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- 71 - Maschinen für neue Verfahren im Spezialtiefbau Dr.-Ing. Sebastian Bauer, Schrobenhausen 1 ) 1 ) BAUER Maschinen GmbH, Entwicklung und Konstruktion Zusammenfassung: In den letzten zwei Jahren wurden von der Firma Bauer sowohl eine Reihe von neuen Verfahren für den Spezialtiefbau entwickelt, als auch die dafür notwendi- gen Geräte. Im Bereich Soil-Mixing wurden das Soil-Mixing-Wall-System (Dreifachschnecke an kleinen Bohrgeräten, Mini-Bohrgeräten oder Telemäklergeräten) und das Cutter-Soilmix- ing-System (Schneiden und Mischen des Bodens mit Schlitzwand-Fräsgetrieben – in einem separaten Artikel von E. Stötzer behandelt) entwickelt. Die Grenzen des Kellybohrens wur- den durch die 240 t schwere BG 48 auf Tiefen von 120 m erweitert. Durch Kombination des Kellybohrverfahrens mit dem Lufthebeverfahren (z. B. beim Flydrill BFD 3500 oder der BG 22H) können Böden mit sehr unterschiedlichen Schichtungen äußerst effektiv durchbohrt werden. Und mit dem spezialisierten Minibohrgerät MG 15 können hochtragfähige Schraub- Verdrängerpfähle mit einem äußerst kompakten und leichten Gerät erstellt werden. In einem weltweit immer stärker werdenden Wettbewerb im Spezialtiefbau wird es zuneh- mend wichtiger, für die jeweilige Bauaufgabe und den jeweiligen Boden das optimale Verfah- ren zu finden. Die Firma Bauer Maschinen GmbH sieht ihre Aufgabe nicht nur in der Entwick- lung und Herstellung von Maschinen für die etablierten Verfahren des Spezialtiefbaus, son- dern auch in der Entwicklung neuartiger Spezialtiefbauverfahren und der hierfür speziell an- gepassten Maschinen. 1 Soil-Mixing-Verfahren Mixed-In-Place- oder Mixed-On-Plant-Methoden – also Verfahren, bei denen der anstehende Boden als Baustoff mit Verwendung findet – sind in Asien (z. B. in Japan und China) schon im alltäglichen Einsatz und gewinnen nun auch in Europa immer mehr an Bedeutung. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig: prinzipbedingt ist die erforderliche Baustoffmen- ge, die auf der Baustelle zur Verfügung gestellt werden muss, deutlich reduziert, was einer- seits über die Materialkosten den Preis des fertigen Produkts (also beispielsweise der Dicht- oder Baugrubenwand) gegenüber Alternativverfahren, bei denen der Boden komplett durch Beton ersetzt wird, deutlich reduziert. Aber auch über Sekundäreffekte wie die Kosten der Logistik zur Versorgung der Baustelle mit Material und der Entsorgung des entnommenen Bodens wird ein deutlicher Kostenvorteil erreicht. Dies gilt umso mehr, wenn der Boden kon- taminiert ist, und damit die Entsorgungskosten deutlich steigen oder wenn der Hohlraum mit Bentonit gestützt wird, das ebenfalls teuer entsorgt werden muss. Erst in den letzten Jahren wurde die komplizierte Verfahrenstechnik bei Soil-Mixing-Verfahren voll kontrollierbar – unter anderem durch elektronische Verfahrensdokumentation und Regelung. 2 Soil-Mixing-Wall (SMW) Für Wände mit geringen Tiefen (typisch etwa 6 - 10 m, bis ca. 15 m) wurde in den letzten Jahren von Bauer das Soil-Mixing-Walls-Verfahren (SMW) entwickelt. Dabei wird mit drei leicht überschnitten nebeneinander liegenden Schnecken der Boden gelöst und sofort mit

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Maschinen für neue Verfahren im Spezialtiefbau Dr.-Ing. Sebastian Bauer, Schrobenhausen1) 1) BAUER Maschinen GmbH, Entwicklung und Konstruktion

Zusammenfassung: In den letzten zwei Jahren wurden von der Firma Bauer sowohl eine Reihe von neuen Verfahren für den Spezialtiefbau entwickelt, als auch die dafür notwendi-gen Geräte. Im Bereich Soil-Mixing wurden das Soil-Mixing-Wall-System (Dreifachschnecke an kleinen Bohrgeräten, Mini-Bohrgeräten oder Telemäklergeräten) und das Cutter-Soilmix-ing-System (Schneiden und Mischen des Bodens mit Schlitzwand-Fräsgetrieben – in einem separaten Artikel von E. Stötzer behandelt) entwickelt. Die Grenzen des Kellybohrens wur-den durch die 240 t schwere BG 48 auf Tiefen von 120 m erweitert. Durch Kombination des Kellybohrverfahrens mit dem Lufthebeverfahren (z. B. beim Flydrill BFD 3500 oder der BG 22H) können Böden mit sehr unterschiedlichen Schichtungen äußerst effektiv durchbohrt werden. Und mit dem spezialisierten Minibohrgerät MG 15 können hochtragfähige Schraub-Verdrängerpfähle mit einem äußerst kompakten und leichten Gerät erstellt werden.

In einem weltweit immer stärker werdenden Wettbewerb im Spezialtiefbau wird es zuneh-mend wichtiger, für die jeweilige Bauaufgabe und den jeweiligen Boden das optimale Verfah-ren zu finden. Die Firma Bauer Maschinen GmbH sieht ihre Aufgabe nicht nur in der Entwick-lung und Herstellung von Maschinen für die etablierten Verfahren des Spezialtiefbaus, son-dern auch in der Entwicklung neuartiger Spezialtiefbauverfahren und der hierfür speziell an-gepassten Maschinen.

1 Soil-Mixing-Verfahren

Mixed-In-Place- oder Mixed-On-Plant-Methoden – also Verfahren, bei denen der anstehende Boden als Baustoff mit Verwendung findet – sind in Asien (z. B. in Japan und China) schon im alltäglichen Einsatz und gewinnen nun auch in Europa immer mehr an Bedeutung. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig: prinzipbedingt ist die erforderliche Baustoffmen-ge, die auf der Baustelle zur Verfügung gestellt werden muss, deutlich reduziert, was einer-seits über die Materialkosten den Preis des fertigen Produkts (also beispielsweise der Dicht- oder Baugrubenwand) gegenüber Alternativverfahren, bei denen der Boden komplett durch Beton ersetzt wird, deutlich reduziert. Aber auch über Sekundäreffekte wie die Kosten der Logistik zur Versorgung der Baustelle mit Material und der Entsorgung des entnommenen Bodens wird ein deutlicher Kostenvorteil erreicht. Dies gilt umso mehr, wenn der Boden kon-taminiert ist, und damit die Entsorgungskosten deutlich steigen oder wenn der Hohlraum mit Bentonit gestützt wird, das ebenfalls teuer entsorgt werden muss. Erst in den letzten Jahren wurde die komplizierte Verfahrenstechnik bei Soil-Mixing-Verfahren voll kontrollierbar – unter anderem durch elektronische Verfahrensdokumentation und Regelung.

2 Soil-Mixing-Wall (SMW)

Für Wände mit geringen Tiefen (typisch etwa 6 - 10 m, bis ca. 15 m) wurde in den letzten Jahren von Bauer das Soil-Mixing-Walls-Verfahren (SMW) entwickelt. Dabei wird mit drei leicht überschnitten nebeneinander liegenden Schnecken der Boden gelöst und sofort mit

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Suspension vermischt. Das Augenmerk bei diesem Verfahren ist darauf gerichtet, dass durch Trennung der Funktionen Lösen, Fördern, Mischen und Verlängern des Gestänges eine möglichst geringe Reibung des Gestänges mit dem Boden-Suspensionsgemisch bzw. dem umgebenden Boden entsteht, um so auch mit Geräten geringerer Leistung diese Art von Wänden effektiv erstellen zu können. Gleichzeitig soll durch das Mischgestänge eine möglichst homogene Mischung gewährleistet werden, um eine gute Qualität der Wand zu erreichen. Da sich die Schnecken überlappen, wird eine relativ gleichmäßige Schlitzdicke erreicht, ohne dass man dies durch starre Nachschneideplatten erreichen müsste, die dann den Verfahrensfortschritt potentiell durch eine hohe Reibung behindern würden.

So wurde erreicht, dass als Trägergerät ein relativ kleines BG-Bohrgerät mit mo-derater Leistung (beispielsweise bei ei-ner BG 18H Motorleistung von 210 kW) verwendet werden kann. Auch Telemäk-lergeräte mit Drehmäkler (Bild 1) sind für dieses Verfahren gut geeignet, bei-spielsweise eine RG 14T mit 300 kW Leistung, da hier ohne eine zusätzliche Schwenkkinematik am Dreifachdrehge-triebe die drei Schnecken gegenüber dem Trägergerät verschwenkt werden können, was auch die Arbeit in beengten Ecken der Baustelle ermöglicht.

Der Aufbau des SMW-Gestänges be-steht aus vier Sektionen: Gelöst wird der Boden bei jeder der drei Schnecken (Bild 2) durch zwei Schneiden mit tan-gential schneidenden Flachzähnen und einen mittig angeordneten Piloten. Die beiden äußeren Gestänge schneiden in entgegengesetzter Richtung drehend vor, und die mittlere Schnecke läuft et-was nach oben versetzt nach. Während des Schneideprozesses wird dem gelös-ten Boden ständig aus radial vom Zent-rum weg verlaufenden Düsen Suspensi-on zugeführt, um ihn zu verflüssigen, zu stabilisieren, und später zu binden. Über dem Piloten sind kurze Schnecken an-geordnet, die das Bodengemisch von den Schneiden wegfördern, um den Lö-seprozess nicht zu behindern. Um die Überschneidung der drei Gestänge zu gewährleisten, ohne dass die Schnecken miteinander kollidieren, verjüngen sich die äußeren Schnecken im Bereich des Anfangs der mittleren Schnecke. Die Lagerung der drei Schnecken gegenein-

Bild 1: Telemäkler RG 15T mit SMW-Einheit

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ander im Anfangsbereich muss so erfolgen, dass der Materialfluss immer gewährleistet bleibt. Oberhalb der Schnecken liegt die dritte Sektion, der Mischbereich. Durch ineinander greifende Mischpaddel wird eine relativ homogene Mischung über die ganze Breite des Schlitzes erreicht. Die Gestänge schließen mit einer einfachen Rohrverlängerung ab. Dies gewährleistet die erforderliche Tiefe des Schlitzes, ohne dass auf die ganze Länge Reibung entsteht. Zusätzlich ermöglicht dieser Paddel-lose Bereich während des Abteufens eine glei-tende Führung der drei Gestänge gegeneinander.

Sehr wichtig sind bei dieser Technik die elektronische Maschinenregelung und die Dokumen-tation des störungsfreien Verfahrensablaufs. Denn wenn beim Abteufen mit zu schnellem Vorschub gearbeitet wird, kommt es leicht zum Festfahren der Schnecken, da dann die Bo-

den-Suspensionsmischung das richtige Mischungsverhältnis nicht erreicht und auch nicht optimal vorgemischt ist. Die Drehgetriebe können dann durch zu hohen Anpressdruck über-lastet werden. Neben der optimalen Verfahrenssteuerung ist es notwendig, das Verfahren genauestens zu dokumentieren, um beim Aushub der Baugrube oder beim Dichtigkeitstest keine bösen Überraschungen zu erleben. Dazu werden Tiefe, Drehmoment, Vorschubkraft, Vorschubgeschwindigkeit, Drehzahl, Neigung/Gestängeverdrehung (Messung mit Inklinome-tern in den Außenrohren), Suspensionsmenge, -durchfluss und -druck gemessen. Durch eine genaue Auswertung – auch schon während des Verfahrensablaufs – kann sichergestellt werden, dass in jeder Tiefe das optimale Verhältnis aus Boden und Zusatzstoffen erreicht wurde.

Bild 2: Anordnung von Schneiden, Schnecken, Joch und Mischpaddeln beim SMW-Werkzeug

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Natürlich ist das SMW-Verfahren hervorragend für Abdichtungsaufgaben im Boden geeignet. Als statisch belastbarer Baugrubenverbau ist eine Bewehrung der Wand in mehrfacher Wei-se möglich: Durch Einstellen von Trägern (dies ist in Japan die bevorzugte Methode, wurde so aber auch schon auf einer Baustelle in Holland erfolgreich durchgeführt), durch Einrütteln eines Bewehrungskorbs (was allerdings zusätzliche Ansprüche an die Viskosität des Boden-Suspensionsgemischs vor dem Abbinden stellt), oder durch Überbohren der fertigen – und eventuell noch nicht komplett abgebundenen Wand – mit konventionellen bewehrten Pfählen größeren Durchmessers in größeren Abständen, quasi als aufgelöste Pfahlwand. Hierzu kann gegebenenfalls gleich das Trägergerät der SMW-Einheit im umgebauten Zustand ver-wendet werden.

Auch als Gründungselement sind Soilmixingwände verwendbar (Bild 3). Zur Gründung von Wohnhäusern auf Jersey (England) wurden statt Einzelpfählen und aufwendigen Kopfbalken SMW-Wände erstellt, die in die tragfähige Schicht einbinden. Die entstehende Fundament-Konstruktion ist einfach und effizient, die Tragfähigkeit der Gründung konnte durch einen mobilen Pfahltest nachgewiesen werden. Die dafür notwendigen Zuganker wurden vom sel-ben Gerät MG 15 (siehe Abschnitt 5) gebohrt, das auch die SMW-Wand hergestellt hat.

Verwandt mit dem Soilmixing-Wall-Verfahren ist das im vergangenen Jahr bei Bauer entwi-ckelte Cutter-Soil-Mixing-System, bei dem mittels zweier sich um horizontale Achsen dre-hende Fräsgetriebe, die über eine lange Kellystange an einem Bohrgerät oder Mäklergerät

Bild 3: Erstellung von Soilmixing-Wänden (links) als Gründungselement in Jersey, Eng-land, mit einem Minibohrgerät MG 15 (siehe Abschnitt 5) Rechts: Eindrehen der Zugan-ker für den Belastungstest mit dem selben Gerät

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geführt werden, rechteckige Wandelemente im Soilmixing-Verfahren hergestellt werden. Dieses Verfahren wird in einem separaten Artikel von Erwin Stötzer vorgestellt.

3 Kombination des Kellybohrverfahrens mit dem Spülbohrverfahren

Parallel zu den dargestellten Verfahrensentwicklungen im Soil-Mixing werden aber auch die Grenzen des Drehbohrens bei Bauer neu ausgelotet. Dies geschieht durch die Kombination des Kellybohrens mit dem Lufthebebohrverfahren – beispielsweise beim Fly-Drill BFD 3500 oder dem speziell angepassten Drehbohrgerät BG 22H. Die Verfahren ergänzen sich so gut, dass Kombinationen bindiger Bodenschichten mit härtesten Felsböden auch auf größere Tiefen mit hoher Effektivität durchbohrt werden können.

Vergleicht man das Kellybohrverfahren mit dem Spülbohrverfahren, hat ersteres den Vorteil einer wesentlich höheren Effektivität der Förderung des trockenen Bodens. Außerdem ent-fällt beim Kellybohren die aufwändige Behandlung des Flüssigkeitskreislaufs, und das Bohr-werkzeug kann den momentan zu durchbohrenden Schichten stets optimal angepasst wer-den. Das Verkleben des Bohrkopfs in bindigen Böden beim Spülbohren stellt beim Kellyboh-ren ebenfalls kein ernsthaftes Problem dar. Bei großen Tiefen, sehr hartem Gestein oder

extremen Vertikalitätsanforderungen kann aber trotzdem das Lufthebebohren mit schwerem Rollenmeißel-Bohrkopf und Spülstrom günstiger sein. Dies ist aber meist nur auf einer Teil-strecke der Gesamtbohrung der Fall, der Rest ist durch Kellybohren effektiver zu bewältigen.

Bild 4: BG 22H im Einsatz zum Brunnenbohren mit dem Lufthebeverfahren bei Fa. Vattenfall

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Für ihren Kunden Fa. Vattenfall hat Bauer eine Variante der BG 22H (Bild 4) entwickelt, die in nur 1 bis 2 Stunden vom Kellybohr- auf das Lufthebebohrverfahren umrüstbar ist und an beide Verfahren – einschließlich der elektronischen Steuerung wie beispielsweise der Auf-lastregelung für das Spülbohrgestänge – optimal angepasst ist. Auf den Tagebau-Gruben im Lausitz-Gebiet kann nun jeder Teil der bis zu 180 m tiefen Brunnen mit höchster Effektivität gebohrt werden.

Im Off-Shore-Bereich können die Vorteile beider Verfahren durch den Fly Drill (Bild 5) reali-siert werden. Bei diesem während der Hausausstellung der Fa. Bauer im Frühjahr 2000 zum ersten Mal präsentierten Gerät handelt es sich um eine Kombination aus Aufsatzbohranlage und Kellybohrgerät: Die Bohreinheit, bestehend aus Drehantrieb, Kellystange und Bohrwerk-zeug, hängt am Hauptseil eines Seilbaggers und wird hydraulisch am Bohrrohr festge-klemmt, wo sich auch das Bohr-Drehmoment abstützt. Zum Entleeren des Bohrwerkzeugs wird die Klemmzange geöffnet und die gesamte Einheit zur Seite geschwenkt. Die Hydraulik-Versorgung erfolgt aus dem Trägergerät.

Der wesentliche Vorteil dieses Geräts im Off-Shore-Betrieb ist, dass es in seiner Stabilität ausschließlich auf das vorher eingerüttelte Standrohr angewiesen ist. Der tragende Kran steht auf einem Ponton und ist nur über das Seil und mehrere flexible Hydraulikschläuche mit dem Fly Drill verbunden. Durch den langen Ausleger des Krans kann so auch an einem relativ weit vom Trägergerät entfernten Punkt gebohrt werden.

Die sehr anspruchsvolle Aufgabe der Gründung der Victory Bridge in New Jersey wurde mit dem Fly Drill BFD 3500 (zusammen mit einem Manitowoc 888 mit 55 m Ausleger) gelöst: Bei einer Wassertiefe von 6 - 10 m waren Gründungspfähle von 2300 mm Durchmesser bis zu einer Tiefe von 50 m unter dem Wasser notwendig. Der BFD 3500 kann mit 367 kNm Dreh-

Bild 5: Fly Drill BFD 3500 bei der Gründung der Victory Bridge im Spülbohr-Modus

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moment und einer Vorschubkraft von 240 kN Pfähle bis zu 3500 mm Durchmesser bohren. In der weichen Deckschicht arbeitet der Fly Drill zunächst mit einer Reibkelly. Zum Entleeren des Bohrwerkzeugs wird das Getriebe jeweils vom Rohr abgehoben. Bei Erreichen des Felshorizonts baut man das System in zwei Stunden vom Kellybohren auf Lufthebebohren mit einer durch geflanschte Zwischenstücke verlängerbaren Spülkelly, Schwergestänge und Bohrkopf um. So bindet man weitere 7 m in den tragfähigen Fels ein (das Gerät realisiert dabei bis zu 9 m Hub in einem Zug).

Bei einem Bohrdurchmesser von 2300 mm erreicht das Gerät im Kellyverfahren in alluvialem Boden mit verfestigtem Ton eine Leistung von 3 - 5 m/h; beim Spülbohren hätte man hier durch das Verkleben des Bohrkopfs große Probleme, mit Greifern ist der Boden kaum zu lösen. Beim Einbinden in den Fels kommt man bei Festigkeiten zwischen 180 und 200 MPa im Spülbohrverfahren immerhin noch auf 15-30 cm/h. Es konnten bis zu beeindruckende 250 MPa durchbohrt wer-den.

4 Großdrehbohrgerät BG 48

Eine andere Möglichkeit, in Tiefen vorzu-dringen, die mit dem Kellybohren bisher unerreichbar waren, besteht in der Steige-rung der Gerätedimensionen. Die Geräte-größe wächst dabei aber deutlich über-proportional, da eine größere Tiefe meis-tens auch ein höheres Drehmoment vor-aussetzt – nicht nur aufgrund der höheren Bodenfestigkeit, sondern auch, da die erforderlichen Bohrdurchmesser größer werden. Die bestimmende Komponente des Geräts, die Kellystange, wird damit nicht nur länger, sondern auch dicker, was ihr Gewicht, und damit die Gesamtdimen-sionen des Geräts, progressiv erhöht.

Die erste BG 48 auf BS 180 ging im Mai 2004 in Betrieb und erstellt Bohrungen auf Tiefen bis 100 m. Dieses Gerät ist in der Lage, bei vollem Drehmoment von 482 kNm bis zu einer Tiefe von 95 m zu bohren und mit einem auf 367 kNm redu-zierten Drehmoment darüber hinaus bis auf 120 m Tiefe. Die entsprechenden voll-verriegelbaren vierfach- bzw. fünffach-Kellystangen BK48/559/4/80 und BK36/ 559/5/100 wiegen jeweils 24,5 t. Dazu kommen mehrere Tonnen für das Bohrwerkzeug mit einem Durchmesser von 2500 mm, zuzüglich einer Füllung mit Boden von über 5 m3, d. h. ca. 9 t

Bild 6: BG 48 auf BS 180 in Südafrika

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Gewicht. Entsprechend besitzt die BG 48 eine 60 t-Winde mit einem 46 mm-Seil. Um den Verschleiß dieses Seils so klein wie möglich zu halten – sowohl wegen des Aufwands, ein so dickes Seil zu wechseln, als auch wegen dessen Ersatzteilkosten – wird diese Winde, die oben auf dem Trägergerät um die Geräte-Längsachse kippbar montiert ist, automatisch ent-sprechend der Mastneigung, dem seitlichen Wandern des Seils und den Erfordernissen des Lagensprungs nachgeführt.

Entsprechend der Kellystange und der Winde fallen dann auch die Gesamtdimensionen des Geräts riesig aus: Bei einer Masthöhe von 36 m beträgt das Einsatzgewicht 240 t. Die Länge des Fahrwerks ist 8,8 m, die Breite im ausgefahrenen Zustand 7,2 m; die Breite der Boden-platten ist 1200 mm. Der Vorschub-Hub des Kraftdrehkopf-Schlittens beträgt 8,8 m bei einer maximalen Rückzugskraft von 600 kN. Diese immensen Dimensionen bedingen natürlich auch eine aufwändigere Vorberei-tung zum Transport: Das Gerät ist so konstruiert, dass mit Baustel-lenmitteln Kraftdrehkopf, Mastober-teil und Mastunterteil relativ einfach abgenommen werden können (mit der patentierten V-Kinematik kann der Mast zur Demontage vor das Gerät abgelegt werden), und auch die Raupenschiffe, von denen ei-nes allein schon 25,5 t wiegt, kön-nen relativ leicht zum getrennten Transport abgenommen werden.

Doch der Aufwand bei diesem Ge-rät lohnt sich: Beim ersten Einsatz in verdichtetem Sand erreichte das Bohrgerät mit seinem 660 kW Die-selmotor bei 2500 mm Bohrdurch-messer eine Bohrleistung von 24 m/h. Das entspricht einer Aus-hubleistung von über 110 m3/h!

5 Minibohrgerät MG 15

Natürlich ist nicht immer das größte Gerät das geeignetste. Was macht beispielsweise ein Kellybohrgerät mit 150 kNm Drehmoment 50 t schwer? Ließe sich das gleiche Drehmoment auch mit einer viel leichteren Maschine erreichen, wenn man eine solche Maschine nur auf Verdrängerbohrverfahren zuschneidet?

Bild 7: Minibohrgerät MG 15

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Die Antwort darauf ist überraschend: Die Dimensionierung eines Kellybohrgeräts wird mehr von der Zugkraft der Hauptwinde bestimmt als vom Drehmoment des Kraftdrehkopfs. Grund hierfür ist, dass die Knickkraft des über den Mastkopf geleiteten Hauptseils und das entste-hende Biegemoment aus dem Schlitten-Vorschub für die Belastung des Mastes ausschlag-gebender sind als das Torsionsmoment des Kraftdrehkopfs. Die Standsicherheit des Geräts bestimmt sich primär aus dem vorne am Mast hängenden Gewicht (Kellystange, Bohrwerk-zeug plus dessen Füllung), was dann wieder Gegengewicht und Unterwagengröße be-stimmt. Maximale Bohrtiefe und Drehmoment legen wiederum die äußeren Dimensionen der Kellystange (Länge und Durchmesser) fest und damit die Hohlwelle des Kraftdrehkopfs und letztendlich dessen Gewicht und die Masthöhe des Geräts.

Bei Bohrverfahren, die ohne Kellystange oder Kellyverlängerung (z. B. beim Endlosschne-ckenverfahren) auskommen, kann man auf die Hohlwelle des Drehgetriebes verzichten und damit ein wesentlich leichteres Drehgetriebe benützen. Ohne Kellystange benötigt man des Weiteren keine Hauptwinde und hat somit ein deutlich leichteres Gestänge vorne am Mast, so dass die Standsicherheit des Geräts mit einem wesentlich geringeren Gegengewicht und einem kleineren Unterwagen sichergestellt werden kann.

Wird das Gestänge nicht in einem Zug eingebaut sondern in Teilstücken verlängert – durch Aufschrauben oder Aufstecken – kann man auch auf einen langen Mast verzichten. All diese Eigenschaften kann man bei eingedrehten Schraub-Verdrängerpfählen realisieren:

Dabei wird eine vorgefertigte – verlorene – Spitze (Bild 8) auf das Gestänge des Geräts auf-gesetzt, die dann auf die Vorschublänge des Geräts eingedreht wird. Dieses Gestänge wird am Kraftdrehkopf gelöst, um einen weiteren Gestängeschuss mit der Länge des Vorschub-

500mm

360mm

360mm

500mm

S-Pile Stahlfaser-Beton

S-Pile Gußeisen

630mm

360mm

X-Pile mit Stahlplatten

Verriegelung

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S-Pile Stahlfaser-Beton

S-Pile Gußeisen

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X-Pile mit Stahlplatten

Verriegelung

Bild 8: Verlorene Spitzen für Schraubverdrängerpfähle

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wegs verlängert und dann weiter abgebohrt. Bei Erreichen der Endtiefe wird der Kraftdreh-kopf wieder vom Gestänge gelöst (Bild 9), der Bewehrungskorb in den Innenraum des Ge-stänges eingebaut und das Gestänge mit Beton gefüllt. Die verlorene Spitze wird durch eine Linksdrehung vom restlichen Gestänge gelöst. Um beim Ziehen des Gestänges ausreichend Beton auch für das Volumen des Gestänges und den darum liegenden Freischnitt zu haben, ist unter dem Drehgetriebe ein Betonbehälter angebracht, der seinen Beton über eine Schleuse ins Gestänge freigibt.

Der große Vorteil dieses Verfahrens ist, dass durch die Höhe der Schraubenwendeln der verlorenen Spitze eine deutlich erhöhte Aufstandsfläche für den Pfahl erzeugt wird. Im Schaftbereich bekommt man einen vorgespannten, durch die Verdichtung des Verdränger-kopfs verbesserten Boden, der gleichzeitig durch die Wirkung des Schraubenflügels der Spitze eine erhöhte Mantelreibung hat. Ein S-Pfahl mit Schaftdurchmesser 360 mm und Wendeldurchmesser 500 mm konnte bei einer Tiefe von 10 m in sandigem Kies auf eine Prüflast von 800 kN bei 10 mm Setzung getestet werden. Der entsprechende X-Pfahl mit einer Aufstandsfläche der Seitenbleche von 500 x 500 mm brachte es immerhin auf 500 kN bei 10 mm Setzung. Da die erzielbaren Traglasten dieser Pfähle relativ bodenabhängig sind, empfiehlt es sich, diese exemplarisch mit einer mobilen Pfahltesteinrichtung vor Ort zu mes-sen. Dazu können ebenfalls mit der MG Zuganker installiert werden, die dann als Widerlager dienen.

Eindrehen / -drücken von Gestänge und verlorener

Spitze bis in die tragfähige Schicht

Entkoppeln der Spitze, Einbringen der Bewehrung in das Gestänge, Füllen von Rohr und Vorratsbehälter mit Beton und Ziehen des Gestänges

Verlorene Spitze

Beton

Bewehrungskorb

Eindrehen / -drücken von Gestänge und verlorener

Spitze bis in die tragfähige Schicht

Entkoppeln der Spitze, Einbringen der Bewehrung in das Gestänge, Füllen von Rohr und Vorratsbehälter mit Beton und Ziehen des Gestänges

Verlorene Spitze

Beton

Bewehrungskorb

Bild 9: Schraubverdrängerverfahren mit verlorener Spitze

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Das Gerät für dieses Verfahren, die Bauer MG15, hat aus den oben genannten Gründen ein Einsatzgewicht, welches mit 27,5 t nur bei etwas mehr als dem halben Einsatzgewicht eines Kellybohrgeräts gleichen Drehmoments liegt. Mit ausgefahrenem Mast hat es eine Höhe von 10,9 m und besitzt einen Vorschubweg von 6,5 m mit einer Vorschubkraft von 80/120 kN (Druck/Zug). Durch einen äußerst torsionssteifen Teleskopmast misst das Gerät im Trans-port sensationell geringe 6,95 x 2,50 x 3,20 m (LxBxH). Mit 90 kW Leistung ist das Gerät stark genug, um mit einer trainierten Mannschaft innerhalb von 30 Minuten einen Schraub-verdrängerpfahl von 10 m Länge in mittelfestem Sand zu erstellen.

Auch für die Herstellung kleiner Auflockerungsbohrungen in den oberen Bodenschichten, beispielsweise zur Vorbereitung von Arbeiten mit Tiefenrüttlern (derzeit einer der Einsätze des Geräts in den USA), ist das Gerät ideal geeignet: Es kann sich auf der Baustelle – auch bei schlechtem Planum – aufgrund seines geringen Gewichts, seiner kleinen Dimensionen und der Möglichkeit, die Raupen bei abgestütztem Gerät zu drehen, ohne das Planum aus-zuwühlen, sehr agil bewegen und stellt damit ein ideales Begleitgerät für derartige Zusatz-aufgaben dar.

Viele der genannten Verfahren sind so neu, dass noch intensiv an weiteren Verbesserungen und Erweiterungen gearbeitet wird. Aber jetzt schon sind die Verfahren mit den genannten erreichten Daten so attraktiv, dass die entsprechenden Geräte weltweit auf verschiedensten Projekten eingesetzt werden.

Bild 10: MG 15 in Transportstellung