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Heiko Auerbach Marketing in sozialen Netzwerken: Organisierter Content und Influencer Marketing, Tipps für Unternehmer und Manager Seit meiner Jugend fotografiere ich gern. Vor allem die Eindrücke fremder Länder, die ich auf Reisen kennenlerne, faszinieren mich. Als ich wieder einmal meine Fotos am Computer betrachtete, überraschte mich ein Freund, der zu Besuch kam. „Schöne Fotos, aber irgendwie blass und etwas unscharf an den Rändern“, bemerk- te er. „Wenn man schon einmal nach Shanghai fliegt, will man doch mit tech- nisch einwandfreien Fotos zurückkom- men, oder?!“ Damit hatte er bei mir einen Kaufimpuls in Gang gesetzt. Nach dem AIDA-Modell des Werbestrategen Elmo Lewis war ich be- reits auf der „D-Stufe“ (Desire), also dem Verlangen, ein neues Produkt besitzen zu wollen, angelangt. Ich hatte mir auch schon ein Budget gesetzt. Für mein Hob- by war ich bereit, 1.500 Euro auszugeben. Eine hochwertige Kamera mit entspre- chend gutem Objektiv sollte es sein. Und damit begann eine Phase des Suchens und Vergleichens. Natürlich hätte ich mich einem Fachverkäufer im Handel anver- trauen und dessen Rat einholen können. Stattdessen durchstöberte ich dutzende, von Käufern verfasste, Produktrezensio- nen in Onlineforen. Die Fragen und Streit- themen in den Threads waren stets die gleichen: Spiegelreflex- oder Systemka- mera? Oder vielleicht doch eine Edelkom- pakte? Und welcher Marke soll ich mein Vertrauen schenken? Glaubenskriege selbsternannter Experten. Eigentlich ganz unterhaltsam, mitunter hilfreich. Wenn es um Produkte geht, bei denen sich Kunden mit einem „high involvement“ auseinandersetzen, werden Informations- beschaung und Entscheidungsfindung zu komplexen Angelegenheiten. Wer gibt den Unentschlossenen Orientierung und Hilfe- stellung? Fachberater und Verkäufer? Broschüren und Prospekte? Die Realität sieht so aus, dass das Vertrauen in die Kompetenz und Objektivität der Berater in den Elektro-Fachmärkten zunehmend in den Hintergrund rückt. Stattdessen su- chen Kunden nach Rat in Sozialen Netz- werken. Suche nach Entscheidungshilfe in So- zialen Medien Auf Plattformen wie Facebook, Instagram und YouTube erfolgt eine Form der sozia- len Interaktion und Kommunikation zwi- schen Menschen, die ähnlich gelagerte Interessen verbindet. Längst haben sich dabei auch einige Meinungsführer mit „Celebrity Status“ etabliert. Interessant dabei ist, dass es sich nicht um Holly- woodprominenz oder erfolgreiche Sportler handelt. Es sind Leute, die den Anschein machen, aus der Nachbarschaft zu kom- men. Sie berichten quasi aus ihrem Alltag, in dem es sich um Themen wie Lifestyle, Mode, Reisen, Gesundheit, technische In- novationen und Hacks (Tipps und Hilfe- stellungen, die das Leben vereinfachen) dreht. Auf diese Weise erreichen YouTuber wie der Amerikaner Casey Neistat oder der Schwede Jon Olsson Millionen Abonnen- ten. Und wer erfahren möchte, welche Air- line ihre Mitbewerber mit welchen Ser- vices zu übertreen versucht, der schaut sich den Kanal von Sam Chui an und ge- winnt dabei - im Gegensatz zu den Werbe- filmen von Fluggesellschaften - den Ein- - - 1

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Heiko Auerbach

Marketing in sozialen Netzwerken: Organisierter Content und Influencer Marketing, Tipps für Unternehmer und Manager

Seit meiner Jugend fotografiere ich gern. Vor allem die Eindrücke fremder Länder, die ich auf Reisen kennenlerne, faszinieren mich. Als ich wieder einmal meine Fotos am Computer betrachtete, überraschte mich ein Freund, der zu Besuch kam. „Schöne Fotos, aber irgendwie blass und etwas unscharf an den Rändern“, bemerk-te er. „Wenn man schon einmal nach Shanghai fliegt, will man doch mit tech-nisch einwandfreien Fotos zurückkom-men, oder?!“ Damit hatte er bei mir einen Kaufimpuls in Gang gesetzt. Nach dem AIDA-Modell des Werbestrategen Elmo Lewis war ich be-reits auf der „D-Stufe“ (Desire), also dem Verlangen, ein neues Produkt besitzen zu wollen, angelangt. Ich hatte mir auch schon ein Budget gesetzt. Für mein Hob-by war ich bereit, 1.500 Euro auszugeben. Eine hochwertige Kamera mit entspre-chend gutem Objektiv sollte es sein. Und damit begann eine Phase des Suchens und Vergleichens. Natürlich hätte ich mich einem Fachverkäufer im Handel anver-trauen und dessen Rat einholen können. Stattdessen durchstöberte ich dutzende, von Käufern verfasste, Produktrezensio-nen in Onlineforen. Die Fragen und Streit-themen in den Threads waren stets die gleichen: Spiegelreflex- oder Systemka-mera? Oder vielleicht doch eine Edelkom-pakte? Und welcher Marke soll ich mein Vertrauen schenken? Glaubenskriege selbsternannter Experten. Eigentlich ganz unterhaltsam, mitunter hilfreich.

Wenn es um Produkte geht, bei denen sich Kunden mit einem „high involvement“ auseinandersetzen, werden Informations-beschaffung und Entscheidungsfindung zu komplexen Angelegenheiten. Wer gibt den Unentschlossenen Orientierung und Hilfe-stellung? Fachberater und Verkäufer? Broschüren und Prospekte? Die Realität sieht so aus, dass das Vertrauen in die Kompetenz und Objektivität der Berater in den Elektro-Fachmärkten zunehmend in den Hintergrund rückt. Stattdessen su-chen Kunden nach Rat in Sozialen Netz-werken.

Suche nach Entscheidungshilfe in So-zialen Medien

Auf Plattformen wie Facebook, Instagram und YouTube erfolgt eine Form der sozia-len Interaktion und Kommunikation zwi-schen Menschen, die ähnlich gelagerte Interessen verbindet. Längst haben sich dabei auch einige Meinungsführer mit „Celebrity Status“ etabliert. Interessant dabei ist, dass es sich nicht um Holly-woodprominenz oder erfolgreiche Sportler handelt. Es sind Leute, die den Anschein machen, aus der Nachbarschaft zu kom-men. Sie berichten quasi aus ihrem Alltag, in dem es sich um Themen wie Lifestyle, Mode, Reisen, Gesundheit, technische In-novationen und Hacks (Tipps und Hilfe-stellungen, die das Leben vereinfachen) dreht.

Auf diese Weise erreichen YouTuber wie der Amerikaner Casey Neistat oder der Schwede Jon Olsson Millionen Abonnen-ten. Und wer erfahren möchte, welche Air-line ihre Mitbewerber mit welchen Ser-vices zu übertreffen versucht, der schaut sich den Kanal von Sam Chui an und ge-winnt dabei - im Gegensatz zu den Werbe-filmen von Fluggesellschaften - den Ein-

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druck von Authentizität und Objektivität. Mehr noch: man glaubt, mit Sam durch seine eher gewollt-laienhafte Kamerafüh-rung gemeinsam auf die Reise zu gehen. Durch diese Teilhabe entsteht ein interes-santes Phänomen, dass das Ziel eines je-den Werbeprofis ist: Emotionalisierung. Dank der Forschungen von Hans-Georg Häusel zum Neuromarketing wissen wir, dass Kaufentscheidungen emotional ge-triggert und diese zu über 80 Prozent durch unser Unterbewusstsein beeinflusst werden (Häusel, H.-G.: Brain View, 4. Aufl., Freiburg 2016).Auch ich hatte meine emotionalen Erleb-nisse auf dem Wege der Produktsuche nach einer neuen Kamera. Je höher das verfügbare Budget, desto größer die An-zahl attraktiver Alternativen. Letztlich be-einflussten Stephan, Pavel und Benjamin (im deutschsprachigen Raum bekannte YouTuber, die sich auf das Thema Foto-grafie spezialisiert haben) meine Entschei-dungsfindung, die ich mit dem Kauf einer Kamera am Point of Sale, also beim Fach-einzelhandel, abschloss (A-I-D-Action!).

Aus den Möglichkeiten, die sich durch die Verbreitung sozialer Plattformen ergeben, stellt sich eine für das Marketing interes-sante Frage: Was können Unternehmen aus dieser veränderten Customer Journey lernen, und wie lassen sich die Erkenntnis-se nutzen?

Organisierter Content

Mittlerweile entdecken immer mehr Unter-nehmen soziale Medien als Plattform für ihre Kommunikation. Gerade die Generati-on der Digital Natives weist eine höhere Affinität zu mobiler Informationsaufnahme als zu klassischen Printkampagnen auf. Die Zahl der monatlich aktiven Facebook Nutzer in Deutschland lag im Mai 2017 bei 30 Millionen. 15 Millionen Menschen in Deutschland nutzten im August 2017 Ins-tagram jeden Monat (statista.de). 15 Mil-lionen Unternehmen sind auf Instagram mit Business Profilen aktiv, 8 Millionen wa-ren es noch im März 2017 (allfacebook.de unter Berufung auf Angaben von Face-book).

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Instagram Screenshots Thomas Cook, Leica, Volkswagen

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Ungeachtet der exakten Überprüfbarkeit dieser Zahlen lässt sich nicht bestreiten, dass sich Soziale Medien längst durchge-setzt haben und eine zunehmend wichtige Rolle im Marketing spielen. Viele Unter-nehmen haben mittlerweile professionell gestaltete Profile angelegt. Als Referenzen für professionelle und erfolgreiche Insta-gram-Profile von Unternehmen werden z.B. DM, Thomas Cook, Zalando, Volks-wagen und Leica genannt.

Die Anzahl der Follower ist dabei eine wichtige Kenngröße, aber auch qualitative Aspekte spielen eine Rolle. Entscheidend ist, dass es diese Unternehmen verstehen, von ihren Kunden her zu denken und die Kunst des Storytelling beherrschen. Wäh-rend Thomas Cook etwa Fernweh, Reise-lust, Abenteuer, Lebensfreude mit seinen Bildern vermittelt, wundert sich die Marke-tingleitung eines Stadtwerkes, weniger Follower als Mitarbeiter zu haben. Der Grund dafür mag darin begründet sein, dass Luftaufnahmen von Kraftwerksanla-gen nicht hinreichend spannend sind. Lei-ca kommuniziert seine Kernkompetenz (professionelle Fotografie), während ein großes deutsches Versicherungsunter-nehmen Fotos von Workshops und Be-sprechungen hochlädt.

Welche Schritte sind also zu gehen, wenn ein sich Unternehmen in den so-zialen Medien professionell präsentie-ren möchten?

1. Fragen Sie sich, „warum“! Social Me-dia Manager müssen als erstes die Sinnfrage beantworten. Warum?! War-um sollte ein Unternehmen in Sozialen Medien präsent sein? Interessante Gedanken zu dieser Thematik liefert Simon Sinek in seinem Buch Start with Why (Sinek, S.: Start with Why, New

York 2011). Aus der Antwort leitet sich die Pflicht zur Formulierung smarter (spezifischer, messbarer, attraktiver, realistischer, terminierbarer) Ziele, wie Steigerung der Bekanntheit, Erhöhung der Sympathie, Verbesserung des Images usw., ab.

2. Definieren Sie, „wer und was“! Häufig wird der große Fehler begangen, keine Zielgruppe zu definieren oder die fal-sche Zielgruppe anzusprechen. Dabei ist es weniger erfolgversprechend, klassische demographische Merkmale heranzuziehen. Erfolgreiche Insta-gram-Profile kommunizieren einen Lifestyle, mit dem sich die Zielgruppe identifiziert. So spricht Volkswagen sowohl die Generation X (Generation Golf) als auch die Generation Z (Digital Natives) an. Entscheidend ist in der aktuellen Kampagne das Vermitteln eines Lebensgefühls. Bei der Anspra-che der Zielgruppe hilft es, Buyer Per-sonas zu definieren. Solche idealtypi-schen Kunden lassen sich anhand von Kriterien wie Alter, Geschlecht, Wohn-ort, Beruf, Einkommen, Hobbies, Ein-stellungen (Lebensmotto oder Credo) definieren.

3. Liefern Sie Content! Dies heißt, das Ihre Inhalte relevant sind für Ihre Ziel-gruppe und zugleich dem genetischen Code (der Kernkompetenz) Ihres Un-ternehmens entsprechen. Es ist durchaus legitim, im Internet nach In-spiration zu suchen. Einige Unterneh-men (z.B. Virgin, Starbucks, Coca-Cola) liefern zahlreiche Ideen für span-nendes Content-Management und Storytelling. Profi-Fotograf oder Fotos vom Hausmeister? Gern auch darf der Hausmeister Fotos beisteuern - wenn er etwas von professioneller Fotografie versteht! Studien zeigen, dass das

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Gehirn visuelle Informationen etliche Male schneller aufnimmt und verarbei-tet als Texte. Instagram-Profile mit vie-len Likes beeindrucken durch profes-sionelle, qualitativ hochwertige Fotos, bei denen spezielle Momente profes-sionell inszeniert werden. Darüber hin-aus ist auf die Bedeutung von Videos hinzuweisen. Mit einfachen Mitteln können kurze Videos „aus dem Leben“ produziert werden. Jedes hochwertige Smartphone liefert mittlerweile eine 4K-Auflösung, wobei HD-Qualität voll-kommen ausreichend ist für Facebook und Instagram. Solche Screencasts sollten etwa 90 bis 120 Sekunden dauern. Danach sinkt die Aufmerk-samkeit. Zudem belegen Studien, dass Screencasts umso häufiger angesehen werden, je kürzer sie sind.

4. Denken Sie Cross Channel! Viele Un-ternehmen starten zunächst mit einer Social Media Plattform. Dies ist in aller Regel der Platzhirsch Facebook. Im Laufe der Zeit ergänzt man dann das Facebook-Profil um weitere Plattfor-men. Fragen Sie sich zunächst, welche Plattform für Ihr Unternehmen und Ihre Zielgruppe relevant ist. Für Politiker

und auch PR-Abteilungen ist Twitter ein sehr interessanter Kommunikati-onskanal. Bedenken Sie aber: Wäh-rend das (gemessen an der absoluten Anzahl an Follower) erfolgreichste deutsche Instagram-Firmenprofil my-Bilou rund 1,4 Millionen Follower hat, hat das gleiche Unternehmen auf Twit-ter lediglich rund 200 Follower (Stand Januar 2018). Es kann durchaus Sinn machen, wenn dieses Unternehmen, dessen Zielgruppe Beauty-interessier-te Mädchen im Alter zwischen 12 und 15 sind, Twitter eher vernachlässigt. Begibt man sich konsequent auf alle Kanäle, sollte auf eine übergreifende Inhaltskongruenz geachtet werden. Dies bedeutet, dass in klar definierten Zeitfenstern aufeinander abgestimmte Themen kommuniziert werden. So synchronisierte etwa Emirates auf allen bespielten Kanälen im November 2017 die „Game Changer“-Kampagne.

5. Denken Sie Mobil! Studien zeigen, dass Menschen bis zu 150 mal auf ihr Smartphone schauen. Täglich! Mögli-cherweise kennen auch Sie jemanden, der regelmäßig erwartungsvoll auf das Display schaut, obwohl das Smart-

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Emirates Game Changer Kampagne (Quelle: Screenshot Youtube, Instagram)

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phone weder geklingelt noch vibriert hat. Die meiste Zeit, die in sozialen Netzwerken kommuniziert wird, erfolgt mobil. Online-Einkäufe könnten zu-nehmen, wenn Unternehmen die Pro-zesse vereinfachen würden. In einer Welt, in der Menschen abhängig vom mobilen Endgerät zu sein scheinen, macht es Sinn, eine Social Media-Strategie zu entwickeln, bei der mobile Endgeräte Priorität haben. Schließlich sind die Erfolge der Kommunikation in Sozialen Medien zu messen. Spätes-tens wenn das Controlling fragt, wofür das Social Media Budget eingesetzt worden ist und welche Resultate es gebracht hat, können Sie als Social Media Manager mit Klicks und Kon-versionsraten, Follower, Reichweite, Likes, Verweildauer, Anzahl der Aufru-fe, Nennung Ihrer Marke (Brand Men-tions), Feedback und Kommentare überzeugen.

Unkontrolliertes Influencer Marketing

Zurück zu „meinen“ Social Media Influen-cern Pavel, Stephan und Benjamin. Das Wort „unkontrolliert“ in der Überschrift be-darf einer kurzen Erklärung. Gemeint ist Folgendes: Beim organisierten Social Me-dia Content behält ein Unternehmen weit-gehend Kontrolle über den Kommunikati-onsprozess. Dazu bietet sich das oben dargestellt das Vorgehen in 5 Schritten an. Botschaften, Bilder, Videos und Zeitpunkt der Kommunikation liegen im alleinigen Handlungsbereich von Unternehmen.

Anders sieht es aus, wenn in den sozialen Medien Personen sich zu Themen und Produkten, zu denen sie sich zu äußern berufen fühlen, Stellung nehmen. Diese Influencer sind meinungsbildende Perso-nen. Erfolgreiche Influencer zeichnen sich

durch Vertrauenswürdigkeit, Kompetenz und Engagement aus. In einigen Fällen haben sie auch die Fähigkeit, ihr Publikum zu unterhalten. Der weltweit erfolgreichste YouTuber Piewdiepie stammt aus Schwe-den und hat aktuell beeindruckende 60 Millionen Abonnenten. Benjamin Ja-worskyi, einer der erfolgreichen deutschen YouTuber im Bereich Fotografie und Aben-teuer bringt es auf rund 275.000 Abonnen-ten und hat sich damit in der Szene gut etabliert. Wenn diese Influencer über Pro-dukte, Neuigkeiten und ihre Eindrücke re-den, erreichen sie genau ihre Zielgruppe. Andernfalls würde man ihren Kanal nicht abonnieren und ihnen nicht auf Facebook und anderen Plattformen folgen. Um Con-tent zu produzieren, testen sie - zumeist ohne Auftrag eines Unternehmens - Pro-dukte und Dienstleistungen, über die sie auf ihrem YouTube-Kanal berichten. Dies kann ein Objektiv, ein Fahrrad, ein Com-puter - um es kurz zu machen - es kann alles sein!

So haben es die Influencer oft in der Hand, ob ein Produkt oder eine Marke sich besser oder schlechter verkaufen lässt. Dabei vermitteln viele Influencer in der Tat den Eindruck von Kompetenz, Au-thentizität und Objektivität. Ganz nebenbei erlebt der Empfänger dieser Botschaften ein Gefühl der Vertrautheit und den Ein-druck, am Leben der Influencer teilzuha-ben.

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Influencer in die Kommunikation inte-grieren

Dieses Phänomen machen sich immer mehr Unternehmen zu nutze, indem sie gezielt Influencer ansprechen und diese in ihre Kampagnen integrieren. Insbesondere Themen wie Reisen, Mode, Technik, Au-tomobil, Ernährung und Fitness bieten sich dazu an. Aber auch die Allianz hat das Low-Interest-Thema Versicherung im Rahmen des Influencer Marketing positio-niert.

Meinungsmacher, die über eine große Community verfügen, werden so für das Marketing eingesetzt. Als Influencer kann bezeichnet werden, wenn mindes-tens 10.000 Follower hat und als Exper-te in seinem Bereich gilt (Riaz, N: Die Psychologie hinter dem Influencer Mar-keting, in wuv.de vom 5.1.2018).

Unternehmen beabsichtigen mit dieser Strategie, Markenbotschafter zu gewin-

nen, die ihre Marke innerhalb der relevan-ten Community stärken. Influencer bewe-gen sich auf einer Vielzahl von Plattfor-men. Neben den bereits genannten Kanä-len sind Blogger, Foren-Betreiber, Kunden, aber auch Journalisten und Prominente zu nennen. Dabei ist es entscheidend, dass der Influencer zum Unternehmen und der Unternehmensstrategie passt und das Zu-sammenspiel des Dreiecks Unternehmen/Influencer/Kunde als authentisch wahrge-nommen wird. Leicht wird das Ziel verfehlt und kehrt sich ins Gegenteil um.

So wurde in Foren über den sehr jugendlich wirkenden Werbepartner der Firma Braun (Elektrorasierer), den Fußballprofi des FC Bayern, Joshua Kimmich, gescherzt. Erhebliche Schieflage er-fährt Influencer Marketing dann, wenn aufgrund von Medienberichten, Äußerun-gen oder sonstigen image-prägenden Meldungen über einen Influencer die Beliebt-heit nachlässt und aus ehemaligen Fans so ge-nannte „Disliker“ oder gar „Hater“ werden.

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oben: Youtube ScreenshotInfluencer Luisa im Beratungsgespräch mit einem Mitarbeiter der Allianz Versicherungrechts: Screenshot Twitter

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Social Media Marketing mit Influencern: Ein vermintes Marketing-Feld

Im Januar 2018 wurde bekannt, dass eine durch YouTube und Instagram (80.000 Fol-lower) bekannte Influencerin einem Hotel-manager in Dublin anbot, sie während des Valentine’s Day einige Nächte in einem Luxushotel unentgeltlich wohnen zu las-sen. Als Gegenleistung versprach sie, das Hotel positiv in ihren Postings zu erwäh-nen. Entgegen ihrer Erwartung reagierte der Hotelmanager verärgert und machte seinem Unmut Luft, indem er auf Face-book seinen Standpunkt verbreitete und der YouTuberin seine Meinung auf Face-book mitteilte (absatzwirtschaft.de vom 22.1.2018 und independent.co.uk com vom 18.1.2018).

Dies zeigt die Schattenseiten des Influen-cer Marketing. Neben Imageschäden auf Seiten der Beteiligten ist noch eine weitere Dimension zu bedenken: ab wann wird In-fluencer-Marketing zu unzulässiger Schleichwerbung nach §5a Abs. 6 UWG?

Wer sich auf dieses verminte Marketing-feld begibt, ist gut beraten, sich zuvor dem Justitiar seines Unternehmens zu be-raten. Einige YouTuber im deutschen Sprachraum sind mittlerweile dazu über-gegangen, unabhängig von ihren verbrei-teten Inhalten, das Wort „Dauerwerbesen-dung“ am Bildrand einzublenden.

Auch in diesem Beitrag wurden einige Markennamen genannt. Der Verfasser ist aber bei weitem kein Influencer nach der gebräuchlichen Definition. Die Nennung der Marken erfolgt ausschließlich aus Gründen des Bereicherns abstrakter wis-senschaftlicher Überlegungen mit Beispie-len und dem Bestreben nach Praxisnähe.

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_________________________________________Prof. Dr. Heiko AuerbachProfessor für Entrepreneurship & SalesHOST Hochschule Stralsundwww.heikoauerbach.de

24.1.2018

Quelle: Screenshot Facebook