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See discussions, stats, and author profiles for this publication at: https://www.researchgate.net/publication/247476904 Konfrontation und Exposition Article in Psychiatrie und Psychotherapie up2date · November 2009 DOI: 10.1055/s-0029-1223376 CITATION 1 READS 220 3 authors: Some of the authors of this publication are also working on these related projects: Dresden Predictor Study of Anxiety and Depression View project Classification and Diagnosis of Mental Health Problems View project Dorothée Bentz University of Basel 16 PUBLICATIONS 269 CITATIONS SEE PROFILE Tanja Michael Universität des Saarlandes 99 PUBLICATIONS 2,470 CITATIONS SEE PROFILE Jürgen Margraf Ruhr-Universität Bochum 370 PUBLICATIONS 5,344 CITATIONS SEE PROFILE All content following this page was uploaded by Jürgen Margraf on 29 November 2016. The user has requested enhancement of the downloaded file.

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KonfrontationundExposition

ArticleinPsychiatrieundPsychotherapieup2date·November2009

DOI:10.1055/s-0029-1223376

CITATION

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DresdenPredictorStudyofAnxietyandDepressionViewproject

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DorothéeBentz

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Einleitung

Heutzutage gilt Konfrontationstherapie als die effek-tivste Therapie zur Behandlung von Angststörungen.Bei der Konfrontationstherapie werden Patienten mitobjektiv sicheren Situationen, die aber starkes subjek-tives Unbehagen (z.B. Angst oder Ekel) auslösen, kon-frontiert bis das Unbehagen abnimmt. Bis zu den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts war Systematische Desen-sibilisierung die populärste Behandlungsmethode fürklinische Ängste. Bei der Systematischen Desensibili-sierung werden Patienten, während sie sich in einementspannten Zustand befinden, innerhalb gedanklicherVorstellung mit angstauslösenden Reizen konfrontiert.Es zeigte sich jedoch, dass reine Konfrontation an aver-sive Reize genauso effektiv ist wie Systematische De-sensibilisierung. Dies wird gestützt durch Katamnesenvon bis zu 9 Jahren, die zeigen, dass einmal erzielte Er-folge auch über lange Zeiträume stabil bleiben undRückfälle selten sind. Darüber hinaus ist auch das Auf-treten neuer Symptome (Symptomverschiebung) nacherfolgreichen Konfrontationstherapien nicht häufigerals in der Allgemeinbevölkerung [1–4].

Reine Konfrontation ist heutzutage die wichtigsteEinzelinterventionsform bei krankhafter Angst.Symptomabnahmen nach der Konfrontationsbe-handlung sind äußerst stabil und neue Symptomenach Ende der Behandlung treten nicht häufiger alsin der Allgemeinbevölkerung auf.

Mittlerweile werden Konfrontationstechniken auchbei der Behandlung weiterer Störungen (Essstörungen,Abhängigkeitserkrankungen) verwendet. Allerdingsentstammen nach wie vor die meisten theoretischenund empirischen Arbeiten zu Konfrontation einemAngststörungsansatz. Somit lässt sich der Literaturhin-tergrund der nachfolgenden allgemeinen Ausführun-gen zu Konfrontation als „angstlastig“ beschreiben.

Formen von Konfrontation

Konfrontationstherapie lässt sich heutzutage in 6 Kate-gorien einordnen, die auf 2 Dimensionen angeordnetsind (Tab.1).

Modalität der Stimuluspräsentation. Eine Dimensionbetrifft die Art undWeise, in der die Stimuli präsentiertwerden. Konfrontationsübungen können mittels ima-ginierten (in sensu), realen (in vivo) oder virtuellenStimuli (in virtuo) durchgeführt werden. Generellscheint die In-vivo-Konfrontation effektiver zu sein alsdie In-sensu-Konfrontation. Allerdings stellt sie einegute Alternative zur In-vivo-Konfrontation dar, wenndie realen Stimuli nicht zugänglich sind (z.B. bei vielenTraumabehandlungen oder bei der Behandlung vonZwangspatienten bei kognitiven Ritualen). Ähnlichesgilt auch für die In-virtuo-Konfrontation, die heutzuta-ge insbesondere zur Behandlung von spezifischen Pho-

Konfrontation und ExpositionDorothée Bentz, Tanja Michael, Jürgen Margraf

Psychiatrie und Psychotherapie up2date 3 ê2009 êDOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0029-1223376 êVNR 2760512009054030928

ÜbersichtEinleitung 409Formen von Konfrontation 409Wirkmechanismen 411Kombinationstherapie 414StörungsspezifischeKonfrontationsverfahren 420

Spezielle Themen 409

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bien (z.B. der Flugphobie) immer häufiger eingesetztwird (s.u.).

Szenarien der Stimuluspräsentation. Derzeit existie-ren qualitativ hochwertige Szenarien zur Behandlungunterschiedlicher Störungsbilder wie Angststörungen(z.B. Flugphobie, Höhenphobie, soziale Phobie undPosttraumatische Belastungsstörung), Essstörungen,Suchterkrankungen und Schmerzstörungen. Die meis-ten kontrollierten Studien, die gute Wirksamkeits-nachweise zeigen, wurden bisher jedoch bei spezifi-schen Phobien wie Höhenangst und Flugangst durch-geführt. Die Überprüfung der Wirksamkeit mittelskontrollierter Studien für die restlichen Störungsbildersteht bisher noch aus. Da es sich zwar um eine junge,jedoch sich stetig weiterentwickelnde Methode han-delt, werden in den nächsten Jahren rapide Entwick-lungen erwartet [5].

Intensität der Stimuluspräsentation. Die andere Di-mension kennzeichnet die Intensität der Vorgehens-weise. Zur Vorbereitung von Konfrontationsübungenwird üblicherweise eine persönliche Hierarchie erstellt,in der die Patienten angeben, inwieweit verschiedeneSituationen oder Stimuli für sie angstauslösend bzw.schwer sind. Die Spannweite der Intensität der Vorge-hensweise reicht von graduierter Konfrontation (stu-fenweiser Anstieg von der einfachsten bis zur schwers-ten Situation) bis zum sog. Flooding. Beim Floodingwerden Patienten gleich zu Beginn der Konfronta-tionsübungen über einen längeren Zeitraummitschweren Situationen konfrontiert [1–4].

Konfrontation und Exposition

Tabelle 1

Arten von Konfrontationstherapie.

Intensität der Vorgehensweise

Graduiert Massiert

Stimulustyp imaginiert systematische Desensibilisierung: Stimuli werdenhierarchisch angeordnet und in der Vorstellung ineinem entspannten Zustand dargeboten. Begonnenwird mit dem am wenigsten aversiven Reiz.

Implosion: Aversive Stimuli werden in der Vorstel-lung, jedoch in voller Intensität und zum Teil bis insUnrealistische übersteigert, dargeboten.

real graduierte In-vivo-Konfrontation: schrittweise undsystematische Darbietung der aversiven Stimuliin der Realität, wobei mit schwachen Reizen be-gonnen wird

Flooding: Aversive Stimuli werden unmittelbar inder Realität in höchster Intensität dargeboten.

virtuell graduierte In-virtuo-Konfrontation: schrittweise undsystematische Darbietung der aversiven Stimuliin virtueller Realität, wobei mit schwachen Reizenbegonnen wird

Flooding in virtuo: Aversive Stimuli werdenunmittelbar in virtueller Realität in höchsterIntensität dargeboten.

Konfrontationstherapie

Virtuelle Realitäten

Bei der In-virtuo-Konfrontationstherapie werden Pa-tienten mittels virtueller Realitäten (virtual realities)mit den gefürchteten Stimuli konfrontiert. Die In-vir-tuo-Konfrontationstherapie hat einige Vorteile ge-genüber der In-vivo- und auch gegenüber der In-sen-su-Konfrontationstherapie. Da es einigen Patientenleichter fällt, sich zuerst in der Sicherheit des Thera-pieraumes virtuell mit dem gefürchteten Stimulus zukonfrontieren, hat sie eine hohe Patientenakzeptanz.Des Weiteren ist sie im Gegensatz zur In-sensu-Kon-frontationstherapie nicht von der Vorstellungskraftder Patienten abhängig, da die therapierelevantenSzenarien mittels einer computerbasierten Techno-logie generiert werden. Dies bietet für den Thera-peuten auch die Möglichkeit, das Konfrontations-szenario optimal zu planen und zu kontrollieren. Da-durch kann verhindert werden, dass unvorhersehba-re Ereignisse wie bspw. ein überraschender Regen-sturm während einer In-vivo-Höhenkonfrontationden geplanten Ablauf der Konfrontationsübungenstören. Außerdem kann die Intensität und Häufigkeitder Konfrontation an die Bedürfnisse jedes einzelnenPatienten angepasst werden, da identische Stimuliunendlich oft wiederholt werden können.

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Wirkmechanismen

Die Wirksamkeit von Konfrontationstherapie ist heut-zutage unumstritten, jedoch stellt sich nachwie vor dieFrage was der zugrunde liegende Wirkmechanismusist. Dabei werden die folgenden Konzepte diskutiert.

Habituation

Habituation bezeichnet die Abnahme der Reaktions-stärke nach wiederholter Präsentation des Stimulus,der die Reaktion auslöst. Habituation ist wahrschein-lich die Lernart, die am besten dokumentiert ist. Siekonnte eindeutig bei Tier und Mensch belegt werden.Der Sinn der Habituation für Organismen ist einleuch-tend. Jedes Lebewesen wird in seinem Alltag mit viel-fältigen Reizen konfrontiert. Einige davon stellen sichals nützlich, andere als gefährlich und wieder andereals weder nützlich noch schädlich heraus. Die Fähig-keit, unbedeutende Reize ignorieren zu können, ist einenormer Vorteil durch den wichtige Energien gespartwerden. Organismen, die sich nicht an unbedeutendeReize gewöhnen können, haben entsprechend auchSchwierigkeiten, bedeutenden Reizen Aufmerksamkeitzuzuwenden. Habituation scheint jedoch bei schwä-cheren Stimuli stärker aufzutreten als bei intensiverenwie sie beispielsweise während der Konfrontations-therapie präsentiert werden.

Sehr intensive Reize scheinen keine Habituation zubewirken. Manche Ängste nehmen auch nach wie-derholter Stimuluspräsentation nicht ab.

Nichtsdestotrotz dienten Habituationsmodelle langeZeit als Erklärungsmechanismus für die Angstreduk-tion durch Konfrontation, da die Angstabnahmemuster(körperlicher Angstsymptome und Selbsteinschätzun-gen der Angst) häufig in Einklang mit dem Habitua-tionskonzept sind. Das heißt, dass es über die Konfron-tationsübungen hinweg zu einer linearen Abnahme inphysiologischen Parametern und Angsteinschätzungenkommt. Fraglich ist jedoch, ob auch tatsächlich zwi-schen der Stärke der Angstabnahme und dem Thera-pieerfolg ein kausaler Zusammenhang besteht. FrühereStudien zeigten zwar Zusammenhänge zwischen derStärke der physiologischen Habituation und Therapie-erfolg, allerdings konnte dieser Befund in neueren Un-tersuchungen nicht bestätigt werden [2].

Die Erklärung von Angstreduktion durch Habituationist tautologisch, da sowohl Angstreduktion als auch

Habituation sich durch eine Abnahme der Angstreak-tion definieren.

Habituationsprozesse sind zwar häufig in Angstre-duktionsmodelle integriert, sollten aber weder alseinziger noch als grundlegender Mechanismus fürAngstabnahme betrachtet werden.

Emotionale Verarbeitung

Das Konzept der emotionalen Verarbeitung (emotionalprocessing) bezeichnet einen Prozess, in dem emotio-nale Beeinträchtigungen (z.B. phobische Angst) neu-tralisiert und verringert werden, sodass andere Erfah-rungen und Verhaltensweisen wieder ohne Unterbre-chung stattfinden können. Nach Foa und Kozak, die1986 das Konzept genauer spezifizierten [6], müssen2 Voraussetzungen gegeben sein, damit eine angemes-sene emotionale Verarbeitung gewährleistet wird:! Das Furchtgedächtnis und die damit assoziierten be-

einträchtigenden Emotionen müssen vollständig ak-tiviert werden. Unter Furchtgedächtnis versteht maneine Art Netzwerk, in dem alle Informationen desgefürchteten Stimulus (verbal, physiologisch, dasVerhalten beeinflussend) repräsentiert sind.

! Während der Aktivierung des Furchtnetzwerkesmüssen Informationen verarbeitet werden, die in-kompatibel mit den bisherigen Elementen des Netz-werkes sind, sodass korrigierendes Lernen und dieBildung einer neuen Gedächtnisstruktur stattfindenkann. Inkompatible Informationen können sowohlkognitiver als auch affektiver Natur sein.

Neben dem beschriebenen Prozess wurden von Foaund Kozak auch 3 zugrunde liegende Wirkmechanis-men für eine gelungene emotionale Verarbeitung (so-wie deren Indikatoren) spezifiziert:! physiologische Aktivierung während der Konfronta-

tion mit der Furchtstruktur (z.B. erhöhte Herzfre-quenz)

! Habituation innerhalb einer Sitzung (z.B. die Herzfre-quenz fällt im Laufe einer Konfrontationsübung all-mählich ab)

! Habituation über die Sitzungen hinweg (d.h. die ersteReaktion auf den angstauslösenden Stimulus nimmtüber die Sitzungen hinweg ab)

Foa und Kozak nehmen an, dass durch die Habituationinnerhalb einer Sitzung eine Dissoziation zwischendem gefürchteten Stimulus und der Angstreaktionenbewirkt wird. Diese Dissoziation sehen sie als Grundla-

Spezielle Themen

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ge dafür, dass durch die Konfrontationstherapie einedauerhafte Angstreduktion erzielt wird. Zusätzlichnehmen sie an, dass sich bei den Patienten eine Ände-rung in der Bedeutung des Stimulus (z.B. Änderung derEinschätzung bzgl. der Gefährlichkeit des Stimulus)und den damit verbundenen Reaktionen ergibt.

Die Konfrontation ermöglicht dem Patienten dieErfahrung zu machen, dass weder der angstauslö-sende Stimulus (z. B. bei spezifischen Phobien) nochdas Erleben von Angst (z. B. bei Panikstörung)schädlich sind.

Die Theorie von Foa und Kozak erfreute sich zwar einerweiten Verbreitung und ist konsistent mit einigen em-pirischen Befunden; demgemäß ist eine anfänglichhohe Aktivierung häufig mit guten Therapieergebnis-sen assoziiert. Jedoch konnten zahlreiche Studien dieangenommenen Zusammenhänge zwischen derHabituation innerhalb einer Sitzung und dem Thera-pieerfolg nicht bestätigen. Es zeigten sich auch Thera-pieerfolge bei Patienten, welche die Konfrontationssi-tuation auf dem Höhepunkt ihrer Angst verließen.

Abschließend ist anzumerken, dass selbst die Arbeits-gruppe um Foa inzwischen davon ausgeht, dass Habi-tuation innerhalb der Sitzung als Wirkmechanismusvernachlässigbar ist. In einer Neuformulierung desKonzepts wird betont, dass die Habituation innerhalbder Sitzung eher als eine Möglichkeit, eine korrigieren-de Erfahrung mit dem Stimulus zu machen, verstandenwerden sollte statt als zwingende Voraussetzung [2,6].

Gegenkonditionierung

Dem Konzept Gegenkonditionierung (in Zusammen-hang mit Systematischer Desensibilisierung auch oftunter dem Stichwort Reziproke Hemmung diskutiert)liegt die Idee zugrunde, dass die Angstreduktion abge-schwächt wird, wenn ein zu Angst antagonistischerZustand (wie z.B. Entspannung) in der Gegenwart vonangstauslösenden Reizen induziert wird. Nach Wolpe,einem der Pioniere der Verhaltenstherapie, sollte diesdie Verbindung zwischen Angst auslösenden Reizenund der Reaktion lösen und schließlich im Ausbleibender Angstreaktion resultieren. Obwohl Gegenkonditio-nierung eine plausible Theorie für die guten und stabi-len Effekte von Systematischer Desensibilisierung zusein scheint, sprechen eine Reihe von Befunden gegendie Richtigkeit dieser Annahme.

Systematische Desensibilisierung mit Entspannungist nicht wirksamer als graduierte Konfrontation.Vielmehr ist anzunehmen, dass die Imagination derangstauslösenden Szenen den aktiven Bestandteilder Systematischen Desensibilisierung darstellt.

Gegenkonditionierung scheint keine adäquate Erklä-rung des Wirkmechanismus von Systematischer De-sensibilisierung zu sein, obwohl sie von Wolpe selbstnach wie vor als der zentrale Wirkmechanismus ange-sehen wird [2].

Extinktion

Unter Extinktion (oder Löschung) versteht man die all-mähliche Abschwächung und das schlussendliche Aus-bleiben einer gelernten/konditionierten Reaktion (CR)durch die mehrfache alleinige Präsentation des kondi-tionierten (ursprünglich neutralen) Stimulus (CS).

Es wird angenommen, dass der Patient während derKonfrontation lernt, dass der Stimulus, der spontaneine aversive Reaktion hervorruft (unkonditionierterStimulus – US) nicht auftritt. Eine Person mit Höhen-angst (CR) lernt beispielsweise durch wiederholte Kon-frontation mit der Höhe (CS), dass sie wider Erwartennicht abstürzt (US).

Stellt Extinktion tatsächlich den zugrunde liegendenWirkmechanismus von Konfrontationsverfahren dar,würde dies erklären, weshalb wenige lange Konfronta-tionsübungen in der Regel effektiver sind als mehrerekurze Übungen mit gleicher Gesamtlänge, da insbe-sondere lange Konfrontationen die Erfahrung ermögli-chen, dass der US nicht auftritt. Wohingegen bei kurzenExpositionsübungen die Unsicherheit nicht abgebautwerden kann, ob der US bei längerer Konfrontations-dauer mit der gefürchteten Situation noch aufgetretenwäre.

Extinktion stellt keine Umkehrung der Lernphase da. Sowird angenommen, dass die vor der Extinktion gelern-ten Stimulus-Stimulus- und Reaktion-Stimulus-Asso-ziationen durch Extinktion nicht ausradiert werden,sondern intakt bleiben. Der Organismus lernt nach derExtinktion, nicht mehr auf den unkonditionierten Sti-mulus zu reagieren. Hinweise dafür, dass die gelerntenAssoziationen intakt bleiben, werden in Tab.2 darge-stellt.

Ob sich eine gelöschte Reaktion nach der Extinktionzeigt oder nicht scheint in hohem Ausmaß vom Kon-

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text, in dem sich die Person befindet, abhängig zu sein.Von daher kann man auch nach erfolgreicher Konfron-tationsbehandlung davon ausgehen, dass wiederSymptome auftreten können, wenn sich kontextuelleBedingungen (z.B. Verstreichen von Zeit, anderer Ort)verändern.

Bei der Extinktion werden bestehende Assoziatio-nen nicht ausradiert. Vielmehr bleiben alte Asso-ziationen neben neu Gelerntem weiter bestehen.

Beispielsweise zeigten mit Konfrontationstherapie be-handelte Patienten mit einer Spinnenphobie bei derKatamnesesitzung mehr Angst, wenn die Testung ineinem anderen Kontext (z.B. anderer Raum) stattfandals wenn die Katamnesesitzung im Therapiekontextstattfand [2,7,8].

Welche Assoziationen abgerufen werden und wel-ches Verhalten von den Patienten schlussendlichgezeigt wird, ist vom Kontext abhängig. Dies er-klärt Rückfälle nach erfolgreichen Konfrontations-therapien und weist auf die Bedeutung von Strate-gien zur Rückfallprophylaxe hin.

Die Extinktionshypothese liefert einen wertvollen Bei-trag zum Verständnis von Konfrontation. Sie ist mitvielen Beobachtungen über Konfrontation konsistentund liefert wichtige therapeutische Hinweise. Vermut-lich sind jedoch noch weitere Variablen am Gelingender Konfrontationstherapie beteiligt.

Erwartungseffekte

Wie bereits erwähnt scheint ein wichtiger Aspekt derKonfrontationstherapie zu sein, dass sich die Erwar-tungen der Patienten bzgl. des Auftretens eines aversi-ven Ereignisses als falsch erweisen. Extinktion kannvon daher als Resultat einer fehlenden Übereinstim-mung der Erwartung des Erscheinens eines aversivenStimulus und dem tatsächlichen Erscheinen konzep-tualisiert werden. Diese Annahme hat Einfluss auf diePlanung der Dauer, Ausgestaltung und die Abständezwischen den Therapiesitzungen:! Die Dauer der Präsentation des aversiven Stimulus

während der Konfrontationstherapie sollte längersein als beim Angsterwerb. Dadurch haben die Pa-tienten die nötige Zeit, um zu realisieren, dass dasantizipierte aversive Ereignis tatsächlich nicht auf-tritt.

! Da negative Erwartungen bei verschiedenen Patien-ten sehr unterschiedlich sein können, ist es wichtig,

Spezielle Themen

Tabelle 2

Phänomene, die im Anschluss an erfolgreiche Extinktion auftretenkönnen.

Bezeichnung Definition

Spontanerholung(spontaneous recovery)

spontanes Wiederauftreten der CR nach demVerstreichen von Zeit

Disinhibition Wiederauftreten einer CR, wenn kurz vor derPräsentation des gelöschten CS ein neuer Stimulusdargeboten wird

schneller Wiedererwerb wesentlich höherer Lernerfolg in der Wieder-erwerbsphase nach erfolgreicher Extinktion

Wiedereinsetzen der Reaktion(reinstatement)

CR tritt erneut auf, wenn vor dem CS zuerst einungepaarter US dargeboten wird

Erneuerungseffekt(renewal effect)

wird in Kontext A gelernt, in Kontext B gelöschtund im Anschluss der CS (ungepaart) noch malin Kontext A präsentiert, zeigt sich die CR erneut(Extinktion ist kontextsensitiv)

CR= konditionierte Reaktion, CS = konditionierter Stimulus, US =unkonditionierterStimulus

Konfrontationstherapie

Kontextspezifische Extinktion! Konfrontation sollte in so vielen verschiedenen

Kontexten wie möglich durchgeführt werden, da-mit möglichst viele Stimuli mit der Extinktion ver-bunden werden. Dadurch erhöht sich die Wahr-scheinlichkeit, dass ein neuer Kontext auch Stimulienthält, die mit der Extinktion assoziiert sind.Kontext bezieht sich dabei auf so unterschiedlicheFaktoren wie Örtlichkeit, Stimmung, physischerZustand, Anwesenheit des Therapeuten etc.

! Konfrontation sollte möglichst auch in verschie-denen zeitlichen Kontexten durchgeführt bzw. inbestimmten Zeitabständen wiederholt werden,denn auch das Verstreichen von Zeit an sich stellteine Kontextänderung dar.

! Erinnerungshilfen an das während der ExtinktionGelernte können das Auftreten von Verhaltensent-gleisungen und kompletten Rückfällen reduzieren.Erinnerungshilfen können z. B. durch Erinnerungs-karten oder Erinnerungstelefonate vom Therapeu-ten realisiert werden. Auch ein mentales Wieder-herstellen des Behandlungskontextes scheint vorerneuter Angst zu schützen [2, 7, 8].

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die speziellen negativen Erwartungen jedes einzel-nen Patienten zu erfragen. Dabei sollte nicht nur he-rausgearbeitet werden, was genau passieren könnte(z.B. ich könnte ohnmächtig werden), sondern ins-besondere auch nach welcher Zeitspanne das aver-sive Ereignis erwartet wird (z.B. besonders wahr-scheinlich, wenn ich länger als eine halbe Stunde inder gefürchteten Situation verbleibe). Dies kann mit-tels einer Befragung vor dem Konfrontationsbeginnpassieren. Die Erwartungen sollten vor jeder Kon-frontationssitzung stets erneut abgefragt werden, dasich die Erwartungen durch die Konfrontations-übungen verändern können [7].

Erlebte Kontrolle

In einer Therapiestudie wurden Patienten mit Agora-phobie über mehrere Sitzungen mit Konfrontation be-handelt. Die eine Hälfte der Patienten wurde angehal-ten, so lange in der gefürchteten Situation zu verblei-ben, bis sich die subjektiv erlebte Angst spürbar redu-ziere. Der anderen Hälfte wurde mitgeteilt, dass es ih-nen frei stünde, die gefürchtete Situation zu verlassen,wenn die subjektiv erlebte Angst ein vorher festgeleg-tes Maß (70 auf einer Skala von 0–100) überschreite.Überraschenderweise zeigte sich, dass die Möglichkeitzur kontrollierten Flucht kein gesteigertes Vermei-dungsverhalten hervorrief. Tatsächlich waren beideBehandlungsbedingungen hoch effektiv und unter-schieden sich nicht in ihrer Wirksamkeit (weder zumEnde der Behandlung noch in einer 3-Monats-Katam-nese). Die Patienten in der Bedingung mit der kontrol-lierten Fluchtmöglichkeit zeigten nach einer Fluchtauch kein erhöhtes Vermeidungsverhalten. Befundedieser Art legen nahe, dass Kontrolle über die gefürch-tete Situation einen weiteren wichtigen Wirkmecha-nismus darstellen könnte.

Eine kontrollierte Fluchtmöglichkeit während derKonfrontation scheint weder zu vermehrtem Ver-meidungsverhalten noch zu geringerer Angstre-duktion zu führen.

Sicherheitssignale

Das Vorliegen eines Sicherheitssignals während derKonfrontation mit dem gefürchteten Stimulus vermit-telt dem Patienten Sicherheit. Das bedeutet, dass derPatient erwartet, dass die gefürchtete Reaktion bei derKonfrontation mit dem Stimulus nicht oder nur in ab-geschwächter Form auftreten wird.

Sicherheitssignale vermindern die Angst, ihreAbwesenheit wird jedoch zum Angstauslöser.

Sicherheitssignale können unterschiedlicher Natursein: andere Personen, Therapeuten, Medikamente,Glücksbringer, Essen oder Trinken. Werden Sicher-heitssignale während der Konfrontation angewendet,können sie zwar kurzzeitig bei den Patienten Unbeha-gen reduzieren, sind jedoch der Aufrechterhaltung er-reichter Therapieerfolge langfristig abträglich. Dieslässt sich dadurch erklären, dass sich beim Einsatzeines Sicherheitssignals während der Konfrontationeine Assoziation zwischen dem inhibitorischen Sicher-heitssignal und dem exzitatorischen CS bildet.Wird dasSicherheitssignal dann im Anschluss nicht mehr ange-wandt (z.B. bei einer Konfrontation ohne den Thera-peuten), sollte es zwangsläufig wieder zu einer CRkommen, da der positive Ausgang der Konfrontationvermutlich auf das Vorliegen des Sicherheitssignals be-zogen wurde. Bedeutsam ist dies auch für die Kombi-nation von Konfrontationsverfahren und psychophar-makologischen Behandlungen, worauf im folgendenAbschnitt näher eingegangen werden soll [2,7].

Kombinationstherapien

Psychopharmakotherapie

Neben Konfrontationsverfahren werden bei der Be-handlung von Angststörungen häufig Psychopharmakamit anxiolytischen Eigenschaften angewandt. 55–95%der Patienten mit Angststörungen, die eine Psychothe-rapie beginnen, wurden vorher bereits ausschließlichpsychopharmakologisch behandelt. Eingesetzt werdendabei hoch- oder niedrigpotente Benzodiazepine (z.B.Alprazolam oder Diazepam) sowie verschiedene Anti-depressiva wie Imipramin (trizyklisches Antidepressi-vum/TZA), Phenelzine (Monoaminooxidase-Hemmer/MAO-Hemmer) oder Fluoxetin (Serotonin-Wiederauf-nahmehemmer/SSRI). Dies ist bemerkenswert, dazahlreiche Studien und Metaanalysen gegen eine Mo-notherapie mit anxiolytischen Substanzen sprechen.Die Anwendung anxiolytischer Substanzen, insbeson-dere hochpotenter Benzodiazepine führt zwar kurz-fristig zu einer Symptomreduktion, scheint jedoch zumErreichen einer langfristigen Verbesserung der Angst-symptomatik nicht geeignet zu sein. Vergleicht man dieWirksamkeit der Benzodiazepin-Behandlung mit dervon Konfrontationsverfahren, wird deutlich, dass beideBehandlungsweisen kurzfristig zwar gleichwertigeSymptomreduktionen erzielen, Konfrontationsverfah-ren jedoch hinsichtlich der Stabilität der Therapieerfol-

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ge überlegen sind. Es kommt zwar bei der Gabe vonBenzodiazepinen häufig schneller zu einer Reduktionder Angstsymptomatik, diese unmittelbaren Erfolgescheinen aber auf Kosten einer langfristigen Verbesse-rung zu gehen. In der Regel kommt es nach Absetzender Medikamente zu einem erneuten Auftreten derAngstsymptome. Ähnlich verhält es sich auch mitniedrigpotenten Benzodiazepinen und Antidepressiva.Auch diese Substanzen erzielen beim akuten Einsatz –wenn überhaupt – nur äquivalente Behandlungserfolgewie Konfrontationsverfahren und nach dem Absetzender Medikamente zeigt sich ein erneutes Auftreten derSymptomatik.

Eine weitere Problematik sind Entzugssymptome, dievor allem beim Absetzen von Benzodiazepinen auftre-ten. Diese sind zwar bei niedrigpotenten Benzodiaze-pinen geringfügiger, treten jedoch auch hier auf. Selbstdie Beendigung der SSRI-Gabe, die bei Patienten mitaffektiven Störungen herkömmlich nicht mit Entzugs-symptomen einhergeht, scheint bei bestimmten Angst-patienten zu kurzfristigen Absetzphänomenen zu füh-ren. Zusätzlich treten insbesondere bei den Antide-pressiva früherer Generationen (z.B. TZA und MAO-Hemmer) häufig unerwünschte Nebenwirkungen auf,die zur Folge haben, dass Therapien vorzeitig abgebro-chen werden (Abbruchrate von 25–50%). Eine Ausnah-me stellen in diesem Zusammenhang SSRIs dar. SSRIshaben ein geringeres Nebenwirkungsprofil als Anti-depressiva früherer Generationen und werden vonPatienten häufig besser vertragen. Dennoch könnenauch durch die Behandlung mit SSRIs keine vergleich-bar stabilen Reduktionen der Angstsymptomatik wiedurch Konfrontationsverfahren erzielt werden.

Konfrontationsverfahren scheinen in vieler Hinsichtder medikamentösen Behandlung von Angststö-rungen überlegen zu sein. Insbesondere bei einerlangfristigen Behandlung von Angststörungen sindBenzodiazepine kontraindiziert.

Konfrontationstherapie undPsychopharmaka

Es stellt sich nun die Frage, ob sich eine Kombinationvon Konfrontationsverfahren und einer der bereits be-schriebenen psychopharmakologischen Substanzenzur Behandlung von Angststörungen vorteilhaft erwei-sen könnte.

Benzodiazepine. Im Bezug auf Benzodiazepine spre-chen die Befunde eindeutig gegen eine Kombinations-

therapie mit Konfrontationsverfahren. Durch denkombinierten Einsatz beider Verfahren kommt es zwarkurz- und mittelfristig zu einer stärkeren Angstreduk-tion verglichen mit dem Einsatz von nur Konfrontati-onsverfahren bzw. nur Psychopharmaka. Diese kurz-und mittelfristigen Vorteile gehen jedoch mit langfris-tig negativen Effekten einher. Entsprechend der Mono-therapie mit Benzodiazepinen treten auch hier – trotzbegleitender Behandlung mittels Konfrontationsver-fahren – nach dem Absetzen der Psychopharmakahäufig die ursprünglichen Symptome wieder auf.

Antidepressiva. Weniger eindeutig ist hingegen dieBefundlage zum kombinierten Einsatz von Konfronta-tionsverfahren und Antidepressiva. Hier zeigen sich inAbhängigkeit zur verwendeten Substanz unterschied-liche Wirksamkeiten. Während eine Kombination vonMAO-Hemmern und Konfrontationsverfahren zu kei-nen besseren Behandlungserfolgen führt, scheint diekombinierte Anwendung von TZAs mit Konfrontationzumindest kurzfristig bessere Behandlungserfolge alsKonfrontation alleine zu bewirken. Jedoch scheint die-ser Vorteil gegenüber dem alleinigen Einsatz von Kon-frontationsverfahren nicht von Dauer zu sein und zeigtsich in Katamnesen nach einigen Jahren nicht mehr.Zieht man die höheren Therapieabbruchquoten in Be-tracht, die bei der Behandlung mit TZA im Vergleich zuKonfrontationsverfahren auftreten, stellt sich die be-rechtigte Frage, ob die vorübergehende Überlegenheiteiner kombinierten Anwendung das erhöhte Risikoeines Therapieabbruchs tatsächlich aufwiegt.

SSRI. Zur Kombination von Konfrontationsverfahrenmit SSRIs liegen inkonsistente Befunde vor, es zeigensich nur teilweise Verbesserungen durch die kombi-nierte Anwendung. Bemerkenswert ist, dass sich inStudien, die für eine erhöhte Effektivität der Kombi-nationstherapie im Vergleich zur Monotherapie mitKonfrontationsverfahren sprechen, nur eine minimaleEffektivitätssteigerung gegenüber Konfrontation allei-ne zeigt. In einer Studie mit Sozialphobikern beispiels-weisewurde gerade einmal eine Effektivitätssteigerungvon 3% durch die Kombination beider Verfahren imVergleich zu Konfrontation alleine erzielt. In Anbe-tracht der bereits beschriebenen Probleme, die bei derAnwendung von SSRIs zur Behandlung von Angststö-rungen auftreten, ist auch hier der minimale Gewinngegenüber den Problemen, die mit der SSRI-Behand-lung einhergehen, gegenüberzustellen.

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Erklärungsansätze für fehlendeEffektivitätssteigerung

Für die fehlende Effektivitätssteigerung durch dieKombination von Konfrontationsverfahren und denstandardmäßig in der Angsttherapie angewandtenPsychopharmaka gibt es vielfältige Erklärungen. EineUrsache könnte möglicherweise sein, dass Konfronta-tionsverfahren und dem Einsatz von anxiolytischenSubstanzen andere Behandlungsansätze zugrunde lie-gen. Konfrontationsverfahren fokussieren auf den Ab-bau von Vermeidung und den daraus resultierendenkognitiven Umstrukturierungen des Furchtnetzwerkes.Anxiolytika hingegen richten sich auf den Abbau kör-perlicher und psychischer Erregungszustände. Werdendurch die Einnahme von anxiolytischenMedikamentendie körperlichen Symptome gedämpft, ist es den Pa-tienten nicht mehr möglich, sich mit ihren beunruhi-genden Körperreaktionen zu konfrontieren. Da dies einessenzieller Bestandteil von Konfrontationsverfahrenist, wird deutlich, aus welchen Gründen eine Kombi-nation mit anxiolytischen Psychopharmaka kontrain-diziert ist. Durch die fehlende Konfrontation mit deneigenen körperlichen Angstsymptomen können keinekatastrophisierenden Annahmen über die Gefährlich-keit dieser körperlichen Symptome abgebaut und al-ternative, nicht beunruhigende Bewertungen entwi-ckelt werden.

Eine weitere Erklärung könnten auch Kontexteffektesein, die durch die stimmungsverändernden Eigen-schaften einiger Substanzen bedingt sind. Benzodiaze-pine beispielsweise haben stark sedierende Eigen-schaften. Von daher kann die Einnahme dazu führen,dass eine Art interozeptiver Kontext geschaffen wird,der sich zwangsläufig nach dem Absetzen des Medika-ments nach Ende der Konfrontationstherapie wiederändert. Lernen findet somit in einem anderen Kontextstatt als der spätere Abruf des Gelernten (Kontextver-schiebung). Durch diese Kontextverschiebung kann daswährend der Konfrontationstherapie neu Gelerntenach Ende der Kombinationstherapie nicht mehr abge-rufen werden. Dies hat zur Folge, dass die im Verlaufder Kombinationstherapie reduzierte Angst nach demAbsetzen der Medikamente erneut auftritt. Hinzukommen noch stark amnestische Effekte von Benzo-diazepinen, die eine Abspeicherung (Konsolidierung)des Extinktionsgedächtnisses stören [9,10].

Neue Ansätze zur Kombinationstherapie

Auf der Grundlage dieser theoretischen Überlegungensowie den bisherigen Erfahrungen, die bei der Kombi-nation von Konfrontationsverfahren mit herkömmlichzur Angstbehandlung eingesetzten Psychopharmakagemacht wurden, haben sich in den letzten Jahreneinige neue Ansätze zur Kombinationstherapie ent-wickelt. In den folgenden beiden Abschnitten werdenzwei dieser Ansätze präsentiert, deren Wirksamkeitderzeit eingehend überprüft wird. Beide Ansätze ver-folgen explizit das Ziel weder Kontexteffekte zu för-dern, noch die für Lernprozesse essenziellen Gedächt-nisprozesse wie die Konsolidierung neuer Gedächtnis-inhalte zu behindern.

! D-Cycloserin

Es gibt Hinweise dafür, dass die Extinktion konditio-nierter Reaktionen und deren stabilisierende Konsoli-dierungsprozesse pharmakologisch beeinflusst werdenkönnen. Erste Befunde sprechen dafür, dass möglicher-weise D-Cycloserin (DCS) ein guter Kandidat dafür seinkönnte. Studien an Patienten mit Angststörungen un-terstützen die Annahme, dass DCS den Extinktionspro-zess begünstigt. Jedoch scheint DCS nicht nur die Kon-solidierung des Extinktionsgedächtnisses zu steigern,sondern auch die des Furchtgedächtnisses. Welche As-soziationen konsolidiert werden, scheint von der Dauerder Gedächtnisreaktivierung im Verlauf der Reizkon-frontation abzuhängen. DCS kann somit auch zu einerSymptomverschlechterung führen, wenn die Reizkon-frontation in erster Linie zur Aktivierung des Furchtge-dächtnisses führt, jedoch nicht zu einer Bildung desExtinktionsgedächtnisses (für eine detaillierte Diskus-sion über den Einsatz von DCS im klinischen Kontexts. [11]). Es werden eindeutig weitere klinische Studienbenötigt, bevor DCS in der Praxis eingesetzt werdenkann.

! Glukokortikoide

Die längere Gabe von Glukokortikoiden (GK) kann zuschweren kognitiven und Gedächtnisdefiziten führen.Anders verhält es sich mit der akuten Gabe von GK.Befunde aus Grundlagenstudien sprechen dafür, dassGK das Potenzial haben, die Effektivität von Konfron-tationstherapien zu steigern, wenn sie niedrig dosiertund ausschließlich vor der Konfrontationssitzung ver-abreicht werden. GK verringern einerseits den Abrufvon aversiven Lernepisoden aus dem Furchtnetzwerkund erleichtern andererseits die Konsolidierung neuernicht angstbesetzter Inhalte in das Furchtnetzwerk.

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Gerade der wiederholte Abruf aversiver Gedächt-nisinhalte bei der Konfrontation mit aversiven Sti-muli scheint zur Aufrechterhaltung der Störungbeizutragen, da es nach jedem Abrufprozess zueiner erneuten Konsolidierung (Rekonsolidierung)der aversiven Gedächtnisinhalte kommt und da-durch zu einer Verfestigung der Inhalte im Furcht-netzwerk.

Man nimmt an, dass eine GK-Gabe vor der Konfronta-tion mit aversiven Stimuli diesen schädlichen Abruf-prozess unterbricht und gleichzeitig die Konsolidierungneuer Gedächtnisinhalte erleichtert. Diese beiden Pro-zesse sollten wiederum die Schwächung der aversivenGedächtnisspur zur Folge haben, da die Patienten unterGK-Gabe die neue Erfahrung machen, dass der ge-fürchtete Stimulus nicht wie herkömmlich von furcht-

Spezielle Themen

Tabelle 3

Detaillierte Beschreibung der Konfrontationsverfahren bei Angststörungen.

Störungsbild Technik Vorgehensweise Besonderheiten Wirksamkeit Literatur

Panikstörung interozeptive Kon-frontationsübungen

! meist graduiert! Beginn mit simulierten Übungen(z. B. Hyperventilation Drehübungenbei Schwindel)

! im Anschluss naturalistische Aktivitäten

Fokus liegt auf der Schwächung derAssoziationen zwischen bestimmtenkörperlichen Empfindungen und Panik

gute Belege [4, 15–17]

Agoraphobie In-vivo-Konfrontation ! graduiert oder massiert! Konfrontation mit angstauslösendenSituationen (z. B. im Kaufhaus Fahr-stuhl fahren oder Kinobesuch) mussdetailliert geplant werden

! anfängliche Begleitung durch denTherapeuten, die mit dem Fort-schreiten der Therapie langsam aus-zuschleichen ist (Therapeut als Sicher-heitssignal)

! Massierte Konfrontation bringt diesichersten und schnellsten Erfolge,die Patientenakzeptanz ist bei gra-duiertem Vorgehen jedoch höher.

! Fokus auf dysfunktionale Bewälti-gungsstrategien wie:

1. Sicherheitssignale (z. B. Mitführender Telefonnummer des Hausarztes,des Mobiltelefons oder von Beruhi-gungsmitteln)2. unnötige Vorsichtsmaßnahmen(z. B. im Kino am Rand sitzen)3. mentale Ablenkung (z. B. so tun alsob man woanders wäre oder Musikhören)

gute Belege [16]

Soziale Phobie In-vivo-Konfrontation

! meist graduiert! zweistufiges Vorgehen:1. Simulierte Konfrontation im Rollen-spiel (z. B. vor dem Therapeuten Vor-trag halten) als Vorbereitung für an-schließende In-vivo-Konfrontation2. In-vivo-Konfrontation (z. B. jeman-den nach dem Weg fragen)! Patienten können auch aufgefordertwerden kleinere soziale Schnitzer zubegehen, um dadurch dysfunktiona-le Annahmen (z. B. ich muss perfektsein) widerlegen zu können

! Fokus auf:1. Patienten sollen Aufmerksamkeits-fokus nach außen anstatt wie her-kömmlich nach innen richten2. Einschränkung des Sicherheitsver-haltens3. Bewertungen des Auftretens derPatienten in sozialer Konfrontations-situation, da Patienten mit sozialerPhobie diese in der Regel unterschät-zen (evtl. auch anhand von Filmauf-zeichnungen)CAVE: Komplexität sozialer Situationenerschwert die In-vivo-Konfrontation,da unerwünschte Konfronta-tionseffekte auftreten können

gute Belege [13, 18]

In-sensu-Konfrontation

! graduiert oder massiert! angstauslösende Situation wirdspezifiziert und in der Vorstellungmehrere Male durchlebt

In-sensu-Konfrontation bietet sich bei Si-tuationen, die im Alltag nur selten auftre-ten an (z. B. Prüfung, Gespräche mit Vor-gesetzten)CAVE: geringe Vorhersehbarkeit sozialer Si-tuationen erschwert den Transfer in denAlltag

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Konfrontation und Exposition

Tabelle 3

Fortsetzung

Störungsbild Technik Vorgehensweise Besonderheiten Wirksamkeit Literatur

SpezifischePhobien! Klaustropho-bie, Höhen-angst, Flug-ängste undFahrängste

In-vivo-, In-sensu-oder In-virtuo-Konfrontation

! graduiert oder massiert! Konfrontation mit geschlossenen,engen Räumen und Höhen beiHöhenangst

! typische Konfrontationsübungen:Brücken, Glasfahrstühle, Türme,Dachterrassen, Balkonplätze imTheater oder Sportstadium, steilabfallende Straße, Schwebebahnenoder Fahrten mit entsprechendenBahnen (z. B. Achterbahn)

! Konfrontation mit Hitze (warmeRäume oder Kleidung) bei Klaustro-phobie

! typische Konfrontationsübungen:Umkleidekabinen, Saunas, kleineZelte und Fahrstühle

! ergänzende interozeptive Konfronta-tionsübungen können hilfreich sein,da diese Patienten häufig starke Angstvor Erstickungsgefühlen, Kurzatmigkeit,Schwindelgefühlen und Kontrollverlusthaben

! Fokus auf Sicherheitsverhalten, insbe-sondere zu Beginn der Konfrontation

! meist kurze Behandlungsdauer(1–8 Sitzungen)

gute Belege [19, 20]

! Tierphobien ! meist graduiert! Beginn mit dem Anschauen von Fotosder gefürchteten Tiere

! im Anschluss In-vivo-Konfrontation(z. B. Spinne auf den Arm nehmen)

! ergänzende interozeptive Konfronta-tionsübungen sind hilfreich, wenn diePatienten starke Angst vor den mit derAngst verbundenen physiologischenZuständen haben

Fokus auf die individuelle Analyse des Pho-bieinhaltes, da häufig die Angst vor derGefährlichkeit der Tiere über der Angst vorder Angst dominiert

! Blut-, Verlet-zungs- undSpritzen-phobien

angewandte An-spannung (appliedtension)

! meist graduiert! vor Beginn der Konfrontation Erlernender Anspannungstechnik, die Ohn-macht verhindert:

1. Anspannen der großen Skelettmus-keln (Arme, Brust und Beine)2. Spannung für ca. 15 Sekunden hal-ten bis ein warmes Gefühl im Kopfentsteht3. Anspannung bis auf das Ausgangs-niveau lösen! Patienten werden instruiert, bei erstenAnzeichen einer Synkope die Anspan-nungstechnik anzuwenden

! Konfrontation beginnt mit phobierele-vanten Fotos, im Anschluss In-vivo-Konfrontation (z. B. Blutspenden)

Fokus auf das Verhindern von Ohnmacht:Patienten zeigen bei der Konfrontationspezifische autonome Reaktion (biphasi-sche Reaktion). Es steigt zuerst die Herz-frequenz und der Blutdruck wie bei ande-ren Phobien, fällt dann aber rapide ab undkann bis zu einer Synkope führen, wenn dieSituation nicht verlassen wird

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Spezielle Themen

Tabelle 3

Fortsetzung

Störungsbild Technik Vorgehensweise Besonderheiten Wirksamkeit Literatur

Zwangs-erkrankungen

In-vivo- oder In-sen-su-Konfrontationmit Reaktionsmana-gement (bzw. Kon-frontation mit Reak-tionsverhinderung)

! graduiert! Begleitung durch Therapeuten beiden ersten Konfrontationsübungen,später eigenverantwortliches Üben

! bei Zwangsgedanken:1. Konfrontation mittels Tonbandauf-nahmen mit angstauslösenden Gedan-ken in Endlosschleife2. Anhören des Tonbandes, wenn dieGedanken auftreten bzw. Patientenden Impuls verspüren, das angstredu-zierende kognitive Ritual zu beginnen

! Fokus auf dem Lernen keine beruhi-genden Handlungskomponenten(Rituale, Sicherheitsverhalten, Flucht)auszuüben, sondern sich mit derZwangssituation zu konfrontieren

! Konfrontationsdauer von ca. 2 Stundennotwendig, da kürzer weitaus wenigereffektiv ist

Therapiemetho-de der WahlEine beträchtli-che Anzahl derPatienten bleibtauch nach Endeder Behandlungsymptomatischoder erfährt nureine partielleBesserung

[4, 13, 21]

GeneralisierteAngststörung

In-sensu-Sorgen-konfrontation

In-vivo-Sorgen-konfrontation

! Patienten werden angeleitet, sich nichtmehr nur auf abstrakte Weise zu sor-gen, sondern in Vorstellungsbildern

! Hauptsorgenbereiche müssen vor demKonfrontationsbeginn identifiziert undentsprechende Vorstellungsszenariosentwickelt werden

! Konfrontation mit Vermeidungsverhal-ten oder Rückversicherungsverhalten(z. B. häufiges Nachfragen und Rückver-sichern, den Angehörigen hinterhertelefonieren)

! Vor Konfrontationsbeginn muss dasgenaue Verhalten identifiziert und inHierarchie gebracht werden

! Idealerweise findet die Konfrontationdurch den Patienten alleine statt

Fokus darauf, dass die Patienten wäh-rend der Konfrontation eine neueTechnik des „sich Sorgens“ lernen unddie damit assoziierte Angst intensiverleben und sich nicht mehr davonablenken

bisher keineÜberprüfung alsisolierte Behand-lungskomponen-teerste positiveBelege für denEinbezug vonSorgenkonfron-tation in Ge-samtbehand-lungskonzepte

[4, 22, 23]

Posttrauma-tische Belas-tungsstörung

imaginales Nach-erleben des Traumas(imaginal exposure)

Konfrontation mit dem Trauma durch:! wiederholtes und detailliertes Nach-erleben des Traumas in der Vorstellungin der Reihenfolge der Ereignisse

! findet unter Anwesenheit des Thera-peuten statt

! Gedanken, Gefühle und sensorischeEindrücke während des Erleben desTraumas sollen im Präsens geschildertwerden

! Hausaufgaben zur Intensivierung derKonfrontation empfehlenswert, z. B.Tonbandaufzeichnungen des Nach-erlebens anfertigen, die die Patiententäglich zu Hause anhören können

! Ziel der Konfrontation ist die Elabora-tion des Traumagedächtnisses undder Identifikation der individuellennegativen Interpretationen des Traumas

! je nach Therapiekonzept unterschiedlichlange Dauer:

– 9–12 Sitzungen (Foa u. Rothbaum)– 3 Sitzungen (plus Hausaufgaben)(Ehlers); bei dem stärker kognitiv ausge-richteten Vorgehen von Ehlers Fokus aufdie schlimmsten Momente (hot spots), dieim Zeitlupentempo nacherlebt werden

gute Belege [4, 24–27]

Narrative Konfron-tation (narrativeexposure)

! chronologische Rekonstruktion dergesamten Lebensgeschichte mit allenpositiven und negativen emotionalenMomenten

! Therapeut geleitet den Patienten durchdie chronologische Erzählung

! Therapeut verbalisiert während derRekonstruktion Gefühle und Detailsdes Erzählten und differenziert Verhal-tensweisen und Details zwischen dem„Jetzt“ und dem „Früher“

! Kurzzeittherapie, die sich an Patientenmit multiplen Traumatisierungen (z. B.Opfer organisierter Gewalt) richtet

! Ziel ist, dass die traumatischen Ereignissedurch kohärentes Erzählen in die Biogra-fie des Patienten integriert werden, umeine Reorganisation des autobiografi-schen Gedächtnisses sowie die Akzep-tanz des Traumas als etwas Vergangeneszu erreichen

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besetzten Erinnerungen begleitet wird. Bisher angst-besetzte Situationen sollten zukünftig als wenigeraversiv erlebt und eingeschätzt werden. Eine Symp-tomreduktion sollte auch nach Ende einer GK-Gabeanhalten, da man davon ausgeht, dass es sich um eineüberdauernde Umstrukturierung des Furchtgedächt-nisses handelt.

Erste präklinische Studien aus dem Bereich der Angst-störungen liefern Hinweise dafür, dass die Kombinati-on von niedrigdosierten GK mit Konfrontationsthera-pie ein vielversprechender Ansatz für die Optimierungder Behandlung von Angststörungen sein könnte.

Es sollte hervorgehoben werden, dass GK neben denbeschriebenen gedächtnismodulierenden, keine aku-ten stimmungsmodulierenden Effekte aufweisen undsomit keine nachteiligen Kontexteffekte mit sich brin-gen. Jedoch werden auch vor dem routinemäßigenEinsatz von GK bei Konfrontationsbehandlungen nochweitere Studien, insbesondere an klinischen Popula-tionen, benötigt [12].

StörungsspezifischeKonfrontationsverfahren

Angststörungen

Tab.3 stellt die übliche Vorgehensweise während derKonfrontationsübungen zur Behandlung verschiedenerAngsterkrankungen dar. Dabei wird neben der Be-schreibung der jeweiligen Technik mit Betonung derjeweiligen Besonderheiten in der Durchführung unddem zugrunde liegenden theoretischen Konzept auchaufWirksamkeitsbelege eingegangen. Die dargestelltenÜbungen werden in der Regel mit weiteren Interven-tionstechniken kombiniert und sind in ein Gesamtbe-handlungskonzept eingebettet. Eine Darstellung vonumfangreichen Behandlungskonzepten und umfassen-den Modellvorstellungen zu den einzelnen Störungenfindet sich zum Beispiel bei Barlow (1993, 1994), Neu-deck u. Wittchen (2005) und Margraf (2009) oder inden entsprechenden Ausgaben der Hogrefe-Reihe„Fortschritte der Psychotherapie“. An Ort und Stellewerden zur Behandlung der jeweilig dargestelltenAngststörung ausgewählte Literaturhinweise gegeben.

Konfrontation bei Alkoholabhängigkeit

Im Folgenden wird die aktuelle Forschungslage betref-fend der Anwendung von Konfrontation und Konfron-tationstechniken bei Abhängigkeitsstörungen beispiel-haft an der Therapie von Alkoholabhängigkeit be-schrieben.

Mittlerweile ist der Einsatz von In-vivo-Reizkonfronta-tionsverfahren bei der Behandlung von Alkoholabhän-gigkeitsstörungen weit verbreitet. Reizkonfrontations-verfahren kommen dort insbesondere in Zusammen-hangmit der Rückfallprävention zum Einsatz. Rückfällesind bei Alkoholerkrankungen keine Ausnahme, son-dern die Regel. Ziel der Konfrontationsübungen ist es,durch korrigierende Erfahrungen, die durch die Kon-frontation ermöglicht werden, das Auftreten automati-sierter Reaktionsweisen der Betroffenen in Rückfallsi-tuationen zu verringern. Dadurch sollen Kompetenzenzur abstinenten Bewältigung von Risikosituationenund zur möglichst schnellen Rückkehr in die Abstinenznach einem Rückfall aufgebaut werden. Zum Verständ-nis des theoretischen Hintergrunds der Konfrontationbei Alkoholabhängigkeit sind insbesondere die folgen-den Konzepte bedeutsam.

! Reizreagibilität

Unter Reizreagibilität (cue reactivity) versteht man be-stimmte Wahrnehmungs-, körperliche Reaktions- bzw.Informationsverarbeitungstendenzen, die durch dieKonfrontation mit bestimmten Stimulusbedingungen(triggern) wie z.B. Örtlichkeiten, Situationen, Tageszei-ten, Personen etc. ausgelöst werden. Die Konfrontationmit den Stimulusbedingungen hat bestimmte neuro-physiologische Reaktionen zur Folge, die außerhalb derwillentlichen Kontrolle liegen. Diese Reaktionen äu-ßern sich auf diesen 3 Ebenen:! physiologisch (z.B. vermehrter Speichelfluss)! emotional (z.B. Verlangen)! kognitiv (z.B. getrübte Wahrnehmung)

! Klassische Konditionierungsprozesse

Grundlage der Reizreagibilität scheinen klassischeKonditionierungsprozesse zu sein, die in Assoziationenzwischen den Stimulusbedingungen (z.B. Trinksituati-on) und bestimmten Reaktionen (z.B. Alkoholwirkung)resultieren. Werden Alkoholabhängige nach dem be-schriebenen Konditionierungsprozess erneut mit die-sen Stimulusbedingungen konfrontiert, treten klas-sisch konditionierte physiologische, emotionale undmotivationale Reaktionen auf, die in der Regel als aver-siv erlebt werden und auch nach längerer Abstinenz dieGefahr eines Rückfalls erhöhen. In solchen Situationen

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spüren die Betroffenen dann ein quälendes Verlangenoder eine starke Versuchung (craving) nach dem Kon-sumvon Alkohol. Dies erklärt, wieso Alkoholabhängige,insbesondere in einer Umgebung, die mit früheremAlkoholgenuss assoziiert ist, Rückfälle erleben. Da einSchutz vor allen alkoholbezogenen Stimuli illusorischist, scheint ein Behandlungsfokus auf die Rückfallpro-phylaxe bei Alkoholabhängigkeit besonders wichtig zusein.

! Durchführung

Hohe Bedeutung kommt der kognitiven Vorberei-tungsphase der Konfrontation zu, damit die Patientendie Planung der Konfrontationsübungen durch denTherapeuten nicht als ein Infragestellen der Abstinenz-motivation auffassen. Dazu kann es nützlich sein, dassder Therapeut vor der Konfrontation ein Suchtmodellvermittelt, dass die oben beschriebenen automatisier-ten Reaktionsweisen, die außerhalb des Bewusstseinsliegen (vs. bewusste Entscheidung zur Abstinenz durchPatienten), akzentuiert. Anschließend sollte dieÜbungssituation möglichst konkret und detailliert ge-plant werden. Individuelle Trink- und Risikosituationenkönnen dabei am besten mittels einer Verhaltensana-lyse bestimmt werden. Diese können dann hierarchischangeordnet werden. Aus dieser Hierarchie sollte eineÜbungssituation ausgewählt werden, die einen hohenVerführungscharakter (z.B. das alkoholische Lieblings-getränk) für den Patienten hat. Die Schwierigkeit derVersuchungssituation sollte dabei so hoch sein, dassderen Bewältigung tatsächlich einen Erfolg für den Pa-tienten darstellt, jedoch nicht so schwer ist, dass Zwei-fel an einer erneuten Bewältigung außerhalb des The-

rapiekontextes entstehen. Eventuell kann die In-vivo-Konfrontation auch durch In-sensu-Vorstellungsübun-gen vorbereitet werden.

Während der Konfrontation arbeiten sowohl derPatient als auch der Therapeut daran, den Verfüh-rungscharakter der Konfrontationssituation gezieltzu steigern.

Dieses Vorgehen dient dazu, dass die Patienten poten-ziell die Erfahrung machen können, selbst äußerst star-kem Verlangen standhalten zu können. Dazu werdendie Patienten vom Therapeuten dazu angehalten, diesinnliche Wahrnehmung der situativen Reize zu ver-tiefen. Zusätzlich soll durch Gedanken und Erinnerun-gen an frühere Trinksituationen der Verführungscha-rakter der Situation gesteigert werden. Dies wird un-terstützt durch gezielte Fragen des Therapeuten (z.B.„Was denken Sie beim Anblick etc.?“), die dem Patien-ten dabei helfen sollen, alle Details, Gedanken undEmotionen, die den Konsum begleiten, wahrzuneh-men.

Der Patient wird während der Konfrontation immerwieder zur bewussten Selbstbeobachtung angehalten,um Veränderungen der Versuchung festzustellen undin Form einer Kurve aufzuzeichnen (Versuchungskur-ve). Die Übung wird beendet, sobald aus der Versu-chungskurve ersichtlich wird, dass das Verlangenüberdauernd gesunken ist. Die Konfrontationsübungensollten stets durch eine kognitive Auswertung der Kon-frontation beendet werden, da die Gefahr besteht, dasses bei der abstinenten Bewältigung von Konfronta-tionsübungen vorkommt, dass die Löschung entschei-dender kognitiver, emotionaler und physiologischerReaktionen ausbleibt. Die Ergebnisse der kognitivenAuswertung sollten daraufhin in nachfolgenden Kon-frontationsübungen berücksichtigt werden. Im An-schluss an die Konfrontation unter Beisein des Thera-peuten ist es auch ratsam, dass Patienten beginnen,sich alleine Konfrontationen auszusetzen.

! Rückfallprophylaxe

Da auch die Konfrontationsbehandlung der Alkohol-abhängigkeit nicht zur Folge hat, dass es zu einer Ent-kopplung des CS und der CR kommt, sondern lediglichein Um- oder Neulernen stattfindet, ist mit den glei-chen Schwierigkeiten (Spontanerholung, Wiederein-setzung der Reaktion und Erneuerungseffekt) wie auchbei der Behandlung von Angststörungen zu rechnen.Von daher ist es bedeutsam, diesen Lernphänomenenbereits bei der Behandlungsplanung von Alkoholer-krankungen im Vorfeld entgegenzuwirken. Dazu kön-

Spezielle Themen

Konfrontationsübungen

Konkrete Rückfallsituationen! Alkoholkonfrontation mit Stimmungsinduktion:

Der Patient setzt sich gezielt denjenigen emotio-nalen Zuständen (z. B. Langeweile, Schuldgefühle,Trauer, Selbstzweifel usw.) aus, die in der Vorge-schichte pathologisches Trinkverhalten ausgelöstbzw. aufrechterhalten haben.

! Alkoholkonfrontation mit Tonbandaufnahme vonKonfliktgesprächen: Der Patient konfrontiert sichmit einem wichtigen Konfliktpartner und dessenMeinung zu einem strittigen Thema, ohne dazuStellung zu beziehen.

! Alkoholkonfrontation im sozialen Kontext: Ein-übung von Bewältigungsstrategien, die dem Pa-tienten in kritischen Situationen (wie z. B. Feiern)helfen abstinent zu bleiben.

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nen die in der Tab.4 beschriebenen Strategien ange-wendet werden [4,28,29].

! Wirksamkeitsprüfung

Die Wirksamkeit von In-vivo-Konfrontation zur Rück-fallprävention bei Abhängigkeitsstörungen ist in einerReihe von Studien belegt worden. Jedoch scheinen bis-lang wichtige Fragen betreffend der Indikation, desZeitpunkts, der konkreten Durchführungsform bzw.der nötigen „Dosis“ noch ungeklärt zu sein. Offen bleibtauch die Frage nach der kombiniertenWirksamkeit vonKonfrontationsübungen mit dem Einsatz von Anticra-vingsubstanzen [29].

Essstörungen

Reizkonfrontation spielt bei der Behandlung von Ess-störungen neben anderen Interventionen wie z.B. Psy-choedukation und Stimuluskontrolle eine bedeutendeRolle. Die Konfrontationsübungen können dabei rechtunterschiedlich gestaltet werden. Patienten konfron-tieren sich mit! interozeptiven Essanfallstimuli (wie z.B. Langweile)! diversen anderen Stimuli (wie z.B. Geruch bestimm-

ter Nahrungsmittel)! dem Anblick des eigenen Körpers

Ziel der Übungen ist, dass die Patienten bei der Kon-frontation lernen, nicht mehr ihr übliches dysfunktio-nales Verhaltenwie anfallartiges Essen, Erbrechen oderdas Vermeiden der Konfrontation mit dem eigenenKörper zu zeigen. Zum Verständnis des theoretischenHintergrunds der Konfrontation bei Essstörungen sindinsbesondere die folgenden Konzepte bedeutsam.

! Emotionsregulierende Funktion

Es wird angenommen, dass sowohl Essanfälle als auchderen Gegenmaßnahmen eine emotionsregulierendeFunktion (z.B. Vermeidung negativer Gefühle) haben,die möglicherweise ähnlich wie bei den Abhängig-keitserkrankungen klassisch konditioniert ist. Die Kon-frontation mit negativen Emotionen während der The-rapie soll das Muster der Patienten, unangenehme Ge-danken und Gefühle durch Essanfälle zu vermeiden,abbauen. Bedeutsam ist dabei, dass Essanfälle zwareinerseits eine emotionsregulierende Funktion haben,andererseits aber auch wiederum im Anschluss nega-tive Emotionen wie z.B. die Angst vor der Gewichtszu-nahme auslösen können. Deshalb muss auch auf emo-tionale Auslöser von Erbrechen geachtet werden. Zielder Konfrontation mit interozeptiven Zuständen ist essomit nicht nur, Essanfälle zu vermeiden („Exposurewith Response Prevention to Pre-Binge Cues“-Modell),sondern auch das anschließende Erbrechen („Exposurewith Response Prevention from Purging“-Modell).

! Klassische Konditionierungsprozesse

Da klassische Konditionierungsprozesse bei der Entste-hung und Aufrechterhaltung des anfallsartigen Essensund dessen Gegenmaßnahmen maßgeblich beteiligt zusein scheinen, wird mit Stimuli, die im Vorfeld syste-matisch mit dem Erleben eines Essanfalls assoziiertwurden, konfrontiert. Dies sind z.B. der Anblick, Ge-ruch sowie der Geschmack von Nahrungsmitteln, dieüblicherweise während eines Essanfalls verzehrt wer-den. Diese Stimuli (CS) scheinen vorbereitende physio-logische und psychologische Reaktionen hervorzuru-fen, die dann in einem unwiderstehlichen Drang zurNahrungsaufnahme münden (CR). Die Konfrontationmit dem konditionierten Stimulus, ohne dass ein Ess-anfall auftritt, kann somit zum Löschen des exzessivenVerlangens bzw. der Reizreagibilität führen [29].

! Körperbildstörung

Neben gestörtem Essverhalten ist bei Patienten mitEssstörungen ein negatives Körperbild ein weitererzentraler Problembereich. So kann der Anblick deseigenen Körpers bei den Patienten intensive negativeEmotionen und Kognitionen auslösen, die häufig zurVermeidung einer Konfrontation mit dem eigenen Kör-

Konfrontation und Exposition

Tabelle 4

Vorgehen zur Rückfallprophylaxe.

Phänomen Strategie

Spontanerholung (spontaneousrecovery):spontanes Wiederauftreten desVerlangens

! Vorbereitung der Patienten darauf,dass eine Konfrontationsübung nichtals einmaliger „Härtetest“ missver-standen werden darf, sondern dieÜbungen fortwährend durchgeführtwerden müssen

! längere Abstände zwischen einzelnenKonfrontationsübungen

Wiedereinsetzung der Reaktion(reinstatement):Wiederauftreten von Verlangen,das in Zusammenhang mit erneuterKonfrontation mit dem US steht

Wiederaufnahme der Konfrontations-übungen

Erneuerungseffekt (renewal effect):in einer neuen Situation, in der keineExposition stattfand, tritt erneutVerlangen auf

Da nicht alle möglichen Trinksituatio-nen eines Alkoholabhängigen in Kon-frontationsübungen berücksichtigtwerden können, müssen im Anschlussan die Übungen Erinnerungsstrategienerarbeitet werden

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per führen. Indem sich Patienten mit Essstörungenlange und intensiv vor dem Spiegel oder mittels Video-aufzeichnungen mit ihrem Körper und seinen echtenund scheinbaren Unvollkommenheiten auseinander-setzen, soll dieses Vermeidungsverhalten aufgebrochenwerden. Da Patienten mit Essstörungen dazu neigenihre Körperfülle zu überschätzen, dient die Konfronta-tion auch dazu, kognitive Verzerrungen bzgl. der Kör-perfülle der Patienten zu modifizieren. Eine wieder-holte Konfrontation mit der realen Körperfülle solldie Verzerrungen reduzieren.

! Wirksamkeitsprüfung

Konfrontationsverfahren scheinen effektiv bei der Be-handlung von Essanfällen zu sein, insbesondere, wennsie in Kombination mit einer kognitiven Verhaltens-therapie durchgeführt werden. Beispielsweise profitie-ren Bulimiepatienten von einer Abnahme der Reizrea-gibilität (weniger Stress, Verlangen nach anfallartigemEssen, Drang zu Erbrechen etc.) bei der Konfrontationmit Nahrungsmitteln, die mit Essanfällen assoziiertsind. Dies ist insbesondere in Hinsicht auf die Rückfall-prophylaxe bedeutsam. Für Anorexia nervosa und Bin-ge Eating Disorder (BED) liegen bisher nur wenige em-pirische Ergebnisse vor, die für die Konfrontation mitReaktionsverhinderung von Essanfällen sprechen. Je-doch sprechen erste Ergebnisse dafür, dass Patientenmit BED von Reizkonfrontation mit Verhinderung derNahrungsaufnahme sowie von der Konfrontation mitkleinen Mengen von Binge-Nahrung in einer mit Ess-anfällen inkompatiblen Umgebung profitieren könn-ten.

Gute Wirksamkeitsnachweise gibt es für die Anwen-dung der Konfrontation mit dem eigenen Körper beider Behandlung von Patienten mit Bulimia nervosa,BED und Anorexia nervosa. So scheinen u.a. Emotionenwie Anspannung, Traurigkeit, Unsicherheit und Ekelinfolge der Spiegelkonfrontation rückläufig zu sein.Gleiches gilt für negative körperbezogene Kognitionenwie „Ich bin zu fett und muss Gewicht verlieren.“ und

negative Emotionen beim Anblick des eigenen Körpers.Zusätzlich scheint es zu einer Abnahme des Vermei-dungsverhaltens zu kommen [4,14].

Spezielle Themen

Kernaussagen

! Konfrontationstherapie ist dieeffektivste Therapie zur Be-handlung von Angststörungen.Erzielte Erfolge bleiben überlange Zeiträume stabil. Rückfäl-le sind selten und eine Symp-tomverschiebung tritt nichthäufiger als in der Allgemein-bevölkerung auf.

! Die Anwendung von Konfronta-tionstechniken ist heute nichtmehr auf die Therapie vonAngststörungen begrenzt, son-dern sie finden auch bei den Ab-hängigkeits- und EssstörungenAnwendung.

! Konfrontationsübungen könnenbezüglich der Modalität der Sti-muluspräsentation (imaginiert,real oder virtuell) sowie der In-tensität des Stimulus, mit demkonfrontiert wird, variieren. Da-bei unterscheidet man zwischenIn-sensu-, In-vivo- oder In-virtuo-Konfrontation.

! Die Stimuli können dabei ge-stuft, beginnend mit demschwächsten Stimulus (gradu-iert) oder sofort in stärkster In-tensität (massiert) präsentiertwerden. Die Effektivität der In-vivo-Konfrontation ist am höch-sten. Die Auswahl des jeweiligenVerfahrens muss jedoch immerin Abhängigkeit von den Patien-tenbedürfnissen und den jewei-ligen Besonderheiten des zu be-handelnden Störungsbildes ge-troffen werden.

! Auf dem Hintergrund des aktu-ellen Forschungsstandes kannder Wirkmechanismus der Kon-frontationstherapie nicht ab-schließend geklärt werden.Habituationsprozesse sind zwarhäufig in Angstreduktionsmo-delle integriert, jedoch habitu-ieren intensive Reize nicht.

! Eine Vielzahl empirischer Befun-de spricht dafür, dass Extink-tionsprozesse bei der Angstre-duktion beteiligt sind. Extink-tion (Löschung) ist die allmähli-che Abschwächung und dasschlussendliche Ausbleibeneiner konditionierten Reaktion(CR) durch die mehrfache allei-nige Präsentation des konditio-nierten (ursprünglich neutralen)Stimulus (CS).

! Befunde der lernpsychologi-schen Grundlagenforschung,insbesondere zur Kontextab-hängigkeit konditionierter Reak-tionen, haben der Gestaltungvon Konfrontationsbehandlungneue Impulse gegeben. AlteAssoziationen bleiben nach derExtinktion neben neu gelerntenAssoziationen nach wie vor be-stehen. Welche Assoziationenabgerufen werden und welchesVerhalten von den Patientenschlussendlich gezeigt wird,ist vom Kontext abhängig. Kon-texteffekte müssen bei der The-rapieplanung und bei der Rück-fallprophylaxe beachtet werden.

! Sicherheitssignale, die Patien-ten während der Konfrontationanwenden, reduzieren zwarkurzzeitig bei den PatientenUnbehagen, stören jedoch lang-fristig die Aufrechterhaltung er-reichter Therapieerfolge. Glei-ches gilt für die Kombinationvon Konfrontation mit Psycho-pharmaka. Eine Kombinationführt kurz- und mittelfristig zueiner schnellen Symptomreduk-tion, wirkt sich jedoch auf dieAufrechterhaltung der Thera-pieerfolge langfristig negativaus.

Essstörungen

Konfrontationsformen! Konfrontation mit Essanfallsstimuli mit Reaktions-

verhinderung (d. h. Verhindern von Essanfällen)! Konfrontation mit Nahrungsmitteln mit Reaktions-

verhinderung (d. h. Verhindern des Einleitens vonGegenmaßnahmen)

! Konfrontation mit dem eigenen Körper [4, 14, 28]

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Über die Autoren

Dorothée Bentz

Dorothée Bentz, Dipl.-Psych. Jahr-gang 1981. 2000–2006 Studium derPsychologie an der Universität Trier.Seit Oktober 2006 wissenschaftlicheMitarbeiterin an der Fakultät für Psy-chologie an der Universität Basel inder Abteilung für Klinische Psycholo-gie und Psychotherapie. Seit Januar2007 Weiterbildung zur Psychologi-

schen Psychotherapeutin am Freiburger Ausbildungsin-stitut für Verhaltenstherapie (FAVT). Seit März 2008 Pro-motionsstipendium des Schweizer Nationalfonds (SNF).Forschungsschwerpunkte sind der Einfluss von Gedächt-nis- und emotionalen Lernprozessen auf die Entstehungund Behandlung von Angststörungen.

Tanja Michael

Prof. Dr. Tanja Michael, Jahrgang1971. Studium der Psychologie inBraunschweig. Diplom 1997. Pro-motion an der Universität Oxford in2001. Habilitation an der UniversitätBasel in 2007 zum Thema „CognitiveBehavioural Processes in Anxiety Dis-orders“. Ausbildung zur psychologi-schen Psychotherapeutin mit kogni-

tiv-behavioralem und interpersonalem Schwerpunkt ander Universität Basel. Master of Advanced Studies (MAS)in Psychotherapie in 2007. Seit 2009 Inhaberin des Lehr-stuhls für Klinische Psychologie und Psychotherapie ander Universität des Saarlandes.

Jürgen Margraf

Prof. Dr. Jürgen Margraf, Jahrgang1956. Diplom in Psychologie undPromotion an den Universitäten Tü-bingen und Stanford. Habilitation fürdie Fächer Klinische Psychologie undPsychophysiologie an der UniversitätMarburg. Approbierter Psychologi-scher Psychotherapeut. Seit 1999 Or-dinarius für Klinische Psychologie und

Psychotherapie an der Fakultät für Psychologie der Uni-versität Basel. 2009 als erster Psychologe ausgewählt füreine Alexander-von-Humboldt-Professur. Past Presidentdes europäischen Dachverbandes für Verhaltenstherapie

(EABCT). Forschungsschwerpunkte: Entstehung, Diag-nostik und Behandlung psychischer Störungen (vor allemAngst- und Essstörungen) sowie experimentelle Psycho-pathologie, Psychotherapieforschung (vor allem kogniti-ve Verhaltenstherapie und Versorgungsforschung), Prä-vention und klinische Psychophysiologie.

KorrespondenzadresseDorothée BentzUniversität BaselFakultät für PsychologieAbteilung für Klinische Psychologie und PsychotherapieMissionsstraße 60 / 62CH-4055 BaselTelefon: +41-612670381Telefax: +41-612670659E-mail: [email protected]

Literatur

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Berlin, Heidelberg: Springer, 2009

4 Neudeck P, Wittchen H-U, Hrsg. Konfrontationstherapie bei

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5 Wiederhold BK, Wiederhold MD. The future of Cybertherapy:

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6 Foa EB, Kozak MJ. Emotional Processing of Fear: Exposure to

Corrective Information. Psychological Bulletin 1986; 99: 20 –

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8 Mazur JE. Lernen und Gedächtnis (Vol. 5., aktualisierte Aufla-

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11 Vervliet B. Learning and memory in conditioned fear extinc-

tion: effects of D-cycloserine. Acta Psychol (Amst) 2008; 127:

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12 de Quervain DJ, Margraf J. Glucocorticoids for the treatment

of post-traumatic stress disorder and phobias: a novel thera-

peutic approach. Eur J Pharmacol 2008; 583: 365– 371

13 Barlow DH, Hrsg. Clinical handbook of psychological disor-

ders. A step-by-step treatment manual. New York, NY: Guil-

ford Press, 1993

Konfrontation und Exposition

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Page 18: Konfrontation und Exposition Journal… · Classification and Diagnosis of Mental Health Problems View project Dorothée Bentz University of Basel 16 PUBLICATIONS 269 CITATIONS SEE

14 Margraf JHrsg. Lehrbuch der Verhaltenstherapie. Band 2.

Berlin, Heidelberg: Springer, 2009

15 Clark DM, Salkovskis PM. Cognitive Treatment of Panic:

Therapist!s Manual. UK: Department of Psychiatry, University

of Oxford, 1986

16 Schneider S, Margraf J. Agoraphobie und Panikstörung. Göt-

tingen: Hogrefe, 1998

17 Barlow DH, Craske MG. Mastery of Your Anxiety in Panic, II.

Albany, NY: Graywind, 1994

18 Stangier U, Clark DM, Ehlers A. Soziale Phobie. Göttingen:

Hogrefe, 1998

19 Antony MM, Craske MG, Barlow DH. Mastery of Your Specific

Phobias. San Antonio, TX: Harcourt Brace, 1995

20 Öst L-G, Lindahl I-L, Sterner U et al. Exposure in vivo vs. applied

relaxation in the treatment of blood phobia. Behaviour Re-

search and Therapy 1984; 22: 205– 216

21 Emmelkamp PMK, van Oppen P. Zwangsstörungen. Göttin-

gen: Hogrefe, 2000

22 Craske MG, Barlow DH, O!Leary T. Mastery of Your Anxiety and

Worry, Client Workbook. San Antonio, TX: Psychological Cor-

poration, 1992

23 Becker E, Margraf J. Generalisierte Angststörung ein Therapie-

programm. Weinheim: Beltz, 2007

24 Ehlers A. Posttraumatische Belastungsstörung. Göttingen:

Hogrefe, 1999

25 Foa EB, Rothbaum BO. Treating the Trauma of Rape. Cognitive-

Behavior Therapy for PTSD. New York: Guilford, 1998

26 Maercker A, Hrsg. Therapie der posttraumatischen Belas-

tungsstörungen. Berlin, Heidelberg: Springer, 2003

27 Schauer M, Elbert T, Neuner F. Narrative Exposure Therapy.

Toronto, Göttingen: Hogrefe, 2005

28 Lieberman D. Learning and memory an integrative approach.

New York: Wadsworth, 2003

29 Lindenmeyer J. Alkoholabhängigkeit. Göttingen: Hogrefe,

1999

Weiterführende Literatur

30 Michael T, Munsch S, Margraf J. Psychotherapeutische Metho-

den. In: Hautzinger M, Pauli P, Hrsg. Enzyklopädie der Psycho-

logie. Themenbereich B, Methodologie und Methoden. Serie

3, Psychologische Interventionsmethoden. Göttingen: Ho-

grefe, 2009: 325– 386

Spezielle Themen

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Konfrontation und Exposition

1

Welche Aussage zur Konfrontations-therapie ist zutreffend?

A Bei der Systematischen Desensibilisierung werden die Stimuli graduiert dargeboten.B Flooding und Implosion bezeichnen beide die Konfrontation in der Vorstellung mit aversiven

Stimuli in voller Intensität.C Bei der graduierten Konfrontation wird mit der Darbietung des stärksten aversiven Stimulus

begonnen.D Bei der Implosion werden reale aversive Stimuli in höchster Intensität dargeboten.E Bei der graduierten In-vivo-Konfrontation werden in der Vorstellung schrittweise aversive Stimuli

dargeboten.

2

Welche Aussage zur Vorgehenswei-se bei der Konfrontationstherapieist zutreffend?

A Konfrontationssitzungen dürfen niemals zum Zeitpunkt der stärksten Angst /des stärksten Unbe-hagens abgebrochen werden und nachdem die Angst /das Unbehagen abgeklungen ist, wiederaufgenommen werden.

B Bei Konfrontationsübungen ist nicht auf die Dauer der Übung zu achten, sondern nur auf die In-tensität der empfundenen Angst während der Konfrontation.

C Neben Konfrontation in vivo und in sensu können Patienten auch mit virtuellen aversiven Reizenkonfrontiert werden.

D Kognitive Techniken können nicht mit Konfrontationsverfahren kombiniert werden.E Sicherheitssignale (wie z.B. andere Personen, Medikamente) können langfristig hilfreich sein, um

die Effektivität von Konfrontationstherapien zu stärken.

3

Welche Aussage zu den Wirkmecha-nismen von Konfrontationstherapieist zutreffend?

A Habituation ist der einzige grundlegende Mechanismus für die Angstabnahme im Verlauf derKonfrontationstherapie.

B Systematische Desensibilisierung ist wirksamer als graduierte Exposition.C Entsprechend der Emotionalen Verarbeitungshypothese bestätigen empirische Befunde, dass für

eine erfolgreiche Konfrontationstherapie sowohl eine Habituation der Angst innerhalb einer Sit-zung als auch über die Sitzungen hinweg stattfinden muss.

D Die Konfrontationshypothese geht davon aus, dass der Patient während der Exposition lernt, dassdas gefürchtete aversive Ereignis nicht wie erwartet auftritt.

E Lerntheoretiker sind sich einig darüber, dass die Extinktionshypothese der einzige zugrunde lie-gende Mechanismus von Konfrontationstherapie ist.

4

Welcher therapeutisch relevanteGrundlagenbefund zu Extinktionist zutreffend?

A Assoziationen zwischen dem unkonditionierten und konditionierten Stimulus sowie zwischendem konditionierten Stimulus und der konditionierten Reaktion werden durch Extinktion ausra-diert.

B Extinktion stellt eine Umkehrung der Lernphase dar.C Extinktion ist nicht kontextspezifisch.D Extinktion kann konzeptualisiert werden als die fehlende Übereinstimmung der Erwartung des

Auftretens eines aversiven Stimulus und dem tatsächlichen Ausbleiben.E Extinktion ist ein Prozess, der nicht medikamentös zu beeinflussen ist.

CME-Fragen Die folgenden Fragen beziehen sich auf den vorangehenden Beitrag. Sie können uns die entspre-chenden Antworten entweder online unter http://cme.thieme.de oder durch das CME-Teilnahmehefthinten in dieser Zeitschrift zukommen lassen. Jeweils eine Antwort ist richtig.Die Vergabe von CME-Punkten ist an die korrekte Beantwortung der Multiple-Choice-Fragengebunden.

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6/2009 || Psychiatrie und Psychotherapie up2date

5

Welche Aussage zum Umgang mitkontextspezifischer Extinktion istnicht zutreffend?

A Erinnerungshilfen oder mentales Wiederherstellen von Behandlungskontexten können nachAbschluss der Konfrontation der Rückfallprophylaxe dienen.

B Konfrontation sollte in so vielen Kontexten wie möglich durchgeführt werden, um die Wahr-scheinlichkeit zu erhöhen, dass anschließend aufgesuchte Kontexte auch einige der mit derExtinktion verbundenen Stimuli enthalten.

C Der Erneuerungseffekt (renewal effect) bezeichnet das Phänomen, dass der Kontext, in welchemgelernt wird, entscheidend dafür ist, welches Verhalten ausgelöst wird.

D Unter Erneuerungseffekt (renewal effect) versteht man das Phänomen, dass nach einer vollstän-digen Extinktion die Wiedererwerbsphase deutlich schneller ist als der ursprüngliche Erwerb derkonditionierten Reaktion.

E Rückkehr von Angst scheint in Zusammenhang mit Kontextveränderungen zu stehen.

6

Welche Aussage zu Kombinations-therapien von Konfrontation mitBenzodiazepinen ist nicht zutref-fend?

A Die Kombination von Benzodiazepinen und Konfrontationsverfahren ist sowohl kurz-, mittel- undlangfristig vorteilhaft für die Stabilität des Therapieerfolgs.

B Benzodiazepingabe schafft einen interozeptiven Kontext, der mit der Angstabnahme assoziiertwird.

C Das Absetzen der Einnahme von Bezodiazepinen wird von Patienten als (interozeptive) Kontext-veränderungen wahrgenommen. Dies kann zu einer Rückkehr von Angst führen.

D Benzodiazepine haben einen negativen Einfluss auf die Konsolidierung des Extinktionsgedächt-nisses.

E Benzodiazepingabe kann internale Kontrollüberzeugungen bzgl. des Therapieerfolgs behindern.Dies kann der Stabilität der Therapieeffekte abträglich sein.

7

Welche Aussage zur Durchführungvon Reizkonfrontation bei Panikstö-rungen und Agoraphobie trifft nichtzu?

A Bei der Panikstörung wird mit interozeptiven Konfrontationsübungen gearbeitet.B Bei der Panikstörung wird häufig graduiert vorgegangen, wobei oft mit simulierten, gefolgt von

naturalistischen, Übungen begonnen wird.C Bei der Agoraphobie werden Patienten in vivo mit angstauslösenden Situationen (z.B. Kaufhäu-

ser) konfrontiert.D Während der Konfrontation sollte darauf geachtet werden, dass die Patienten auf Sicherheitssig-

nale (z.B. Mobiltelefone), Vorsichtsmaßnahmen (z.B. am Rand sitzen) oder auf mentales Ablen-ken (z.B. Musik hören) verzichten.

E Bei der Behandlung beider Störungsbilder mit Konfrontationstherapie handelt es sich um einenuniversellen Ansatz. Die Reizkonfrontation muss nicht speziell an den einzelnen Patienten ange-passt werden.

CME-Fragen Konfrontation und Exposition

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Konfrontation und Exposition

8

Welche Aussage zur Durchführungvon Reizkonfrontation bei sozialenund spezifischen Phobien trifft zu?

A Bei der Durchführung von Reizkonfrontation bei Patienten mit sozialer Phobie wird gleich mit deram stärksten gefürchteten Situation begonnen, da es für den Therapieerfolg der Patienten keineRolle spielt, wie gut ihre Performanz in der Übung tatsächlich ausfällt.

B Während der Konfrontationsübungen üben Patienten mit sozialer Phobie, ihre Aufmerksamkeitnach außen zu fokussieren anstatt wie herkömmlich nach innen.

C Bei der Behandlung von spezifischer Phobie handelt es sich um langwierige Behandlungen, die nurin vivo durchgeführt werden können.

D Bei allen spezifischen Phobien inklusive Blut-, Verletzungs- und Spritzenphobien ist das Vorgehenbei der Reizkonfrontation äquivalent.

E Zur Behandlung von Tierphobien ist es nicht notwendig, dass man eine individuelle Analyse derPhobie vornimmt.

9

Welche Aussage zur Durchführungvon Reizkonfrontation bei Zwangs-störungen, Generalisierter Angst-störung und PosttraumatischerBelastungsstörung trifft nicht zu?

A Bei der Konfrontation bei Zwangshandlungen lernen Patienten, beruhigende Handlungsrituale(Rituale, Flucht etc.) nicht auszuüben und sich der Zwangssituation zu stellen.

B Die Expositionssitzungen bei der Behandlung von Zwangstörungen sollten nicht länger als eineStunde dauern, da sonst die Belastung für den Patienten zu hoch wird.

C Sorgenexposition kann mit Expositionsübungen in vivo ergänzt werden, um Vermeidungs-verhalten und Rückversicherungsverhalten abzubauen.

D Während der gedanklichen Konfrontation an das traumatische Ereignis sollen Patienten ihreGedanken, Gefühle und sensorischen Eindrücke im Präsens schildern.

E Die Hauptfunktion des imaginativen Nacherlebens ist die Strukturierung des Traumagedächtnis-ses sowie die Identifikation und Bearbeitung negativer Interpretationen des Traumas.

10

Welche Aussage zur Durchführungvon Reizkonfrontation bei Abhän-gigkeits- und Essstörungen trifftnicht zu?

A Konditionierte Reaktionen spielen bei der Entstehung und Behandlung von Abhängigkeitsstörun-gen eine zentrale Rolle.

B Bei der Behandlung von Abhängigkeitsstörungen setzen sich die Patienten individuell bedeut-samen Versuchungssituationen aus, um sich im Anschluss an die Konfrontation nicht mehrunvorbereitet mit diesen konfrontiert zu sehen.

C Neben der Konfrontation mit Nahrungsmitteln werden Patienten mit Essstörungen auch mitnegativen Emotionen konfrontiert, da diese häufig Essanfälle bzw. deren Gegenmaßnahme dasErbrechen auslösen.

D Um kognitive Verzerrungen in Bezug auf die eigene Körperfülle abzubauen, konfrontieren sichPatienten mit Essstörungen mit dem Anblick des eigenen Körpers.

E Die Wirksamkeit von Konfrontationsverfahren bei Abhängigkeits- und Essstörungen ist eindeutigwissenschaftlich belegt.

CME-Fragen Konfrontation und Exposition

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