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Massivumgeformte Komponenten Forged Components · 2014. 6. 18. · 1.1 Massivumformung Forging Unter Massivumformung versteht man die Umfor-mung eines Abschnitts aus gewalztem Stabstahl

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  • Massivumgeformte

    Komponenten

    Forged

    Components

  • Dieses Buch wurde von derHirschvogel Automotive Group erarbeitet.

    This book was produced by theHirschvogel Automotive Group.

    VerantwortlichEditorDr.-Ing. Hans-Willi Raedt

    BeitragendeContributorsMichael DahmeDr. Manfred Hirschvogel†

    Peter KettnerDr. Dirk LandgrebeWalter PischelChristoph RuileMichael SchleichJürgen Wondrak

    ÜbersetzungTranslationSarah Cory-Raedt, www.sarahcory.de

    2. Auflage, geringfügige Änderungen,Aktualisierungen und Korrekturen,6. Januar 2014

    2nd edition, minor changes,updates and corrections,January 6, 2014

    Druck: EGGER Druck + Medien GmbH Printing: EGGER Druck + Medien GmbH

    Herausgegeben und bearbeitet von© Hirschvogel Holding GmbH

    Issued and edited by© Hirschvogel Holding GmbH

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  • WidmungDedication

    Dieses Buch ist Dr. Manfred Hirschvogel gewidmet,der im Juli 2010 plötzlich und unerwartet verstarb.

    This book is dedicated to Dr. Manfred Hirschvogel,who passed away suddenly and unexpectedly in July2010.

    VorwortPreface

    Massivumgeformte Komponenten sind in vielen An-wendungsbereichen Schlüsselbauteile für die Über-tragung von Kräften und Momenten. Aufgrund ih-rer herausragenden Werkstoffeigenschaften erlaubensie höchste Leistungsdichten. Damit ermöglichen sieerst durchgreifenden Leichtbau. Andere umgeform-te Komponenten sind der Schlüssel für bestimmteFunktionen im Zielsystem (z. B. Wälzlagerungen zurReibminimierung im Motor).

    Forged parts are key components for transmittingforces and torques in many application areas. Dueto their outstanding material properties they canachieve the highest possible power densities, en-abling the design of truly lightweight solutions.Other forged components are crucial for certainfunctions in the target system (e. g. anti-frictionbearings for minimizing friction in the engine).

    In diesem Buch sollen die Prozesse zum Herstellenmassivumgeformter Komponenten dargestellt wer-den. Die Eigenschaften der verwendeten Werkstof-fe und die Entwicklungs- und QM-Methoden run-den die Darstellung ab. An geeigneter Stelle illustrie-ren zahlreiche Beispiele die Potenziale massivumge-formter Komponenten.

    This book will present the processes for producingforged components. Subsequently, the properties ofthe materials used as well as development and QMmethods will be outlined. Several examples willserve to demonstrate the potential that forged com-ponents hold.

    iii

  • Die konsequent zweisprachige Präsentation erleich-tert dem Herausgeber die konsistente Überarbei-tung und Aktualisierung, mag aber auch demdeutschsprachigen Leser eine gewisse sprachli-che Weiterentwicklung erlauben. Schließlich wirddurch die Darbietung sowohl in klassischer Buch-form als auch in elektronischer Form auf derInternetseite der Hirschvogel Automotive Group(www.hirschvogel.com) eine ganz neue Qualität derZugänglichkeit zu Grundlagen der Massivumfor-mung und Verfahren der Weiter- und Fertigbearbei-tung geboten.

    The bilingual text throughout the book makes it eas-ier for the publisher to rework and update the con-tents in a consistent way. It may also offer Germanreaders a chance to brush up on and improve theirforeign language skills. In addition, the text is avail-able both as a book and in electronic form at theInternet site of the Hirschvogel Automotive Group(www.hirschvogel.com), allowing greater ease of ac-cess to the fundamentals of forging, processing andfinishing technologies.

    Während die gedruckte Buchform für das lineareDurchlesen und Aneignen des Stoffs sicherlich ambesten geeignet ist, ermöglicht die elektronische Ver-sion das schnelle Auffinden interessanter Stellen so-wie die interaktive Arbeit mit dem Text.

    The book is certainly the best starting point for read-ing the text from beginning to end and for becom-ing familiar with the material; the electronic ver-sion provides convenience when carrying out quicksearches for areas of interest within the text and forinteractive work.

    Wir wünschen dem Leser einen guten Einstieg in dieVerfahren der Massivumformung und der Weiterbe-arbeitung!

    We hope to provide readers with a good introductionto forging and machining processes!

    iv

  • InhaltsverzeichnisTable of Contents

    1 EinleitungIntroduction 11.1 Massivumformung

    Forging . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Europäische und weltweite Massivumformung

    Forging Production in Europe and Worldwide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

    2 Grundlagen der UmformtechnikFundamentals of Metal Forming 62.1 Metallphysikalische Grundlagen

    Physical Metallurgy Basics . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.2 Plastizitätstheoretische Grundlagen

    Basics of Plasticity Theory . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

    3 Verfahren der MassivumformungForging Processes 233.1 Ordnung der umformtechnischen Verfahren

    Categories of Forging Processes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233.2 Freiformschmieden

    Open-Die Forging . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243.3 Umformung mit Formwerkzeugen

    Forging Processes with Contoured Punches and Dies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273.4 Sonderverfahren

    Special Processes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343.5 Kriterien der richtigen Verfahrensauswahl

    Criteria for Selecting the Optimum Process . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

    4 WarmumformungHot Forging 374.1 Grundlagen

    Fundamentals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374.2 Maschinen und Umfeld

    Machines and Peripheral Equipment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

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  • Inhaltsverzeichnis Table of Contents

    4.3 Formgebung und ToleranzenShaping and Tolerances . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

    4.4 TeilespektrumSpectrum of Parts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

    5 Warmumformung von AluminiumHot Forging of Aluminum 525.1 Grundlagen

    Fundamentals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525.2 Maschinen und Umfeld

    Machines and Peripheral Equipment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525.3 Formgebung und Toleranzen

    Shaping and Tolerances . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545.4 Teilespektrum

    Spectrum of Parts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

    6 HalbwarmumformungWarm Forging 586.1 Grundlagen

    Fundamentals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 586.2 Maschinen und Umfeld

    Machines and Peripheral Equipment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 626.3 Formgebung und Toleranzen

    Shaping and Tolerances . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 636.4 Teilespektrum

    Spectrum of Parts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

    7 KaltumformungCold Forging 677.1 Grundlagen

    Fundamentals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 677.2 Maschinen und Umfeld

    Machines and Peripheral Equipment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 707.3 Formgebung und Toleranzen

    Shaping and Tolerances . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 757.4 Teilespektrum

    Spectrum of Parts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

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  • Inhaltsverzeichnis Table of Contents

    8 Verfahren der Weiter- und FertigbearbeitungMachining and Finishing 828.1 Einteilung der zerspanenden Verfahren

    Classification of Cutting Processes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 828.2 Fräsen

    Milling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 838.3 Drehen

    Turning . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 858.4 Bohren

    Drilling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 858.5 Schleifen

    Grinding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 868.6 Herstellen von Verzahnungen

    Manufacturing of Gears and Splines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 898.7 Reibschweißen

    Friction Welding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 938.8 Elektrochemisches Abtragen (ECM)

    Electrochemical Machining (ECM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 948.9 Montage- und Prüfvorgänge

    Assembly and Testing Processes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

    9 VerfahrenskombinationenProcess Combinations 989.1 Kombinationen von Umformverfahren

    Combining Metal Forging Processes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 989.2 Kombination Umformung Zerspanung

    Combining Forging and Machining . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

    10 Werkstoffe und WärmebehandlungMaterials and Heat Treatment 10810.1 Umformbare Werkstoffe

    Metals Suitable for Forging Operations . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10810.2 Wärmebehandlung von Umformteilen aus Stahl

    Heat Treatment of Forged Steel Parts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11310.3 Wärmebehandlung von Aluminium

    Heat Treatment of Aluminum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

    vii

  • Inhaltsverzeichnis Table of Contents

    11 QualitätsmanagementQuality Management 12511.1 Managementsystem

    Management System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12511.2 Gewährleistung der Produktqualität

    Product Quality Assurance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

    12 Moderne EntwicklungsmethodenModern Development Methods 12812.1 Simultaneous Engineering

    Simultaneous Engineering . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12912.2 Einsatz von FEM-Systemen

    Use of FEM Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13212.3 Rapid Prototyping

    Rapid Prototyping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13712.4 Rasterelektronenmikroskop (REM)

    Scanning Electron Microscope (SEM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

    13 Schlussfolgerungen und AusblickConclusions and Outlook 142

    14 Weiterführende LiteraturFurther Reading 145

    Indices 147Index (Deutsch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147Index (English) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

    viii

  • 1 EinleitungIntroduction

    1.1 MassivumformungForging

    Unter Massivumformung versteht man die Umfor-mung eines Abschnitts aus gewalztem Stabstahl(runder Querschnitt), Knüppel (rechteckiger Quer-schnitt) oder Profil (stranggepresstes oder strang-gegossenes Aluminium), beim Freiformschmiedenauch direkt aus dem gegossenen Block. Damit unter-scheidet sich die Massivumformung von der Blech-umformung, deren Ausgangswerkstoff in flach ge-walztem Zustand vorliegt.

    Metal forging is a method of forming billets with acylindrical cross section (rolled bar steel), with arectangular cross section or from profile (extrudedor continuously cast aluminum). In the case ofopen-die forging, the metal is shaped directly fromthe cast ingot. Forging therefore differs from sheet-metal forming, which uses flat-rolled material as in-put stock.

    Zur Massivumformung zählen eine Vielzahl vonVerfahren, die warm, halbwarm oder kalt durchge-führt werden. Durch Massivumformung lassen sichnahezu alle metallischen Werkstoffe verarbeiten, undin Kombination mit den Wärmebehandlungsverfah-ren kann der Werkstoff sehr gut an den späteren Ver-wendungszweck angepasst werden.

    The term »forging« encompasses a variety of pro-cesses that are carried out hot, warm or cold. Forg-ing is a suitable process for almost all metallic ma-terials. In combination with the numerous heat-treatment processes, the material may be adapted tooptimally meet the demands of the particular appli-cation area.

    Allerdings müssen Werkstoff, Bauteilgestalt undUmformtemperaturen gut aufeinander abgestimmtwerden, um sowohl die optimalen Bauteileigen-schaften zu erzielen als auch eine wirtschaftlicheFertigung zu gewährleisten.

    To achieve this, the material, component design andforging temperatures need to be coordinated well.Only then can ideal component properties and cost-efficient production be guaranteed.

    Die Festigkeit von Bauteilen, insbesondere bei ho-hen Dauerwechselbeanspruchungen und bei hohenKontaktspannungen, setzt einen geeigneten Faser-verlauf voraus. Der Walzstahl besitzt bereits einenFaserverlauf in Längsrichtung, der beim Umformenin die spätere Bauteilgestalt ausgerichtet wird.

    The strength of engineering components, particu-larly in applications with high fatigue and high con-tact stresses, is dependent on suitable fiber flow.Rolled steel already has a longitudinal fiber flow pat-tern that is directionally aligned during forging toproduce the desired component.

    1

  • 1 Einleitung Introduction

    Bei Teilen, die aus der Stange zerspant werden, wirdhingegen die Faser angeschnitten. Im ungünstigs-ten Fall treten die Fasern senkrecht aus der Ober-fläche aus. Dies kann zu geringer Belastbarkeit beiDauerwechsel- oder Pittingbeanspruchungen führen.Des Weiteren führt ein hohes Spanvolumen zu einerschlechten Ausnutzung des eingesetzen Materials.

    By contrast, this fiber orientation is cut in the caseof parts machined from bars. In the worst case, thefibers then protrude perpendicularly from the sur-face, which may render the material more liable tofatigue and pitting. Furthermore, machined partsare produced with poor material utilization due tothe high chip volume involved.

    Insgesamt ist die Dauerwechselfestigkeit vonmassivumgeformten Werkstücken im Vergleich zuzerspanten, aber auch besonders zu gegossenen undgesinterten Werkstücken deutlich höher. Massivum-geformte Werkstücke werden daher bevorzugt dorteingesetzt, wo eine hohe Bauteilbeanspruchung undein eingeschränkter Bauraum eine hohe Festigkeitdes Werkstoffs erfordern. Darüber hinaus sindSchmiedeteile uneingeschränkt recyclingfähig.

    Forged workpieces have a much higher overall fa-tigue strength compared to machined and especiallycompared to cast or sintered parts. Forgings aretherefore the components of choice in applicationswith high loads and limited space that demand highmaterial strength. Furthermore, forged parts arecompletely recyclable.

    © Hirschvogel Umformtechnik GmbH

    1

    Stand:

    Durch Massivumformung hergestellte Teile (Quelle: Industrieverband Massivumformung)Examples of parts made by forging (Source: Industrieverband Massivumformung)

    Abb./Fig. 1.1: Durch Massivumformung hergestellte Teile (Quelle: Industrieverband Massivumformung)Examples of parts produced by forging (Source: Industrieverband Massivumformung)

    2

  • 1 Einleitung Introduction

    Die Formenvielfalt reicht von einfachen rotations-symmetrischen Wellen oder Zahnradrohlingen bishin zu komplexen Geometrien wie Achsschenkeln,Schwenklagern und Kurbelwellen. Abb. 1.1 zeigt dieVielfalt der durch Massivumformung herstellbarenWerkstücke.

    The variety of parts which can be produced rangesfrom simple rotationally symmetric shafts and gearblanks to complex geometric shapes such as stubaxles, steering knuckles, and crankshafts. Figure 1.1shows some of the vast variety of components whichcan be manufactured by metal forging processes.

    Bei den Werkstoffen liegt die größte wirtschaftli-che Bedeutung auf der Umformung von Stahl. DieNichteisenmetalle (NE-Metalle) machen nur einenAnteil von ca. 4 % (Gewicht) der umgeformtenStahlbauteile aus. Die NE-Metalle und ihre umform-technische Behandlung werden im Rahmen diesesBuchs nicht erwähnt. Eine Ausnahme bildet das Alu-minium als wichtiger Leichtbauwerkstoff, welchesim Kapitel 5 beschrieben wird.

    Out of all the materials, the forging of steel hasthe greatest economic significance. The non-ferrousmetals account for only about 4 % of the weight ofall forged components. The non-ferrous metals andthe forging thereof will not be mentioned within theframework of this book. One exception to this willbe aluminum, an important material in lightweightdesign. This is the focus of Chapter 5.

    Auch wird es sich in dieser Ausarbeitung ausschließ-lich um Verfahren zur Fertigung von einzelnen Bau-teilen handeln; das bedeutet, dass die Verfahrender Halbzeugherstellung, wie z. B. das Längswalzenoder das Strangpressen, nicht behandelt werden.

    Furthermore, this book will focus on forging pro-cesses for discrete components, and will not coveroperations for producing semi-finished parts, suchas longitudinal rolling or hot extrusion.

    1.2 Europäische und weltweite MassivumformungForging Production in Europe and Worldwide

    1.2.1 Internationale Massivumformung nach ErzeugnisbereichenInternational Forging Production by Category

    Die weltweite Gesamtproduktion von massivumge-formten Erzeugnissen wird in Abb. 1.2 dargestellt.Den größten Anteil daran haben Gesenkschmiede-teile.

    The total production of forgings worldwide is pre-sented in Fig. 1.2, with parts produced by closed-dieforging making up the largest share.

    In den Daten der Warmumformung sind auch die derHalbwarmumformung beinhaltet. Des Weiteren wer-den Kombinationen der verschiedenen Verfahren an-gewandt, die nicht mehr exakt aufgegliedert werdenkönnen.

    The hot forging data also includes warm forging.Furthermore, combinations of various processes areused, rendering precise categorization difficult.

    3

  • 1 Einleitung Introduction

    © Hirschvogel Umformtechnik GmbH

    1

    Stand:

    Gesamtproduktion von Massivumformerzeugnissen 2011 (Quelle: Euroforge)Total production of forgings in 2011 (Source: Euroforge)

    Erzeugnisbereiche

    Menge/t

    Tonnage/Metric

    Tons

    Product Areas

    Gesamtproduktion 27 496 000 Total production

    Produktion von

    Gesenkschmiedeerzeugnissen19 797 000 Production of closed-die forgings

    Gesenkschmiedeteile (freie Schmieden) 6 799 000 Closed-die forgings (third party forging)

    Gesenkschmiedeteile

    (werkseigene Schmieden)809 000 Closed-die forgings (in-house forging)

    Gesenkschmiedeteile

    (eigene Baugruppenlieferanten)261 000

    Closed die forgings (in-house subassembly

    suppliers)

    Gebrauchsgüter (Installationszubehör,

    Werkzeuge, Maschinenteile)658 000

    Consumer goods (plumbing fixtures, tools,

    machine parts)

    Gesamt: Kaltfließpressteile 644 000 Total cold forging parts

    Kaltfließpressteile (freie Hersteller) 418 000 Cold forging parts (third party)

    Kaltfließpressteile (werkseigene Hersteller) 95 000 Cold forging parts (in-house manufacturing)

    Gesamt: Freiformschmiedestücke 6 886 000 Total open-die forgings

    Geschmiedete und gewalzte Ringe 1 701 000 Forged and rolled rings

    Freiformschmiedestücke 4 480 000 Open-die forgings

    Abb./Fig. 1.2: Gesamtproduktion von Massivumformerzeugnissen 2011 (Quelle: Euroforge)Total production of forgings in 2011 (Source: Euroforge)

    1.2.2 Schmiedeerzeugnisse nach HerkunftProduction by Region

    © Hirschvogel Umformtechnik GmbH

    1

    Welt

    World

    Europa

    EuropeQuelle: Euroforge

    Source: Euroforge

    Die weltweit wichtigsten ProduzentenländerThe countries producing the largest volumes worldwide

    China

    39 %

    Europe22 %

    India 10 %

    Japan 8 %

    USA,

    Canada,Mexico

    7 %

    Taiwan5 %

    Russia

    3 %

    Korea

    3 %

    Other

    Countries

    3 %

    Germany

    48 %Italy

    21 %

    Other

    Countries

    8 %Poland

    5 %Czech

    Republic

    5 %Spain

    6 %

    France 7 %

    Abb./Fig. 1.3: Die weltweit wichtigsten ProduzentenländerThe countries producing the largest volumes worldwide

    4

  • 1 Einleitung Introduction

    Die Diagramme in Abb. 1.3 zeigen, dass die deut-sche Schmiedeindustrie europaweit führend ist.

    The diagrams in Fig. 1.3 show that the German forg-ing industry is the European leader.

    Die Tatsache, dass die Schmiedeindustrie vor al-lem in Europa, USA und Japan stark ausgeprägt ist,lässt den Schluss zu, dass dieser Industriezweig starkmit der Fahrzeugindustrie zusammenhängen muss,da dieser Bereich in den erwähnten Regionen vongroßer Bedeutung ist.

    It is no coincidence that the forging industry is dom-inant in those regions with a strong automotive in-dustry, namely in Europe, the US and Japan.

    Auch die Massivumformung ist der Globalisierungausgesetzt. Hier sind allerdings zwei teilweise ge-genläufige Tendenzen zu erkennen: Mit steigenderQualität in Billiglohnländern könnten Produzentenin Hochlohnländern einige Produkte verlieren (wo-bei hier einige Sourcing-Projekte auch schon wie-der rückgängig gemacht worden sind). Andererseitswird ein steigender Lokalisierungsdruck weltweit tä-tiger Kunden für Massivumformteile beobachtet, umWährungs-, Logistik-, und Qualitätsrisiken zu ver-mindern. Dies kann für Massivumformer in Hoch-lohnländern durchaus neue Chancen beinhalten.

    Emerging markets such as Korea, Taiwan and Chinarepresent a rapidly growing group, with a combined35 % of total production. Closed-die forging is alsosubject to globalization. Here, however, two par-tially opposing trends may be observed. On the onehand, as quality increases in low-wage countries,producers in high-wage countries could lose someproducts (although some sourcing projects have al-ready been retracted again). On the other hand, cus-tomers with operations worldwide are generating anincreasing pressure to produce forged parts locallyto avoid currency, logistics and quality risks. Thismay well open up new opportunities for forging com-panies in high-wage countries.

    5

  • 2 Grundlagen der UmformtechnikFundamentals of Metal Forming

    2.1 Metallphysikalische GrundlagenPhysical Metallurgy Basics

    2.1.1 KristallaufbauCrystal Structure

    Die Werkstoffe für die Umformtechnik sind Metalleund deren Legierungen. Es ist daher unumgänglich,die Metallstruktur genauer zu betrachten, um zu ei-nem Grundverständnis der Umformtechnik zu gelan-gen.

    To understand the fundamental physical behaviorswhich govern metal forming processes, one must firstunderstand the structure of metals and their alloys.

    Metalle haben einen kristallinen Aufbau. Es gibt ver-schiedene Kristallstrukturen, die alle gewissen Sym-metrieprinzipien unterworfen sind.

    Metals have a crystalline structure. There are vari-ous crystal structures that are all subject to certainsymmetrical principals.

    Dies sind die Strukturen kubisch-raumzentriert,kubisch-flächenzentriert sowie hexagonal (sieheAbb. 2.1).

    These are body-centered cubic, face-centered cubicand hexagonal (see Fig. 2.1).

    Das kubisch-raumzentrierte Gitter (krz) besteht auseiner Anordnung von Atomen auf den Ecken einesWürfels. In der Mitte dieser acht Atome sitzt einWeiteres.

    The body-centered cubic lattice (BCC) consists ofatoms arranged on the corners of a cube. An ad-ditional atom is at the center of these eight otheratoms.

    Die theoretische Raumfüllung unter der Annahmekugelförmiger Atome dieser Kristallstruktur beträgt68 %. Eine kubisch-raumzentrierte Kristallstrukturhaben unter anderem α-Eisen (Ferrit, also die meis-ten Stähle bei Raumtemperatur), Wolfram, Molyb-dän und γ-Messing.

    The spheres of this crystal structure occupy 68 % ofthe space. Metals with a body-centered cubic latticeinclude α-iron (ferrite), i. e. most steels at roomtemperature, tungsten, molybdenum and γ-brass.

    Beim kubisch-flächenzentrierten Kristallgitter (kfz)sind acht Atome so angeordnet, dass sie die Eckeneines Würfels bilden.

    Eight atoms of the face-centered cubic lattice (FCC)are arranged in such a way that they form the cor-ners of a cube.

    6

  • 2 Grundlagen der Umformtechnik Fundamentals of Metal Forming

    © Hirschvogel Umformtechnik GmbH

    1

    Stand:

    Kristallgitter von MetallenCrystal lattices of metals

    Kubisch-raumzentriert (krz) Kubisch-flächenzentriert (kfz)Hexagonal dichtesteKugelpackung (hdp)

    Body-centered cubic (BCC) Face-centered cubic (FCC) Close-packed hexagonal (CPH)

    Abb./Fig. 2.1: Kristallgitter von MetallenCrystal lattices of metals

    Zusätzlich sind insgesamt sechs weitere Atome mit-tig auf den Würfelflächen so angeordnet, dass beiVerbindung dieser ein Oktaeder entsteht. In diesemGitter ist die Raumfüllung ca. 74 %, entsprechend ei-ner dichtest möglichen Kugelpackung.

    In addition, a total of six other atoms are arranged atthe center of the cube surfaces, so that an octahedronis formed when connecting them. In this lattice, thespheres form a close-packed structure, occupying thespace in a most dense way (approx. 74 %).

    Eine kubisch-flächenzentrierte Kristallstruktur ha-ben unter anderem Kupfer, Aluminium, Nickel, Blei,Gold, Silber und γ-Eisen (Austenitische Stähle).

    Metals with a face-centered cubic lattice includecopper, aluminum, nickel, lead, gold, silver and γ-iron (austenitic steels).

    Das hexagonale Gitter besitzt ein regelmäßigesSechseck als Grundfläche. Zwischen Grund- undDeckfläche haben zusätzlich drei weitere Gitter-punkte Platz.

    A regular hexagon forms the basic surface of the hex-agonal lattice. Three additional lattice points areaccommodated between the basic and the upper sur-face.

    Mit gleich großen Kugeln an den Gitterpunkten ent-spricht dies ebenso einer dichtesten Kugelpackung(hdp) wie beim kfz-Gitter, aber die Schichtungsrei-henfolge der Gitterebenen ist unterschiedlich.

    With spheres of the same size at all the lattice points,this also represents a close-packed structure similarto the face-centered cubic lattice, although the se-quence of layers at the lattice levels is different.

    7

  • 2 Grundlagen der Umformtechnik Fundamentals of Metal Forming

    Eine hexagonale Kristallstruktur haben unter ande-rem Cadmium, Zink, Magnesium, Titan und Berylli-um.

    Metals with a hexagonal crystal strucure includecadmium, zinc, magnesium, titanium and beryllium.

    Die besonderen Eigenschaften der Metalle liegen inder metallischen Bindung begründet: Metallatomegeben jeweils ihre Leitungselektronen beim Einbauin das Gitter ab, womit sie sich fast wie positiv gela-dene Teilchen (Ionen) im Gitter befinden. Die losge-lösten, negativ geladenen Elektronen bilden eine ArtWolke, die den Metallionenverband umgibt und ihnzusammenhält.

    The special properties of metal lie in the metallicbond. In the metallic structure, each metallic atomreleases its valence electrons, thereby acting almostlike positively charged particles (ions) in the lattice.The released, negatively charged electrons form akind of cloud that surrounds the metal ion structureand holds it in place.

    Die Kristallstruktur hat einen großen Einfluss auf dieFließspannung und Duktilität des Metalls.

    The crystal structure has a great influence on theyield stress and ductility of the metal.

    Erwärmt man Reineisen, so stellt man bei 910 °einen Haltepunkt fest. Untersuchungen zeigen, dassbei dieser Temperatur eine Phasenumwandlung statt-findet.

    If pure iron is heated, a temperature stagnation pointis reached at 910 °. Studies show that a phasechange occurs at this temperature.

    Aus dem α-Eisen (dem »Ferrit«) entsteht das γ-Eisen (der »Austenit«). Dieser Vorgang zeichnet sichdadurch aus, dass bei Wärmezufuhr die Temperatursteigt und sich das Gitter unter Kristallneubildungin eine neue, thermodynamisch stabile Struktur ver-ändert. Kristallografisch betrachtet findet eine Um-wandlung von »kubisch-raumzentriert« in »kubisch-flächenzentriert« statt.

    α-iron (»ferrite«) becomes γ-iron (»austenite«). Therise in temperature due to the supply of heat leads tothe lattice recrystallizing and changing into a new,thermodynamically stable structure. From a crystal-lographic perspective, a switch from »body-centeredcubic« to »face-centered cubic« takes place.

    Im Austenit besitzt Kohlenstoff eine deutlich höhe-re Löslichkeit, sodass sich oberhalb der Umwand-lungstemperatur die Karbide auflösen. Dies hat einengroßen Einfluss auf das Umformverhalten.

    The carbon in austenite has a considerably greatersolubility, causing the carbides to dissolve above thephase change temperature. This has a significant ef-fect on the deformation behavior.

    8

  • 2 Grundlagen der Umformtechnik Fundamentals of Metal Forming

    Die unterschiedlichen Gitterstrukturen des Eisens(und seiner Legierungen, den verschiedenen Stäh-len) und die unterschiedlichen Löslichkeiten desKohlenstoffs in den jeweiligen Gitterstrukturen sinddes Weiteren die Grundlage für die verschiedenenWärmebehandlungsverfahren (siehe Kapitel 10).

    The different lattice structures of iron (and its al-loys, the various steels) as well as the varying lev-els of solubility of the carbon in each of the latticestructures both form the basis for heat treatment pro-cesses (see Chapter 10).

    2.1.2 Gitterfehler, Versetzungen und VersetzungsbewegungenLattice Vacancies, Dislocations and Dislocation Movements

    Berechnet man die Bindungskräfte in Metallen mitatomphysikalischen Methoden, so findet sich eineDiskrepanz zwischen theoretischer Festigkeit undder durch Zugversuche ermittelten Festigkeit einesWerkstoffs von zwei bis drei Zehnerpotenzen.

    When atomphysical methods are used to calculatethe bonding strengths in metals, a discrepancy of twoto three decimal powers is determined between thetheoretical strength and the strength of a materialmeasured through tensile testing.

    Nur haarförmige Einkristalle großer Reinheit (soge-nannte »Whiskers«) zeigen diese theoretisch berech-neten extrem hohen Festigkeiten.

    Only hair-like single crystals of high purity (knownas »whiskers«), however, exhibit these exceptionallyhigh strengths, approaching theoretical strengths.

    Offensichtlich gibt es im technischen Kristallaufbaunicht die idealen Voraussetzungen, die für diese hoheFestigkeit notwendig sind.

    It seems that crystal structures of industrial alloysdo not provide the ideal lattice structure necessaryto achieve this high strength value.

    Im tatsächlichen Aufbau von Metallen befinden sichverschiedenartige Erscheinungen. Zunächst handeltes sich um einen vielkristallinen Aufbau, wobeidie einzelnen Kristalle aneinanderstoßen und nichtgeordnete Übergänge, die sogenannten »Korngren-zen«, bilden.

    A diverse combination of phenomena exists in theactual structure of metals. Firstly, there is a multi-crystalline structure in which individual crystals im-pinge on each other, forming loose, non-orderedtransitions, known as »grain boundaries«.

    Im einzelnen Kristall (der in der Gefügelehre als»Korn« bezeichnet wird) selbst gibt es eine Reihevon Gitterfehlern: auf Gitterplätzen fehlende Ato-me, Einbau von Fremdatomen auf Gitterplätzen oderauf Zwischengitterplätzen und schließlich Verset-zungen.

    Secondly, within a single crystal (known in metallo-graphy as a »grain«), there are a number of defectsin the crystal, such as missing atoms at lattice sites,incorporation of impurities at lattice positions or in-terstitial sites, and lastly dislocations.

    9

  • 2 Grundlagen der Umformtechnik Fundamentals of Metal Forming

    Da die Versetzungen für den Fundamentalmechanis-mus der Umformung verantwortlich sind und dafür,dass die Festigkeit von technischen Metallen weitunter der der »Whisker« liegt, sollen sie im Folgen-den näher betrachtet werden.

    As it is dislocations that govern many phenomenaimportant to metal forging technology and as theyare the cause of metal strengths being far belowthose observed in »whiskers«, it is necessary to studythem in more detail.

    Versetzungen entstehen schon bei der Erstarrungvon Metallen: Ausgehend von kleinen, anfänglichen»Baufehlern« wachsen die Kristalle beim Erstarrenabweichend von der idealen Kristallstruktur. Eben soentstehen Versetzungen auch bei Rekristallisations-und Gefügeumwandlungsvorgängen.

    Dislocations occur right from the moment when met-als solidify. Starting as small, initial »structure de-fects«, the crystals develop during solidification ina way that deviates from the ideal crystal structure.Dislocations likewise occur during recrystallizationand microstructural changes.

    Abb. 2.2 zeigt die beiden typischen Vertreter, dieStufen- und die Schraubenversetzung.

    Fig. 2.2 shows the two typical examples of disloca-tions, namely the edge dislocation and the screw dis-location.

    © Hirschvogel Umformtechnik GmbH

    1

    Stand:

    Vereinfachende Darstellung von Versetzungen am Beispiel des einfachenkubischen GittersSketch of dislocations using the example of the primitive cubic lattice

    Stufenversetzung

    Edge dislocation

    Schraubenversetzung

    Screw dislocation

    Abb./Fig. 2.2: Vereinfachende Darstellung von Versetzungen am Beispiel des einfachen kubischen GittersSimplified image of dislocations using the example of the simple cubic lattice

    10

  • 2 Grundlagen der Umformtechnik Fundamentals of Metal Forming

    Liegt an einem Kristall, der eine Stufenversetzungaufweist, eine genügend große Scherspannung an, sospringt die eingeschobene Atomreihe sukzessive um,bis sie, wie Abb. 2.3 zeigt, bildlich »herausgewan-dert« ist.

    If a great enough shear stress is applied to a crystalwith an edge dislocation, the row of atoms perpen-dicular to the dislocation will switch position suc-cessively until it has »migrated« outwards, as shownin Fig. 2.3.

    Die Versetzungsbewegung endet dabei meist anKorngrenzen.

    The movement of the dislocation generally ends atthe grain boundaries.

    Die hierzu notwendige Spannung ist wesentlichniedriger als die Spannung, die aufzubringen wäre,um den Kristall insgesamt zu scheren und um dieseeine Atomreihe zu verschieben.

    The stress needed for this to occur is considerablylower than the stress that would be necessary toshear the crystal completely and to displace this onerow of atoms all at once.

    © Hirschvogel Umformtechnik GmbH

    1

    VersetzungswanderungMigration of dislocations

    Versetzungslinie

    Dislocation

    Linienversetzung Wanderung der Versetzung

    durch äußere Spannung

    Durchtritt der Versetzung auf

    die Kristalloberfläche an die

    Korngrenze

    Schubspannung

    Shear stress

    Gleitstufe

    Edge

    Edge dislocationMigration of the dislocation

    due to external stress

    Dislocation breakthrough to the

    surface of the crystal

    Abb./Fig. 2.3: VersetzungswanderungMigration of dislocations

    Zu vergleichen ist dieser Effekt bildlich vereinfa-chend mit einem großen Teppich, der verschobenwerden soll.

    Figuratively speaking, this effect may be comparedto a large carpet that needs to be moved.

    11

  • 2 Grundlagen der Umformtechnik Fundamentals of Metal Forming

    Soll der ganze Teppich auf einmal bewegt werden,wird ein erheblicher Kraftaufwand benötigt.

    If the whole carpet is to be moved at once, aconsiderable amount of force is needed.

    Wird hingegen der Teppich an einem Ende etwaszusammen geschoben, sodass sich eine Falte bildet,lässt sich diese Falte mit geringer Kraft durch denganzen Teppich durchschieben, mit dem Effekt, dassletztendlich der gesamte Teppich um die Länge derFalte verschoben wurde.

    If, however, the carpet is pushed together a little bitat one end, forming a fold, this fold can be pushedalong the whole length of the carpet with consider-ably less effort, eventually causing the entire carpetto be moved by a distance the size of the fold.

    Scherspannungen ermöglichen ein Wandern vonStufen- und Schraubenversetzungen, bis diese je-weils durch ein Hindernis aufgehalten werden. Dieskann eine Ausscheidung sein, eine Korngrenze oderauch eine andere Versetzung.

    Shear stresses cause edge and screw dislocations tomigrate until an obstacle prevents them from doingso. This obstacle may be a precipitation, a grainboundary or even another dislocation.

    Findet eine solche Versetzungsblockade statt, lässtsich dieser Kristall nur bei erhöhter Spannung wei-ter verformen. Dabei tritt der Effekt der Kaltverfes-tigung ein.

    If such a dislocation blockade occurs, the crystalcannot be deformed any further unless increasedforce is applied. This effect is known as strainhardening.

    Wenn Versetzungen aufeinandertreffen und sich blo-ckieren, bilden sich bei weiterer Verformung (bei er-höhter Spannung) an den blockierten VersetzungenVersetzungsquellen. Dadurch steigt die Anzahl derVersetzungen im Kristall an. Bei der Kaltumformungbleiben diese Versetzungen erhalten, bei Halbwarm-und Warmumformung verringert sich die Anzahl derVersetzungen durch Erholung und Rekristallisationwieder.

    If dislocations impinge on and block each other, dis-location sources are formed at the site of the blockeddislocations upon further deformation (increasedstress). This causes the number of dislocations in thecrystal to increase. During cold forging, these dislo-cations are retained; during warm and hot forging,the number of dislocations is reduced again throughrecovery and recrystallization.

    2.1.3 RekristallisationRecrystallization

    Eine Wärmebehandlung, die prinzipiell bei jedemMetall anwendbar ist und die weder eine chemischenoch eine Phasenveränderung hervorruft, ist die Re-kristallisationsglühung.

    Recrystallization annealing is one type of heat treat-ment that, in principle, can be used with any type ofmetal and which causes neither chemical nor phasechanges.

    12

  • 2 Grundlagen der Umformtechnik Fundamentals of Metal Forming

    Die Rekristallisationstemperatur, die wie dieSchmelztemperatur bei jedem Metall verschiedenist, wurde früher als Grenze zwischen Warm- undKaltumformung betrachtet.

    The recrystallization temperature, like the meltingtemperature, is unique to each metal and at one timewas referenced as the boundary between hot andcold forging.

    Der Vorgang der Rekristallisation ist als Vorgang mitPlatzwechseln von Atomen zeitabhängig; Voraus-setzung ist eine vorausgegangene Kaltverformungund damit eine erhöhte Versetzungsdichte.

    As a process involving atoms changing position, re-crystallization is time-dependent. The prerequisitefor it to occur is prior cold deformation and thusincreased dislocation density.

    Erhöht man die Temperatur eines verformten Kris-talls mit erhöhter Versetzungsdichte, so bilden sichzunächst Versetzungsstrukturen um. Je nach Kon-stellation können sich Versetzungen auch gegensei-tig auslöschen (»Erholung«).

    By increasing the temperature of a deformed crys-tal with an elevated dislocation density, disloca-tion structures begin to change. Depending onthe constellation, dislocations may annihilate eachother (»recovery«).

    Bei noch höherer Temperatur beginnt die Rekris-tallisation, bei der im versetzungsreichen verform-ten Kristallgitter neue, versetzungsärmere Körnerkeimen und dann wachsen. Dabei stellt man eineAbhängigkeit der rekristallisierten Korngröße vomGrad der Umformung fest (siehe Abb. 2.4).

    At an even higher temperature, recrystallization be-gins. During this process, new grains that havefewer dislocations begin to form along the oldboundaries of distorted grains. A dependency of theresulting recrystallized grain size on the degree ofplastic strain can be observed (see Fig. 2.4).

    Zunächst muss eine gewisse Mindestverformung (jenach Werkstoff 5 % bis 20 %) gegeben sein, um über-haupt den Beginn der Rekristallisation zu ermögli-chen.

    A certain minimum strain (5 % to 20 %, dependingon the material) must be initially present in order totrigger the recrystallization process at all.

    Die sich einstellende Korngröße ist umso kleiner, jegrößer die Verformung ist, da diese mehr Versetzun-gen erzeugt hat und dadurch mehr Rekristallisations-keime gegeben sind.

    The greater the plastic strain, the smaller the recrys-tallized grain size. This is due to the fact that an in-crease in the number of dislocations results in morerecrystallization nuclei.

    Das bedeutet, dass die Rekristallisation an vielenStellen gleichzeitig einsetzt und die sich neu bilden-den Kristalle schneller an die nächsten stoßen unddaher nicht weiter wachsen können.

    Recrystallization then occurs at many sites at thesame time. This causes the newly forming crystals toimpinge more rapidly on neighboring ones, therebypreventing their further growth.

    13

  • 2 Grundlagen der Umformtechnik Fundamentals of Metal Forming

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    1

    Korngröße in Abhängigkeit von der VerformungDependence of grain size on plastic strain

    Kaltumformgrad/%Plastic strain/%

    Du

    rch

    me

    sse

    r d

    er

    rekri

    sta

    llisie

    rte

    nK

    örn

    er/

    mm

    Dia

    me

    ter

    of

    recry

    sta

    llize

    dg

    rain

    s/m

    m

    0,16

    0,08

    0,04

    0,12

    0,20

    0 20 40 60 80

    RekristallisationsschwelleKritischer VerformungsgradGlühtemperaturT = konstantRecrystallization thresholdCritical plastic strainAnnealing temperatureT= constant

    Abb./Fig. 2.4: Korngröße in Abhängigkeit von der UmformungDependence of grain size on plastic strain

    2.1.4 Stahl - die besondere EisenlegierungSteel - The Special Iron Alloy

    Unter Stahl versteht man die Legierung von Eisen(Fe) und Kohlenstoff (C) mit Kohlenstoffgehaltenzwischen 0 und 2 Gewichtsprozent. Sie bietet einigeBesonderheiten, die großtechnisch genutzt werden.

    Steel is an alloy of iron (Fe) and carbon (C), withcarbon contents of between 0 and 2 weight percent-age. Steel has certain special properties that can beput to large-scale industrial use.

    Die besonderen Eigenschaften von Stahl lassen sichim Eisen-Kohlenstoff-Diagramm ablesen (Abb. 2.5).

    The unique properties of steel may be seen in theiron-carbon diagram (Fig. 2.5).

    Darin werden die Phasen dargestellt, die sich in Ab-hängigkeit von Kohlenstoffgehalt und Temperatur inder Eisen-Kohlenstoff-Legierung bilden (Abb. 2.6).

    It shows the phases that form in the iron-carbon al-loy depending on the carbon content and tempera-ture (Fig. 2.6).

    Das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm wird auf der rech-ten Seite schon bei 6,6 Gewichts-% Kohlenstoff ab-geschlossen, da sich dort die stöchiometrische Ver-bindung Fe3C bildet.

    The iron-carbon diagram ends on the right-handside at only 6.6 weight percentage of carbon, as herethe stoichiometric compound Fe3C forms.

    14

  • 2 Grundlagen der Umformtechnik Fundamentals of Metal Forming

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    1

    Stand:

    Fe/Fe3C DiagrammFe/Fe3C diagram

    Kohlenstoffgehalt in Gewichtsprozent | Carbon content by weight percentage

    Zementitgehalt in Gewichtsprozent | Cementite content by weight percentage

    7

    100

    0 1 2 3 4 5 6

    I II

    IV

    V

    700

    1200

    500

    600

    900

    1000

    1100

    1300

    1400

    1500

    1600

    800

    -Mischkristalle + Fe3C-solid solutions + Fe3C

    γ

    -Mischkristalle (Austenit)-solid solutions (Austenite)

    γ

    α-Mischkristalle + Fe3C-solid solutions + Fe3Cα

    γ

    γ

    Schmelze +-Mischkristalleγ

    Liquid +

    -solid solutionsγ

    Schmelzeliquid

    -Mischkristalle-solid solutions

    δδ

    Schmelze + -Mischkristalle

    liquid + -solid solutionsδ

    δ

    + -Mischkristalle

    + -solid solutions

    γγ

    αα

    -Mischkristalle (Ferrit)

    -solid solutions (Ferrite)αα

    Schmelze + Fe3Cliquid + Fe3C

    + -Mischkristalle

    + -solid solutionsδδ

    γγ

    Tem

    pera

    tur

    in °

    C

    Tem

    pera

    ture

    in °

    C

    30 4020 50100 60 70 80 90

    III

    Fe3C (Zementit)

    Fe3C (Cementite)

    Abb./Fig. 2.5: Fe/Fe3C-DiagrammFe/Fe3C diagram

    Betrachtet man nun die für die Massivumformungrelevanten Stahlsorten und die entsprechenden Tem-peraturen, so gilt zunächst bei der Erwärmung fürz. B. einen Stahl mit ca. 0,45 % Kohlenstoff Folgen-des:

    By focusing on steel grades used in forging and thecorresponding temperatures, the following may beobserved during the heating of steel with a carboncontent of approx. 0.45 % (taken as an example):

    Bei 723 ° beginnt die Bildung von γ-Eisen bzw. Aus-tenit, während α-Eisen mit zunehmender Tempera-tur immer weniger erhalten bleibt.

    At 723 ° γ-iron or austenite begins to form, while theα-iron content decreases with increasing tempera-ture.

    Erhöht man die Temperatur weiter, so trifft man beica. 775 ° auf die Grenze zum reinen Austenit.

    As the temperature continues to rise, the structure isfully transformed to pure austenite at 775 °.

    Hier hat sich die gesamte Eisen-Kohlenstoff-Legierung in eine feste Lösung umgewandelt. Indem kubisch-flächenzentrierten Gitter sitzen dieKohlenstoffatome auf Zwischengitterplätzen.

    Here, the entire iron-carbon alloy has changed intoa solid solution. The carbon atoms are located at in-terstitial sites within the face-centered cubic lattice.

    15

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    1

    Feld IField I

    • Reiner Ferrit (Fe) mit einem maximalen Gehalt von 0,02%C(der Kohlenstoff ist dabei als Zwischengitteratom gelöst) bei ca. 723°C

    • Pure Ferrite (Fe) with a maximum carbon content of 0.02%(the carbon is dissolved as an interstitial atom) at approx. 723°C

    Feld IIField II

    • Stabiles Feld aus Ferrit (Fe) und Eisenkarbid (Fe3C). Dies kann sich im Gefüge alsFerrit-lamellarer Perlit oder als globulares Fe3C (Eisenkarbid bzw. Zementit) in Fe-Matrix darstellen (GKZ-Gefüge).

    • Stable field of ferrite (Fe) and iron carbide (Fe3C). This can occur in the grain structureas ferrite-lamellar pearlite or as spheroidal Fe3C (iron carbide or cementite) in an iron matrix (spheroidized grain structure).

    Feld IIIField III

    • Mischgebiet zwischen Austenit (γ-Eisen) und Ferrit (α-Eisen)• Mixed area between austenite (γ-iron) and ferrite (α-iron)

    Feld IVField IV

    • Reiner Austenit (γ-Eisen, das die C-Atome auf Zwischengitterplätze gelöst hat)• Pure austenite (γ-iron which has dissolved the carbon atoms at interstitial sites)

    Feld VField V

    • Austenit (γ-Eisen) und ungelöstes Eisenkarbid (Zementit)• Austenite (γ-iron) and undissolved iron carbide (cementite)

    Stand:

    Felder im Eisen-Kohlenstoff-DiagrammFields in the Iron-Carbon-Diagram

    Abb./Fig. 2.6: Felder im Eisen-Kohlenstoff-DiagrammFields in the iron-carbon diagram

    Die Phasenumwandlung durch Kornneubildungberuht auf Diffusionsvorgängen und ist deshalbvon Zeit und Temperatur abhängig. Dies wirddurch die ZTA-Schaubilder (»Zeit-Temperatur-Austenitisierungs-Schaubild«) beschrieben.

    The phase change due to the new grain formationoccurs by diffusion and is dependent on time andtemperature. This is shown in what are known as»time-temperature-austenitization diagrams«.

    Bei der Abkühlung können sich je nach Abkühlungs-geschwindigkeit aus dem Austenit unterschiedlicheGefüge einstellen. Diese Vorgänge werden späterausführlich beschrieben.

    During cooling, different grain structures can beachieved from the austenite depending on the cool-ing rate. These processes will be discussed in moredetail at a later point in the book.

    2.1.5 Legierte StähleAlloy Steels

    Werden den Kohlenstoffstählen weitere Legierungs-elemente zugesetzt, so werden diese teilweise unterMischkristallbildung im Eisen gelöst und teilweisezur Karbidbildung verbraucht.

    If other alloying elements are added to carbon steels,they become partially dissolved in iron as a solid so-lution and are partially used up in forming carbides.

    16

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    1

    Legierungselement

    Alloying element

    Tendenz zur Bildung von Mischkristallen oder Karbiden

    Tendency towards formation of solid solution or carbides

    Feste Lösung

    Solid solution

    Karbid

    Carbide

    Phosphor

    Phosphorus

    Silicium

    Silicon

    Aluminium

    Aluminum

    Nickel

    Nickel

    Kobalt

    Cobalt

    Mangan

    Manganese

    Chrom

    Chromium

    Molybdän

    Molybdenum

    Wolfram

    Tungsten

    Vanadium

    Vanadium

    Niob

    Niobium

    Tantal

    Tantalum

    Stand:

    Karbid- und MischkristallbildnerElements that form carbides and solid solutions

    Abb./Fig. 2.7: Karbid- und MischkristallbilderElements that form carbides and solid solutions

    Die sich durch die Zulegierung verschiedener Ele-mente ergebenden Effekte sind sehr komplex, dochlassen sich hinsichtlich Karbid- und Mischkristall-bildung bei den einzelnen Elementen Tendenzen auf-zeigen, die wiederum Rückschlüsse auf die zu er-wartenden Eigenschaften des Stahls zulassen (sieheAbb. 2.7).

    Although the effects resulting from the addition ofvarious alloys are very complex, certain trends aredisplayed within the individual elements with respectto carbide and solid solution formation. These, inturn, enable conclusions to be drawn about the ex-pected properties of the steel (see Fig. 2.7).

    So verbessern harte Karbide die Verschleißfestigkeitder Stähle bei gleichzeitig erschwerter Bearbeitbar-keit. Dies wird vor allem bei Werkzeugstählen aus-genutzt. Des Weiteren haben Karbide (sowie Carbo-nitride und Nitride) Einfluss auf die Halbwarm- undWarmumformung.

    Hard carbides, for example, improve the wear re-sistance of the steel, while at the same time making itmore difficult to machine. This property is advanta-geous in tool steels. Furthermore, carbides (as wellas carbon nitrides and nitrides) have an effect onwarm and hot forging.

    Löst sich dagegen ein Element im Ferrit, statt mitKohlenstoff oder Stickstoff Verbindungen einzuge-hen, so können andere Eigenschaften sehr wirkungs-voll beeinflusst werden.

    By contrast, if an element dissolves in ferrite insteadof making compounds with carbon or nitrogen, otherproperties can be influenced in a very significantway.

    17

  • 2 Grundlagen der Umformtechnik Fundamentals of Metal Forming

    Sowohl Härte und Zugfestigkeit können wesentlicherhöht werden, vor allem aber die Härtbarkeit.

    Hardness, tensile strength and, above all, harden-ability can all be increased considerably.

    Für die Wärmebehandlung von Stahl sind diese Le-gierungsbestandteile von essenzieller Bedeutung. Soerhöhen einige Legierungselemente (Cr, Mo, ...) dieHärtbarkeit. Durch die Erhöhung der Härtbarkeitwird die Durchhärtung bis in den Kern bei größerenWerkstückquerschnitten verbessert oder erst ermög-licht.

    These alloying components play a crucial role inthe heat treatment of steel. Some alloying ele-ments (Cr, Mo, ...), for example, increase hardenabil-ity. This leads to an improvement in or even enablesthe through hardening of large workpiece cross sec-tions.

    Daneben kann es Einfluss auf Korrosionsbeständig-keit, auf elektrische Eigenschaften und auch auf dieVerformbarkeit geben.

    Alloying elements can also influence aspects such ascorrosion resistance, electrical properties and duc-tility.

    Wichtig ist, dass die Legierungslage des Stahls, Bau-teilgestalt und das verwendete Umform- und Bear-beitungsverfahren frühzeitig während der Produkt-entwicklung aufeinander abgestimmt werden. Hierlassen sich oft wesentliche Kostensenkungen erzie-len.

    It is important that the alloy level of the steel, thecomponent design and the forging and machiningprocesses used are all coordinated as early as pos-sible during product development, as this can oftenlead to considerable cost savings.

    2.2 Plastizitätstheoretische GrundlagenBasics of Plasticity Theory

    In Abb. 2.8 ist ein typisches Spannungs-Dehnungs-Diagramm, wie es sich aus dem Zugversuch ergibt,dargestellt.

    Fig. 2.8 shows a typical stress-strain curve resultingfrom tensile testing.

    Die Probe wird mit einer stetig wachsenden Zug-kraft belastet. Die Streckgrenze (z. B. Rp0,2) zeigt dieSpannung, bei der die Zugprobe nach Entlastung na-hezu (d. h. bis auf 0,2 %) wieder in ihre ursprüngli-che Form geht, und wird oft als sicher bestimmbareGröße für technische Anwendungen als Beginn derplastischen Verformung definiert.

    The test specimen is loaded with a continually in-creasing tensile force. The yield point (e. g. Fty with0.2 %) shows the stress at which the tensile test spec-imen will return almost to its initial shape (i. e. up to0.2 %) after loading is removed. As a clearly identifi-able parameter for technical applications, it is oftendefined as the start of plastic deformation.

    18

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    1

    Spannungs-Dehnungs-DiagrammStress-strain curve

    Rp0,2

    Rm

    0

    Dehnung ε

    Strain ε

    Sp

    an

    nu

    ng

    σ

    Str

    ess σ

    εgl0,2%εr

    Rm Zugfestigkeit

    Tensile strength, Ftu or UTS

    Re Elastizitätsgrenze

    Elasticity limit

    Ftp or YP (yield point)

    Rp0,2 0,2 %-Dehngrenze

    0.2 % yield strength

    equals 100 times Fty (0.002 %)

    εgl GleichmaßdehnungStrain at maximum stress

    εr Bruchdehnung(von Probenform abhängig)

    Elongation at fracture

    (dependent on the type of test

    specimen)

    Re

    Abb./Fig. 2.8: Spannungs-Dehnungs-DiagrammStress-strain curve

    Nach Erreichen der Streckgrenze findet bei weitererSteigerung der Zugspannung ein plastisches Fließenstatt, das schließlich zu einem Bruch der Probe führt.

    After the yield point is reached, plastic deformationoccurs upon further increasing the tensile stress,eventually leading to fracture of the test specimen.

    Die Beobachtung, dass die Mikrobruchflächen einerZugprobe oft unter 45 ° verlaufen, veranlasste Tresca1864, eine erste Fließbedingung zu formulieren, in-dem er die maximale Schubspannung τmax für dasEintreten plastischer Formänderung verantwortlichmachte (Schubspannungshypothese):

    It was after having observed that micro fractures fre-quently occur at an angle of 45 ° that Tresca for-mulated an initial yield condition in 1864, statingthat the maximum shear stress, τmax, was responsi-ble for the occurrence of plastic strain (MaximumShear Stress Criterion):

    τmax =12(σ1 −σ3) = k (2.1)

    Dabei ist k die Schubfließgrenze (und somit einWerkstoffkennwert) mit σ1 als größter und σ3 alskleinster Hauptspannung.

    k represents the shear yield point (and thus amaterial-specific value) with σ1 as the maximum andσ3 as the minimum principal stress.

    19

  • 2 Grundlagen der Umformtechnik Fundamentals of Metal Forming

    Im Jahr 1913 erweitert von Mises diese Fließbedin-gung auf mehrdimensionale Spannungszustände, in-dem er (im Hauptachsensystem) für den plastifizier-ten Werkstoff definiert:

    In 1913 von Mises extended this yield criterion toinclude multi-dimensional states of stress by definingthe following (in the principal axes system) for theplasticized material:

    k f =

    √32

    ((σ1 − s0)2 +(σ2 − s0)2 +(σ3 − s0)2

    )(2.2)

    mit k f als Formänderungsfestigkeit und s0 als demhydrostatischen Spannungsanteil, der sich folgen-dermaßen aus den Hauptspannungen berechnet:

    k f represents the yield strength and s0 the hydro-static stress which can be calculated as follows fromthe principal stresses:

    s0 =13(σ1 +σ2 +σ3) (2.3)

    Gleichung 2.2 lässt sich auch geometrisch im Haupt-spannungsraum darstellen (Abb. 2.9): Dieses Kri-terium entspricht einem Kreiszylinder parallel zurRaumdiagonalen (dem hydrostatischen Spannungs-zustand).

    Equation 2.2 may also be represented geometricallyin the principal stress space (Fig. 2.9). This crite-rion corresponds to a circular cylinder parallel tothe space diagonals (the hydrostatic state of stress).

    Das bedeutet, dass eine reine hydrostatische Span-nung (d. h. σ1 = σ2 = σ3), egal ob im Zug- oderDruckbereich, kein plastisches Fließen hervorrufenkann. Dies deckt sich auch mit der praktischen Er-fahrung.

    This implies that pure hydrostatic stress (i. e. σ1 =σ2 = σ3) cannot cause plastic yielding, neither in thetensile or compressive area. This has been verifiedin practice.

    Alle Spannungszustände innerhalb dieses Zylindersentsprechen rein elastischen Zuständen. Erst, wennein Spannungsvektor die Fließfläche erreicht, setztplastisches Fließen ein. Zerlegt man nun diesen Vek-tor in einen hydrostatischen Anteil und einen dazusenkrechten Anteil, so erkennt man, dass nur derLetztere, der sogenannte Deviatoranteil, für das plas-tische Fließen verantwortlich ist.

    All states of stress within this cylinder correspond topurely elastic states. It is only when a stress vectorreaches the yield surface that plastic yielding occurs.By breaking this vector down into a hydrostatic partand a part perpendicular to it, it is possible to seethat only the latter, known as the deviatoric stress, isresponsible for plastic yielding.

    20

  • 2 Grundlagen der Umformtechnik Fundamentals of Metal Forming

    © Hirschvogel Umformtechnik GmbH

    1

    Stand:

    Fließbedingung im HauptspannungsraumYield condition in the principal stress space

    δ1

    σ3

    σ2

    σ1

    σ1,σ2,σ3 HauptspannungenPrincipal stresses

    Φ(σij) = J2' FließfunktionYield surface

    S0 Richtung des

    hydrostatischen

    Spannungsanteils

    Direction of the

    hydrostatic stress

    σA Spannungsvektor

    Stress vector

    σA‘ Deviatorischer

    Spannungsanteil

    Deviatoric stress

    S0

    σA

    σA‘

    Abb./Fig. 2.9: Fließbedingung im HauptspannungsraumYield condition in the principal stress space

    Da plastisches Fließen, wie die Erfahrung zeigt, im-mer in Richtung des Spannungsdeviators erfolgt,sind Spannungsdeviator und der Tensor der Defor-mationsgeschwindigkeiten koaxial. Aus dieser Aus-sage folgt als einfachster Zusammenhang zwischenSpannung und Deformation:

    Experience has shown that plastic yielding alwaysoccurs in the direction of the deviatoric stress tensor.Therefore, the stress deviator and the tensor of thedeformation rates are coaxial. It is from this expe-rience that the most basic connection between stressand deformation can be drawn:

    dεi j = dλ (σi j − s0) (2.4)

    Dabei ist dεi j der inkrementelle Dehnungstensor, dλein Proportionalitätsfaktor, σi j ist der Spannungsten-sor und s0 die hydrostatische Spannung.

    dεi j represents the incremental strain tensor, dλ aproportionality factor, σi j the stress tensor and s0 thehydrostatic stress.

    Zusammen mit den Gleichgewichtsbedingungen undder Inkompressibilitätsbedingung stellen die Glei-chungen 2.2 und 2.4 ein System dar, das für allestarr-plastischen Werkstoffe anwendbar ist.

    Together with the equilibrium and incompressibilityconditions, equations 2.2 and 2.4 represent a systemthat can be applied to all rigid-plastic materials.

    21

  • 2 Grundlagen der Umformtechnik Fundamentals of Metal Forming

    Da dieses Gleichungssystem aber sehr komplex ist,darüber hinaus die Abhängigkeit der Werkstoff-kennwerte vom Umformgrad, der Formänderungs-geschwindigkeit und der Temperatur nur näherungs-weise zur Verfügung stehen und die Randbedingun-gen oft nur unzureichend bekannt sind, wurde sehrfrüh (Siebel in den 1920er-Jahren) schon begonnen,mit der sogenannten elementaren Plastizitätstheoriezu arbeiten.

    This set of equations is very complex, however. Ontop of this, the dependency of the material propertieson different strains, strain rates and temperature isonly roughly known, as are the boundary conditions.It is for all of these reasons that the elementary plas-ticity theory was employed instead from very earlyon (Siebel in the 1920s).

    Durch Anwendung geometrischer Idealkörper wur-de versucht, gewisse Umformvorgänge zu beschrei-ben.

    By using geometric ideal objects, attempts weremade to describe certain metal forming processes.

    In der Zwischenzeit ist die Bedeutung dieser elemen-taren Plastizitätstheorie durch die Entwicklung vonFEM-Simulationen (Finite-Elemente-Methode), dieaufgrund hoher Rechnerleistungen möglich wurden,für den praktischen Umformer stark zurückgedrängtworden.

    Today, the significance of this elementary plastic-ity theory has been reduced considerably for forg-ing practitioners by the development of FEM sim-ulations (Finite Element Method), which have beenmade possible by greater computational efficiency.

    Mithilfe der FEM lassen sich heute die Spannungs-und Dehnungszustände während der Umformung imgesamten umgeformten Volumen berechnen.

    FEM can be used to calculate states of stress andstrain during forging for the entire forged volume.

    Dadurch kann der Stofffluss, die Belastung derWerkzeuge und der Kraft- und Arbeitsbedarf, der fürdie Umformung eingesetzten Maschinen recht zu-verlässig abgeschätzt werden.

    This enables material flow, tool load as well as theforce and work requirements for relevant forging ma-chines to be estimated quite reliably.

    Auf den Einsatz von FEM-Systemen wird im Kapi-tel 12 eingegangen.

    The use of FEM systems will be described in moredetail in Chapter 12.

    Eine ausführliche Darstellung der Plastizitätstheoriewürde die Zielsetzung dieses Buchs und die Fähig-keiten des überarbeitenden Autors bei Weitem über-steigen. Der interessierte Leser findet für schlafloseNächte im hinteren Teil des Buchs auf Seite 145 eineAuflistung weiterführender Literatur.

    A detailed description of plasticity theory wouldfar exceed the scope of this book and the abilitiesof the editor. Those interested in filling sleeplessnights may draw useful information from the liter-ature listed in the Further Reading section towardsthe end of this book on page 145.

    22

  • 3 Verfahren der MassivumformungForging Processes

    3.1 Ordnung der umformtechnischen VerfahrenCategories of Forging Processes

    Unter der Umformtechnik versteht man eine Grup-pe von Verfahren der Fertigungstechnik, welche diegegebene Form eines festen Körpers in eine andereForm unter Beibehaltung der Masse und des Stoff-zusammenhangs überführen.

    Metal forging refers to a group of production pro-cesses which convert the given form of a solid bodyinto another form while retaining its mass and mate-rial cohesion.

    Innerhalb der Umformtechnik werden je nachBeanspruchung des Werkstücks während des Fer-tigungsvorgangs fünf Verfahrensgruppen definiert:Druckumformung (DIN 8583), Zugdruckumfor-mung (DIN 8584), Zugumformung (DIN 8585),Biegeumformung (DIN 8586) und Schubumfor-mung (DIN 8587).

    The German Institute for Standardization (DIN)defines five process groups within metal forgingtechnology, depending on the stress state of theworkpiece during the production process: Forg-ing under compressive conditions (DIN 8583), forg-ing under combined tensile and compressive condi-tions (DIN 8584), forging under tensile conditions(DIN 8585), forging by bending (DIN 8586) andforging under shear conditions (DIN 8587).

    Innerhalb dieser Obergruppe erfolgt eine weitereEinteilung der Verfahren nach verschiedenen Ge-sichtspunkten, wie z. B. der Kinematik oder derWerkzeuggeometrie.

    Within each of these main groups, the processesare sub-divided again according to different criteria,such as kinematics or tool geometry.

    Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die Tem-peratur. Während früher die Rekristallisationstem-peratur als Grenze zwischen Warm- und Kaltum-formung gegolten hat, unterscheidet man heute zwi-schen Kalt-, Halbwarm- und Warmumformung.

    Temperature is another distinguishing characteris-tic. Whereas previously the recrystallization tem-perature was referenced as the boundary betweenhot and cold forging, processes are classified todayas cold, warm or hot forging.

    Neben den oben erwähnten fünf Verfahrensgruppenunterteilt man in der Praxis aufgrund Werkzeug- undmaschinentechnischen Gesichtspunkten die Verfah-ren in Blech- und Massivumformung.

    Besides the five process groups mentioned above, adistinction is made in industry between metal sheetforming and forging based on the tools and machin-ery employed.

    23

  • 3 Verfahren der Massivumformung Forging Processes

    Im Folgenden sollen nun die Verfahren der Massiv-umformung, die zur Herstellung von einzelnenWerkstücken herangezogen werden, kurz betrachtetund definiert werden.

    In the following, forging processes used for produc-ing discrete workpieces will be briefly outlined anddefined.

    Die im Folgenden dargestellten Prozesse entziehensich einer stringenten Einteilung, da sie sich in meh-reren Prozesseigenschaften unterscheiden. Trotzdemkönnen so eine Reihe an Grundbegriffen der Massiv-umformung eingeführt werden.

    The processes outlined in the following evade strictclassification, as they differ in several process prop-erties. Nevertheless, a range of basic forging con-cepts can be established.

    Walz- und Strangpressverfahren, die vorwiegend zurHalbzeugherstellung dienen, werden im weiterenVerlauf aber nicht behandelt.

    Rolling and hot extrusion processes, both of whichare used primarily for the production of semi-finished goods, will not be dealt with here.

    3.2 FreiformschmiedenOpen-Die Forging

    Unter Freiformschmieden versteht man eine Um-formung, die mit einfachen Werkzeugen ein Werk-stück durch geschickte Manipulation von Werkstückund Maschine in eine neue Form bringt. Aufgrundder einfachen Werkzeuge und des geringen Rüstauf-wands sind die Fixkosten pro Auftrag niedrig.

    Open-die forging is a process in which the workpieceis shaped by skillful manipulation between simpletools. The simplicity of the tools and the ease of ma-chine set-up result in low fixed costs per order.

    Demhingegen ist die Prozesszeit bedingt durch dieinkrementelle Umformung im Vergleich zu Pressver-fahren mit Formwerkzeugen recht lang. Deshalb eig-net sich dieses Verfahren vorzugsweise zur Herstel-lung von Einzelstücken oder Kleinserien.

    The drawback is that the incremental nature of thisforging process renders it very long in comparisonto forging in dies. This process thus lends itself par-ticularly well to producing discrete parts or smallproduction runs.

    Die angewandten umformtechnischen Einzelverfah-ren sind Stauchen, Recken, Eindornen und Lochen.Die Bearbeitungsaufmaße der Werkstücke sind grö-ßenabhängig und liegen im Allgemeinen über 5 mmpro Seite bei Werkstückabmessungen im Bereichmehrerer 100 mm bis weit über 1.000 mm.

    Examples of open-die forging processes are upset-ting, stretch forging, punching and hollow forging.The machining allowances of the workpieces dependon size and are generally about 5 mm per side forworkpieces in the size range of several 100 mm towell over 1,000 mm.

    24

  • 3 Verfahren der Massivumformung Forging Processes

    3.2.1 RundknetenSwaging

    © Hirschvogel Umformtechnik GmbH

    1

    Stand:

    Rundkneten als ein Beispiel für ein FreiformschmiedeverfahrenSwaging as an example of an open-die forging process

    Sich drehendes Werkstück

    Rotating workpiece

    Oszillierendes Werkzeug (Hämmer)

    Oscillating tool (hammers)

    Rundknetmaschine

    Swaging machine

    Abb./Fig. 3.1: Rundkneten als ein Beispiel für ein FreiformschmiedeverfahrenSwaging as an example of an open-die forging process

    Ein Verfahren, das streng genommen ebenfallszum Freiformschmieden gehört, ist das Rundkneten(Abb. 3.1).

    Rotary swaging is a process which, strictly speak-ing, falls under the category of open-die forging(Fig. 3.1).

    Durch die automatische Manipulation der Werk-stücke und durch die exakte Steuerung der Hämmerlassen sich vorzugsweise wellenförmige Werkstückemit großer Wiederholgenauigkeit herstellen.

    Due to the automatic manipulation of the workpiecesand the exact control of the forging tools, it is possi-ble to produce shaft-like workpieces with a high de-gree of repeatability.

    Die typischen Werkstückgrößen beim Rundknetensowie die automatisierte Fertigung (im Vergleichzum Freiformschmieden großer Werkstücke) erlaubtdabei auch die Herstellung größerer Serien.

    The typical workpiece size in swaging and the auto-mated nature of this production process (in compar-ison to open-die forging of larger workpieces) alsoenable larger production runs.

    25

  • 3 Verfahren der Massivumformung Forging Processes

    Das Verfahren steht damit im Wettbewerb zum Ge-senkschmieden, kann aber verfahrensbedingt Geo-metrien herstellen, die sich mehrstufigen Pressver-fahren nicht erschließen.

    Although in this respect, swaging is in competitionwith closed-die forging, the nature of the process en-ables the manufacture of shapes that cannot be pro-duced by closed-die forging.

    Die Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu anderen Ver-fahren hängt jeweils ab von den Entwicklungs- undEinrichtekosten, den benötigten Prozessketten, denMaschinenkosten und schließlich von den mögli-chen Losgrößen.

    The cost-efficiency of swaging compared to otherprocesses depends in each case on the developmentand set-up costs, the necessary process chains, themachine costs and finally the batch sizes possible.

    Generell kann festgestellt werden, dass für höhe-re Stückzahlen mehrstufige Umformprozesse aufPressen den inkrementellen Prozessen wirtschaftlichüberlegen sind.

    Generally it can be stated that, for higher volumes,multi-stage forging processes on presses are eco-nomically advantageous compared to incrementalforging processes.

    Beim Kaltrundkneten werden Präzisionsteile mitvorzugsweise fertiger Innenkontur geformt, indemdie Hämmer ein Hohlteil über einen Dorn ausfor-men. Hier sind sogar nicht-rotationssymmetrischeInnenkonturen denkbar wie Verzahnungen oder Po-lygonformen.

    Cold rotary swaging involves producing precisionparts that often have finished internal profiles. Theprocess uses hammers to form a hollow part over amandrel. Even non-rotational inner contours suchas splines and polygon geometries are possible.

    3.2.2 Warm- und KaltstauchenHot and Cold Upsetting

    Das Stauchen ist eines der Verfahren des Freiform-schmiedens. Es findet aber auch oft Anwendung ineiner Stufe einer stärker werkzeuggebundenen Sta-dienfolge (Kapitel 3.3).

    Upsetting is one of the processes in open-die forging.It is, however, often also applied as one of the stagesof a closed-die forging process (Chapter 3.3).

    Beim Stauchen (siehe Abb. 3.2) wird die Dicke desWerkstücks vermindert und der Werkstoff vorwie-gend in Querrichtung verdrängt. Beim Stauchen inFormwerkzeugen steigt dabei der Werkstoff in dieKavitäten.

    During upsetting (see Fig. 3.2), the thickness of theworkpiece is reduced and the material is forced pri-marily into a lateral direction. When upsetting inshaped tools, the material rises into the tool cavities.

    26

  • 3 Verfahren der Massivumformung Forging Processes

    3.3 Massivumformung mit FormwerkzeugenForging Processes with Contoured Punches and Dies

    Während beim Freiformschmieden die einfachenWerkzeuge inkrementell das Werkstück formen,werden viel mehr Bauteile mit Formwerkzeugen her-gestellt, z. B. beim Gesenkschmieden.

    Whereas open-die forging shapes the workpiece in-crementally using simple tools, a greater numberof parts are produced using contoured punches anddies, e. g. in closed-die forging.

    © Hirschvogel Umformtechnik GmbH

    1

    Stand:

    Stauchen und GesenkschmiedenUpsetting and Closed-die forging

    Werkstück

    Workpiece

    Obergesenk

    Upper die

    Werkstück

    Workpiece

    Untergesenk

    Lower die

    Stauchen

    Upsetting

    Gesenkschmieden

    Closed-die forging

    Grat

    Flash

    Abb./Fig. 3.2: Stauchen und GesenkschmiedenUpsetting and closed-die forging

    3.3.1 GesenkschmiedenClosed-Die Forging

    Das Gesenkschmieden (siehe Abb. 3.2) ist das gän-gigste Verfahren der Massivumformung und vomMengenaufkommen auch das absolut bedeutendste.

    Closed-die forging (see Fig. 3.2) is the most com-monly used process in forging and is also the leaderin terms of volume.

    Gesenkschmieden ermöglicht die Massenprodukti-on von komplizierten Werkstücken mit besten Werk-stückeigenschaften.

    Closed-die forging allows the mass-production ofcomplicated workpieces that display optimum me-chanical properties.

    27

  • 3 Verfahren der Massivumformung Forging Processes

    Bei Schmiedetemperatur (ca. 1.200 ° für Stahl) wirddas Werkstück zwischen zwei formgebenden Werk-zeughälften ausgepresst; der Materialüberschussfließt dabei zwischen Ober- und Unterwerkzeug alsGrat zwischen den Gratbahnen in den Gratraum undwird in einer abschließenden Operation abgegratet.

    At forging temperature (approx. 1,200 ° for steel),the workpiece is pressed between the two halves of atool which have the shape of the finished part. Sur-plus material flows out from between the upper andlower dies, forcing flash outside of the die cavity.This is sheared away during a trimming operation.

    Die Bearbeitungsaufmaße von Schmiedestücken lie-gen im Allgemeinen zwischen 1 mm und 3 mm;durch Sondermaßnahmen und weitergehende Ope-rationen können aber auch einbaufertige Flächen er-zeugt werden (siehe Kapitel 3.3.6).

    The machining allowances of forgings generally liebetween 1 mm and 3 mm. Special measures andsubsequent operations make it possible to produceassembly-ready surfaces (see Chapter 3.3.6).

    Da bei diesem Verfahren formgebende Werkzeuge(Gesenke) für mehrere zu erarbeitende Schmiedestu-fen verwendet werden, deren Konstruktion und Her-stellung relativ aufwändig und teuer ist, rechnen sichdie Werkzeugentwicklungskosten erst ab einer ge-wissen Stückzahl.

    This process involves several forging stages. Thesehave to be developed and the tools produced. Thus,a return on investment with respect to initial costs isonly possible above a certain minimum productionvolume.

    Dies gilt vor allem für komplexe Teile, die meist eineaufwändige Materialvorverteilung benötigen, um einqualitativ einwandfreies Schmiedestück zu ermögli-chen.

    This is especially true of complex parts, which nor-mally require considerable predistribution of the ma-terial to ensure production of a high-quality forging.

    3.3.2 FließpressverfahrenExtrusion Processes

    Unter Fließpressen versteht man Verfahren, beidenen ein Werkstück durch eine Werkzeugöff-nung durchgedrückt wird und dadurch die Form-gebung erfährt. Man unterscheidet hier zwischenVollvorwärts-, Hohlvorwärts- und Napfrückwärts-fließpressen (siehe Abb. 3.3).

    Extrusion refers to a variety of processes in whicha workpiece is forced through a smaller diameterand thus forged. Extrusion can be sub-divided intoforward rod extrusion, forward tube extrusion, or asbackward cup extrusion (see Fig. 3.3).

    Beim Vollvorwärtsfließpressen wird ein Stabab-schnitt durch eine Düse gedrückt, wodurch ein ab-gesetzter Vollkörper entsteht.

    Forward rod extrusion involves forcing a billet sec-tion through a die to produce a solid body with twoor more diameters.

    28

  • 3 Verfahren der Massivumformung Forging Processes

    Beim Hohlvorwärtsfließpressen wird ein massiveroder hohler Zylinder über einen Dorn durch eineDüse gedrückt, wodurch ein abgesetzter Hohlkörperentsteht.

    During forward tube extrusion, a solid billet or hol-low tube is forced over a mandrel through a die,thereby producing a hollow part with two or morediameters.

    Das Napfrückwärtsfließpressen ist dadurch gekenn-zeichnet, dass in einen Vollkörper, der sich in einerMatrize befindet, ein Stempel eingedrückt wird. Die-ser bewirkt das Hochsteigen des Materials zwischenStempel und Matrize.

    In backward cup extrusion, a punch is pushed into asolid part which is situated in a die cavity, causingthe material to rise between the punch and the diecavity.

    Daneben gibt es weitere Varianten dieser Verfahren,die zusammen mit den unterschiedlichen Stauchver-fahren eine Vielzahl rotationssymmetrischer Form-gebungen ermöglichen.

    In addition to these three processes, there are nu-merous other variations which, together with differ-ent upsetting processes, can provide a multitude ofrotationally symmetric shapes.

    Neben diesen Vorwärts- und Rückwärtsfließpress-vorgängen werden viele weitere Verfahren, wie bei-spielsweise Reduzieren, Abstreckgleitziehen oderdas häufig eingesetzte Querfließpressen, angewandt.

    Besides these forward and backward extrusion pro-cesses, many other operations, such as reducing,ironing or commonly used lateral extrusion opera-tions are employed.

    Fließpressverfahren eignen sich zur Massenherstel-lung von vorwiegend rotationssymmetrischen Werk-stücken, die pro Teil wenige Gramm bis etwa 30 kgwiegen können.

    Cold extrusion processes are particularly suitablefor the mass production of rotationally symmetricparts, weighing from a few grams to around 30 kgper part.

    Wendet man diese Verfahren bei Warmform-gebungstemperatur an, so spricht man vom Warm-fließpressen. Analog gilt dies für die Halbwarmum-formung.

    If this process is employed at hot forging tempera-ture, it is referred to as hot extrusion. If it is carriedout at elevated temperatures below hot forging tem-perature, it is known as warm extrusion.

    Bei Raumtemperatur angewandte Fließpress- undStauchverfahren bilden die grundlegenden Formge-bungsmöglichkeiten der Kaltumformtechnik. Aller-dings müssen für Stahl in Bezug auf Warm- undOberflächenbehandlung zunächst gewisse Voraus-setzungen geschaffen werden, die später ausführlichbeschrieben werden.

    Extrusion and upsetting processes employed at roomtemperature are the basis of the range of forging pos-sibilities available in cold metal forging. With res-pect to the heat treatment and surface preparation ofsteel, however, certain prerequisites need to be ob-served. These will be dealt with in more detail later.

    29

  • 3 Verfahren der Massivumformung Forging Processes

    © Hirschvogel Umformtechnik GmbH

    1

    Stand:

    FließpressverfahrenExtrusion processes

    Hohlvorwärtsfließpressen

    Forward tube extrusion

    Napfrückwärtsfließpressen

    Backward cup extrusion

    Vollvorwärtsfließpressen

    Forward rod extrusion

    Abb./Fig. 3.3: FließpressverfahrenExtrusion processes

    Stauchoperationen im Formwerkzeug sind oft Be-standteil eines mehrstufigen Stadiengangs in derWarm-, Halbwarm- oder Kaltumformung.

    Upsetting operations using dies are often part of amulti-stage process in hot, warm or cold forging.

    Vor allem im Zusammenhang mit der Schraubenher-stellung spricht man oft vom Kaltstauchen.

    Cold upsetting, or heading, is most often associatedwith fastener production.

    Ausgehend vom Draht, der einen Durchmesser biszu 35 mm besitzen kann, werden auf Kaltmehr-stufenpressen durch mehrstufige Fließpress- undStauchoperationen z. B. Schrauben hergestellt.

    Starting with wire that can be up to 35 mm in diame-ter, cold multi-stage presses can produce screws, forexample, by means of various extrusion and upset-ting operations.

    Das Verfahren Warmstauchen ist eng verbunden mitden Waagerechtstauchmaschinen.

    Hot upset forging is a process widely used on hori-zontal upset forging machines.

    Die früheren Pkw-Generationen mit Hinterradan-trieb und Starrachsen verlangten Steckachsen, d. h.lange Wellen mit Flansch.

    Early generations of passenger car with rear-wheeldrive and fixed axles required fixed wheel spindles,i. e. long shafts with a flange.

    30

  • 3 Verfahren der Massivumformung Forging Processes

    Auf Waagerechtstauchmaschinen, die neben derStauchbewegung des Schlittens noch eine zusätz-liche Klemmbewegung von oberem und unteremWerkzeug ermöglichten, konnten durch dieses Öff-nen und Schließen der Werkzeughälften derartigeFlanschwellen mit langen Schäften hergestellt wer-den.

    Horizontal upset forging machines which, along withthe upsetting motion of the ram, also provided aclamping movement of the upper and lower tool,were able to produce such long flanged shafts due tothe opening and closing movement of the tool halves.

    Die Bedeutung dieser Stauchmaschinen ging mitdem zunehmenden Einsatz von Gleichlaufgelenk-wellen im Automobilbau zurück. Es gibt aber immernoch Anwendungen, wobei vor allem die Möglich-keit des mehrstufigen Stauchens große Einstauchlän-gen und damit große Kopfvolumina ermöglicht.

    The importance of these upsetting machines declinedwith the increasing use of constant-velocity driveshafts in automotive construction. There are still ap-plications, however, for which multi-stage upsettingcan facilitate great upsetting lengths and thus largeheads.

    3.3.3 Gratlosschmieden auf WarmmehrstufenpressenFlashless Hot Forging on Multi-Stage Presses

    Ein besonderes Verfahren der Warmumformung istdas Gratlosschmieden in einer speziellen Ausprä-gung auf liegenden automatisierten Mehrstufenpres-sen.

    Flashless hot forging is often carried out onspecialized horizontal automated multi-stagepresses.

    Einfache Bauteile wie z. B. Zahnradrohlinge, Wälz-lagerringe oder auch Radnaben werden heute vor-zugsweise auf Warmmehrstufenpressen gratlos ge-fertigt. Der große Bedarf derartiger Teile im Auto-mobilbau rechtfertigt den Einsatz entsprechend spe-zialisierter automatisierter Mehrstufenpressen.

    Simple components, such as gear blanks, bearingraces or even wheel hubs, are today produced pri-marily in a flashless process on multi-stage presses.The huge demand for such parts in the field of au-tomotive manufacture justifies the implementation ofspecialized automated machines.

    Mit Ausbringungen von 60 bis 180 Teilen pro Mi-nute (größenabhängig) können derartige Maschinenvorwiegend rotationssymmetrische Bauteile äußerstrationell produzieren. Bearbeitungsaufmaße und To-leranzen entsprechen denen der Gesenkschmiedetei-le.

    With an output of between 60 and 180 parts perminute (dependent on size), such machines are well-equipped to produce high volumes of rotationallysymmetric components in an extremely cost-efficientway. Machining allowances and tolerances corres-pond to those of die-forged parts.

    31

  • 3 Verfahren der Massivumformung Forging Processes

    3.3.4 QuerkeilwalzenCross Wedge Rolling

    Ein weiteres Verfahren, das sich für bestimmte Teile-familien heute etabliert hat, ist das Querkeilwalzen.

    Cross wedge rolling is another process which has es-tablished itself in the production of a particular fam-ily of parts.

    Ursprünglich nur zur Vorformung und Massenver-teilung gedacht, wurde das Verfahren in den letz-ten Jahren durch Weiterentwicklung mehr und mehrauch zur Fertigformung von Getriebewellen einge-setzt.

    Originally intended to carry out preforming and ma-terial distribution tasks, this process has undergonefurther development and has been used increasinglyover the past few years in the production of trans-mission shafts.

    Das Verfahrensprinzip stellt sich wie folgt dar: Aus-gehend von dem größten Materialquerschnitt wirdin einen Stabstahlabschnitt durch ein keilförmigesWerkzeug Material in Längsrichtung nach außen ge-walzt. Die eigentliche Formgebung erfolgt durch dieForm des Keilauslaufs auf der Walze.

    The principle behind this process is as follows: start-ing with the largest material cross section, materialin a segment of a steel bar is rolled outwards in alongitudinal direction by means of a wedge-shapedtool. The final shape depends on that formed by theoutlet shape of the wedge on the roller.

    Vorzugsweise Vorgelegewellen mit zwei oder mehrFesträdern lassen sich mit diesem Verfahren sehrwirtschaftlich fertigen, da derartige Wellen in einemeinzigen Arbeitsgang mit Hinterschnitt in Achsrich-tung hergestellt werden können.

    Countershafts with two or more fixed gears repre-sent a particular product group that can be producedvery economically using this process. This is due tothe fact that such shafts can be manufactured in asingle operation with forged undercuts in the axialdirection.

    Die Aufmaße entsprechen einem Gesenkschmiede-teil. Der Materialabfall ist geringer als beim Ge-senkschmieden. Die Kaltumformung erzeugt hieraber Bauteile mit geringem Aufmaß und bessererWerkstoffausnutzung. Gewichtsvermindernde Hin-terschnitte zwischen Festrädern sind im Kaltum-formteil inzwischen auch auf mechanischen Maschi-nen sehr wirtschaftlich herstellbar, aber mit gewissengeometrischen Einschränkungen. Dies muss aber imEinzelfall betrachtet werden.

    The allowances are comparable to those of a die-forged component, while material waste is lower.Here, however, cold forging produces parts with lowallowances and better material utilization. Weight-reducing undercuts between fixed gears may now beproduced, highly cost-efficiently in cold forged partson mechanical machines, too. Certain geometricallimitations represent the only drawbacks. This needsto be weighed up in each individual case.

    32

  • 3 Verfahren der Massivumformung Forging Processes

    3.3.5 ReckwalzenReducer Rolling

    Das Reckwalzen ist ein Verfahren des Profillängs-walzens.

    Reducer rolling is a profiled longitudinal stretchingprocess.

    Das Werkstück wird zwischen zwei sich bewegen-den Werkzeugen, den Walzen, geformt. Der austre-tende Querschnitt bleibt dabei nicht konstant. DemWerkstück wird durch die profilierten Walzsegmen-te in Walzrichtung die geforderte Form aufgezwun-gen. Häufig wird es als Zwischenform zur besserenMassenverteilung für Gesenkschmiedeteile verwen-det. Dies führt zu einer Reduzierung der Gratverlustebeim Gesenkschmieden.

    The workpiece is shaped between two moving roll-ers. The cross section that is generated does not re-main constant. The workpiece is forced into the re-quired shape by the profiled roll segments in the roll-ing direction. The process is often used to producean intermediate geometry for achieving enhancedmass distribution for die-forged parts, leading to areduction in flash losses during closed-die forging.

    3.3.6 KaltprägenCold Coining

    Dieses Verfahren wird in Maßprägen und Formprä-gen unterteilt.

    This process can be sub-divided into processes thatcalibrate a workpiece or produce certain shapesfrom it.

    Das Maßprägen wird sehr oft zusammen mit ande-ren Massivumformverfahren eingesetzt. So werdenz. B. beim Gesenkschmieden Funktionsflächen erha-ben geschmiedet und danach durch Maßprägen (Ka-librieren) in eine engere Toleranz gebracht. Damitlässt sich spanende Nacharbeit vermeiden oder ver-ringern.

    Calibration is very often used in conjunction withother forging processes. During closed-die forging,for example, surfaces that are necessary for the tech-nical function of the part (functional surfaces) are