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Lützel und Lüssel Biologische Untersuchung 2004 Lützel bei Roggenburg Kanton Basel-Landschaft Amt für Umweltschutz und Energie & Jagd- und Fischereiverwaltung

Lützel und Lüssel Biologische Untersuchung 2004

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Page 1: Lützel und Lüssel Biologische Untersuchung 2004

Lützel und LüsselBiologische Untersuchung 2004

Lützel bei Roggenburg

Kanton Basel-Landschaft

Amt für Umweltschutz und Energie &Jagd- und Fischereiverwaltung

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HerausgeberAmt für Umweltschutz und Energie Jagd- und FischereiverwaltungRheinstrasse 29 Rufsteinweg 44410 Liestal 4410 Liestal

AutorenDr. Daniel Küry, Susy MoroderLife Science AGGreifengasse 74058 Basel

Projektkoordination AUEDr. Marin Huser, Fachstelle Gewässerzustand

MitarbeitThomas Amiet, Heinz Argenton, Fachstelle GewässerzustandNadine Frei, Administration

AuskünfteAmt für Umweltschutz und Energie Jagd- und FischereiverwaltungFachstelle Gewässerzustand Rufsteinweg 4Rheinstrasse 29 4410 Liestal4410 Liestal Telefon 061 925 56 04Telefon 061 925 55 05Telefax 061 925 69 [email protected]

Internetwww.aue.bl.ch

TitelbildLützel bei Roggenburg „Hammerschmiede“(Foto: Life Science)

Liestal, Dezember 2004

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Lützel und Lüssel – Biologische Untersuchungen 2004

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Lützel und LüsselBiologische Untersuchung 2004

Dezember 2004

Autoren

Daniel Küry, Dr. phil. BiologeSusy Moroder, Biologin

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Lützel und Lüssel – Biologische Untersuchungen 2004

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Inhalt

Zusammenfassung........................................................................................ 4

1 Ziele der benthosbiologischen Erhebungen ................................... 6

1.1 Lebensgemeinschaft der Wirbellosen................................................................. 6

1.2 Bewertung des Gewässerzustands ..................................................................... 6

1.3 Grundlagen Fischbestände, Besatzplanung....................................................... 6

2 Material und Methoden................................................................ 7

2.1 Das Untersuchungsgebiet .................................................................................... 7

2.2 Die beprobten Strecken ....................................................................................... 8

2.3 Biologische Gewässergütebeurteilung.............................................................11

2.4 Beurteilung der biologischen Gewässerqualität..............................................14

3 Ergebnisse ................................................................................. 19

3.1 Bewertung des Gewässerzustands ...................................................................19

3.2 Biologische Gewässergütebeurteilung.............................................................22

4 Schlussfolgerungen und Empfehlungen....................................... 29

5 Literatur .................................................................................... 30

6 Anhang .................................................................................... 31

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Lützel und Lüssel – Biologische Untersuchungen 2004

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Zusammenfassung

Untersuchungen

Im Frühling und Sommer 2004 wurden die Lützel auf 4 Strecken und die Lüssel auf einerStrecke beprobt. Dabei wurden der Äussere Aspekt erhoben, die Choriotoptypen proto-kolliert und Benthosproben entnommen. Die Lebensgemeinschaften wurden mit ver-schiedenen biologischen Indices analysiert. Damit wurde eine Datenbasis geschaffen, diees erlaubt, zu einem späteren Zeitpunkt allfällige Veränderungen in der Artengemein-schaft zu belegen.

Äusserer Aspekt

An keiner der untersuchten Strecken waren Zeichen einer dauernden Belastung erkenn-bar. Eine leichte Schaumbildung und wenig Feststoffe wurden im Sommer auf den un-tersten Strecken der Lüssel sowie in der Lüssel beobachtet.

Biologischer Zustand

Die Besiedlungsdichte zeigte starke jahreszeitliche Unterschiede mit Werten, die imSommer etwas höher lagen als im Frühling. Im Frühling und Sommer war die Dichte aufder Strecke Lützel 4 (Hammerschmiede) stark erhöht. Eine hohe Dichte von Simuliidae(Kriebelmückenlarven) war hier im Frühling korreliert mit erhöhten Werten der gesamtenungelösten Stoffe (GUS). Am geringsten war die Besiedlung im untersten Bereich derLützel und in der Lüssel.

Die Biomasse des Makrozoobenthos war im Sommer teilweise höher, teilweise aber auchtiefer als im Frühling. Die Strecke Lützel 1 lag bezüglich ihres fischereilichen Ertragsver-mögens im Bereich armer Gewässer alle übrigen Strecken waren eher der Kategoriemittlere Gewässer zuzuordnen.

Auf den untersuchten Strecken wurden insgesamt 77 Taxa (Bestimmungseinheiten) ge-funden. Die Strecke Lützel 1 und Lützel 2 war bei Betrachtung beider Beprobungen 48resp. 54 Taxa am reichsten besiedelt, während die übrigen Strecken 41 bis 43 Taxa auf-wiesen.

Die Beurteilung auf der Basis des Saprobitätsindexes zeigte Verhältnisse mit geringer Be-lastung (Zustand sehr gut). Auf allen Strecken war die Situation im Frühling leicht besserals im Sommer. Die Auswertung zeigt, dass auf keiner der untersuchten Strecken Prozes-se mit übermässiger Sauerstoffzehrung einwirken.

Auf der Grundlage der neuen Methode des schweizerischen Modulstufenkonzepts(Makrozoobenthos Stufe F) waren die Strecken in die Kategorien gut (Sommer) respekti-

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ve sehr gut (Frühling) zu stellen. Eine Ausnahme bildete Lützel 3, die an beiden Bepro-bungen als gut einzustufen war.

Die längerfristige Entwicklung des Gewässerzustands zeigt eine Verbesserung der Situa-tion um bis zu drei Indexpunkte. Seit 1975 hat sich die Wasserqualität insbesondere imUnterlauf der Lüssel stark verbessert.

An bemerkenswerten Arten konnten insgesamt 7 Vertreter aus verschiedenen taxonomi-schen Gruppen festgestellt werden. Drei davon besiedelten praktisch alle untersuchtenStrecken der Lützel: Baetis scambus, Ecdyonurus torrentis und Torleya major. Eine gerin-gere Verbreitung war bei Ephemerella mucronata, Leuctra geniculata, Perla marginataund Hydroptila forcipata zu beobachten. Bedeutende Vorkommen dieser weiteren Artenlagen an einzelnen Stellen der Lützel und in der Lüssel.

Schlussfolgerungen

Der heutige Zustand der Lützel und der Lüssel ist gut und soll erhalten werden. Wo diesmöglich ist, sind weitere Massnahmen zur Verbesserung des Zustands zu ergreifen.

Die folgenden Punkte mit Handlungsbedarf resultieren aus der biologischen Beurteilungder beiden Gewässer:

• Auf der Stecken Lützel 4 soll mit Hilfe von weiteren Untersuchungen abgeklärt wer-den, woher die Schwebestoffe stammen, die sowohl in der Zusammensetzung derLebensgemeinschaft (Massenvorkommen von Filtrierern) und den gesamten unge-lösten Stoffen erkennbar sind.

• Es bleibt abzuklären, worauf die vergleichsweise etwas schlechteren Verhältnisse aufder Strecke Lützel 3 zurückzuführen sind

• Die bestehenden Entwicklungsziele auf der Basis der Wirbeltiere (Lachs, Biber) sollendurch entsprechende Ziele auf der Grundlage der Makrozoobenthos-Vorkommenergänzt werden.

Zur Beurteilung der Intaktheit von Fliessgewässerabschnitten wird die Bezeichnung undUntersuchung von Referenzgewässern in der Region Basel vorgeschlagen.

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1 Ziele der benthosbiologischen Erhebungen

1.1 Lebensgemeinschaft der WirbellosenMit den Untersuchungen sollen Kenntnisse über die Zusammensetzung und die Orga-nismenvielfalt der Lebensgemeinschaft in den verschiedenen Abschnitten der Lützel undder Lüssel im Kanton Basel-Landschaft dokumentiert werden. Mit den Resultaten wirdeinerseits ein Vergleich mit früheren Erhebungen ermöglicht. Andererseits bildet die Un-tersuchung die Referenzbasis für die spätere Beurteilung der vorgesehenen Massnahmenim Zusammenhang mit Projekten wie Revitalisierungen.

1.2 Bewertung des GewässerzustandsDie aktuelle Lebensgemeinschaft des Fliessgewässers, das Makrozoobenthos, soll beur-teilt und im Hinblick auf den biologischen Gewässerzustand bewertet werden. Als öko-logisches Ziel gemäss Gewässerschutzverordnung, Anhang 1 wird eine «Lebens-gemeinschaft [angestrebt], die möglichst naturnah und standortgerecht ist und sichselbst reproduziert und reguliert».

Der Hemerobiegrad, also das Mass für die Gesamtheit der Einwirkungen des Menschenauf das Ökosystem, soll bewertet werden. Die Untersuchung liefert einen Beitrag zur Do-kumentation eines allfälligen Handlungsbedarfs im Hinblick auf eine Verbesserung desGewässerzustands.

1.3 Grundlagen Fischbestände, BesatzplanungDas Makrozoobenthos ist eine wichtige Nahrungsgrundlage für die Fischbestände derFliessgewässer. Im Hinblick auf die Entwicklungsmöglichkeiten der Fischpopulationenund für die Planung der allfällig zu tätigenden Besätze sind die Biomasse des Makrozoo-benthos und deren Dichte von grosser Bedeutung.

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2 Material und Methoden

2.1 Das Untersuchungsgebiet

Die Lützel entspringt im Kanton Jura zwischen den Ortschaften Pleigne und Bourrignonin unterirdischen Karstquellen mit einer Niederwassermenge von etwa 30 l�/�s und mün-det nach etwa 25 km in die Birs. Der Höhenunterschied zwischen Quelle und Mündungbeträgt rund 380 m. Bereits wenige Kilometer nach ihrem Ursprung bildet die Lützel denSee bei der Abtei Lucelle und biegt nach ihrem Austritt aus dem Lützelsee östlich ab.Weitere 12 km verläuft sie entlang der französisch-schweizerischen Grenze und wechseltdabei vom Kanton Jura in den Kanton Basel-Land. Nach Roggenburg (BL) fliesst die Lüt-zel einige Kilometer durch den Kanton Solothurn bei Kleinlützel vorbei, um anschliessendwiederum den Lauf auf Baselbieter Gebiet fortzusetzen. Nach dem Eintritt in das Laufe-ner Becken mündet der Fluss vor der Ortschaft Laufen in die Birs.

Das Einzugsgebiet der Lützel befindet sich im nördlichsten Faltenjura. Hier entwässert siesüdlich der Blochmontkette und führt somit karbonatreiches Wasser. Genau genommenzieht das Lützeltal durch einen 2 km breiten Streifen aus Sequankalk, in den die Lützelein 100 m tiefes Tälchen eingeschnitten hat, das zwischen den Oberkanten nur 500 mmisst. Die steilen Hänge sind bewaldet und besonders von Norden her, durch viele kleineTälchen zerschnitten (Burckhardt 1925).

Die Abflussmenge der Lützel wird nicht kontinuierlich gemessen. Es liegen deshalb keineAngaben über die mittlere Abflussmenge oder die Abflussspitzen vor.

Die Lüssel entspringt im Bogental einem Teil des Baselbieter Hochjura im Passwanggebietauf einer Höhe von rund 1000 m und mündet nach ca. 20 km Lauf bei Zwingen in dieBirs. Sie überwindet dabei einen Höhenunterschied von rund 700 m. Der grösste Teil derStrecke im Gebiet des Kantons Solothurn. Die Lüssel durchbricht auf ihrem Oberlauf ver-schiedene Falten aus Sequanien-, Rauracien- und Hauptrogensteinekalken. Ab Büsserachdominieren Mergel, Tone und Sande des Tertiärs.

Auswahl der Probestellen

Gemeinsam mit dem AUE wurden die 5 Probenahmestellen festgelegt. Die Bezeichnungder Stellen ist kongruent mit derjenigen der fischereibiologischen Untersuchungen (AUELiestal, Jagd- und Fischereiverwaltung). Die Lage richtete sich nach den ökomorpho-logischen Erhebungen und der Lage der Einleitungen von Abwasserreinigungsanlagen.

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Die Probenahmestellen sind charakteristisch und repräsentativ für den entsprechendenGewässerabschnitt.

Lage der beprobten Strecken

Von den 5 Probenahmestellen der Untersuchungskampagne (Abb. 1) befinden sich

• 4 an der Lützel (Lützel 1 – Lützel 4) und

• 1 an der Lüssel

Dadurch wurden repräsentative Strecken der beiden Gewässer auf ihrem gesamten Laufim Kanton Basel-Landschaft untersucht.

2.2 Die beprobten StreckenDie 4 untersuchten Strecken der Lützel wurden innerhalb des Territoriums des KantonsBasel-Landschaft so verteilt, dass einerseits Aussagen zum Einfluss von Einleitungen insGewässer möglich sind und andererseits Bereiche von unterschiedlicher ökomorphologi-scher Qualität berücksichtigt werden (Abb. 1). In der Lüssel wurde eine Strecke im Un-terlauf ausgewählt. Auf eine Beprobung des Oberlaufs im Bogental wurde verzichtet,weil die gewässerschützerischen Probleme in diesem Zusammenhang nicht relevant sind.

Die Abflussmengen liegen auf allen Strecken der Lützel in der gleichen Grössenordnung.Die Lüssel dürfte nur unwesentlich mehr Wasser führen. Es handelt sich bei allen Stre-cken um kleine Flüsse bis grosse Bachläufe.

Abb. 1: Die Lage der 5 Probenahmestrecken an der Lützel und der Lüssel.

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Strecke Lützel 1, Laufen

Koordinaten: 603.700 / 251.450, rund 365 m ü. M.

Die unterste Probenentnahme an der Lützel erfolgte im schluchtartig verengten Tal rund700 m vor der Mündung in die Birs. Beide Talflanken sind mit Wald bestanden und aus-ser drei Wohnhäusern und mehreren Schuppen existieren keine Gebäude im Tal. Nebender Strasse befinden sich Weideflächen. Auf der beprobten Strecke befindet sich eineleicht eingetiefte Niederwasserrinne neben einem Vorland, das bei leicht erhöhten Ab-flüssen überflutet wird (Abb. 2).

Strecke Lützel 2, Röschenz

Koordinaten: 602.100 / 252.750, rund 385 m ü. M.

Auf der Strecke unmittelbar unterhalb der Strassenabzweigung nach Röschenz befindetsich die Strecke Lützel 2 (Abb. 3). Das Gewässer ist stark eingetieft und mit einem Ufer-gehölz bestanden. Auf beiden Seiten grenzt Dauergrünland an.

Strecke Lützel 3, Neuhaus (Roggenburg)

Koordinaten: 594.850 / 253.700, rund 465 m ü. M.

Unterhalb des Hofes Neuhaus erfolgte die Entnahme der Proben von Lützel 3. Das Tal istan dieser Stelle relativ eng. Das Gewässer ist von einem schmalen Gehölzsaum gesäumt(Abb. 4). Linksufrig grenzen die Strasse und Grünland an, auf der rechten Seite sind esGartenland und Grünland.

Strecke Lützel 4, Hammerschmiede (Roggenburg)

Koordinaten: 593.150 / 253.850, rund 485 m ü. M.

Die Strecke Lützel 4 befindet sich oberhalb des Hofes Hammerschmiede. Das Gewässerist leicht eingetieft und befindet sich am Waldrand (Abb. 5). Am linken Ufer wird es vonAckerland begleitet. Rund 1 km oberhalb der Strecke befindet sich die Einleitung des ge-reinigten Abwassers von Roggenburg.

Strecke Lüssel, Brislach / Zwingen

Koordinaten: 607.000 / 253.150, rund 345 m ü. M.

Die untersuchte Strecke der Lüssel liegt an der Gemeindegrenze zwischen Zwingen undBrislach. Das Gewässer verläuft hier am linken Talrand, sodass auf dieser Seite der Walddes Abhangs angrenzt (Abb. 6). Am rechten Ufer des stark eingetieften Gewässers liegtein Fahrweg und ein Gewerbe- und Wohngebiet.

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Abbildung 2: Strecke Lützel 1, Laufen. Abbildung 3: Strecke Lützel 2, Röschenz.

Abbildung 6: Strecke Lüssel, Zwingen / Brislach.

Abbildung 4: Strecke Lützel 3, Neuhaus (Roggenburg) Abbildung 5: Strecke Lützel 4, Hammerschmiede (Roggenburg).

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2.3 Biologische GewässergütebeurteilungDie Methode der Probenahme und Auswertung wird nachfolgend detailliert beschrieben,was die Durchführung vergleichbarer Untersuchungen zu einem späteren Termin erleich-tert.

Daten der Probenahme

Um die Fauna der Lützel und der Lüssel möglichst vollständig zu erfassen, wurde je eineUntersuchungsreihe im Frühling (29. März 2004) und Sommer (30. Juni 2004) durchge-führt.

Alle Probenahmen erfolgten bei niedrigem bis mittlerem Wasserstand. Hochwasser undextreme Niedrigwasser wurden gemieden.

Äusserer Aspekt

Als eine erste Wasserqualitätsbeurteilung wurde anlässlich der Begehung im Frühling derÄussere Aspekt der sieben Gewässerabschnitte notiert. Folgende Parameter wurden in jedrei Kategorien (klein, wenig-mittel, viel) differenziert:

• heterotropher Bewuchs• Eisensulfidflecken• Schlamm• Schaumbildung• Trübung• Verfärbung• Geruch

Choriotope der Probestrecken

Auf den Strecken, auf denen die Probenahmen stattfanden, wurden folgende biotischeKleinlebensräume (Choriotope) differenziert und anteilsmässig erfasst:

• filamentöse Algen• submerse Makrophyten• terrestrische Pflanzen• Totholz• C-POM (grobpartikuläres organisches Material)• F-POM (feinpartikuläres organisches Material)

Die abiotischen Choriotope wurden in folgende Klassen differenziert:

• Megalithal (Felsen und Blöcke > 40 cm)• Makrolital (grosse Steine: 20 – 40 cm)• Mesolithal (Steine: 6,3 – 20 cm)• Mikrolithal (Kiese: 0,2 – 6,3 cm)• Psammo-Pelal (Sand, Schluff, Ton)

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Die Dominanz der Choriotope wurde in folgenden Kategorien erfasst:

• atypisch (< 3-mal vorkommend)• selten (10% der Fläche)• häufig (10 – 50% der Fläche)• dominant (> 50% der Fläche)Zusätzlich wurde die Stabilität der Sohle abgeschätzt

Faunistische Probenahme

Die Durchführung der Probenahme richtete sich nach den Anforderungen der «Metho-den zur Untersuchung und Beurteilung der Fliessgewässer. Makrozoobenthos Stufe F»der Arbeitsgruppe Benthosbiologie (BUWAL 2002).

Mit einem Surber-Sampler (900 cm2 Grundfläche, 300 µm Maschenweite; Abb. 7) wur-den pro Standort und Untersuchungsdatum zwölf unabhängige substratspezifische Pro-ben genommen. Es wurden alle für den Gewässerabschnitt typischen Choriotope ihremAnteil im Gewässerabschnitt entsprechend beprobt. Die zwölf Surber-Samples ergaben1�m 2 Probefläche pro Standort.

Abb. 7: Surber-Sampler mit 900 cm2 Grundfläche zur Entnahme flächenbezogener Kleintierproben inFliessgewässern (Schwoerbel 1994).

An den Stellen mit genügend Strömung und lockerem Substrat wurden die Proben mit-tels Kick-Sampling gewonnen. Dabei wurde das Netz auf dem Flussgrund abgestellt undwährend einer Minute das Sediment luvwärts (oberhalb) des Netzes mit dem Fuss oderder Hand kräftig umgewühlt.

In sehr strömungsarmen Bereichen wurde das Substrat mit Hand oder Stiefel kräftig auf-gewühlt und das aufgewirbelte Material mit dem Netz gesammelt.

Grosse Steine wurden umgedreht und die daran sich befindenden sessilen oder semises-silen Organismen mit der Pinzette abgesammelt.

Die zwölf Surber-Samples und die Handaufsammlungen wurden vereinigt. Die Tiere bei-der Proben wurden in ihrer Gesamtheit konserviert. Anschliessend wurde im Labor dieAbundanz der Arten in sieben Klassen erfasst (Tab. 1):

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Tabelle 1: Zuordnung der Individuenzahlen zu Abundanzklassen

Abundanz-Klasse

Abundanz (Individuen / m2) Gesamtschätzung

1 1-10 selten

2 11-30 sehr spärlich

3 31-70 spärlich

4 71-150 wenig zahlreich

5 151-300 zahlreich

6 301-700 sehr zahlreich

7 �> 700 massenhaft

Makrozoobenthos-Gemeinschaft als Nahrung für Fische

Bei der Ermittlung des fischereilichen Ertragsvermögens in Gewässern wird die Biomassedes Makrozoobenthos als sogenannter Bonitätsfaktor in die Berechnungen miteinbezo-gen. Da in der Lützel und Lüssel auch die Fischbestände erhoben werden, wurden beibeiden Begehungsterminen quantitative Makrozoobenthosproben entnommen. Die Ge-samtbiomasse aller aussortierten Kleintiere wurde nach dem Abtropfen auf Fliesspapiermit Hilfe einer Laborwaage bestimmt. Die Mollusken und köchertragenden Köcherflie-genlarven wurden zuvor aussortiert. Die Zuordnung der Bonitätsstufen für die einzelnenAbschnitte erfolgte nach Tab. 2, jedoch noch ohne Berücksichtigung eines Korrekturfak-tors (vgl. Vuille 1997).

Tabelle 2: Grundlagen zur Ermittlung des fischereilichen Ertragsvermögen: Bestimmung des Bonitäts-faktors B aus der Biomasse der Makrozoobenthos-Vertreter.

Charakterisierung Makrozobenthos-

bestand (g/m2)

Bonitätsfaktor B

0 - 1.5 0.5

«arme Gewässer» 1.5 - 3 1.0

3 - 4.5 1.5

4.5 - 6 2.0

6 - 8 2.5

8 - 10 3.0

10 - 15 3.5

15 - 20 4.0

«mittlere Gewässer» 20 - 25 4.5

25 - 30 5.0

30 - 35 5.5

35 - 40 6.0

40 - 45 6.5

45 - 50 7.0

50 - 55 7.5

55 - 60 8.0

«reiche Gewässer» 60 - 65 8.5

65 - 70 9.0

70 - 80 9.5

>80 10

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2.4 Beurteilung der biologischen Gewässerqualität

Bioindikation mit Makrofauna

Die Lebensgemeinschaft der Gewässersohle eignet sich gut als Indikator für die Gewäs-serqualität. Sie integriert die Wasserqualität auf einen längeren Zeitraum als physikalisch-chemische Punktmessungen und stellt somit eine sehr sinnvolle Ergänzung zu diesen dar.

In Europa sind unterschiedliche Indices üblich. Sie erfordern jedoch keine separate Be-probung, können daher aus demselben Datensatz ermittelt werden. In der vorliegendenArbeit werden der in Deutschland flächendeckend berechnete Saprobitätsindex (Nagel1989) und der in der Schweiz bereits grossflächig angewandte Makroindex (Perret 1977)und der Indice Biologique Globale Normalisé (IBGN; ANFOR 1992) berechnet. Weiterhinwerden die Daten nach der neuen «Methode zur Untersuchung und Beurteilung derFliessgewässer, Makrozoobenthos Stufe F» ausgewertet, basierend auf dem Entwurf vomDezember 2002 (BUWAL 2002).

Auswertung der faunistischen Proben

Die gefundenen Tiere wurden nach dem Stand der Wissenschaft und wo möglich bis zurArt bestimmt. Eine Ausnahme bildeten Arten, die nur mikroskopisch und mit aufwändi-ger Präparationstechnik bestimmt werden können. Dazu zählen die Zweiflügler (Dipte-ren, sie wurden auf Familienniveau bestimmt), Milben (Acari) und Oligochaeten.

Zur Zeit besteht kein Schlüssel, um alle Larven der Steinfliegengattungen Isoperla undLeuctra zu bestimmen. Bei den Köcherfliegenlarven können die Artengruppen Rhya-cophila sensu stricto und die Gattung Sericostoma nicht aufgetrennt werden. Bei denEintagsfliegen sind die Arten der Rhithrogena semicolotata-Gr. makroskopisch nichttrennbar. Jüngere Larvenstadien der Wasserinsekten sind in der Regel ebenfalls nurschwer bestimmbar.

Saprobitätsindex

Der Saprobienindex verfügt über eine mehr als 100-jährige Tradition im Gewässerschutz.Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wurde er vielfach ergänzt und verfeinert. Heute ist erim Europäischen Raum die gängigste Methodik zur biologischen Beurteilung der Ge-wässergüte (Tab. 3).

Die Saprobitätsindices der einzelnen Probenahmestellen wurden nach Nagel (1989) mitder folgenden Formel berechnet:

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S= �(si * Ai * Gi) / � (A i * Gi)

S = Saprobien-Indexsi = Saprobienwert der i-ten ArtAi = Abundanzwert der i-ten ArtGi = Indikationsgewicht der i-ten ArtDie Kennzahlen zum Saprobienwert und Indikationsgewicht der einzelnen Arten basierenauf den deutschen Werten von Nagel (1989) und den österreichischen von Moog (1995).

Die Gewässerabschnitte wurden nach der DIN-Norm in Güteklassen eingeteilt:

Tabelle 3: Saprobitätsstufe und Saprobienindex (DIN, 1989).

Saprobitätsstufe Saprobienindex Belastungsstufe

oligosaprob 1.00 – 1.49 unbelastet

oligo- bis betamesosaprob 1.50 – 1.79 gering belastet

beta-mesosaprob 1.80 – 2.29 mässig belastet

beta- bis alphamesosaprob 2.30 – 2.69 deutlich verschmutzt

alphamesosaprob 2.70 – 3.19 stark verschmutzt

alphameso- bis polysaprob 3.20 – 3.49 sehr stark verschmutzt

polysaprob 3.50 – 4.00 übermässig verschmutzt

Makroindex

Der Makroindex wurde 1975 im Rahmen einer Untersuchung von schweizerischen Fliess-gewässern aller Einzugsgebiete entwickelt (Perret 1977). Das dem Makroindex zugrundeliegende Konzept geht davon aus, dass ein durchschnittliches, unbelastetes

Tabelle 4: Matrix zur Berechnung des Makroindex; nach Perret (1977). BE = Bestimmungs-Einheit.

Berechnungsmatrix für den Makroindex BE Insecta/BE Non-Insecta

Nr. Tiergruppen < 1 1– 2 > 2– 6 > 6

a > 4 - - 2 11 Plecoptera

b 3–4 - 3 2 2

a > 4 - 3 3 32 BE Plecopera +köchertragende Trichoptera

b � 4 5 4 3 3

a > 2 5 4 4 33 BE Ephemeroptera ohne Baetidae

b � 2 6 5 5 -

4 Gammarus spp. und/oder Hydropsyche spp. 7 6 5 -

5 Asellus sp. u./o. Hirudinea u./o. Tubificidae 8 7 - -

schweizerisches Fliessgewässer mehrere Arten Plecoptera (Steinfliegen) sowie mehrereArten köchertragende Trichoptera (Köcherfliegen, Unterordnung Inaequipalpia) aufweist.Die Anzahl der Insektentaxa ist dabei stets grösser als die Anzahl der Nichtinsektentaxa.

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Die durch die zivilisatorische Belastung veränderten Biozönosen wurden mit einer Matrixdargestellt (Tab. 4). Der resultierende Index wird als Ziffer zwischen 1 und 8 ausgedrückt,wobei die Ziffer 1 für unbelastete, die Ziffer 8 für sehr stark belastete Verhältnisse steht(Perret 1977).

Indice Biologique Globale Normalisé (IBGN)

Beim in Frankreich und in der Westschweiz häufig verwendete IBGN (AFNOR 1992) mussdie Felderhebung nach genau reglementierten Vorschriften durchgeführt werden. Insge-samt werden bei der Auswertung 138 Taxa berücksichtigt, die in der Regel bis zur Fami-lie bestimmt werden. Mit Hilfe dieser Taxa wird ein Mass für die Diversität bestimmt (va-riété total, VT). Weitere 38 Taxa dienen ähnlich wie beim Makroindex als Indikatoren desZustand (groupes faunistiques indicateurs, GI).

Mit Hilfe einer Matrix wird mit Hilfe des höchsten in der Gruppe vertretenen Indikator-taxons (GI) und der Taxazahl der Gesamtprobe (VT) direkt der IBGN bestimmt (Tab.5).

Tabelle 5: Ermittlung der Diversität (variété total, VT) und der Indikatorgruppen (groupe faunsitiqueindicateur, GI)

VT 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1Anzahl Taxa >

5049bis45

44bis41

40bis37

36bis33

32bis29

28bis25

24bis21

20bis17

16bis13

12bis10

9bis7

6bis4

3bis1

GI 9 8 7Taxa Chloroperlidae

PerlidaePerlodidaeTaeniopterygidae

CapniidaeBrachycentridaeOdontoceridaePhilopotamidae

LeuctridaeGlossosomatidaeBeraeidaeGoeridaeLeptophlebiidae

GI 6 5 4Taxa Nemouridae

LepidostomatidaeSericostomatidaeEphemeridae

HydroptilidaeHeptageniidaePolymitarcidaePotamanthidae

LeptoceridaePolycentropodidaePsychomyidaeRhyacophilidae

GI 3 2 1Taxa Limnephilidae 1)

HydropsychidaeEphemerellidae 1)

Aphelocheiridae

Baetidae 1)

Caenidae 1)

Elmidae 1)

Gammaridae 1)

Mollusca

Chironomidae 1)

Asellidae 1)

HirudineaOligochaeta 1)

1) Taxa müssen mit mindestens 10 Individuen vertreten sein – Die übrigen mit mindestens 3Individuen.

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Lützel und Lüssel – Biologische Untersuchungen 2004

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Die Berechnung erfolgt nach der folgenden Formel:

IGBN = GI + VT - 1, bei IGBN < 21

Bestandteil der Methode ist ebenfalls eine verbale Beschreibung der Probestelle, demProbenahmeprotokoll und der faunistischen Tabelle.

Methode zur Untersuchung und Beurteilung der Fliessgewässer «Makrozoo-benthos Stufe F», Version 2002

In der aktuellsten Version von 2002 wird der Makroindex resp. der Indice BiologiqueGlobale Normalisé (IBGN) bestimmt (BUWAL 2002, AFNOR 1992). Zudem erfolgt die Zu-ordnung der Gewässer in fünf Güteklassen (Tab. 6).

Die Bewertungsmethode «Makrozoobenthos Stufe F» basiert auf dem Mittel der Som-mer- und Winteruntersuchung. Falls die Datensätze der Winter- und der Sommeruntersu-chung sowie die vereinten Daten zu erheblich unterschiedlichen Resultaten führen (d.h.sich um 3 oder mehr Punkte unterscheiden), ist für jedes der drei Ergebnisse eine separa-te Bewertung vorzunehmen. Die unterschiedlichen Einstufungen sind im Rahmen derverbalen Charakterisierung der Gewässerstelle zu diskutieren. Bei der Abschätzung, oban einer Gewässerstelle ein Sanierungsbedarf besteht, sollte im Normalfall allerdings vomungünstigsten der drei Resultate ausgegangen werden.

Tabelle 6: Übersicht der fünf Wasserqualitätsklassen anhand der verschiedenen biologischen Indices(nach BUWAL 2002). *: eigene provisorische Aufteilung in fünf Güteklassen

Ökologischer

Zustand

Saprobitäts-

index DIN

IBGN Stufe F, 2002 =

Makroindex

Farbe

sehr gut 1.0 – <1.8 17-20 1-2 blau

gut 1.8 – <2.3 13-16 3 grün

mässig 2.3 – <2.7 9-12 4 gelb

unbefriedigend 2.7 – <3.2 5-8 5-6 orange

schlecht 3.2 – 4.0 1-4 7-8 rot

Seltene und gefährdete Arten

Die Zuordnung der gefährdeten Arten wurde mit Hilfe der schweizerischen Roten Listen(Duelli 1994) vorgenommen (Tab. 7). Leider ist bis heute auf nationaler Ebene nur fürwenige Gruppen der Makrofauna (Schnecken, Eintagsfliegen, Libellen und Wasserkäfer)eine Gefährdungseinstufung vorhanden. Für die Vertreter der Nematoden, Schnurwür-mer (Nematomorpha), Wenigborster (Oligochaeta), Milben (Acari), Krebstiere (Crusta-cea), Steinfliegen (Plecoptera), Hakenkäfer (Elmidae), Köcherfliegen (Trichoptera) undZweiflügler (Diptera) existieren gegenwärtig keine schweizerischen Roten Listen. Deshalb

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Lützel und Lüssel – Biologische Untersuchungen 2004

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wurden für die Beurteilung der Köcherfliegen und Steinfliegen auch die Roten Listen derBundesrepublik Deutschland (Süddeutschland) einbezogen (Binot et al. 1998).

Tabelle 7: Die Einstufung des Gefährdungsgrads wurde entsprechend den Roten Listen der Schweizin jeweils 6 Kategorien vorgenommen:

Kategorie Rote Liste Gefährdungsgrad

Kategorie 0 ausgestorben, verschollen

Kategorie 1 vom Aussterben bedroht

Kategorie 2 stark gefährdet

Kategorie 3 gefährdet

Kategorie 4 potenziell gefährdet

Kategorie n nicht gefährdet

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Lützel und Lüssel – Biologische Untersuchungen 2004

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3 Ergebnisse

3.1 Bewertung des Gewässerzustands

Äusserer Aspekt

Der als «Primavista-Diagnostik» dienende Äussere Aspekt zeigte bei der Begehung EndeJuni 2004 keine gravierenden Belastungen. Schwache Schaumbildungen wurde auf derStrecke Lützel 1 und leicht kolmatierter Untergrund auf der Strecke Lützel 2 beobachtet.Vereinzelte Feststoffe waren auf den Strecken Lützel 1, Lützel 2 und Lüssel vorhanden.Leichte Ablagerungen von nicht anthropogen bedingtem Schlamm wurden auf allenStrecken ausser Lützel 2 beobachtet.

Tabelle 8: Äusserer Aspekt auf den untersuchten Gewässerstrecken 2004.

Algen / Moose: kein / wenig, mittel, viel

übrigen Parameter: kein, wenig / leicht / mittel, viel / stark

Gewässer Lützel 1 Lützel 2 Lützel 3 Lützel 4 Lüssel

Früh

ling

Som

mer

Früh

ling

Som

mer

Früh

ling

Som

mer

Früh

ling

Som

mer

Früh

ling

Som

mer

Pflanzenbewuchs Algen

Pflanzenbewuchs Moose

Heterotropher Bewuchs

Eisensulfid

Schlamm

Schaum

Trübung

Verfärbung

Geruch

Kolmation

Feststoffe

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Lützel und Lüssel – Biologische Untersuchungen 2004

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Choriotope

Die typischen Standortfaktoren der verschiedenen Fliessgewässer sind von den geologi-schen Verhältnissen im Einzugsgebiet sowie der ökomorphologischen Situation auf derUntersuchungsstrecke abhängig. Die hinsichtlich der Besiedlung durch Makrozooben-thosarten wichtigen Substratverhältnisse stehen bei der Betrachtung der in Tab. 9 aufge-führten Parameter im Zentrum.

Die Substratzusammensetzung aller untersuchten Abschnitte zeigte von der ersten(29.03.2004) zur zweiten Begehung (30.06.2004) eine ähnliche Verschiebung in Rich-tung Feinkörnigkeit auf: Ende März bestand das Substrat vorwiegend aus mittleren bisgrossen Steinen, Ende Juni hingegen grossteils aus Kies.

Die Verteilung der abiotischen Choriotope auf den Strecken Lützel 2, Lützel 4 und Lüsselwar ähnlich. Kleine Steine waren stets häufig und Kiese kamen vermehrt bei der zweitenBegehung vor, während grössere Steine und Feinkies als selten eingestuft wurden. Nurauf der Strecke Lützel 1 konnten grosse Steine bis zu 40 cm gesichtet werden. Auch hiernahmen im Frühsommer die Kiesanteile zu. Sie wurden neben den grösseren Steinen alshäufig bewertet. Auf der Strecke Lützel 3 konnten nur selten Steine festgestellt werden.Häufiger kamen Kiese und im Frühsommer auch Feinkiese vor.

Als biotische Choriotope erschienen im Frühling bei Lützel 1, Lützel 2 und Lüssel Pflan-zen, die aber im Sommer nicht mehr festgestellt werden konnten. Fadenalgen gingennach dem Laubaustrieb der Gehölze leicht zurück und wiesen im Sommer auf der relativgut besonnten Strecke Lützel 2 den grössten Anteil auf. Terrestrische Pflanzen hatten nurim Frühsommer auf den Strecken Lützel 2, Lützel 3 und Lützel 4 eine Bedeutung als Cho-riotope. Während sich im Frühling die Anteile an Totholz, sowie an feinem und grobem,partikulärem organischem Material (FPOM und CPOM) auf allen Strecken unterschiedlichstark verteilten, kamen sie im Sommer auf allen Strecken der Lützel gleich häufig vor. Ander Lüssel konnten Ende Juni keine Rückstände dieser Art mehr gesichtet werden. BeiLützel 4 waren an beiden Untersuchungsterminen geringe Ablagerungen von Faul-schlamm vorhanden.

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Lützel und Lüssel – Biologische Untersuchungen 2004

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Tabelle 9: Choriotope im Bereich der Probenahmestellen.

Die Häufigkeiten wurden nach den folgenden Klassen abgestuft: dominant (>50 % der Fläche), häufig

(10-50 % der Fläche), selten (<10 % der Fläche), atypisch (2-3mal vorkommend).

Lützel 1 Lützel 2 Lützel 3 Lützel 4 Lüssel

Früling 2004

Abiotische Choriotope

Hygropetrische Zone

Megalithal, Blöcke (> 40 cm)

Makrolithal, grosse Steine (20 – 40 cm)

Mesolithal, Steine (6.3 – 20 cm)

Mikrolithal, Kiese (2 – 6.3 cm)

Akal, Feinkies (0.2 – 2 cm)

Psammal, Sand (0.063 – 2 mm)

Pelal/Argyllal, Schluff/Ton (<0.063 mm)

Biotische Choriotope

Phytal (Pflanzen allg.)

Filamentöse (fadenförmige) Algen

Makrophyten (höhere Wasserpflanzen)

Terrestrische Pflanzen

Xylal (Totholz)

C-POM (grobes, partik. org. Material)

F-POM (feines, partik. org. Material)

Abwasserbakterien

Sapropel / Faulschlamm

Sommer 2004

Abiotische Choriotope

Hygropetrische Zone

Megalithal, Blöcke (> 40 cm)

Makrolithal, grosse Steine (20 – 40 cm)

Mesolithal, Steine (6.3 – 20 cm)

Mikrolithal, Kiese (2 – 6.3 cm)

Akal, Feinkies (0.2 – 2 cm)

Psammal, Sand (0.063 – 2 mm)

Pelal/Argyllal, Schluff/Ton (<0.063 mm)

Biotische Choriotope

Phytal (Pflanzen allg.)

Filamentöse (fadenförmige) Algen

Makrophyten (höhere Wasserpflanzen)

Terrestrische Pflanzen

Xylal (Totholz)

C-POM (grobes, partik. org. Material)

F-POM (feines, partik. org. Material)

Abwasserbakterien

Sapropel / Faulschlamm

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Lützel und Lüssel – Biologische Untersuchungen 2004

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3.2 Biologische GewässergütebeurteilungFliessgewässer zeigen eine Längszonation mit einer typischen Gliederung in Quellregion,Oberlauf (oft im Mittelgebirge) und Unterlauf (Tieflandbereich z. B. im Mittelland). ImVerlauf dieser Bereiche gibt es auch bedeutende Unterschiede der Lebensgemeinschaf-ten, die unter anderem auf die Jahreszeit, die Lage im Gelände (umgebende LandschaftGefälle usw.), hydrologische Faktoren, die zurückgelegte Fliessstrecke und anthropogeneBelastungen zurückzuführen sind.

Diese Längszonierung der Lebensgemeinschaften muss auch bei der Auswertung der Re-sultate der verschiedenen Untersuchungsstrecken beigezogen werden.

Besiedlungsdichte Makrozoobenthos

Die Besiedlungsdichten zeigten sowohl im Frühling als auch im Sommer deutliche Unter-schiede im Längsverlauf (siehe Abb. 8). Generell konnte festgestellt werden, dass die Be-siedlungsdichte in Richtung Quellbereich der Lützel zunahm. Demnach wiesen die Stre-cken Lützel 1 und Lüssel, welche sich beide im Unterlauf der jeweiligen Flüsse befinden,im Frühling die niedrigsten Besiedlungsdichten mit 891 resp. 1274 Individuen/m2. ImSommer konnten beide Strecken eine Zunahme der Besiedlungsdichte um 400-500 Indi-viduen/m2 erfahren. Die Strecken Lützel 2 und Lützel 3 verhielten sich im Frühling ziem-lich ähnlich und wiesen beide etwa 1800 Individuen/m2 auf. Im Sommer konnte auf bei-den Strecken eine Dichteabnahme beobachtet werden, wonach auf der Strecke Lützel 2noch 1748 Individuen/m2 gezählt wurden und auf der Strecke Lützel 3 gar nur mehr1232 Individuen/m2 wirksam waren. Die weitaus höchsten Besiedlungsdichten konntenauf der Strecke Lützel 4 mit 2518 Individuen/m2 im Frühling und 3686 Individuen/m2 imSommer nachgewiesen werden.

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

Lützel 1 Lützel 2 Lützel 3 Lützel 4 Lüssel

Indiv

iduen

/ m

2

FrühlingSommer

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Lützel und Lüssel – Biologische Untersuchungen 2004

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Abb. 8: Besiedlungsdichte auf den untersuchten Strecken der Lützel und Lüssel.

Eine nähere Untersuchung dieser ausserordentlich hohen Werte liess sich im Frühling zurund 52% auf die Anwesenheit von Simuliidae zurückführen, deren Anteil im Sommerwieder auf 15% gesunken ist. Der Käfer Esolus parallelepipedus, der im Frühling knappe3% der gesamten Besiedlungsdichte ausmachte, erreichte im Sommer plötzlich 30% dergesamten Besiedlungsdichte. Massenpopulationen von Kriebelmücken (Simuliidae) ent-wickeln sich vor allem in verschmutzten Bächen zwischen landwirtschaftlichen Intensiv-nutzflächen. Die Strecke Lützel 4 befindet sich unmittelbar unterhalb der Einleitung dergereinigten Abwässer der ARA Roggenburg. Aus dieser und möglicherweise anderenQuellen werden vermutlich immer wieder Schwebstoffe eingetragen, von denen sich dieKriebelmücken als typische Filtrierer ernähren. Aufgrund der gemessenen physikalisch-chemischen Parameter dürfte es sich um episodische Ereignisse handeln.

Biomasse Makrozoobenthos

In noch stärkerem Ausmass als bei der Besiedlungsdichte wirkte sich die starke Präsenzder Simuliidae bei der Biomasse aus.

Abb. 9: Gesamtbiomasse des Makrozoobenthos auf den 10 untersuchten Strecken von Lützel undLüssel.

Die Biomasse lag nur auf der Strecke Lützel 1 unter 10 g/m2: mit 8.1 g/m2 im Frühlingund 6.0 g/m2 im Sommer (Abb. 9). Alle übrigen Strecken wiesen Biomassen zwischen10.2 und 28.5 g/m2 auf. Bei beiden Untersuchungskampagnen wies die Strecke Lützel 4die höchste Biomasse auf. Bemerkenswert ist die Biomasse von 18.1 g/m2 auf der StreckeLützel 2. Bezüglich der Berechnung des Ertragsvermögens sind diese beiden Strecken mitder höchsten Biomasse als «mittlere» Gewässerabschnitte mit Bonitätsfaktoren zwischen

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Lützel und Lüssel – Biologische Untersuchungen 2004

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4.0 und 5.0 bezeichnet werden. Alle übrigen Strecken sind als «arme» Gewässerab-schnitte einzustufen mit Bonitätsfaktoren zwischen 2.0 und 3.5.

Tab. 10: Biomassen und Bonitätsfaktoren B für die Berechnung des Ertragsvermögens der Gewässer.Gewässer Lützel 1 Lützel 2 Lützel 3 Lützel 4 Lüssel

Früh

ling

Som

mer

Früh

ling

Som

mer

Früh

ling

Som

mer

Früh

ling

Som

mer

Früh

ling

Som

mer

Biomasse (g/m2) 8.1 6.0 12.2 18.1 14.0 10.6 16.3 28.5 10.2 11.7

Bonitätsfaktor B 3.0 2.0 3.5 4.0 3.5 3.5 4.0 5.0 3.5 3.5

Taxazahl

Auf der untersuchten Strecke der Lützel und Lüssel wurden an den beiden Untersu-chungsterminen 77 Taxa nachgewiesen. Pro Probetermin und Strecke wurden zwischen30 und 42 Taxa gefunden (Abb. 10). Die höchste Taxazahl wurde auf der Strecke Lützel2 beobachtet, die niedrigste auf der Strecke Lützel 3. Beide Beprobungstermine zusam-men genommen wies ebenfalls Lützel 2 mit 54 Taxa den höchsten Wert auf. Lützel 1 warmit 48 Taxa bereits schwächer besiedelt, während Lützel 4 und Lüssel mit je 43 Taxa so-wie Lützel 3 mit 41 Taxa deutlich abfielen.

Im Überblick war auf den unteren Strecken eine höhere Taxazahl festzustellen. Bei einervergleichbaren Bestimmungstiefe entspricht dies den Taxazahlen naturnaher Gewässer-strecken der Birs, ist aber etwas unter den Zahlen der Frenken.

Taxa/Standort

Abb. 10: Summe der Taxa zu den beiden Untersuchungsterminen und die insgesamt nachgewieseneTaxazahl (mit Zahlenwert) pro Standort. Insgesamt wurden 77 Taxa nachgewiesen.

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Saprobitätsindex

Alle untersuchten Strecken erfüllten auf der Basis des Saprobitätsindexes die Qualitätsan-forderungen und lagen im Bereich sehr gut. Nach der alten Einstufung: gering belastet(Abb. 11).

Auf allen Strecken war im Frühling tiefere (bessere) Saprobitätsindices festzustellen als imSommer. Die Änderung kann am ehesten mit der bei den hohen Sommertemperaturenerniedrigten Löslichkeit des Sauerstoffs und den geringeren Abflüssen begründet wer-den. In diesem Sinne ist dies als eine natürliche saisonale Entwicklung der Lebensgemein-schaft im Gewässer zu betrachten.

Abb. 11: Saprobitätsindices nach DIN auf der Grundlage der faunistischen Erhebungen im Frühlingund Sommer 2003. Den klassischen Bewertungen sind in Klammer die neu nach der Wasserrahmen-richtlinie gültigen Einstufungen beigefügt (vgl. Tab. 5).

Makroindex / Modulstufenkonzept Makrozoobenthos Stufe F, V 2002

Der Makroindex, der in der neuesten Version (2002) der Makrozoobenthos-untersuchungen im Modulstufenkonzept verwendet wird, bestätigt grob die Beurteilungmit dem Saprobitätsindex. Mit Ausnahme der Strecke Lützel 3 sind alle Bereiche im Früh-ling als sehr gut und im Sommer als gut zu beurteilen (Abb. 12). Die Strecke Lützel 3zeigt auch im Frühling lediglich gute Verhältnisse. Allerdings muss hier berücksichtigtwerden, dass der Makroindex nach der Untersuchung von Perret (1977) nie «geeicht»wurde, weshalb diese Einstufungen vorläufigen Charakter haben.

gering belastet(= sehr gut)

mässig belastet(= gut)

unbelastet(= sehr gut)

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Abb. 12 Makrozoobenthos Stufe F, V. 2002 (entspricht Makroindex) auf den 5 untersuchten Streckenvon Lützel und Lüssel.

Langfristige Entwicklung der Wasserqualität in Lützel und Lüssel

Die langfristige Entwicklung des Gewässerzustands über die letzten 29 Jahre zeigt einepositive Entwicklung. Auf den beiden mit den Untersuchungen von Perret (1977) über-einstimmenden Strecken wurde teilweise eine deutliche Verbesserung festgestellt. In derLüssel betrug diese 3 Makroindexpunkte (Tab. 11).

Das positive Resultat ist einerseits das Ergebnis einer sich kontinuierlich verbesserndenAbwasserreinigung in der Industrie und bei den kommunalen Abwässern. Andererseitsist aber auch festzustellen, dass sich die Belastung der Gewässer gewandelt hat und sichin den wenigsten Fällen in Form einer überhöhten Sauerstoffzehrung auswirkt.

Tabelle 11: Vergleich der Makroindices 1974-75 (Perret 1977) und 2004. F: Frühling, S: Sommer.

1975 2004 F 2004 S

Lützel 1 3.0 2.0 3.0

Lüssel 5.0 2.0 3.0

Seltene und gefährdete Arten

Auf den untersuchten Strecken wurden 3 Arten der schweizerischen Roten Listen (Duelli1994) und 3 Arten der Roten Listen der Bundesrepublik Deutschland (Binot et al. 1998)festgestellt. Bei den Eintagsfliegen gelten Ecdyonurus torrentis und Ephemerella major alsgefährdet (Kategorie 3), während Baetis scambus als potenziell gefährdet (Kategorie 4)

gut

mässig

sehr gut

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Lützel und Lüssel – Biologische Untersuchungen 2004

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eingestuft ist. Bemerkenswert ist auch die Eintagsfliegenart Ephemerella mucronata, dieim Kanton Basel-Landschaft bisher nur aus der Lützel bekannt ist und nur als Einzelnfundfestgestellt wurde. Die Art ist in der Roten Liste nicht aufgeführt wird aber von Sartori &Landolt (1999) als potenziell gefährdet eingestuft.

Da in der Schweiz noch keine Roten Listen der Steinfliegen und Köcherfliegen vorliegen,wurde ihre Einstufung auf der Basis des entsprechenden Listen Deutschlands vorgenom-men. Danach sind die beiden Steinfliegenarten Leuctra geniculata und Perla marginatasowie die Köcherfliegen Hydroptila forcipata und H. vectis als gefährdet (Kategorie 3) zubetrachten.

Als Vertreter der Fische wurde in den Proben regelmässig auch die Groppe (Cottus gobio)gefunden.

Tabelle 12: Seltene und gefährdete Artenin Lützel und Lüssel nach Roten Listen (RL) der Schweiz (CH)und Deutschland (BRD). Einstufungen: 3 gefährdet, 4: potenziell gefährdet.

Rote Liste-Arten Art RL CH RL BRD Strecken

Eintagsfliegen Baetis scambus 4 Lützel 1-3, Lüssel

Eintagsfliegen Ecdyonurus torrentis 3 Lützel 1-4

Eintagsfliegen Ephemerella major 3 Lützel 1-4

Eintagsfliegen Ephemerella mucronata Lützel 2

Steinfliegen Leuctra geniculata 3 Lützel 1, Lüssel

Steinfliegen Perla marginata 3 Lützel 1-2, Lüssel

Köcherfliegen Hydroptila forcipata 3 Lützel 3

Groppe (Fische) Cottus gibio 4 d 2 Lützel 3-4, Lüssel

Die Lützel hat aufgrund der Verbreitung der Arten eine grosse Bedeutung als Lebens-raum für Baetis scambus, Ecdyonurus torrentis, Ephemerella major, Ephemerella mucro-nata und Perla marginata. Die gefährdete Steinfliegenart Leuctra geniculata besiedelt vorallem die Unterläufe der Birszuflüsse und dürfte mit diesen Arten in Verbindung stehen.Die in Deutschland gefährdete Köcherfliegenart Hydroptila forcipata wurde nur auf derStrecke Lützel 3 gefunden. Sie ist in verschiedenen grösseren Fliessgewässern der Regionnachgewiesen worden und dürfte bezogen auf die Umgebung von Basel nicht akut be-droht sein.

Eine fundierte Beurteilung der einzelnen Strecken bezüglich ihrer Bedeutung für den Ar-tenschutz ist jedoch auf der Basis der durchgeführten Beprobungen alleine nicht mög-lich. Diese müssten durch gezielte Aufsammlungen über mindestens ein weiteres Jahrergänzt werden.

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Vergleich der verwendeten Gewässerqualitätsparameter

Ein Vergleich der verschiedenen biologischen Parameter zur Beurteilung des Gewässerzu-stands zeigt eine relativ gleichförmige Situation bei der Anwendung des Saprobitätsinde-xes (Tab. 13). Als Resultat wird ein durchwegs sehr guter bis guter Zustand ausgewiesen.Der Saprobitätsindex vermag hauptsächlich Belastungen anzuzeigen, die für den heuti-gen Stand des Gewässerschutzes extrem hoch sind.

Indices wie der IBGN oder der Makroindex (resp. Modulstufenkonzept Stufe F, V 2002),die neben der Belastungsempfindlichkeit einzelner Organismengruppen auch deren Di-versität berücksichtigen, ergeben eine stärkere Auftrennung. Die Auftrennung unterVerwendung des IBGN ist stärker als bei einer Auswertung mit Hilfe des Makroindexes.Es werden Defizite auf einzelnen Strecken erkennbar. Die Frage, welche Parameter dieAuftrennung der Indices verursachen, kann hingegen nicht schlüssig beantwortet wer-den. Hier muss eine sorgfältige Analyse anschliessen.

Auffällig sind einerseits die starken Unterschiede zwischen den Jahreszeiten. Diese könn-ten darauf zurückgeführt werden, dass gewisse Arten im Sommer nicht nachweisbarsind. Wie aus der Diskussion der Resultate für die einzelnen Parameter ersichtlich wird, istes auch möglich, dass diese durch strukturelle Faktoren und jahreszeitlich unterschiedli-che Wasserführung (mit)verursacht werden. Eine weitergehende Interpretation bedarfeiner genauen Analyse dieser Faktoren als mögliche Verursacher.

Tabelle 13: Die Bewertung der Gewässer durch die verschiedenen Indices auf den 5 untersuchtenStrecken in Lützel und Lüssel. Ökologischer Zustand:

sehr gut, gut, mässig, unbefriedigend, schlecht.

Gewässer

Stelle

Datum Saprobitäts-

index DIN

Stufe F, V�2002

IBGN

Stufe F, V 2002

Makroindex

Lützel 1 Frühling 1.69 15 2

Sommer 1.78 14 3

Lützel 2 Frühling 1.65 16 2

Sommer 1.75 12 3

Lützel 3 Frühling 1.66 14 3

Sommer 1.77 13 3

Lützel 4 Frühling 1.61 15 2

Sommer 1.76 14 3

Lüssel Frühling 1.66 15 2

Sommer 1.76 13 3

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Lützel und Lüssel – Biologische Untersuchungen 2004

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4 Schlussfolgerungen und Empfehlungen

Das Ziel der biologischen Gewässerbeurteilung auf Stufe F ist das Erkennen der Abschnit-te, auf denen ein Handlungsbedarf besteht. Aufgrund der Ergebnisse lassen sich die fol-genden Aktivitäten formulieren:

• Auf den untersuchten Strecken soll der Zustand gehalten und, wo realisierbar, verbes-sert werden.

• Auf den Strecken Lützel 4 soll mit Hilfe von weiteren Untersuchungen abgeklärt wer-den, woher die Schwebestoffe stammen, die sowohl in der Zusammensetzung der Le-bensgemeinschaft (Massenvorkommen von Filtrierern) und den gesamten ungelöstenStoffen erkennbar sind.

• Es bleibt abzuklären, worauf die vergleichsweise etwas schlechteren Verhältnisse –Makroindexwerte auf der Strecke Lützel 3 und IBGN auf Strecke Lützel 2 – zurückzufüh-ren sind (Fehlen ufernaher Pufferzonen?).

• Für die Zwecke des Artenschutzes ist es wichtig, die Entwicklungsziele nicht nur auf derBasis der Zielarten wie Biber oder Lachs zu formulieren, sondern auch die bedrohtenMakrozoobenthosarten (inklusive Fliessgewässerlibellen) in das Konzept einzubeziehen.

Gemäss der Gewässerschutzverordnung Anhang 1 ist das Ziel eine «Lebensgemeinschaft,die möglichst naturnah und standortgerecht ist und sich selbst reproduziert und regu-liert».

Zur Einschätzung der Intaktheit (resp. der Beeinträchtigung) und damit der Naturnähemüssten die Daten mit naturnahen Referenzgewässern in der Region verglichen werdenkönnen. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass die Zönose im ursprünglichen Zustand ar-tenreicher war und mehr Arten aufwies, die organisch unbelastetes Wasser bevorzugen.Um diese Naturnähe abschätzen zu können, halten wir es für wichtig, naturnahe Refe-renzgewässer (z. B. Hintere Frenke, Lützel oder Lüssel) oder Referenzabschnitte in einzel-nen Gewässern in der Region Basel zu etablieren (vgl. Niederhauser 2004). Diese müss-ten bezüglich ihres Arteninventars und Lebensraumangebots gut bekannt sein. Zudemsollte ein Referenzgewässersystem eine Gruppe unterschiedlich grosser Fliessgewässer-strecken umfassen.

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5 LiteraturAFNOR 1992 Détermination de l'indice biologique global normalisé (I.B.G.N.). 9 p.

Binot M., Bless R., Boye P., Gruttke H. & Pretscher P. (Hrsg.) 1998: Rote Liste gefährdeterTiere Deutschlands, Bundesamt für Naturschutz, Bonn-Bad Godesberg, 434 pp.

BUWAL (Hrsg.) 2002: Methoden zur Beurteilung der Fliessgewässer, MakrozoobenthosStufe F, Überarbeitete Fassung (Stand Dezember 2002), Bern.

DIN 38 410 Teil 2 1989: Deutsche Einheitsverfahren zur Wasser-, Abwasser undSchlammuntersuchung; Biologisch-ökologische Gewässeruntersuchung; Verfahrenzur Bestimmung des Saprobienindex (M2). Beuth Verlag, Berlin.

Duelli P. 1994: Rote Listen der gefährdeten Tierarten in der Schweiz, BUWAL, Bern 97pp.

Nagel P. et al. 1989: Bildbestimmungsschlüssel der Saprobien. Makrozoobenthon. Gus-tav Fischer Verlag Stuttgart, New York. 183 S.

Niederhauser P. 2004: Referenzsystem für den Kanton Zürich zur biologischen Beurtei-lung der Fliessgewässer mit Makroinvertebraten. AWEL Amt für Abfall, Wasser, E-nergie und Luft, Zürich, 59 S.

Perret P. 1977: Zustand der Schweizerischen Fliessgewässer in den Jahren 1974/1975(Projekt MAPOS). Eidgenössisches Amt für Umweltschutz und EAWAG, Bern. 276S.

Sartori M. & P. Landolt 1999: Atlas de distribution des Ephémères de Suisse. (Insecta,Ephemeroptera). Fauna Helvetica Band 3, 214 pp.

Schwoerbel, J. 1994: Methoden der Hydrobiologie. Süsswasserbiologie, Stuttgart (G. Fi-scher, 4. Auflage), 368�p p.

Vuille T. 1997: Fischereiliches Ertragsvermögen der Patentgewässer im Kanton Bern, unve-röff. Polykopie, 31 pp. + Anhänge.

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Lützel und Lüssel – Biologische Untersuchungen 2004

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6 Anhang

Liste der nachgewiesenen Taxa

Legende

DIN: Saprobitätseinstufungen nach DIN (Nagel 1989)

Braukmann: Saprobitätseinstufungen nach Braukmann (1987)

Moog 95: Saprobitätseinstufungen nach Moog (1995)

SI: Artspezifische Saprobitätswerte

G: Indikationsgewicht

RL Schweiz: Einstufungen Rote Listen Schweiz (Duelli et al. 1994)

RL Deutschland: Einstufungen Roten Listen Deutschland (Binot et al. 1998)

N.: Anzahl Individuen /m2

Abund: Häufigkeitsklasse

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Frühling 2004

DIN

DIN

Moo

g 95

Moo

g 95

Brau

kman

n

Brau

kman

n

RL S

chw

eiz

RL D

euts

chla

nd

Ordnung Familie Gattung Art SI G SI G SI G N Abund.-Kl.N Abund.-Kl.N Abund.-Kl.N Abund.-Kl.N Abund.-Kl.N Abund.-Kl.N Abund.-Kl.N Abund.-Kl.N Abund.-Kl.N AbundTricladida Dugesiidae Dugesia gonocephala 1.6 8 0 0 1 3 5 1 2 1 1 1 4 1 3 1 6 1 8 1 17 2 5 1

Turbellarien TurbellariaGastropoda Ancylidae Ancylus fluviatilis 2.0 4 2 1 2 1 1 1

? Galba truncatula 2 1Lymnaeidae Radix ovata 2.3 4 3 1 4 1 2 1 1 1 3 1

LamellibranchiataSphaeriidae Sphaerium corneum 2.3 4 2 2 2 3 1 1 1 1NematomorphaGordiidae Gordius aquaticus 2 1Oligochaeta Haplotaxis gordioides 2 1 1 2 3 1 3 1 6 1 2 1 3 1

Lumbriculidae Stylodrilus heringianus 2 1 2 1 119 4 137 4 182 5 114 4 138 4 43 3 17 2 91 4 74 4 112 4Lumbricidae Eiseniella tetraedra 5 1 27 2 30 2 8 1 18 2 1 1 4 1 7 1 39 3 6 1Erpobdellide Dina sp. 2 1Glossiphoniidae Helobdella stagnalis 3 4 1 1Gammaridae Gammarus fossarum 1.6 8 2 1 1 2 64 3 31 3 101 4 13 1 176 5 89 4 90 4 281 5 370 6 287 5Asellidae Asellus aquaticus 2.7 4 1 1

EphemeropteraBaetidae Baetis rhodani 2.3 8 2 2 2 1 34 3 18 2 122 4 72 3 39 3 315 6 206 5 212 5 619 6 67 3Baetis lutheri 5 1 26 2 5 1 10 1 1 1 7 1 115 4 12 1 35 3Baetis muticus 1.4 4 2 1 2 1 3 1Baetis scambus 4 2 1 12 2 1 1 48 3

Leptophlebiidae Habroleptoides confusa 1.6 4 2 2 1 1 19 2 11 2 25 2 8 1 1 1 1 1 2 1 2 1Heptageniidae Ecdyonurus sp.

Ecdyonurus torrentis 3 11 2 10 1 12 2 6 1 2 1 2 1Epeorus assimilis 1.4 8 1 3 1 2 1 1 12 2 6 1 17 2 1 1Rhithrogena semicolorata 1.6 8 2 2 0 4 78 4 131 4 72 4 19 2 2 1

Ephemeridae Ephemera danica 2 1 8 1 28 2 13 2 4 1 36 3Ephemerellidae Ephemerella major 1.4 4 3 4 1 88 4 112 4 27 2

Ephemerella mucronata 1 1Ephemerella ignita 1.9 4 2 2 2 1 37 3 98 4 62 3 67 3 506 6

Odonata Calopterygidae Calopteryx virgo 4 1 1 1Plecoptera Nemouridae Amphinemura sulcicollis 81 4

Nemoura sp. 1 1TaeniopterygidaeBrachyptera risi 1.2 8 1 1 3 1 2 1 60 3 3 1Leuctridae Leuctra sp. 1.5 4 0 0 1 2 2 1 5 1 1 1 5 1 3 1 3 1

Leuctra geniculata 1.6 16 3 1 1 9 1Perlidae Isoperla cf. Grammatica 1.7 4 2 1 2 1 1 1 3 1

Isoperla sp. 1 1 1 1 1 1Perla marginata 1.2 8 1 2 1 1 3 1 1 1 1 1 1 1 1

Trichoptera Rhyacophilidae Rhyacophila sp. 2.0 4 9 1 9 1 5 1 13 2 23 2 45 3 9 1 18 2 22 2Rhyacophila dorsalis 2.0 4 3 1 1Rhyacophila tristis 2 8 7 1 5 1 3 1 3 1 2 1Rhyacophila vulgaris 2.0 4 2 1 1

Hydropsychidae Hydropsyche sp. 0 0 2 1 256 5 266 5 175 5 5 1Hydropsyche instabilis 96 4 5 1 2 1 23 2 15 1 105 4 51 3 82 4Hydropsyche pellucidula 1 1 8 1 1 1

Psychomyidae Tinodes unicolor 2 1 3 1 1 1 2 1 6 1SericostomatidaeSeriocostoma personatum 1.5 8 1 2 1 3 12 2 13 2 9 1 10 1 39 3 51 3 1 1 10 1 7 1Odontoceridae Odontocerum albicorne 1.4 4 8 1 1 1 5 1 4 1 3 1 11 2 21 2 2 1 14 2 10 1Limnephilidae Halesus radiatus 2 3 3 1

Halesus digitatus 2 1Limnephilidae 1 1Potamophylax cingulatus 1 1 1 1Potamophylax latipennis 1 1 1 1

Hydroptilidae Hydroptila sp. 4 1 2 1 4 1Hydroptila forcipata 3 1 1

Coleoptera Elmidae Elmis rietscheli 1 3 1 3 8 1 68 3 28 2 42 3 30 2 16 2 56 3 32 3 116 4 24 2Riolus subviolaceus 1.7 8 2 1 1 3 19 2 1 1 24 2 4 1 31 3 35 3 14 2 127 4 1 1Limnius volckmari 1.6 8 2 3 2 2 19 2 42 3 29 2 21 2 72 3 33 3 88 4 37 3 18 2 39 3Limnius perrisi 9 1Esolus parallelepipedus 1.6 8 2 3 1 3 17 2 150 5 127 4 86 4 33 3 172 5 86 4 138 4 1094 7 56 3Esolus angustata 1 1Oulimnius sp. 1 1

Dytiscidae Oreodytes sanmarki 1.7 8 1 3 19 2 2 1 8 1Helodidae Helodes sp. 1 1

Oulimnius sp. 1 1Hydraenidae Helophorus sp. 2 1

Hydraena sp. 1 1 5 1 5 1 6 1 46 3 50 3 4 1 46 3Diptera Chironomidae Chironomidae 248 5 446 6 459 6 346 6 634 6 423 6 522 6 184 5 247 5 280 5

Simuliidae Simuliidae 3 1 67 3 54 3 1304 7 8 1 23 2 26 2 23 2 569 6 14 2Athericidae Athericidae 36 3 46 3 21 2 84 4 18 2 43 3 25 2 143 4CeratopogonidaeCeratopogonidae 2 2 2 2 2 1 1 1 5 1 4 1 4 1Limoniidae Antocha sp. 4 1

Dicranota sp. 58 3 50 3 54 3 27 2 27 2 20 2 39 3 10 1 30 2 25 2Limoniini 16 2 19 2 17 2 9 1 5 1 3 1 5 1 16 2

Empididae Hemerochromiinae 5 1Clinocericae 15 2 1 1Empididae 3 1 6 1Hexatomini sp. 4 1

Psychodidae Psychodidae 3 4 1 1 5 1 1 1Stratomyidae Stratomyidae 1 1Tipulidae Tipulidae 1 1 4 1

Acari Hydrachnellae Hydradurida 1 1 1 1 2 1Pisces Cottidae Cottus gobio 4d 2 2 1 1 1 1 1

Barbus barbus 4d 2

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Sommer 2004

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