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www.munich-photonics.de Texte und Konzept: Thorsten Naeser und Christine Kortenbruck Ausstellungsfotos: Thorsten Naeser / Luftbild von Ernst Graf MAP wird gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft. 4.3 x 10 17 Sekunden Alter des Universums 5 x 10 13 Sekunden Alter der Menschheit 1 Sekunde: Dauer eines Herzschlages 10 -15 Sekunden Femtosekunden Reaktionen von Molekülen 10 -18 Sekunden Attosekunden Elektronenbewegungen Der Garchinger Tandembeschleuniger ist ein Großgerät, das geladene Teilchen erzeugt und beschleunigt. Damit lassen sich viele wissen- schaftliche Probleme bearbeiten: Von der Kernphysik über Fragen aus der Weltraumforschung, den Material- und Geowissenschaften bis hin zu Biologie und Medizin. MAP-Wissenschaftler untersuchen damit die biologische Wirkung von Ionenstrahlen. Diese sollen später kompakter und kostengünstiger mit Lichtpulsen erzeugt werden. Ein Großgerät ebnet den Weg in die Zukunft. Bevor Krebspatienten mit lichtbeschleunigter Ionenstrahlung behandelt werden, sind noch Fragen zu lösen: Erfüllen Schwerionen die in sie ge- setzten Hoffnungen der Tumorbekämpfung? Wie wird die Zelle auf die Strahlenschäden an ihrer DNA reagieren? Werden Abbaustoffe entste- hen und sind diese gefährlich? Die Fragen versuchen Wissenschaftler zu beantworten, indem sie mit Ionen aus dem Tandembeschleuniger auf Zellen schießen und die erzeugten Schäden untersuchen. Tumorbekämpfung mit schnellen Teilchen. Kliniken erzeugen heute Protonenstrahlung für die Tumortherapie mit großen und teuren Beschleunigeranlagen. Das wollen die MAP-For- scher ändern. Sie arbeiten an lasergetriebener Strahlung, die mit ei- ner viel kleineren und kostengünstigeren Anlage erzeugt wird. Ist diese Technik genauso oder gar besser geeignet? Das testen Strahlenbiolo- gen mit solchen Zellkolonien, auf denen sie zählen, wie viele Tumorzel- len nach einer Bestrahlung überlebt haben. Kostengünstige Therapie mit Laserlicht. Ziel der Bestrahlung bei der Tumortherapie ist, die DNS-Stränge, in de- nen die Erbgutinformationen gespeichert sind, im Inneren von Krebszel- len möglichst oft zu brechen. Dann geben die Reparaturmechanismen auf und treiben die Zelle in den Selbstmord. Je höher die Anzahl an abgestorbenen Zellen, desto wirksamer ist die Behandlung. Bevor neue Bestrahlungsmethoden am Menschen angewandt werden, testen die Forscher ihre Wirksamkeit an gezüchteten Krebszellen. Die Doppelhelix DNS unter Bestrahlung. Laserlicht entwickelt eine enorme Leistung: In Kammern treffen La- serpulse auf hauchdünne Kohlenstofffolien. Mit Macht pflügt das Licht durch die Kohlenstoffatome und schiebt ihre leichten Elektronen vor sich her. Die von den Elektronen befreiten Atome (Ionen) sind viel schwerer, werden aber trotzdem mitgezogen. Der Druck des Lichts erreicht bis zu einer Milliarde Bar. Zum Vergleich: Auf der Erde herrscht ein Druck von einem Bar. Die Wissenschaftler stehen damit am Beginn der Entwicklung einer kontrollierten Beschleu- nigung von Ionen mit Laserlicht. Licht sprengt Atome in Protonen und Elektronen Hauchdünne Folien aus Kohlenstoff sind eine weltweit einzigartige Ent- wicklung. Sie sind eine wichtige Voraussetzung zur Erzeugung von Io- nenstrahlen mit Lasern. Die Folien bestehen aus wenigen Atomlagen. Treffen starke Laserpulse auf die Kohlenstoffatome, werden sie in Elek- tronen und Ionen getrennt und diese stark beschleunigt. Die so entstan- dene Ionenstrahlung ist ein schonender Ansatz für eine Tumortherapie der Zukunft. Eine Haut aus diamantartigem Kohlenstoff. Laser, Licht und Leben Die Faszination der Photonik in Bildern Eine Bilderausstellung des Munich-Centre for Advanced Photonics (MAP) Flyer_U_Bahnausstellung.indd 1 22.10.2012 09:40:30

Laser, Licht - munich-photonics.de · Um das Molekül auf dem Weg dazwischen zu beobachten, wird es in einer Falle aus elektrischen Feldern festgehalten und von zwei Laserpulsen bestrahlt

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Page 1: Laser, Licht - munich-photonics.de · Um das Molekül auf dem Weg dazwischen zu beobachten, wird es in einer Falle aus elektrischen Feldern festgehalten und von zwei Laserpulsen bestrahlt

www.munich-photonics.de

Texte und Konzept: Thorsten Naeser und Christine KortenbruckAusstellungsfotos: Thorsten Naeser / Luftbild von Ernst Graf

MAP wird gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

4.3 x 1017 SekundenAlter des Universums

5 x 1013 SekundenAlter der Menschheit

1 Sekunde:Dauer einesHerzschlages

10-15 SekundenFemtosekundenReaktionen von Molekülen

10-18 SekundenAttosekundenElektronenbewegungen

Der Garchinger Tandembeschleuniger ist ein Großgerät, das geladene Teilchen erzeugt und beschleunigt. Damit lassen sich viele wissen-schaftliche Probleme bearbeiten: Von der Kernphysik über Fragen aus der Weltraumforschung, den Material- und Geowissenschaften bis hin zu Biologie und Medizin. MAP-Wissenschaftler untersuchen damit die biologische Wirkung von Ionenstrahlen. Diese sollen später kompakter und kostengünstiger mit Lichtpulsen erzeugt werden.

Ein Großgerät ebnet den Weg in die Zukunft.

Bevor Krebspatienten mit lichtbeschleunigter Ionenstrahlung behandelt werden, sind noch Fragen zu lösen: Erfüllen Schwerionen die in sie ge-setzten Hoffnungen der Tumorbekämpfung? Wie wird die Zelle auf die Strahlenschäden an ihrer DNA reagieren? Werden Abbaustoffe entste-hen und sind diese gefährlich? Die Fragen versuchen Wissenschaftler zu beantworten, indem sie mit Ionen aus dem Tandembeschleuniger auf Zellen schießen und die erzeugten Schäden untersuchen.

Tumorbekämpfung mit schnellen Teilchen.

Kliniken erzeugen heute Protonenstrahlung für die Tumortherapie mit großen und teuren Beschleunigeranlagen. Das wollen die MAP-For-scher ändern. Sie arbeiten an lasergetriebener Strahlung, die mit ei-ner viel kleineren und kostengünstigeren Anlage erzeugt wird. Ist diese Technik genauso oder gar besser geeignet? Das testen Strahlenbiolo-gen mit solchen Zellkolonien, auf denen sie zählen, wie viele Tumorzel-len nach einer Bestrahlung überlebt haben.

Kostengünstige Therapie mit Laserlicht.

Ziel der Bestrahlung bei der Tumortherapie ist, die DNS-Stränge, in de-nen die Erbgutinformationen gespeichert sind, im Inneren von Krebszel-len möglichst oft zu brechen. Dann geben die Reparaturmechanismen auf und treiben die Zelle in den Selbstmord. Je höher die Anzahl an abgestorbenen Zellen, desto wirksamer ist die Behandlung. Bevor neue Bestrahlungsmethoden am Menschen angewandt werden, testen die Forscher ihre Wirksamkeit an gezüchteten Krebszellen.

Die Doppelhelix DNS unter Bestrahlung.

Laserlicht entwickelt eine enorme Leistung: In Kammern treffen La-serpulse auf hauchdünne Kohlenstofffolien. Mit Macht pflügt das Licht durch die Kohlenstoffatome und schiebt ihre leichten Elektronen vor sich her. Die von den Elektronen befreiten Atome (Ionen) sind viel schwerer, werden aber trotzdem mitgezogen. Der Druck des Lichts erreicht bis zu einer Milliarde Bar. Zum Vergleich: Auf der Erde herrscht ein Druck von einem Bar. Die Wissenschaftler stehen damit am Beginn der Entwicklung einer kontrollierten Beschleu-nigung von Ionen mit Laserlicht.

Licht sprengt Atome in Protonen und Elektronen

Hauchdünne Folien aus Kohlenstoff sind eine weltweit einzigartige Ent-wicklung. Sie sind eine wichtige Voraussetzung zur Erzeugung von Io-nenstrahlen mit Lasern. Die Folien bestehen aus wenigen Atomlagen. Treffen starke Laserpulse auf die Kohlenstoffatome, werden sie in Elek-tronen und Ionen getrennt und diese stark beschleunigt. Die so entstan-dene Ionenstrahlung ist ein schonender Ansatz für eine Tumortherapie der Zukunft.

Eine Haut aus diamantartigem Kohlenstoff.

Laser, Licht und Leben

Die Faszination der Photonik in Bildern

Eine Bilderausstellung des Munich-Centre for Advanced Photonics (MAP)

Flyer_U_Bahnausstellung.indd 1 22.10.2012 09:40:30

Page 2: Laser, Licht - munich-photonics.de · Um das Molekül auf dem Weg dazwischen zu beobachten, wird es in einer Falle aus elektrischen Feldern festgehalten und von zwei Laserpulsen bestrahlt

Am Anfang steht die Neu-gier. Sie hat das Forschungs-zentrum Garching zu einem herausragenden Standort in Technikentwicklung und Natur-wissenschaften werden lassen, der sich in den letzten Jahren als Mekka der Lasertechnolo-gien weltweit einen Namen ge-macht hat. Der Laser und damit

verbundene, neuartige Lichtquellen bieten faszinie-rende Perspektiven, die Grenzen des Wissens in den Naturwissenschaften dramatisch zu verschie-ben und revolutionäre Technologien in der Medizin oder der Elektronik zu entwickeln.Die Wissenschaftler im „Munich-Centre for Advan-ced Photonics“ (MAP) und im künftigen „Centre for Advanced Laser Applications“ (CALA) auf dem Campus Garching entwickeln das Licht der Zukunft. Sicher ist: die nächste Generation Laser verfügt über enormes Potential. Ihr Licht wird Elektronen beobachten, feinste Strukturen in Geweben sichtbar machen, Tumore bekämpfen und „Filme“ von che-mischen und biologischen Reaktionen „drehen“.

Das „Munich-Centre for Advanced Photonics” verteilt sich über mehrere Standorte auf dem Cam-pus Garching. Hauptsitz ist an der Fakultät für Physik der Ludwig-Maxi-milians-Universität Mün-chen (1) im Norden des Areals. Daran schließt sich seit 2012 das neue „Laboratory for Extreme

Das Licht der Zukunft

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Photonics“ (LEX) an (2), in dem ein extrem leis-tungsstarker Laser weiter entwickelt wird. Bis 2015 wird in einem Anbau das neue „Centre for Advan-ced Laser Applications“ (CALA) (3) entstehen, in dem die biomedizinischen Anwendungen solch leistungsstarker Laser erforscht werden. Südlich der LMU-Physik befindet sich das Physik-Depart-ment der TU-München (4). Hier entwickeln die For-scher neue Röntgentechnologien, die später ein-mal mit einer licht-getriebenen Teilchenstrahlung funktionieren sollen.Ganz im Süden des Campus liegt das Max-Planck-Institut für Quantenoptik (5). Hier erkunden die MAP-Forscher die ultraschnellen Elektronen. Die Bewegungen dieser Elementarteilchen bilden eine Grundlage des Lebens.

Die Ausstellungsbilder

Der Mikrokosmos ist geheimnisumwittert wie die Tiefen der Ozeane oder die Weiten des Universums. Wie bewegen sich Elektronen? Was löst ihre Bewegung aus? Und welche Veränderungen finden dadurch in Atomen und Molekülen statt? Den Fragen gehen die MAP-Physiker auf den Grund, indem sie die Teilchen mit Attosekunden-Lichtblitzen beob-achten, die nur wenige Milliardstel einer Milliardstel Sekunde dauern. Mit ihrer Hilfe können die Physiker die ultraschnelle Welt der Elementarteil-chen quasi „abfotografieren“. Die Erzeugung von Attosekunden-Licht-blitzen ist ein kompliziertes Wechselspiel zwischen Licht und Materie.

Attosekundenphysiker beobachten Elektronen und untersuchen deren kollektive Bewegungen. Wirkt Licht ein, beginnen die Elektronen sehr schnell zu schwingen. Diese Schwingungen aufzuzeichnen ist nur mit sehr umfangreichen Lasersystemen möglich, die zwar nicht wie ein Fo-toapparat aussehen, aber eigentlich die schnellsten Kameras der Welt sind. Wichtig ist die Kenntnis der Elektronenbewegungen unter ande-rem für eine sehr viel schnellere Informationsverarbeitung.

Jede biologische Reaktion beginnt mit einem Elektron, das sich bewegt und damit eine Strukturveränderung im Molekül auslöst. Bilder gibt es meist nur vom Anfangs- und vom Endzustand. Um das Molekül auf dem Weg dazwischen zu beobachten, wird es in einer Falle aus elektrischen Feldern festgehalten und von zwei Laserpulsen bestrahlt. Ein Puls löst die Reaktion aus, der andere macht ein Bild von der Veränderung. Aus den „Fotos“ entsteht ein Film, ähnlich wie bei einem Daumenkino.

Ultrakurze Lichtblitzefotografieren Elektronen

Die schnellsten Kameras der Welt

Eine biologische Reaktion wird sichtbar

Die Erzeugung extrem kurzer Lichtpulse mit einer hohen Wiederho-lungsrate ist eine der wichtigsten Technologien in der Laserphysik. Sie entstehen aus zwei überlagerten Lichtpulsen, die in einer Sekunde über zehn Millionen Blitze erzeugen. Die Pulse sind kurz und intensiv. Sie dienen dazu, die Kern- und Elektronenbewegungen in Materie zu unter-suchen und so Bilder aus der 4. Dimension zu erhalten. Sie sind dann nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich aufgelöst.

Zehn Millionen Lichtblitze in der Sekunde

Rund 24 Bilder pro Sekunde reichen aus, um vor dem Auge einen Film ablaufen zu lassen. Will man jedoch Atome oder Elektronen kontinuier-lich aufzeichnen, so benötigt man ein Milliardenfaches an Bildern pro Sekunde. Solche Filme nehmen die MAP-Physiker mit Hilfe von Elektro-nenblitzen auf. Elektronenblitze dauern nur wenige Femtosekunden bis Attosekunden. Damit lassen sich die Positionen und Bewegungen von Atomen auflösen. Das Kino stößt in winzige Dimensionen vor.

Das Kino erreicht winzige Dimensionen

Licht ist manipulierbar. Die MAP-Physiker modulieren sogar seine Wel-lenform. Das geschieht mit dem „Lichtfeldsynthetisator“. Der Apparat spaltet weißes Licht in seine farbigen Anteile auf. Damit schneidern Wis-senschaftler die gewünschten Eigenschaften des Lichtpulses nach Maß. Nebenbei verkürzen die Forscher die Dauer der Pulse so weit, dass sie aus etwa einer Lichtschwingung bestehen und nur rund 2,1 Femtose-kunden dauern. Mit der Kontrolle über das Licht gewinnen die Physiker die Kontrolle über Teilchenbewegungen in Atomen. Sie sind damit in der Lage, im Mikrokosmos Vorgänge auszulösen und zu steuern.

Eine einzigartige Kontrolle über das Licht

Die Physik lebt nicht nur vom Experimentieren: Vladislav Yakovlev ist theoretischer Physiker; er interessiert sich für die Wechselwirkung von Elektronen und wie sich die Teilchen unter dem Einfluss von Licht ver-halten. Das Zusammenspiel simuliert er in aufwändigen Rechnungen auf dem Garchinger Höchstleistungsrechner des Leibniz-Rechenzent-rums (LRZ). Theorie und Experiment befruchten sich: Manchmal be-weist das Experiment, dass die Theorie richtig war, manchmal hilft die Theorie, experimentelle Ergebnisse zu erklären.

Theoretische Physik braucht Hochleistungscomputer.

Höchstleistungslaser verlangen spezielle Spiegel. MAP-Ingenieure stel-len diese selbst in Reinräumen her. Sie sind aus vielen Schichten auf-gebaut, die nur drei Nanometer oder wenige Atomlagen dick sind. Die Spiegel reflektieren die einzelnen Wellenlängen des Lichts unterschied-lich: rotes Licht dringt tiefer ein als blaues Licht und legt deshalb eine weitere Wegstrecke zurück, bis es nach der Reflexion wieder austritt.

Hohe Ingenieurskunst im Reinraum.

Laserpulse können für wenige Femtosekunden Dauer eine Leistung entwickeln, die alle Atomkraftwerke der Erde zusammen erzeugen. Sie lösen Elektronen aus Atomen heraus und beschleunigen sie bis nahe an die Lichtgeschwindigkeit. Die Elektronen werden selbst zur Strahlungs-quelle – für die brillante Röntgenstrahlung. Sie macht kleinste Strukturen sichtbar und ermöglicht eine effektivere Früherkennung von Tumoren bei deutlich geringerer Strahlendosis für Patienten.

Kleinste Strukturen werden sichtbar.

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