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KULTUR Nr. 247, Freitag, 25. Oktober 2019 17 Eine musikalische Reise durchs All Von Tina Blum Ingolstadt (DK) Ella und Lou- is, zwei musikverrückte Außer- irdische schweben durchs All. Alsbald beginnen sie sich zu langweilen, weil es im All auch viel zu still ist, schalten sie das Radio an, fliegen in unter- schiedliche Richtung durch die unendliche Weite und streiten sich dabei um den Apparat, aus dem die unterhaltsame Musik kommt. Das ist der Beginn des Jazzkonzerts „Von hohen und tiefen Tönen“ am Sonntag, 27. Oktober, auf der Werkstattbüh- ne des Stadttheaters. Zum drit- ten Mal hat Jazzsaxofonist Ju- lian, diesmal in Kooperation mit dem Tubisten Fraser Russel alias Tim Tuba und den Schau- spielern Paula Gendrisch (Ella) und Michael Amelung (Louis), ein interaktives, musikalisches Erlebniskonzert für Kinder auf die Beine gestellt. Es kommt, wie es kommen muss. Das Radio von Ella und Louis geht kaputt. Also beamen sie sich zwei Musiker ins All: Tim Tuba und Samuel Saxofon (Julian Schunter). Die Reise be- ginnt. „Wir setzen auf Interak- tiv, wollen die Kinder mit in die Geschichte einbeziehen“, sagt Schunter. Denn Tim Tuba und Samuel Saxofon könnten nicht unterschiedlicher sein. Der eine ein klassischer Jazz-Musi- ker, der musikalisch viel aus- probiert, der andere als Tubist ein klassischer Musiker, der sich auf klare musikalische Re- geln hält und an starren For- men festhält. „Die Kinder werden den Tanz der Außerirdischen lernen, Teil einer Marchingband werden und auf Luftinstrumenten spie- len“, verrät Schunter. So sei das junge Publikum Teil der Reise und dem (musikalischen) Zu- sammenfinden von Samuel Sa- xofon und Tim Tuba. „Als Pädagoge weiß ich auch, dass Musik ein großes Potenzial hat, etwas zu bewegen, vor al- lem bei Kindern. Trotzdem können sie sich bei Konzerten langweilen“, sagt Schunter. Deswegen sei es wichtig, dass die Kinder selbst eine Rolle übernehmen, aktiv werden. So vergehe die Zeit schneller und die Kinder seien viel näher an der Musik selbst, als wenn sie nur passiv ausharren müssten. Für das Kinderjazzkonzert gibt es zwei Vorstellungen: um 14.30 und um 16 Uhr. Tickets gibt es an den Touristinformationen am Rathaus- platz und am Westpark, beim Ti- cketservice des DONAUKURIER oder online auf www.eventim.de Ingolstädter Jazztage: „Jazz for Kids“ mit Samuel Saxofon und Tim Tuba in Werkstattbühne des Stadttheaters Julian Schunter ist 1987 in München geboren und stu- dierte Jazzsaxofon (Diplom) und Musikpädagogik (Master) an der Hochschule für Musik Nürnberg. Heute lebt der 32- Jährige in Dresden, lehrt so- wohl an der dortigen Musik- hochschule als auch an der Hochschule für Musik Nürn- ZUR PERSON berg. Zudem ist er auch als Mu- siker aktiv, zum Beispiel bei der Monika Roscher Big Band in München. Seit knapp zwei Jahren ist er Vater einer Tochter, wodurch die musikpädagogische Arbeit mit Kindern für ihn weiter in den Fokus gerückt ist. Schun- ter engagiert sich auch bei so- zialen Projekten, zum Beispiel „Musaik“ Dresden, bei dem auch Kinder aus einkommens- schwachen Familien oder Flüchtlingskinder, eine Chan- ce zum Musizieren erhalten. Zum dritten Mal ist Schunter in diesem Jahr bei „Jazz for Kids“ bei den Ingolstädter Jazz- tagen unterwegs. tib Aus Köpfen werden Apostel Von Annette Krauß München (DK) Wolfgang Wil- helm von Pfalz-Neuburg hatte um 1628 den berühmten euro- päischen Porträtisten Anthonis van Dyck kennengelernt und sich von ihm malen lassen. Sein Enkel, Kurfürst Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, erwarb 30 Van-Dyck-Werke. Zusammen mit jenen 31 Gemälden, die Kurfürst Maximilian II. Ema- nuel von Bayern kaufte, gehö- ren sie heute zum Bestand der Bayerischen Staatsgemälde- sammlungen – allerdings gelten heute nur noch 23 Werke als eigenhändig. Wenn die Alte Pinakothek nun zu einer Van-Dyck-Ausstel- lung einlädt, dann ermöglicht sie dank moderner Technik den Besuchern, sehen zu lernen, wie eine Künstlerwerkstatt im 17. Jahrhundert arbeitete. Ge- zeigt werden rund hundert Ge- mälde, Zeichnungen und Grafi- ken, die zum Teil aus den Zweigmuseen nach München wanderten, ergänzt von inter- nationalen Leihgaben. Der Flame van Dyck, 1599 in Antwerpen als siebtes Kind eines reichen Textilkaufmanns und einer Kunststickerin gebo- ren, hat früh die Qualität von Stoffen und Goldfäden kennen gelernt. Das wird sichtbar in den Gewändern der Reichen und Adeligen, die er später mal- te – man glaubt, die Seide knis- tern zu hören. Daran hat auch sein erster Lehrmeister einen gewissen Anteil, denn kein Ge- ringerer als Peter Paul Rubens nahm den jungen Anthonis in seine Werkstatt auf – und Ru- bens konnte sogar schwarze Seide malen! Doch der junge Maler will sei- nen eigenen Weg suchen, und dazu reist er nach Italien, wo Tizian und Tintoretto seine Vor- bilder werden, was sich in sei- nen Marien-Darstellungen nie- derschlägt. 1632 übersiedelte er schließlich nach London, wo er Hofmaler und Liebling der Aris- tokratie war. Bis heute gehört die größte Sammlung seiner Werke der englischen Krone. Aus dieser Lebensepoche ist das Bildnis der Königin Henriet- ta Maria zu sehen – es erwies sich allerdings als Kopie. Zur Vorbereitung der Ausstel- lung gehörte es, alle Bilder des eigenen Bestandes zu untersu- chen und zu restaurieren. Die Ergebnisse von Röntgen-Auf- nahmen und Infrarot-Reflekto- grammen erkennt der Besucher Eine Ausstellung in München über die Arbeitsprozesse des europäischen Porträtmalers Anthonis van Dyck auf Bildschirmen, die so einen Blick hinter die Maloberfläche erlauben. Und ein Röntgen- Fluoreszenz-Scan führt vor Au- gen, dass die Farben des Malers nicht nur Mangan, Eisen und Kupfer, sondern auch Quecksil- ber enthielten. Er starb übri- gens schon mit 42 Jahren in London. Wenn man verstehen will, wie ein junger Künstler damals in seinen Beruf hinein fand, dann muss man die Studien- köpfe betrachten, die er auf Papier malte. Van Dyck sam- melt gewissermaßen Charak- terköpfe mit markanten Nasen und schütterem Haar, mit Bär- ten oder mit jugendlichen Wan- gen – und all dies, was nun nebeneinander im ersten Aus- stellungsraum hängt, war Arbeitsmaterial für Historien- bilder oder religiöse Themen. Aus Köpfen werden später Apostel, Heilige oder Männer aus biblischen Geschichten, et- wa wenn auf einem Gemälde Susanna im Bade bedrängt wird von der Lüsternheit eines Alten und der Drohgeste seines Kom- pagnons. Treffender lässt sich die aktuelle #MeToo-Debatte nicht bebildern. Mit 16 Jahren hat sich van Dyck zum ersten Mal selbst ge- malt, die Wangen kindlich rund; als 21-Jähriger blickt er selbstbewusst in die Welt und er arrangiert sein gemaltes Ich in eine hochherrschaftliche Archi- tektur hinein – eine Leihgabe aus New York. Zu den aufwendigsten Port- räts in voller Körpergröße gehö- ren die Bildnisse der Sebilla vanden Berghe, einer Patrizie- rin aus Antwerpen, und ihres Mannes Filips Godines, der sein Selbstbewusstsein als Steuer- eintreiber des spanischen Kö- nigs in einer raumgreifenden Geste zeigt. Van Dyck malt nicht nur meisterlich das prächtige Gewand der Frau mit Spitzen aus Flandern und der Bretagne, sondern auch den Glanz der Perlen auf dem lebendig wir- kenden Inkarnat der Haut. Und weil die damals repräsentative Kleidung mit Nadeln am Körper zusammengesteckt wurde, ver- birgt sich unter der Hand der Dame ein kostbares Nadelkis- sen. Die Hinweise auf dem Bild- schirm vor dem Gemälde hel- fen, dieses Detail zu entdecken. Bis zum 2. Februar 2020 in der Alten Pinakothek, geöffnet täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr, diens- tags und mittwochs bis 21 Uhr. documenta: Start ohne Neubau Kassel/Wiesbaden(dpa) Das geplante documenta-Institut in Kassel soll 2020 an den Start ge- hen. „Im kommenden Jahr soll zunächst eine kommissarische wissenschaftliche Leitung einge- setzt, parallel dazu die wissen- schaftliche Leitung in einer ge- meinsamen Berufung mit der Universität Kassel ausgeschrie- ben werden“, erklärten die Pro- jektpartner gestern gemeinsam. Da der beabsichtigte Instituts- bau in Kassel noch in den Vorbe- reitungen steckt, wird die Ein- richtung zunächst ohne eigenes Gebäude arbeiten. Sie werde unter dem Dach der documenta gegründet und erst mittelfristig als eigenständige Einrichtung fortgeführt. Die documenta gilt als welt- weit wichtigste Ausstellung für zeitgenössische Kunst. Sie findet alle fünf Jahre in Kassel statt. Das documenta-Institut soll die Schau erforschen, vermitteln und ihre Geschichte aufarbeiten. 24 Millionen stehen für den Bau bereit. Hinter dem Projekt ste- hen das Land Hessen, die Stadt Kassel, die gemeinnützige docu- menta und Museum Fridericia- num GmbH mit dem documen- ta archiv und die Universität Kassel mit der Kunsthochschule. Langfristig soll das Institut Teil eines Forschungsverbundes werden. „Ziel ist es, ein For- schungsinstitut zu etablieren, das die Anforderungen an die spätere Aufnahme in die Leib- niz-Gemeinschaft erfüllt“, er- klärten die Projektpartner. Leib- niz-Einrichtungen werden durch die gemeinsame For- schungsförderung von Bund und Ländern unterstützt. Meersburg (epd) Der Diri- gent und Komponist Hans Zen- der ist im Alter von 82 Jahren gestorben. Am Dienstag starb er in seinem Wohnort in Meers- burg am Bodensee, wie der Saar- ländische Rundfunk als früherer Arbeitgeber Zenders am Mitt- wochabend mitteilte. In einem Monat, am 22. November wäre er 83 Jahre alt geworden. Mit Trauer und Bestürzung habe der SR vom Tode des frü- heren Chefdirigenten des Rund- funk-Sinfonieorchesters Saar- brücken erfahren, erklärte In- tendant Thomas Kleist am Mitt- woch. Der Sender verdanke Zender viel. Trauer bekundete auch der SWR, wo Zender von 1999 bis 2010 ständiger Gastdi- Dirigent und Komponist Zender tot rigent des SWR Symphonieor- chesters Baden-Baden und Frei- burg war. Geboren wurde der Musiker und engagierte Förderer der Neuen Musik 1936 in Wiesba- den. Er studierte an den Musik- hochschulen Frankfurt und Freiburg. Von 1971 bis 1984 war er Chefdirigent des damaligen Rundfunk-Sinfonieorchesters Saarbrücken. Nach seiner Arbeit in Saarbrücken ging er an die Hamburgische Staatsoper und dirigierte ab 1988 das NDR- Sinfonieorchester. Als Kompo- nist schrieb er Opern und Lied- vertonungen ebenso wie Kla- vier- und Orchesterwerke. Bekannt war Hans Zender be- sonders für seine „komponierte Interpretationen“ wie seine Auseinandersetzung mit Franz Schuberts Winterreise (1993), die weltberühmt wurde. Er er- hielt zahlreiche Auszeichnun- gen, so beispielsweise den Kunstpreis des Saarlandes und den Preis der Europäischen Kir- chenmusik. Konzert zum Mitmachen: Julian Schunter (Zweiter von links ) bei einem der Konzerte von „Jazz for Kids“ in Ingolstadt. Verstärkung beim Dirigieren bekam er aus dem Publikum. Foto: Josef Heinl Die Studien eines bärti- gen Mannes dienten An- thonis van Dyck später als Vorlage für die Dar- stellung von Heiligen. Der Maler galt auch als virtuoses Darsteller von Gewändern, wie hier beim Porträt von Sebilla vanden Berghe deutlich wird. Foto: Alte Pinakothek Hans Zender. Foto: Wöstmann/dpa

KULTUR AusKöpfen werdenApostel · KULTUR Nr. 247, Freitag, 25. Oktober 2019 17 Eine musikalische Reise durchsAll VonTina Blum Ingolstadt(DK)EllaundLou-is, zwei musikverrückte Außer-irdische

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KULTUR Nr. 247, Freitag, 25. Oktober 2019 17

Eine musikalische Reise durchs All

Von Tina Blum

Ingolstadt (DK) Ella und Lou-is, zwei musikverrückte Außer-irdische schweben durchs All.Alsbald beginnen sie sich zulangweilen, weil es im All auchviel zu still ist, schalten sie dasRadio an, fliegen in unter-schiedliche Richtung durch dieunendliche Weite und streitensich dabei um den Apparat, ausdem die unterhaltsame Musikkommt. Das ist der Beginn desJazzkonzerts „Von hohen undtiefen Tönen“ am Sonntag, 27.Oktober, auf der Werkstattbüh-ne des Stadttheaters. Zum drit-ten Mal hat Jazzsaxofonist Ju-lian, diesmal in Kooperationmit dem Tubisten Fraser Russelalias Tim Tuba und den Schau-spielern Paula Gendrisch (Ella)und Michael Amelung (Louis),ein interaktives, musikalischesErlebniskonzert für Kinder aufdie Beine gestellt.

Es kommt, wie es kommenmuss. Das Radio von Ella undLouis geht kaputt. Also beamensie sich zwei Musiker ins All:Tim Tuba und Samuel Saxofon(Julian Schunter). Die Reise be-ginnt. „Wir setzen auf Interak-tiv, wollen die Kinder mit in dieGeschichte einbeziehen“, sagtSchunter. Denn Tim Tuba undSamuel Saxofon könnten nicht

unterschiedlicher sein. Dereine ein klassischer Jazz-Musi-ker, der musikalisch viel aus-probiert, der andere als Tubistein klassischer Musiker, dersich auf klare musikalische Re-geln hält und an starren For-men festhält.

„Die Kinder werden den Tanzder Außerirdischen lernen, Teileiner Marchingband werdenund auf Luftinstrumenten spie-len“, verrät Schunter. So sei dasjunge Publikum Teil der Reiseund dem (musikalischen) Zu-sammenfinden von Samuel Sa-xofon und Tim Tuba.

„Als Pädagoge weiß ich auch,dass Musik ein großes Potenzialhat, etwas zu bewegen, vor al-lem bei Kindern. Trotzdemkönnen sie sich bei Konzertenlangweilen“, sagt Schunter.Deswegen sei es wichtig, dassdie Kinder selbst eine Rolleübernehmen, aktiv werden. Sovergehe die Zeit schneller unddie Kinder seien viel näher ander Musik selbst, als wenn sienur passiv ausharren müssten.

Für das Kinderjazzkonzert gibt eszwei Vorstellungen: um 14.30 undum 16 Uhr. Tickets gibt es an denTouristinformationen am Rathaus-platz und am Westpark, beim Ti-cketservice des DONAUKURIERoder online auf www.eventim.de

Ingolstädter Jazztage: „Jazz for Kids“ mit Samuel Saxofon und Tim Tuba in Werkstattbühne des Stadttheaters

Julian Schunter ist 1987 inMünchen geboren und stu-dierte Jazzsaxofon (Diplom)und Musikpädagogik (Master)an der Hochschule für MusikNürnberg. Heute lebt der 32-Jährige in Dresden, lehrt so-wohl an der dortigen Musik-hochschule als auch an derHochschule für Musik Nürn-

ZUR PERSON

berg. Zudem ist er auch als Mu-siker aktiv, zum Beispiel bei derMonika Roscher Big Band inMünchen.

Seit knapp zwei Jahren ist erVater einer Tochter, wodurchdie musikpädagogische Arbeitmit Kindern für ihn weiter inden Fokus gerückt ist. Schun-ter engagiert sich auch bei so-

zialen Projekten, zum Beispiel„Musaik“ Dresden, bei demauch Kinder aus einkommens-schwachen Familien oderFlüchtlingskinder, eine Chan-ce zum Musizieren erhalten.

Zum dritten Mal ist Schunterin diesem Jahr bei „Jazz forKids“ bei den Ingolstädter Jazz-tagen unterwegs. tib

Aus Köpfen werden ApostelVon Annette Krauß

München (DK) Wolfgang Wil-helm von Pfalz-Neuburg hatteum 1628 den berühmten euro-päischen Porträtisten Anthonisvan Dyck kennengelernt undsich von ihm malen lassen. SeinEnkel, Kurfürst Johann Wilhelmvon Pfalz-Neuburg, erwarb 30Van-Dyck-Werke. Zusammenmit jenen 31 Gemälden, dieKurfürst Maximilian II. Ema-nuel von Bayern kaufte, gehö-ren sie heute zum Bestand derBayerischen Staatsgemälde-sammlungen – allerdings geltenheute nur noch 23 Werke alseigenhändig.

Wenn die Alte Pinakotheknun zu einer Van-Dyck-Ausstel-lung einlädt, dann ermöglichtsie dank moderner Technik denBesuchern, sehen zu lernen,wie eine Künstlerwerkstatt im17. Jahrhundert arbeitete. Ge-zeigt werden rund hundert Ge-mälde, Zeichnungen und Grafi-ken, die zum Teil aus denZweigmuseen nach Münchenwanderten, ergänzt von inter-nationalen Leihgaben.

Der Flame van Dyck, 1599 inAntwerpen als siebtes Kindeines reichen Textilkaufmannsund einer Kunststickerin gebo-ren, hat früh die Qualität vonStoffen und Goldfäden kennengelernt. Das wird sichtbar inden Gewändern der Reichenund Adeligen, die er später mal-te – man glaubt, die Seide knis-tern zu hören. Daran hat auchsein erster Lehrmeister einengewissen Anteil, denn kein Ge-ringerer als Peter Paul Rubensnahm den jungen Anthonis inseine Werkstatt auf – und Ru-bens konnte sogar schwarzeSeide malen!

Doch der junge Maler will sei-nen eigenen Weg suchen, unddazu reist er nach Italien, woTizian und Tintoretto seine Vor-bilder werden, was sich in sei-nen Marien-Darstellungen nie-derschlägt. 1632 übersiedelte erschließlich nach London, wo erHofmaler und Liebling der Aris-tokratie war. Bis heute gehörtdie größte Sammlung seinerWerke der englischen Krone.Aus dieser Lebensepoche istdas Bildnis der Königin Henriet-ta Maria zu sehen – es erwiessich allerdings als Kopie.

Zur Vorbereitung der Ausstel-lung gehörte es, alle Bilder deseigenen Bestandes zu untersu-chen und zu restaurieren. DieErgebnisse von Röntgen-Auf-nahmen und Infrarot-Reflekto-grammen erkennt der Besucher

Eine Ausstellung in München über die Arbeitsprozesse des europäischen Porträtmalers Anthonis van Dyck

auf Bildschirmen, die so einenBlick hinter die Maloberflächeerlauben. Und ein Röntgen-Fluoreszenz-Scan führt vor Au-gen, dass die Farben des Malersnicht nur Mangan, Eisen undKupfer, sondern auch Quecksil-ber enthielten. Er starb übri-gens schon mit 42 Jahren inLondon.

Wenn man verstehen will,wie ein junger Künstler damalsin seinen Beruf hinein fand,dann muss man die Studien-köpfe betrachten, die er aufPapier malte. Van Dyck sam-melt gewissermaßen Charak-terköpfe mit markanten Nasenund schütterem Haar, mit Bär-ten oder mit jugendlichen Wan-gen – und all dies, was nunnebeneinander im ersten Aus-stellungsraum hängt, warArbeitsmaterial für Historien-bilder oder religiöse Themen.Aus Köpfen werden späterApostel, Heilige oder Männeraus biblischen Geschichten, et-wa wenn auf einem GemäldeSusanna im Bade bedrängt wirdvon der Lüsternheit eines Altenund der Drohgeste seines Kom-pagnons. Treffender lässt sichdie aktuelle #MeToo-Debattenicht bebildern.

Mit 16 Jahren hat sich vanDyck zum ersten Mal selbst ge-malt, die Wangen kindlichrund; als 21-Jähriger blickt erselbstbewusst in die Welt und erarrangiert sein gemaltes Ich ineine hochherrschaftliche Archi-tektur hinein – eine Leihgabeaus New York.

Zu den aufwendigsten Port-räts in voller Körpergröße gehö-ren die Bildnisse der Sebillavanden Berghe, einer Patrizie-rin aus Antwerpen, und ihresMannes Filips Godines, der seinSelbstbewusstsein als Steuer-eintreiber des spanischen Kö-nigs in einer raumgreifendenGeste zeigt. Van Dyck malt nichtnur meisterlich das prächtigeGewand der Frau mit Spitzenaus Flandern und der Bretagne,sondern auch den Glanz derPerlen auf dem lebendig wir-kenden Inkarnat der Haut. Undweil die damals repräsentativeKleidung mit Nadeln am Körperzusammengesteckt wurde, ver-birgt sich unter der Hand derDame ein kostbares Nadelkis-sen. Die Hinweise auf dem Bild-schirm vor dem Gemälde hel-fen, dieses Detail zu entdecken.

Bis zum 2. Februar 2020 in der AltenPinakothek, geöffnet täglich außermontags von 10 bis 18 Uhr, diens-tags und mittwochs bis 21 Uhr.

documenta: Startohne Neubau

Kassel/Wiesbaden(dpa) Dasgeplante documenta-Institut inKassel soll 2020 an den Start ge-hen. „Im kommenden Jahr sollzunächst eine kommissarischewissenschaftliche Leitung einge-setzt, parallel dazu die wissen-schaftliche Leitung in einer ge-meinsamen Berufung mit derUniversität Kassel ausgeschrie-ben werden“, erklärten die Pro-jektpartner gestern gemeinsam.Da der beabsichtigte Instituts-bau in Kassel noch in den Vorbe-reitungen steckt, wird die Ein-richtung zunächst ohne eigenesGebäude arbeiten. Sie werdeunter dem Dach der documentagegründet und erst mittelfristigals eigenständige Einrichtungfortgeführt.

Die documenta gilt als welt-weit wichtigste Ausstellung fürzeitgenössische Kunst. Sie findetalle fünf Jahre in Kassel statt. Dasdocumenta-Institut soll dieSchau erforschen, vermittelnund ihre Geschichte aufarbeiten.24 Millionen stehen für den Baubereit. Hinter dem Projekt ste-hen das Land Hessen, die StadtKassel, die gemeinnützige docu-menta und Museum Fridericia-num GmbH mit dem documen-ta archiv und die UniversitätKassel mit der Kunsthochschule.

Langfristig soll das InstitutTeil eines Forschungsverbundeswerden. „Ziel ist es, ein For-schungsinstitut zu etablieren,das die Anforderungen an diespätere Aufnahme in die Leib-niz-Gemeinschaft erfüllt“, er-klärten die Projektpartner. Leib-niz-Einrichtungen werdendurch die gemeinsame For-schungsförderung von Bundund Ländern unterstützt.

Meersburg (epd) Der Diri-gent und Komponist Hans Zen-der ist im Alter von 82 Jahrengestorben. Am Dienstag starb erin seinem Wohnort in Meers-burg am Bodensee, wie der Saar-ländische Rundfunk als frühererArbeitgeber Zenders am Mitt-wochabend mitteilte. In einemMonat, am 22. November wäreer 83 Jahre alt geworden.

Mit Trauer und Bestürzunghabe der SR vom Tode des frü-heren Chefdirigenten des Rund-funk-Sinfonieorchesters Saar-brücken erfahren, erklärte In-tendant Thomas Kleist am Mitt-woch. Der Sender verdankeZender viel. Trauer bekundeteauch der SWR, wo Zender von1999 bis 2010 ständiger Gastdi-

Dirigent undKomponistZender tot

rigent des SWR Symphonieor-chesters Baden-Baden und Frei-burg war.

Geboren wurde der Musikerund engagierte Förderer derNeuen Musik 1936 in Wiesba-den. Er studierte an den Musik-hochschulen Frankfurt undFreiburg. Von 1971 bis 1984 warer Chefdirigent des damaligenRundfunk-SinfonieorchestersSaarbrücken. Nach seinerArbeit in Saarbrücken ging er andie Hamburgische Staatsoperund dirigierte ab 1988 das NDR-Sinfonieorchester. Als Kompo-nist schrieb er Opern und Lied-vertonungen ebenso wie Kla-vier- und Orchesterwerke.

Bekannt war Hans Zender be-sonders für seine „komponierteInterpretationen“ wie seineAuseinandersetzung mit FranzSchuberts Winterreise (1993),die weltberühmt wurde. Er er-hielt zahlreiche Auszeichnun-gen, so beispielsweise denKunstpreis des Saarlandes undden Preis der Europäischen Kir-chenmusik.

Konzert zum Mitmachen: Julian Schunter (Zweiter von links ) bei einem der Konzerte von „Jazz forKids“ in Ingolstadt. Verstärkung beim Dirigieren bekam er aus dem Publikum. Foto: Josef Heinl

Die Studien eines bärti-gen Mannes dienten An-thonis van Dyck späterals Vorlage für die Dar-stellung von Heiligen.Der Maler galt auch alsvirtuoses Darsteller vonGewändern, wie hierbeim Porträt von Sebillavanden Berghe deutlichwird. Foto: Alte Pinakothek

Hans Zender. Foto: Wöstmann/dpa

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Van-Dyck-Werke.
Van-Dyck-Ausstellung
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