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Lernen und Lehren von Fremdsprachen Lilia Komarowa Es werden empirische Untersuchungen dargestellt, die auf der Grundlage eines Unterrichtsexperiments Russisch nach der Lehrstrategie des Aufsteigens vom Abstrakten zum Konkreten in den Klassen 5 und 6 durchgeführt wurden. Die umfangreichen Erhebungen wurden mit unterschiedlichen Methoden in 6. Klassen durchgeführt, die differenzierte Aussagen über die Entwicklung fremdsprachiger Kommunikationsfähigkeit in Abhängigkeit von zwei verschiedenen Lehrstrategien ermöglichen. Die Lernergebnisse bestätigen die Richtigkeit der theoretischen Analyse und der praktischen Gestaltung der Lerntätigkeit. Learning and teaching of foreign language Empirical investigations are described, which have been carried out on the basis of a teaching experiment in Russian language instruction (grade 5 and 6) according to the teaching strategy of ascending from the abstract to the concrete. The manifold results have been got by means of various methods, which allowed differentiated statements about the development of competence in foreign language communication under conditions of two different teaching strategies. The learning results show the correctness of theoretical analysis and practical learning activity management. Einleitung Trotz langjähriger Praxis und vielfältiger Bemühungen stellt das Aneignen von Fremdsprachen einen schwer regulierbaren Prozeß dar. Davon zeugen zahlreiche Diskussionen in der Fachliteratur sowie die sehr unterschiedlichen, insgesamt wenig befriedigenden Ergebnisse des Fremdsprachenunterrichts. Viele Autoren weisen darauf hin, daß im gängigen Fremdsprachenunterricht - insbesondere im Anfangsunterricht - der Lernende kaum annähernd eine freie fremdsprachige Kommunikationsfähigkeit erreichen kann, sondern bestenfalls nur einen Zustand, in dem er vielfach unabhängig von deren Kommunikationsgehalt vorgegebene Strukturen reproduzieren und manipulieren lernt. Diese reproduktive Kompetenz steht im deutlichen Kontrast zu jener kreativen Kompetenz, wie sie sich üblicherweise im natürlichen Spracherwerb entwickelt (vgl. z.B. Felix 1982, Klein 1987). Es ist daher nicht verwunderlich, daß zahlreiche empirische Untersuchungen durchgeführt werden, um neue Erkenntnisse über den Fremdsprachenerwerb zu gewinnen. Während es in früheren Untersuchungen vor allem um die Erforschung jener Lernprozesse und Lernstrategien ging, mit deren Hilfe ein bestimmtes Regelwissen aufgebaut und erworben wird, zeigen die Untersuchungen der letzten Jahre , daß gegenwärtig die Rolle des Weltwissens für den Fremdsprachenerwerb intensiv erforscht wird. Einen wesentlichen Beitrag leistet dabei die pragmatische Auffassung über den Fremdsprachenerwerb, die der kommunikativen Absicht, der Kommunikationsintention, große Aufmerksamkeit schenkt (Bach & Harnisch 1982, Bruner 1987, Clark & Carlson 1982, Julkunen 1989 u.a.). Dies zeigte auch z.B. die IV. Europäische Konferenz für Forchung über Lernen und Lehren (Turku 1991). Dies deckt sich prinzipiell mit Erkenntnissen über die Phasenstruktur der Entstehung von sprachlichen Äußerungen, die von Wygotski, L.S., (1964), A.A. Leontjew (1975), Lurija (1982) u.a. entwickelt wurde. Eben an dieser Phasenstruktur der Entsstehung von sprachlichen Äußerungen knüpft unsere experimentelle Untersuchung zum Fremdsprachenerwerb an. Unsere Untersuchung war darauf gerichtet, eine Alternative gegenüber der in der ehemaligen DDR, insbesondere im Russischunterricht, verbreiteten "Übermittlungsstrategie", d.h. einer einseitigen Orientierung auf den Stoff und seine Übermittlung an die Lernenden, zu

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  • Lernen und Lehren von Fremdsprachen

    Lilia Komarowa

    Es werden empirische Untersuchungen dargestellt, die auf der Grundlage einesUnterrichtsexperiments Russisch nach der Lehrstrategie des Aufsteigens vom Abstrakten zumKonkreten in den Klassen 5 und 6 durchgefhrt wurden. Die umfangreichen Erhebungenwurden mit unterschiedlichen Methoden in 6. Klassen durchgefhrt, die differenzierteAussagen ber die Entwicklung fremdsprachiger Kommunikationsfhigkeit in Abhngigkeitvon zwei verschiedenen Lehrstrategien ermglichen. Die Lernergebnisse besttigen dieRichtigkeit der theoretischen Analyse und der praktischen Gestaltung der Lernttigkeit.

    Learning and teaching of foreign languageEmpirical investigations are described, which have been carried out on the basis of a teachingexperiment in Russian language instruction (grade 5 and 6) according to the teaching strategyof ascending from the abstract to the concrete.The manifold results have been got by means of various methods, which alloweddifferentiated statements about the development of competence in foreign languagecommunication under conditions of two different teaching strategies. The learning resultsshow the correctness of theoretical analysis and practical learning activity management.

    EinleitungTrotz langjhriger Praxis und vielfltiger Bemhungen stellt das Aneignen vonFremdsprachen einen schwer regulierbaren Proze dar. Davon zeugen zahlreicheDiskussionen in der Fachliteratur sowie die sehr unterschiedlichen, insgesamt wenigbefriedigenden Ergebnisse des Fremdsprachenunterrichts. Viele Autoren weisen darauf hin,da im gngigen Fremdsprachenunterricht - insbesondere im Anfangsunterricht - derLernende kaum annhernd eine freie fremdsprachige Kommunikationsfhigkeit erreichenkann, sondern bestenfalls nur einen Zustand, in dem er vielfach unabhngig von derenKommunikationsgehalt vorgegebene Strukturen reproduzieren und manipulieren lernt. Diesereproduktive Kompetenz steht im deutlichen Kontrast zu jener kreativen Kompetenz, wie siesich blicherweise im natrlichen Spracherwerb entwickelt (vgl. z.B. Felix 1982, Klein1987). Es ist daher nicht verwunderlich, da zahlreiche empirische Untersuchungendurchgefhrt werden, um neue Erkenntnisse ber den Fremdsprachenerwerb zu gewinnen.Whrend es in frheren Untersuchungen vor allem um die Erforschung jener Lernprozesseund Lernstrategien ging, mit deren Hilfe ein bestimmtes Regelwissen aufgebaut und erworbenwird, zeigen die Untersuchungen der letzten Jahre , da gegenwrtig die Rolle desWeltwissens fr den Fremdsprachenerwerb intensiv erforscht wird. Einen wesentlichenBeitrag leistet dabei die pragmatische Auffassung ber den Fremdsprachenerwerb, die derkommunikativen Absicht, der Kommunikationsintention, groe Aufmerksamkeit schenkt(Bach & Harnisch 1982, Bruner 1987, Clark & Carlson 1982, Julkunen 1989 u.a.). Dieszeigte auch z.B. die IV. Europische Konferenz fr Forchung ber Lernen und Lehren (Turku1991). Dies deckt sich prinzipiell mit Erkenntnissen ber die Phasenstruktur der Entstehungvon sprachlichen uerungen, die von Wygotski, L.S., (1964), A.A. Leontjew (1975), Lurija(1982) u.a. entwickelt wurde. Eben an dieser Phasenstruktur der Entsstehung vonsprachlichen uerungen knpft unsere experimentelle Untersuchung zumFremdsprachenerwerb an.Unsere Untersuchung war darauf gerichtet, eine Alternative gegenber der in der ehemaligenDDR, insbesondere im Russischunterricht, verbreiteten "bermittlungsstrategie", d.h. einereinseitigen Orientierung auf den Stoff und seine bermittlung an die Lernenden, zu

  • entwickeln (vgl. Davydov, W. 1988 a, b, Davydov, W., Lompscher, J. & Markowa, A.K.1982, Lompscher, J. 1988, 1989, 1990 a, 1991).Im Russischunterricht wurde die Rolle und Funktion des Schlers dadurch bestimmt, da erdas ihm angebotene Material einprgen, die fr ihn formulierten Aufgaben lsen und die ihmgestellten Lern- und Erziehungsziele erreichen sollte. Akteur und Subjekt des Unterrichts warvor allem der Lehrer, weniger die Schler. Der 1988 eingefhrte neue Lehrplan unterschiedsich nicht wesentlich von dem bis dahin gltigen (Uthess & Uthess 1987).Der Aneignungsproze wurde danach als Einheit von Erfassen, Einprgen, Einben undAnwenden betrachtet:1. Einfhrung oder Darbietung des neuen Sprachmaterials durch den Lehrer. ErklrendeHinweise und Hilfen, um die Unterschiede zur Muttersprache bewutzumachen (Erfassen desneuen Sprachmaterials durch den Schler)2. Wiederholende Einbung, Festigung , Verarbeitung des neuen Sprachmaterials inverschiedenen bungsformen (Einprgungs- und Einbungsphase)3. Situationsbezogene Anwendung des angeeigneten Sprachmaterials.Dieses Schema bercksichtigt zu wenig solche grundlegenden Aspekte desUnterrichtsprozesses wie Kooperation und Kommunikation zwischen Lehrer und Schlersowie zwischen den Schlern, die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen und Interessen derSchler, die Frderung von geistiger Aktivitt, Selbstndigkeit und Erkenntnisstreben durchSchaffung von Problemsituationen u.a.Demgegenber orientiert die von Dawydow u.a. entwickelte Lehrstrategie des Aufsteigensvom Abstrakten zum Konkreten (Dawydow, Lompsscher & Markowa 1982, Davydov 1988,Lompscher 1989, 1990 b, Engestrm 1987, 1990 u.a.) vor allem auf die eigene Lernttigkeitder Schler und deren systematische Befhigung zu zunehmend selbstndigem undeigenverantwortlichem Lernen. Deshalb stehen die fr die Aneignung eines Lerngegenstandserforderlichen Lernhandlungen und deren Ausbildung sowie die damit zusammenhngendenLernbedrfnisse und -motive im Zentrum der Bemhungen.Die Lernenden werden angeregt und angeleitet, die fr eine ganze Anforderungsklassewesentlichen Zusammenhnge und die Methoden ihrer Erkenntnis aufzudecken und sichanzueigenen. Um Struktur und Gesetzmigkeiten eines Lerngegenstandes zu untersuchen, istes notwendig, zunchst aus der Vielfalt konkreter Ercheinungen eine einfache Beziehung zuermitteln, die es dem Lerndenden ermglicht, die wesentlichsten Merkmale und dieZusammenhnge zwischen den einzelnen Bestandteilen des "Ganzen" aufzudecken. Mit Hilfedieses "Ausgangsabstraktums" soll der Lernende dann einzelne Sachverhalte, Objekte,Merkmale, Relationen analysieren und in entsprechende Grundstrukturen einordnen. Dasdurch eigene praktisch-gegenstndliche und geistige Handlungen gewonneneAusgangsabstraktum wird im Proze des Aufsteigens zum Konkreten, d.h. durch die Analysevielfltiger konkreter Erscheinungen des jeweiligen Gegenstandes mit Hilfe des Abstraktenangereichert und fundiert und die Einheit von Konkretem und Abstraktem im Lernprozehergestellt. Die dazu notwendigen stndigen Bezugsetzungen zwischen demAusgangsabstraktum und den einzelnen Bestandteilen des Lerngegenstandes (d.h. auchstndiger Wechsel von induktiven und deduktiven Prozessen) bewirken immanenteWiederholungen, Festigungen sowie Konkretisierungen. Die zur Gewinnung undKonkretisierung des Ausgangsabstraktums notwendigen Lernhandlungen werden differenziertund zielgerichtet im Verlauf des Aneignungsprozesses ausgebildet.Wir fragten uns, ob die Lehrstrategie A --> K fr den Fremdsprachenunterricht, speziell frden Russischunterricht, anwendbar sei und wie sie entsprechend der Spezifik diesesLerngegenstands realisiert werden msse. Zu diesem Zweck wurde ein Versuchslehrgang frden Anfangsunterricht in Russisch Klasse 5 erarbeitet und unter natrlichenUnterrichtsbedingungen (im Umfang aller laut Lehrplan fr dieses Fach vorgesehenenStunden) von 2 Lehrern erprobt. Nach mehrjhriger Erprobung und Vervollkommnung wurde

  • der Lehrgang in Klasse 6 weitergefhrt. Anwendungen auf andere Sprachen sind geplant.

    Theoretische Voraussetzungen und ihre Realisierung im UnterrichtsexperimentAusgehend von den theoretischen Voraussetzungen der Lehrstrategie A --> K wurde demExperiment hypothetisch die Sprachhandlung im Sinne eines Ausgangsabstraktumszugrundegelegt. Die Produktion einer sprachlichen uerung ist eine spezifische Form vonTtigkeit, die prinzipiell die gleiche Struktur aufweist, wie andere Ttigkeiten auch (Schema 1links). Um Sprachhandlungen systematisch ausbilden zu knnen, msssen wir zunchst dasMotiv bestimmen, das eine sprachliche uerung erzeugt, das Ziel, dem sie untergeordnet ist,und die Aufgabe, die entsteht, wenn dieses Ziel unter bestimmten Bedingungen gebildet wird.Wir mssen ferner auch die einzelnen Handlungen bestimmen, die unterschiedlichen Zielenentsprechen sowie die diese Handlungen ausfhrenden Operationen.Fr die didaktische Realisierung im Ausbildungsexperiment bedeutet das, solcheBedingungen zu schaffen, da alle Regulationskomponenten einer Sprachhandlung zumGegenstand einer bewuten und zielgerichteten Ttigkeit des Lernenden gemacht werden.Daraus ergaben sich fr uns folgende Schwerpunkte:1. Am Anfang steht das Motiv einer sprachlichen uerung. Es drckt aus, welchekommunikative Aufgabe, welches Ziel der Sprechende verfolgt, wenn er diese oder jene Formder Einwirkung auf den Gesprchspartner plant. Im Anfangsunterricht scheint eszweckmig, vom dialogischen Sprechen auszugehen, denn das Motiv einer sprachlichenuerung im Dialog ist oft der Wunsch, auf die Frage oder uerung des Gesprchspartnerszu antworten. Fr die Entstehung einer sprachlichen

  • uerung ist hier kein spezielles, selbstndig entstehendes Motiv notwendig. Wir bestimmtenKommunikationssituationen als Auslser sprachlicher uerungen (Schema 1 rechts). DieSchler wurden angeleitet, die jeweilige Kommunikationssituation zu analysieren und diekommunikative Aufgabe zunehmend selbstndig abzuleiten und zunchst schriftlich zufixieren.2. Damit ist nur ganz allgemein bestimmt, was, wem und wozu sie etwas sagen mchten. Diesist die Etappe der Zielbildung und des Aufbaus einer Konzeption der knftigen sprachlichenuerung.3. Der Proze der sprachlichen Formgebung erfolgt in der Muttersprache - wie bekannt -unbewut, automatisiert. Geht es aber um eine Fremdsprache, so erfolgt dieser Prozebewut. In der Anfangsetappe des Erlernens einer Fremdsprache ist kein direkter bergangvon der kommunikativen Aufgabe zu ihrer sprachlichen Realisierung mglich. Diekommunikative Aufgabe mu in eine Lernaufgabe transformiert werden: Komponenten einersprachlichen uerung, die der Lernende in der Muttersprache beherrscht, mssen in derFremdsprache erst ausgebildet werden.4. Die Erzeugung einer fremdsprachlichen uerung erfordert nicht nur die Schaffungentsprechender Ausgangsschemata und die bewute Auswahl der erforderlichen sprachlichenKomponenten, sondern auch eine stndige Kontrolle des Verlaufs der entstehendenuerung.

    Die Ausbildung der komplexen, entfalteten Sprachhandlungen umfate in unseremExperiment Etappen, die in Schema 2 dargestellt sind. Die konkrete Realisierung der

  • Ausbildung von sprachlichen Operationen sowie die Ergebnisse der Untersuchung in Klasse 5wurden

    in einer Reihe von Publikationen bereits dargestellt und diskutiert (Komarowa 1987, 1988,1989).Kritiker, aber auch Anhnger der Lehrstrategie A --> K uerten jedoch Bedenkenhinsichtlich der Effektivitt dieser Strategie in den nachfolgenden Klassenstufen. Vor allemFremdsprachendidaktiker der ehemaligen DDR sahen die Probleme desFremdsprachenunterrichts, insbesondere des Russischunterrichts, nicht in Klasse 5, sondern inKlasse 6 liegen. Die Motive, die zu Beginn des Fremdsprachenerwerbs vorherrchen und mitdem Reiz des Neuen zusammenhngen, verschwinden verstrkt im Verlauf der 6. Klasse. Einanderes Problem wurde mit der ansteigenden Menge der anzueignenden Lexik undgrammatischen Regeln in Klasse 6 verbunden. Lehrer stellten immer wieder fest, da dieVergessensraten hinsichtlich der lexikalischen und grammatischen Kenntnisse relativ hochund die Schler nicht in der Lage sind, grammatische Kenntnisse bewut in entsprechende

  • Systeme einzuordnen und sie richtig anzuwenden.Der Erfolg des Unterrichtsexperiments in Klasse 5 ermglichte seine Weiterfhrung in Klasse6. Wie in Klasse 5 wurde dem Unterricht ein Sytem von Kommunikationssituationenzugrundegelegt, welches die Funktion des Auslsers von sprachlichen uerungen und derBestimmung und Przisierung konkreter kommunikativer Aufgaben und Lernziele erfllte.Die Kommunikationssituationen in Klasse 6 sollten allerdings der Anforderung entsprechen,da ihre sprachliche Realisierung die Einbeziehung neuer unbekannter Komponentengewhrleistet und somit die kognitive Ttigkeit der Lernenden stimuliert und ihreSprachentwicklung frdert. Die sprachliche Realisierung der Kommunikationssituationen inKlasse 6 stellt hhere kognitive Anforderungen und entspricht syntaktischen Strukturen, dievor allem auf attributiven Relationen basieren, z.B.:- Wie bezeichne ich eine Ortsangabe nher?- Wie kennzeichne ich Objekte/Instrumente von Handlungen nher?Damit entstehen neue Lernaufgaben: Das Deklinationsparadigma von Adjektiven,Possessivpronomen, Ordnungszahlwrtern zu erarbeiten sowie die syntaktischen Relationenzwischen den genannten Wortarten und dem Substantiv zu erschlieen. Die Schler stellendie von ihnen zunehmend selbstndig herausgefundenen Relationen und Gesetzmigkeitenin Form von verallgemeinerten Modellen dar, die ein simultanes Erfassen von semantischenund syntaktischen Relationen ermglichen und als Mittel des Lsens weitererkommunikativer Aufgaben eingesetzt werden knnen. In diesem Proze entsteht eine"Grammatik" der Fremdsprache, die Produkt der eigenen Ttigkeit der Lernenden ist. Durchdie Organisation der gegenstndlichen Ttigkeit werden ferner Bedingungen geschaffen, diees dem Lernenden ermglichen, sich seiner Operationen bewut und produktiv zu bedienen,selbst neue Arbeitsverfahren und Operationen zu finden, sie zu abstrahieren und zuverallgemeinern.Nachdem in einem zweijhrigen Proze die theoretischen Voraussetzungen, die Lehr- undLernmaterialien erarbeitet und in Unterrichtsexperimenten in Klasse 6 erprobt,weiterentwickelt und dabei auch Lernergebnisse analysiert worden waren (vgl. Lompscher1989 b), haben wir l988/89 in 6. Klassen umfangreiche Erhebungen mit unterschiedlichenMethoden

    durchgefhrt.1

    Ziel der empirischen Untersuchung war, Daten und Aussagen ber die Entwicklungfremdsprachiger Kommunikationsfhigkeit (vgl. Komorowa 1991) sowie ber dieEntwicklung kommunikativer und kognitiver Lernmotive (vgl. Rsner in diesem Heft) inAbhngigkeit von zwei verschiedenen Lehrstrategien, nmlich der Lehrstrategie A --> K undder "bermittlungsstrategie" zu gewinnen.In die Analyse wurden 21 Schler einer Versuchsklasse (VK) einbezogen, die bereits in der 5.Klassenstufe nach der Lehrstrategie A --> K unterrichtet worden waren, sowie 72 Schler aus4 Kontrollklassen (KK) - je 2 Klassen aus zwei Schulen - , die nach dem zur damaligen Zeitgltigen Lehrplan und den entsprechenden Lehrmaterialien unterrichtet wurden. Die Auswahlder Kontrollklassen erfolgte durch die Versuchsleiter, Schulleitung und Fachlehrer nach demPrinzip der besseren Lernleistungen im Fach Russisch. Dies bedeutet, da fr dieUntersuchungen KK ausgewhlt wurden, deren durchschnittliche Jahresnoten im FachRussisch am Ende der Klasse 5 besser als jene der VK waren. Die Zusammensetzung derSchler in beiden Vergleichsgruppen hinsichtlich sozialer Herkunft, Geschlecht sowieLernleistungen (Noten) kann als homogen betrachtet werden. Die Versuchsleiter hattenkeinerlei Einflu auf die Zusammensetzung der Probanden in beiden Vergleichsgruppen. DieTeilnahme der Probanden an den Untersuchungen war freiwillig. Ebenfalls freiwillig war dieTeilnahme der 5 Russischlehrerinnen, deren Qualifikation, Engagement, das didaktisch-

    1 Es handelt sich um von uns entwickelte und erprobte, jedoch bisher nicht standardisierteMethoden zur Erfassunf von Lernleistungen und -motiven.

  • methodische Niveau sowie das Lehrer-Schler-Verhltnis als gleich gut eingeschtzt werdenkann.

    Fragestellungen, Hypothesen, MethodenBei der Untersuchung sollten folgende Fragen geklrt werden:- Welches Niveau erreichen die Schler im Knnensbereich und im sprachtheoretischenBereich in Abhngigkeit von zwei verschiedenen Lehrstrategien?- Lt sich die Effektivitt der Lehrstrategie A --> K fr den Fremdsprachenerwerb auch inKlasse 6 nachweisen?

    Fr die Erfassung der Lernleistungen legten wir folgende Fhigkeiten und Indikatoren fest:1. Fhigkeit zur phonologischen Abstraktion, d.h. die Fhigkeit, sinndifferenzierendeEigenchaften von Lautkomplexen einer sprachlichen uerung wahrzunehmen und zuproduzieren. Diese Fhigkeit wurde untergliedert in:- Erfassen der Beziehung zwischen Orthoepie und Orthographie ,- Erfassen der Beziehung zwischen Lautstruktur des Wortes und, seinem Schriftbild(Erkennen der Anzahl der Laute und deren Abfolge),- Klassifizieren der Laute nach bestimmten Merkmalen;2. Fhigkeit zur Abstraktion grammatischer Kategorien, die die Fhigkeit zur Abstraktionsemantischer Kategorien impliziert. Die Fhigkeit zur Abstraktion grammatischer Kategorienwurde untergliedert in:- Erkennen der Wortart,- Zuordnen grammatischer Merkmale zu der jeweiligen Wortart,- Erkennen semantischer/syntaktischer Relationen,- Bilden syntaktischer Strukturen;3. Fhigkeit zur Reproduktion der Lautform nicht nur bekannter, sondern auch unbekannterWrter aufgrund ihrer graphischen Markierung;4. Fhigkeit zur bertragung von optisch wahrnehmbaren fremdsprachigen uerungen inbedeutungsgleiche Aussagen der Muttersprache;5. Fhigkeit zum Verstehen (Dialog I) und Produzieren (Dialog II) fremdsprachigeruerungen.

    Als methodische Zugnge wurden folgende Untersuchungsmethoden gewhlt:- Wrterdiktat aus unbekannten Wrtern, damit eine gedchtnismige Reproduktion desSchriftbildes ausgeschlossen werden konnte- Analyse des Lautbestandes von Wrtern- Analyse eines Satzes, der aus knstlichen Wrtern bestand, die jedoch nach Regeln derrussischen Grammatik gebildet und syntaktisch verbunden waren- Transformation der syntaktischen Struktur dieses Satzes, indem die Subjekt-Objekt-Relation ausgetauscht wurde- Lesen eines unbekannten Textes, der auch einen bestimmten Anteil unbekannter Wrterenthielt sowie Beantworten von Fragen zum Text- Dialogisches Sprechen: Dem Schler wurden 8 Fragen zur eigenen Person gestellt, die ineine Kommunikationssituation eingebettet waren.Lesen und dialogisches Sprechen wurden als Einzelversuche durchgefhrt, Wrterdiktat,Laut- und Satzanalyse als Gruppenversuche. Die Bewertung erfolgte nach der Anzahlrichtiger Lsungen. Nur die Lesefhigkeit wurde nach Fehlern bzw. nach der Anzahl nichtreproduzierter Wrter bewertet.Die empirischen Untersuchungen wurden zu Beginn und am Ende des 6. Schuljahresdurchgefhrt.Wir lieen uns von folgenden Hypothesen leiten:

  • In unserem nach der Lehrstrategie A --> K erarbeiteten und erprobten Unterrichtsexperimentin Klasse 5 wurden gnstige Bedingungen fr die Entwicklung der kommunikativen Fhigkeitsowie kommunikativer und kognitiver Lernmotive (Rsner in diesem Heft) geschaffen. Esmte sich daher eine deutliche berlegenheit der nach der genannten Lehrstrategieunterrichteten Schler auch in Klasse 6 sowohl in motivationaler als auch in kognitiv-sprachlicher Hinsicht nachweisen lassen, denn :1) Die Analyse der Kommunikationssituation und das Bilden von kommunikativen Aufgaben,ihre Transformation in Lernaufgaben bietet gnstige Bedingungen fr die Entstehung undEntwicklung kommunikativer Bedrfnisse und kognitiver Lernmotive sowie fr dieAneignung der Fremdsprache. Die Aneignung der Fremdsprache wird dadurch nicht zumausschlielichen Motiv und gert nicht in Widerspruch zu Erkenntnisinteressen derLernenden, da die Verwendung der Fremdsprache als Kommunikationsmittel nicht in denHintergrund rckt: Die Aneignung der sprchlichen Mittel ist stets auf die Befriedigungkommunikativer Bedrfnisse der Lernenden gerichtet.2) Die kommunikativen Aufgaben, ihre Transformation in Lernaufgaben hngen zugleich mitder Semantik der knftigen sprachlichen uerung zusammen. Sie ermglichen demLernenden, die anzueignende Lexik in bestimmte semantische Relationen zu strukturieren.Die Lernenden werden dadurch zum bewuten Erfassen des Wortbestandes (Abstraktionsemantischer Kategorien) sowie zum Planen und Realisieren eigener kommunikativerIntentionen mittels einer Fremdsprache befhigt.3) Die kommunikative Aufgabe, ihre Transformation in Lernaufgaben hngen ferner mit derZuordnung der Grammatik zusammen. Dem Lernenden wird dadurch die semantischeLeistung grammatischer Formen (Abstraktion grammatischer Kategorien) bewut, dieebenfalls - wie semantische Relationen - Voraussetzung fr ein auersituatives und spontanesSprechen ist.4) Durch die Ausbildung der Lernhandlungen zur Lautanalyse sowie zur Analyse dermorphologischen und syntaktischen Strukturen werden die Schler zum bewuten undwillkrlichen Operieren mit dem Formensystem und dem System grammatischerBedeutungen befhigt:a) Durch die Ausbildung der Lernhandlung zur Lautanalyse wird ein Komplex perzeptiverund artikulatorischer Fhigkeiten und Fertigkeiten entwickelt. Zugleich werden die Lernendenbefhigt, eine bewute Beziehung zwischen Bedeutung und Lautstruktur sowie Laut- undSchriftbild (Orthoepie/Orthographie) herzustellen. Die nach der Lehrstrategie A --> Kunterrichteten Schler mten daher zu einer hheren phonologischen Begriffsbildung sowiezu qualitativ besseren Ergebnissen im Schreiben und Lesen gefhrt werden.b) Durch die Ausbildung der Lernhandlung zur Analyse der morphologischen undsyntaktischen Strukturen werden die nach der Lehrstrategie A --> K unterrichteten Schlerbefhigt, den funktionalen Zusammenhang zwischen Bedeutung und morphologischerStruktur bewut zu erfassen, indem sie im Proze der gegenstndlichen Ttigkeit(Modellieren der morphologischen Struktur mit Hilfe von Lernmodellen) das Wort alsBezeichnung fr etwas in eine kommunikative Einheit mit einem deutlich unterscheidbarenSystem funktionaler Bedeutungen verwandeln. Diese Schler werden zu einem hherenNiveau der Abstraktion grammatischer Kategorien sowie zu besseren Ergebnissen im Bildenvon syntaktischen Strukturen gefhrt.5) Durch das Operieren mit Symbolen und Lernmodellen werden dem Lernenden seineeigenen Operationen bewut, die er am Material der Fremdsprache ausfhrt, d.h. da derLernende Strategien ausbildet, die seinen subjektiven Voraussetzungen und objektivenAnforderungen adquat sind und nicht in Widerspruch zu seinen Erkenntnisinteressengeraten. Dies mte einen positiven Einflu auf die Entfaltung des Erkenntnisbedrfnisses derSchler sowie auf die Entwicklung qualitativ hochwertiger kognitiver Lernmotive nehmen.Erst auf der Grundlage solcher Motive kann u.E. die Ausbildung linguistischer

  • Begriffssysteme und die Entwicklung der Fhigkeit zum selbstndigen und schpferischenAnwenden der Fremdsprache unter schulischen Bedingungen erfolgen.

    Darstellung und Interpretation der UntersuchungsergebnisseDie im Rahmen des Ausbildungsexperiments zum Fremdsprachenerwerb durchgefhrtenUntersuchungen erbrachten hinsichtlich der Entwicklung der Kommunikationsfhigkeitfolgende Ergebnisse:

    Dargestellt sind die Mittelwerte von VK und KK aus dem Pr- und Posttest sowie diemaximal erreichbaren Punktwerte. Nur die Leistungen im Lesen wurden nach der Anzahl derFehler bewertet. Mit dem U-Test wurde die Signifikanz der Mittelwerte von VK und KK, mitdem WILCOXON-Test wurden die Unterschiede der Mittelwerte von Pr- und Posttest in derVK und KK geprft. Signifikante Unterschiede der Mittelwerte werden in den Tabellen 1 und2 mit "s", nichtsignifikante Unterschiede mit "ns" gekennzeichnet. Als Signifikanzniveauwurde p = 0,01 gewhlt, bei den mit einem Stern * gekennzeichneten signifikantenUnterschieden ist das Signifikanzniveau p = 0,05.Die Mittelwerte im Knnensbereich zeigen signifikante Unterschiede zwischen denLeistungen der Schler der VK und KK sowohl im Pr- als auch im Posttest. Zum Abschluder Klasse 6 erreichen die Schler der KK etwa das Leistungsniveau der Schler der VK,welches diese bereits zu Beginn der Klasse 6, d.h. nach einjhrigem Unterricht nach derLehrstrategie A --> K , hatten. Nur im Schreiben Lesen und im dialogischen Sprechen (improduktiven Bereich) ist die Differenz von Posttest in den KK zu Prtest in der VK sehr gro.Die Mittelwerte zeigen auch, da bei fast allen Anforderungen eine Steigerung in der VK undin den KK zu verzeichnen ist, wobei die Unterschiede der Mittelwerte von Pr- und Posttestin beiden Gruppen signifikant sind (die Leistungen im Lesen in der VK und im Schreiben inden KK stellen eine Ausnahme dar). Zu bercksichtigen ist jedoch. da die Mittelwerte in derVK bei vielen Anforderungen bereits im Prtest so gut sind, da eine wesentliche Steigerungder Leistungen nur noch in beschrnktem Mae mglich ist.Eine hnliche Tendenz weisen die Mittelwerte im sprachtheoretischen Bereich auf, die inTabelle 2 dargestelltsind:

  • Die Mittelwerte im sprachtheoretischen Bereich zeigen ebenfalls signifikante Unterschiedezwischen den Leistungen der Schler der VK und KK im Pr- und Posttest. Deutlich ist zuerkennen, da die Schler der KK am Abschlu der Klasse 6 insgesamt weit unter demLeistungsniveau der Schler der VK bleiben, welches diese bereits zu Beginn der Klasse 6erreicht hatten (Das Bilden von syntaktischen Strukturen stellt eine Ausnahme dar). DieMittelwerte im Bereich der Phonologie (Erkennen der Anzahl der Laute und deren Abfolgeim Wort, Klassifizieren der Laute nach bestimmten Merkmalen) sind in dr VK bereits zuBeginn der Klasse 6 - hnlich wie im Knnensbereich so gut, da eine wesentlicheSteigerung nur noch im beschrnkten Mae mglich ist. Ein anderes Bild vermitteln dieMittelwerte im Bereich der Morphologie und insbesondere im Bereich der Syntax: DieSchler der VK knnen am Ende der Klasse 6 relativ gut die Wortart nach formalenMerkmalen identifizieren, der jeweiligen Wortart grammatische Kategorien zuordnen sowiedie Relationen zwischen 2 - 3 Konstituenten (Adj + N, Subjekt+Verb+Objekt) in einem Satzaus knstlichen Wrtern erkennen. Schwierigkeiten treten jedoch am Ende der Klasse 6 beimBilden syntaktischer Strukturen auf: Nur 35% notwendiger Transformationen wurden in derVK realisiert, in den KK ist im Verlaufe der Klasse 6 bei dieser Anforderung gar keineEntwicklung zu verzeichnen. Das bedeutet, da den Schlern im Alter von 11 - 12 Jahren dasrein syntaktische Ordnungsprinzip von Sprache noch nicht bewut geworden ist (vgl. auchErgebnisse empirischer Untersuchungen in Bloom 1973, Felix 1982).Um differenzierte Aussagen ber die Leistungsvernderungen in der VK und KK sowie berdie Effektivitt der Lehrstrategie A --> K in Klasse 6 treffen zu knnen, bildeten wir in denbeiden Stichproben 3 Leistungsgruppen (I - sehr gute, II - mittlere, III - schwache

  • Leistungen).2

    2 Wenn in diesem Kontext von Leistungsgruppen gesprochen wird, so sind damit nicht mehroder weniger stabile Schlergruppen gemeint, sondern die Klassifizierung setzt an der Leistungs- streuung zu jeder Anforderung an. Es handelt sich also um Ausprgungsgrade der jeweiligen Leistung, deren Gte bei den Schlern von Anforderung zu Anforderung variieren kann.

  • Der Anteil der Schler in der besten Leistungsgruppe (Niveau I) ist in der VK wesentlichgrer als in den KK. Dort ist dagen der Anteil der Schler mit schwachen Leistungen(Niveau III) sehr hoch. Besonders groe Unterschiede zwischen der VK und den KK zeigendie Ergebnisse im Lesen. Um diese Unterschiede ausreichend zu differenzieren, muten IVNiveaustufen eingefhrt werden.Whrend die Mehrheit der Schler in der VK fehlerfrei schreibt, liest, einen unbekannten Textsowie Fragen des Gesprchspartners vollstndig versteht und darauf fehlerfrei adquatreagieren kann, ist der Anteil solcher Schler in den KK sehr gering: 43% der Schler zeigenam Ende der Klasse 6 eine berwiegend falsche Lautdifferenzierung und folglich eineberwiegend fehlerhafte Orthographie (Niveau III). Eine uerst schlechte Lesetechnik(Niveau IV) konnte bei 31% der Schler in den KK nachgewiesen werden.Die Klassifizierung der Stichprobenergebnisse im sprachtheoretischen Bereich zeigt einehnliche Tendenz.

  • Das Erkennen der Anzahl der Laute und deren Abfolge im Wort ist ein Ma fr die richtigeVerwendung der Begriffe Laut, Buchstabe, Silbe, Konsonant, Vokal. Die Fhigkeit zurLautdifferenzierung ist Voraussetzung fr die richtige Klassifizierung der Laute nachbestimmten Merkmalen. Die Mehrheit der Schler in der VK wendet am Ende der Klasse 6die phonologischen Begriffe richtig an und kann die Laute nach bestimmten Merkmalenrichtig klassifizieren. In den KK ist der Anteil dieser Schler sehr gering. Dort zeigt sich, da

  • viele Schler phonologische Begriffe berwiegend falsch anwenden und die Lauteberwiegend falsch klassifizieren (Niveau III). In der Vk ist dagegen dieses Niveau berhauptnicht besetzt.Auch bei der Entwicklung der Fhigkeit zur Abstraktion grammatischer Kategorien(Erkennen der Wortart, Zuordnen grammatischer Merkmale, Erkennen semantisch-syntaktischer Strukturen) lt sich ein allgemein besseres Niveau in der VK am Ende derKlasse 6 feststellen, wenngleich der Anteil der Schler, die die Wortart und die semantisch-syntaktischen Relationen richtig und vollstndig erkennen sowie der jeweiligen Wortart diegrammatischen Merkmale richtig und vollstndig zuordnen (Niveau I), im Vergleich zu allenanderen Anforderungen am Ende der Klasse 6 niedriger ist. Besonders deutlich wird diesbeim Bilden syntaktischer Strukturen. Der Anteil der Schler, die nicht imstande sind,erforderliche Transformationen innerhalb einer syntaktischen Struktur (aus knstlichenWrtern) zu realisieren (Niveau I) betrgt in der VK 60%. In den KK ist der Anteil dieserSchler sogar knapp 100%.Diese Ergebnisse besttigen unsere Hypothese, da das System grammatischer Bedeutungennoch nicht deutlich genug an bestimmte Morpheme des Wortes fr die Schler gebunden ist.Die Schler konstruieren ihre uerungen noch nach "semantisch-konzeptuellen Kategorien"und nicht nach dem syntaktischen Prinzip (Bloom 1973). Wie und wann die konzeptuelleHypothese zugunsten der syntaktischen Hypothese aufgegeben wird, lt sich derzeit nachFelix (1982) noch nicht klren. Dieses Problem oder die Befhigung der Schler zumsyntaktischen Ordnungsprinzip von Sprache sollte im Mittelpunkt unserer Untersuchung inder nachfolgenden Klassenstufe 7 stehen. Diese Untersuchung konnte durch die"Abwicklung" des Instituts fr Lern- und Lehrforschung leider nicht realisiert werden.Wenden wir uns nun der Frage nach der Effektivitt der Lehrstrategie A --> K imRussischunterricht der Klasse 6 zu. Das allgemein bessere Niveau der VK gegenber der KKist noch kein hinreichender Beweis fr die Effektivitt der Lehrstrategie A --> K in Klasse 6.Betrachten wir aber die Zunahme der Schler in der Gruppe I (Niveau I) der VK (bezogen aufihre Gesamtstrke), so ist sie im -durchschnitt- grer als die Zunahme der Schler dieserLeistungsgruppe in den KK. Diese Zunahme mu aus einer Abnahme in Gruppe II und ingeringerem Mae in Gruppe III resultieren. Sind viele Schler bereits im Prtest in Gruppe IIvorhanden, so ist eine Verbesserung in der Gruppe I zu erwarten. Es mte also eineKorrelation zwischen der Zunahme in Gruppe I im Posttest und der Anzahl der Schler inGruppe II im Prtest vorliegen. Eine Anwendung dieses Verfahrens auf die LeistungsgruppeIII wre nicht korrekt, da die nderung in der Leistungsgruppe II nicht allein durch bergangvon Schlern aus der Leistungsgruppe III erfolgt, sondern auch, wie oben bechrieben, durchden Abgang in die Leistungsgruppe I. Damit ist eine statistische Analyse der nderung vonLeistungsgruppe I (I = Ipost-Ipr) in Abhngigkeit von der Anzahl der Schler in Gruppe II(IIpr) ein vollstndiges Ma fr die Effektivitt der Lehrstrategie A --> K in der 6. Klasse.Diese Hypothese wurde unter Einbeziehung aller Variablen (5 Variablen im Knnensbereichund 6 im sprachtheoretischen Bereich) berprft. Die Ermittlung derKorrelationskoeffizienten ergab- fr die VK einen Wert von = 0,65- fr die KK einen Wert von = 0,45Auerdem folgt aus der statistischen Analyse, da eine Abhngigkeit zwischen ^I und IIprfr die VK mit 99%iger Sicherheit vorliegt, in den KK betrgt diese Sicherheit nur 75%. DerVergleich der beiden Korrelationskoeffizienten zeigte weiterhin ihre statistischeUnabhngigkeit mit 99%iger Sicherheit. Insgesamt bedeutet dies, da die Lehrstrategie A -->K fr die VK hoch effektiv war und eine statistisch nachweisbare hohe positive Auswirkungauf dem Fremdsprachenerwerb in der 6. Klasse vorliegt.

  • Abschlieende BemerkungenWenngleich unsere Untersuchungsergebnisse aufgrund der noch relativ schmalen Datenbasismit gebhrender Vorsicht zu betrachten sind, so deuten sie dennoch darauf hin, da imErgebnis zweier verschiedener Lehrstrategien die Schler eine unterschiedlicheSprachfhigkeit entwickelt haben. Sow0hl in kognitiv-sprachlicher als auch in motivationalerHinsicht konnte eine deutliche berlegenheit der nach der Lehrstrategie A --> Kunterrichteten Schler nachgewiesen werden.Unsere bisherigen Analysen beschrnken sich weitgehend auf den Vergleich von Klassen undLeistungsgruppen. Differenziertere Analysen im Hinblick auf den Wesensunterschied derentwickelten Sprachfhigkeit bei Schlern der VK gegenber den KK stehen noch aus. Auchdie individuellen Besonderheiten und interindividuellen Unterschiede hinsichtlich derEntwicklung von Kommunikationsfhigkeit und -bereitschaft sowie Lernmotivation konntenbisher nur ansatzweise analysiert werden. Die vorliegenden Daten bieten dafr eineGrundlage und Ansatzpunkte fr weiterfhrende Fragestellungen und Hypothesenbildung.Mit den in der Untersuchung gewonnenen Erkenntnissen knnen Potenzen und Wege fr einezielgerichtete und systematische Entwicklung qualitativ hochwertiger Lernmotive sowie freine zielgerichtete und systematische Entwicklung der Kommunikationsfhigkeit imFremdsprachenerwerb im Anfangsunterricht aufgezeigt werden. Wir sehen dieseUntersuchung als einen pdagogisch-psychologischen Beitrag zur Weiterentwicklung desFremdsprachenunterrichtskonzepts an und denken, da eine Mglichkeit zur Lsung dervielstrukturierten Problematik des Fremdsprachenerwerbs unter schulischen Bedingungengefunden wurde. Unser Erkenntnisstand ermglicht es auch, die von uns entwickelteLehrstrategie auf andere Fremdsprachen anzuwenden.

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