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Tinnitus 17 17 KAPITEL

KAPITEL 17 - naturmed

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Tinnitus

1717KAPITEL

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454 17 Tinnitus

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Fülle

• Aufsteigendes Leber-Yang • Aufsteigendes Leber- und Gallenblasen-Feuer • Leber-Wind • Emporloderndes Schleim-Feuer

Leere

• Nieren-Essenz-Mangel • Qi-Schwäche des Oberen Erwärmers • Herz-Blut-Mangel

Tinnitus meint ein subjektives Empfi nden, ein Geräusch in einem oder beiden Ohren zu hören. Das Geräusch kann konstant sein oder phasenweise auft reten und be-züglich Intensität und Charakter variieren. Es kann sich anhören wie ein hoch frequentes Pfeifen, wie Glocken, wie ein laufender Motor oder rauschendes Wasser.

Obwohl die Niere sich in die Ohren öff net, beeinfl us-sen viele andere Organe ebenfalls die Ohren und können bei der Entstehung von Tinnitus eine Rolle spielen. Die Gallenblasen-Leitbahn fl ießt beispielsweise durch das Ohr und ist sehr stark bei Ohrproblemen beteiligt, be-sonders bei solchen vom Fülle-Typus.

Die Ohren werden auch vom Herzen beeinfl usst, da es eine Funktion des Geistes (shen) ist, die Sinnesöff nun-gen und Sinne zu kontrollieren, sowie auch von der Lun-ge, da sie die Körperseele beherbergt, die alle Sinne be-einfl usst.

Man beachte, dass die Identifi kation von Krankheits-mustern und die Th erapie von Tinnitus größtenteils auch auf Schwerhörigkeit zutreff en.

Wir besprechen Tinnitus nach den folgenden Ge-sichtspunkten: • Ätiologie • Pathologie • Identifi kation von Krankheitsmustern und Th erapie • Moderne chinesische Literatur • Prognose.

Ätiologie

Emotionale Anspannung

Emotionale Probleme wie Zorn, Frustration, Groll, Hass oder Schuldgefühle verursachen eine Leber-Qi-Stagnati-on und auf lange Sicht Leber-Feuer, das nach oben auf-steigen und die Ohren stören kann. Dadurch kann Tin-nitus mit plötzlichem Beginn und lautem Geräusch ver-ursacht werden.

Emotionen wie Traurigkeit, Kummer und Sorge, die Lunge und Herz schwächen, können auch zu Tinnitus

führen. Dies geschieht, wenn geschwächtes Herz- und Lungen-Qi nicht zum Kopf aufsteigen kann, um die Ohr-Öff nungen zu erhellen.

Überarbeitung

Überarbeitung im Sinne von Ableisten von Überstunden ohne angemessene Ruhepausen über Jahre hinweg schwächt die Niere, so dass sie nicht das Ohr nähren kann, was Tinnitus zur Folge haben kann. Dieser Tinni-tus-Typ hat einen allmählichen Beginn und das Ge-räusch weist eine niedrige Frequenz auf. Dies ist der häufi gste Grund für Tinnitus.

Hohes Alter

Die Nieren-Essenz nimmt natürlicherweise ab, wenn wir älter werden. Bei alten Menschen kann sie die Ohren und das Gehirn nicht mehr nähren, was zu Tinnitus führt. Dies heißt selbstverständlich nicht, dass jeder alte Mensch unausweichlich an Tinnitus leiden wird. Dieser Tinnitus-Typ hat auch einen ganz allmählichen Beginn und eine niedrige Frequenz.

Ernährung

Übermäßiger Verzehr von Milchprodukten und fetten Speisen, in Kombination mit falschen Ernährungsge-wohnheiten, kann zur Bildung von Schleim führen, der zum Kopf aufsteigen kann. Hier hindert er das klare Qi daran, zum Kopf aufzusteigen und die Öff nungen (wozu auch die Ohren gehören) zu erhellen, sowie das trübe Qi, vom Kopf abzusteigen, was zu Tinnitus und Schwindel-gefühlen führt.

Übermäßige sexuelle Aktivität

Übermäßige sexuelle Aktivität beim Mann schwächt die Niere, da das Sperma tiangui ist, d. h. eine direkte Mani-festation der Nieren-Essenz. Die geschwächte Nieren-Essenz kann die Ohren nicht nähren, mit (niedrig fre-quentem) Tinnitus in der Folge.

Exposition gegenüber lauten Geräuschen

Langfristige Exposition gegenüber sehr lauten Geräu-schen, wie sie in bestimmten Fabriken oder in Diskothe-ken, wo laute Rockmusik gespielt wird, vorkommen, kann ebenfalls Tinnitus verursachen. Aus Sicht der chi-nesischen Medizin manifestiert sich dies normalerweise in einem Fülle-Zustand.

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Z U S A M M E N F A S S U N GÄtiologie

• Emotionale Anspannung • Überarbeitung • Hohes Alter • Ernährung • Übermäßige sexuelle Aktivität • Exposition gegenüber lauten Geräuschen

Pathologie

Jedes der 5 Yin-Organe kontrolliert einen Sinn und eine Sinnesöff nung, beispielsweise kontrolliert die Niere die Ohren, die Leber die Augen. Die Niere nährt die Ohren und fördert die Hörkraft ; eine Nieren-Pathologie ist das erste, woran wir bei Tinnitus und Schwerhörigkeit den-ken. Wie wir unten sehen werden, sind jedoch auch an-dere innere Organe beteiligt.

Die Ohren hängen von der Nährung durch die Essenz ab, damit sie richtig funktionieren können, und sie sind daher physiologisch mit der Niere verbunden. In Kapitel 17 von ‚Das Zentrum des Wirkvermögens‘ heißt es: „Die Niere öff net sich in die Ohren; wenn die Niere gesund ist, können die Ohren die fünf Laute hören.“1

Wenn die Niere schwach ist, kann das Hören einge-schränkt sein und es kann Tinnitus auft reten. Bei einer Abnahme der Nieren-Essenz (wie es im Alter der Fall ist) kann diese die Ohren nicht mehr erreichen und nähren, mit Tinnitus und/oder Schwerhörigkeit in der Folge.

Andere innere Organe außer der Niere beeinfl ussen die Ohren und das Hören. Das Herz kontrolliert das Hö-ren und die Ohren einfach aus dem Grund, weil der Geist (shen) alle Sinne und Sinnesorgane kontrolliert und koordiniert. Der Geist ist für alle Sinneswahrneh-mungen verantwortlich.

Jeder Sinn ist einem bestimmten Organ zugeordnet, d.  h. der Geruchssinn der Lunge, der Geschmackssinn der Milz und dem Herzen, das Hören der Niere und das Sehen der Leber. Alle Sinne hängen aber auch vom Her-zen ab, weil es der Geist ist, der letztlich die Sinneswahr-nehmungen empfängt. Das Hören hängt von der Niere ab, aber das Herz hat auch insofern einen Einfl uss dar-auf, als es das Qi und Blut zu den Ohren bringt. Im 4. Kapitel von ‚Einfache Fragen‘ lesen wir: „Die Farbe der südlichen Himmelsrichtung ist rot; sie ist mit dem Herzen verbunden, welches sich in die Ohren öff net …“2 Einige Typen von Tinnitus sind dadurch bedingt, dass das Herz-Qi und/oder Herz-Blut geschwächt ist und nicht die Ohren erreicht.

Auch die Lunge beeinfl usst die Ohren, weil sie die Körperseele beherbergt, welche eine körperliche Seele ist und neben anderen Funktionen alle Sinne und Sin-nesöff nungen aktiviert. Dies ist der Grund, warum man-che Menschen bei einer Ohnmacht noch andere Men-schen um sie herum hören; in solch einer Situation ist der Geist (shen) vorübergehend außer Kraft , aber die Körperseele ist nicht beeinträchtigt, so dass der Mensch hören kann.

Die Körperseele beeinfl usst das Hören und die Ohren auch deshalb, weil sie bei allen physiologischen Prozessen die Essenz ins Spiel bringt. Die Körperseele wird als ‚Ein-treten und Austreten der Essenz (jing)‘ bezeichnet. Die Essenz ist die Grundlage für einen gesunden Körper, und die Körperseele sorgt für scharfe und klare Empfi ndun-gen und Bewegungen. Durch die Körperseele ‚tritt die Essenz ein und aus‘, was die Essenz bei allen physiologi-schen Prozessen und allen Sinnen eine Rolle spielen lässt.

Daher sind Niere, Herz und Lunge die 3 inneren Or-gane, die die Ohren und das Hören am meisten beein-fl ussen (› Abb. 17.1).

Ein Faktor bezüglich der Gesundheit der Sinne und Sinnesorgane ist das Gleichgewicht von Yin und Yang im Kopf. Das klare Yang steigt zum Kopf auf, wo es die Sinnesöff nungen ‚erhellt‘ und uns normales Sehen, Hö-ren, Riechen und Schmecken ermöglicht. Andererseits steigt das trübe Yin vom Kopf ab. Die divergenten Leit-bahnen spielen eine wichtige Rolle bei der Bewahrung des Yin-Yang-Gleichgewichts im Kopf, indem sie den Aufstieg des klaren Yang zum Kopf und den Abstieg des trüben Yin vom Kopf gewährleisten (› Abb. 17.2). Vier der oberen Kreuzungspunkte der divergenten Leitbah-nen sind auch Himmelsfensterpunkte (3E  16 tianyou, Bl 10 tianzhu, Ma 9 renying und Di 18 futu); die Him-melsfensterpunkte haben auch die Funktion, das Auf-steigen von klarem Yang und das Absteigen von trübem Yin zum und vom Kopf zu regulieren.

Daher sind einige Tinnitus-Typen durch das Versa-gen des klaren Yang, zum Kopf aufzusteigen, bedingt (z. B. Herz- und Lungen-Qi erreichen den Kopf nicht);

Ohren

Nieren-Essenz

nährt die Ohren Herz-BlutLungen-Qi

bringt Blut zum Kopf

bringt klares Yang zum Kopf

Abb. 17.1 Innere Organe, die auf die Ohren einwirken

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andere Arten sind auf das Versagen des trüben Yin beim Absteigen zurückzuführen (Schleim im Kopf). Wieder andere werden durch einen Mangel an Nährung der Oh-ren verursacht (Nieren-Essenz erreicht die Ohren und das Gehirn nicht).

Abgesehen von den inneren Organen beeinfl ussen viele Leitbahnen die Ohren: die Gallenblasen-, Dreier-wärmer-, Dünndarm-, Blasen-, Magen-Leitbahn sowie die Dickdarm-Netz-Leitbahn (› Abb. 17.3).

H I N W E I S F Ü R D I E P R A X I SLeitbahnen, die die Ohren beeinflussen

• Gallenblase • Dreierwärmer • Dünndarm • Blase • Magen • Dickdarm-Netzleitbahn

Abgesehen davon, dass die Ohren und die Hörkraft durch mangelnde Ernährung von Seiten der inneren Or-gane beeinträchtigt werden können, werden sie auch negativ beeinfl usst, wenn sie durch einen pathogenen Faktor blockiert werden. Schleim ist der wichtigste pa-thogene Faktor, der auf die Ohren einwirkt, weil er be-sonders ‚blockierend‘ ist (verglichen mit z. B. Feuchtig-keit); wenn er im Kopf lokalisiert ist, blockiert er die Sinnesöff nungen. In den Ohren kann er Tinnitus und/oder Schwerhörigkeit verursachen. Diese Art von Tinni-tus wird nicht, wie in Leere-Fällen, durch mangelnde Nährung hervorgerufen, sondern durch eine Schleim-Blockade, wodurch das klare Yang am Aufsteigen und Erhellen der Öff nungen und das trübe Qi am Absteigen gehindert werden. Wenn Schleim die Augen blockiert,

ist dies übrigens auch eine häufi ge Ursache für unklares Sehen.

Wieder einmal ist also die wichtigste Diff erenzierung diejenige zwischen Fülle- und Leere-Typen von Tinni-tus. Fülle-Typen werden durch das Emporfl ammen eini-ger pathogener Faktoren, die das Ohr stören, verursacht. Es handelt sich normalerweise um Feuer, Wind, Yang, Schleim oder Schleim-Feuer. Der Tinnitus, der aus einer Exposition gegenüber lauten Geräuschen entsteht, wird auch zu den Fülle-Typen gerechnet und als solcher the-rapiert.

Leere-Typen von Tinnitus sind dadurch bedingt, dass nicht genügend Qi (im weit gefassten Sinne unter Ein-schluss von Blut und Essenz) den Kopf und die Ohren erreicht. Es kann sich um Nieren-Qi, Nieren-Essenz, Lungen-Qi oder Herz-Blut handeln.

Aus Sicht der Diagnostik ist Tinnitus mit plötzlichem Beginn und lautem Geräusch vom Fülle-Typus. Er ver-schlimmert sich auch, wenn der Betroff ene seine Hände auf die Ohren legt. Tinnitus mit allmählichem Beginn und leisem Geräusch ist vom Leere-Typus. Er bessert sich durch Aufl egen der Hände auf die Ohren.

Z U S A M M E N F A S S U N GPathologie

• Die Niere nährt die Ohren und fördert die Hörkraft. • Das Herz kontrolliert das Hören und die Ohren, weil der

Geist (shen) alle Sinne und Sinnesorgane kontrolliert und koordiniert.

• Die Lunge beeinflusst ebenfalls die Ohren, weil sie die Kör-perseele beherbergt, die alle Sinne und Sinnesöffnungen aktiviert.

• Daher sind Niere, Herz und Lunge die 3 inneren Organe, die die Ohren und das Hören am meisten beeinflussen.

absteigendes trübes Yin

Ma 9

Ma 1

aufsteigendes klares Yang

Bl 1

Di 18

Gb 1

Bl 103E 16

Abb. 17.2 Gleichgewicht von Yin und Yang im Kopf

Gallenblasen-Hauptleitbahn

Magen-Hauptleitbahn

Dickdarm-Netzleitbahn

Dreierwärmer-Hauptleitbahn

Dünndarm-Hauptleitbahn

Blasen-Hauptleitbahn

Abb. 17.3 Leitbahnen, die auf die Ohren einwirken

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• Schleim ist der wichtigste pathogene Faktor, der auf die Ohren einwirkt, weil er besonders ‚blockierend‘ ist; wenn er im Kopf lokalisiert ist, blockiert er die Sinnesöffnungen.

• Einige Tinnitus-Typen sind dadurch bedingt, dass das klare Yang nicht zum Kopf aufsteigen kann, andere Arten wer-den dadurch hervorgerufen, dass das trübe Yin nicht ab-steigen kann.

Identifi kation von Krankheitsmustern und Therapie

Es werden folgende Krankheitsmuster besprochen:Fülle • Aufsteigendes Leber-Yang • Aufsteigendes Leber- und Gallenblasen-Feuer • Leber-Wind • Emporloderndes Schleim-FeuerLeere • Nieren-Essenz-Mangel • Qi-Schwäche des Oberen Erwärmers • Herz-Blut-Mangel.

Aufsteigendes Leber-Yang

Klinische ManifestationenTinnitus mit hoher Frequenz und akutem Beginn, Schwin-delgefühle, Schwerhörigkeit, pochende Kopfschmerzen, Halstrockenheit, Schlafstörungen, Reizbarkeit. • Zunge: normal oder leicht gerötete Ränder • Puls: saitenförmig.

Th erapieprinzipLeber-Yang unterdrücken, Leber und Niere nähren.

Akupunktur3E 5 waiguan, Gb 43 xiaxi, 3E 3 zhongzhu, Le 3 taichong, Gb 2 tinghui, 3E 21 ermen, 3E 17 yifeng; alle Punkte mit sedierender oder neutraler Nadeltechnik.

Andere Punkte sollten zur Behandlung der Wurzel hinzugefügt werden, d. h. der Ursache für aufsteigendes Leber-Yang, die in einem Leber-Blut-, Leber-Yin- oder Leber- und Nieren-Yin-Mangel bestehen kann (› Kap. 1 im Abschnitt über aufsteigendes Leber-Yang).Erklärung: • 3E 5 und Gb 43 sind die hauptsächlichen Fernpunkte,

um Leber-Yang in der Ohrregion zu unterdrücken. • 3E 3 unterdrückt das Leber-Yang und entspannt die

Ohren. • Le 3 unterdrückt allgemein das Leber-Yang. • Gb 2, 3E 21 und 3E 17 sind Lokalpunkte für Tinnitus,

besonders für den Typus, der mit der Gallenblasen-

Leitbahn zusammenhängt. Chinesische Ärzte beto-nen, dass es bei der Auswahl von Lokalpunkten für das Ohr gut ist, Punkte vor dem Ohr (z. B. Gb 2 tinghui) mit einigen Punkten hinter dem Ohr (z. B. 3E 17 yifeng) zu kombinieren.

ArzneimitteltherapieRezepturTianma gouteng yinTrank mit Gastrodia und UncariaErklärung: Diese Rezeptur wird häufi g bei Kopfschmerzen aufgrund von aufsteigendem Leber-Yang verwendet. Sie unterdrückt das Leber-Yang und stärkt Leber und Niere.

RezepturZhengan xifeng tangDekokt, das die Leber befriedet und den Wind beseitigtErklärung: Der Hauptunterschied zwischen dieser Rezep-tur und der vorigen ist, dass letztere das Yin mehr nährt und daher geeignet ist, wenn ein ausgeprägter Leber- und Nieren-Yin-Mangel vorliegt. Man beachte, dass Daizhe-shi für die Langzeiteinnahme nicht geeignet und während der Schwangerschaft kontraindiziert ist. Es kann aus die-ser Rezeptur entfernt oder durch Zhenzhumu Concha Margaritiferae usta ersetzt werden, welches eine absen-kende Substanz ist, die das Leber-Yang unterdrückt.

RezepturLingjiao gouteng tangDekokt mit Cornu Saigae und UncariaErklärung: Diese Rezeptur unterdrückt das Leber-Yang, nährt das Yin und beseitigt Schleim. Ihre das Yin näh-rende Wirkung ist mild.

Drei-Schätze-HeilmittelBend Bamboo ‚Bend Bamboo‘ unterdrückt das Le-ber-Yang und nährt das Leber-Blut.

Z U S A M M E N F A S S U N GAufsteigendes Leber-Yang

Akupunktur3E 5 waiguan, Gb 43 xiaxi, 3E 3 zhongzhu, Le 3 taichong, Gb 2 tinghui, 3E 21 ermen, 3E 17 yifeng; alle Punkte mit se-dierender oder neutraler Nadeltechnik.

ArzneimitteltherapieRezepturen: • Tianma gouteng yin Trank mit Gastrodia und Uncaria • Zhengan xifeng tang Dekokt, das die Leber befriedet und

den Wind beseitigt • Lingjiao gouteng tang Dekokt mit Cornu Saigae und UncariaDrei-Schätze-HeilmittelBend Bamboo

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Aufsteigendes Leber- und Gallenblasen-Feuer

Klinische ManifestationenTinnitus mit plötzlichem Beginn und hoher Frequenz, deutlicher Zusammenhang mit emotionaler Anspan-nung, Kopfschmerzen, Reizbarkeit, bitterer Mundge-schmack, Durst, rotes Gesicht, Schwindelgefühle, Obsti-pation. • Zunge: rot mit geröteten Rändern, gelber Belag • Puls: saitenförmig und schnell.

Th erapieprinzipLeber-Feuer ableiten, die Ohren entspannen, den Geist und die Wanderseele beruhigen.

AkupunkturLe 2 xingjian, 3E 17 yifeng, Gb 2 tinghui, 3E 5 waiguan, 3E 3 zhongzhu, Gb 43 xiaxi, Gb 20 fengchi, Gb 8 shuaigu; sedierende oder neutrale Nadeltechnik.Erklärung: • Le 2 leitet Leber-Feuer ab. • 3E 17 und Gb 2 sind die wichtigsten Lokalpunkte für

diesen Tinnitus-Typus. Die Nadel sollte bis zu einer Tiefe von 1 cun eingeführt werden, die Nadelsensati-on sollte sehr stark sein.

• 3E 5 unterdrückt das Leber-Yang. • 3E 3 unterdrückt das Leber-Yang und entspannt die

Ohren. • Gb 43 leitet Gallenblasen-Feuer ab und wirkt auf die

Ohren ein. • Gb 20 unterdrückt das Leber-Yang und entspannt die

Ohren, wenn man den Punkt so nadelt, dass die Spit-ze zum Gebiet zwischen Auge und Ohr auf der be-troff enen Seite zeigt. Anders ausgedrückt, wird die Nadel schräg in Richtung Gesicht gesetzt.

• Gb 8 ist ein angrenzender Punkt, der die Ohren ent-spannt und das Leber-Yang unterdrückt.

ArzneimitteltherapieRezepturLongdan xiegan tangGentiana-Dekokt, das die Leber ausleitetErklärung: Diese Rezeptur, die bereits in › Kap. 1 und › Kap. 10 besprochen wurde, ist ohne Modifi kationen geeignet, um Tinnitus zu behandeln.Modifi kationen: • Um die Arzneiwirkung zu den Ohren zu lenken, füge

man Cishi Magnetitum hinzu. Besonders in Kombi-nation mit Chaihu lenkt diese Substanz andere Arz-neien zu den Ohren.

• Bei Symptomen von aufsteigendem Leber-Yang oder Leber-Wind füge man Tianma Rz. Gastrodiae, Gou-

teng Ra. cum Uncis Uncariae und Shijueming Concha Haliotidis hinzu.

• Bei Obstipation und einem sehr dicken und trocke-nen Zungenbelag füge man Dahuang Rx. et Rz. Rhei hinzu.

Drei-Schätze-HeilmittelDrain Fire ‚Drain Fire‘ ist eine Variante von Longdan xiegan tang. Es leitet Leber-Feuer und Herz-Feuer ab.

Z U S A M M E N F A S S U N GAufsteigendes Leber- und Gallenblasen-Feuer

AkupunkturLe 2 xingjian, 3E 17 yifeng, Gb 2 tinghui, 3E 5 waiguan, 3E 3 zhongzhu, Gb 43 xiaxi, Gb 20 fengchi, Gb 8 shuaigu; sedie-rende oder neutrale Nadeltechnik.

ArzneimitteltherapieRezeptur:Longdan xiegan tang Gentiana-Dekokt, das die Leber auslei-tetDrei-Schätze-Heilmittel:Drain Fire

FallbeispielII Ein 39-jähriger Mann litt seit einem Jahr an Tinni-tus. Dieser hatte recht plötzlich eingesetzt und wies eine hohe Frequenz auf. Er verbesserte sich durch Ausruhen und verschlimmerte sich bei Stress. Der Patient wies kei-ne weiteren Symptome auf.

Die Zunge war rot, an den Rändern gerötet, mit einem gelben Belag. Der Puls war sehr voll und saitenförmig und an beiden hinteren Positionen leicht schnell und et-was schwach.Diagnose Der Tinnitus war in erster Linie durch em-porfl ammendes Leber- und Gallenblasen-Feuer bedingt. Obwohl der Patient nicht viele Symptome aufwies, zeig-ten die hohe Frequenz des Ohrgeräuschs, dessen Ver-schlimmerung bei Stress und vor allem die Zunge Leber-Feuer an. Es lag jedoch auch ein gewisser Nieren-Yin-Mangel zugrunde, was sich daran zeigte, dass der Puls an beiden hinteren Positionen schwach war und der Tinnitus sich durch Ruhe verbesserte. Dies ist vermut-lich der Grund dafür, warum der Tinnitus in einem Al-ter einsetzte, in dem das Nieren-Qi gerade abzunehmen beginnt.Th erapieprinzip Leber und Gallenblase klären, Feuer ableiten, die Ohren unterstützen und das Nieren-Yin nähren.Akupunktur 3E  2 yemen, Di  4 hegu, Le  2 xingjian, Gb 43 xiaxi, 3E 17 yifeng, Gb 2 tinghui, Mi 6 sanyinjiao und Ni 3 taixi. Die ersten 6 Punkte wurden sediert, die letzten beiden hingegen tonisiert.

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Erklärung: • 3E 2 unterdrückt indirekt Leber-Feuer und unter-

stützt das Ohr. Er ist ein wichtiger Fernpunkt für Tinnitus vom Fülle-Typus.

• Di 4 wurde als Fernpunkt eingesetzt, um auf das Ohr einzuwirken und auch um den Geist zu beruhigen.

• Le 2 und Gb 43 klären Leber- bzw. Gallenblasen-Feu-er. Gb 43 wirkt auch auf das Ohr ein.

• 3E 17 und Gb 2 sind die wichtigsten Lokalpunkte bei Tinnitus vom Fülle-Typus.

• Mi 6 und Ni 3 nähren das Nieren-Yin.Arzneimitteltherapie Es wurden keine Einzelarznei-en verschrieben, sondern 2 Fertigpräparate: Longdan xiegan wan Gentiana-Pille, die die Leber ausleitet (8 Pil-len/Tag), um Leber- und Gallenblasen-Feuer abzuleiten, sowie Erming zuoci wan Tinnitus-Pille, die zur Linken [Niere] freundlich ist (6 Pillen/Tag am Abend), um das Nieren-Yin zu nähren. II

Leber-Wind

Klinische ManifestationenTinnitus bei älteren Menschen, hoch frequent, Schwin-delgefühle, Vertigo, Taubheit in den Gliedmaßen, Tre-mor, Tics. • Zunge: die Farbe des Zungenkörpers hängt von der

dem Wind zugrunde liegenden Ursache ab • Puls: saitenförmig.

Th erapieprinzipWind beseitigen, die Leber besänft igen, die Ohren ent-spannen.

AkupunkturLe  3 taichong, Mi  6 sanyinjiao, Gb  20 fengchi, Du  16 fengfu, Gb 2 tinghui, 3E 17 yifeng; sedierende Nadeltech-nik außer an Mi 6, der tonisiert werden sollte.Erklärung: • Le 3 beseitigt Leber-Wind. • Mi 6 wird tonisiert, um Yin und Blut zu nähren, was

immer notwendig ist, um inneren Wind zu unterdrü-cken.

• Gb 20 unterdrückt Wind (sowohl inneren wie äuße-ren).

• Du 16 beseitigt inneren Wind und lindert Kopf-schmerzen.

• Gb 2 und 3E 17 sind Lokalpunkte, um die Ohren bei einer Leber- und Gallenblasen-Leitbahn-Pathologie zu entspannen.

ArzneimitteltherapieRezepturen • Tianma gouteng yin Trank mit Gastrodia und Uncaria • Zhengan xifeng tang Dekokt, das die Leber befriedet

und den Wind beseitigtBeide Rezepturen wurden im Abschnitt ‚Aufsteigendes Leber-Yang‘ besprochen.

Z U S A M M E N F A S S U N GLeber-Wind

AkupunkturLe 3 taichong, Mi 6 sanyinjiao, Gb 20 fengchi, Du 16 fengfu, Gb 2 tinghui, 3E 17 yifeng; sedierende Nadeltechnik außer an Mi 6, der tonisiert werden sollte.

ArzneimitteltherapieRezepturen: • Tianma gouteng yin Trank mit Gastrodia und Uncaria • Zhengan xifeng tang Dekokt, das die Leber befriedet und

den Wind beseitigt

Emporloderndes Schleim-Feuer

Klinische ManifestationenTinnitus mit zikaden- oder grillenartigem Geräusch, Be-einträchtigung der Hörkraft , Brustdruckgefühl, Expek-toration von Sputum, Durst, Gefühl von Benommenheit und Schwere im Kopf, unklares Sehen, Schwindelgefüh-le, Hitzegefühl, Durst ohne Bedürfnis zu trinken, psychi-sche Unruhe. • Zunge: rot, geschwollen, klebriger, gelber Belag • Puls: schlüpfrig und schnell.

Th erapieprinzipSchleim beseitigen, Feuer ableiten, das Leber-Yang un-terdrücken, das Aufsteigen des klaren Qi und das Ab-steigen des trüben Qi regulieren, die Milz stärken.

Akupunktur3E  21 ermen, Dü  19 tinggong, Gb  2 tinghui, 3E  5 wai-guan, 3E  3 zhongzhu, Di  4 hegu, Ren  9 shuifen, Ma  40 fenglong, Mi 9 yinlingquan, Gb 20 fengchi, Ren 12 zhong-wan, Bl  20 pishu; sedierende Nadeltechnik an allen Punkten außer an den letzten beiden, die tonisiert wer-den sollten.Erklärung: • 3E 21 ist der wichtigste Lokalpunkt für diesen Tinni-

tus-Typus. • 3E 21, Dü 19 und Gb 2 können das Aufsteigen von

klarem Qi zu den Ohren und das Absteigen von trü-bem Qi von den Ohren regulieren. Einige Ärzte emp-fehlen die Nadelung dieser 3 Punkte in 5 aufeinan-derfolgenden Sitzungen, und zwar gleichzeitig hori-zontal von oben nach unten, also von 3E 21 bis Gb 2.

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Dies lässt das trübe Qi vom Ohr absteigen. Dann na-delt man die gleichen 3 Punkte in weiteren 5 aufein-anderfolgenden Sitzungen horizontal nach oben, also von Gb 2 bis 3E 21. Dadurch steigt das klare Qi zum Ohr auf.

• 3E 5 und 3E 3 unterdrücken das Leber-Yang und ent-spannen das Ohr.

• Di 4 reguliert das Aufsteigen des klaren Qi und das Absteigen des trüben Qi im Kopf.

• Ren 9, Ma 40 und Mi 9 beseitigen Schleim. • Gb 20 unterdrückt das Leber-Yang und entspannt

das Ohr, wenn er wie beim vorigen Muster bespro-chen genadelt wird.

• Ren 12 und Bl 20 stärken die Milz, um Schleim zu be-seitigen.

ArzneimitteltherapieRezepturWendan tangDekokt, das die Gallenblase wärmtErklärung: Diese Rezeptur beseitigt Schleim-Hitze vor allem aus dem Th orax.Modifi kationen: • Um die Arzneiwirkung zu den Ohren zu lenken, füge

man Chaihu Rx. Bupleuri und Cishi Magnetitum hinzu. • Bei reichlichem Schleim füge man Dannanxing Rz.

Arisaematis und Haifushi Pumice hinzu.

Drei-Schätze-HeilmittelClear the Soul ‚Clear the Soul‘ beseitigt Schleim-Hitze vor allem aus Herz und Lunge. Es ist eine Variante von Wendan tang.

Settling the Soul ‚Settling the Soul‘ beseitigt Schleim-Hitze aus der Leber. Es ist eine Variante von Longdan xiegan tang. Es beruhigt auch intensiv den Geist und die Wanderseele und macht die Öff nungen des Geistes auf.

Z U S A M M E N F A S S U N GEmporloderndes Schleim-Feuer

Akupunktur3E 21 ermen, Dü 19 tinggong, Gb 2 tinghui, 3E 5 waiguan, 3E 3 zhongzhu, Di 4 hegu, Ren 9 shuifen, Ma 40 fenglong, Mi 9 yinlingquan, Gb 20 fengchi, Ren 12 zhongwan, Bl 20 pishu; sedierende Nadeltechnik an allen Punkten außer an den letzten beiden, die tonisiert werden sollten.

ArzneimitteltherapieRezeptur:Wendan tang Dekokt, das die Gallenblase wärmtDrei-Schätze-Heilmittel: • Clear the Soul • Settling the Soul

FallbeispielII Ein 39-jähriger Mann litt seit 11 Jahren an Tinnitus. Der Tinnitus hatte allmählich eingesetzt; wie der Patient sagte, klang er wie ein Düsentriebwerk. Der Patient litt auch an Schmerzen im unteren Rückenbereich, Schwin-delgefühlen, einer leichten Hörbeeinträchtigung und leichter Impotenz mit gelegentlicher Sekretion einer schleimähnlichen Substanz aus dem Penis.

Er klagte auch über Diarrhö oder weichen Stuhl, ein Problem, das er seit seiner Teenager-Zeit hatte. Sein Stuhl wies oft Schleimbeimengungen auf. Er schlief schlecht und wachte häufi g mit Halstrockenheit auf.

Er hatte einige weiche Schwellungen unter der Haut auf den Gliedmaßen, die als Ganglioneurome diagnosti-ziert worden waren. Schließlich klagte der Patient auch über ständig verschleimte Atemwege und Mundtro-ckenheit.

Das Zungen- und Pulsbild waren recht komplex. Die Zunge war leicht gerötet, geschwollen mit geschwolle-nen Rändern (vom Milz-Typus). Der Belag war wurzel-los und fehlte an einigen Stellen. Die Zunge wies einen tiefen Herz-Riss auf. Der Puls war rechts dünn, links leicht schlüpfrig und voll, wobei die linke vordere Positi-on (Herz) ganz leicht überfl utend, aber leer und etwas spitz geformt war.Diagnose Es lagen 3 Hauptprobleme vor, wobei das am längsten bestehende eine Milz-Schwäche mit Schleim in der Folge war. Die Milz-Schwäche verursach-te Diarrhö, weiche Stühle und einen dünnen Puls auf der rechten Seite. Der Schleim spiegelte sich im schlüpfrigen Puls, in der Schleimbeimengung im Stuhl, dem Sekret aus dem Penis, den Ganglioneuromen und der ge-schwollenen Zunge wider. Das zweite Problem war ein Nieren-Yin-Mangel, der sich in den Schwindelgefühlen, der Beeinträchtigung der Hörkraft , den Schlafstörungen mit Halstrockenheit in der Nacht und der Impotenz zeigte. Schließlich lag auch ein gewisser Magen-Yin-Mangel vor, der höchstwahrscheinlich dem Nieren-Yin-Mangel vorausgegangen war. Der Magen-Yin-Mangel spiegelte sich im wurzellosen und stellenweise fehlen-den Belag und in der Mundtrockenheit wider. All dem lag auch eine gewisse Herz-Qi-Schwäche aufgrund emo-tionaler Probleme zugrunde, die off ensichtlich bis in die Kindheit oder Jugend zurückreichte. Dies zeigte sich am Herz-Riss auf der Zunge und dem leicht überfl utenden, aber leeren Herz-Puls. Diese beiden Befunde sind oft ein Hinweis darauf, dass das Herz durch emotionale Proble-me beeinfl usst wird. Dass diese Probleme lange zurück-liegen, wird durch die Tiefe des Risses angezeigt; je tiefer er ist, desto älter sind die emotionalen Probleme, die ihn verursacht haben.

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Was den Tinnitus anbelangte, so war er sowohl durch Fülle als auch durch Leere verursacht: Fülle in Form von Schleim, der die Öff nungen des Kopfes blockiert (in die-sem Fall die Ohren), und Leere in Form von Nieren-Yin-Mangel.Th erapieprinzip Die Milz stärken, Schleim beseiti-gen, das Nieren-Yin nähren und den Geist beruhigen.Akupunktur Es wurden mehrere Punkte in verschie-denen Sitzungen genadelt, worunter folgende Punkte die wichtigsten waren: • Ma 36 zusanli, Ren 12 zhongwan und Ma 40 fenglong,

um die Milz zu stärken und Schleim zu beseitigen • Ma 25 tianshu, um die Diarrhö zu beenden • Ni 3 taixi und Ren 4 guanyuan, um das Nieren-Yin

zu nähren • He 5 tongli und He 7 shenmen, um den Geist zu beru-

higen • Dü 19 tinggong und 3E 17 yifeng als Lokalpunkte ge-

gen Tinnitus.Arzneimitteltherapie Es wurden keine Dekokte ver-abreicht, sondern Arzneipulver. Die verwendeten Re-zepturen waren Shen ling baizhu san Pulver mit Gin-seng, Poria und Atractylodes, um das Milz-Qi und Ma-gen-Yin zu nähren, sowie Banxia baizhu tianma tang Dekokt mit Pinellia, Atractylodes und Gastrodia, um Schleim aus dem Kopf zu beseitigen.

Dem Patienten ging es allmählich besser; zum gegen-wärtigen Zeitpunkt befi ndet er sich noch in Behand-lung. II

Nieren-Essenz-Mangel

Klinische ManifestationenTinnitus mit allmählichem Beginn und niedriger Fre-quenz, manchmal wie rauschendes Wasser und pha-senweise auft retend, leichte Schwindelgefühle, Leerege-fühl im Kopf, Gedächtnisschwäche, unklares Sehen, Rücken- und Knieschmerzen, verminderte Libido oder Potenz. • Zunge: blass oder belaglos, je nachdem, ob ein Nie-

ren-Yang- oder Nieren-Yin-Mangel vorliegt • Puls: tief und schwach bei Nieren-Yang-Mangel und

oberfl ächlich und leer bei Nieren-Yin-Mangel.Wenn Niere und Herz nicht in Harmonie sind, treten auch Palpitationen, Schlafstörungen, psychische Unru-he und Halstrockenheit auf.

Bei aufsteigendem Leber-Yang aufgrund eines Nie-ren-Yin-Mangels sind auch Schwindelgefühle, Reizbar-keit und Kopfschmerzen präsent.

Dieser Zustand entspricht einer Leere des Meeres des Marks und des Gehirns. Die geschwächte Nieren-Essenz kann das Meer des Marks, das Gehirn und die Ohren

nicht nähren, was zu Tinnitus, Schwindelgefühlen und Gedächtnisschwäche führt. Die Nieren-Essenz hat einen Yang- und einen Yin-Aspekt; ihr Mangel kann sich da-her in Symptomen beider Aspekte manifestieren.

Niere und Herz kommunizieren miteinander, wobei das Nieren-Wasser aufwärts zum Herzen fl ießt, das Herz-Feuer nach unten zur Niere. Wenn das Herz-Feuer nicht nach unten zur Niere reicht, ist der Tinnitus stär-ker und es treten die zusätzlichen, oben angegebenen Symptome auf.

Bei einem Nieren-Yin-Mangel kann es zu aufsteigen-dem Leber-Yang kommen. In diesem Fall stellt sich der Tinnitus mit widersprüchlichen Zeichen dar, weil er so-wohl durch einen Nieren-Yin-Mangel als auch durch aufsteigendes Leber-Yang verursacht wurde. Beispiels-weise kann Tinnitus mit lautem, hoch frequentem Ge-räusch (was auf einen Fülle-Zustand, in diesem Fall auf-steigendes Leber-Feuer, verweist) allmählich beginnen (was für einen Leere-Zustand spricht, in diesem Fall ei-nen Nieren-Yin-Mangel).

Th erapieprinzipDie Essenz nähren, das Meer des Marks unterstützen, das Nieren-Yang stärken oder das Nieren-Yin nähren. Wenn nötig, Herz und Niere harmonisieren und das Le-ber-Yang unterdrücken.

AkupunkturGb  2 tinghui, Dü  19 tinggong, 3E  17 yifeng, Ni  3 taixi, Ren  4 guanyuan, Bl  23 shenshu, Mi  6 sanyinjiao, He  6 yinxi, Le 3 taichong; tonisierende Nadeltechnik an allen Punkten außer an den letzten beiden, die mit neutraler Technik genadelt werden sollten. Man verwende bei ei-nem Nieren-Yang-Mangel Moxa.Erklärung: • Gb 2, Dü 19 und 3E 17 sind Lokalpunkte für diesen

Tinnitus-Typus. • Ni 3, Ren 4 und Bl 23 stärken die Niere und die Es-

senz. • Mi 6 hilft beim Nähren der Niere. • He 6 harmonisiert in Kombination mit Ni 3 Herz und

Niere. • Le 3 unterdrückt das Leber-Yang.

ArzneimitteltherapieRezepturErlong zuoci wanPille gegen Taubheit, die zur Linken [Niere] freundlich istErklärung: Diese Rezeptur wird ausgewählt, wenn sich der Nieren-Essenz-Mangel mit Symptomen und Zei-chen eines Nieren-Yin-Mangels präsentiert. Sie nährt

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das Nieren-Yin, unterdrückt das Leber-Yang und macht die Sinnesöff nungen und damit die Ohren auf.

RezepturYougui wanPille, die die Rechte [Niere] wiederherstelltErklärung: Diese Rezeptur stärkt das Nieren-Yang. Sie ist bei Tinnitus aufgrund eines Nieren-Essenz-Mangels geeignet, weil sie auch Lujiaojiao und Gouqizi enthält, die die Essenz nähren.Modifi kationen: Um die Arzneiwirkung zu den Ohren zu lenken und Tinnitus zu behandeln, füge man Chaihu Rx. Bupleuri und Cishi Magnetitum hinzu.

RezepturTianwang buxin danPille des Himmelskönigs zur Stärkung des HerzensErklärung: Diese Rezeptur wird ausgewählt, wenn ein Mangel von sowohl Nieren- als auch Herz-Yin besteht. Sie nährt das Nieren- und Herz-Yin, klärt Leere-Hitze im Herzen und beruhigt den Geist.

Drei-Schätze-HeilmittelNourish the Root ‚Nourish the Root‘ nährt das Nie-ren-Yin. Es ist eine Variante von Zuogui wan Pille, die die Linke [Niere] wiederherstellt.

Strengthen the Root ‚Strengthen the Root‘ stärkt das Nieren-Yang. Es ist eine Variante von Yougui wan Pille, die die Rechte [Niere] wiederherstellt.

Heavenly Empress ‚Heavenly Empress‘ nährt das Nieren- und Herz-Yin und klärt Leere-Hitze im Herzen. Es ist eine Variante von Tianwang buxin dan Pille des Himmelskönigs zur Stärkung des Herzens.

Z U S A M M E N F A S S U N GNieren-Essenz-Mangel

AkupunkturGb 2 tinghui, Dü 19 tinggong, 3E 17 yifeng, Ni 3 taixi, Ren 4 guanyuan, Bl 23 shenshu, Mi 6 sanyinjiao, He 6 yinxi, Le 3 taichong; tonisierende Nadeltechnik an allen Punkten außer an den letzten beiden, die mit neutraler Technik genadelt werden sollten. Man verwende bei einem Nieren-Yang-Man-gel Moxa.

ArzneimitteltherapieRezepturen: • Erlong zuoci wan Pille gegen Taubheit, die zur Linken [Nie-

re] freundlich ist • Yougui wan Pille, die die Rechte [Niere] wiederherstellt • Tianwang buxin dan Pille des Himmelskönigs zur Stärkung

des Herzens

Drei-Schätze-Heilmittel: • Nourish the Root • Strengthen the Root • Heavenly Empress

FallbeispielII Ein 36-jähriger Mann litt seit 10 Jahren an Tinnitus, der allmählich über mehrere Jahre eingesetzt hatte. Es lagen auch andere Symptome wie Schmerzen im unte-ren Rückenbereich, Schwindelgefühle, Nachtschweiß und allgemeine Müdigkeit vor. Der Patient schlief auch schlecht und wachte häufi g mit trockenem Mund auf.

Die Zunge war rot mit einem Belag, der zu dünn war, auch wenn er nicht gänzlich fehlte. Der Puls war an bei-den hinteren Positionen schwach.Diagnose Dies war ein sehr deutlicher Fall von Nie-ren-Yin-Mangel, wie sich an den Symptomen und der Zunge zeigte. Die Zunge hatte aufgrund des jungen Al-ters des Patienten noch einen Belag, der allerdings zu dünn war. Wenn man eine Verschlechterung des Zu-stands ohne Th erapie zuließe, würde die Zunge in den nächsten Jahren allmählich ganz ihren Belag verlieren.Th erapieprinzip Nieren-Yin nähren und die Ohren unterstützen.Akupunktur Es wurden die folgenden Hauptpunkte verwendet: • Ni 3 taixi und Ren 4 guanyuan, um die Niere zu stär-

ken • Ma 36 zusanli und Mi 6 sanyinjiao, um Qi und Blut

zu stärken, was die Nährung der Nieren-Essenz un-terstützt

• 3E 17 yifeng und Dü 19 tinggong als Lokalpunkte.Arzneimitteltherapie Es wurden keine Einzelarznei-en verschrieben, sondern nur das Fertigpräparat Erming zuoci wan Tinnitus-Pille, die zur Linken [Niere] freund-lich ist.

Der Patient befi ndet sich immer noch in Th erapie, es geht ihm allmählich besser. Obwohl Tinnitus schwierig zu behandeln ist, ist in diesem Fall aufgrund des niedri-gen Alters des Patienten die Prognose relativ gut. II

Qi-Schwäche des Oberen Erwärmers

Klinische ManifestationenIntermittierender Tinnitus, der recht mild ausgeprägt ist, eine niedrige Frequenz und einen allmählichen Be-ginn aufweist, Müdigkeit, leichte Atemnot, blasse Ge-sichtsfarbe, leichtes spontanes Schwitzen. • Zunge: blass, Zahneindrücke • Puls: leer, besonders an der rechten vorderen Posi-

tion.

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Dies entspricht einer Lungen-Qi-Schwäche, bei der das geschwächte Lungen-Qi nicht in der Lage ist, zum Kopf aufzusteigen, wodurch Tinnitus verursacht wird.

Th erapieprinzipLungen-Qi stärken, das Aufsteigen des klaren Qi zum Kopf fördern.

AkupunkturRen 17 shanzhong, Bl 13 feishu, Lu 9 taiyuan, Ren 6 qi-hai, Du 20 baihui, 3E 16 tianyou, Dü 19 tinggong; toni-sierende Nadeltechnik. Moxibustion kann angewendet werden.Erklärung: • Ren 17, Bl 13 und Lu 9 stärken das Lungen-Qi. • Ren 6 stärkt das Qi im Allgemeinen. • Du 20 und 3E 16 heben das klare Qi zum Kopf. 3E 16

ist ein Himmelsfensterpunkt und reguliert als solcher das Aufsteigen von klarem Yang und das Absteigen von trübem Yin zum und vom Kopf.

• Dü 19 ist der wichtigste Lokalpunkt für diesen Tinni-tus-Typus.

ArzneimitteltherapieRezepturBuqi congming tangDekokt, das das Qi stärkt und das Hören klärtErklärung: Diese Rezeptur stärkt und hebt das Qi, erhellt die Öff nungen und lässt trübes Qi absteigen. Huangbo bewirkt, dass trübes Qi über die Miktion absteigt, und Baishao lenkt Huangbo zum Yin-Bereich (trübes Qi).Modifi kationen: Bei Zeichen von Schleim im Kopf füge man Baizhu Rz. Atractylodis macrocephalae, Tianma Rz. Gastrodiae und Banxia Rz. Pinelliae praeparatum hinzu.

Z U S A M M E N F A S S U N GQi-Schwäche des Oberen Erwärmers

AkupunkturRen 17 shanzhong, Bl 13 feishu, Lu 9 taiyuan, Ren 6 qihai, Du 20 baihui, 3E 16 tianyou, Dü 19 tinggong; tonisierende Nadeltechnik. Moxibustion kann angewendet werden.

ArzneimitteltherapieRezeptur:Buqi congming tang Dekokt, das das Qi stärkt und das Hören klärt

Herz-Blut-Mangel

Klinische ManifestationenIntermittierender Tinnitus mit niedriger Frequenz und allmählichem Beginn, matt-blasse Gesichtsfarbe, Palpi-

tationen, Schlafstörungen, Gedächtnisschwäche, leichte Angstzustände. • Zunge: blass und dünn • Puls: schwach oder rau, besonders an der linken vor-

deren Position.Dieser Tinnitus ist dadurch bedingt, dass das sich im Mangel befi ndende Herz-Blut nicht den Kopf erreicht.

Th erapieprinzipDas Herz stärken, das Blut nähren.

AkupunkturHe  5 tongli, Bl  15 xinshu, Ren  14 juque, Ren  17 shan-zhong, Pe  6 neiguan, Mi  6 sanyinjiao, Dü  19 tinggong; alle Punkte mit tonisierender Nadeltechnik.Erklärung: • He 5 stärkt das Herz. • Bl 15 und Ren 14, Rücken-Transport-shu- bzw.

Alarm-mu-Punkt des Herzens, stärken das Herz. • Ren 17 stärkt das Herz-Qi. • Pe 6 stärkt das Herz-Blut. • Mi 6 nährt das Blut. • Dü 19 ist der wichtigste Lokalpunkt für diesen Tinni-

tus-Typus.

ArzneimitteltherapieRezepturVariante von Buqi congming tangVariante von Dekokt, das das Qi stärkt und das Hören klärtErklärung: Diese Rezeptur stärkt und hebt das Qi, erhellt die Öff nungen und lässt trübes Qi absteigen. Huangbo bewirkt, dass trübes Qi über die Miktion absteigt, und Baishao lenkt Huangbo zum Yin-Bereich (trübes Qi).

Danggui, Shu dihuang und Longyanrou wurden der Originalrezeptur hinzugefügt, um das Herz-Blut zu nähren.

Z U S A M M E N F A S S U N GHerz-Blut-Mangel

AkupunkturHe 5 tongli, Bl 15 xinshu, Ren 14 juque, Ren 17 shanzhong, Pe 6 neiguan, Mi 6 sanyinjiao, Dü 19 tinggong; alle Punkte mit tonisierender Nadeltechnik.

ArzneimitteltherapieRezeptur:Variante von Buqi congming tang Dekokt, das das Qi stärkt und das Hören klärt

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Moderne chinesische Literatur

Chinese Acupuncture and Moxibustion (Zhongguo zhenjiu), Bd. 20, Nr. 4, 2000, S. 205

Wang Cunying et al., “Clinical study on the treatment of tinnitus with acupuncture“Dr. Wang behandelte 60 Tinnitus-Patienten mit Aku-punktur. Es gab eine Kontrollgruppe, die mit Injektio-nen einer Lösung von Danshen Rx. Salviae miltiorrhizae therapiert wurde.

Es wurden folgende Punkte verwendet: Du 20 baihui, Dü 4 wangu, Dü 19 tinggong und 3E 5 waiguan. Die Na-deln wurden 30 Minuten in situ belassen, die Patienten wurden einmal täglich 20 Tage lang behandelt.

Prognose

Tinnitus ist ein äußerst schwer zu behandelnder Zu-stand, und die mit Akupunktur und/oder Arzneimittel-medizin erzielten Resultate sind nicht die besten. Es ist jedoch immer einen Versuch wert, da die westliche Me-dizin für diesen Zustand gar keine Th erapie anzubieten hat. Je älter der Patient ist und je länger der Zustand schon besteht, desto schwieriger ist natürlich die Be-handlung.

Die Erfolge sind beim Fülle-Typus besser als beim Leere-Typus. Unter den Fülle-Typen ist derjenige auf-grund von Leber-Feuer leichter (oder besser gesagt we-niger schwer) zu behandeln als derjenige aufgrund von Schleim-Feuer.

In jedem Fall sollten wenigstens 10 Behandlungen er-folgen, bevor man entscheidet, ob die Th erapie anschlägt oder nicht.

Bei Tinnitus aufgrund einer Nieren-Schwäche ist es wichtig, dass sich der Patient angemessen ausruht und seine sexuelle Aktivität einschränkt. Bei Tinnitus auf-grund von Schleim-Feuer ist es wichtig für den Patienten, Milchprodukte und fette, heiße Speisen zu vermeiden.

Bei Tinnitus aufgrund von Leber-Feuer sollte der Pa-tient ermutigt werden, sich zu entspannen und etwas Sport zu treiben. Wenn das Leber-Feuer durch tief grei-fende emotionale Probleme verursacht wurde, kann es notwendig sein, eine psychologische Beratung zu emp-fehlen.

ANMERKUNGEN 1. 1981. Lingshu jing [Spiritual Axis]. People's Health

Publishing House, Beijing, S. 50. Erstveröffentlichung ca. 100 v. Chr.

2. 1979. Huangdi neijing suwen [The Yellow Emperor's Classic of Internal Medicine – Simple Questions]. People's Health Publishing House, Beijing, S. 26. Erstveröf-fentlichung ca. 100 v. Chr.