Abb.17.16 c). Zwischen Dermoidzysten und zystischenTeratomen bestehen histologisch wie bildmorpho-logisch fließende Übergänge. Eine unscharfe Begren-zung, zentrale Nekrosen und eine Kompression oderVerlagerung der Nachbarstrukturen kennzeichnenein malignes Teratom. Dermoidzysten bestehen typi-scherweise aus einer oder mehreren Zysten mit glattkonturierten, oft verkalkten Wänden. Sie reichengelegentlich in das mittlere Mediastinum oder nachpulmonal. Der Zysteninhalt hat computer- und MR-tomographisch eine wasser- oder fettäquivalente Bild-

    17.4 Mediastinale Raumforderungen 689

    morphologie. Als pathognomonisch gilt der Nach-weis von Zähnen, Haaren, Knochenanlagen und Fett-Flüssigkeits-Spiegeln. Bei Seminomen, Chorion-karzinomen, Embryonalzellkarzinomen und ihrenMischformen handelt es sich um solide, eher lobu-lierte Tumoren. Seminome zeichnen sich durch ihrehomogene Gewebedichte aus. Zystische Veränderun-gen werden in weniger als einem Viertel aller Semi-nome,Verkalkungen nur gelegentlich beobachtet. Dieübrigen malignen Keimzelltumoren dagegen zeigenaufgrund von Nekrosen und Einblutungen ein in-homogenes Tumorstroma. Verkalkungen sind sel-ten, Fetteinschlüsse ungewöhnlich. Schnelles Tumor-wachstum, lokale Infiltrationszeichen und der Nach-weis von Fernmetastasen beweisen die Malignität. Inbis zu 40% der Fälle finden sich Verdrängungen oderKompressionen der zentralen Atemwege und derV. cava superior. Bei extragonadalen malignen Keim-zelltumoren muss der Primärcharakter der medias-tinalen Läsion durch Ausschluss gonadaler und re-troperitonealer Tumoren gesichert werden. Bei soli-den Resttumoren nach Radiochemotherapie kannohne langfristige Verlaufskontrollen bildmorpholo-gisch nicht zwischen residualem Narbengewebe,Rest-tumorgewebe und der Ausdifferenzierung eines ma-lignen Teratoms differenziert werden.

    Lymphangiome und Hämangiome finden ihrecomputer- bzw. MR-tomographische Entsprechungin glatt begrenzten, dünnwandigen Raumforderun-gen von wasseräquivalenter Dichte bzw. Signalin-tensität bei Nativuntersuchungen (Parker 1997). Einhoher Fettgehalt der Lymphe spiegelt sich in einer Signalintensitätsanhebung in T1-Wichtung wieder.Hämangiome zeigen im Gegensatz zu Lymphangio-men nach intravenöser Kontrastmittelgabe ein star-kes Enhancement.Phlebolithen innerhalb eines Häm-angioms sind computertomographisch aufgrund derKalkdichte diagnostizierbar.

    Unter einer intrathorakalen bzw. retrosternalenStruma wird die Fortsetzung des Gewebes einer or-thotopen Schilddrüse nach intrathorakal verstanden.Die transkutane Sonographie ermöglicht über einjuguläres oder parasternales Schallfenster die Diag-nose der intrathorakalen Ausdehnung. Solide (Ade-nome, Malignome), liquide (benigne Zysten, nekro-tisch zerfallende Malignome) und regressiv verkalkteParenchymläsionen sind durch ihre Echogenitäts-abweichungen vom gesunden Schilddrüsengewebe inden einsehbaren Parenchymanteilen sicher zu diag-nostizieren. Durch knöcherne (Rippen, Sternum)oder lufthaltige Strukturen (Trachea, Lunge) über-lagerte Drüsenanteile sind der transkutanen Sono-graphie jedoch nicht zugänglich.

    Computertomographisch lassen sich Verlagerun-gen und Kompressionen der Trachea und der brachio-zephalen Gefäße durch eine retrosternale Struma

    Abb. 17.19. Thymom. CT nach intravenöser Kontrastmittel-gabe

  • zuverlässlich nachweisen (Abb. 17.17c). RegressiveVerkalkungen und Zysten sind anhand ihrer Dichte-werte eindeutig zuzuordnen. Lässt sich eine strang-förmige Verbindung zwischen einem Mediastinal-tumor und der Schilddrüse nachweisen, so ist dieDiagnose einer Struma endothoracica wahrschein-lich. Eine vergleichsweise hohe native Gewebedichte(ca. 70 H.E.) und ein starkes Enhancement nachtransvenöser Gabe eines jodhaltigen Kontrastmittelssind weitere Hinweise auf das Vorliegen von Schild-drüsengewebe. Wegen der hohen Dichte des ge-sunden Drüsenparenchyms stellen sich fokale Paren-chymläsionen sowohl im Nativ- als auch im Kon-trastscan als hypodense intraparenchymatöse Raum-forderungen da. Zysten weisen nach intravenöserKontrastmittelgabe wasseräquivalente Dichtewerteohne Dichteanstieg auf. Strumagewebe stellt sich MR-tomographisch signalinhomogen dar (Cyna-Gorse1996). Größere Verkalkungen führen zu Signalinten-sitätsminderungen in allen Wichtungen. Unkom-plizierte Zysten sind aufgrund ihrer wasseräquiva-lenten Signalintensitäten eindeutig zuzuordnen.Einblutungen zeigen je nach Alter variierende Sig-nalintensitäten. Eine Dignitätszuordnung soliderthyreoidaler Raumforderungen ist mit allen bild-gebenden Verfahren nur eingeschränkt möglich(Abb. 17.20). Eine glatte Berandung und regressiveVerkalkungen machen ein benignes Adenom, einÜbergreifen auf Nachbarstrukturen und Lymphkno-tenvergrößerungen ein Karzinom wahrscheinlich.Bei entsprechendem klinisch-szintigraphischen Ver-dacht ist die Diagnose jedoch histologisch zu klären(Freitas 1994).

    Bei voroperierten Patienten wird die Sensitivitätim Nachweis vergrößerter Nebenschilddrüsen imMethodenvergleich mit 47–82% für die Sonogra-phie, mit 44–66% für die Computertomographieund mit 50–75% für die MR-Tomographie angege-ben (Higgins 1993; Saleeb 1999).Vergrößerte Neben-schilddrüsen stellen sich sonographisch als rundlich-ovaläre, glatt berandete, echoarme Raumforderun-gen dar, die unter Bevorzugung der rechten Seitemeistens dorsokaudal der unteren Schilddrüsenpolegelegen sind. Bei der Frage nach ektopen Neben-schilddrüsenadenomen ist besonders auf den tracheo-ösophagealen Winkel und das Thymuslager zu ach-ten. Wegen der geringen Größe ist in CT und MRTeine Untersuchungsschichtdicke £5 mm zu empfeh-len. MR-tomographische Untersuchungen sollten zurVerbesserung des Signal-zu-Rausch-Verhältnissesmit einer Oberflächenspule erfolgen.

    Computertomographisch haben Nebenschilddrü-senadenome eine muskeläquivalente Dichte. Par-enchymhypodensitäten sprechen für Einblutungenoder Nekrosen. Parenchymverkalkungen und -zystenwerden nur selten gefunden. Die Mehrzahl der Ade-

    Kapitel 17 Mediastinum690

    Abb. 17.20 a–c. Schilddrüsenkarzinom. T1-gewichtetes trans-versales Spin-Echo-Bild vor intravenöser Kontrastmittelgabe(a) und transversales (b) und koronales (c) T1-gewichtetesSpin-Echo-Bild nach intravenöser Kontrastmittelgabe

  • nome zeigt im Gegensatz zu mediastinalen Lymph-knoten ein homogenes, starkes Kontrastmittelen-hancement.

    Die MRT ist die Methode der Wahl zur Suche nachektopen Nebenschilddrüsen. Zur Unterscheidung vonektopem Nebenschilddrüsen- und mediastinalemFettgewebe sind fettunterdrückte T1- und T2-ge-wichtete Sequenzen sowohl vor als auch nach intra-venöser Kontrastmittelgabe hilfreich. Nebenschild-drüsenadenome stellen sich in T1-Wichtung mehr-heitlich signalarm bis intermediär und in T2-Wich-tung signalreich dar (Freitas 1994; Higgins 1993;Soler 1996). Bei einer TE-Zeit über 60 ms ist dieSignalintensität von vergrößerten Nebenschilddrü-sen in der Regel höher als die von Fett. Gelegentlichwerden jedoch auch in T1- und T2-Wichtung signal-arme Adenome beobachtet, die sich histologischdurch ältere Einblutungen und Fibrosierungen aus-zeichnen. Subakute Einblutungen können zu einerhohen Signalintensität in T1- und T2-Wichtung füh-ren. Analog den Verhältnissen bei der Computer-tomographie kommt es nach intravenöser Kontrast-mittelgabe zu einem starken Enhancement, das beiT1-gewichteten, nicht fettunterdrückten Sequenzenzu einer Angleichung der Signalintensität der Ne-benschilddrüse an die des umgebenden Fettgewe-bes führt. Die MR-tomographische Bildmorphologievergrößerter Nebenschilddrüsen weist Ähnlichkei-ten zur Abbildung von Lymphknoten und Nerven-strukturen auf, sodass sich Verwechslungsmöglich-keiten ergeben.

    Mittleres Mediastinum

    Pathologie und KlinikPrimärtumoren des mittleren Mediastinums sindselten (Tabellen 17.1, 17.3; Anayanwu u. Krysa 1991;Anayanwu 1991; Chang 1994; Daldrup 1998; Hof-mann 1991; Kohman 1993; Lange 1996; Merten 1991;Schaefer-Prokop 1998; Siegel 1996; Strolle 1997;Wegener 1992). Trachealtumoren sind eine Rarität.Histologisch kommen Plattenepithelkarzinome, ade-noidzystische Karzinome (Zylindrome), Neurofibro-me, Papillome und mesenchymale Tumoren in Be-tracht. Polypöse Tumoren sind meist benigne. Malig-nome breiten sich in der Regel langstreckig infiltrie-rend entlang der Trachealwand aus und sind irregulärbegrenzt. Trachealtumoren verursachen erst dannSymptome, wenn das Lumen auf �75% des Aus-gangsdurchmessers eingeengt ist und eine Infiltra-tion der paratrachealen Strukturen vorliegt.Als klini-sche Zeichen sind Husten, Hämoptysen, Dyspnoe undStridor zu nennen. Die Differenzierung eines Trache-alkarzinoms von einem metastasierenden Bronchial-karzinom ist nur im frühen Tumorstadium durchAnalyse der topographischen Pathoanatomie mög-

    lich. Auch die Abgrenzung eines infiltrierend wach-senden Trachealkarzinoms von einem Ösophagus-karzinom kann mit bildgebenden Verfahren Schwie-rigkeiten bereiten. Durch nekrotischen Zerfall einesinfiltrierend wachsenden Tracheal- oder Ösophagus-karzinoms können Fisteln zwischen beiden Hohl-raumstrukturen und dem Mediastinum entstehen.

    Paragangliome oder Chemodektome gehören zuden neurogenen katecholaminproduzierenden Tumo-ren und sind in etwa 10% der Fälle maligne. Sie ge-hen von den zwischen A. pulmonalis und der Aortalokalisierten paraganglischen Zellen der Endplattendes N. vagus aus.

    ProjektionsradiographieAuf der Thoraxübersichtsaufnahme führen Raum-forderungen des mittleren Mediastinums bei ent-sprechender Größe zu einer Mediastinalverbreite-rung und Mediastinalverdichtung (Abb. 17.21, 17.22;Allen 1983; Chang 1994; Kohman 1993; Lackner 1998;Lange 1996; Merten 1991; Murray 1992; O’Donovan1994). Trachealverlagerung und Trachealkompres-sionen sind häufig auf eine Struma zurückzuführen.Trachealtumoren stellen sich projektionsradiogra-phisch bei entsprechender Größe als polypoide oderbreitflächige intraluminale Verdichtungen dar. EineVerbreiterung der physiologischen Verdichtung zwi-schen Trachea und Ösophagus im Seitbild über 4 mmdeutet auf Fremdgewebe hin. Hinweise auf das Vor-liegen eines Ösophaguskarzinoms können eine Ver-breiterung der retrotrachealen Linie (Seitbild) über4 mm, eine Verlagerung der azygoösophagealen Linie(Sagittalbild) und eine Obliteration des aortopul-monalen Fensters (Sagittalbild) geben. Eine Vergrö-ßerung des Bifurkationswinkels über 70° und eineVerlagerung des distalen Ösophagus machen eineRaumforderung im unteren mittleren Mediastinumwahrscheinlich. Durch eine durchleuchtungsgesteu-erte Kontrastmitteldarstellung des Ösophagus lässtsich überprüfen, ob die entsprechende Mediastinal-veränderung vom Ösophagus ausgeht, diesen nurverlagert oder infiltriert (Abb. 17.23, 17.24 b). Aufgleichem Wege lassen sich ösophagotracheale undösophagomediastinale Fisteln nachweisen.

    SchnittbilddiagnostikGutartige Trachealtumoren sind in der Regel glatt be-grenzte, intraluminale weichteildichte (CT) bzw. in-termediär intense (MRT) Raumforderungen unter2 cm Durchmesser. Bösartige Trachealtumoren wei-sen ein längerstreckiges, exophytisches Wachstumauf. Die Beurteilung einer Infiltration der Nachbar-strukturen ist computer- und MR-tomographischmeist unsicher (Bittner 1998; Chang 1994; Daldrup1998; Ferguson 1998; Kohman 1993; Lange 1996;Lesko 1999; Merten 1991; Murray 1992; Nwose 1998;

    17.4 Mediastinale Raumforderungen 691

  • Schaefer-Prokop 1998; Siegel 1996; Wegener 1992;Wilson 1994). Während bei ausgedehnten Umge-bungsinfiltrationen eindeutige Befunde zu erhebensind,bereitet der Ausschluss einer beginnenden Infil-tration methodische Schwierigkeiten. Eine sichereDignitätszuordnung ist daher oft nicht möglich,sodass eine bioptische Klärung anzustreben ist.

    Ösophagustumoren stellen sich als exzentrischeoder konzentrische Wandverbreiterungen der Speise-

    röhre dar, die im Falle eines Karzinoms bevorzugt anden drei physiologischen Ösophagusengen lokali-siert sind (Abb. 17.24). Der Verlust der peritrachealenbzw. periösophagealen Fettschicht ist bei beidenTumorentitäten Kriterium eines frühen wandüber-schreitenden Wachstums. Als sichere Zeichen einesorganüberschreitenden Tumorwachstums gelten eineVerlagerung und Kompression der Speiseröhre bzw.der Luftröhre, tracheale bzw. ösophageale Fisteln, diean einem unphysiologischen Übertritt von peroralappliziertem Kontrastmittel in Luftwege, Medias-tinum und Pleuraraum erkennbar sind, und Wirbel-körperarrosionen.

    Kapitel 17 Mediastinum692

    Abb. 17.21 a, b. Primärtumor des mittleren Mediastinums.Histologisch handelt es sich um ein Ösophaguskarzinom.a Thoraxübersichtsaufnahme im sagittalen und b im seitlichenStrahlengang

    Abb. 17.22a, b. Axiale Hernie. Thoraxübersichtsaufnahme imsagittalen a und seitlichen Strahlengang b mit Nachweis einerglatt begrenzten retrokardialen Raumforderung mit Luft-Flüs-sigkeits-Spiegel

  • Paragangliome sind überwiegend im aortopulmo-nalen Fenster, seltener im hinteren Mediastinum lo-kalisiert. Es handelt sich um weichteildichte Raum-forderungen, die aufgrund ihrer starken Vaskularisa-tion nach intravenöser Kontrastmittelgabe ein aus-geprägtes Enhancement aufweisen.

    Hinteres Mediastinum

    PathologieNeurogene Tumoren stellen bei Erwachsenen etwa20% und bei Kindern etwa 35% der mediastinalenTumoren (Tabelle 17.1–17.3,17.6; Anayanwu u.Krysa

    1991; Anayanwu 1991; Chang 1994; Daldrup 1998;Hofmann 1991; Kawashima, Kohman 1993; Lange1996; Merten 1991; Nwose 1998; Parker 1997; Schaefer-Prokop 1998; Schulman 1998; Siegel 1996; Strolle1997; Taki 1996; Wegener 1992).

    Mit Ausnahme des Paraganglioms (Chemodek-toms) sind sie im hinteren Mediastinum gelegen(90% der neurogenen Mediastinaltumoren) und re-präsentieren in dieser Lokalisation die häufigstenPrimärtumoren (75% der Tumoren des hinterenMediastinums). Neurogene Tumoren stammen vonden Nervenscheiden, den Nervenzellen oder demperineuralen Bindegewebe ab. Tumoren der Nerven-

    17.4 Mediastinale Raumforderungen 693

    Abb. 17.23 a–d. Kontrastmittelgestützte Ösophagusdiagnostik.a Epiphrenisches Divertikel: Durchleuchtungsgesteuerte Ziel-aufnahme. b–d Achalasie: Durchleuchtungsgesteuerte Ziel-aufnahme (b), CT-Topogramm (c) und CT nach intravenöser

    Kontrastmittelgabe (Ausschnittsvergrößerung) (d). Zusätzlichweichteildichte entzündliche Lymphknotenvergrößerungen imvorderen und mittleren oberen Mediastinum infolge einerTuberkulose (c, d)

  • scheide überwiegen zahlenmäßig und sind praktischimmer gutartig.Von den Nervenzellen und dem peri-nervalen Bindegewebe ausgehende Tumoren sindeher bösartig. Je nach histologischem Ursprung wer-den drei Tumortypen differenziert:

    ∑ Von peripheren Nerven ausgehende Neurinome,Neurofibrome und Neurilemome. Neurofibromestammen von dem endoneuralen Gewebe ab,Neurilemome (Schwannome) von der Schwann-Scheide.

    ∑ Von den sympathischen Nervenzellen in Ganglienausgehende Ganglioneurome (benigne), Gang-lioneuroblastome (niedrigmaligne) und Neuro-blastome (hochmaligne, Abb. 17.25).

    ∑ Von den paraganglischen Zellen abstammendePhäochromozytome.

    Laterale Meningozelen und Meningomyelozelen sindseltene Anomalien des Spinalkanals, die aus eineruni- oder bilateralen Hernierung der Leptomeninxdurch ein Neuroforamen entstehen. Meningozelenenthalten ausschließlich Liquor, Meningomyelozelenzusätzlich Nervengewebe.Meningozelen treten in derRegel solitär auf und werden im gesamten hinteren

    Mediastinum von der oberen Thoraxapertur bis zumZwerchfell beobachtet. Als Begleitbefund findet sichhäufig eine Kyphoskoliose, wobei die Meningozeleüblicherweise konvexseitig am Scheitelpunkt derWirbelsäulenverbiegung liegt.

    Die mesenchymalen Tumoren des hinteren Me-diastinum sind mehrheitlich maligne. Die extremseltenen Lipofibrosarkome führen typischerweise zu Verdrängungen und Infiltrationen der Nachbar-organe.

    Paraspinale Weichteilprozesse können vertebra-genen Ursprungs sein. Die Röntgen-, CT- und MR-Morphologie der differentialdiagnostisch in Betracht

    Kapitel 17 Mediastinum694

    Abb. 17.24 a–e. Computertomographische Darstellung vonÖsophagustumoren. a, b Leiomyom: Subkarinärer Ösopha-gustumor, der zu einer Passageverzögerung des peroral ge-gebenen Kontrastmittels führt (a) und im Ösophagusbrei-

    schluck glatte Wandkonturen aufweist (b). c Tumor im mitt-leren Speiseröhrendrittel mit wandüberschreitendem Wachs-tum. Als Nebenbefund Koronarsklerose. d, e Auf die Kardiaübergreifendes Ösophaguskarzinom

    Abb. 17.25 a–g. Primärtumor des hinteren Mediastinums.Histologisch handelt es sich um Neuroblastome. a Die sagittale und b die seitliche Thoraxübersichtsaufnahmezeigen eine glatt begrenzte Raumforderung im hinteren Mediastinum (Pfeil). c Sagittale und d seitliche Thoraxüber-sichtsaufnahme eines anderen Patienten mit einer vom hinteren ins mittlere Mediastinum übergreifenden Raum-forderung, e natives CT, f transversales und g koronales,T2- gewichtetes Turbo-Spin-Echo-Bild

  • 17.4 Mediastinale Raumforderungen 695

  • zu ziehenden Erkrankungen – Spondylitis/Spondy-lodiscitis (Abb. 17.26), primärer und sekundärerKnochentumor und Traumafolgen – sind in Band„Kopf – Hals“ dieser Reihe besprochen.

    KlinikNeurogene Tumoren und laterale Meningozelen/Meningomyelozelen sind in der Mehrzahl asympto-matisch und werden als Zufallsbefund auf derThoraxübersichtsaufnahme entdeckt (Chang 1994;Daldrup 1998; Kawashima, Kohman 1993; Lange1996; Merten 1991; Schaefer-Prokop 1998; Schul-man 1998; Siegel 1996; Strolle 1997; Taki 1996;Wegener 1992). Symptome lassen sich – wenn vor-handen – auf die raumfordernde Wirkung des Tu-mors, ein intraspinales Tumorwachstum und/odereine Infiltration von Umgebungsstrukturen zurück-führen (Abb. 17.27).

    Neurinome, Neurofibrome und Schwannome sindTumoren junger Erwachsener und häufig mit Neuro-fibromen in anderen Körperabschnitten vergesell-schaftet (M. von Recklinghausen). Nach Resektionsolitärer Tumoren besteht keine Rezidivneigung.Mediastinale Neurofibrome, die mit einer Neuro-fibromatose vergesellschaftet sind, weisen eine Ent-artungsneigung auf.

    Ganglioneurome betreffen meist ältere Kinder bis junge Erwachsene, Ganglioneuroblastome Kinderunter 10 Jahren. Neuroblastome sind die häufigstenextrakraniellen soliden Tumoren im Kindesalter. In60% der Fälle sind Kinder unter 2 Jahren und in biszu 90% Kinder unter 5 Jahren betroffen. Selten sindNeuroblastome angeboren. In 15% aller Neuroblas-tomerkrankungen findet sich ein Mediastinalbefall.Zwei Drittel aller an einem Neuroblastom erkranktenKinder werden aufgrund hämatogener Metastasensymptomatisch.Neuroblastome,weniger häufig Gang-lioneuroblastome und Ganglioneurome können me-tabolisch aktiv sein. Dies ist an erhöhten Spiegeln

    von Katecholaminen im Blutserum und Katechol-aminabbauprodukten (Homovanillinmandelsäure)im Urin erkennbar. Vasoaktives intestinales Peptid(VIP) kann einen Bluthochdruck, eine Flush-Symp-tomatik und wässrige Diarrhöen verursachen. Dieeinen Epinephrinvorläufer nutzende und daher fürNeoplasmen sympathischen Ursprungs relativ spezi-fische Jod-123 MIBG(Meta-Iodo-Benzyl-Guanidin)-Szintigraphie eignet sich zur Primärdiagnostik undzum Metastasenscreening beim Neuroblastom. Un-günstige Prognosefaktoren sind ein höheres Lebens-

    Kapitel 17 Medias