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Liebe Freiberuflerinnen und Freiberufler, nun ist wieder wie im Fluge das erste Halbjahr vorüber und man erwartet das Sommerloch vor dem Jahresendmarathon. Da wartet unser EU-Mitglied Malta mit einer interessanten Mel- dung auf: Gegen eine entsprechende Gebühr und eine, im Verhältnis kleine, Investition im Küstenstaat kann man dort die Staatsbürger- schaft erhalten. Als diese Meldung in Brüssel aufschlug, war die Aufregung natürlich groß, denn immerhin kann man so für eine knappe Million Euro den ungehinderten Zugang nach Europa und so- mit seinen EU-Mitgliedsstaaten mit all ihren Rechten käuflich erwerben. Entsprechend waren die Kommentare und Kritiken aus dem Europaparlament und seinen Abgeordneten, wie z.B. „…dass ein solch unverholener Ver- kauf der Unionsbürgerschaft das gegenseitige Vertrauen erschüttert, auf dem die Union ge- gründet ist; “ Erlauben Sie mir an dieser Stelle den Trans- fer dieses Sachverhaltes auf die Werte und Belange von uns Freiberuflern. Wie ist es, wenn in Brüssel langjährig aufgebaute Werte und die Vertrauensbasis der verschiedensten Freien Berufe Marktinteressen oder gar an- geblichen durch diverse Richtlinien bedingten Erfordernissen geopfert werden sollen? Ich würde mir wünschen, dass die Parlamentarier und alle in den verschiedenen Gremien und Ländern beteiligten Entscheidungsträger bis hinunter zur Basis an diesem Beispiel erken- nen, wie unproduktiv, ja geradezu gefährlich es ist, Partikularinteressen vor die Interessen, das Vertrauen und die Werte einer Gemein- schaft zu stellen. Wir dürfen gespannt sein, wie sich die Par- teien in Brandenburg im anstehenden Wahl- kampf zu uns Freiberuflern positionieren und ob den Lippenbekenntnissen auch entspre- chende Taten folgen. Nun wünsche ich Ihnen allen zunächst eine erholsame Som- mer- und Ferienzeit und verbleibe mit den besten Wünschen, Ihr Thomas Schwierzy Informationen 2/2014 Landesverband der Freien Berufe Land Brandenburg e. V. Mit Blick auf die Landtagswahl im Herbst waren auch in diesem Jahr wieder füh- rende Politiker der Einladung des LFB- Präsidenten Thomas Schwierzy gefolgt, um gemeinsam mit Vertretern der 22 LFB- Mitgliedsverbände die Situation der Frei- berufler im Land zu erörtern. Von den fünf Landtagsparteien folgten die Fraktionsvor- sitzenden Margitta Mächtig, DIE LINKE Dieter Dombrowski, CDU Axel Vogel, Bündnis 90/Die Grünen Andreas Büttner, FDP und der parlamentarische Geschäfts- führer Mike Bischoff, SPD der Einladung zum Gespräch. Die Veran- staltung moderierte auch in diesem Jahr der Journalist und Chefredakteur beim Axel-Springer-Verlag Gunnar Schupelius. Mit ihrem Termin am 24. Juni lag die Podiumsdiskussion zeitlich im Spannungsfeld zwischen Auflösung und Konstituierung des Landesparlamentes, was sich deutlich in den angesprochenen Themen widerspiegelte. So wurden nicht nur aktuelle Belastungen der Freien Berufe angesprochen, sondern auch bereits existierende und weiter bestehende Probleme thematisiert. Insofern formulier- ten die Verbändevertreter mit einer Bestandsaufnahme von sozusagen Unerledigtem des noch bestehenden Parlaments und aktuell entstandenen Themen eine „To-Do-Liste“ für den Landtag der 6. Wahlperiode. Dr. Till Bellinghausen, Vize-Präsident des Landesverbandes der Freien Berufe begrüßte für den kurzfristig verhinderten LFB-Präsidenten die Teilnehmer der Ver- anstaltung, lud zur ausgiebigen Diskussion ein und übergab Herrn Schupelius die Mo- deration. Nach kurzer Begrüßung und Vor- stellung der Podiumsmitglieder bat Herr Schupelius diese um ein kurzes Statement zum kürzlich von der Bundesregierung verabschiedeten Mindestlohn sowie zur knapp einem Jahr geltenden neuen Ho- norarverordnung (HOAI/17.07.2013) für Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren und eine Einschätzung mög- licher Auswirkungen für die Berufsgruppen im Land. Margitta Mächtig (DIE LINKE), seit Ende Januar 2014 Fraktionsvorsitzende und das erste Mal zu Gast bei der LFB- Podiumsdiskussion 2014 „Die Freien Berufe in der 6. Wahlperiode – Ein Ausblick“ Das Diskussionspodium (v. l.) Axel Vogel, Bündnis 90/Die Grünen, Dieter Dombrowski, CDU, Gunnar Schupelius Moderation, Margitta Mächtig, DIE LINKE, Mike Bischoff, SPD und Andreas Büttner, FDP, lieferten sich eine lebhafte Diskussion mit den LFB-Mitgliedern

LFB-Info 2/2014

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Mitteilungsblatt des Landesverbandes der Freien Berufe Land Brandenburg

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Page 1: LFB-Info  2/2014

Liebe Freiberuflerinnen und Freiberufler,

nun ist wieder wie im Fluge das erste Halbjahr vorüber und man erwartet das Sommerloch vor dem Jahresendmarathon. Da wartet unser EU-Mitglied Malta mit einer interessanten Mel-dung auf: Gegen eine entsprechende Gebühr und eine, im Verhältnis kleine, Investition im Küstenstaat kann man dort die Staatsbürger-schaft erhalten.

Als diese Meldung in Brüssel aufschlug, war die Aufregung natürlich groß, denn immerhin kann man so für eine knappe Million Euro den ungehinderten Zugang nach Europa und so-mit seinen EU-Mitgliedsstaaten mit all ihren Rechten käuflich erwerben. Entsprechend waren die Kommentare und Kritiken aus dem Europaparlament und seinen Abgeordneten, wie z.B. „…dass ein solch unverholener Ver-kauf der Unionsbürgerschaft das gegenseitige Vertrauen erschüttert, auf dem die Union ge-gründet ist; “

Erlauben Sie mir an dieser Stelle den Trans-fer dieses Sachverhaltes auf die Werte und Belange von uns Freiberuflern. Wie ist es, wenn in Brüssel langjährig aufgebaute Werte und die Vertrauensbasis der verschiedensten Freien Berufe Marktinteressen oder gar an-geblichen durch diverse Richtlinien bedingten Erfordernissen geopfert werden sollen? Ich würde mir wünschen, dass die Parlamentarier und alle in den verschiedenen Gremien und Ländern beteiligten Entscheidungsträger bis hinunter zur Basis an diesem Beispiel erken-nen, wie unproduktiv, ja geradezu gefährlich es ist, Partikularinteressen vor die Interessen, das Vertrauen und die Werte einer Gemein-schaft zu stellen.

Wir dürfen gespannt sein, wie sich die Par-teien in Brandenburg im anstehenden Wahl-kampf zu uns Freiberuflern positionieren und ob den Lippenbekenntnissen auch entspre-chende Taten folgen.

Nun wünsche ich Ihnen allen zunächst eine erholsame Som-mer- und Ferienzeit und verbleibe mit den besten Wünschen,

Ihr Thomas Schwierzy

Informationen2/2014

Landesverband der Freien Berufe Land Brandenburg e. V.

Mit Blick auf die Landtagswahl im Herbst waren auch in diesem Jahr wieder füh-rende Politiker der Einladung des LFB-Präsidenten Thomas Schwierzy gefolgt, um gemeinsam mit Vertretern der 22 LFB-Mitgliedsverbände die Situation der Frei-berufler im Land zu erörtern. Von den fünf Landtagsparteien folgten die Fraktionsvor-sitzenden• Margitta Mächtig, DIE LINKE• Dieter Dombrowski, CDU• Axel Vogel, Bündnis 90/Die Grünen• Andreas Büttner, FDP• und der parlamentarische Geschäfts-

führer Mike Bischoff, SPDder Einladung zum Gespräch. Die Veran-staltung moderierte auch in diesem Jahr der Journalist und Chefredakteur beim Axel-Springer-Verlag Gunnar Schupelius.

Mit ihrem Termin am 24. Juni lag die Podiumsdiskussion zeitlich im Spannungsfeld zwischen Auflösung und Konstituierung des Landesparlamentes, was sich deutlich in den angesprochenen Themen widerspiegelte. So wurden nicht nur aktuelle Belastungen der Freien Berufe angesprochen, sondern auch bereits existierende und weiter bestehende

Probleme thematisiert. Insofern formulier-ten die Verbändevertreter mit einer Bestandsaufnahme von sozusagen Unerledigtem des noch bestehenden Parlaments und aktuell entstandenen Themen eine „To-Do-Liste“ für den Landtag der 6. Wahlperiode.

Dr. Till Bellinghausen, Vize-Präsident des Landesverbandes der Freien Berufe begrüßte für den kurzfristig verhinderten LFB-Präsidenten die Teilnehmer der Ver-anstaltung, lud zur ausgiebigen Diskussion ein und übergab Herrn Schupelius die Mo-deration. Nach kurzer Begrüßung und Vor-stellung der Podiumsmitglieder bat Herr Schupelius diese um ein kurzes Statement zum kürzlich von der Bundesregierung verabschiedeten Mindestlohn sowie zur knapp einem Jahr geltenden neuen Ho-norarverordnung (HOAI/17.07.2013) für Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren und eine Einschätzung mög-licher Auswirkungen für die Berufsgruppen im Land.

Margitta Mächtig (DIE LINKE), seit Ende Januar 2014 Fraktionsvorsitzende und das erste Mal zu Gast bei der LFB-

Podiumsdiskussion 2014„Die Freien Berufe in der 6. Wahlperiode – Ein Ausblick“

Das Diskussionspodium (v. l.) Axel Vogel, Bündnis 90/Die Grünen, Dieter Dombrowski, CDU, Gunnar Schupelius Moderation, Margitta Mächtig, DIE LINKE, Mike Bischoff, SPD und Andreas Büttner, FDP, lieferten sich eine lebhafte Diskussion mit den LFB-Mitgliedern

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Podiumsdiskussion eröffnete diese Antwortenrunde und verwies bei der HOAI auf die Zuständigkeit des Bundes. Der Mindestlohn sei bei der Linken „Eulen nach Athen tragen“, wollte sich allerdings nicht weiter zu Fragen der Altersgrenzen äußern.

Mike Bischoff, seit Oktober 2010 Parla-mentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion und ebenfalls das erste Mal in dieser Runde dabei, verwies auch auf die Zuständigkeit des Bundes. Der Mindest-lohn werde zwar von den Berufsgruppen sehr zwiespältig gesehen, aber am Ende würden die positiven Effekte überwiegen. Anerkennend würdigte Bischoff die Freien Berufe in der Fläche Brandenburgs noch vor der Industrie als größten Arbeitgeber und somit wichtige Säule der Wirtschaft im Land, die einen wesentlichen Beitrag bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise in Brandenburg geleistet haben. Im Gegen-satz zu anderen europäischen Ländern zei-ge sich besonders positiv das Erfolgsmo-dell der Selbstverwaltung und der dualen Ausbildung, welche auf jeden Fall gewahrt bleiben sollten. Die Pflichtmitgliedschaft ei-niger Freien Berufe in der IHK könne man allerdings in Frage stellen.

Andreas Büttner, Fraktionsvorsitzender der FDP, gab zu bedenken, dass der Min-destlohn auch erst von den Arbeitgebern erwirtschaftet werden muss und in anderen Ländern zum Ausgleich des Mindestlohns Entlastungen im Sozialbereich eingeführt wurden. Insgesamt müsse der Mindestlohn sehr differenziert diskutiert werden, denn Mindestlohn und Aufstocken seien proble-matisch, wenn Steuerabzüge dazu führten, dass dann weniger vom Lohn übrig bleibt.

Dieter Dombrowski, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU merkte an, dass die Honorarverordnung derzeit poli-tisch kein brennendes Thema sei. Das gelte

sowohl im Bund und als Bundesverordnung noch mehr im Land. Den Mindestlohn sieht Dombrowski als mittlerweile gesellschaft-lich akzeptiert. Da ein kluger Arbeitgeber auch Praktikanten zur Wertschöpfung des Unternehmens einsetzten wird, sollten sei-ner Meinung nach nur Praktikanten unter 18 Jahren vom Mindestlohn ausgeklam-mert werden.

Zu einem kurzen wahlkämpferischen Schlagaustausch führte die Bemerkung von Dieter Dombrowski, dass die Freien Berufe im Wahlprogramm der SPD keiner-lei Erwähnung fänden, im Wahlprogramm der CDU dagegen besonders thematisiert seien. Mike Bischoff antwortete darauf, dass die Erwähnung der Freien Berufe bei der CDU „nur eine Wertschätzungsfloskel“ sei und das SPD-Wahlprogramm zukunfts-orientiert die Wirtschaft Brandenburgs als Ganzes betrachte.

Das nahm Axel Vogel, Fraktionsvorsit-zender von Bündnis 90/ Die Grünen dann auch als Aufhänger und betonte, dass die Freien Berufe sich durchaus im Wahlpro-gramm seiner Partei wiederfinden könnten und kritisierte die ständige Beteuerung der anderen Parteien, sich für Bürokratieab-bau einsetzten zu wollen, als bloße Flos-kel. Zum Mindestlohn gab er zu bedenken, dass der Ausbildungswille nicht dadurch geschwächt werden dürfe, wenn Azubis weniger als Mindestlohn bezahlt bekom-men. Da sei dann kein Anreiz mehr vorhan-den noch eine Ausbildung zu machen. Bei der HOAI sieht Axel Vogel das Problem, dass Qualität und Preis verhandelt werden, aber letztlich nur der Preis ausschlagge-bend sei. Und Qualität zu einem möglichst niedrigen Preis anzubieten könne durchaus zur Selbstausbeutung führen.

Mit der süffisanten Bemerkung, dass die FDP mit der Abschaffung der Praxisgebühr dann ja doch zum Bürokratieabbau beige-tragen habe, leitete Herr Schupelius zur zweiten Runde mit Themen aus dem Ple-num über.

Für die Landestierärztekammer spra-chen Dr. Burkhard Wendland und Dr. Knut Große das weiter bestehende Problem im Landeslabor Berlin-Brandenburg an. Weil immer weniger Personal zur Verfügung stehe, würden rechtlich vorgeschriebe-ne Proben zur Lebensmittel-, Arznei- und Futtermittelsicherheit mit immer größer werdenden Verzögerungen ausgewertet, was keinesfalls im Sinne eines funktionie-renden Verbraucherschutzes sein könne.

Die Parteienvertreter waren sich durchaus einig, dass dieses Problem existiert, auch bekannt sei, aber eine Lösung aufgrund der gemeinsamen Zuständigkeit von Berlin und Brandenburg sehr komplex sei. Auch sahen alle die dringende Notwendigkeit, die Ar-beitsfähigkeit des Landeslabors nachhaltig und möglichst schnell zu verbessern.

Ein seit Längerem bestehendes Problem der Apotheker stellte Dr. Andrea Lorenz vom Apothekerverband Brandenburg vor. Als immer drängender erweise sich das Verfahren, dass Krankenkassen Formfehler auf dem Arznei-Verordnungsblatt (Rezept) oder die Nichtabgabe eines Rabattarznei-mittels zum Anlass nehmen, den Apothe-kern die Vergütung von Ware und Leistung komplett zu verwehren (sogenannte Nullre-taxation). Obwohl die Patienten mit einem adäquaten Arzneimittel versorgt wurden, werden die Kosten für das Arzneimittel nicht von den Krankenkassen erstattet. Damit tragen die Apothekeninhaber bei kleinsten formalen Verordnungsfehlern das komplet-te finanzielle Risiko, obwohl die Patienten mit einem entsprechenden Arzneimittel si-cher versorgt wurden. Zudem fungieren die Apotheken gebührenlos als Inkasso-Unter-nehmen für die von den Krankenkassen erhobene Zuzahlung von den Patienten für Arzneimittel. Doch rechtfertige der erheb-liche Aufwand nicht, dass die Apotheken dies kostenlos bewerkstelligen sollen.

Frau Mächtig, wie auch ihre Kollegen, äußerten Unverständnis über diese Verfah-rensweisen. Zwar seien derartige Probleme durch die Selbstverwaltung zu klären, sollte dies aber nicht gelingen – so der Tenor der Aussagen – müsse sich die Politik damit befassen, denn wir wollen kein Gesund-heitssystem, wo die Risiken von Leistungs-erbringern nicht mehr getragen werden können (Büttner). Das Apothekensystem, das wir haben, sollte erhalten bleiben (Bi-schoff). Gesundheit ist zwar Bundessache, aber dennoch könne man auch auf Lan-desebene Gespräche führen (Dombrowski) und das Thema in die Bundespolitik weiter-tragen (Mächtig/Bischoff).

Dr. Martin Wulff-Woesten von der Bran-denburgischen Ingenieurkammer vertiefte nochmals die Neuregelung der Honorar-verordnung und verwies auf Leistungen, wie z.B. bestimmte Vermessungsleistun-gen, die nunmehr nicht mehr geregelt sind. Damit seien neue Probleme entstanden. Zudem seien immer wieder Versuche zu beobachten, die Gebührenordnung zu un-terlaufen.

Der Autor: Thomas Baumgart

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Die Neuordnung ist ein komplexes Ver-fahren mit vielen Beteiligten. Sollten sich aber auf den zweiten Blick eine Entschei-dung als falsch erweisen, so müsse sie revidiert werden. Gebührenordnungen machen nur Sinn, wenn sie auch eingehal-ten werden. Das gilt auch für kommunale Auftraggeber (Mächtig). Nicht der billigste, sondern der wirtschaftlichste Anbieter solle beauftragt werden. Zudem sei es ein Pro-blem, dass Angebote unter und außerhalb der HOAI abgegeben oder vom Anbieter quasi abgefordert würden (Bischoff). Der Zusammenhang zwischen Bausumme und Leistungsvergütung sei „kompliziert“ und die HOAI versuche eine Vergleichbarkeit von Vergütung und Leistung herzustellen, sei aber kein Gütesiegel. Ziel solle es sein, einen angemessenen Kostenrahmen vor-zugeben und diesen dann auch einzuhal-ten. Hier seien alle Beteiligten gefordert. Allerdings müssten auch realistische Bau-vorgaben gemacht werden. (Dombrowski). Auswüchse und Fehler bei diesem System seien durchaus zu beobachten und müss-

ten behoben werden. Unrealistische Vor-gaben dürften nicht zu einem „Schönrech-nen“ führen (Büttner).

Dr. Heinz D. Müller von der Wirtschafts-prüferkammer wies auf die immer offen-sichtlicher zutage tretende Bestrebung der EU-Kommission hin, das System der Gebührenordnungen „deregulieren“ zu wollen. Damit seien aber Preisdumping und Qualitätsverlust Tür und Tor geöffnet. Als Beispiel dafür führte Dr. Müller den Wunsch nach einer qualitätsverbessern-den Ergänzungsverordnung für den Ge-samtprüfungsaufwand von Unternehmen, um damit eine bessere Qualitätskontrolle gewährleisten zu können. Zumindest sollte es schärfere Vorgaben oder eine gesetz-liche Regelung mit einer Mindeststunden-zahl geben.

Bei diesem Anliegen verwiesen die Landespolitiker auf die Bundesebene, die sowohl für die Gebührenverordnung als auch für die Gesetzgebung in diesem Fall

zuständig sei. Als letzter kurzer Punkt wurde der drin-

gende Wunsch vorgebracht, die Hundehal-terverordnung zu überarbeiten. Überein-stimmend äußerten die Politiker, dass die Kennzeichnungspflicht für Hunde dringend neu gefasst werden müsse und nahmen diese Aufgabe für den neuen Landtag mit.

Abschließend fasste der Moderator die inhaltliche Auseinandersetzung der leben-digen und sehr offenen Diskussion, und damit auf den unmittelbaren Dialog zwi-schen Vertretern der Freien Berufe und der Politik fokussierten Veranstaltung, als sehr erfreulich und konstruktiv zusammen.

Dr. Bellinghausen lud dazu ein, diesen Dialog beim anschließenden Grill-Buffet weiterzuführen und die Gelegenheit zum gegenseitigen Meinungsaustausch und zum persönlichen Gespräch zu nutzen.

Thomas BaumgartBeisitzer im LFB-Präsidium

Schulentwicklungsprojekt zur NachwuchsgewinnungAm 17. Februar 2014 wurde die „Ko-

operationsvereinbarung zum Transfer des Programms für eine gute gesun-de Schule im Land Brandenburg“ zwi-schen dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, der Landesapothe-kerkammer Brandenburg sowie zwölf weiteren Partnern – darunter mehrere Krankenkassen – unterzeichnet.

Das Schulentwicklungsprojekt für die gesunde Schule wurde im Rahmen einer Pilotphase erstmals in den Jah-ren 2008 bis 2010 an zwölf Schulen in Kooperation mit mehreren Partnern er-probt. Im Schuljahr 2011/2012 schloss sich eine weitere zweijährige Modell-phase mit rund 30 Schulen und weite-ren Partnern an.

Die Landesapothekerkammer Bran-denburg nutzt das Projekt auch zur Nachwuchsgewinnung, indem durch die Vorträge der Beruf des Apothe-kers mit der Beratung zu vielfältigen Themen wie z. B. gesunder Ernäh-rung/Essstörungen, Hautproblemen, Umgang mit Alkohol und Lifestyle-Produkten bekannter gemacht wird. Die aktuell unterzeichnete Koopera-tionsvereinbarung bildet die Grundla-ge dafür, dass die Angebote aus dem

Landesprogramm jetzt allen Schulen in unserem Bundesland zur Verfügung gestellt werden können.

Die Landesapothekerkammer Bran-denburg bringt sich dabei mit dem Konzept „Apotheke macht Schule“ ein. Sie stellt zehn Vorträge pro Jahr zur Verfügung, die aus insgesamt elf The-menbereichen von den Schulen ausge-wählt werden können. Diese Vorträge werden von besonders ausgebildeten

Apothekern gehalten und über die je-weiligen Schulämter angefragt.

Das Landesprogramm startet im August mit dem neuen Schuljahr 2014/2015. An den Vorträgen der Lan-desapothekerkammer Brandenburg besteht großes Interesse; mehrere wurden bereits jetzt nachgefragt.

Astrid MarkowLandesapothekerkammer Brandenburg

Kooperationspartner des Schulentwicklungsprojekts „Gesunde Schule“Foto: LAKBB

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Bessere Infrastruktur soll Fachkräfte anziehenDer Landesvorsitzende der brandenburgischen CDU, Prof. Michael Schierack, positioniert sich vor der Landtagswahl

LFB: Welche Rolle spielen die freien Berufe in Ihrem Programm für die nächsten Jahre?

Freie Berufe verkörpern einen wichtigen Teil der Sozialen Marktwirtschaft. Sie tra-gen ganz wesentlich dazu bei, dass Wirt-schaft und Gesellschaft erfolgreich funktio-nieren. Deshalb schützen und unterstützen wir die freiberuflich Tätigen und ihre berufs-ständischen Kammern.

LFB: Die regulierten Berufe und deren Selbstverwaltungen sind in den Fokus der Europäischen Kommission geraten. Wel-che Unterstützung und Rückendeckung können die Freiberufler von ihrer Landes-regierung erwarten?

Auf allen uns zur Verfügung stehen-den politischen Ebenen (Europa, Bund, Land) setzen wir uns nachdrücklich für die Selbstverwaltung der freien Berufe ein. Die hohe Qualität und das hohe Niveau des deutschen Bildungs- und Ausbildungssys-tems ist Grundlage des Erfolgs unserer Wirtschaft und muss weiter gewährleistet bleiben. Genauso müssen sich auch die Zugangsvoraussetzungen zu den regu-lierten Berufen weiter am bewährten ho-hen Standard orientieren. Aufweichungen dieser Regelungen, wie sie durch die Eu-ropäische Kommission gefordert werden, lehnen wir ab und treten jedem entspre-chenden Ansinnen auch in Zukunft ener-gisch entgegen.

LFB: Die demografische Entwicklung in Brandenburg wird auch durch Wanderbe-wegungen der Bevölkerung gekennzeich-net sein. Welche Strukturmaßnahmen stre-ben Sie zur Stärkung der Infrastruktur und der Fläche an und in welcher Rolle sehen Sie dabei die freien Berufe?

Der Zustand der Landesstraßen in Brandenburg hat sich in den vergange-nen Jahren drastisch verschlechtert, weil die rot-rote Landesregierung seit 2009 rund zwei Drittel der entsprechenden Mit-tel gestrichen hat. Langfristig müssen und werden wir deshalb entsprechende jährlich mindestens 50 Millionen Euro mehr in den Erhalt unserer Straßeninfrastruktur inves-tieren als heute. Wir werden uns dabei am tatsächlichen Bedarf eines guten Erhal-tungszustands unserer Straßen orientie-ren. Wichtig ist auch die gute Anbindung aller Regionen an Berlin. Darum werden

wir die Zentren des Landes schneller mit Berlin verbinden. Berlin soll zukünftig aus allen Mittelzentren in maximal 90 Minuten, aus allen Oberzentren in maximal 60 Mi-nuten und aus Mittelzentren des Berliner Umlands in maximal 30 Minuten erreicht werden.

Für die Attraktivität in den ländlichen Re-gionen sind die freien Berufe eine conditio sine qua non. Wenn es beispielsweise in der Fläche keinen Arzt oder Apotheker mehr gibt, beschleunigen sich die Fliehkräfte.

Besondere Bedeutung genießen die frei-en Berufe auch, da gerade sie sich häufig gut in ländlichen Regionen ausüben las-sen. Bedingung hierfür ist allerdings eine gute Infrastruktur, heutzutage gerade auch im Bereich Breitband. Deswegen werden wir den Breitbandausbau endlich energisch voranbringen.

LFB: Für die Zeit des Studiums ist Bran-denburg für viele junge Menschen attraktiv. Leider lassen sich zu wenige hoch qualifi-zierte Absolventen hier nieder. Wo sehen Sie die Gründe für diese Abwanderung und wie wollen Sie die Attraktivität Bran-denburgs für Berufsanfänger stärken?

Durch die Vielfalt und Qualität des Hoch-schulsystems in Brandenburg kommen vie-le junge Menschen zum Studieren in unser Land. Durch eine bessere Vernetzung von Hochschulen und Wirtschaft kann das Wis-

sen um die Möglichkeiten und Perspekti-ven in Brandenburg bereits während des Studiums vermittelt werden und dadurch die Anzahl derer, die auch nach dem Studi-um bleiben, erhöht werden.

Um die Attraktivität Brandenburgs für hochqualifizierte Fachkräfte weiter zu stei-gern sind auch eine gute Infrastruktur, ein abwechslungsreiches Kulturangebot, Breit-bandinternet auch im ländlichen Raum und gute Schulen und Kindergärten essentiell.

Durch die Gründung einer Medizini-schen Hochschule Brandenburg und die Einführung eines vom Land zentral organi-sierten Stipendiensystems für Medizinstu-denten, die für eine Mindestzeit nach dem Studium in Brandenburg praktizieren, wer-den wir zusätzliche Klebeeffekte erzeugen und gleichzeitig die Attraktivität des ländli-chen Raums sichern.

Ein wesentlicher Faktor zur Fachkräfte-sicherung sind insbesondere die Rückkeh-rer. In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben viele Brandenburger ihre Heimat verlassen, weil Berufs- und Beschäfti-gungsperspektiven anderswo attraktiver für sie waren. Wir haben deshalb ein Kon-zept entwickelt, dass ehemaligen Branden-burgern die Rückkehr so leicht wie möglich machen soll.

Prof. Michael Schierack, Spitzenkandidat der CDU, setzt sich dafür ein, die Attraktivität Brandenburgs weiter zu erhöhen und hochqualifizierte Rückkehrer anzuziehen

Foto: Laurence Chaperon

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LFB: Welche Rolle spielen die freien Berufe in Ihrem Programm für die nächsten Jahre?

Freiberuflerinnen und Freiberufler sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für un-ser Land, vor allem in den Bereichen Wirt-schaft, Gesundheit, Wissenschaft, Ausbil-dung und Kultur. Zusammengenommen sind sie damit auch einer der größten Ar-beitgeber im Land. Schon dies zeigt, wel-che herausragende Rolle den freiberuflich Tätigen in unserer Gesellschaft und damit auch unserer Politik für die nächsten Jahre zukommt.

LFB: Die regulierten Berufe und deren Selbstverwaltungen sind in den Fokus der Europäischen Kommission geraten. Wel-che Unterstützung und Rückendeckung können die Freiberufler von ihrer Landes-regierung erwarten?

Das Kammersystem der Freien Berufe hat sich aus unserer Sicht bewährt und übt seine Funktion in drei Richtungen aus: Sie sind Interessenvertretung ihrer Mitglieder. Für ihre Mitglieder stellt die Kammer An-gebote an Serviceleistungen bereit. Neben kontinuierlicher aktueller Information gehört dazu vor allem eine kompetente fachliche Beratung zu technischen und juristischen Fragen sowie Angebote zur Fort- und Wei-terbildung. Für die Öffentlichkeit stellen die Kammern Informationen durch Veranstal-tungen, Diskussionen und Gespräche zur Verfügung. Für Politik und Verwaltung ma-chen sich die Kammern für die Interessen des Berufsstandes stark.

Sie setzen sich auf politischer Ebene für optimale Rahmenbedingungen für die Be-rufsausübung der Mitglieder ein - über po-litische Gespräche, fachliche Stellungnah-men und einen intensiven Austausch mit den politisch Verantwortlichen. Damit über-nehmen Kammern eine wichtige Rolle in der Gesellschaft wie in der Wirtschaft und sind ein ordnender Partner für die Politik.

Wir werden auch in Zukunft weiter auf dieses bewährte Modell der Selbstverwal-tung setzen und uns dafür im Bund wie in Europa einsetzen.

LFB: Die demografische Entwicklung in Brandenburg wird auch durch Wanderbe-wegungen der Bevölkerung gekennzeich-net sein. Welche Strukturmaßnahmen stre-

ben Sie zur Stärkung der Infrastruktur und der Fläche an und in welcher Rolle sehen Sie dabei die freien Berufe?

Wie bereits eingangs erwähnt, kommt den freiberuflich Tätigen in vielfältiger Hin-sicht eine herausragende Bedeutung für unser Brandenburg zu. Deswegen wird bei allen Maßnahmen hinsichtlich etwaiger Verwaltungsstrukturreformen ihren beson-deren Belangen Rechnung zu tragen sein. Der Landtag hatte fraktionsübergreifend eine Enquete-Kommission eingesetzt, die sich auch mit der von Ihnen aufgeworfe-nen Frage befasst hat. Der wiederum fast einhellige Abschlussbericht schlägt eine Reihe von Maßnahmen vor, deren Umset-zung wir aktuell schon vorbereiten. So ist es beispielsweise für mich und meine SPD-Fraktion besonders wichtig, nicht einfach durch Zusammenlegung von Gemeinden Verwaltungskosten einsparen zu wollen. Wir werden versuchen, die vorhandenen Grund- und Mittelzentren, die ja in der Regel auch die Standorte der freiberuflich Tätigen sind, weiter zu stärken. Besondere Bedeutung wird dem weiteren Ausbau des Breitbandnetzes zukommen, der zügig vo-rangehen soll.

Neben schnellem Internet besteht eine leistungsfähige Infrastruktur für das ganze Land aus sanierten Straßen, attraktiven Wohnquartieren, leistungsfähigen Strom-netzen etc. In der kommenden Legislatur-periode werden wir umfassende Anstren-

gungen unternehmen, um hier bereits getätigte Investitionen zu sichern und neue Akzente zu setzen. Um den Nachholbedarf bei den Landesstraßen zu befriedigen, wol-len wir ein Investitionsprogramm über 100 Mio. € auflegen, das insbesondere für bes-sere Ortsdurchfahrten eingesetzt wird.

In der Stadtentwicklungspolitik werden wir die zur Verfügung stehenden Förder-mittel weiter hin gezielt für die Stärkung der Innenstädte einsetzen. Wir werden uns außerdem dafür einsetzen, dass bei der anstehenden Zusammenführung der Stadt-umbauprogramme Ost und West die bisher zur Verfügung gestellten Mittel mindestens in gleicher Höhe beibehalten werden. Mit einem Sonderprogramm in Höhe von 40 Mio. € werden wir den sozialen und miet-preisgebundenen Wohnungsbau fördern. Neu auflegen wollen wir ein Stadt-Umland-Programm mit einem Volumen von über 200 Mio. €, durch das gezielt Investitionen zur Stärkung der kleinen Städte im ländli-chen Raum zur Verfügung gestellt werden.

Mit der Energiestrategie 2030 hat das Land Brandenburg eine an klaren Zielen orientierte Strategie für die Energiewende. In der kommenden Legislaturperiode wer-den wir das zentrale Förderprogramm REN aus EU-Mitteln deutlich verstärken. Ein wichtiges Anliegen ist uns auch, dass die Novellierung des Erneuerbare- Energien-Gesetzes zu einer Stabilisierung der Strom preise beiträgt und dass Bundesländer wie

Klaus Ness, Vorsitzender der SPD-Fraktion im brandenburgischen LandtagFoto: SPD-Landtagsfraktion

Standorte stärken und Infrastruktur verbessern Der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Klaus Ness, positioniert sich vor der Landtagswahl

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zum Beispiel Brandenburg, die mehr als andere für den Ausbau der Erneuerbaren Energien tun, nicht mehr durch höhere Stromnetzkosten benachteiligt werden.

Von den genannten Maßnahmen werden die freien Berufe sowohl in der Planung als auch in der Ausführung direkt profitieren. Umgekehrt brauchen wir auch den hohen Qualitäts- und Leistungsstandard der Frei-berufler, um unsere anspruchsvollen Ziele auch zu realisieren.

LFB: Für die Zeit des Studiums ist Bran-denburg für viele junge Menschen attraktiv. Leider lassen sich zu wenige hoch qualifi-zierte Absolventen hier nieder. Wo sehen Sie die Gründe für diese Abwanderung und wie wollen Sie die Attraktivität Branden-burgs für Berufsanfänger stärken?

Derzeit besuchen etwa 52.000 Studie-rende eine der acht Hochschulen des Lan-des Brandenburg. Von den jährlich etwa 8.700 Absolventen, die entweder einen Masterabschluss erworben haben oder keinen zweiten berufsqualifizierenden Be-rufsabschluss anstreben, verlassen Bran-denburg nach dem Studium zwei Drittel. Zweifellos muss es das politische Ziel sein, so viele junge Menschen wie möglich in Brandenburg zu halten. Dennoch muss bei diesen Zahlen bedacht werden, dass eben-falls zwei Drittel der Studierenden in Bran-denburg ursprünglich keine Landeskinder sind. Bezogen auf den Erwerbsort ihrer Hochschulzugangsberichtigung stammen

30 Prozent der Studierenden aus Berlin, 10 Prozent aus den ostdeutschen Bundeslän-dern (ohne Brandenburg), 16 Prozent aus den westdeutschen Bundesländern und 11 Prozent aus dem Ausland. Wir sehen da-rin einen Beweis für die hohe Attraktivität unserer Hochschulen. Dessen ungeachtet bedeutet die Herkunft und Mobilität unserer Studierenden auch, dass ihre Bindung zum Land Brandenburg in den meisten Fällen kaum ausgeprägt ist. Insofern betrach-ten viele Absolventinnen und Absolventen Brandenburg lediglich als eine Station Ihrer Bildungsbiografie. Darüber hinaus sind für viele junge Absolventinnen und Absolven-ten die Verdienstmöglichkeiten in Bran-denburg nicht ausreichend attraktiv. Hier werden in den nächsten Jahren große He-rausforderungen auf die brandenburgische Wirtschaft zukommen, um im Wettbewerb um Fachkräfte bestehen zu können.

Trotz dieser schwierigen Ausgangssi-tuation gibt es verschiedene Projekte, um Hochschulabsolventinnen und -absolven-ten einen erfolgreichen Berufseinstieg in Brandenburg zu ermöglichen. Hierbei leisten insbesondere die Career Center oder Career Services an den Hochschulen einen wichtigen Beitrag zur Beratung und Integration der Studierenden. Die Arbeit der Career Center wird u. a. durch die Lan-desagentur für Struktur und Arbeit (LASA) Brandenburg GmbH aus Mitteln des Euro-päischen Sozialfonds gefördert. Daneben gibt es mit dem Brandenburg Stipendium eine Förderung, um die frühzeitige Gewin-

nung und Bindung von hochqualifizierten Nachwuchsfachkräften für das Land Bran-denburg zu unterstützen.

Daneben gibt es zahlreiche praxisnahe Angebote für Studierende. So existieren an sieben der acht Hochschulen des Lan-des Lehrstühle mit Gründungsbezug und Gründerlehre. Zudem fördern die Branden-burgischen Hochschulen mit jährlich etwa 3 Mio. Euro Gründungsvorhaben. Nicht zuletzt deshalb liegt das Land Branden-burg bei Firmengründung von Studieren-den aus Hochschulen und Universitären heraus bundesweit in der Spitzengruppe. Zu diesem Ergebnis kam unlängst der Ländercheck des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft. Gemessen an der Größe der Brandenburgischen Hochschu-len gibt es hier bundesweit mit großem Ab stand die meisten Gründungsvorhaben. In Brandenburg kommen auf 1.000 Studie-rende im Durchschnitt mehr als 20 betreu-te Gründungsvorhaben. Mit mehr als vier Ausgründungen pro 1.000 Studierenden liegt Brandenburg weit über dem Durch-schnitt der Bundesländer.

Um diese positiven Ansätze fortzuset-zen, beabsichtigt die SPD Brandenburg in den nächsten Jahren insbesondere den Aufbau dualer Studiengänge und die stär-kere Zusammenarbeit von Unternehmen und Hochschulen zu fördern. Dadurch wol-len wir die Bindung der Studierenden an die brandenburgische Wirtschaft frühzeitig stärken.

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Ärzte bereiten ihre Rückkehr in den BfB vor

(BfB). Die Ärzteverbände loten die Möglichkeit aus, in den Bundesverband freier Berufe (BfB) zurückzukehren. Der Gesprächsfaden mit dem Verband sei nie abge-rissen, hieß es dazu aus der Bundesärztekammer (BÄK). Man warte nun allerdings auf Satzungsvorschläge aus dem BfB, sagte ein Sprecher der „Ärzte Zeitung“.

Gleiches gilt auch für die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die wie die BÄK Ende vergangenen Jahres aus dem Verband ausgezogen ist, unter anderem wegen der hohen Beitragslast. Zuletzt musste allein die BÄK rund 200.000 Euro im Jahr an den BfB überweisen. Diese Summe könnte sich bei einer Rückkehr halbie-ren, der Einfluss auf den Verband jedoch erhöhen, heißt es.

Ein weiterer Grund für eine mögliche Rückkehr scheint der Einfluss des Verban-des in der politischen Lobbyarbeit zu sein. Von manchen Regierungsinformationen fühlt sich die organisierte Ärzteschaft seit dem Austritt ausgeschlossen.

Neuer Vorstand der Notarkammer

Die ordentliche Kammerversammlung der Notarkammer Brandenburg hat am 21. Juni 2014 neu bzw. wieder gewählt.

Präsident:Notar Peter Amtz, Potsdam

Vizepräsident:Notar Dietmar Böhmer, Cottbus

Weitere Mitglieder des Vorstandes:Notar Heike Richnow, EberswaldeNotar Hagen Stavorinus, FürstenwaldeNotar Florian Damke, Prenzlau

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LFB: Welche Rolle spielen die freien Berufe in Ihrem Programm für die nächsten Jahre?

Mit über drei Milliarden Euro jährlich sind die Freiberufler die entscheidende Wirtschaftskraft in Brandenburg. Bun-desweit erzielen Freiberufler zusam-men mit ihren Mitarbeitern einen Jah-resumsatz von ca. 370 Milliarden Euro. Die Freien Berufe erwirtschaften rund 10,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und spielen mit fast drei Millio-nen Mitarbeitern und darunter knapp 112.000 Auszubildenden auch als Ar-beitgeber und Ausbilder eine wichtige Rolle. Damit leisten die freien Berufe einen unverzichtbaren Beitrag zur Aus-bildung von Fachkräften. Zudem ist der Anteil am Gründungsgeschehen bei den Freien Berufen mit 21 Pro-zent hoch und zeigt die Bedeutung der Freien Berufe als wesentlichen Pfeiler der Sozialen Marktwirtschaft und als Wachstumsmotor für die Wirtschaft. Freiberufler üben als kleine und mittel-ständische Unternehmer oft nicht nur eine rein gewinnorientierte Tätigkeit aus, sondern nehmen darüber hinaus besondere gesellschaftliche Verant-wortung wahr, etwa als Ärzte, Rechts-anwälte, Ingenieure oder in wirtschafts - und steuerberatenden, künstlerischen und sprachlichen Berufen. Die Gesell-schaft ist auf die von Freiberuflern er-brachten gemeinwohlorientierten und durch hohe Qualität, Eigenverantwort-lichkeit und Unabhängigkeit geprägten Vertrauensdienstleistungen angewie-sen. Die freien Berufe stehen für eine große Breite und Vielfalt beruflicher Tätigkeiten sowie für eine Kultur von Unternehmertum und Leistungsbereit-schaft: Damit verkörpern sie in beson-derer Weise die Ideale des selbststän-digen Mittelstandes.

Wir Liberale setzen uns u.a. für die Fortsetzung des Bürokratieabbaus ein. Außerdem werden wir uns für die Beibehaltung des hohen Bildungs- und Ausbildungsniveaus einsetzen und prü-fen, welche weiteren Maßnahmen zur Fachkräftemobilisierung ergriffen wer-den können. Darüber hinaus fordern wir auch, daran festzuhalten, dass die freien Berufe nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Übergeordnetes Ziel bran-denburgischer Wirtschaftspolitik muss

sein, Freiräume für unternehmerisches Handeln stetig zu sichern und zu er-weitern, um die Wettbewerbsfähigkeit der mittelständischen Unternehmen in Brandenburg zu stärken.

LFB: Die regulierten Berufe und deren Selbstverwaltungen sind in den Fokus der Europäischen Kommission geraten. Wel-che Unterstützung und Rückendeckung können die Freiberufler von ihrer Landes-regierung erwarten?

Inwieweit die Freien Berufe Unterstüt-zung und Rückendeckung seitens der Landesregierung erwarten können, können wir nicht einschätzen. Die FDP wird sich jedoch weiterhin für die regle-mentierten Berufe, d.h. Berufe, deren Ausübung an den Besitz besonderer Qualifikationen geknüpft ist oder bei denen die Berufsbezeichnung (z.B. Architekt oder Apotheker) geschützt ist, einsetzen. Ein derartiger Schutz kann beispielsweise aus Gründen der Qualitätssicherung und des Verbrau-cherschutzes oder zur Sicherung eines hohen Ausbildungsniveaus sehr gut begründbar und damit gerechtfertigt sein.

LFB: Die demografische Entwicklung in Brandenburg wird auch durch Wanderbe-wegungen der Bevölkerung gekennzeich-net sein. Welche Strukturmaßnahmen stre-ben Sie zur Stärkung der Infrastruktur und der Fläche an und in welcher Rolle sehen Sie dabei die freien Berufe?

Wir möchten, dass politische Ent-scheidungen so nah wie möglich bei den Bürgern getroffen werden. Die Brandenburger sollen vor Ort Politik mitgestalten und deren Auswirkungen auch unmittelbar mitverfolgen können. Deshalb haben wir uns in der Enquete-Kommission des Landtages für eine Funktionalreform eingesetzt, die die Position der Kreise und Gemeinden stärkt. Vor dem Hintergrund des Be-völkerungsrückgangs müssen Wege gefunden werden, wie Kommunen bes-ser miteinander kooperieren können, damit sie gemeinsam Einrichtungen und Organisationsstrukturen nutzen. In Regionen, in denen aufgrund rück-läufiger Finanzmittel und anhaltender Abwanderung die soziale Infrastruktur

nicht mehr im gleichen Umfang wie heute aufrecht erhalten werden kann, wollen wir das gesellschaftliche Enga-gement der Bürger stärken: Wo Kin-dertagesstätten, Schulen, Kultur- und Jugendeinrichtungen fehlen, soll das Miteinander der Menschen in Verei-nen, Organisationen und anderen Ein-richtungen gefördert werden.

Für den Ausbau und die Sanierung des Verkehrsnetzes wollen wir mehr Geld bereitstellen. Auch in Zeiten knapper Kassen müssen bestehen-de Straßen instand gehalten und die Verkehrsinfrastruktur weiterentwickelt werden, um auf diese Weise solide Verkehrswege zu sichern. Kürzungen im Straßenbau schaden der wirtschaft-lichen Entwicklung des Landes. Die erste Voraussetzung für wirtschaft-liche Entwicklung im ländlichen Raum ist eine gute Infrastruktur – damit die Menschen zu ihrer Arbeit und die Gü-ter zu den Menschen kommen. Auch ein ausreichendes Nahverkehrsan-gebot ist notwendig. Das Augenmerk soll hierbei nicht allein auf dem schie-nengebundenen Personalverkehr und Buslinienverkehr gelegt werden. Viel-mehr müssen integrierte Konzepte stärkere Beachtung finden: Eine intelli-gente Verknüpfung von Bahn, Bus und dem motorisierten Individualverkehr bietet Chancen für eine effiziente Mo-bilität im ländlichen Raum.

LFB: Für die Zeit des Studiums ist Bran-

Andreas Büttner, Vorsitzender der FDP-Fraktion im brandenburgischen Landtag

Foto: FDP-Fraktion

Freiräume für unternehmerisches Handeln sichern Der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Andreas Büttner, positioniert sich vor der Landtagswahl

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denburg für viele junge Menschen attraktiv. Leider lassen sich zu wenige hoch qualifi-zierte Absolventen hier nieder. Wo sehen Sie die Gründe für diese Abwanderung und wie wollen Sie die Attraktivität Branden-burgs für Berufsanfänger stärken?

Die Gründe für die Abwanderung junger Fachkräfte nach dem Studium sind vielfältig: angefangen bei der nicht immer gegebenen Verfügbarkeit ent-sprechender Jobangebote, ziehen sich die Probleme über eine aus Sicht der Absolventen ungenügende Bezahlung und ein als nicht passend bewertetes Arbeitsumfeld. Hinzu kommt, dass es vor dem Hintergrund des demographi-schen Wandels zunehmend unattrak-tiv erscheint, in ländlichen Gebieten zu arbeiten, da die Anforderungen an die Infrastruktur (kulturelle Versorgung,

Vereinsleben, Kinderbetreuung, Schu-len) häufig nicht in dem gewünschten Umfang gegeben sind.

Die Gestaltung der Arbeitsbedingun-gen obliegt den Unternehmen, den Ta-rifpartnern und den Berufsverbänden. Landespolitik sollte die notwenigen Rahmenbedingungen schaffen, damit sich Unternehmen im Land Branden-burg niederlassen, investieren und Ar-beitsplätze schaffen. Dies wollen wir durch eine Politik der Entbürokratisie-rung schaffen. Für alle landesgesetz-lichen Regelungen verlangen wir einen regelmäßigen Bürokratie-TÜV, der die Notwendigkeit von Vorgaben immer wieder überprüft. Des Weiteren möch-ten wir durch die Einsparungen von Landesmitteln bei Förderprojekten im Arbeitsmarkt- und Sozialbereich sowie

durch die Auflösung von Verwaltungs-strukturen – etwa des Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbrau-cherschutz – Geld einsparen, welches wir an anderer Stelle für den Ausbau bzw. die Instandhaltung der Infra-struktur im ländlichen Raum einsetzen möchten. Infrastruktur im ländlichen Raum bedeutet für uns neben guten Verkehrswegen auch den Ausbau der Breitbandversorgung sowie die Siche-rung des Schulnetzes. In Verbindung mit der stärkeren Übernahme von Verantwortung beim Erhalt der sozia-len Infrastruktur aus der Bevölkerung heraus sind wir optimistisch, dass in den Regionen ein lebenswertes Um-feld entsteht, welches auch für Absol-venten attraktiv ist und in dem sie sich entfalten und ihre Potenziale einbrin-gen können.

Für mehr regionale Strukturen und starken MittelstandAxel Vogel, Spitzenkandidat von Bündnis 90/Die Grünen, positioniert sich vor der Landtagswahl

LFB: Welche Rolle spielen die freien Berufe in Ihrem Programm für die nächsten Jahre?

Auch in den Reihen von Bündnis 90/Die Grünen findet sich eine Viel-zahl von Menschen aus den verschie-densten freien Berufen, die seit Grün-dung der Partei ihre Lebenserfahrung und Interessen in unsere Programma-tik einbringen.

Als Partei treten wir grundsätzlich für dezentrale demokratische Struk-turen und eine nachhaltige regionale Entwicklung ein. Der Marktmacht und zunehmenden politischen Macht von Großkonzernen stehen wir mehr als skeptisch gegenüber und wollen die Gegenkräfte unterstützen. Hierfür se-hen wir die Freien Berufe als natürliche Verbündete.

In unserem Wahlprogramm setzen wir uns für mehr regionale Strukturen, eine gemeinwohlorientierte Wirtschaft und einen starken Mittelstand ein. Wir möchten ein Brandenburg, in dem alle Kinder und Jugendlichen gleich gute Bildungschancen haben. Ein Land mit guter Ausbildung an Hochschulen und in der Wirtschaft. Unser Brandenburg soll ein modernes Land werden, in dem die Verwaltung für die Bürgerinnen und

Bürger da ist, nicht umgekehrt. Ein Land mit schnellem Internet und digi-taler Teilhabe für alle Menschen, bei dem Freiheit und Bürgerrechte auch im Netz gelten.

LFB: Die regulierten Berufe und deren Selbstverwaltungen sind in den Fokus der Europäischen Kommission geraten. Wel-che Unterstützung und Rückendeckung können die Freiberufler von ihrer Landes-regierung erwarten?

Der Entwurf der Richtlinie Berufs-qualifikationen der EU-Kommission verlangt nicht, die absolute Zahl der re-gulierten Berufe zu verringern oder den Meisterbrief in bestimmten Berufen ab-zuschaffen. Das entspräche auch nicht unseren Vorstellungen und würde auf Grünen Widerstand stoßen. Die Duale Ausbildung in Deutschland ist in Euro-pa inzwischen zur „Best-Practise“ ge-worden um die uns viele Nachbarländer beneiden. Deutsche Ausbildungsstan-dards können beispielgebend für ande-re Mitgliedsstaaten sein.

Umgekehrt sollte es im europäischen Binnenmarkt aber auch möglich sein, dass eine deutsche Hebamme ihren Beruf in den Niederlanden oder den skandinavischen Ländern ausüben

kann. Oder eben auch ein schwe-discher Architekt in Deutschland eine Zulassung bekommen kann. In vielen Ländern gibt es unterschiedliche Zu-gangsbarrieren für qualifizierte Be-rufe, die es zu überwinden gilt im In-teresse der Niederlassungsfreiheit und der damit verbundenen Freiheit, dort

Axel Vogel, Fraktionschef Bündnis 90/Die Grünen im brandenburgischen Landtag

Foto: Landtagsfraktion

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arbeiten zu können, wo man möchte. Den angedachten „Europäischen Be-rufsausweis“ halten wir daher für eine bedenkenswerte Initiative. Der Vorstel-lung der Kommission, dass sie Aus-bildungsstandards und Prüfungsstan-dards festlegen können müsse, stehen wir sehr skeptisch gegenüber. Die hohe Qualität deutscher Berufsausbildungen darf nicht gefährdet werden. Und für Bildung hat die Kommission auch keine vertragliche Kompetenz.

LFB: Die demografische Entwicklung in Brandenburg wird auch durch Wanderbe-wegungen der Bevölkerung gekennzeich-net sein. Welche Strukturmaßnahmen stre-ben Sie zur Stärkung der Infrastruktur und der Fläche an und in welcher Rolle sehen Sie dabei die freien Berufe?

Wir Grünen wollen ein Brandenburg mit lebenswerten Städten und leben-digen Dörfern. Zu einer guten Infra-struktur in der Fläche gehören auch anspruchsvolle Arbeitsplätze, die Ver-treterinnen und Vertreter der freien Be-rufe auch und vor Allem in der Fläche bieten können. Ob es der Software-entwickler, Filmproduzent, Künstler, Steuerberater, Tierarzt, Zahnarzt oder Apotheker ist, sie alle brauchen eine hochmoderne Dateninfrastruktur und sind vitale Keimzellen lebenswerter Kommunen auch in ländlichen Gebie-ten. Aber obwohl die Landesregierung den Ausbau der Breitbandversorgung schon im Koalitionsvertrag als wich-tiges Thema auf die Agenda gesetzt hat, ist lange nichts passiert. Jetzt werden im Hau-Ruck-Verfahren übrig gebliebene EU-Mittel ausgeschüttet, um zu verhindern, dass diese zurück-gegeben werden müssen. Es stellt sich hierbei die Frage, wie es mit dem Breit-bandausbau in der südlichen Förder-region Brandenburgs weiter geht. Dort sind alle EFRE-Mittel abgeflossen. In der kommenden Förderperiode stehen hierfür nur Gelder aus dem ELER zur Verfügung. Diese Mittel werden aber auch für andere Projekte zur Entwick-lung der ländlichen Gebiete benötigt.

Wir müssen gemeinsam mit den frei-en Berufen über eine Mobilisierung von Apotheken, Ärzten, Hebammen und anderen Freiberuflern nachdenken – wie könnten Zusammenschlüsse von Ärzten unter Einbeziehung der Teleme-dizin beispielsweise auch in der Fläche eine ärztliche Versorgung sicherstel-

len? Kann der Postbus auch zur rol-lenden Apotheke werden? Wie können wir Hebammen besser unterstützen, damit eine Geburtenversorgung in der Fläche möglich bleibt? All diese Fragen werden die Zukunft bestimmen und wir wollen gemeinsam mit den Freien Be-rufen über die Rahmenbedingungen sprechen, die eine Landesregierung schaffen kann und sollte.

LFB: Für die Zeit des Studiums ist Bran-denburg für viele junge Menschen attraktiv. Leider lassen sich zu wenige hoch qualifi-zierte Absolventen hier nieder. Wo sehen Sie die Gründe für diese Abwanderung und wie wollen Sie die Attraktivität Branden-burgs für Berufsanfänger stärken?

Primäres Problem ist für uns nicht, dass junge Menschen nach dem Schul- oder Studienabschluss die Welt kennen lernen wollen und abwandern, Problem ist, dass bislang zu wenige von ihnen zurückkehren oder aus an-deren Regionen Deutschlands und der Welt zuwandern. Die zumeist diskutier-ten Gründe wie das relativ niedrige ost-deutsche Einkommensniveau und eine besondere Wertschätzung des Lebens in den Metropolen sind auch ein Pro-blem für Brandenburg.

Aber dennoch: Brandenburg hat viele Qualitäten und kann eine Fülle weicher Standortfaktoren auch für hochqualifi-zierte junge Leute gerade in der Phase der Familienbildung bieten. Politik kann und muss die Rahmenbedingungen für ein gutes Leben in unserem länd-lich geprägten Land verbessern. Mit moderner Dateninfrastruktur, guter Bildung, Ausbildung und Kinderbetreu-ung, mit einer gesunden Umwelt, Kul-turangeboten, Gesundheitsversorgung und lebenswerten Städten und Dörfern sowie einem attraktiven öffentlichen Nahverkehr wollen wir ein Angebot schaffen, damit ganz Brandenburg für qualifizierte Fachkräfte ein attraktiver Ort zum Leben und Arbeiten wird. Dem guten Beispiel der Willkommensagen-tur Uckermark wollen wir mit einem landesweiten Programm folgen. Ge-rade für Berufsanfänger spielen auch ordentliche Arbeitsbedingungen und faire Löhne eine wesentliche Rolle. Die Landespolitik kann hierauf durch die Förderung vorbildlich wirtschaftender Unternehmen und durch eine mittel-standsfreundliche Politik zumindest in-direkt Einfluss nehmen.

Bundesrat entscheidet über Bei-tragssätze der gesetzlichen Kran-kenversicherung und der Pflege-versicherung

Der von Arbeitgebern und Arbeit-nehmern ab 1. Januar 2015 paritätisch zu finanzierende Beitragssatz zur gesetz-lichen Krankenversicherung sinkt auf 14,6 Prozent. Dabei soll der Arbeitgeberanteil bei 7,3 Prozent festgeschrieben bleiben; demgegenüber entfällt für Arbeitnehmer der bisherige zusätzliche Beitragssatzteil in Höhe von 0,9 Prozent.

Zur Kompensation der Minderein-nahmen der gesetzlichen Krankenver-sicherung sollen die Krankenkassen individuelle einkommensabhängige Zu-satzbeiträge erheben können.

Die Neuregelung erfolgt im (nicht zu-stimmungspflichtigen) „Gesetz zur Wei-terentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversi-cherung“ (GKV-FQWG).

ImpressumOffizielles Mitteilungsblatt des Landesver-bandes der Freien Berufe Land Branden-burg e.V.

Herausgeber: Landesverband der Freien Berufe Land Brandenburg e.V.

Redaktion:Thomas Baumgart, Karin Bencze, Frank Reichert, Daniel PetersenV.i.S.d.P.: Thomas Schwierzy, Präsident

LFB-Geschäftsstelle:Helene-Lange-Str. 4-5, 14469 PotsdamT: 0331-2977- 413, Fax: 0331-2977- [email protected], www.freie-berufe-brandenburg.de

Satz/Layout: Agentur Hentschel, Am Reiherbusch 11, 14469 Potsdam, T: 0173 6069949, E-Mail: [email protected]

Druck: Hans Gieselmann GmbH&Co. KG, A.-Scheunert-Allee 2,14558 Bergholz-RehbrückeT: 03320 80120www.gieselmanndruck.de

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Nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung fördernDie Vorsitzende der Landtagsfraktion DIE LINKE, Margitta Mächtig, positioniert sich vor der Landtagswahl

LFB: Welche Rolle spielen die freien Berufe in Ihrem Programm für die nächsten Jahre?

Nachhaltiges Wachstum und Beschäf-tigung im Land Brandenburg zu fördern bleibt angesichts des notwendigen wirt-schaftlichen Aufholprozesses das oberste Ziel unserer Wirtschaftspolitik. Dieses Ziel verfolgen wir mit nachhaltigen Strategien und Maßnahmen sowie zielgenauen Inst-rumenten. Bereits schon jetzt haben wir ei-nige Förderprogramme aufgelegt, die sich auch gezielt an die Freien Berufe wenden, z.B. den Brandenburg-Kredit für den Mit-telstand. Auch weiterhin gehört bei uns die Verbesserung der Eigenkapitalausstattung der klein- und mittelständischen Unterneh-men, der Handwerksbetriebe und der Frei-en Berufe zum Programm. Auch wenn die Freien Berufe an der einen oder anderen Stelle nicht explizit genannt sind, profitie-ren sie indirekt von anderen Politikfeldern. So wollen wir die Spitzenposition unseres Landes bei der frühkindlichen Bildung wei-ter ausbauen. Der Impuls zu einer deutli-chen Verbesserung des Betreuungsschlüs-sels ging von uns aus. Dieser Prozess ist fortzusetzen. In den Kindertagesstätten sollen daher bei den Ein- bis Dreijährigen eine Erzieherin bzw. ein Erzieher auf fünf Kinder (statt bisher sechs), bei den Drei- bis Sechsjährigen auf 11 (statt bisher 12) kommen. Kita-Leiterinnen muss mehr Zeit für pädagogische Arbeit gewährt werden (Leitungsfreistellung). Dazu ist die Ausbil-dung und Einstellung von 1.500 Erzieherin-nen und Erziehern zu gewährleisten.

Wir stehen auch zukünftig für eine bes-sere Schule. Das heißt für uns: Größe-re Verlässlichkeit von Schule, bessere Personalausstattung, Erhöhung der Un-terrichtsqualität, Minimierung des Unter-richtsausfalls, Verringerung der Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss und Erhalt der Schulstandorte, vorrangig der Grund-schulstandorte im ländlichen Raum. Dazu halten wir einen Einstellungsbedarf von 4.400 Lehrkräften bis 2019 für geboten (3.600 Ersatz für ausscheidende Lehrkräf-te und 800 zusätzlich).

LFB: Die regulierten Berufe und deren Selbstverwaltungen sind in den Fokus der Europäischen Kommission geraten. Wel-che Unterstützung und Rückendeckung können die Freiberufler von ihrer Landes-regierung erwarten?

DIE LINKE wird auch in Zukunft die insti-tutionalisierte Freiberuflichkeit sichern und stärken – in Deutschland und in der Euro-päischen Union. Zur Gewährleistung und Bewahrung des hohen Niveaus der beruf-lichen Ausbildungen sowie der Qualität der geleisteten Arbeit der Freien Berufe wen-den wir uns gegen Liberalisierungs- und Öffnungstendenzen.

Die negativen Erfahrungen in der Ver-gangenheit die mit der Liberalisierung der Handwerksordnung in 2004 gemacht wor-den sind (Die Meisterpflicht – der große Be-fähigungsnachweis – wurde auf 41 zulas-sungspflichtigen Handwerke, so genannte A-Handwerke, beschränkt.) sprechen ein-deutig für die Beibehaltung des bestehen-den Systems. DIE LINKE unterstützt dabei Berufsverbände und Kammern, die sowohl Qualität sichern als auch für eine schnelle Verbreitung von Informationen und Innova-tionen sorgen.

LFB: Die demografische Entwicklung in Brandenburg wird auch durch Wanderbe-wegungen der Bevölkerung gekennzeich-net sein. Welche Strukturmaßnahmen stre-ben Sie zur Stärkung der Infrastruktur und der Fläche an und in welcher Rolle sehen Sie dabei die freien Berufe?

In den vergangenen Jahren hat sich bereits deutlich gezeigt, dass sowohl die demografische Entwicklung als auch die Konzentrationsprozesse im sogenann-ten Speckgürtel und gleichzeitig sinken-de Einwohnerzahlen in den Berlin fernen Regionen Herausforderungen für die Lan-desentwicklung der nächsten Jahrzehnte darstellen. Auf diese Disparitäten müssen sich Strukturentwicklungen einstellen. So hat beispielsweise die Enquetekommission 5/2 zur „Entwicklung der Kommunal- und Verwaltungsstrukturen- effizient und bür-gernah“ konkrete Empfehlungen gegeben, die in der nächsten Wahlperiode umge-setzt werden können.

DIE LINKE will in der kommenden Le-gislaturperiode die Investitionskraft der Kommunen deutlich stärken. Wir streben für die Jahre ab 2015 ein kommunales Investitionsprogramm einem Umfang von 100 Millionen Euro pro Jahr an. Die Investitionen sollen in den Unterhalt von Kommunalstraßen, kommunalen Brücken und anderer Verkehrsinfrastruktur, in die

energetische Gebäudesanierung, in die Barrierefreiheit öffentlicher Gebäude, in

die Vorbereitung von Schulen für Inklusi-on, in den Erhalt von Sportstätten und in die verstärkte Kooperation von Kommu-nen fließen.

Bei unseren Landesstraßen setzen wir den Schwerpunkt auf die Substanz- und Werterhaltung. Im Straßenneubau sehen wir keine Priorität. Zugleich werden wir uns weiter einsetzen für die bessere Ver-knüpfung verschiedener Verkehrsträgern und damit verbunden auch für mehr Um-verlagerung von Verkehr von der Straße auf die Schiene und das Wasser. Dazu sind jedoch auch Bundesentscheidungen notwendig, um insbesondere auch für die Bundesländer im Osten mehr Investitions-mittel bereitzustellen.

DIE LINKE tritt weiter dafür ein, dass es nicht zu Streckenschließungen beim SPNV der Fläche kommt. Vielmehr sollen in allen Landesteilen die Sicherung der öf-fentlichen daseinsvorsorge gewährleistet sein. Daher streben wir bessere Verknüp-fungen, besserer Taktungen im ÖPNV an. Daran müssen des VBB und die Landkrei-se weiter intensiv arbeiten. Wir sehen in all diesen Bereichen eine Vielzahl von Mög-lichkeiten zur Betätigung in freien Berufen.

Margitta Mächtig, Fraktionsvorsitzende Die LINKE im brandenburgischen Land-tag

Foto: Landtagsfraktion Die LINKE

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LFB: Für die Zeit des Studiums ist Bran-denburg für viele junge Menschen attraktiv. Leider lassen sich zu wenige hoch qualifi-zierte Absolventen hier nieder. Wo sehen Sie die Gründe für diese Abwanderung und wie wollen Sie die Attraktivität Branden-burgs für Berufsanfänger stärken?

Brandenburg hat ca. 50.000 Studieren-de – ein Beleg dafür, dass Brandenburg für Studierende attraktiv ist. Von diesen 50.000 Studierenden kommt noch nicht einmal die Hälfte aus Brandenburg. D. h.

es zieht viele junge Leute nach Branden-burg zum Studium. Damit sollte jedoch nicht die Hoffnung oder Erwartung verbun-den werden, dass diese jungen Menschen auch nach dem Studium in Brandenburg bleiben wollen. Unabhängig davon soll-te versucht werden, so viele wie möglich dafür zu gewinnen, sich in Brandenburg niederzulassen und hier ihren Lebensmit-telpunkt und Arbeitsort zu suchen und zu finden. Dazu ist es aus unserer Sicht erfor-derlich, dass Universitäten sich stärker mit der regionalen Wirtschaft vernetzen und

während des Studiums Studierende über Arbeitsmöglichkeiten und –bedingungen zu informieren oder Anreize zu schaffen, um qualifizierte Absolventen im Land zu halten. Eine u.U. ausbaufähige Möglichkeit ist die (finanzielle) Unterstützung während des Studiums mit der Verpflichtung, nach dem Studium zumindest für eine gewisse Zeit in Brandenburg zu arbeiten oder das Angebot von attraktiven Praktikumsplät-zen, die eine Verbundenheit mit der Region oder dem betreffenden Betrieb schaffen können.

„Mischverhältnis“ - Rechtliche Beurteilung des BGHDer Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in

einer Entscheidung mit der Frage befasst, welchen Vorschriften ein Mietverhältnis un-terliegt, das sowohl eine Wohnnutzung als auch eine freiberufliche Nutzung umfasst (sogenanntes Mischmietverhältnis).

Die Beklagten sind Mieter, die Kläger Vermieter eines mehrstöckigen Hauses in Berlin. In dem schriftlichen Mietvertrag vom 20. November 2006 wurde den Mie-tern gestattet, die Räume im Erdgeschoss als Hypnosepraxis zu nutzen. Mit Schrei-ben vom 20. Februar 2012 kündigten die Kläger das Mietverhältnis ohne Angaben von Kündigungsgründen zum 30. Sep-tember 2012. Nachdem die Beklagten der Kündigung widersprochen hatten, erhoben die Kläger Räumungsklage beim Landge-richt Berlin. Das Landgericht hat das Miet-verhältnis als Wohnraummiete eingeordnet und die Klage mangels sachlicher Zustän-digkeit als unzulässig abgewiesen.

Auf die Berufung der Kläger hat das Kammergericht die Beklagten zur Räu-mung und Herausgabe des Hauses ver-urteilt. Es hat das Mietverhältnis als Ge-werberaummietverhältnis eingestuft und zur Begründung im Wesentlichen aus-geführt, ein Mischmietverhältnis, wie es hier gegeben sei, unterliege insgesamt entweder dem Wohnraum- oder dem Ge-werberaummietrecht, je nachdem, welcher Vertragszweck nach dem Parteiwillen bei Vertragsschluss überwiege. Ausschlagge-bend sei, dass die Beklagten in einem Teil der Mieträume mit dem Betrieb der Hypno-sepraxis ihren Lebensunterhalt bestritten. Dies mache die freiberufliche Nutzung zum vorherrschenden Vertragszweck. Dem ste-he auch nicht die Verteilung der Flächen auf die verschiedenen Nutzungszwecke entgegen. Denn die für die gewerbliche

Nutzung und die für die Wohnnutzung vor-gesehenen Flächen seien gleich groß. Da die gewerbliche Nutzung den Schwerpunkt des Mietverhältnisses bilde, sei – anders als bei der Wohnraummiete – für eine Kün-digung des Mietverhältnisses kein berech-tigtes Interesse erforderlich.

Die vom Bundesgerichtshof zugelasse-ne Revision hatte Erfolg. Der unter ande-rem für das Wohnraummietrecht zustän-dige VIII. Zivilsenat hat entschieden, dass das Berufungsgericht zwar zutreffend von einem Mischmietverhältnis, also einem einheitlichen Mietverhältnis über Wohn- und Geschäftsräume, ausgegangen ist, dessen Beurteilung sich wegen der von den Parteien gewollten Einheitlichkeit ent-weder nach den Bestimmungen der Wohn-raummiete oder nach den Vorschriften der Geschäftsraummiete richtet. Ebenfalls zu-treffend hat das Berufungsgericht für die rechtliche Einordnung des Mietverhältnis-ses auf den überwiegenden Vertragszweck bei Vertragsabschluss abgestellt.

Dagegen hat der Bundesgerichtshof beanstandet, dass das Berufungsgericht den vorherrschenden Vertragszweck al-lein deswegen in der Nutzung zu frei-beruflichen Zwecken gesehen hat, weil die Mieter in den angemieteten Räumen eine Hypnosepraxis betreiben und da-mit ihren Lebensunterhalt verdienen. Das Bestreiten des Lebensunterhalts durch eine freiberufliche oder gewerbliche Nut-zung stellt kein sachgerechtes Kriterium für die Bestimmung des überwiegenden Nutzungszwecks dar. Es besteht kein all-gemeiner Erfahrungssatz dahin, dass bei einem Mischmietverhältnis die Schaffung einer Erwerbsgrundlage Vorrang vor der Wohnnutzung hat. Dass das Wohnen als wesentlicher Aspekt des täglichen Lebens

generell hinter der Erwerbstätigkeit des Mieters zurücktreten soll, lässt sich we-der mit der Bedeutung der Wohnung als – grundrechtlich geschütztem – Ort der Ver-wirklichung privater Lebensvorstellungen, noch mit dem Stellenwert, dem das Woh-nen in der heutigen Gesellschaft zukommt, in Einklang bringen.

Bei der gebotenen Einzelfallprüfung sind vielmehr alle auslegungsrelevanten Um-stände des Einzelfalls zu berücksichtigen, wobei etwa der Verwendung eines auf eine der beiden Nutzungsarten zugeschnitte-nen Vertragsformulars, dem Verhältnis der für die jeweilige Nutzungsart vorgesehen Flächen und der Verteilung der Gesamt-miete auf die einzelnen Nutzungsanteile Indizwirkung zukommen kann. Lässt sich ein Überwiegen der gewerblichen Nutzung nicht feststellen, sind vorrangig die für die Wohnraummiete geltenden Vorschriften anzuwenden. Andernfalls würden die zum Schutz des Wohnraummieters bestehen-den zwingenden Sonderregelungen unter-laufen.

Da die Auslegung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft war und weitere Feststel-lungen nicht zu erwarten waren, hat der Senat die gebotene Vertragsauslegung selbst vorgenommen und entschieden, dass vorliegend unter anderem wegen des auf die Wohnraummiete zugeschnittenen Mietvertragsformulars, der für Gewerbe-raummietverhältnisse untypischen unbe-stimmten Vertragslaufzeit sowie wegen der Vereinbarung einer einheitlichen Mie-te ohne Umsatzsteuerausweis von einem Wohnraummietverhältnis auszugehen ist.

Quelle: Freiberuflerticker 11/07/2014

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Die ca. 2.000 Ingen ieur innen und Ingenieure der Brandenburgi-schen Ingenieur-kammer wurden und werden in die-sem Jahr an zwei Sonntagen an die Wahlurnen geru-fen. Dabei wurden am 25. Mai das

Europaparlament und die Kommunalvertre-ter sowie am 14. September die Abgeord-neten des Brandenburgischen Landtages gewählt. Wie wird sich das Wahlverhalten unserer Mitglieder gestalten? Wir müssen uns die Frage stellen – Sind wir kritisch ge-nug mit der Wirksamkeit unserer Volksver-treter? Was haben sie in den zurückliegen-den Jahren für uns als Ingenieurinnen und Ingenieure im Land Brandenburg erreicht?

Man hört immer wieder zu den unter-schiedlichen Themen das Argument - es fehlt am Geld! Ist das wirklich so? Oder wird damit nur eine vom Tages-geschäft gepräg-te und wenig weitsichtige Politik begründet? Leider genießen die Ingenieurinnen/e durch die Politik in Deutschland nicht die Achtung, die Ihnen entsprechend ihrem Leistungsan-teil an der Gestaltung unserer Gesellschaft zuste-hen müsste. Sie sind nur Dienst-leister und werden häufig für misslungene Planungen und Entwicklungen in die Ver-antwortung genommen. Dabei wird zumeist negiert, dass hierfür die Rahmenbedingun-gen im politischen Raum beschlossen wur-den. Zu den für uns wirklich kritischen Pro-blemen verhält sich die Politik oft zögerlich, indifferent und ist von Bedenken geprägt.

Hier einige Beispiele: 1. Bauordnungsrecht - Seit Jahren gelingt es nicht die Bauordnung zu novellieren. Hier stehen sich einerseits der politische Wille für eine weitere Deregulierung, somit dem weiteren Rückzug des Staates aus dem im Grundgesetz festgeschriebenen Pflichten zur Daseinsfürsorge und damit aus der Verantwortung für den Verbrau-cherschutz, und andererseits das Interesse der Ingenieurinnen/e für die Wahrung der Qualität am Bau und dem Schutz von Le-ben, Gesundheit und Eigentum, gegenüber. Können wir zukünftig von einer auskömm-lichen, wirtschaftlichen Grundlage zur Auf-tragserfüllung unserer freiberuflich tätigen

Ingenieure ausgehen und damit sicherstel-len, dass die Unabhängigkeit von Fremdin-teressen gegeben ist?

2. Nachhaltiges Bauen – Der Drang zur Nachhaltigkeit unser Bauwerke und Infra-struktur ist im Interesse eines jeden Steuer-zahlers und das Betonen dieser Forderung fällt Allen leicht. Das Handeln allerdings ist meist sehr different, da gerade bei öffent-lichen Vergabeverfahren nur die einmalige Investition und nicht die Nachhaltigkeit die-ser beurteilt wird. Hier ist das Vergabege-setz dringend zu überarbeiten und zu mo-dernisieren. Es sollte jedem klar sein, dass eine fehlende Nachhaltigkeit von Investiti-onen kostbare Ressourcen verschwendet.

3. Einheitliche Wettbewerbsbedingun-gen – Der nachhaltige Einsatz von Bau-produkten wird zurzeit bei prüfpflichtigen Bauvorhaben von Prüfingenieuren und Prüfsachverständigen sicherge-stellt. Wenn diese Prüfpflichten künftig nach der Muster-bauordnung entfallen, wird auch dies die Qualität und die Nachhaltigkeit der Bauwer-ke negativ beeinflussen und die Verwen-dung zertifizierter Baustoffe wird zu einem Wettbewerbsnachteil für qualitätsbewusste Unternehmen.

4. Die Infrastruktur in Brandenburg - Eine leistungsfähige Infrastruktur ist eine wichtige Voraussetzung für eine positive Wirtschaftsentwicklung. Seit Jahren war-nen Fachleute vor dem Substanzverlust an unseren Straßen und Brücken. Im Jahr 2009 wurden in Brandenburg für Erhalt sowie Um- und Ausbau von Landestraßen noch Landesmittel i.H. von 98 Mio. € (ein-schl. EFRE-Mittel) bereitgestellt. Dieser Ansatz ist in den Folgejahren erheblich re-duziert worden und wird mit 29 Mio. € im Jahr 2014 einen dramatischen Tiefpunkt er-reichen. Noch im Jahr 2008 hatte das Land Bran-denburg 1,17 Prozent seiner Gesamt-ausgaben für den Bau und Unterhalt seiner Straßen verwendet, dies sind im diesen Jahr bei steigenden Haushaltsaus-gaben lediglich noch 0,41 Prozent.1)

Nur für den Erhalt des Status quo der Landesstraßen einschl. der Radwege sind jährlich Mittel in Höhe von ca. 88 Mio. € erforderlich. Hier sind keine Um-, Aus- und Neubauten bzw. Abbau des vorhandenen Sanierungsstaus enthalten. Wirtschaftliche Unsicherheiten, schlechte Erträge und so-

mit unterdurchschnittliche Verdienstmög-lichkeiten in den Büros sowie fehlende Einstellungschancen für die öffentlichen Verwaltungen schaden der Attraktivität unseres Berufsbildes. Resultat dieser ver-hängnisvollen Entwicklung ist die geringe Anzahl von Absolventen der Bauingenieu-re, eine zunehmende Abwanderung von gut ausgebildeten Ingenieurinnen/en in andere Bundesländer und eine Überalterung der öffentlichen Verwaltungen. Hier sind drin-gend kurzfristig Konzepte und weitsichtiges Handeln erforderlich!

5. HOAI - Die Honorarordnung für Architek-ten und Ingenieure ist gesetzliches Preis-recht und gewährleistet eine hohe Qualität der Planungsleistungen, erfüllt somit die An-forderungen an den Verbraucherschutz und sichert den tätigen Ingenieurinnen/e aus-kömmliche Honorare. Eine weitere Dere-gulierung in diesem Bereich führt zu einem weiteren ruinösen Preiswettbewerb, dem Qualität und Nachhaltigkeit zu Gunsten des billigsten Preises geopfert werden. Die Er-gebnisse dieser verfehlten Politik sind aller Orten sichtbar (siehe BER, Elbphilharmonie u.v.a.m.). Das geringe Interesse unserer Landesregierung an einer Honorarordnung widerspiegelte sich in der Begründung der Ablehnung der HOAI 2013 – einziger Grund war dabei, dass es „teurer“ würde. Es wird dabei völlig außer Acht gelassen, dass hier-mit eine längst überfällige Honorarerhöhung beschlossen wurde, denn seit 1996 hat sich für die Ingenieurinnen/e keine wesentliche Verbesserung in der Honorarsituation erge-ben, wobei sich der Leistungsumfang per-manent erhöht hat.

Wir sollten unsere Politiker an ihren

Handlungen und ihrem Engagement mes-sen. Die BBIK hat in Vorbereitung auf die Landtagswahl Wahlprüfsteine erarbeitet und diese, den im Landtag vertretenen Par-teien mit der Bitte um Stellungnahme über-geben. Man darf gespannt sein, wie sich unsere Politiker zu diesen Problemen stel-len, die auf eine hohe Qualität und Nach-haltigkeit unserer Investitionen ausgerichtet sind. Dies kostet möglicherweise am An-fang etwas mehr Geld, spart aber in der Zu-kunft dem Steuerzahler höhere Ausgaben.

Klaus-Dieter Abraham, Vorstand Bran-denburgische Ingenieurkammer

1) Quelle: Antwort auf die Große Anfrage 34 der CDU-Fraktion (Drucksache 5/8290) März 2014

Ingenieurkammer formuliert WahlprüfsteineIngnieure ziehen Bilanz und stellen Forderungen an die Landesregierung

Klaus-Dieter Abraham