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Katalyse in der Abluftreinigung* " I Klemens Fink, Wolfgang Gajewski, Michael Joisten, Ronald Neufert, Josef Sprehe und Jurgen Zurbig** ~~~~ ~ ~ ~ ~ DasVerfahren der katalytischen Nachverbrennung bietet in vielen Anwendungsbereichen die Moglichkeit, gemaB behordlicher Auflagen kostengunstig und sicher die Emis- sionen von Industrieanlagen zu verringern. Mit dieser Technik ist es moglich, eine Vielzahl von organischen und anorganischen Schadstoffen aus der Abluft zu entfernen. Im folgenden Beitrag werden - unter besonderer Beruck- sichtigung desThemas Katalysator - Aufbau, Einsatzgebie- te und Funktionsweise solcher Abluftreinigungsanlagen beschrieben. Ferner wird auf verfahrens- bzw. reaktions- technische Aspekte eingegangen, die bei der Planung und Auslegung von katalytischen Nachverbrennungsanlagen relevant sind. Catalysis in Air Purification. In most cases catalytic purification of waste gas allows the reliable reduction of industrial emission to meet existing regulations. This meth- od can remove numerous organic and inorganic compounds from waste air. This review deals with design, applications and function of such air purification units with special regard to the catalysts used. Furthermore, aspects of chemical engineering relevant for planning and construc- tion are also discussed. 1 Einleitung Mit dem Bundesimmissionsschutzgesetz von 1974 und der dazu erlassenen Verwaltungsvorschrift, der TA Luft von 1986, wurden die gesetzlichen Grundlagen zum Schutz der Umwelt vor schadlichen Luftverunreinigungen erlassen [ 11. Auf ihrer Basis wurde es fur einevielzahl von industriellen Anlagen notwendig, MaBnahmen zur Abluftreinigung zu ergreifen, wobei eine besonders grofle Anzahl organischer und anorganischer Schadstoffe betroffen ist. Neben anderen Abluftreinigungstechniken fur die Entfer- nung von organischen Schadstoffen (z. B. Adsorptions- und Absorptionsverfahren, thermische Nachverbrennung und direkte regenerative Verbrennung) findet die katalytische Nachverbrennung (KNV) auf diesem Gebiet ihre Anwen- dung. Kohlenwasserstoffe CJ-lc, Ar. RCHO. RCOR usw CO, H , O Chlorierte Kohlenwasserstoffe CY,CI, CO, H,O. HCI Am i ne CJ-lp, r*nq CO, H,O. N, Anorganische Schadstoffe NH, Dune, N , H,O H,S SO, H,O co ouno, coz Formelschema 1. * Erweiterte Fassung eines Vortrages von M. Joisten auf dem Jahrestreffen der Verfahrens-Ingenieure, 25. bis 27. Sept. 1991 in Kiiln. ** Dip1.-Ing. K. Fink, Dr. M. Joisten, Dr. R. Neufert, Dip1.-Ing. J. Sprehe, Dr. J. Ziirbig, Siemens AG, Bereich Energieerzeu- gung, Keramik- und Porzellanwerk Redwitz, 8627 Redwitz, und Dr. W Cajewski, Siemens AG, Bereich Energieerzeugung, Zentralc Forschung und Entwicklung, 8520 Erlangen. Das Formelschema 1 zeigt eine Ubersicht uber Substanz- klassen, deren Emission mit Hilfe der katalytischen Nach- verbrennung gemindert werden kann . Hierbei werden organische wie auch einige anorganische Schadstoffe mit Hilfe von Luftsauerstoff zu Kohlendioxid, Wasser, Stick- stoff und anderen umweltneutralen, oder doch wenigstens in einem Sekundarschritt leicht eliminierbaren Luftbe- standteilen umgesetzt. Besonders hingewiesen werden sollte in diesem Zusammenhang auf die katalytische Oxi- dation von Ammoniak und Aminen, die bei Wahl geeig- neter Katalysatoren zu Stickstoff als Reaktionsprodukt fiihrt, nicht aber zu Stickoxiden, wie sie bei der herkomm- lichen thermischen Nachverbrennung (TNV) oder mit Edelmetallkatalysatoren bei hoheren Temperaturen erhal- ten werden (Abb. 1). n Y n N 3 40 2 Aufbau einer katalytischen Nachverbrennungsanlage Ein moglicher schematischer Aufbau einer KNV-Adage ist in Abb. 2 dargestellt. Zur Erzielung der Katalysatorbe- 416 Chem.-1ng.-Tech. 64 (1992) Nr. 5, S. 416-421 0 VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-6940 Weinheim, 1992 0009-286X/92/0505-0416 $ 03.50 + .25/0

Katalyse in der Abluftreinigung

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Page 1: Katalyse in der Abluftreinigung

Katalyse in der Abluftreinigung*

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Klemens Fink, Wolfgang Gajewski, Michael Joisten, Ronald Neufert, Josef Sprehe und Jurgen Zurbig**

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DasVerfahren der katalytischen Nachverbrennung bietet in vielen Anwendungsbereichen die Moglichkeit, gemaB behordlicher Auflagen kostengunstig und sicher die Emis- sionen von Industrieanlagen zu verringern. Mit dieser Technik ist es moglich, eine Vielzahl von organischen und anorganischen Schadstoffen aus der Abluft zu entfernen. Im folgenden Beitrag werden - unter besonderer Beruck- sichtigung desThemas Katalysator - Aufbau, Einsatzgebie- te und Funktionsweise solcher Abluftreinigungsanlagen beschrieben. Ferner wird auf verfahrens- bzw. reaktions- technische Aspekte eingegangen, die bei der Planung und Auslegung von katalytischen Nachverbrennungsanlagen relevant sind.

Catalysis in Air Purification. In most cases catalytic purification of waste gas allows the reliable reduction of industrial emission to meet existing regulations. This meth- od can remove numerous organic and inorganic compounds from waste air. This review deals with design, applications and function of such air purification units with special regard to the catalysts used. Furthermore, aspects of chemical engineering relevant for planning and construc- tion are also discussed.

1 Einleitung

Mit dem Bundesimmissionsschutzgesetz von 1974 und der dazu erlassenen Verwaltungsvorschrift, der TA Luft von 1986, wurden die gesetzlichen Grundlagen zum Schutz der Umwelt vor schadlichen Luftverunreinigungen erlassen [ 11. Auf ihrer Basis wurde es fur einevielzahl von industriellen Anlagen notwendig, MaBnahmen zur Abluftreinigung zu ergreifen, wobei eine besonders grofle Anzahl organischer und anorganischer Schadstoffe betroffen ist. Neben anderen Abluftreinigungstechniken fur die Entfer- nung von organischen Schadstoffen (z. B. Adsorptions- und Absorptionsverfahren, thermische Nachverbrennung und direkte regenerative Verbrennung) findet die katalytische Nachverbrennung (KNV) auf diesem Gebiet ihre Anwen- dung.

Kohlenwasserstoffe

CJ-lc, Ar. RCHO. RCOR usw CO, H,O

Chlorierte Kohlenwasserstoffe

CY,CI, CO, H,O. HCI

Am i ne

CJ-lp, r*nq CO, H,O. N,

Anorganische Schadstoffe

NH, Dune, N, H,O

H,S SO, H,O

co ouno, coz Formelschema 1.

* Erweiterte Fassung eines Vortrages von M . Joisten auf dem Jahrestreffen der Verfahrens-Ingenieure, 25. bis 27. Sept. 1991 in Kiiln.

** Dip1.-Ing. K . Fink, Dr. M . Joisten, Dr. R. Neufert, Dip1.-Ing. J. Sprehe, Dr. J. Ziirbig, Siemens AG, Bereich Energieerzeu- gung, Keramik- und Porzellanwerk Redwitz, 8627 Redwitz, und Dr. W Cajewski, Siemens AG, Bereich Energieerzeugung, Zentralc Forschung und Entwicklung, 8520 Erlangen.

Das Formelschema 1 zeigt eine Ubersicht uber Substanz- klassen, deren Emission mit Hilfe der katalytischen Nach- verbrennung gemindert werden kann . Hierbei werden organische wie auch einige anorganische Schadstoffe mit Hilfe von Luftsauerstoff zu Kohlendioxid, Wasser, Stick- stoff und anderen umweltneutralen, oder doch wenigstens in einem Sekundarschritt leicht eliminierbaren Luftbe- standteilen umgesetzt. Besonders hingewiesen werden sollte in diesem Zusammenhang auf die katalytische Oxi- dation von Ammoniak und Aminen, die bei Wahl geeig- neter Katalysatoren zu Stickstoff als Reaktionsprodukt fiihrt, nicht aber zu Stickoxiden, wie sie bei der herkomm- lichen thermischen Nachverbrennung (TNV) oder mit Edelmetallkatalysatoren bei hoheren Temperaturen erhal- ten werden (Abb. 1).

n

Y

n

N

3 40

2 Aufbau einer katalytischen Nachverbrennungsanlage

Ein moglicher schematischer Aufbau einer KNV-Adage ist in Abb. 2 dargestellt. Zur Erzielung der Katalysatorbe-

416 Chem.-1ng.-Tech. 64 (1992) Nr. 5 , S. 416-421 0 VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-6940 Weinheim, 1992 0009-286X/92/0505-0416 $ 03.50 + .25/0

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.t.....

Rein

I

I I

Brenner

Regenerativ- Warmeaustauscher

triebstemperatur wird die Abluft, eventuell mit Frischluft verdunnt, durch einen Anfahrerhitzer auf etwa 200 bis 300 "C aufgeheizt und durch den Oxidationsreaktor gelei- tet. Die bei der exothermen Oxidation abhangig von der Konzentration und Verbrennungsenthalpie des Schadstof- fes freiwerdende Warme kann durch einen Warmeaustau- scher bzw. ein geeignetes Warmeverschiebungssystem zur Aufheizung der Abluft verwendet werden. Abgebildet ist in diesem Fall ein Warmeaustauscher-Rad; es wird jedoch auch einevielzahl von anderen Ausfuhrungen (Plattenwar- meaustauscher, Rohrbiindel usw.) verwendet. Auch bausei- tige Kombinationen von Warmeaustauscher und kataly- tisch aktiven Materialien sind bekannt. In vielen Fallen ist nach Erreichen der Betriebstemperatur ein autothermer Betrieb der Anlage moglich, d.h. es ist keine permanente auBere Zuheizung notig, und der Anfahrbrenner kann im Normalbetrieb abgestellt werden. Bei besonders hohen Schadstoffkonzentrationen in der Abluft kann die entstehende Warme sogar in einem optionalen Sekundarwarmeaustauscher z. B. zur Erzeu- gung von HeiBdampf genutzt werden.

3 Vorteile einer katalytischen Nachverbrennungsanlage

Die KNV zeichnet sich im Betrieb durch eine Reihe von Vorteilen aus, die fur die meist mittelstandischen Betreiber solcher Anlagen von entscheidender Bedeutung sind: - Die KNV arbeitet unter der Wirkung von hochaktiven

keramischen Oxidationskatalysatoren auf einem relativ niedrigen Temperaturniveau. Dies fuhrt zu einem niedri- gen Primarenergiebedarf beim Betreiber, mithin zu niedrigen Betriebskosten.

- Durch optimiertes Anlagen-Design konnen KNV-Anla- gen mit Hilfe geeigneter Warmeruckgewinnungsanlagen bereits bei relativ kleinen Schadstoffkonzentrationen autotherm betrieben werden; damit ist eine weitere Senkung der Betriebskosten zu realisieren.

- Aufgrund des niedrigen Temperaturniveaus bei der Ver- brennung der Schadstoffe an der Katalysatoroberflache, ermoglicht durch die hohe Oxidationskraft der Kataly- satoren, wird die Bildung von Sekundarschadstoffen, wie z.B. Kohlenmonoxid, Stickoxide, Dioxine/Furane o. a.,

im Gegensatz zur herkommlichen thermischen Nachver- brennung vermieden; eine weitere, sekundare Abluftrei- nigung ist hierdurch nicht mehr notwendig.

- Die Entwicklung geeigneter Katalysatorrezepturen fuhr- te durch Verbesserung der Resistenz gegenuber Kataly- satorgiften zu einer entscheidenden Verlangerung der Kat alysatorlebensdauer.

- Der gegenuber Edelmetallkatalysatoren wesentlich ge- ringere Preis inverbindung mit den erreichten Standzei- ten bewirkt eine deutliche Reduzierung des durch den Katalysator verursachten Betriebskostenanteils.

4 Anwendungsgebiete

Bevorzugte Anwendungsgebiete fur das Verfahren der katalytischen Nachverbrennung werden bei der Abluftrei- nigung in Druckereibetrieben, der kunststoffverarbeiten- den Industrie, der Chemie- und Pharma-Industrie, der Mobel- bzw. holzverarbeitenden Industrie sowie der textil- ver- und -bearbeitenden Industrie gesehen. Da sich das Verfahren ebenfalls zur Beseitigung von chlorierten Koh- lenwasserstoffen eignet, ist auch ein Einsatz z. B. zur Bodensanierung moglich. Die dabei entstehenden Chlor- wasserstoff-Dampfe werden in einer nachgeschalteten, herkommlichen Abscheidestufe entfernt. Analog wird die KNV in Kombination mit anderen Komponenten (Strip- per, HC1-Abscheider) auch zur Abwasserreinigung einge- setzt. Ein stetig wachsender Markt findet sich im Bereich der Bekampfung von Geruchsbelastigungen, die durch organi- sche und anorganische Verbindungen verursacht werden [2, 31. Typische Quellen solcher Geruchsbelastigungen sind die Nahrungsmittel-Industrie (Rostereien , Rauchereien) sowie die Textil-Industrie (z. B. Maschinen zum Absengen von Fasern etc.). In den genannten Fallen haben sich KNV-Anlagen zur Geruchsstoffbeseitigung bewahrt.

5 Katalysator

5.1 Anforderungen

Die Anforderungen an den Katalysator in solchen kataly- tischen Nachverbrennungsanlagen unterscheiden sich deutlich von denjenigen, die ublicherweise in der chemi- schen Industrie an Katalysatoren gestellt werden.Wahrend sich der ,,Idealkatalysator" fur Synthesezwecke in der Chemie neben einer hohen Aktivitat bezuglich der Bildung des gewunschten Produktes auch durch eine hohe Selekti- vitat auszeichnet, damit aufwendige Trennungen von ent- stehenden Stoffgemischen vermieden werden konnen, soll- te der ideale Oxidationskatalysator fur KNV-Anlagen bezuglich der Oxidationswirkung ,,maximal unselektiv" wirken. Diese Forderung liegt in der Tatsache begrundet, daB die zu reinigende Abluft aus Industrieanlagen zum einen in der Regel aus einem Gemisch verschiedener Schadstoffe besteht und zum anderen haufig eine wechseln- de Zusammensetzung zeigt, z. B. hervorgeruten durch Umstellung des Produktionsprozesses oder Modifizierung der Reaktionsparameter. Daher mu6 der Katalysator in der Lage sein, eine Vielzahl von Schadstoffen bei seiner Auslegungstemperatur umzu- setzen. Die geforderten Umsatzraten liegen ausnahmslos iiber 99 YO, so daB durchaus von verscharften Arbeitsbedin- gungen gesprochen werden kann. Da die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte durch die Abluftreinigungsanlage oftmals uber Weiterbetrieb oder

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Stillegung der Produktionsanlagen des Betreibers entschei- det, ist beim KNV-Anlagen-Design auf besondere Flexibi- litat bei groBter Betriebssicherheit zu achten. Ein wesent- licher Schritt in diese Richtung war die Entwicklung von hochaktiven Katalysatoren auf Basis von Nichtedelmetall- oxiden, die sich neben einer hohen Oxidationsaktivitat auch durch eine geringe Tendenz zur Katalysatorvergiftung auszeicbnen.

5.2 Bauformen

Die Katalysatoren, die in KNV-Anlagen Verwendung finden, konnen in verschiedenen Bauformen eingesetzt werden. Ublich sind Vollkontakte - d.h. der Katalysator besteht aus katalytisch aktivem Material - oder mit kata- lytisch aktivem Material beschichtete Tragerkatalysatoren. Ferner kiinnen sie als Schiittgutkatalysatoren (Kugeln, Pellets 0.a.) oder in Wabenform ausgelegt sein [4, 51. Das Einsatzgebiet fur die verschiedenen Bauformen richtet sich nach den Gegebenheiten des Prozesses, wie Tab. 1 zu entnehmen ist. Besonders hingewiesen werden sol1 auf die unterschiedlichen Temperaturverteilungen, das Problem der ,,Wandernden Brennzonen" und die bei Festbettschut- tungen auftretende Gefahr von ,,Hot spots" [6,7]. Bei der Entscheidung fur einenTyp von Katalysator mussen sowohl technische Aspekte als auch die Kosten berucksichtigt werden.

Tabelle 1. pern .

Schuttung Wabcnkorper

Relativ niedrigcr Hcrstellungs- Geringer Druckverlust aufwand Hohe geomctrische Oberfla-

Gefahr von Aktivitatsverlusten durch Ablagerungcn Einbau

Gefahr von Katalysatoraustrag

Sorgfaltige Temperaturfuhrung Niedrige Warmekapazitat notwendig

Vor- und Nachteile von Schuttungcn bzw. Wabenkiir-

chc

Einfachcr und platzsparcnder

Uncmpfindlich gegeniibcr Er- schutterungen

5.3 Desaktivierung

In einigen Anwendungsfallen zeigen Katalysatoren fur die katalytische Nachverbrennung ein schnelleres Nachlassen der Oxidationsfahigkeit mit der Zeit, als es nach Labor- Langzeittests zu erwarten ware. Da als Ursache hierfur in vielen Fallen eine Fehlbedienung der Anlage bzw. der vorgeschalteten, abluftemittierenden Quelle vorliegt, soll hier naher auf die Ursachen eingegangen werden [S]. Eine Desaktivierung des Katalysators ist entweder auf eine Vergiftung des Katalysators oder aber auf thermische Einflusse zuruckzufuhren. Typische Katalysatorgifte sind fluchtige Silicon- und Phosphor-Verbindungen, schwefel- haltige Substanzen, fluchtige Schwermetallkomponenten und die Katalysatoroberflache bedeckende Aerosole. Durch die Durchfuhrung von gezielten Abluftzusammen- setzungsuntersuchungen konnen haufig mogliche Kataly- satorschadigungen vorhergesehen und MaBnahmen getrof- fen werden, die trotzdem eine lange Lebensdauer des Kontaktes gewahrleisten (z.B. Einbau eines ,,Guard bed", einer zusatzlichen Fangerschicht zum Abfangen der fur den Katalysator schadlichen Substanzen).

Eine zu hohe Betriebstemperatur kann hervorgerufen werden durch eine zu hohe Schadstoffkonzentration oder durch das Vorhandensein von bei der Oxidation stark exotherm reagierenden Bestandteilen der Abluft. Sie auBert sich in einer drastischen Gefugeveranderung des Katalysators, detektierbar z. B. durch BET-Messungen oder die Bestimmung der Porenradienverteilung. Abhilfe erfolgt in solchen Fallen durch eine gezielte Anpassung des Warmeaustauschergrades (z. B. mit Hilfe eines Bypasses) oder durch Zumischen von Frischluft zur Absenkung der Schadstoffkonzentration im Rohgas.

5.4 Auslegung

Fur die Auslegung von KNV-Anlagen ist die Kenntnis einer Reihe von Faktoren (z. B. Gasdurchsatz, Schadstoffart und -menge, geforderter Umsatzgrad sowie Sauerstoffgehalt in der Abluft) notwendig (siehe z.B. [9, 101). Hieraus berech- nen sich die variablen GroBen wie z.B. Katalysatorvolu- men, Arbeitstemperatur und Druckverlust. Aus Kosten- grunden ist es notwendig, die genannten variablen GroBen unter Beibehaltung der geforderten Reinluftwerte zu mini- mieren. Die Forderung nach Optimierung der Reaktions- bedingungen stellt, bedingt durch die komplexen Vorgan- ge, fur denverfahrens- bzw. Reaktionstechniker eine groBe Herausforderung dar. Dieses soll am Beispiel des Druck- verlustes exemplarisch gezeigt werden. Da geringe Druckverluste im Bereich des Katalysators die Investitionsausgaben fur die KNV-Anlage z. B. durch Ein- sparungen bei der Dimensionierung des Geblases deutlich verringern, ist diesem Themenkomplex bei der Katalysa- torauslegung groBe Aufmerksamkeit zu schenken. Nach Ergun [ll] setzt sich der Druckverlust aus einer Vielzahl von Parametern zusammen, von denen hier bei Festbett- schiittungen die Schutthohe, das durch die Reynolds-Zahl beschreibbare Stromungsverhalten der Gasphase und das relative Zwischenkornvolumen der Schuttung genannt wer- den sollen (siehe auch [12-151). Abb. 3 zeigt z.B. den Druckverlust in Abhangigkeit von der Schutthohe fur verschiedene relative Zwischenkornvolumina.

t a Y

a

0.108 0.144 0.180 0.2 16 0.252

h [ml Abb. 3. Druckverlust Ap in Abhangigkeit von der Schiitthohe h bei verschiedcnen relativcn Zwischenkornvolumina E (Katalysa- torvolumcn 2 m3. Volumenstrom 10 000 mk/h, T = 300 "C).

6 Anwendungsbeispiele

In einem konkreten Fall, einer Lackiereinrichtung bei einem Mobelhersteller, sollten 10 000mi/h Abluft gerei- nigt werden. Hierfur wurde ein Katalysatorvolumen von

420 Chem.-1ng.-Tech. 64 (1992) Nr. 5 . S. 416-421

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1 m3 benotigt. Der eingesetzte Oxidationskatalysator in Pellet-Form (Ox 409 b der Firma Siemens) besitzt ein relatives Zwischenkornvolumen von etwa 0,4, so da13 sich bei einer Schutthohe von 22 cm (entsprechend einer An- stromflache von ca. 4,6 m2) ein Druckverlust von ungefahr 10 mbar ergibt. Dies ist ein sowohl von der verfahrenstech- nischen als auch von der Kostenseite her ohne weiteres vertretbarer Wert. Ein weiteres Problem bei der Katalysatorauslegung sol1 an einem Beispiel aus der Praxis erlautert werden.Vor Instal- lation einer stationaren KNV-Anlage werden haufig Mes- sungen vor Ort an einer mobilen Pilot-Anlage durchge- fuhrt. Ein Grund fur die Notwendigkeit solcher Untersu- chungen ist die Tatsache, da13 der Betreiber der Anlage oftmals nicht vollstandig uber die Zusammensetzung der Schadstoffe in der Abluft seines Betriebes informiert ist (siehe auch Kapitel 5.3). In einem konkreten Fall, einer NaBvlieljfertigung im Gebiet der ehemaligen DDR, konn- ten bei einem Probebetrieb rnit einer Pilot-Anlage die geforderten Schadstoffumsatze trotz gewissenhafter Ausle- gung von Katalysator und Betriebszustanden der KNV- Anlage nicht erreicht werden. Eine gaschromatographische Untersuchung der Abluft ergab, da13 neben den angegebe- nen Schadstoffen, namlich Formaldehyd mit Spuren von Phenol und Ammoniak, noch eine ganze Reihe weiterer Bestandteile vorlag. DieVerursacher der geringen Umsatz- grade waren in diesem Fall aliphatische Verbindungen. Da die katalytische Oxidation von organischen Stoffen hin- sichtlich ihrer Umsetzbarkeit stark von der chemischen Konstitution der jeweiligen Substanz abhangig ist (Abb. 4), mu13 bei der Auslegung der Katalysatormenge und der

- K Y

N

0-haltlge KWs

Kurzkettlge Allphaten

50 125 200 275 350 425

Temperatur ["C]

Abb. 4. stanzklassen (bei einer Raumgeschwindigkeit von 10 000 hk').

Umsatz/Temperatur-Band fur einige organische Sub-

Reaktionstemperatur auch auf geringe Anteile von schwer umsetzbaren Bestandteilen geachtet werden. Allgemein gilt hierbei, daB sauerstoff- und stickstoffsubstituierte Kohlenwasserstoffe leicht, unsubstituierte, gesattigte Koh- lenwasserstoffe hingegen eher schwer oxidierbar sind. Weitere Einflusse sind dabei die Kettenlange sowie der Kettenverzweigungsgrad des jeweiligen Stoffes.

7 SchluBfolgerung

Die zu berucksichtigenden Faktoren bei der Planung und Auslegung von Abluftreinigungsanlagen sind zwar kom- plex und vielschichtig, jedoch sind KNV-Anlagen durch die Flexibilitat beim Betrieb in den meisten Fallen fur die Abgasreinigung nach der TA Luft erfolgreich einsetzbar. Die katalytische Nachverbrennung mit keramischen Oxida- tionskatalysatoren wird sich wegen ihrer verfahrenstechni- schen Vorteile, wie zum Beispiel, - riickstandsfreier Entsorgung der Schadstoffe, - sehr einfacher Anlagentechnik rnit wenigen bewegten

- niedrigem Temperaturniveau und - langer Lebensdauer der Katalysatoren, und der damit verbundenen niedrigen Investitions- und Betriebskosten ein breites Anwendungsgebiet erschlie- 13en.

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Eingegangen am 28. Oktober 1991 [B 56811

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S. 68/73.

S. 145/165.

(1981) S. 914/920.

Neuerscheinungen

Die im folgenden angezeigten Bucher sind der Redaktion zuge- sandt worden. Nur fur einen Teil dieser Werke konnen Rezensio- nen erscheinen, da die Seitenzahl, die fur den Abdruck von Buchbesprechungen zur Verfiigung steht, begrenzt ist.

Seibt Pharmatechnik 1992. Verlag Hoppenstedt, Darmstadt 1992.200 S., brosch., DM 4.5,- (Abonnementpr. DM 32,-). -ISBN 3-922948-76-6.

Friedrichs Tabellenbuch Metall- und Maschinentechnik. Ferd. DummlersVerlag, Bonn 1988/1991.448 S., kart., DM 38,-. -ISBN 3-427-51031-X.

Datenverarbeitung fur metalltechnische Berufe, Arbeitsblat- ter. Von D. Keller. Ferd. Dummlers Verlag, Bonn 1991. 80 S., 73 Abb. u. zahlr. Programmierbeispiele, kart., DM 17,80. - ISBN 3-427-53241-0.

Starthilfe AutoCAD, Informations- und Arbeitsblatter rnit samt- lichen Losungen. Von D. Keller. Ferd. Dummlers Verlag, Bonn 1991. 52 S., zahlr. Programmbeispiele, Aufgaben, Losungen u. zahlr. Abb., kart., DM 19,80. - ISBN 3-427-53221-6.

Arbeitsbuch Steuerungstechnik Metall, Arbeitsblatter fur Technologische Ubungen. Von V von der Heide und E J. Holken. Ferd. DummlersVerlag, Bonn 1991. 5. Aufl., 160 S., zahlr. Abb., kart., DM 24,80. - ISBN 3-427-51125-1.

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