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Leitfaden für Bürgerbeteiligung in der Landesverwaltung Führungsakademie Baden-Württemberg 20. Führungslehrgang 2012/2013

Leitfaden für Bürgerbeteiligung in der Landesverwaltung · Bürgerbeteiligung stellt die Entscheidungshoheit von Politik und Verwaltung nicht in Frage. Sie führt in der Regel keine

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Leitfaden für Bürgerbeteiligung in der Landesverwaltung

Führungsakademie Baden-Württemberg

20. Führungslehrgang 2012/2013

Vorwort

2

Vorwort

In sämtlichen Teilbereichen unserer modernen Gesellschaft laufen für alle wahr-

nehmbar in immer rascherer Folge hochkomplexe Veränderungs- und Transformati-

onsprozesse ab. Digitale Medien prägen in Form und Geschwindigkeit unsere Kom-

munikationsmuster sowohl im privaten als auch im öffentlichen Leben, machen uns

informierter und erfordern zugleich ganz neue Strategien der Informationsbewälti-

gung. Das Bildungswesen sieht sich mit zunehmenden Individualisierungsbedürfnis-

sen konfrontiert, muss zugleich aber Forderungen nach Einhaltung einheitlicher

Standards im Hinblick auf Anschlussfähigkeit Rechnung tragen. Forschung und Wis-

senschaft entwickeln eine Fülle von Technologien und Verfahren, die einerseits

enorme Fortschrittsleistungen erbringen, anderseits die Frage nach Beherrschbarkeit

der Risiken und Folgewirkungen aufwerfen. Diese Spannungsfelder lassen sich auch

für weitere gesellschaftliche Funktionssysteme wie z. B. Familie, Religion, Recht-

sprechung oder Kunst und Kultur beschreiben.

Daraus ergibt sich für Politik und Verwaltung eine doppelte Herausforderung: Zum

einen wird von ihnen erwartet, dass sie für widersprüchliche Erwartungshaltungen

Lösungen erbringen, obwohl jede Lösung neuerliche Frage- und Problemstellungen

aufwirft. Zum anderen besteht nach wie vor ihre originäre Aufgabe darin, gesamtge-

sellschaftlich verbindliche Entscheidungen zu treffen und umzusetzen, auch wenn

die Verfahren der Entscheidungsfindung und Umsetzung nicht mehr per se vorbe-

haltlose Akzeptanz finden. Um diesen Entwicklungen Rechnung zu tragen, strebt die

baden-württembergische Landesregierung eine „politische Kultur des Dialogs und

der Offenheit für Vorschläge“ an und möchte im Dialog mit den Bürgerinnen und Bür-

gern „eine neue Politik des Gehörtwerdens praktizieren“ (Aus: Koalitionsvertrag der

Landesregierung Baden-Württemberg 2011–2016).

Um Antworten auf die Frage zu finden, wie dieses angestrebte Ziel erreicht und in

der Praxis des Verwaltungshandelns umgesetzt werden kann, wurde der 20. Füh-

rungslehrgang im Rahmen seiner Projektarbeit durch das Staatsministerium beauf-

tragt, einen allgemeinen Leitfaden zur Bürgerbeteiligung für die Landesverwaltung zu

erstellen.

Dieser fügt sich ein in ein breites Spektrum von Initiativen sowie von Projekten und

Vorhaben der unterschiedlichen Verwaltungsebenen. Der vorliegende Leitfaden kon-

Vorwort

3

zentriert sich auf die Handlungsoptionen innerhalb der Verwaltung des Landes. Da-

mit ergänzt und erweitert er die bislang überwiegend auf kommunaler Ebene zur An-

wendung gebrachten Beteiligungsformen.

Den entscheidenden Fokus legt der Leitfaden auf Transparenz und Vertrauen als

Grundvoraussetzungen für das Entstehen einer umfassenden Beteiligungskultur.

Von dieser vertrauensvollen Kultur des Miteinanders und des Zuhörens war auch die

interdisziplinäre und engagierte Teamarbeit des 20. Führungslehrgangs am Projekt in

besonderer Weise geprägt.

Das vorliegende Projektergebnis stellt eine solide Grundlage für die konzeptionelle

Umsetzung von Bürgerbeteiligung in den Ressorts, Institutionen und Behörden des

Landes dar und zeigt Wege auf hin zu einer „Kultur des Dialogs und der Offenheit“.

Karlsruhe, im August 2012

Gerhard Stratthaus, MdL Präsident Führungsakademie Baden-Württemberg

Danksagung

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Danksagung

Wir, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 20. Führungslehrgangs, bedanken uns

ganz herzlich bei all denen, die uns auf so vielfältige Weise an ihrem Fachwissen und

ihrer Erfahrung teilhaben ließen und so zum Gelingen dieses Leitfadens beigetragen

haben. Ihre Anregungen in zahlreichen persönlichen Gesprächen, Telefonaten, Mails

und Manuskripten haben uns geholfen, das komplexe Thema „Bürgerbeteiligung“ zu

erschließen und den Leitfaden fertigzustellen. Auch den zahlreichen Helferinnen und

Helfern im Hintergrund wollen wir an dieser Stelle von Herzen danken.

Herrn Staatssekretär Klaus-Peter Murawski, Frau Staatsrätin Gisela Erler und den

Mitarbeitern des Staatsministeriums Baden-Württemberg Frau Niombo Lomba und

Herrn Hannes Wezel danken wir für die konstruktive Begleitung während der Erarbei-

tung des Leitfadens.

Die Impulsvorträge von Frau Niombo Lomba und Herrn Frank Ulmer haben uns eine

grundsätzliche Einführung zum Thema geboten. Herr Prof. Helmut Klages und Herr

Prof. Ortwin Renn haben in mehrstündigen Diskussionen mit uns das Thema aus-

führlich von wissenschaftlicher Seite her beleuchtet und reiche Erfahrungen beige-

tragen. Die Gespräche mit ihnen haben die Ausrichtung des jetzt vorliegenden Leit-

fadens maßgeblich beeinflusst – hierfür vielen Dank. Bedanken möchten wir uns

auch ganz herzlich bei Herrn Prof. Thomas Fliethmann, Herrn Dr. Stefan Bonath,

Herrn Dr. Siegfried Mauch, Herrn Ludwig Weitz und Frau Heike Endress für ihre um-

fassende wissenschaftliche Beratung und tatkräftige Unterstützung.

Die Frauen Ministerialdirektorinnen und Herren Ministerialdirektoren der verschiede-

nen Ressorts sowie die Regierungspräsidentinnen und Regierungspräsidenten ha-

ben wir hinsichtlich bestehender und geplanter Beteiligungsvorhaben kontaktiert. Wir

bedanken uns bei ihnen und ihren Häusern für die kurzfristigen Rückmeldungen,

durch die ein breites Spektrum an Themenfeldern und Verfahren beigesteuert wurde.

Dank gilt den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Absolvententags für die intensi-

ve und konstruktive Diskussion und dem Leitungskreis sowie den weiteren Mitarbei-

terinnen und Mitarbeitern der Führungsakademie für zahlreiche Gespräche, kritische

Lektüre und viele weiterführende Hinweise zum Thema Bürgerbeteiligung.

Danksagung

5

Für die hervorragende Logistik und die engagierte Unterstützung danken wir ganz

besonders unserer Kursleiterin Frau Schaal und dem gesamten Team der Führungs-

akademie. Wann immer wir Sie angesprochen haben, Sie waren für uns da.

Karlsruhe, im August 2012

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 20. Führungslehrgangs

Inhaltsübersicht

6

Inhaltsübersicht

Inhaltsübersicht .......................................................................................................... 6

A. Orientierung ......................................................................................................... 8

I. Was ist Bürgerbeteiligung? ............................................................................ 8

II. Was bringt Bürgerbeteiligung für die Landesverwaltung? ............................ 10

III. Bürgerbeteiligung – warum gerade jetzt? .................................................... 11

1. Bürgerbeteiligung und gesellschaftlicher Wandel .................................. 11

2. Subsidiarität verwirklicht sich heute in Bürgerbeteiligung ...................... 12

3. Gelebte Subsidiarität als Rückgrat der demokratischen Gesellschaft ... 13

IV. Was ist und was will dieser Leitfaden? ........................................................ 13

B. Bürgerbeteiligung in der Landesverwaltung ....................................................... 15

I. Bürgerbeteiligung als zentraler Bestandteil von Verwaltungshandeln .......... 15

1. Stellenwert der Bürgerbeteiligung .......................................................... 15

2. Voraussetzungen und Grundlagen in der Landesverwaltung ................ 15

II. Voraussetzungen für Bürgerbeteiligung ....................................................... 18

1. Gestaltungsspielraum ............................................................................ 18

2. Ergebnisoffenheit ................................................................................... 18

3. Faktor Zeit ............................................................................................. 19

4. Betroffenheit und Interesse .................................................................... 19

5. Ressourcen ........................................................................................... 21

6. Dokumentation des Entscheidungsprozesses ....................................... 21

III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens .................... 22

1. Erstellung des Gesamtkonzepts ............................................................ 22

2. Ziele und Zielgruppen einer Bürgerbeteiligung ...................................... 23

3. Intensität der Bürgerbeteiligung ............................................................. 25

4. Methodenwahl ....................................................................................... 27

5. Auswahl und Ansprache der potentiellen Teilnehmerinnen und Teilnehmer ............................................................................................. 42

6. Rückkopplung und Bewertung des Beteiligungsprozesses ................... 47

7. Ablauf des Beteiligungsprozesses ........................................................ 50

C. Beteiligungskultur in der Landesverwaltung ....................................................... 51

I. Was bedeutet Beteiligungskultur in der Landesverwaltung? ........................ 51

II. Change Management als Katalysator von Beteiligungskultur ...................... 53

Inhaltsübersicht

7

III. Wege zur Förderung einer Beteiligungskultur in der Landesverwaltung ...... 55

1. Strukturelle und organisatorische Maßnahmen ..................................... 55

2. Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Führungskräfte ...................................................................................... 58

3. Stärkung von Beteiligungskultur im Innenverhältnis .............................. 59

IV. Ressourcen für die Entwicklung einer Beteiligungskultur ............................. 60

1. Finanzielle, personelle und zeitliche Ressourcen als Grundvoraussetzung ............................................................................. 60

2. Kosten von Beteiligungsverfahren ......................................................... 61

3. Nutzen erfolgreicher Bürgerbeteiligung ................................................. 63

V. Bedeutung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses im Rahmen von Bürgerbeteiligung ......................................................................................... 65

1. Evaluation als belebendes Element zur Verstetigung von Bürgerbeteiligung .................................................................................. 65

2. Evaluation des konkreten Beteiligungsprozesses als Baustein einer stetigen Verbesserung ........................................................................... 65

D. Ausblick .............................................................................................................. 68

A. I. Was ist Bürgerbeteiligung?

8

A. Orientierung

I. Was ist Bürgerbeteiligung?

In unserer repräsentativen Demokratie werden politische Entscheidungen nicht un-

mittelbar vom Volk getroffen, sondern an gewählte Volksvertreterinnen und Volksver-

treter delegiert und von der Verwaltung umgesetzt. In der Regel werden Bürgerinnen

und Bürger außerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren nicht in konkrete

Entscheidungsprozesse eingebunden. Das können sie akzeptieren, solange sie den

Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern vertrauen. Dieses Vertrauen ist

gegenwärtig nicht mehr ohne Weiteres gegeben. Viele Bürgerinnen und Bürger be-

zweifeln, dass ihre Meinung wirklich zählt („Die da oben machen ja sowieso, was sie

wollen.“). Sie fühlen sich nur noch als Zuschauerinnen und Zuschauer. Umgekehrt

kann auf Seiten von Politik und Verwaltung der Eindruck entstehen, die Mehrheit der

Bürgerinnen und Bürger wolle sich gar nicht engagieren. So entsteht eine Kluft zwi-

schen Volksvertreterinnen und Volksvertretern bzw. Verwaltungsangehörigen einer-

seits und Bürgerinnen und Bürgern andererseits. Der Ruf nach Volksabstimmungen

sowie Bürgerproteste gegen von Politik und Verwaltung bereits getroffene Entschei-

dungen sind hierfür symptomatisch.

A. I. Was ist Bürgerbeteiligung?

9

Bürgerbeteiligung ist eine sich in

unterschiedlichen Formen voll-

ziehende Einbeziehung von

Bürgerinnen und Bürgern in

staatliche und kommunale Ent-

scheidungsprozesse.

Bürgerbeteiligung setzt

Entscheidungsspielraum und

Ergebnisoffenheit voraus.

Bürgerbeteiligung vermag die beschriebene Kluft zu schließen. Sie nimmt die Bürge-

rinnen und Bürger hinein in den Prozess der Entscheidungsfindung.

Konkret ist unter Bürgerbeteiligung „eine sich in unterschiedlichen Formen vollzie-

hende Einbeziehung von Bürgerinnen und Bür-

gern in staatliche und kommunale Entschei-

dungsprozesse“ zu verstehen.1

Sie muss auf sorgfältige, verlässliche und

transparente Art und Weise vorbereitet, beglei-

tet und abgeschlossen werden. Nur wenn die

Bürgerinnen und Bürger dem Verfahren ver-

trauen, ist Bürgerbeteiligung erfolgreich. Die Einbindung muss so geschehen, dass

die Bürgerinnen und Bürger das Gefühl gewinnen, dass ihre Meinung zählt und bei

der Entscheidung durch die Verwaltung berücksichtigt wird.

Entscheidende Voraussetzung hierfür ist das Vorhandensein eines Entscheidungs-

spielraums. Wenn im Rahmen eines Projekts nicht mehr als eine Option besteht, ist

Beteiligung nicht sinnvoll. Schließlich muss Bür-

gerbeteiligung ergebnisoffen sein – sowohl auf

Seiten von Politik und Verwaltung als auch auf

Seiten der Bürgerinnen und Bürger.

Bürgerbeteiligung stellt die Entscheidungshoheit von Politik und Verwaltung nicht in

Frage. Sie führt in der Regel keine abschließende Entscheidung herbei, sondern un-

terstützt und berät Politik und Verwaltung bei der Entscheidungsfindung. Insofern

stellt Bürgerbeteiligung eine wichtige Bereicherung unserer repräsentativen Demo-

kratie dar.

A. II. Was bringt Bürgerbeteiligung für die Landesverwaltung?

10

Bürgerbeteiligung kann

die Qualität von Verwaltungs-

entscheidungen verbessern,

Verwaltungshandeln effizienter

machen,

die Legitimation und Akzep-

tanz von Verwaltungshandeln

steigern.

Gelungene Bürgerbeteiligung

schafft Vertrauen und fördert

eine Beteiligungskultur.

Bürgerbeteiligung erfolgt von Seiten der Bürgerinnen und Bürger auf freiwilliger Ba-

sis. Im Rahmen einer wachsenden Beteiligungskultur ist zwar von einer Vergröße-

rung des beteiligungsbereiten Bevölkerungsanteils auszugehen, dennoch wird es

immer Bürgerinnen und Bürger geben, die aus unterschiedlichen Gründen weder am

Beteiligungsprozess teilnehmen können noch wollen. Deshalb kommt Politik und

Verwaltung im Rahmen von Beteiligungsprozessen die Aufgabe zu, bei der Ent-

scheidungsfindung auch die Interessen dieser Bevölkerungsgruppen zu berücksich-

tigen.

II. Was bringt Bürgerbeteiligung für die Landesverwaltung?

Bürgerbeteiligung kann die Qualität von Verwaltungsentscheidungen verbessern.

Bürgerinnen und Bürger verfügen über vielfältiges Wissen in Gestalt von Experten-,

Prozess- und Erfahrungswissen. Dementsprechend kann Bürgerbeteiligung die Wis-

sensbasis für Verwaltungshandeln vergrößern,

zusätzliche Erkenntnisse und Ideen hervor-

bringen und so zu einem Qualitätsgewinn beitra-

gen.

Bürgerbeteiligung vermag Verwaltungshandeln

effizienter zu machen. Sie kann helfen, frühzeitig

Konfliktpotenziale zu erkennen. Missverständ-

nisse lassen sich vermeiden oder aufklären. Das

kann Zeit und Kosten sparen.

Bürgerbeteiligung kann die Legitimation und Akzeptanz von Verwaltungshandeln

steigern. Sie kann wichtige Präferenzen und Werte der betroffenen Bevölkerungsteile

für Verwaltung und Politik sichtbar machen. Bürgerbeteiligung bietet zugleich die

Möglichkeit, Entscheidungsprozesse für die Bevölkerung transparent und nachvoll-

ziehbar zu gestalten und gegenläufige Interessen auszugleichen.

Gelungene Bürgerbeteiligung schafft Vertrauen.

Gleichzeitig fördert sie eine Beteiligungskultur, die

von einem Gesellschafts- und Menschenbild ge-

prägt ist, welches Verantwortung, Solidarität,

Freiheit und Menschenwürde beinhaltet.

A. III. Bürgerbeteiligung – warum gerade jetzt?

11

Bürgerbeteiligung ist die

Antwort auf einen Werte-

und Strukturwandel in unse-

rer Gesellschaft.

Durch Bürgerbeteiligung kann die Landesverwaltung Baden-Württemberg noch zu-

kunftsfähiger gemacht werden.

III. Bürgerbeteiligung – warum gerade jetzt?

1. Bürgerbeteiligung und gesellschaftlicher Wandel

Bürgerbeteiligung ist die Antwort auf einen Werte- und Strukturwandel in unserer

Gesellschaft. Dieser Wandel birgt Vorteile, die unmittelbar für die Verwaltung genutzt

werden können.

Bürgerinnen und Bürger können sich nur dort ef-

fektiv einbringen, wo sie einen Freiraum für ihre

Eigeninitiative vorfinden. Bislang haben sie diesen

vor allem in bürgerlichen Organisationsformen wie

beispielsweise Vereinen, Stiftungen, Interessen-

vertretungen und politischen Parteien gesucht. Allerdings können Einzelne hier meist

nur mittelbar ihre Interessen vertreten. Heutzutage suchen die interessierten Bürge-

rinnen und Bürger darüber hinaus einen Freiraum, der direkte Mitgestaltung ermög-

licht. Sie wollen sich direkt zu einem Thema äußern und ihre Kompetenzen und Mei-

nungen zielgerichtet und zeitlich überschaubar einbringen.

Man kann sich den beschriebenen Wandel mit folgenden

Bildern verdeutlichen: Früher glich das Verhältnis der

bürgerlichen Organisationsformen konzentrischen Krei-

sen. Diese Kreise stellen die Einzelnen in ihren Zugehö-

rigkeiten zu immer größeren Organisationsformen dar.

Sie sind Teil der Familie, des Vereins, der Gemeinde,

der Interessenverbände und schließlich des Staats. Nur

indirekt, also vermittelt über diese Organisationsformen vertreten die Einzelnen ihre

Interessen gegenüber der Landesverwaltung.

A. III. Bürgerbeteiligung – warum gerade jetzt?

12

Bürgerbeteiligung berücksichtigt

die Interessen und Kompeten-

zen des bzw. der Einzelnen und

nutzt sie zur Unterstützung.

Heute gleicht das Bild nicht mehr konzentrischen Krei-

sen, sondern verschieden großen Kreisen, die miteinan-

der eng verwoben sind oder Wechselwirkungen einge-

hen.

Eine langfristige und ausschließliche Bindung an eine

soziale Gruppe ist eher die Ausnahme geworden. Die

bzw. der Einzelne nutzt die Chance, sich in verschiedene

soziale Zusammenhänge einzubringen. Mobilität, Flexibi-

lität, ein steigendes Bildungsniveau, schnelle und umfassende Kommunikations- und

Informationsmöglichkeiten über die neuen Medien ermöglichen und unterstützen die-

se Entwicklung.

Der gesellschaftliche Struktur- und Wertewandel betrifft freilich nicht nur die Einzel-

nen, sondern auch Politik und Verwaltung. Diesen wächst zunehmend die Aufgabe

des Koordinierens und Moderierens zu.

2. Subsidiarität verwirklicht sich heute in Bürgerbeteiligung

Für erfolgreiches Verwaltungshandeln wird es immer wichtiger, sowohl die Interessen

als auch das Wissen der Bürgerinnen und Bürger bestmöglich zu berücksichtigen.

Hier setzt Bürgerbeteiligung an, indem sie die Interessen und Kompetenzen des bzw.

der Einzelnen strukturiert erhebt und zur Unterstützung nutzt. Sie setzt damit den

demokratischen Grundgedanken der Subsidiarität um. Subsidiarität bedeutet

grundsätzlich, dass Aufgaben, Handlungen und Problemlösungen so weit wie

möglich selbstbestimmt und eigenverantwortlich angegangen werden. Keine

gesellschaftliche Kraft soll an sich ziehen, was auch die je kleinere Einheit leisten

kann.

Beteiligung räumt den Bürgerinnen und Bür-

gern einerseits mehr Gestaltungsspielraum in

ihrem eigenen Lebensumfeld ein und signali-

siert so, dass deren Wille zur Selbstbestim-

mung wertgeschätzt wird. Andererseits zieht

sie die Bürgerinnen und Bürger zur Unterstüt-

zung der Verwaltung heran, indem unterschiedliche Interessen so gebündelt werden,

A. IV. Was ist und was will dieser Leitfaden?

13

Bürgerbeteiligung ist ein effekti-

ves Instrument, Subsidiarität

zukunftsfähig zu gestalten und

damit die repräsentative Demo-

kratie insgesamt zu stärken.

dass diese von der Bürgerschaft mitgetragen werden können und deren Umsetzung

dem Gemeinwohl dient.

3. Gelebte Subsidiarität als Rückgrat der demokratischen Gesellschaft

Subsidiarität ist für eine funktionierende demokratische Gesellschaft notwendig.

Wenn die subsidiäre Struktur geschwächt ist, entkoppelt sich das Verhältnis zwi-

schen Bevölkerung auf der einen und Politik bzw. Verwaltung auf der anderen Seite.

Politikverdrossenheit, sinkende Wahlbeteiligung und vielfältige Formen des Protests

sind alarmierende Anzeichen für ein Ungleichgewicht in der subsidiären Struktur un-

serer Gesellschaft. Eine maßgebliche Ursache für dieses Ungleichgewicht liegt in

grundlegenden Veränderungen unserer Gesellschaft. Der gesellschaftliche Wandel

führt dazu, dass subsidiäre Beteiligung weiter gefasst werden muss. Die einzelne

Person muss neben Möglichkeiten der mittelbaren Beteiligung auch direkte Möglich-

keiten der Einflussnahme haben.

Hier ist Bürgerbeteiligung ein effektives Instrument, Subsidiarität zukunftsfähig zu

gestalten und damit die repräsentative Demokratie insgesamt zu stärken. Bürgerbe-

teiligung füllt einen Rahmen, den der gesell-

schaftliche Wandel bereits vorgegeben hat.

Wenn durch Bürgerbeteiligung das Vertrauen

zwischen Bürgerinnen und Bürgern und Verwal-

tung weiter gestärkt wird, können auch das Ver-

trauen in die Demokratie und die Beteiligung an

der repräsentativen Demokratie zunehmen. Repräsentative Demokratie geht heute

mit Bürgerbeteiligung Hand in Hand.

IV. Was ist und was will dieser Leitfaden?

Der gesellschaftliche Wandel fordert Bürgerbeteiligung auf allen Ebenen unserer

Demokratie. Bei der praktischen Umsetzung steht bislang die kommunale Ebene im

Mittelpunkt. Hier bietet der vorliegende Leitfaden eine Ergänzung, indem er sich aus-

drücklich an die Landesverwaltung Baden-Württemberg wendet. Für diese ist Bür-

gerbeteiligung freilich kein Fremdwort. In vielen Bereichen werden Bürgerinnen und

Bürger bereits eingebunden. Entsprechende Strukturen wurden an unterschiedlichen

Stellen bereits geschaffen. Dieser Leitfaden möchte die Landesverwaltung bei der

A. IV. Was ist und was will dieser Leitfaden?

14

Durchführung von Bürgerbeteiligung unterstützen und einen Beitrag zur Förderung

der Beteiligungskultur in Baden-Württemberg leisten. Er bedarf der weiteren Konkre-

tisierung für die einzelnen Ressorts bzw. Behörden.

Der Leitfaden hat ausschließlich informelle Verfahren der Bürgerbeteiligung zum Ge-

genstand. Damit sind Beteiligungsverfahren gemeint, die nicht gesetzlich geregelt

sind und deshalb den Bedürfnissen des Einzelfalls angepasst oder mit den Beteilig-

ten vereinbart werden können. Direktdemokratische Verfahren (Bürgerbegehren,

Volksentscheid) sowie gesetzlich geregelte Formen der Bürgerbeteiligung (insbeson-

dere Planfeststellungs-, Raumordnungs- und Baugenehmigungsverfahren) sind aus-

genommen; diese Verfahren werden Thema eines eigenen Leitfadens sein. Auch

bürgerschaftliches Engagement in Vereinen oder Ehrenamt ist nicht Gegenstand

dieses Leitfadens.

Der Leitfaden gliedert sich im Folgenden in drei Teile:

Teil B gibt Ihnen Informationen zum praktischen Vorgehen bei Beteiligungsprozessen

an die Hand.

Teil C beschreibt Voraussetzungen und Maßnahmen für die Entwicklung einer Betei-

ligungskultur in der Landesverwaltung Baden-Württemberg.

Teil D gibt erste Hinweise zur weiteren Umsetzung und Implementierung von Bürger-

beteiligung in der Landesverwaltung Baden-Württemberg.

B. I. Bürgerbeteiligung als zentraler Bestandteil von Verwaltungshandeln

15

Bürgerbeteiligung ist

selbstverständliches

Element von Verwal-

tungshandeln.

B. Bürgerbeteiligung in der Landesverwaltung

I. Bürgerbeteiligung als zentraler Bestandteil von Verwaltungshandeln

Die Landesregierung und die Landesverwaltung bekennen sich zum Prinzip der Be-

teiligung als einem zentralen Element des Verwaltungshandelns.

1. Stellenwert der Bürgerbeteiligung

In vielen Bereichen der Landesverwaltung wird Beteili-

gung bereits erfolgreich praktiziert. Zukünftig soll dies

ein selbstverständliches Element des Verwaltungshan-

delns sein, so dass Bürgerbeteiligung immer durchge-

führt wird, wenn sie möglich und angezeigt ist.

2. Voraussetzungen und Grundlagen in der Landesverwaltung

Konkrete Bürgerbeteiligungsverfahren sind „fragile Prozesse, die oft von den inten-

dierten idealen Verläufen abweichen“.2 Umso mehr bilden stabile und verlässliche

Verwaltungsstrukturen die Voraussetzung für die Öffnung von Verwaltungshandeln

für Beteiligung. Alle Ebenen der baden-württembergischen Landesverwaltung haben

bereits wesentliche Aspekte eines Good-Governance-Profils, d.h. eines Leitbilds „gu-

ten Regierens“, umgesetzt. Auch die Bürgerbeteiligung (Partizipation) ist in den Kon-

text der Good-Governance einzuordnen.3

B. I. Bürgerbeteiligung als zentraler Bestandteil von Verwaltungshandeln

16

Jede (größere) Verwaltungseinheit steht vor der Aufgabe, auf der Grundlage der

Good-Governance eine eigene Konzeption zur Bürgerbeteiligung zu entwickeln. Da-

bei wird sichtbar gemacht, wo prinzipiell Bürgerbeteiligungsprozesse sinnvoll sind.

Das kann im Bereich regelmäßig anfallender Aufgaben der Fall sein, aber auch bei

Einzelprojekten.

In beiden Fällen müssen die Vorhaben der Landesverwaltung transparent gemacht

werden, damit die Bürgerinnen und Bürger wissen, welche beteiligungsrelevanten

Maßnahmen anstehen und inwiefern sie sich hieran beteiligen können. Für Einzel-

projekte bietet sich die Veröffentlichung einer Vorhabenliste an.

Praxisbeispiel: Vorhabenliste Stadt Heidelberg

Die Vorhabenliste dient der frühzeitigen Information der Bürgerschaft über wichtige

Vorhaben der Stadt. Effektive Beteiligung setzt rechtzeitige Information der Bürgerin-

nen und Bürger über wichtige Projekte und Planungen der Stadt voraus. Diese In-

formationen sind in der so genannten Vorhabenliste enthalten, die die Stadtverwal-

tung in Abstimmung mit dem Gemeinderat erstellt und fortlaufend aktualisiert. Die

Vorhabenliste ist im Internet veröffentlicht und in den Bürgerämtern ausgelegt. Zu-

dem können sich Bürgerinnen und Bürger bei allen Fragen rund um Bürgerbeteili-

GOOD

GOVERNANCE

Partizipation

VerantwortlichkeitKohärenz

EffektivitätOffenheit

GOOD

GOVERNANCE

Partizipation

VerantwortlichkeitKohärenz

EffektivitätOffenheit

B. I. Bürgerbeteiligung als zentraler Bestandteil von Verwaltungshandeln

17

gung an eine Koordinierungsstelle der Stadt wenden. Die Vorhabenliste soll auch

über die sogenannte „Heidelberg-App“ für Smartphones verfügbar gemacht werden.

Eine Vorhabenliste, in der kurz und informativ die einzelnen Projekte oder Anliegen

benannt werden, ist nicht nur im engeren kommunalen Verwaltungshandeln möglich

und sinnvoll. Vielmehr bietet sie sich als Grundlage für Informations- und Mitwir-

kungsmöglichkeiten auch im Bereich überregionalen Verwaltungshandelns an (z. B.

in Landratsämtern, Regierungspräsidien, Ministerien oder Fachbehörden). Die

Homepages der Landesverwaltung bieten geeignete Plattformen für Vorhabenlisten.

Sie sind zentral über das Internetportal der Landesverwaltung zugänglich (service-

bw.de). Veränderungen und Weiterentwicklungen eines Vorhabens oder Projekts

können fortlaufend abgebildet werden, so dass allen Interessierten ein transparenter

und niederschwelliger Zugang eröffnet wird.

Die Landesverwaltung soll grundsätzlich selbst die Möglichkeit einer Beteiligung prü-

fen und diese durchführen, wenn es möglich und angezeigt ist. Zugleich sollte sie

über die transparente Darstellung des Verwaltungshandelns und die Veröffentlichung

einer Vorhabenliste aber auch öffentliche Foren bieten, die es den Bürgerinnen und

Bürgern ermöglichen, sich aktiv einzubringen.

Die Initiative für eine Bürgerbeteiligung kann dementsprechend von verschiedenen

Seiten ausgehen:

Die Verwaltung initiiert eine Bürgerbeteiligung.

Vor der Aufnahme eines Projekts in die ressort- oder behördenbezogene

Vorhabenliste nimmt die Verwaltung eine Prüfung vor, inwieweit ein Bürger-

beteiligungsverfahren möglich ist. Wie die Ziele der Beteiligung konkret for-

muliert oder die Auswahl der beteiligten Partner im Trialog Politik – Verwal-

tung – Bürger getroffen werden, wird unter B.III. dargestellt.

Die Politik initiiert eine Bürgerbeteiligung.

Eine Bürgerbeteiligung kann seitens der Politik angestrebt werden, z. B. um

auf ein aktuelles Ereignis zu reagieren oder grundlegende Veränderungen

auf breiter Basis vorantreiben zu können. Die Bürgerbeteiligung dient in die-

sem Fall der Orientierung der Politik.

B. II. Voraussetzungen für Bürgerbeteiligung

18

Die Bürgerinnen und Bürger initiieren eine Bürgerbeteiligung.

Die Bürgerinnen und Bürger können anhand der Informationen im Internet

und anhand der Vorhabenliste entscheiden, ob sie sich beteiligen möchten.

Sie können sich informieren und ggf. gezielte Verbesserungsvorschläge ab-

geben.

II. Voraussetzungen für Bürgerbeteiligung

Bürgerbeteiligung erfordert die Möglichkeit der Einflussnahme, d.h. einen Gestal-

tungsspielraum, Ergebnisoffenheit und die passenden zeitlichen Rahmenbedingun-

gen. Bürgerbeteiligung ist darüber hinaus nur dann sinnvoll, wenn eine erhebliche

Zahl von Personen von dem Verwaltungshandeln betroffen oder daran interessiert

ist.

1. Gestaltungsspielraum

Bürgerbeteiligung setzt einen Gestaltungsspielraum voraus (vgl. oben A.I.).

2. Ergebnisoffenheit

Beteiligungsprozesse müssen ergebnisoffen sein. Ein „Beteiligungsprozess“, der die

Möglichkeit der Einflussnahme grundsätzlich ausschließt, kann bei den Beteiligten zu

Frustration führen und sogar die Akzeptanz für das Verwaltungshandeln mindern.

B. II. Voraussetzungen für Bürgerbeteiligung

19

Klären Sie folgende Frage: Wel-

che Bürgerinnen und Bürger sind

von dem Verwaltungshandeln un-

mittelbar betroffen bzw. könnten

ein Interesse daran haben?

3. Faktor Zeit

Bürgerbeteiligung setzt ausreichend Zeit im Entscheidungsprozess der Verwaltung

voraus. Im Einzelfall können Verwaltungsentscheidungen so dringlich sein, dass ein

Beteiligungsprozess nicht mehr durchgeführt werden kann.

4. Betroffenheit und Interesse

Wichtiges Entscheidungsmerkmal für eine strukturierte, informelle Bürgerbeteiligung

ist, inwieweit das Verwaltungshandeln die Bürgerinnen und Bürger in irgendeiner

Weise persönlich betrifft oder einfach nur interessiert.

In diesem Zusammenhang können Sie drei grundlegende Fragen stellen: In welchem

Umfang sind Bürgerinnen und Bürger von dem in Frage stehenden Vorhaben betrof-

fen bzw. an ihm interessiert? Ist Bürgerbeteiligung notwendig, damit eine Maßnahme

überhaupt wirksam werden kann? Liegen widerstreitende Interessen vor?

a) Breites öffentliches Interesse

Wenn zu erwarten ist, dass das Thema auf

ein großes öffentliches Interesse stößt, emp-

fiehlt es sich, die informelle Beteiligung einer

breiten Öffentlichkeit anzustreben. Bei politi-

schen Vorhaben und Verwaltungsverfahren

haben in der Regel deutlich mehr Menschen

ein Interesse an Mitsprache und Mitgestal-

tung als die unmittelbar faktisch oder rechtlich Betroffenen.

B. II. Voraussetzungen für Bürgerbeteiligung

20

Klären Sie folgende Frage:

Ist die Mitwirkung breiter

Bevölkerungskreise erfor-

derlich, damit das Vorha-

ben/Verfahren erfolgreich

umgesetzt werden kann?

Praxisbeispiel: Integriertes Energie- und Klimaschutzkonzept (IEKK) des Um-

weltministeriums

Als zentrales Instrument zur Erreichung der klima- und energiepolitischen Ziele des

Landes soll das IEKK neben den Sektorzielen auch konkrete Maßnahmen zur Zieler-

reichung umfassen. Von einem breiten öffentlichen Interesse ausgehend, plant das

Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft bei der Erstellung der Maßnah-

menprogramme in den Bereichen „Stromerzeugung und -verteilung“, „Private Haus-

halte“, „Verkehr“ und „Öffentliche Hand“ eine frühzeitige und umfassende Bürger-

und Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen. Für die Bereiche „Industrie“, „Gewer-

be“, „Handel und Dienstleistungen“ sowie „Land- und Forstwirtschaft, Landnutzung“

ist ein gleichartiger Diskussionsprozess mit den Verbänden vorgesehen.

b) Erforderliche Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger

In manchen Fällen ist die Verwaltung bei der Um-

setzung eines Vorhabens auf die Mitwirkung der

Bürgerinnen und Bürger angewiesen. Dies ist z. B.

der Fall, wenn das Experten- und Erfahrungswissen

der Bürgerinnen und Bürger für die Gestaltung einer

Maßnahme besonders wichtig ist oder wenn deren

Umsetzung nur mit Unterstützung der Bürgerinnen

und Bürger gelingen kann.

Beispielsweise können Aktionsprogramme zur Einsparung von Heizenergie mit Info-

Zentren und Beratungsleistungen nur Erfolg haben, wenn die Bürgerinnen und Bür-

ger diese Unterstützung auch in Anspruch nehmen.

B. II. Voraussetzungen für Bürgerbeteiligung

21

Klären Sie folgende Frage:

Welche erheblichen gegensätzlichen

Interessen liegen bezüglich des Vor-

habens oder Verfahrens bei den Bür-

gerinnen und Bürgern vor?

Dokumentieren Sie den

Entscheidungsprozess!

c) Kontroverses Thema

Je kontroverser das Thema, desto wich-

tiger ist die in repräsentativer Hinsicht

angemessene Beteiligung der Bürgerin-

nen und Bürger. Dadurch erhöht sich die

Chance, einen für alle Beteiligten an-

nehmbaren Kompromiss zu finden.

5. Ressourcen

Wichtig für das Gelingen einer Bürgerbeteiligung sind ausreichende finanzielle, zeitli-

che und personelle Ressourcen.

Noch bevor die Frage, ob oder in welcher Form eine Beteiligung durchgeführt werden

soll, abschließend geklärt ist, sollten Sie prüfen, welche Ressourcen tatsächlich zur

Verfügung stehen. Sind nicht genügend Ressourcen (vgl. C.IV.2.) für die Durchfüh-

rung aufwendiger Verfahren vorhanden, heißt dies nicht, dass von vornherein auf

eine Bürgerbeteiligung generell verzichtet wird. Bei geringem Ressourcenumfang

kann durch Reduktion des Methodenumfangs, durch Veränderung der Zeitplanung

oder durch andere Einschränkungen unter Umständen das angestrebte Ziel erreicht

werden. Beispielsweise könnte auf eine kostengünstige Information mittels Internet-

auftritt zurückgegriffen werden, anstatt flächendeckend Briefe zu versenden.

6. Dokumentation des Entscheidungsprozesses

Dokumentieren Sie den Entscheidungsprozess

für oder gegen eine Beteiligung sowie die Frage-

stellung bzw. Zielsetzung der Beteiligung in mög-

lichst umfassender Art und Weise, damit von Anfang an die Transparenz sicherge-

stellt ist. Die Nachvollziehbarkeit Ihrer Überlegungen ist im Rahmen eines transpa-

renten Umgangs der Verwaltung mit den Wünschen der Bürgerinnen und Bürger von

Bedeutung.

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

22

III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

1. Erstellung des Gesamtkonzepts

Gute Planung, durchdachte Ziele und eine gewissenhafte Analyse der Zielgruppen

sind notwendige Voraussetzungen für das Gelingen eines Beteiligungsverfahrens.

a) Benennen Sie Ziel und Gestaltungsspielraum möglichst klar

Das Gesamtkonzept für den Prozessablauf der Bürgerbeteiligung umfasst die Defini-

tion der Themen und Ziele (vgl. unten B.III.2.), der Beteiligten sowie der Methoden.

Darüber hinaus werden im Gesamtkonzept Aussagen zu den Handlungsspielräumen

im Beteiligungsprozess getroffen, damit die Beteiligten ihre Möglichkeiten zur Ein-

flussnahme kennen. Das Gesamtkonzept dient außerdem der Koordination der an-

stehenden Maßnahmen und der Ressourcenabschätzung.

Gegebenenfalls sind die politischen Entscheidungsträger frühzeitig zu integrieren,

um deren Unterstützung sicherzustellen.

b) Legen Sie die Intensität der Beteiligung fest

Bürgerbeteiligung kann in unterschiedlicher Intensität erfolgen (vgl. unten B.III.3.).

Für die jeweils gewählte Intensitätsstufe bzw. auch für verschiedene Prozessab-

schnitte stehen differenzierte Methoden zur Verfügung (vgl. unten B.III.4.).

Unabhängig davon, welche Intensität gewählt wird, sind die Bürgerinnen und Bürger

möglichst frühzeitig und kontinuierlich prozessbegleitend (beispielsweise in Form von

Statusberichten) zu beteiligen. Umfassende und transparente Information der Betrof-

fenen und Interessierten ist wesentlicher Bestandteil jedes Beteiligungsprozesses.

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

23

c) Erstellen Sie einen Ablauf- und Zeitplan

Der Ablauf- und Zeitplan des Beteiligungsprozesses steht in Wechselwirkung mit der

gewählten Methode. Legen Sie nicht nur den Beginn, sondern auch den Endpunkt

des Beteiligungsverfahrens fest. Der Ablauf sollte so flexibel geplant werden, dass

auf Veränderungen bzw. Verzögerungen während des Prozesses noch durch An-

passungen und Fortschreibungen reagiert werden kann. Der Projektplan soll außer-

dem bereits Informationen über den nachfolgenden Entscheidungsprozess enthalten.

Prüfen Sie die gesamte Projektplanung unter dem Gesichtspunkt effizienter Struktu-

ren und Abläufe.

d) Benennen Sie Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten

Das Gesamtkonzept enthält klare Beschreibungen der Zuständigkeit und Verantwort-

lichkeit der Akteure und stellt sicher, dass die erforderliche Methodenkompetenz zur

Verfügung steht. Binden Sie ebenfalls betroffene Fachbereiche der Landesverwal-

tung möglichst frühzeitig ein. Bei größeren Vorhaben empfiehlt es sich externe Kom-

petenz hinzuzuziehen.

e) Erheben Sie den Bedarf an Ressourcen

Der Bedarf an personellen, finanziellen und zeitlichen Ressourcen ist von vielen Fak-

toren abhängig, unter anderem von der gewählten Methode und der Anzahl der Be-

teiligten (vgl. unten C.IV.2.). Gleichen Sie bereits bei der Planung den festgestellten

Bedarf und die zur Verfügung stehenden Ressourcen ab (vgl. oben B.II.5.).

2. Ziele und Zielgruppen einer Bürgerbeteiligung

a) Definieren und formulieren Sie Ziele der Bürgerbeteiligung

Unabhängig davon, ob die Initiative für das Bürgerbeteiligungsverfahren von der

Verwaltung oder von (betroffenen) Bürgerinnen und Bürgern ausgeht, gilt es ein Ziel

zu definieren. Formulieren Sie dieses so konkret wie möglich, um passgenaue Maß-

nahmen treffen und die Zielerreichung später evaluieren zu können.

Mögliche Ziele eines Bürgerbeteiligungsverfahrens sind:

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

24

Schaffung von Transparenz

Frühzeitige und umfassende Information der Bürgerinnen und Bürger schafft

Transparenz. Wenn die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehen können, wa-

rum bestimmte Vorhaben durchgeführt werden sollen und welche Umstände

für die Ausgestaltung der entsprechenden Maßnahmen ausschlaggebend

sind, ist ein wichtiger Beitrag zum Verständnis und zur Akzeptanz von Maß-

nahmen der Verwaltung geleistet.

Einholen eines Meinungsbildes

Bei anstehenden Vorhaben ist oftmals nicht klar, welche Positionen die Bür-

gerinnen und Bürger in Bezug auf das betreffende Thema vertreten. Wird be-

reits im Vorfeld ein belastbares Meinungsbild der Betroffenen und Interes-

sierten eingeholt, können die verschiedenen Interessenlagen bei der Ent-

scheidungsfindung besser berücksichtigt werden. Außerdem erhält die Ver-

waltung frühzeitig einen Überblick über die betroffenen Bevölkerungsgruppen

und kann bei eventuellen Benachteiligungen Kompensationsmaßnahmen

vorsehen.

Einholen von Vorschlägen

In vielen Fällen sind die betroffenen Bürgerinnen und Bürger die eigentlichen

Expertinnen und Experten in Bezug auf die Folgen einer anstehenden Maß-

nahme und im Hinblick auf die Optimierung des entsprechenden Vorhabens.

Dieses Know-how kann genutzt werden, indem die Vorschläge der Bürgerin-

nen und Bürger eingeholt und bei der Ausgestaltung dieser Maßnahme be-

rücksichtigt werden.

Mitarbeit bei der Gestaltung von Vorhaben und Konsensfindung

Das Wissen der Bürgerinnen und Bürger wird noch stärker genutzt, wenn

diese nicht nur Vorschläge einbringen, sondern aktiv in die Gestaltung einer

Maßnahme eingebunden werden. Wenn Lösungen gemeinsam erarbeitet

werden, fließen die Interessen und das Wissen verschiedener Akteure in den

Entscheidungsprozess ein, wodurch fundierte, konsensfähige und tragfähige

Ergebnisse erzielt werden können. Die aktive Beteiligung kann für die Ver-

waltung gerade auch in den Fällen einen erheblichen Vorteil bieten, in denen

in der Bevölkerung Interessen in Bezug auf das geplante Vorhaben stark di-

vergieren oder bereits Konflikte zutage getreten sind.

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

25

b) Definieren Sie Zielgruppen und sprechen Sie diese richtig an

Die Frage, wer betroffen ist oder wer bei der Umsetzung einer Regelung später mit-

wirken soll, führt Sie zur Eingrenzung des richtigen Adressatenkreises. Es zählen

jedoch auch solche Personen(-gruppen), zum möglichen Adressatenkreis, die ledig-

lich ein Interesse an dem Thema haben (vgl. oben B.II.4.).

Die Zielgruppen sollen großzügig festgelegt werden. Bei der Definition der Zielgrup-

pen darf die Überlegung, wer gut erreichbar oder zu einer Mitgestaltung zu animieren

ist, nicht ausschlaggebend sein. So müssen häufig auch schwer erreichbare Grup-

pen (die “schweigende Mehrheit“), wie z. B. ältere Menschen, Menschen mit Behin-

derungen, Berufstätige, Alleinerziehende, Migrantinnen und Migranten, Arbeitslose,

usw. gleichermaßen als Zielgruppe ins Auge gefasst werden.

Die Auswahl ist aber auch von der Zugehörigkeit zu unterschiedlichen gesellschaftli-

chen Systemen abhängig (z. B. Religion, Wirtschaft, Bildung, Sport, Wissenschaft),

da das dort zur Verfügung stehende spezifische Fachwissen im Rahmen des Beteili-

gungsverfahrens wertvoll sein kann.

Das Ziel der Beteiligung kann unmittelbare Auswirkung auf den Adressatenkreis ha-

ben. Sollen beispielsweise alle Anwohnerinnen und Anwohner über eine geplante

Maßnahme informiert und eventuell mit einbezogen werden, ist dafür Sorge zu tra-

gen, dass die Beteiligung auch allen Anwohnerinnen und Anwohnern möglich ist.

Diese Überlegungen reichen von der zielgruppenorientierten Kommunikation bis hin

zum persönlichen Besuch, der im Einzelfall notwendig sein kann, wenn eine Teil-

nahme anders nicht möglich ist.

3. Intensität der Bürgerbeteiligung

Die Intensität von Bürgerbeteiligung lässt sich in Bezug auf Umfang, Reichweite und

Qualität in folgende Stufen unterteilen:4

Information

Artikulation

Dialog

Diese Stufen lassen sich wie folgt charakterisieren:

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

26

Intensitäts-

stufe

Information Artikulation Dialog

Definition Die Verwaltung in-formiert die Bürge-rinnen und Bürger transparent und um-fassend mit Hilfe geeigneter Kommu-nikationsmittel und -wege über geplante Entscheidungen mit Handlungsspielraum. Die Information stellt in der Regel die Ausgangsform für Bürgerbeteiligung dar.

Die Verwaltung erfragt Meinungen und/oder Vorschläge der Bürge-rinnen und Bürger, um diese in den Entschei-dungsprozess einflie-ßen zu lassen.

Zwischen den Bür-gerinnen und Bür-gern und der Verwal-tung besteht ein re-ger Informations- und Meinungsaus-tausch mit dem Ziel, einen gemeinsamen Kompromiss zu fin-den.

Informations-fluss

Wirkung Durch transparente und umfassende Information kann bei den Bürgerinnen und Bürgern die Akzep-tanz bzw. das Ver-ständnis für den Ent-scheidungsprozess erhöht werden.

Das Wissen der Bürge-rinnen und Bürger, das geplant und strukturiert bei diesen abgefragt wird, kann das Ergeb-nis des Entschei-dungsprozesses quali-tativ verbessern.

Indem die Bedürfnis-se der Bürgerinnen und Bürger in Abwä-gung zum Gemein-wohl im Entschei-dungsprozess disku-tiert werden, wird aktiv ein von beiden Seiten akzeptierter Kompromiss ge-sucht. Dadurch kön-nen ggf. bestehende Konflikte gelöst wer-den.

Sowohl durch Meinungsäußerungen in unmittelbarer Reaktion auf eine Information

als auch durch eine organisierte Meinungsabfrage kann die Tragweite einer Ent-

scheidung besser eingeschätzt werden und bei Bedarf die Beteiligung der Bürgerin-

nen und Bürger intensiviert werden.

Im Hinblick auf eine möglichst breite Akzeptanz des Ergebnisses eines Entschei-

dungsprozesses ist zu berücksichtigen, dass die Beteiligung umso intensiver sein

sollte je höher die Komplexität und/oder die Tragweite der zu treffenden Entschei-

dung für die Bürgerinnen und Bürger ist.

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

27

Die Methodenwahl hängt maß-

geblich von den Zielen und der

Intensität der Beteiligung ab.

Die Intensität der Beteiligung hat wiederum erhebliche Auswirkungen auf die Gestal-

tung des Beteiligungsverfahrens: Je intensiver die Beteiligung der Bürgerinnen und

Bürger ist,

desto wichtiger ist die adäquate Eingrenzung des Adressatenkreises, da die-

ser umso mehr Einfluss auf den Entscheidungsprozess gewinnt,

desto wichtiger ist die Rückkopplung, wie das „private Wissen“ für den Ent-

scheidungsprozess genutzt wurde, so dass auch künftig eine aktive Mitge-

staltung durch die Bürgerinnen und Bürger gewährleistet ist (vgl. unten

B.III.6.), und

desto höher ist der organisatorische Aufwand (vgl. oben B.II.5.).

4. Methodenwahl

Welche Methode der Bürgerbeteiligung im jeweiligen Fall bzw. in der jeweiligen Pro-

jektphase die richtige ist, hängt von vielen Faktoren ab. Wichtige Kriterien für die Me-

thodenwahl sind die Ziele, die Sie mit der Bür-

gerbeteiligung verfolgen, sowie der Grad der Be-

teiligung, den Sie im Hinblick auf diese Ziele,

aber auch in Bezug auf die Interessen der Bür-

gerinnen und Bürger als geeignet erachten. Hin-

sichtlich dieser beiden Aspekte sind die verschiedenen Beteiligungsmethoden unter-

schiedlich gut geeignet. In einem Beteiligungsprozess ist es ggf. angezeigt, mehrere

Methoden nacheinander anzuwenden oder zu kombinieren. Beispielsweise kann es

sich im Anschluss an eine Bürgerbefragung anbieten, zu erkannten Problemlagen

Lösungsvorschläge in Arbeitsgruppen zu entwickeln.

Eine Zuordnung möglicher Methoden zu den entsprechenden Dimensionen können

Sie der folgenden Abbildung entnehmen. Im Anschluss daran werden die wichtigsten

Methoden der Bürgerbeteiligung näher beschrieben.

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

28

Information schafft

Transparenz.

Die Verwal- tung … Der Bürger …

schafft Transparenz

erhält Meinungsbild

erhält Vorschläge

nutzt Mitarbeit

kann sich informieren

Informations-maßnahmen

(a)

kann sich artikulieren

Befragungen

(b)

Konsul-tationen

(c)

bringt sich im Dialog ein

Foren

(d)

Arbeits-gruppen

(e)

Mittels Informationsmaßnahmen schaffen Sie Transparenz, während sich die interes-

sierte Öffentlichkeit anhand dieser Maßnahmen eine Meinung bilden kann. Darauf

aufbauend wird eine intensivere Einbeziehung der Öffentlichkeit erreicht, indem die

Bürgerinnen und Bürger sich bei Befragungen und Konsultationen artikulieren kön-

nen. Im Rahmen von Foren und Arbeitsgruppen erhält die Öffentlichkeit die Möglich-

keit zum Dialog untereinander bzw. mit der Verwaltung. In Foren werden kreative

Ideen und Vorschläge entwickelt, auf die Verwaltung und Politik später aufbauen

können. Der Schwerpunkt der Arbeitsgruppen liegt auf der aktiven Mitgestaltung von

Vorhaben. Die Bürgerinnen und Bürger arbeiten darin z. B. aktiv an Problemlösun-

gen mit und übernehmen so Eigenverantwortung.

a) Informationsmaßnahmen

Im Rahmen der Information werden die Bürgerinnen und

Bürger sowie die diversen Interessengruppen in ihrer gesam-

ten Breite angesprochen. Die interessierte Öffentlichkeit kann

sich anhand der Informationen eine Meinung zu unterschiedlichen Themen bilden,

wobei ein Meinungsaustausch zwischen Politik und Verwaltung einerseits und der

Öffentlichkeit andererseits noch nicht stattfindet.

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

29

Frühzeitige Information

Wichtig ist ein frühzeitiger Start des Kommunikationsprozesses. Wann die Öffentlich-

keit informiert werden soll, lässt sich nicht pauschal festlegen. Bedenken Sie jedoch,

dass sich Bürgerinteresse und Entscheidungsoptionen im Zeitablauf möglicherweise

entgegengesetzt entwickeln. Während sich zu Beginn eines Vorhabens meist mehre-

re Optionen anbieten, die sich im Verfahrensverlauf immer weiter reduzieren, kann

das Bürgerinteresse zu Beginn einer Maßnahme noch gering sein und erst allmählich

ansteigen. Es besteht die Gefahr, dass die Öffentlichkeit ihre Beteiligungschance erst

dann wahrnimmt, wenn das Vorhaben bereits so weit fortgeschritten ist, dass der

Spielraum für Anregungen oder eine Mitwirkung der Öffentlichkeit eingeschränkt

sind. Die Informationen sollten daher zu einem möglichst frühen Zeitpunkt erfolgen,

zu dem der Prozess noch so offen ist, dass die Öffentlichkeit sich einbringen kann.

Ausgewogene und allgemeinverständliche Darstellung der Sachverhalte

Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit sollten die Bürgerinnen und Bürger ausgewogen

über die zur Beteiligung anstehenden Themen informiert werden. Soweit divergie-

rende Sichtweisen bekannt sind, sollte auf diese eingegangen werden. Dies schafft

auch Vertrauen gegenüber der Verwaltung. Die Sachverhalte sind klar und allge-

meinverständlich darzustellen. Es bietet sich an, den interessierten Bürgerinnen und

Bürgern Hinweise zu weiterführenden Informationen zu geben.

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

30

Medienauswahl und zielgruppengerechte Ansprache

Um möglichst viele Bürgerinnen und Bürger zu erreichen, sollten die Kommunikati-

onsmittel der Zielgruppe angepasst werden. Trotz zunehmender Verbreitung des

Internets ist eine Kombination von herkömmlichen Verfahren und Online-

Informationen empfehlenswert, da nicht alle Bevölkerungsgruppen die neuen Medien

nutzen. Grundsätzlich sollte nicht nur ein Kommunikationsmittel gewählt werden,

sondern die Information über verschiedene Wege erfolgen.

Mögliche Medien sind unter anderem:

Drucksachen

Besonders Flyer und Plakate eignen sich, um die breite Öffentlichkeit auf ein

Thema aufmerksam zu machen. Broschüren oder Infoblätter können eben-

falls zur Information genutzt werden. Bei allen Drucksachen sollte auf eine

ansprechende visuelle Gestaltung geachtet werden.

Massenmedien

Mit Hilfe von Presseinformationen und -konferenzen sowie Zeitungsinseraten

kann die breite Öffentlichkeit ebenfalls informiert werden.

Veranstaltungen

Grundsätzlich eignen sich auch Veranstaltungen zur Information der Öffent-

lichkeit. Hierbei ist zu berücksichtigen, welche Zielgruppe mit der jeweiligen

Veranstaltung erreicht werden soll. Für bereits interessierte Bürgerinnen und

Bürger bzw. die organisierten Interessenvertreter eignen sich Ausstellungen,

Ortstermine oder sonstige Informationsveranstaltungen. Um eine breite Öf-

fentlichkeit anzusprechen, empfehlen sich Veranstaltungen mit Fest- oder

Eventcharakter.

Neben den oben genannten klassischen Medien kann das Internet als Medium ein-

gesetzt werden, zumal es in der Bevölkerung eine zunehmende Verbreitung erfährt.

Das Internet ist ein ideales Instrument, um eine breitere Streuung der Information zu

erreichen.

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

31

Hierfür können folgende neue Medien in Betracht kommen:

Internet-Seiten

Die Landesverwaltung kann für Themen der Bürgerbeteiligung ihre eigenen

Internet-Seiten oder Portale nutzen und auf diesen Informationen sowie

Verlinkungen zu weitergehenden Quellen anbringen. Damit alle Interessier-

ten einen schnellen Zugang zu den beteiligungsrelevanten Vorhaben erhal-

ten, bietet es sich an, eine eigenständige Internetseite zum Thema Bürgerbe-

teiligung einzurichten. Auf dieser Seite können alle konkreten Beteiligungs-

themen angekündigt werden und die Bürgerinnen und Bürger können Vor-

schläge zu Themen machen, bei denen sie Beteiligung wünschen. Der Stand

der laufenden Beteiligungsverfahren könnte auf dieser Seite für jedermann

einsehbar dargestellt werden. Bei größeren Vorhaben könnte auf spezielle

weiterführende Internetseiten verlinkt werden.

Chats, Blogs

Beim Chat (von engl. Unterhaltung, Gespräch) können registrierte Teilneh-

merinnen und Teilnehmer zu einem vorgegebenen Zeitpunkt öffentlich ihre

Fragen eingeben, die von einer Vertreterin oder einem Vertreter aus Politik

oder Verwaltung live beantwortet werden. Um eine möglichst breite Öffent-

lichkeit zu erreichen, sollte der Chat vorab in den Medien bekannt gegeben

werden. Bei Chats ist zu bedenken, dass die Nachhaltigkeit nur gewährleistet

ist, wenn die Inhalte protokolliert werden.

Um Diskussionen zu begleiten, eignen sich auch Blogs (von Web-Log,

gleichbedeutend mit Internet-Tagebuch). Diese erlauben nicht nur Nachrich-

ten zu vermitteln, sondern auch deren Kommentierung durch den Nutzer. Die

so erhaltenen Äußerungen der Bürgerinnen und Bürger können für den wei-

teren Beteiligungsprozess von Vorteil sein.

Soziale Netzwerke

Mittels sozialer Netzwerke (z. B. Facebook, StudiVZ oder Twitter) lassen sich

insbesondere jüngere Bevölkerungsschichten ansprechen und auf Themen

aufmerksam machen. Dabei sollte aber beachtet werden, dass die Nutzerin-

nen und Nutzer eine schnelle Reaktion der Landesverwaltung auf ihre mögli-

chen Beiträge erwarten und diese durchaus kritisch ausfallen können. Der

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

32

Befragungen

geben Meinungs-

bilder wieder

Auftritt in den sozialen Netzwerken ist daher laufend zu beobachten, zu ana-

lysieren und gegebenenfalls zu kommentieren. Im Sinne einer sachorientier-

ten Diskussion scheinen die sozialen Netzwerke als alleiniger Kommunikati-

onsweg nicht geeignet. Sie bieten aber das Potential, eine breite Öffentlich-

keit für landespolitische Themen zu interessieren.

b) Bürgerbefragungen

Eine Bürgerbefragung ist eine in der Regel anonyme, unver-

bindliche Befragung von Bürgerinnen und Bürgern zu be-

stimmten Themen der Verwaltung, z. B. in Form eines auszu-

füllenden Papier- oder Onlineformulars oder als mündlich

durchgeführtes Interview. Ziel ist es, die Einschätzung der Bürgerinnen und Bürger

zu einem oder mehreren Themen zu ermitteln und ein Meinungsbild zu erhalten.

Um ein repräsentatives Ergebnis zu bekommen, ist die Auswahl der Befragten dem-

entsprechend zu gestalten (repräsentative Bürgerumfrage). Hierzu bietet sich die

Einbindung einer spezialisierten Stelle an (z. B. Hochschulen, Meinungs- und Markt-

forschungsinstitute).

Praxisbeispiel: Telefonische Bürgerbefragung durch die Polizei Baden-

Württemberg

Die Polizeipräsidien und Polizeidirektionen in Baden-Württemberg führen seit 2011

Telefoninterviews mit zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern durch. Die

Antworten zu maximal 25 Fragen werden mit bisherigen Einschätzungen, Ausrich-

tungen und Schwerpunktsetzungen der Polizei abgeglichen. Die Ergebnisse der Bür-

gerbefragungen gehen in eine Kennzahl ein (Sicherheitsindex), die in die Strategie-

umsetzung der baden-württembergischen Polizei einfließt. Diese Befragungen sollen

künftig im mehrjährigen Rhythmus wiederholt werden.

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

33

Durch Konsultationen

kann das Wissen der

Bürgerinnen und

Bürger erhoben und

genutzt werden.

Bürgerpanels

Ein Bürgerpanel ist eine regelmäßig (drei bis vier Mal pro Jahr) stattfindende Befra-

gung von 500 bis 2.500 repräsentativ ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern. Diese

erklären sich bereit, über einen Zeitraum von drei bis vier Jahren an den Befragun-

gen teilzunehmen. Sie werden über die Umfrageergebnisse und deren weitere Ver-

wertung unterrichtet. Das Hauptziel ist das Einholen von Meinungsbildern. Darüber

hinaus vermögen Bürgerpanels zur Teilnahme an weiteren Partizipationsformen zu

motivieren.

Aktivierende Befragungen

Die aktivierende Befragung dient dazu, in einem begrenzten Gebiet die Sichtweisen,

Interessen und Bedürfnisse der dort lebenden Menschen zu erfahren. Dabei sollen

die Befragten zum Nachdenken über ihre Situation angeregt werden. Dafür ist es

notwendig, offene Fragen zu stellen. An die aktivierenden Befragungsgespräche

schließt ein Zusammentreffen der Befragten an. Dort werden Ergebnisse ausge-

tauscht und weitere gemeinsame Handlungsschritte verabredet. Die aktivierende Be-

fragung beginnt als Sammlung von Informationen aus der Bürgerschaft und mündet

in Vorschläge, die die Menschen selbst erarbeiten, entwickelt sich also zur Bürgerbe-

teiligung in Form von Foren.

c) Konsultationen

Bei konsultativen Verfahren werden die Bürgerinnen und

Bürger nach ihrer Meinung befragt und um Stellungnah-

me, Anregungen und Vorschläge gebeten. Damit können

sowohl Problemstellungen identifiziert als auch neue Lö-

sungswege, Alternativen und Folgewirkungen ermittelt

werden. Schaltet man vor die Konsultation die Erarbeitung

von Studien und Gutachten, so können diese in der Konsul-

tation durch die betroffenen Bürgerinnen und Bürger diskutiert werden. Durch die

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

34

Aufnahme des Experten-, Prozess- und Erfahrungswissens der Bürgerinnen und

Bürger können weitere Erkenntnisse gewonnen und Gemeinsamkeiten oder gegen-

sätzliche Standpunkte herausgearbeitet werden.

Online-Konsultationen

Online-Konsultationen lassen sich in Bereichen einsetzen, in denen die Beteiligung

einer großen Anzahl von Expertinnen und Experten sowie von Bürgerinnen und Bür-

gern als sinnvoll erachtet wird. So wurden Online-Konsultationen auf EU- und Bun-

desländer-Ebene wiederholt erfolgreich zur Einbindung einer breiten Öffentlichkeit in

Gesetzgebungsverfahren angewendet.

Konsultationsveranstaltungen

Konsultationen können im Rahmen von Veranstaltungen erfolgen, zu denen Bürge-

rinnen und Bürger, die Vertreterinnen und Vertreter von Interessengruppen und

eventuell auch Expertinnen und Experten eingeladen werden. Um ein möglichst gro-

ßes Wissensspektrum einzubeziehen und eine Vielfalt an unterschiedlichen Positio-

nen abzubilden, bietet es sich an, gezielt Vertreterinnen und Vertreter verschiedener

Perspektiven einzuladen. Für diese Form der Beteiligung müssen die Personen mit

dem geplanten Vorhaben und dessen Rahmenbedingungen soweit vertraut sein,

dass sie hierzu Stellung nehmen und Alternativen bzw. Gestaltungsvorschläge ein-

bringen können.

Praxisbeispiel: Neue Förderperiode des Europäischen Sozialfonds (ESF)

Der Europäische Sozialfonds (ESF) ist ein Strukturfonds der Europäischen Union, mit

dem die Arbeitsmarkt- und Beschäftigungssituation im Land verbessert werden soll.

Rahmen für die Förderung einzelner Projekte und Programme ist neben den EU-

Vorgaben insbesondere das „Operationelle Programm“ (OP), welches jeweils von der

zuständigen ESF-Verwaltungsbehörde erstellt wird. In seiner Eigenschaft als ESF-

Verwaltungsbehörde hat das Ministerium für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

35

Bürgerberatung einmal anders:

In Foren beraten Bürgerinnen

und Bürger die Verwaltung.

zur Vorbereitung des neuen OP frühzeitig den Dialog mit seinen Partnern in der ESF-

Förderung sowie mit anderen Stakeholdern aus Verwaltung und Wirtschaft gesucht.

In einem ersten Schritt wurde eine internetbasierte Konsultation gestartet, an der sich

sowohl rund 1.600 angeschriebene Interessenvertreterinnen und -vertreter als auch

die breite Öffentlichkeit zur Schwerpunktsetzung in der neuen Förderperiode äußern

konnten. In einem zweiten Schritt fand wenige Monate später eine Konsultationsver-

anstaltung zur künftigen Gestaltung des Europäischen Sozialfonds in Baden-

Württemberg statt. Hier wurden vor über 200 Interessierten die Ergebnisse des Onli-

ne-Konsultationsverfahrens präsentiert und diskutiert.

Weitere Informationen: www.esf-bw.de

d) Foren

Foren haben beratenden Charakter. Sie können

der Einholung von Meinungsbildern und Vor-

schlägen dienen. Im Gegensatz zu den oben

vorgestellten Methoden der Befragung und Kon-

sultation können die Bürgerinnen und Bürger hier miteinander und mit der Verwal-

tung in Interaktion treten. Im Gegensatz zu den Arbeitsgruppen (vgl. unten B.III.5.e)

werden hier in der Regel (nur) erste Lösungsansätze aber noch keine konkreten Um-

setzungsmaßnahmen erarbeitet.

Foren kommen im Rahmen der Bürgerbeteiligung in den unterschiedlichsten Formen

und Ausprägungen vor. Die wichtigsten werden im Folgenden in Kürze dargestellt.

Bürgerforen

Mit Hilfe von Bürgerforen können allgemeine, gesellschaftlich relevante Themen dis-

kutiert und öffentliche Debatten angestoßen oder belastbare Meinungsbilder einge-

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

36

holt werden. Aus Foren können sich auch konkrete Handlungsvorschläge für Politik

und Verwaltung ergeben.

Bürgerforen bestehen aus 20 und mehr Personen, die nach dem Zufallsprinzip aus

der Bevölkerung ausgewählt werden und über einen Zeitraum von mehreren Tagen,

Wochen oder Monaten zu bestimmten politisch bedeutsamen Fragen Stellung neh-

men. Der Teilnehmerkreis sollte sich aus einem heterogenen Querschnitt der Bevöl-

kerung zusammensetzen. Während des gesamten Ablaufs stehen den Bürgerinnen

und Bürgern Fachleute sowie Moderatorinnen und Moderatoren zur Seite.

Das Vorgehen gliedert sich in mehrere Phasen: Zunächst kann man sich mittels Vor-

trägen, Materialien, Videoeinspielungen oder auf einer eigens eingerichteten Online-

Plattform über Verfahren, Inhalte und Problemstellungen informieren. Im Anschluss

an diese Vorbereitungsphase formulieren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in

kleinen Arbeitsgruppen ihre Ideen, Überlegungen und Anregungen. Die Diskussion

kann in einer anschließenden Online-Phase noch vertieft werden. In einer Ab-

schlussveranstaltung werden die Ergebnisse im Plenum vorgestellt. Anschließend

werden weitere Handlungsempfehlungen in einem Bürgergutachten zusammenge-

stellt. Durch mehrere parallel tagende Bürgerforen zum gleichen Thema kann die

Legitimationskraft der Empfehlungen gestärkt werden.

Praxisbeispiel: Verbraucherschutz in der digitalen Welt

Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg

richtet im Jahr 2012 zum dritten Mal den Verbrauchertag Baden-Württemberg aus.

Unter dem Rahmenthema „Verbraucherschutz in der digitalen Welt“ kann man in ei-

ner eintägigen Veranstaltung in vier Foren die Themen Soziale Netzwerke, Mobiles

Internet, Einkaufen ohne Grenzen sowie Urheber- und Nutzerrechte mit Expertinnen

und Experten diskutieren. Eine Anmeldung erfolgt mittels Online-Formular. Hierbei

können die Bürgerinnen und Bürger schon themenspezifische Fragen stellen, die

später in den Foren aufgegriffen werden.

Weitere Informationen: www.verbraucherportal-bw.de

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

37

Internet-Foren

In Internet-Foren können unterschiedliche Entscheidungsoptionen zur Diskussion

gestellt werden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können sich dann zum Thema

äußern und auf die Meinungen anderer User reagieren. Insbesondere jüngere Bevöl-

kerungsschichten können durch Internet-Foren erreicht werden.

World Café

World Cafés bieten sich an, um sowohl Wissen und Perspektiven zu sammeln und

auszutauschen als auch um kurzfristig Lösungsansätze und Handlungsmöglichkeiten

zu entwickeln. Das Grundkonzept sieht vor, dass die Teilnehmenden zwanglos an

verschiedenen Tischen Teilaspekte des Leitthemas diskutieren, die sie interessieren.

Im Laufe der Veranstaltung wechseln die Teilnehmenden die Tische, um in wech-

selnden Gesprächsrunden ihr Wissen, ihre Ideen und Standpunkte auszutauschen.

Von einem „Gastgeber“ werden sie mit den wesentlichen Diskussionsergebnissen

der Vorrunden vertraut gemacht. Nach mehreren Runden werden die Ergebnisse der

verschiedenen Tische gesammelt und im Plenum vorgestellt. Die Methode eignet

sich für mittelgroße und große Gruppen.

e) Arbeitsgruppen

Es gibt eine Vielzahl von Methoden der Bürgerbeteiligung, bei denen gezielt oder

zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger in Arbeitsgruppen mögliche Lösungen

für die Gestaltung und Umsetzung eines geplanten Vorhabens erarbeiten. Daneben

können auch Vertreterinnen und Vertreter von Interessengruppen, Expertinnen und

Experten sowie Personen aus Politik und Verwaltung an der Gruppenarbeit teilneh-

men. Der Vorteil dieser Beteiligungsmethode liegt darin, dass durch die Vielfalt der

Beiträge und durch den Austausch unter den einzelnen Gruppenmitgliedern eine op-

timierte Aufgabenlösung entstehen kann.

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

38

Projektgruppen

Bei der Ausarbeitung von Lösungen für die Gestaltung konkreter Maßnahmen eignet

sich die längerfristige Arbeit in kleinen Gruppen mit bis zu 25 Teilnehmenden, die je

nach Aufgabenstellung z. B. als Projektgruppen oder Planungszellen bezeichnet

werden. Diese Beteiligungsmethode ermöglicht eine intensive und kontinuierliche

Zusammenarbeit, um Lösungen im Detail auszuarbeiten und um aufgeworfene The-

men tiefgehend zu bearbeiten. Für die Klärung von Fachfragen können Expertinnen

und Experten unterstützend hinzugezogen werden. Von den Bürgerinnen und Bür-

gern wird dabei erhöhtes Engagement verlangt, da sie für die Arbeit in derartigen

Gruppen viel Zeit und Ausdauer benötigen. Damit diese Gruppen erfolgreich arbeiten

können, müssen die Aufgaben klar definiert und in kleine Teilportionen gegliedert

werden.

Praxisbeispiel: Nachhaltigkeitsstrategie Baden-Württemberg

Die Nachhaltigkeitsstrategie Baden-Württemberg wurde im Jahr 2007 auf Initiative

des baden-württembergischen Umweltministeriums mit dem Ziel gestartet, den

Nachhaltigkeitsgedanken in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft fest zu verankern.

Zwischen 2007 und 2010 wurden 35 Projektgruppen eingerichtet, um zu konkreten

Fragestellungen nachhaltiger Entwicklung, wie dem kommunalen Klimaschutz, der

Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder der Integration von Menschen mit Migrati-

onshintergrund, Lösungsansätze zu entwickeln. In den Projektgruppen arbeiteten die

Beteiligten gleichberechtigt zusammen. Die Lenkung erfolgte durch je eine Vertrete-

rin bzw. einen Vertreter der staatlichen Seite (Abteilungsleiterin bzw. Abteilungsleiter

des zuständigen Ministeriums oder Regierungspräsidentin bzw. Regierungspräsi-

dent) und der gesellschaftlichen Gruppen. Mitglieder der Projektgruppen waren Ver-

treter weiterer betroffener Ressorts und Akteure aus den Bereichen Ökologie, Öko-

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

39

nomie und Soziales. Ziel der Projektgruppen war es, im Rahmen einer konzeptionel-

len Arbeitsphase von ca. eineinhalb Jahren konkrete Umsetzungsvorschläge zu er-

arbeiten. Ergebnisse waren z. B. Empfehlungen für die Landesverwaltung, Aktions-

programme, Selbstverpflichtungen oder Partnerschaften und Allianzen der beteiligten

Akteure. Dabei standen stets Bearbeitungsbereiche im Vordergrund, in denen auf

Landesebene auch der erforderliche Handlungsspielraum vorhanden war. Die Ver-

antwortung für die Umsetzung nach Abschluss der konzeptionellen Arbeitsphase lag

bei den beteiligten staatlichen Stellen und den gesellschaftlichen Akteuren. Auf diese

Weise wurde sichergestellt, dass die in den Projektgruppen erarbeiteten Ergebnisse

praxisorientiert umgesetzt und in die Fläche getragen wurden sowie in das Regie-

rungs- und Verwaltungshandeln einfließen konnten.

Weitere Informationen: www.jetzt-das-morgen-gestalten.de

Zukunftswerkstätten

Wenn es um Ideen oder Visionen für den Umgang mit aktuellen oder künftigen Her-

ausforderungen geht, bieten sich Formen der Gruppenarbeit an, in denen eine grö-

ßere Zahl von Bürgerinnen und Bürgern für einen kurzen Zeitraum zusammenarbei-

tet, um gemeinsame Vorstellungen zu entwickeln. Hier sind beispielsweise die Zu-

kunftswerkstätten zu nennen, bei denen es um die Erarbeitung gemeinsamer Leitbil-

der, Entwicklungsszenarien oder Zukunftsprojekte geht. Die Teilnehmenden werden

dabei auf mehrere Kleingruppen verteilt, in denen sie gemeinsam kreativ sein kön-

nen. An Zukunftswerkstätten, die in der Regel zwischen einem und drei Tagen dau-

ern, können neben Bürgerinnen und Bürgern auch Interessengruppen, Expertinnen

und Experten sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Verwaltung teilneh-

men. Zukunftskonferenzen und Kreativworkshops verfolgen ähnliche Konzepte.

Praxisbeispiel: Zukunftswerkstatt „Familienfreundliche Kommune“

Die Einrichtung FamilienForschung Baden-Württemberg hat das Konzept zu den Zu-

kunftswerkstätten „Familienfreundliche Kommune“ im Auftrag des Ministeriums für

Arbeit und Soziales entwickelt und führt diese seit 2005 gemeinsam mit Kooperati-

onspartnern durch. Die Zukunftswerkstatt ist ein Beteiligungsverfahren zur nachhalti-

gen Weiterentwicklung der Familienfreundlichkeit vor Ort. Sie ist als Verfahren ge-

eignet, wenn eine Kommune mit Beteiligung von Bürgerinnen, Bürgern sowie Bünd-

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

40

nispartnern neue Ideen und Vorschläge zur Familienfreundlichkeit aufgreifen und

daraus ein praxistaugliches Handlungskonzept entwickeln und zeitnah umsetzen will.

Die Zukunftswerkstatt lässt sich mit den laufenden Aktivitäten und arbeitenden Gre-

mien in der Kommune sinnvoll verknüpfen. Die Zukunftswerkstatt dient in besonderer

Weise der Aktivierung von bürgerschaftlichem Engagement und Selbsthilfe der Ge-

nerationen. Bisher haben in Baden-Württemberg rund 50 Zukunftswerkstätten mit

über 7.000 Bürgerinnen, Bürgern und Bündnispartnern ihre Arbeit aufgenommen. So

konnten rund 350 Maßnahmen mit Bürgerbeteiligung umgesetzt werden. Weitere

Zukunftswerkstätten sind geplant.

Weitere Informationen: www.familienfreundliche-kommune.de

Open-Space-Konferenzen

Im Gegensatz zur Zukunftswerkstatt ist die Themenstellung bei Open-Space-

Konferenzen offener und die Vorgehensweise nur minimal strukturiert. Sie können

mehrere Tage dauern und haben ein Leitthema, zu dem die Teilnehmenden Unter-

themen vorschlagen können. Diese werden auf einem „Marktplatz“ angeboten. Die

Teilnehmenden wählen diejenigen Themen aus, die sie besonders interessieren und

bearbeiten diese eigenständig in Kleingruppen, die sie beliebig wechseln können.

Die Ergebnisse werden danach im Plenum präsentiert. Die Open-Space-Konferenz

ist somit vor allem bei der Bearbeitung von besonders brennenden Themen ange-

bracht, die Raum für Selbstorganisation erfordern.

Runde Tische

Runde Tische gehören zu der Methodengruppe, die sich besonders dann eignet,

wenn große Interessendivergenzen oder Konflikte zwischen unterschiedlichen Bevöl-

kerungsgruppen bzw. zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und der Politik oder

der Verwaltung bestehen. An einem runden Tisch diskutieren Vertreterinnen und Ver-

treter der von einer Maßnahme betroffenen Interessengruppen mit Expertinnen, Ex-

perten, Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Verwaltung und versuchen, ein

von allen getragenes Ergebnis zu erarbeiten. Die Methode eignet sich für kleine

Gruppen von bis zu 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Der anzusetzende Zeit-

rahmen richtet sich nach der Komplexität des Themas und der Intensität des Kon-

flikts.

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

41

Praxisbeispiel: Runder Tisch „Imkerei und Landwirtschaft“

Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg

hat den runden Tisch „Imkerei und Landwirtschaft“ ins Leben gerufen, um die unter-

schiedlichen Interessenlagen der Landwirtschaft, insbesondere des Obstbaus (Not-

wendigkeit des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln) und der Imkerei (Anliegen des

Bienenschutzes und damit Schutz vor Pflanzenschutzmitteln) mit den Betroffenen

und der Verwaltung zu erörtern. Neben dem allgemeinen Ziel der Schaffung von ge-

genseitigem Verständnis und gegenseitiger Rücksichtnahme werden Informationen

und konkrete Anregungen in die Verbände und die Verwaltung hinein transportiert.

Aufgrund des Erfolgs soll der runde Tisch jährlich durchgeführt werden.

Konsensuskonferenzen

Konsensuskonferenzen eignen sich für Fälle, in denen sich ein möglicher Dissens

nicht auf ein konkretes Vorhaben bezieht, sondern zunächst einmal nur mögliche

Lösungen für ein strittiges Themenfeld erarbeitet werden sollen. Im Rahmen dieser

Konferenzen, die zumeist ein bis drei Tage dauern, erarbeiten interessierte Laien in

intensivem Dialog mit Expertinnen und Experten eine Antwort auf politisch oder ge-

sellschaftlich kontrovers diskutierte Fragen. Damit möglichst konsensfähige Lösun-

gen gefunden werden, ist es wichtig, dass die Teilnehmenden den für die Beteiligung

relevanten Personenkreis möglichst gut abbilden.

Praxisbeispiel: Kongress „Kleine Teilchen, große Fragen!“

Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg

startete im Jahr 2009 den Nano-Dialog Baden-Württemberg mit dem Ziel, mit Ver-

braucherinnen und Verbrauchern in einen frühzeitigen Dialog über Chancen und Ri-

siken der Nanotechnologien zu treten. Nach zwei Expertenworkshops in den Jahren

2009 und 2010 mit Akteuren aus Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Verbän-

den fand unter dem Titel „Kleine Teilchen – große Fragen“ am 1. Dezember 2011 in

Stuttgart ein Kongress zum Thema Verbraucheraspekte im Umgang mit Nanotechno-

logien statt. Hierzu wurden interessierte Verbraucherinnen und Verbraucher, Multipli-

katorinnen und Multiplikatoren, Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und

Schüler eingeladen. Wie für eine Konsensuskonferenz üblich, wurden interessierte

Laien in einen Dialog mit Expertinnen und Experten gebracht, um kontroverse Fra-

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

42

gen zu bearbeiten. An dem Kongress nahmen mehr als 200 Verbraucherinnen und

Verbraucher, Fachleute sowie Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen und

der Presse teil. In verschiedenen Workshops, Diskussionsrunden und Vorträgen zu

Einzelthemen wie Medizin, Lebensmittel und Verpackungen, Bauen und Wohnen,

Automobil, Textilien und Kosmetik diskutierten die Beteiligten über die Auswirkungen

dieser neuen, für viele schwer fassbaren und doch weit verbreiteten Technologien

und arbeiteten heraus, welche Informationen sich Verbraucherinnen und Verbrau-

cher hierzu wünschen.

Weitere Informationen: www.nanoportal-bw.de

5. Auswahl und Ansprache der potentiellen Teilnehmerinnen und Teilnehmer

a) Auswahl

Nach der Methodenwahl erfolgt die Auswahl der Teilnehmenden für das jeweilige

Beteiligungsverfahren. Dabei steht neben der frühzeitigen Beteiligung

von Vertreterinnen und Vertretern aus der Landesverwaltung,

von politischen Entscheidungsträgern,

von Interessengruppen (z. B. Verbände, Einrichtungen, Träger öffentlicher

Belange),

von Expertinnen und Experten und

der Prozessbegleitung (z. B. Moderatorinnen bzw. Moderatoren)

die konkrete Auswahl der zu beteiligenden Bürgerinnen und Bürger im Fokus.

Diese wird neben inhaltlichen Aspekten des Vorhabens („Um welches Thema geht

es?“) entscheidend vom gewählten Beteiligungsverfahren beeinflusst. So sind bei

einem dialogischen Verfahren wie z. B. einem runden Tisch, der vor Ort stattfindet,

andere Überlegungen notwendig als bei einer Online-Konsultation, die keiner räumli-

chen Begrenzung unterworfen ist. Das heißt, dass für die konkrete Auswahl sowohl

inhaltliche als auch räumliche Aspekte zu beachten sind.

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

43

Inhaltliche Eingrenzung der Zielgruppe

Für die erfolgreiche direkte Ansprache der potentiell Beteiligten ist die Zielgruppe zu

definieren. Ist an dem Vorhaben vorrangig eine bestimmte Zielgruppe (z. B. Jugend-

liche, Studierende, sozialschwache Familien, „Generation 70+“, Menschen mit Migra-

tionshintergrund usw.) zu beteiligen? Oder benötigt das Vorhaben vielmehr die Betei-

ligung aller Bevölkerungsgruppen? Diese Überlegung ist erforderlich, um Informatio-

nen entweder zielgerichtet platzieren oder breit streuen zu können.

Räumliche Eingrenzung der Zielgruppe

Bei Beteiligungsverfahren, die einen Dialog z. B. in Foren oder Arbeitsgruppen ver-

langen, kann es darüber hinaus notwendig sein, die bereits unter inhaltlichen Aspek-

ten definierte Zielgruppe in einem weiteren Schritt räumlich zu begrenzen. Im Ge-

gensatz zu kommunalen Vorhaben, die sich vielfach auf Maßnahmen innerhalb der

Gemeindegrenze beschränken, weisen Vorhaben im Rahmen der Landesverwaltung

weitaus seltener einen so engen geographischen Bezug bzw. eine räumliche Be-

grenzung auf. Es könnte Fälle geben, in denen alle 11 Millionen Menschen in Baden-

Württemberg potentiell Beteiligte sind. Selbst die Fokussierung auf eine bestimmte

Zielgruppe reduziert diese Anzahl womöglich immer noch auf kein Maß, das für das

gewählte Beteiligungsverfahren praktikabel erscheint. Folglich muss für die Auswahl

der Teilnehmenden die Zielgruppe zusätzlich noch räumlich begrenzt werden. Wie

kann dies erfolgen?

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

44

Repräsentations- und

Offenheitsprinzip

sind gegeneinander

abzuwägen.

Für die Durchführung von dialogischen Verfahren ist es denkbar, diese nur in einzel-

nen oder regionalen Einheiten stellvertretend für das ganze Land durchzuführen. Die

Auswahl von Gemeinden kann z. B. entweder zufällig erfolgen, anhand bestimmter

Strukturmerkmale oder über eine direkte Bewerbung der Gemeinden. Bei einer rein

zufälligen Auswahl von Gemeinden besteht allerdings die

Gefahr, dass die Repräsentativität nur sehr einge-

schränkt gegeben ist, weshalb die Orientierung an Struk-

turmerkmalen einer Gemeinde (wie z. B. Alterszusam-

mensetzung, Kaufkraft, Wirtschaftsstruktur, Bevölke-

rungsdichte usw.) eine optimierte Auswahl ergibt. Denn

hierbei kann letztlich auch bestimmt werden, ob es – abhängig vom Thema des Be-

teiligungsvorhabens – sinnvoll ist möglichst homogene oder eher heterogene „Aus-

wahlgemeinden“ zu wählen.

So kann es z. B. für ein Beteiligungsverfahren zum Thema „Verbesserung der Aus-

bildungssituation von Jugendlichen“ förderlich sein, sowohl ländliche als auch städti-

sche Gemeinden zu wählen, damit möglichst die ganze Bandbreite der unterschiedli-

chen Lebenssituationen von Jugendlichen in Stadt und Land abgebildet werden

kann. Für ein Beteiligungsverfahren zum Thema „Situation der Generation 70+“

könnte es hingegen nützlicher sein, Gemeinden auszuwählen, die alle über eine

möglichst hohe Altersstruktur verfügen, also hinsichtlich dieses Merkmals eher ho-

mogen sind. Bedingung für eine solche Auswahl ist die Analyse einer aktuellen und

detaillierten Datenlage über strukturelle Merkmale einer Gemeinde. Diese Daten lie-

gen dem Statistischen Landesamt Baden-Württemberg (www.statistik-bw.de) auf

Gemeindeebene vor.

In beiden Fällen ist die Bereitschaft der ausgewählten Gemeinden, an dem Dialog-

verfahren teilzunehmen, Voraussetzung für eine erfolgreiche Durchführung. Eine wei-

tere Möglichkeit besteht darin, dass sich interessierte Gemeinden als „Auswahlge-

meinde“ bewerben können. Dies setzt im Vorfeld des geplanten Beteiligungsverfah-

rens eine ausführliche Information im kommunalen Umfeld voraus. Bei dieser Varian-

te kann die Bereitschaft zur Mitwirkung der sich bewerbenden Gemeinden als gege-

ben erachtet werden. Allerdings kann auch hier die Repräsentativität eingeschränkt

sein.

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

45

Generell ist zur Durchführung von Beteiligungsverfahren in „Auswahlgemeinden“ an-

zumerken, dass diesem Vorgehen das Offenheitsprinzip (jeder soll sich im Rahmen

der Bürgerbeteiligung beteiligen können) gegenüberstehen kann. Aufgrund der erfor-

derlichen räumlichen und zahlenmäßigen Einschränkung der Teilnehmerzahl ist die

Gruppe derer, die sich nicht beteiligen können, möglicherweise erheblich. Deshalb ist

eine entsprechende Rückkopplung (über Verfahrensstand und Ergebnisse) mit der

interessierten Gesamtöffentlichkeit in jedem Fall zu gewährleisten. Dies kann z. B.

über eine zwischen- oder nachgeschaltete Online-Konsultation erfolgen.

Praxisbeispiel Schwerpunktregionen zur Weiterentwicklung der sonderpäda-

gogischen Förderung und des gemeinsamen Unterrichts

Im Rahmen der Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit

Behinderung (UN-Behindertenrechtskonvention UN-BRK)verfolgt das Kultusministe-

rium die Zielsetzung, zukünftig noch mehr gemeinsame Bildungsangebote für Kinder

mit und ohne Behinderung anbieten zu können. Die Weiterentwicklung der Sonder-

schulen zu sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren und die Gewähr-

leistung fachlicher Standards für Kinder mit Behinderung im inklusiven Unterricht be-

dingt eine Neuordnung der Zusammenarbeit von Sonderschulen und allgemeinen

Schulen. Diese Aufgabenstellung soll bis zum Jahr 2014 in einer Schulgesetzände-

rung münden. Daher wurde eine flexible und vielschichtige Beteiligungskonzeption

entwickelt. Unter anderem wurden landesweit fünf voneinander verschiedene reprä-

sentative Schwerpunktregionen ausgewählt. Durch für die Kreise Stuttgart, Mann-

heim, Freiburg, Konstanz und Biberach geltenden Schulversuchsbestimmungen kann

dort im Vorgriff bereits verändertes Verwaltungshandeln erprobt werden. Hierbei wird

eine Vielzahl von Akteuren, Betroffenen und Interessierten beteiligt, beispielsweise

Erziehungsberechtigte und deren Kind, Schul- und Kostenträger, Verbände, Kirchen,

Selbsthilfegruppen, Initiativen oder Vereine.

Weitere Informationen: http://www.kultusportal-bw.de

b) Zielgruppenorientierte Ansprache

Durch frühzeitige und laufende Einbindung der (über-)regionalen Tagespresse in das

(geplante) Beteiligungsverfahren kann gewährleistet werden, dass eine breite Öffent-

lichkeit bereits frühzeitig erreicht wird. Eine parallele Nutzung mehrerer Medien (In-

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

46

Breit informieren

und persönlich

ansprechen!

ternet, Zeitung, Fernsehen, Radio oder soziale Netzwerke

usw.), aber auch die direkte Ansprache der gewünschten Ziel-

gruppe ist dabei förderlich. Wie und mit welchem Kommunika-

tionsmedium die potentiell Beteiligten erreicht werden können,

hängt zum einen von der gewählten Methode bzw. von der

Intensität der Beteiligung ab und zum anderen davon, welches Kommunikationsme-

dium die Zielgruppe überwiegend nutzt.

Das Internet eignet sich hervorragend und kostengünstig als Medium für Befragun-

gen, Konsultationen und Foren, um von den Zielgruppen ein Meinungsbild oder kon-

krete Vorschläge zu einem Vorhaben zu erhalten. Die Bereitstellung einer Online-

Plattform und die Möglichkeit zur Beteiligung muss zielgruppenorientiert kommuni-

ziert und verbreitet werden. Zu beachten ist, dass die von den Bürgerinnen und Bür-

gern angegebenen persönlichen Daten, die bei der Registrierung auf der Online-

Plattform hinterlegt werden, unter Beachtung datenschutzrechtlicher Bestimmungen

verarbeitet und gespeichert werden. Die Bürgerinnen und Bürger müssen ausführlich

darüber informiert werden, was mit ihren Daten geschieht.

Praxisbeispiel: Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft in Baden-

Württemberg

Die Landesregierung von Baden-Württemberg führt die Verfasste Studierendenschaft

wieder ein. Auf der Webseite www.wir-wollen-deinen-kopf.de wurde vom 24. Januar

bis 3. März 2012 die erste Online-Beteiligung zu einem Gesetzgebungsverfahren der

Landesregierung durchgeführt. Die Plattform lud alle Interessierten im Land ein, sich

eine Meinung über studentische Mitbestimmung zu bilden, sich in verschiedenen Fo-

ren einzumischen und den Gesetzentwurf des Ministeriums für Wissenschaft, For-

schung und Kunst zu kommentieren. Das Portal bot Hintergrundinformationen über

die Verfasste Studierendenschaft und stellte Thesen bezüglich studentischer Mitbe-

stimmung zur Abstimmung. Neueste Meldungen wurden tagesaktuell eingestellt und

registrierte Nutzerinnen und Nutzer konnten einen Newsletter abonnieren, der wö-

chentlich über den Gesetzgebungsprozess berichtete. Begleitet wurde der Internet-

dialog durch eine PR-Kampagne, die mittels Plakaten und Postkarten alle baden-

württembergischen Hochschulen erreichte. Postkarten wurden zudem in Kneipen und

Kultureinrichtungen größerer Hochschulstädte verteilt. Auf den Monitoren von Men-

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

47

Transparenz und Rück-

kopplung motivieren zu

zukünftiger Beteiligung.

sen wurden die Kampagnenmotive gezeigt. Zahlreiche Webseiten wurden mit ent-

sprechend verlinkten Internetbannern ausgestattet.

Weitere Informationen: www.wir-wollen-deinen-kopf.de

Die Ansprache von potentiell Beteiligten für klassische Verfahren außerhalb des „vir-

tuellen Raumes“ – wie Befragungen mittels Papierfragebogen sowie jegliche Art von

Veranstaltungen – ist dagegen organisatorisch aufwändiger. Veranstaltungen können

offen gestaltet werden, d.h. über Informationen in (Tages-)Presse bzw. Gemeindean-

zeiger oder Homepage können viele Bürgerinnen und Bürger eingeladen werden.

Die Interessierten können sich schließlich zur Veranstaltung anmelden. Eventuell

muss die Teilnehmerzahl aus organisatorischen oder räumlichen Gründen auf ein

bestimmtes Maß begrenzt werden. Sollten mehr Anmeldungen erfolgen als Kapazitä-

ten für eine Veranstaltung bereitstehen, sind im Hinblick auf das Offenheitsprinzip

eine oder gar mehrere weitere Veranstaltungen einzuplanen.

Eine weitere Möglichkeit ist die persönliche Einladung gezielt oder zufällig ausge-

wählter Bürgerinnen und Bürger zu einer Veranstaltung. Bei der Einladung von aus-

gewählten Personen ist, wie bereits erwähnt, die aktive Mitwirkung der Gemeinden

Voraussetzung. Die Gemeinden führen die Melderegister und haben die Möglichkeit

– unter Beachtung des Meldegesetzes – die Adressatinnen und Adressaten nach

bestimmten Merkmalen auszuwählen.

6. Rückkopplung und Bewertung des Beteiligungsprozesses

Während und nach der Durchführung des Beteili-

gungsverfahrens ist eine kontinuierliche Rückkopplung

des Prozesses an die Beteiligten und die breite Öffent-

lichkeit unverzichtbar. Vor Abschluss des Verfahrens

findet zudem eine Bewertung des Prozesses statt. So

wird die Transparenz des Prozesses sichergestellt und eine Grundlage für die Opti-

mierung zukünftiger Beteiligungsverfahren geschaffen.

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

48

a) Rückkopplung

Die Rückkopplung ist von Beginn an so zu planen, dass die gesamte betroffene und

interessierte Bevölkerung erreicht wird. Wenn nur ein kleiner Kreis von Bürgerinnen

und Bürgern am Beteiligungsverfahren teilgenommen hat, trägt dessen Veröffentli-

chung wesentlich zu seiner Akzeptanz bei.

Die Rückkopplung beinhaltet sowohl Informationen über den Beteiligungsprozess als

auch über die anschließende Entscheidung sowie deren Umsetzung. Dabei muss vor

allem deutlich werden, inwiefern die bürgerschaftlichen Anregungen aufgenommen

wurden und inwieweit sie in den Entscheidungsprozess eingeflossen sind. Der Ent-

scheidungsprozess muss nachvollziehbar sein. Sofern eine Entscheidung gegen

Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger getroffen wurde, ist dies zu begründen.

Die Rückkopplung sollte kontinuierlich erfolgen, auch bei langwierigen oder mehrstu-

figen Beteiligungsverfahren. Sie kann sich in Form einer „Spielregel“ zu Beginn eines

dialogischen Verfahrens mit den Beteiligten vereinbaren lassen. Sie kann sich als ein

Folgetreffen vollziehen, bei dem die Verwaltungsentscheidung erläutert wird und die

Bürgerinnen und Bürger nochmals Stellung nehmen können.

Es bietet sich an, den Betroffenen und Interessierten feste Ansprechpartnerinnen

bzw. Ansprechpartner für die Rückkopplung anzugeben. Dabei kann es sich um eine

für das Vorhaben verantwortliche Verwaltungsmitarbeiterin bzw. einen Verwaltungs-

mitarbeiter handeln. Es kämen jedoch auch eine Stelle für Öffentlichkeitsarbeit oder

Expertinnen und Experten der Verwaltung in Frage.

Um eine Rückkopplung durchzuführen, ist eine prozessbegleitende Dokumentation

notwendig. Diese Dokumentation kann als interne Dokumentation (mit den Zielen der

Prozesssicherheit und der Prozessverbesserung), aber auch unter Einbindung der

Beteiligten erfolgen. Damit wäre zusätzlich dem Ziel der Verfahrenstransparenz ge-

dient.

Ergänzend zur Rückkopplung als Bestandteil des Beteiligungsverfahrens bietet es

sich an, begleitende Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit zu nutzen, um nicht nur

die im konkreten Fall Betroffenen, sondern die breite Öffentlichkeit für die Teilnahme

an Beteiligungsprozessen zu gewinnen. Pressemitteilungen, Presse- und Fototermi-

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

49

ne bei Umsetzungsbeginn eines Vorhabens oder Inhalte im Internetauftritt der Lan-

desverwaltung sind mögliche Instrumente.

b) Bewertung

Im Rahmen der Bewertung wird ermittelt und dokumentiert, wie das Verfahren ablief,

wie die Beteiligten den Prozess beurteilen und welche Ergebnisse erzielt wurden. Auf

diese Weise können künftige Beteiligungsprozesse optimiert werden.

Mögliche Fragestellungen sind:

Welche Veränderung hat das Bürgerbeteiligungsverfahren bewirkt?

Hat das Verfahren einen Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger und für

die Verwaltung geschaffen?

Wie hoch war der notwendige Einsatz von Ressourcen? Wie ist das Verhält-

nis zwischen Ressourcenaufwand und erzieltem Mehrwert?

Wie haben alle interessierten Personen das Verfahren empfunden? Konnten

sie ihre Anregungen einbringen? Wurden diese Anregungen angemessen

berücksichtigt?

War der Ablauf des Verfahrens für alle Beteiligten und Interessierten transpa-

rent und nachvollziehbar?

Die Bewertung kann in Form von Feedback-Bögen, Interviews oder Feedback-

Runden in Kleingruppen durchgeführt werden. Denkbar ist auch die Anwesenheit von

beobachtenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus der interessierten Bürger-

schaft während des Beteiligungsverfahrens. Für die Aufgabe der Dokumentation und

Bewertung eignen sich besonders elektronische Medien.

B. III. Vorbereitung und Durchführung eines Beteiligungsverfahrens

50

7. Ablauf des Beteiligungsprozesses

Auswahl der Themen

Festlegung der Ziele

Integration der Entscheidungsverantwortlichen

Methodenwahl

Definition der Betroffenen und Interessierten

Erstellung Gesamtkonzept

konkrete Auswahl der Beteiligten

Durchführung des Beteiligungsprozesses

begleitende Informations- und Öffentlichkeitsarbeit

Rückkopplung

Bewertung

Prozess-Steuerung

Vorbereitung Durchführung Evaluierung

Beginn Ende

Auswahl der Themen

Festlegung der Ziele

Integration der Entscheidungsverantwortlichen

Methodenwahl

Definition der Betroffenen und Interessierten

Erstellung Gesamtkonzept

konkrete Auswahl der Beteiligten

Durchführung des Beteiligungsprozesses

begleitende Informations- und Öffentlichkeitsarbeit

Rückkopplung

Bewertung

Prozess-Steuerung

Auswahl der Themen

Festlegung der Ziele

Integration der Entscheidungsverantwortlichen

Methodenwahl

Definition der Betroffenen und Interessierten

Erstellung Gesamtkonzept

konkrete Auswahl der Beteiligten

Durchführung des Beteiligungsprozesses

begleitende Informations- und Öffentlichkeitsarbeit

Rückkopplung

Bewertung

Prozess-Steuerung

Vorbereitung Durchführung Evaluierung

Beginn Ende

C. I. Was bedeutet Beteiligungskultur in der Landesverwaltung?

51

Kultur übernimmt für die Individuen

wichtige Funktionen:

Kultur zeigt, was man erwarten und worauf man

vertrauen darf. Sie schafft Zugehörigkeit und

persönliche Sicherheit.

Kultur kann Sinn erzeugen, verstärken und ver-

mitteln. Wenn sie etabliert ist, kann Kultur einen

Teil der Führung ersetzen. Sie steuert indirekt

und informell.

Kultur bietet eine strategische Grundorientie-

rung, selbst wenn sie nicht in Leitsätzen veran-

kert ist.

Kultur legitimiert Entscheidungen und stabilisiert

sie.

Kultur hilft, einheitliche Systeme und Prozesse

aufzubauen.

Kultur ist effizient und erleichtert dem Einzelnen

den Umgang mit Zielkonflikten, da sie Standard-

lösungen anbietet.

C. Beteiligungskultur in der Landesverwaltung

Der wichtigste Erfolgsfaktor

für das Gelingen eines Be-

teiligungsverfahrens ist,

dass die Verwaltung diesem

positiv gegenüber steht.5

Nachhaltig kann dies nur

gewährleistet werden, wenn

die Verwaltung hinter der

Idee der Beteiligung steht,

wenn also in der Verwaltung

eine Beteiligungskultur vor-

handen ist.6 Eine solche

lässt sich freilich nicht von

oben verordnen. Es können

lediglich Voraussetzungen

geschaffen und Maßnah-

men getroffen werden, wel-

che die Entstehung einer

solchen Beteiligungskultur

begünstigen und fördern.

Darum geht es in diesem Ka-

pitel.

I. Was bedeutet Beteiligungskultur in der Landesverwaltung?

Kultur bezogen auf eine Gruppe wird allgemein geprägt durch die Einstellungen,

Handlungsmuster, Erwartungshaltungen, Grundüberzeugungen und Werte, die von

der Gruppe geteilt werden, die das Verhalten der Gruppenmitglieder beeinflussen

und mit deren Hilfe das Verhalten anderer interpretiert wird.7

Einstellungen lassen sich verhältnismäßig schnell ändern. Schon entsprechend

schlagkräftige Argumente, aber auch entsprechende Erfahrungen können für eine

C. I. Was bedeutet Beteiligungskultur in der Landesverwaltung?

52

Änderung ausreichen. Werte und Grundüberzeugungen hingegen müssen erst über

einen längeren Zeitraum wachsen und lassen sich allenfalls indirekt beeinflussen.

Erwartungshaltungen sind insbesondere durch die emotionale Ebene geprägt. Sie

haben eine besondere Kraft, da sie häufig nur unbewusst wahrgenommen werden.

Handlungsmuster einschließlich der Muster des Kommunikationsverhaltens besitzen

eine besondere Relevanz, weil durch sie das Bild einer Kultur nach außen geprägt

wird.

In Bezug auf Beteiligung umfasst Kultur mehrere Dimensionen. Sie bezieht sich zum

einen auf die Bürgerinnen und Bürger. Diese müssen bereit sein, sich zu beteiligen

und auch die Ergebnisoffenheit des Beteiligungsprozesses akzeptieren.

Zum anderen bezieht sich Beteiligungskultur auf die Landesverwaltung. Hier bedarf

es eines Verständnisses von Beteiligung als Instrument, das wann immer möglich

wie selbstverständlich angewendet wird.

Merkmale einer Beteiligungskultur in der Verwaltung sind insbesondere:

Beteiligung wird als Bereicherung verstanden.

Die Verwaltung vertraut darauf, dass die Bürgerinnen und Bürger Wissen

mitbringen und dass dieses für den Gesamtprozess positiv genutzt werden

kann.

Die Verwaltung ist auf stetige Verbesserung und Lernen aus den praktischen

Erfahrungen bedacht und an einer kontinuierlichen Verbesserung der Beteili-

gungsprozesse interessiert.

Die Kommunikation erfolgt offen, wertschätzend und auf Augenhöhe. Sie ist

ausgewogen und transparent sowie proaktiv und für alle Zielgruppen ver-

ständlich. Dies gilt sowohl für die Kommunikation innerhalb der Verwaltung

als auch für die Kommunikation der Verwaltung mit den mit den Bürgerinnen

und Bürgern.

Schließlich wird Beteiligung auch verwaltungsintern gelebt.

Wenn der Leitfaden sich im Folgenden auf den Bereich der Verwaltung beschränkt,

dann geschieht dies unbeschadet des beschriebenen größeren Kontexts einer zu

entwickelnden Beteiligungskultur in der Gesamtgesellschaft.

C. II. Change Management als Katalysator von Beteiligungskultur

53

Unter Change Management versteht man die lau-

fende Anpassung von Strategien, Strukturen und

Prozessen einer Organisation an sich verändern-

de Rahmenbedingungen.

II. Change Management als Katalysator von Beteiligungskultur

Kulturelle Änderungen kön-

nen zwar nicht diktiert, aber

dennoch von der Führungs-

ebene bewusst angestoßen

werden. Dafür ist eine syste-

matische Herangehensweise (Change Management) erforderlich, die Voraussetzun-

gen und Rahmenbedingungen schafft, um die Entwicklung einer Beteiligungskultur

positiv zu beeinflussen.

Change Management zielt auf die planmäßige mittel- bis langfristig wirksame Verän-

derung von Verhaltensmustern und Fähigkeiten, um zielgerichtete Prozesse und

Kommunikationsstrukturen in Organisationen zu optimieren.8 Dazu ist eine ganzheit-

liche Betrachtungsweise der Organisation notwendig.

Der Erfolg von Veränderungen hängt maßgeblich von der Fähigkeit einer Organisati-

on ab, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Veränderungsprozess zu integrie-

ren.

C. II. Change Management als Katalysator von Beteiligungskultur

54

Bürgerbeteiligung sollte einen für

die Verwaltungsmitarbeiterinnen

und -mitarbeiter erkennbaren per-

sönlichen Nutzen haben!

Die wesentlichsten Stellschrauben für erfolgreiche Transformationen sind Strategie,

Struktur und Kultur. Diese bedingen sich wechselseitig:9

Strategie: Wo will ich hin? Was ist meine Vision? Was sind meine Ziele?

Struktur: Welche Prozesse und Strukturen benötige ich hierfür?

Kultur: Welches Personal möchte ich haben? Welche Unternehmens- oder Organisa-

tionskultur benötige ich hierfür? Wie gewinne ich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

für die Umsetzung der Veränderungsziele? Womit ist es möglich, die Veränderungen

im individuellen Verhalten zu verankern?

Was gilt es dabei zu beachten?10

Veränderungen brauchen Verständnis. Grundlage hierfür sind transparente

Information und Kommunikation.

Verhaltensänderungen sind am nachhaltigsten, wenn sie aus einem gemein-

samen Lern- und Aushandlungsprozess der beteiligten Akteure hervorgehen.

Deshalb ist die Beteiligung der Betroffenen bei der Ausgestaltung des Ver-

änderungsprozesses elementar.

Verhalten muss sich auf irgendeine Art lohnen. Hierbei spielen unter ande-

rem Kosten-Nutzen-Abwägungen eine Rolle (Verhältnis Aufwand zu Ertrag),

aber auch, wie gerne man etwas macht (affektive Evaluation der Handlung).

Diese Aspekte werden nicht nur von harten Faktoren wie finanziellen Anrei-

zen oder Aufstiegsmöglichkeiten, sondern oft noch mehr von weichen Anrei-

zen wie Sinnhaftigkeit, emotionaler

Verbundenheit mit dem Verände-

rungsprozess und Anerkennung

durch Vorgesetzte beeinflusst. Es gilt,

Nutzen und Erfolg der beabsichtigen

C. III. Wege zur Förderung einer Beteiligungskultur in der Landesverwaltung

55

Wichtig ist, dass die Führungs-

ebene hinter dem gewünschten

Wandel steht und ihn vorlebt.

Veränderung – z. B. durch Pilotprojekte – frühzeitig sichtbar und greifbar zu

machen.

Verhalten wird von der Erwartung beeinflusst, wie andere darüber denken

und wie sie es bewerten, und was andere ganz konkret tun (soziale Normen

und Vorbilder). Deshalb ist es wichtig, Meinungsführerinnen und Meinungs-

führer zu gewinnen. In der Verwaltung zählt hierzu insbesondere die Füh-

rungsebene. Sie muss hinter dem

gewünschten Wandel stehen und ihn

nicht nur fordern und mittragen son-

dern vorleben. Wichtig ist zudem der

Blick auf die Rolle der sozialen Grup-

pen (Peergroups) innerhalb einer Behörde, deren Gewohnheiten und ihre für

den Einzelnen handlungsleitende Funktion.

Verhaltensänderungen hängen zudem von der Erwartung ab, wie einfach

oder schwierig sie eingeschätzt werden. Dabei spielen das Vertrauen in die

eigenen Fähigkeiten ebenso eine Rolle wie die Rahmenbedingungen, unter

denen die Veränderung stattfinden soll. Deshalb müssen Verwaltungsmitar-

beiterinnen und -mitarbeiter zum Thema Bürgerbeteiligung befähigt werden,

etwa durch Fortbildungen, Coaching, kollegiale Netzwerke und andere. Bei

den Rahmenbedingungen sind neben schriftlich formulierten Handlungsleitli-

nien vor allem ausreichende Finanz- und Arbeitsmittel, zeitliche Ressourcen

sowie Unterstützung durch Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetzte von Be-

deutung.

Veränderungen erzeugen Vorbehalte und Ängste (z. B. in Bezug auf eine

Verschlechterung der eigenen Arbeitsbedingungen). Diese gilt es ernst zu

nehmen: „People don’t resist change. People resist being changed!”11

III. Wege zur Förderung einer Beteiligungskultur in der Landesverwaltung

1. Strukturelle und organisatorische Maßnahmen

Eine Beteiligungskultur kann in der Landesverwaltung nur dann gelebt werden, wenn

die Verwaltung organisatorisch und personell auf Beteiligungsprozesse eingestellt

und vorbereitet ist. Dabei bestehen in der baden-württembergischen Landesverwal-

tung bereits viele Strukturen, die für die neuen Herausforderungen fruchtbar gemacht

C. III. Wege zur Förderung einer Beteiligungskultur in der Landesverwaltung

56

werden können. Denn interdisziplinäre Zusammenarbeit und Netzwerkarbeit sind hier

keine Fremdworte. Diese Strukturen gilt es zu nutzen und auszubauen. Darüber hin-

aus sind Zuständigkeiten und Ansprechpartner für Bürgerbeteiligung zu definieren.

Dies betrifft nicht nur die Einrichtung von entsprechenden Stellen für die Information

der Bürgerinnen und Bürger. Es betrifft vor allem die Einrichtung von zentralen Stel-

len zur Information und Unterstützung der Verwaltungsmitarbeiterinnen und -

mitarbeiter. Dabei ist es zielführend, zwei Koordinationsebenen strukturell zu veran-

kern:

1. Zentrale landesweite Koordinationsstelle: Die am Staatsministerium angesie-

delte Stabsstelle für Bürgerbeteiligung könnte mittelfristig in ein eigenständi-

ges Referat Bürgerbeteiligung umgewandelt werden, welches sämtliche Akti-

vitäten im Bereich Bürgerbeteiligung steuert und koordiniert. Hierzu gehört

auch die zentrale Steuerung des Change Management.

2. Zentrale Ansprechpartnerinnen bzw. Ansprechpartner für Bürgerbeteili-

gungsprozesse innerhalb der einzelnen Behörden: Diese koordinieren die

verschiedenen Beteiligungsprozesse innerhalb der Behörde, sind neben be-

reichsspezifischer Fachkenntnis mit hoher Methodenkompetenz ausgestattet

und damit Ansprechpartnerinnen, Ansprechpartner, Dienstleisterinnen und

Dienstleister für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie geben gegebenen-

falls Hinweise auf externe Beraterinnen und Berater bzw. Moderatorinnen

und Moderatoren und stellen den Transfer und Erfahrungsaustausch sicher.

Im Allgemeinen erscheint es sinnvoll, die Verantwortung für die Durchführung des

Bürgerbeteiligungsprozesses auf der Fachebene zu belassen, die auch die inhaltli-

che Verantwortung für das Vorhaben trägt. Dadurch kann sichergestellt werden, dass

der Prozess auf die spezifischen Erfordernisse des Vorhabens zugeschnitten ist und

das externe Fachwissen sachgerecht aufgenommen und weiterverarbeitet werden

kann. Aufgabe der zentralen Stellen ist es, den Durchführenden als Ansprechpartne-

rinnen, Ansprechpartner, Dienstleisterinnen und Dienstleister für Bürgerbeteiligungs-

prozesse zur Verfügung stehen. Damit werden nicht nur die Mitarbeiterinnen und

Mitarbeiter der Fachebene entlastet, sondern auch Qualitätsstandards in der Lan-

desverwaltung gesetzt.

C. III. Wege zur Förderung einer Beteiligungskultur in der Landesverwaltung

57

Praxisbeispiele außerhalb des Landes:

Die Leitstelle Ehrenamt und Bürgerbeteiligung Rheinland-Pfalz entwickelt konzeptio-

nelle Vorschläge für den Ausbau und die Umsetzung der Bürgerbeteiligung in Rhein-

land-Pfalz, setzt eigene Bürgerbeteiligungsvorhaben um und ist darüber hinaus Bera-

ter und Ratgeber bei Bürgerbeteiligung für den verwaltungsinternen Bereich.12 Das

Büro für Zukunftsfragen des Landes Vorarlberg versteht sich als Impulsgeber und

Schnittstelle für zukunftsfähige Entwicklungsprozesse. Das Büro für Zukunftsfragen

ist vor allem in den Bereichen Bürgerschaftliches Engagement und Bürgerbeteili-

gung, Sozialkapital und Nachhaltige Entwicklung tätig. Seine Aufgaben sind unter

anderem Koordination und Vernetzung der verschiedenen Akteure im Sinne einer

nachhaltigen Entwicklung sowie die Initiierung und Entwicklung von Pilotprojekten.

Das Zukunftsbüro fungiert darüber hinaus als Ansprechpartnerinnen, Ansprechpart-

ner, Beraterinnen und Berater der Landesbehörden und Gemeinden bei der Durch-

führung von Bürgerbeteiligungsprojekten.13

Praxisbeispiele aus der Landesverwaltung Baden-Württemberg:

Im Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft wurde im Referat 16 (Allge-

meine Rechtsangelegenheiten, Umweltrecht, Umweltmeldestelle) eine zentrale

Koordinationsstelle für den Bereich Bürgerbeteiligung geschaffen, welche zum einen

den Bürgerinnen und Bürgern als Ansprechpartner zur Verfügung steht und zum an-

deren den Informationsaustausch zwischen den Abteilungen und mit den anderen

Ministerien sicherstellt. Auch im Ministerium für Verkehr und Infrastruktur wurde die

Stelle eines Referenten für Bürgerbeteiligung und Partizipationsprozesse geschaffen.

Er hat die Aufgabe, Strukturen, Methoden und Inhalte hausintern weiterzugeben. Zu-

dem stellt er die Schnittstelle zur Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteili-

gung dar. Eine ähnliche Funktion nimmt im Integrationsministerium das Referat 33

wahr.

Wichtig ist zudem, Plattformen für den Wissens- und Erfahrungsaustausch zu schaf-

fen, um aus den bereits durchgeführten Bürgerbeteiligungsprozessen zu lernen (zur

Bedeutung der Evaluation vgl. unten C.V.). Eine solche kann aus regelmäßigen Tref-

fen der mit Beteiligungsprozessen befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in ei-

ner Organisationseinheit bestehen (Netzwerkbildung). Eine weitere Möglichkeit be-

C. III. Wege zur Förderung einer Beteiligungskultur in der Landesverwaltung

58

steht in der Einrichtung einer Internet-Plattform. Denkbar wäre beispielsweise, die

bestehende Plattform BW21, die bereits Informationen zur Bürgerbeteiligung enthält,

entsprechend auszubauen.14

2. Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Führungskräfte

Um eine lebendige Beteiligungskultur zu entwickeln, müssen Verwaltungsmitarbeite-

rinnen und -mitarbeiter zum Thema Bürgerbeteiligung befähigt werden.

Die hierzu erforderlichen Qualifizierungsmaßnahmen beziehen sich zum einen auf

die Vermittlung des Wissens, um Bürgerbeteiligungsverfahren effektiv durchführen zu

können (Methodenkompetenz), sowie auf rechtliche und politische Rahmenbedin-

gungen. Hier sind neben klassischen Seminarangeboten auch Modelle denkbar, bei

denen am echten Fall gelernt wird, beispielsweise in Gestalt von Hospitationen an

geeigneten Beteiligungsprozessen oder mittels eines Planspiels.

Die Führungsakademie Baden-Württemberg hat in Kooperation mit den Hochschulen

für Verwaltung in Kehl und Ludwigsburg einen 15-tägigen Lehrgang für Kommunal-

und Landesbedienstete entwickelt. Dieser besteht aus folgenden Modulen:

Bürgerbeteiligung im Überblick

Von der Bürgerorientierung zur Bürgerbeteiligung: rechtliche, kommunal- und

landespolitische Rahmenbedingungen

Die Führungskraft im Beteiligungsprozess

Erfahrungen kontinuierlich austauschen

Erfolgreiche Gestaltung von Bürgerbeteiligungsprozessen: Anlässe, Methoden

und Instrumente

Kommunikation in Beteiligungsprozessen

e-Partizipation

Moderierter Bürgerdialog

Mediation im Verwaltungsverfahren

Die Stiftung Mitarbeit hat ein Planspiel entwickelt, welches es ermöglicht, in einer aus

der Realität abgeleiteten Situation einen Planungsprozess in einer Kommune zu ge-

stalten und dabei einen Bürgerbeteiligungsprozess zu simulieren.15 Die Umweltaka-

C. III. Wege zur Förderung einer Beteiligungskultur in der Landesverwaltung

59

demie Baden-Württemberg bietet in den vier Regierungsbezirken des Landes eine

Seminarreihe „Bürger gewinnen“ an. An Hand praktischer Beispiele geht es unter

anderem darum, einen partnerschaftlich-kooperativen Gesprächsstil, Konfliktmana-

gement sowie Methoden zur Bürgerbeteiligung zu erlernen. Zielgruppe sind die Mit-

arbeiterinnen und Mitarbeiter der unteren Verwaltungsbehörden.

Bürgerbeteiligungsprozesse verlangen von den Verwaltungsmitarbeiterinnen und -

mitarbeitern zudem die Fähigkeit zu beraten, anzuleiten, zu motivieren, zu ermutigen,

zu moderieren, zu integrieren und Rückmeldung zu geben. Deshalb sind entspre-

chende Aus- und Fortbildungsangebote auch zu den Themen Kommunikation, Ver-

handlungsführung, Moderation, Konfliktmanagement, interdisziplinäre Zusammenar-

beit usw. erforderlich. Hierzu gehören sowohl Coaching-Kompetenzen, die eine em-

pathische Grundhaltung, die Fähigkeit zu einer lösungsorientierten Prozesssteuerung

und eine wertschätzende Gesprächsführung umfassen, als auch Change-

Management-Kompetenzen.

Die Führungsakademie Baden-Württemberg bietet in diesem Bereich ein umfassen-

des Angebot an: Hierzu gehören beispielsweise Seminare und Lehrgänge zum Coa-

ching und zum Change Management. Für Bürgerbeteiligung notwendige Kompeten-

zen werden zudem in der Einführungsqualifizierung und der Qualifizierung der Fach-

und Führungskräfte vermittelt, dies unter anderem in den Fortbildungen zu Ge-

sprächsführung Organisations- und Veränderungsmanagement, Kommunikation,

Strategie- und Projektmanagement und Moderation.

3. Stärkung von Beteiligungskultur im Innenverhältnis

Schließlich kann sich echte Beteiligungskultur in der Landesverwaltung Baden-

Württemberg nur dann voll entwickeln, wenn Beteiligung auch im verwaltungsinter-

nen Bereich gelebt wird. Das bedeutet, die Regeln für eine gute Beteiligung – trans-

parente Kommunikation und Einbindung des betroffenen Personals in Entscheidun-

gen – auch behördenintern einzuhalten. Dies betrifft grundsätzlich sämtliche internen

Entscheidungsprozesse der Behörden über alle Hierarchieebenen hinweg.

C. IV. Ressourcen für die Entwicklung einer Beteiligungskultur

60

Praxisbeispiel: Erstellung eines Personalentwicklungskonzepts für Staatsan-

wältinnen und Staatsanwälte sowie Richterinnen und Richter

Das Justizministerium Baden-Württemberg bezieht bei der Erarbeitung eines Kon-

zeptes zur Personalentwicklung für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältin-

nen und Staatsanwälte die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eng mit ein. Via

Intranet können Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwäl-

te während der gesamten Projektdauer mit einer eigens hierfür eingerichteten E-Mail-

Adresse mit dem Justizministerium in Kontakt treten, Hinweise und Anregungen ge-

ben oder Kritik äußern. Zudem werden mehrere Gesprächsrunden zu spezifischen

Themen (z. B. Vereinbarkeit zu Familie und Beruf, Berufseinstieg von Assessorinnen

und Assessoren) zum Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern der Praxis durch-

geführt.

Als Maßnahme mit spezifischem Bezug zur Bürgerbeteiligung bietet es sich in die-

sem Zusammenhang beispielsweise an, gemeinsam mit den jeweiligen Fachrefera-

ten mögliche Themenfelder für Bürgerbeteiligung zu identifizieren und gemeinsam

eine Vorhabenliste (vgl. oben B.I.2.) zu entwickeln. Dadurch wird nicht nur das vor-

handene Fachwissen in den Entscheidungsprozess eingebunden, sondern auch die

Akzeptanz bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gefördert. Darüber hinaus er-

scheint es sinnvoll, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch bei der Gestaltung der

Abläufe rund um das Management von Bürgerbeteiligung in der Landesverwaltung

(interne Kommunikation, Verfahrensoptimierung, usw.) einzubeziehen. Bürgerbeteili-

gung kann überdies Bestandteil von Zielvereinbarungen, Mitarbeitergesprächen, Mit-

arbeiterbefragungen und Organisationsuntersuchungen werden.

IV. Ressourcen für die Entwicklung einer Beteiligungskultur

1. Finanzielle, personelle und zeitliche Ressourcen als Grundvoraussetzung

Bürgerbeteiligung erfordert einen Mehraufwand an finanziellen, personellen und zeit-

lichen Ressourcen. Dies gilt sowohl für konkrete Beteiligungsprozesse als auch für

das zur Weiterentwicklung einer Beteiligungskultur in der Landesverwaltung erforder-

liche Change Management.

C. IV. Ressourcen für die Entwicklung einer Beteiligungskultur

61

Die qualitätsvolle Umsetzung einer Beteiligung ist nicht zum Nulltarif zu haben. Wird

die Umsetzung mangels Ressourcen langwierig und schwierig, sind nachteilige Aus-

wirkungen innerhalb der Verwaltung und auf die Bürgerschaft absehbar. Kann ein in

Erwägung gezogenes Beteiligungsverfahren nicht durchgeführt werden, muss dies

dokumentiert und eine auch der Öffentlichkeit kommunizierbare und transparente

Begründung zur Verfügung gestellt werden (vgl. oben B.II.6.).

2. Kosten von Beteiligungsverfahren

Aufgrund der Komplexität und Vielfalt der zu bearbeitenden Fragestellungen ist eine

verallgemeinernde Angabe zu den konkret erforderlichen Kosten nicht möglich. Diese

werden durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst, wie z. B. durch den Zeitpunkt

der Beteiligung, die Verfahrensdauer, die Auswahl und Kombination der Beteili-

gungsmethoden und den Umfang des Gesamtprozesses.

Kosten-, Finanzierungs- und Zeitpläne müssen in jedem Beteiligungsprozess indivi-

duell betrachtet werden. Es sind dabei immer die Gesamtprozesse von der Vorberei-

tungs-, über die Durchführungs- bis zur Evaluationsphase abzubilden. In der nach-

folgenden Übersicht werden einige Anregungen dazu gegeben, welche Faktoren we-

sentlichen Einfluss auf die Kosten nehmen können:

C. IV. Ressourcen für die Entwicklung einer Beteiligungskultur

62

Kosten zu kalkulierende Indikatoren/Posten

Kosten durch Personaleinsatz

Arbeitszeit der Verwaltungsmitarbei-ter/innen

geleistete Zeit (Tage, Stunden)

ggf. einzubindende Arbeitskräfte aus an-deren Bereichen (wie z. B. IT-Spezia-listen, Aushilfskräfte)

zusätzliche Personal-Nebenkosten anfallende Reisekosten, Übernachtungen, usw.

externe Prozessbegleiter (Moderato-ren/innen, Berater/innen, Experten/innen)

Honorare, Gebühren

Qualifizierungskosten

Qualifizierung der Verwaltungsmitarbei-ter/innen

Fortbildungs- und Seminargebühren;

Zeitaufwand für Fortbildungen

Einweisung und Information der zu betei-ligenden Bürger/innen

Kosten für Referenten/innen

Kosten für Veranstaltungsorte

Sachkosten

Veranstaltungsorte/-Räume Raum-Mieten Catering, technische Ausstattungen, usw.

Informationsmaterialien (Flyer, Broschü-ren, Poster, usw.)

Arbeitszeit für die Ausarbeitung

Kosten für Gestaltung, Druck, Anzeigen Verteilung, Versand

Administrative Begleitkosten Telefongebühren, Porto Postversand, Ko-pien, usw.

Evaluationskosten

Arbeits- und Sachkosten für Evaluation Arbeitszeit für Ausarbeitung, Durchfüh-rung und Berichterstellung durch Verwal-tungsmitarbeiter/innen

Druckkosten für Evaluationsbögen, Be-richte usw.

Arbeitszeit für Auswertungen und Erstel-len von Zwischen- und Endberichten durch Verwaltungsmitarbeiter/innen

Aufwandsentschädigungen für Beteiligte Konkrete Ausgaben

„Imaginäre“ Kosten

unentgeltlich geleistete Arbeitsstunden der Verwaltungsmitarbeiter/innen

Engagement und Kraft

außerhalb der Verwaltung

Zeitaufwand der beteiligten Bürger/innen;

geleistete Zeit (Tage, Stunden) in Sitzun-gen, Vorbereitungen, usw.;

eingebrachtes Fachwissen der Bür-ger/innen

ggf. investierte Freizeit; Engagement und Kraft

C. IV. Ressourcen für die Entwicklung einer Beteiligungskultur

63

Da nicht alle Einzelheiten in einem Beteiligungsprozess vorgeplant und die Prozesse

im Verlauf eine Eigendynamik entwickeln können, sollten finanzielle und zeitliche

Puffer bei der Ressourcen-Kalkulation eingeplant werden. Diese Spielräume eröffnen

im Bedarfsfall die Möglichkeit direkt zu reagieren und die Prozesse entsprechend

anzupassen.

3. Nutzen erfolgreicher Bürgerbeteiligung

Bürgerbeteiligung erfordert Ressourcen und Engagement, doch sie erzeugt auch

vielfältigen Nutzen. Im Ergebnis kann sich der Einsatz vielfach rechnen. Sicherlich

lässt sich häufig nur schwer in Zahlen fassen oder messbar machen, welcher Nutzen

dem Einsatz von Ressourcen im Sinne einer betriebswirtschaftlichen Kosten-Nutzen-

Rechnung gegenübergestellt werden kann. Zahlreiche Good-Practice-Beispiele be-

legen jedoch, welche Chancen und welches Potential eine qualitätsvolle Bürgerbetei-

ligung birgt. Es besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass insbesondere in den

nachfolgend beispielhaft gelisteten Bereichen positiven Auswirkungen und Weiter-

entwicklung erwartet werden können:

Good-Governance

(im Sinne des Zusammenwir-kens der staatlichen und der öffentlichen Seite), z. B. durch:

die Stärkung der demokratischen Legitimität (im Sinne der Anerkennung der Rechtmäßig-keit von Handlungen und Entscheidungen) aufgrund der breiteren Akzeptanz, dem Mittra-gen von und der besseren Identifikation mit den Ergebnissen durch Einbeziehung der Be-teiligten in den Findungsprozess

die Förderung des Interesses an einer ver-stärkten politischen Mitwirkung bei allen Betei-ligten

die eindeutige Darstellung und Wahrnehmung von Verantwortungsbereichen zwischen allen Beteiligten

die Belebung einer aktiven und engagierten Bürgerschaft

Sozialer Zusammenhalt und Sozialkapital, durch z. B.

die Bildung von Beziehungsnetzwerken zwi-schen allen Beteiligten

die gegenseitige Kooperationsbereitschaft

die Stärkung des Vertrauensverhältnisses zwi-schen allen Beteiligten

der Förderung der Gemeinschaft und des ge-

C. IV. Ressourcen für die Entwicklung einer Beteiligungskultur

64

genseitigen Respekts zwischen allen Beteilig-ten

Gerechtigkeit und Unparteilichkeit aufgrund von Einbeziehung einer breiten Bürgerschaft

Qualitätssicherung von poli-tischen Strategien, Projek-ten, Programmen und Dienstleistungen, z. B. durch

die Sichtbarmachung von Werten, Interessen und Bedürfnissen der Beteiligten, die so be-rücksichtigt werden können

die durch Einbeziehung verschiedener Blick-winkel lösungsorientiertere, bedarfsgerechtere und bürgernähere Allokation der vorhandenen Ressourcen

die Verbesserung des Informationsaustau-sches zwischen den Beteiligten

die Entwicklung akzeptierter Strategien und länger- bzw. langfristigen Lösungen

Kompetenzaufbau und ge-genseitiges Lernen, z. B. durch

Wissenszuwachs aufgrund des Austausches von Experten-, Erfahrungs- und Faktenwissen zwischen den Beteiligten

die gemeinsamen Lernprozesse und die da-durch bedingte Bewusstseinserweiterung

die Stärkung der gegenseitigen Anerkennung von Leistungen

die Förderung von Innovation und Kreativität durch Einbeziehung des zusätzlichen Sachver-standes

Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung schlägt sich dieser Nutzen

im Arbeitsalltag auf folgende Weise nieder:

Konfliktpotential kann frühzeitig erkannt und die Möglichkeiten zum Interes-

senausgleich zu einem Zeitpunkt genutzt werden, an dem noch genügend Al-

ternativen gefunden werden können. Dadurch werden Ressourcen sinnvoll

eingesetzt.

Im Konfliktfall entstehende Reparaturkosten durch Einwände, Proteste oder

Gerichtsverfahren können vermindert bzw. vermieden werden.

Durch eine reibungslosere Umsetzung von Projekten (weniger Stellungnah-

men, weniger Beschwerden, usw.) werden die Gesamtverfahren selbst unter

Berücksichtigung zeitaufwändiger Beteiligungsprozesse beschleunigt und al-

le Beteiligten entlastet.

C. V. Bedeutung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses im Rahmen von Bürgerbeteiligung

65

Das frühzeitige Zusammenführen verschiedener Sichtweisen reduziert das

Risiko für einseitige Fehlinterpretationen, wodurch die zur Korrektur erforder-

lichen Ressourcen eingespart werden können.

Es entsteht ein Wissenszuwachs durch den Transfer des Fakten- und Erfah-

rungswissens zwischen den Beteiligten.

Längerfristig betrachtet wird durch eine Verstetigung der Beteiligungsprozesse zur

Entwicklung von Sozialkapital beigetragen und gegenseitiges Vertrauen aufgebaut,

wodurch eine Entwicklung hin zur Beteiligungskultur begünstigt wird.

V. Bedeutung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses im Rahmen

von Bürgerbeteiligung

Der Erfolg oder Misserfolg der Bürgerbeteiligung hängt maßgeblich von qualitativen

Faktoren ab. Gemeinsame Aufgabe aller Beteiligten muss es daher sein, im Rahmen

eines gesamtstrategischen Ansatzes aus Erfahrungen zu lernen und an einer konti-

nuierlichen Verbesserung zu arbeiten. Hierzu müssen die Erkenntnisse durch Eva-

luationsverfahren systematisch dokumentiert und ausgewertet werden (auch von in

Erwägung gezogenen, aber nicht durchgeführten Beteiligungsverfahren).

1. Evaluation als belebendes Element zur Verstetigung von Bürgerbeteiligung

Was zum erfolgreichen Gelingen und zur Erreichung der jeweiligen Beteiligungsziele

beiträgt, lässt sich im Einzelnen nicht trennscharf vorhersagen. Daneben stellt sich

die Frage, welchen Nutzen und welche Wirkungen erfolgreiche Beteiligungsformen

tatsächlich erzielen. Diese gilt es zu identifizieren. Jeder durchgeführte Bürgerbeteili-

gungsprozess bereichert dabei den Erfahrungsschatz. Die Evaluation ist ein Prozess

des systematischen Sammelns, Auswertens und Interpretierens von Daten mit dem

Ziel, daraus Konsequenzen für die Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität

abzuleiten.

2. Evaluation des konkreten Beteiligungsprozesses als Baustein einer steti-

gen Verbesserung

Um Beteiligungsprozesse zu evaluieren, können sowohl die durchgeführten Beteili-

gungsprozesse isoliert betrachtet als auch die Wirkung der Bürgerbeteiligung als

C. V. Bedeutung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses im Rahmen von Bürgerbeteiligung

66

Kombination aus verschiedenen und ineinander greifenden Verfahren und Methoden

ausgewertet werden. Diese übergreifende Evaluation sollte ein fortlaufender Prozess

sein (vgl. oben B.III.6.b). Beteiligung kann mit Hilfe externer Expertinnen und Exper-

ten oder auch durch Prozessbeteiligte selbst durchgeführt werden.

Die Ergebnisse und der Erfolg eines Beteiligungsprozesses sind grundsätzlich in Ab-

hängigkeit der folgenden Punkte zu bewerten:

Konkrete Zielsetzung: Was sollte erreicht werden?

Angewandtes Verfahren: Wie wurde die Beteiligung durchgeführt? Ablauf-

und Zeitplan, Ressourcen, Zielgruppe, Methodenauswahl usw.?

Gesamtkontext: In welchen Rahmen ist der Beteiligungsprozess eingebun-

den? Gibt es eine zu berücksichtigende Vorgeschichte?

Aus diesem Grund sollte die Evaluation bereits in einem sehr frühen Stadium in die

Planungen des Beteiligungsprozesses integriert werden. Die nachfolgende Grafik

gibt abschließend einen schematischen Überblick zu den Verknüpfungspunkten und

den wichtigsten Planungsschritten:

C. V. Bedeutung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses im Rahmen von Bürgerbeteiligung

67

Evaluationsbereich festlegen

Ziele konkretisieren

Indikatoren bestimmen und Kl ä rung, welche Daten

erforderliche sind

Evaluationsinstrumente ausw ä hlen und entwickeln

Daten sammeln

Daten analysieren und interpretieren

Abgleich zur Zielsetzung und Konsequenzen ziehen

Planung des Beteiligungsprozesse:

Ablauf - und Zeitplan

Ziele festlegen

Zielgruppendefinition

Methodenauswahl

Ressourcen planen

Durchf ü hrung des Beteiligungsprozesses

Ergebnisse des Prozesses

und

Einflussnahme auf den Entscheidungsprozess

r ü ckkoppeln

Feedback geben

Evaluationsbereich festlegen

Ziele konkretisieren

Indikatoren bestimmen und Kl ä rung, welche Daten

erforderlich sind

Evaluationsinstrumente ausw ä hlen und entwickeln

Daten sammeln

Daten analysieren und interpretieren

Abgleich zur Zielsetzung und Konsequenzen ziehen

Planung des Beteiligungsprozesse:

Ablauf - und Zeitplan

Ziele festlegen

Zielgruppendefinition

Methodenauswahl

Ressourcen planen

Durchf ü hrung des Beteiligungsprozesses

Ergebnisse des Prozesses

und

Einflussnahme auf den Entscheidungsprozess

r ü ckkoppeln

Feedback geben

D. Ausblick

68

D. Ausblick

Soll Bürgerbeteiligung zum selbstverständlichen Bestandteil von Verwaltungshandeln

werden, stellt dies die Landesverwaltung Baden-Württembergs vor eine große Her-

ausforderung. Die damit einhergehenden Fragestellungen und Herausforderungen

sind zum jetzigen Zeitpunkt nur teilweise absehbar. In allen Verwaltungseinheiten

und auf allen Ebenen werden gewachsene Organisationskulturen hinterfragt und

Veränderungsprozesse angestoßen. Erfahrungsgemäß führt dies einerseits zu Wi-

derständen gegen das Infragestellen von bewährten Strukturen und Handlungsmus-

tern, andererseits aber auch zu Veränderungsbereitschaft aufgrund des Interesses

an sinnvollen Neuerungen.

Um eine Bürgerbeteiligungskultur in der Landesverwaltung grundsätzlich zu veran-

kern, bedarf es mehr als der Erstellung und Verteilung eines Leitfadens. Vielmehr

muss das, was Bürgerbeteiligung ausmacht – die Einbeziehung der Betroffenen in

das Verwaltungshandeln – auch für die Umsetzung von Bürgerbeteiligung in der

Landesverwaltung gelten. Die Beschäftigten der Landesverwaltung, die Bürgerbetei-

ligung umsetzen und leben sollen, müssen an der Implementierung dieses Grundsat-

zes beteiligt werden. Auf diese Weise kann das in der Verwaltung bereits vorhande-

ne Wissen genutzt und zugleich die Bereitschaft zur Umsetzung der Bürgerbeteili-

gung gefördert werden.

Unterstützt durch Change Management können die notwendigen Veränderungspro-

zesse in der Landesverwaltung begleitet und gesteuert werden. Der Leitfaden liefert

hierfür erste grundlegende Hilfestellungen. Für die Umsetzung in den unterschiedli-

chen Behörden ist eine detaillierte Planung und Ausarbeitung der einzelnen Ände-

rungsschritte erforderlich. Die Etablierung von Bürgerbeteiligung in der Landesver-

waltung ist ein Vorgang, der einer laufenden Evaluierung und gegebenenfalls Um-

steuerung infolge gesammelter Erfahrungen bedarf und daher mit einem permanen-

ten Lernprozess verbunden ist.

Zudem kann die systematische Implementierung von Bürgerbeteiligung in der Lan-

desverwaltung Baden-Württemberg nur dann gelingen, wenn die dafür erforderlichen

Rahmenbedingungen in Form von Personal, Zeit und Finanzmitteln gegeben sind.

D. Ausblick

69

Insgesamt ist für den Veränderungsprozess hin zu mehr Bürgerbeteiligung ein länge-

rer Zeitraum zu veranschlagen. Erste Schritte wurden in Baden-Württemberg bereits

vollzogen. Dieser Leitfaden beschreibt den Weg zu einer umfassenderen und letztlich

selbstverständlichen Bürgerbeteiligung, indem er deren Möglichkeiten und Grenzen

aufzeigt und Hilfestellungen für die Durchführung von Beteiligungsprozessen bietet.

Auf Grundlage des vorliegenden Leitfadens werden folgende Maßnahmen als nächs-

te Umsetzungsschritte vorgeschlagen:

Information der Führungskräfte über Ziele und Formen von Bürgerbeteiligung

und deren Beteiligung am weiteren Umsetzungsprozess (z. B. in Form von

Workshops);

Information aller Landesbediensteten (z. B. durch Informationsveranstaltun-

gen);

Schaffung von Stellen mit ausgebildeten Expertinnen und Experten für Bür-

gerbeteiligung in jeder Behörde, die als zentrale Ansprechpartnerinnen und

Ansprechpartner sowohl für Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter als

auch für engagierte Bürgerinnen und Bürger fungieren;

regelmäßige Schulung von Expertinnen und Experten und von ausgewählten

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die häufig Bürgerbeteiligungsverfahren

durchführen und so ideal eine Multiplikatorenfunktion erfüllen können;

Ausbildung und Benennung von Verantwortlichen für ein erfolgreiches Chan-

ge Management in der Verwaltung mit Beratungsfunktion;

Pilotprojekte zur Entwicklung einer Beteiligungskultur in einzelnen Behörden:

Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Identifizierung von

Bereichen, die für Bürgerbeteiligung und der konkreten Ausgestaltung be-

hördeninterner Abläufe bei Bürgerbeteiligungsverfahren in Frage kommen;

Erstellung eines Gesamtüberblicks über die in den jeweiligen Behörden

durchgeführten Beteiligungsprozesse, Evaluierung und Ableitung von Ver-

besserungsmöglichkeiten;

Erfahrungsaustausch in und zwischen den Behörden sowie Sammlung von

Good-Practice-Beispielen.

D. Ausblick

70

Ernst gemeinte Bürgerbeteiligung impliziert eine Neuorientierung der Verwaltung. Es

lohnt sich jedoch, diese Herausforderung anzunehmen.

1 Ziekow, J., Bürgerbeteiligung und Bürgerengagement in der verfassten Demokratie, in: Beck, K./

2 Nanz, P./Fritsche, M. (2012): Handbuch Bürgerbeteiligung. Verfahren und Akteure, Chancen und

Grenzen, S.12. 3 siehe auch Grundsätze des „Guten Regierens“ der EU-Kommission; Weißbuch „Europäisches

Regieren", KOM(2001) 428 endg., deutsche Fassung, S. 13. 4 vgl. Nanz, P./Fritsche, M. (2012): Handbuch Bürgerbeteiligung. Verfahren und Akteure, Chancen

und Grenzen. 5 Beierle, T./Cayford, J. C. (2002): Democracy in Practice. Public Participation in Environmental De-

cisions. Resources for the Future 6 Dass eine solche Beteiligungskultur gegenwärtig noch nicht überall vorausgesetzt werden kann,

zeigt eine Bertelsmann-Studie, wonach in Deutschland über 60% der Verwaltungsmitarbeiter Bür-gerbeteiligung für eine hoffentlich bald vorübergehende Modeerscheinung halten, die zu keinen sinnvollen Ergebnissen führt (Mitteilung Prof. Renn vom 05.07.2012).

7 Spencer-Oatey, H. (2000): Culturally Speaking. Managing Rapport through Talk across Cultures.

8 Kostka, C./Mönch, A. (2009). Change Management. 7 Methoden für die Gestaltung von Verände-

rungsprozessen. 9 Kraus, G./Becker-Kölle, C./Fischer, T. (2010). Change Management; 3. Aufl.

10 Dem folgenden Abschnitt liegen grundlegende Erkenntnisse der psychologischen Motivations- und

Handlungsforschung zugrunde. 11

Peter M. Senge, Direktor des Center for Organizational Learning am MIT. 12

Kontakt zur Leitstelle: http://www.wir-tun-was.de/index.php?id=382. 13

weitere Informationen unter: http://www.vorarlberg.at/vorarlberg/umwelt_zukunft/zukunft/buerofuer zukunftsfragen/weitereinformationen/aufgaben_leistungen/geschaeftsfelderundaufgab.html.

14 siehe http://www.bw21.de/Bildung21_Aktuell/Managementwissen/Buergerbeteiligung/

Seiten/default.aspx. 15

www.mitarbeit.de/Projekt_planspiel.html.