152
Landesbank Baden-Württemberg Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. Aktuelle Trends und Entwicklungen an den Rohstoffmärkten.

Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

  • Upload
    lamnga

  • View
    229

  • Download
    1

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

Landesbank Baden-Württemberg

Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015.Aktuelle Trends und Entwicklungen an den Rohstoffmärkten.

Page 2: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

+49 711 127-

Ansprechpartner.

PrivatkundenBW-Bank Private Banking und Privatkunden: - 4 77 53BW-Bank Wealth Management: - 7 30 88

Institutionelle KundenSales Banken und Frequent Borrowers: - 7 87 08Sales Versicherungen, Versorgungseinrichtungen und Bundesländer: - 7 52 89Sales Spezial- und Publikumsfonds: - 7 53 58Sales Sparkassen & Regionalbanken: - 7 565Forex Options/Precious Metals: - 7 554

UnternehmenskundenCorporate Sales - Large Corporates, Key Accounts, Immobilienkunden: - 7 87 09Corporate Sales - Unternehmenskunden: - 7 33 27Zins-, Währungs-, Rohstoffmanagement Handel und Support Sparkassen: - 7 552

Sonstige AnsprechpartnerStrukturierte Retail Produkte: - 2 55 01 ([email protected])Solutions Zins-, Währungs- und Rohstoffmanagement: - 2 81 90Rohstoff-Team LBBW Asset Management: +49 711 22910 – 3800 ([email protected])

BW-Bank Edelmetall- und MünzkabinettStephan Wellnitz: - 3 11 80www.bw-bank.de/[email protected]önigstr. 3, 70173 Stuttgart

Page 3: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 3

Inhaltsverzeichnis.

1 Einführung. 5

2 Makroökonomisches Umfeld. 9

3 Energie. 12

3.1 Primärenergiemix 13

3.1.1 Langfristige Trends 13

3.1.2 Korrelationen zwischen den Energierohstoffen 17

3.2 Rohöl Brent 18

3.3 Gasoil 30

3.4 US-Natural Gas 36

3.5 Erdgas 44

4 Edelmetalle. 47

4.1 Gold 48

4.2 Silber 58

4.3 Platin 64

4.4 Palladium 69

5 Basismetalle. 74

5.1 Kupfer 75

5.2 Aluminium 80

5.3 Nickel 84

5.4 Zink 87

5.5 Blei 90

6 Absicherung von Rohstoffrisiken. 92

6.1 Rohstoffpreismanagement in der Praxis 92

6.2 Auswirkungen einer regelbasierten Hedging-Strategie 95

6.3 Handelbare Rohstoffe bei der LBBW 99

7 Rohstoffe als Assetklasse. 100

7.1 Rohstoffperformance 2014 100

7.2 Rohstoffindizes im Überblick 103

7.3 LBBW Rohstoff-Indizes 106

7.3.1 LBBW Top Ten Index 106

7.3.2 LBBW Long Short Index 109

7.3.3 LBBW Strategie Indizes 111

8 Rohstoffinvestments. 113

8.1 Rohstoff-Fonds 113

8.1.1 Überblick 113

8.1.2 LBBW Rohstoffe 1 und LBBW Rohstoffe 2 LS 116

8.1.3 Physische Edelmetall-Fonds 121

8.2 Rohstoff-Zertifikate 128

8.3 Physische Edelmetalle - Barren und Münzen 132

8.4 Rohstoff-Aktien 136

8.4.1 Ölaktien 136

8.4.2 Stahlaktien 142

Prognoseüberblick. 146

Disclaimer. 147

Rating-Chroniken. 148

Page 4: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

4 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Page 5: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 5

1 Einführung.

Rohstoffe 2015: Warten auf die Bodenbildung

Rohstoffpreise zuletzt vier Jahre in Folge im MinusGemessen am Bloomberg Commodity Index (Excess Return) verbuchten die Preise für Rohstoffe zuletzt vier Jahre in Folge Abschläge. Von Anfang 2011 bis Ende 2014 verzeichnete der Bloomberg Commodity Index (ER) ein Minus von insgesamt rund 28 %. Damit notiert die Rohstoff-Benchmark wieder in Regionen, die zuletzt in den Jahren 2008 und 2009 erreicht waren.

Bloomberg Commodity Index (ER) tiefer als 2008/09

(indexiert; 1.1.2006 = 100)

Quelle: Thomson Reuters

Der Blick auf den Verlauf der Bloomberg Subindizes zeigt, dass der Rohstoffmarkt in den letzten vier Jahren per Saldo eine gleichgerichtete Entwicklung aufwies. Die Preisabschläge zogen sich quer durch alle Rohstoffsek-toren. Edelmetalle und Basismetalle gaben auf Basis der Spotpreise seit Anfang 2011 rund 25 % nach, während die Energiepreise sich um knapp 30 % ermäßigten. Bei Agrarrohstoffen fielen die Abschläge am stärksten aus. Seit Anfang 2011 sind die Preise durchschnittlich um etwa 60 % gefallen.

Entwicklung der Bloomberg Subindizes (Spot) seit 2011

(indexiert; 1.1.2011 = 100)

Quelle: Thomson Reuters

Die fortgesetzte Baisse an den Rohstoffmärkten sorgte auch dafür, dass die Abkopplung der Commodities von DAX und Co., die im Jahr 2012 begann, sich zuletzt sogar noch verstärkt hat. Während die deutschen Blue Chips seit Anfang 2012 in der Spitze um fast 100 % zu-legen konnten, ging es für die Rohstoffe um etwa 20 % nach unten.

Bloomberg Commodity Index und DAX seit Anfang 2012

(indexiert; 1.1.2012 = 100)

Quelle: Thomson Reuters

2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 201450

60

70

80

90

100

110

120

130

140

Bloomberg Index in USD

50

60

70

80

90

100

110

120

130

140

2011 2012 2013 2014 201550

60

70

80

90

100

110

120

130

140

Bloomberg Energy SpotBloomberg Agriculture SpotBloomberg Indust. Metals Spot

Bloomberg Precious Metals Spot

50

60

70

80

90

100

110

120

130

140

2012 2013 2014 201560

80

100

120

140

160

180

200

DAX AktienindexBloomberg Commodity Index (ER)

60

80

100

120

140

160

180

200

Page 6: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

6 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig bewertet scheinen. Zeigt sich daran möglicherweise auch eine Unterbewertung der Rohstoffe? Tatsächlich sollte sich das aktuell relativ niedrige Preisniveau in Kürzungen auf der Angebotssei-ten niederschlagen, da momentan nur geringe Anreize zur Ausweitung von Investitionen bei den Produzenten bestehen und wenig rentable Projekte mehr und mehr ihre Daseinsberechtigung verlieren. Sollte die weltweite Rohstoffnachfrage - wie in den letzten Jahren - tendenzi-ell weiter zulegen, könnten durch die aktuellen Drosse-lungen auf der Angebotsseite aber auch bereits wieder die Grundlagen für den nächsten Rohstoff-Boom gelegt werden. Sollten sich daher Verbraucher das niedrige Preisniveau am Rohstoffmarkt jetzt längerfristig sichern? Und bestehen damit nicht auch gute Chancen für Inves-toren?

Commodity Yearbook 2015Antworten auf diese Fragen gibt das Commodity Ye-arbook 2015. Die vorliegende Publikation bietet eine umfangreiche Übersicht über aktuelle Entwicklungen, Zusammenhänge und Trends, welche die Rohstoffmärkte von Aluminium und Erdgas, über Gold, Kupfer und Ni-ckel, bis hin zu Öl, Silber und Zink derzeit bewegen. Die Studie richtet sich sowohl an Anleger und Investoren, die über ein Engagement in der Assetklasse Commodities nachdenken, wie auch an Unternehmen, die sich als Roh-stoffverbraucher seit einigen Jahren steigenden Rohstoff-Volatilitäten und zunehmenden Preisrisiken ausgesetzt sehen.

Der Fokus des Commodity Yearbook 2015 liegt in der fundamentalen Analyse der einzelnen Rohstoff-Teilmärk-te und Rohstoff-Sektoren sowie dem daraus abgeleiteten Ausblick auf die kommenden Monate. Hierzu gehört auch das aktuelle weltwirtschaftliche Umfeld, insbeson-dere im Hinblick auf die Konjunkturlage im Euroraum, in den USA und in China. Für Rohstoffverbraucher wird die Bedeutung der Absicherung von Rohstoffrisiken darge-stellt. Zudem werden Investmentmöglichkeiten im Roh-stoffbereich von Aktien und Fonds, über Münzen und Barren bis hin zu Zertifikaten aufgezeigt. Die Publikation wird durch die Preisprognosen der wichtigsten Commo-dities von A (wie Aluminium) bis Z (wie Zink) abgerundet.

Bisherige Entwicklung 2015 und AusblickIm Jahr 2015 setzte sich der Abwärtstrend bei den Roh-stoffen zunächst fort und der Bloomberg Commodity Index (Spot) fiel bis Mitte März auf ein vorläufiges Jahres-tief bei 315 Punkten, was gemessen am Jahresanfangs-stand einem Minus von rund 5 % entsprach. Seitdem ging es aber am Rohstoffmarkt mit den Notierungen wieder leicht nach oben! Immerhin verzeichnete der Bloomberg Index bis Mitte Juli einen Anstieg von rund 10 Punkten oder etwa 3 %. Der Aufschwung wurde dabei vor allem von steigenden Notierungen bei Energierohstoffen und Agrarrohstoffen getragen. Basis- und Edelmetalle tendierten jedoch weiter seitwärts bis abwärts.

Entwicklung der Bloomberg Subindizes zu Jahresbeginn 2015

(indexiert; 1.1.2015 = 100)

Quelle: Thomson Reuters

Insbesondere das zuletzt weiter relativ solide Wachstum der Weltwirtschaft sollte die Nachfrage nach den meisten Rohstoffen weiter ansteigen lassen. Wichtigster Motor des globalen Wachstums bleiben viele Schwellenländer; allerdings sollten auch die USA in Zukunft noch stärker zu ihrer Rolle als Lokomotive für die Weltkonjunktur fin-den. Rückläufige Investitionen in vielen Rohstoffsektoren dürften in den nächsten Monaten jedoch die Dynamik auf der Angebotsseite bremsen. Bei einigen Rohstoffen sind bereits seit geraumer Zeit fallende Lagerbestände zu beobachten. Insofern spricht vieles dafür, dass die Bodenbildung bei den Rohstoffen nicht fern ist. Auf Sicht von 12 Monaten rechnen wir bei allen von uns gecover-ten Rohstoffen mit steigenden Preisen.

201585

90

95

100

105

110

115

120

Bloomberg Energy SpotBloomberg Agriculture SpotBloomberg Indust. Metals Spot

Bloomberg Precious Metals Spot

85

90

95

100

105

110

115

120

Page 7: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 7

Weltwirtschaftswachstum 2015 und 2016 wieder auf höherem

Niveau (Angaben in %)

Quelle: LBBW Research

Im Energiesektor rechnen wir vorerst mit einer Kon-solidierung, da sich vor allem auf der Angebotsseite weiterhin keine Knappheiten abzeichnen – im Gegenteil: Die OPEC, allen voran Saudi-Arabien, dürfte ihren expan-siven Kurs bei der Ölförderung in den nächsten Monaten weiter fortsetzen. Zudem sollte im Zuge der Einigung im Atomstreit mit dem Iran ein gewichtiger Akteur auf dem Ölmarkt für zusätzliches Angebot sorgen. Und schließ-lich setzen die spekulativen Marktteilnehmer bereits stark auf steigende Preise – was in der Regel als Kontra-indikator gedeutet werden kann. Erst auf mittlere Sicht dürften Brent und Co. wieder stärker anziehen. Nachdem die Ölindustrie auf das immer noch niedrige Preisniveau mit deutlich reduzierten Investitionsplänen reagiert, könnte hier bereits die Basis für die nächste Hausse gelegt werden. Zudem bleiben natürlich geopolitische Themen auf der Agenda. Russland und Irak (IS) bleiben ebenso im Fokus wie Saudi-Arabien/Jemen.

Bei den meisten Basismetallen sollten die Zeichen wieder auf Plus stehen. Immerhin haben die Preise im laufenden Jahr bis Mitte Juli im Durchschnitt über 10 % nachgege-ben. Auch bei Alu und Co. dürften sich mittelfristig die gekürzten Investitionsbudgets bei vielen Produzenten auswirken. Für eine Reihe von Basismetallen zeichnet sich für 2015 und 2016 ein Angebotsdefizit ab. Dies lässt sich aktuell auch bei den Lagerbeständen ablesen, die bei vielen Metallen seit geraumer Zeit rückläufig sind. Damit könnte hier ebenfalls die Basis für die nächste Hausse bereits gelegt sein.

Erwartete Metallmarktsalden 2014/2015e/2016e (Produktion-

Verbrauch, in % der Jahresnachfrage)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Beim Blick auf den Goldpreis zeigt sich, dass die Zeit der starken Preisrücksetzer (wie im Jahr 2013) wohl vorbei ist. Vielmehr sieht das Chartbild nach einer Bodenbil-dung im Bereich der Marke von 1.200 USD aus.

Gold vor dem nächsten Aufschwung?

Quelle: Thomson Reuters

Immerhin sollte die scheinbar endlose Geschichte um den griechischen Schuldenstreit dem gelben Metall tendenziell Auftrieb verleihen. Auch die jüngsten Turbu-lenzen am chinesischen Aktienmarkt (nach der Hausse am Immobilienmarkt) könnten ein positives Signal für Gold-Bullen sein. Sofern sich das Grundschema aus der Vergangenheit wiederholt, sollte Gold in der Gunst der chinesischen Anleger dann auch bald wieder steigen. Schließlich bleiben die Notenbanken weiterhin auf der Käuferseite des Marktes und sorgen für zusätzliche Nachfrage. Und last but not least dürfte das Angebot aus dem Recycling von Altgold aufgrund des gedrückten Preiseniveaus weiter zurückgehen.

3,4 3,4 3,53,7

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

2013 2014 2015e 2016e0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

-4,0

-2,0

0,0

2,0

4,0

6,0

8,0

-4,0

-2,0

0,0

2,0

4,0

6,0

8,0

Aluminium Kupfer Nickel Blei Zink Zinn

2014

2010 2011 2012 2013 2014 20151000

1100

1200

1300

1400

1500

1600

1700

1800

1900

Gold

1000

1100

1200

1300

1400

1500

1600

1700

1800

1900

Page 8: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

8 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Vor diesem Hintergrund könnte der Goldpreis auf Sicht von 12 Monaten durchaus wieder auf 1.300 USD klettern. Im Schlepptau von Gold besteht auch Potenzial für den „kleinen Bruder“ Silber sowie Palladium und Platin (insbe-sondere aufgrund der soliden Automobilkonjunktur).

Unter dem Strich bietet die Assetklasse Commodities aus Anlegersicht damit mittelfristig durchaus Perspektiven. Insbesondere Edelmetalle verfügen auch kurzfristig über Preissteigerungspotenzial. Investoren mit mittel- bis langfristigem Anlagehorizont könnten bei Rücksetzern über einen Einstieg in den Rohstoffmarkt nachdenken. Ebenso sollten Hersteller, welche insbesondere Edelme-talle und ausgewählte Basismetalle als Inputfaktoren in

der Produktion benötigen, die Chance nutzen und - in Anbetracht der weiterhin robusten Weltwirtschaft - das aktuelle Preisniveau über geeignete Sicherungsgeschäfte längerfristig festschreiben.

Eine anregende Lektüre des Commodity Yearbooks 2015 wünscht

Uwe Burkert, Chefvolkswirt der LBBW

und das LBBW Commodity Research-Team:Dr. Frank Schallenberger, Thorsten Proettel, Frank Klumpp und Achim Wittmann

Page 9: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 9

2 Makroökonomisches Umfeld.

Weltwirtschaftswachstum bleibt auf Kurs

Das Expansionstempo der Weltwirtschaft hat sich im vergangenen Jahr nicht beschleunigt. Die Weltwirtschaft wuchs 2014 mit einer Veränderungsrate von 3,4 %, nach ebenfalls 3,4 % im Jahr 2013. Die Chance auf eine Wachs-tumsbeschleunigung im laufenden Jahr stehen allerdings nicht schlecht. Vor allem der niedrige Ölpreis sollte sich als Katalysator für eine Wachstumsbeschleunigung erweisen. Immerhin dürfte sich das BIP in Deutschland aufgrund des niedrigen Ölpreises (Annahme: durch-schnittlicher Ölpreis 2015 von 66 USD, anschließend leicht ansteigend) in den Jahren 2015 und 2016 laut Fitch Rating um kumuliert 0,3 Prozentpunkte erhöhen. Bei größeren Ölverbrauchern wie den USA oder China sollte der Effekt mit 0,7 bzw. 0,9 Prozentpunkten sogar noch stärker ausfallen. Mit dem niedrigen Ölpreis wird die Weltwirtschaft erheblich entlastet. Lagen beispielsweise die weltweiten Ausgaben für Öl im Jahr 2012 noch bei 5 % des Welt-BIP, ermäßigt sich dieser Wert im laufenden Jahr (bei der Annahme eines durchschnittlichen Ölpreises von 58 USD) auf nur noch 2,4 %.

Globale Ausgaben für Öl sinken mit dem Öl-Preis

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Nachdem China mittlerweile bei vielen Rohstoffen zu einem der größten Nachfrager geworden ist, hat die Ent-wicklung im Reich der Mitte naturgemäß einen starken Einfluss auf den Rohstoffmarkt. Mit einem BIP-Wachstum von 7,3 % hat die Kommunistische Partei ihr Wachs-tumsziel für 2014 von 7,5 % knapp verfehlt. Im Vorfeld deuteten bereits verschiedene Frühindikatoren auf diese abnehmende Dynamik hin. Wir erwarten für das laufende Jahr ein Wachstum von 6,8 %.

BIP-Wachstum China

Quelle: Thomson Reuters

Eine harte Landung der chinesischen Konjunktur ist weiterhin relativ unwahrscheinlich: China ist nach den USA der zweitgrößte Ölkonsument der Welt und profi-tiert damit stärker als andere Länder vom Ölpreisverfall. Darüber hinaus griffen die chinesische Regierung und die Notenbank bereits 2014 mit kleineren Konjunktur-programmen und einer Senkung des Leitzinses stützend ein. Falls es zu einer starken Abschwächung kommen sollte, würde die Regierung wohl nicht zögern und weite-re gezielte Maßnahmen ergreifen.

Fahrzeugabsatz in China (Monatswerte in 1.000 Stück)

Quelle: Thomson Reuters

Über die Diskussion um fallende Wachstumsraten in China sollte man jedoch nicht vergessen, dass die Ent-wicklung im Reich der Mitte während der letzten 10 Jahre so rasant verlief, dass auf dem mittlerweile erreichten deutlich höheren Niveau der wirtschaftlichen Entwick-lung auch abgeschwächte Wachstumsraten in absoluten Zahlen immer größere Volumensänderungen bedeuten.

2,5% 2,5%

2,0% 2,0%

2,6%

3,3%

4,3%

3,9%

6,4%

3,2%3,6%

5,2%4,8%

4,5%4,3%

2,4%

0

20

40

60

80

100

120

140

0%

1%

2%

3%

4%

5%

6%

7%

2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014P

Globale Ausgaben für Öl in % des BIP

Rohöl in USD/Barrel (rechte Skala)

04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 150

2

4

6

8

10

12

14

16

BIP-Wachstum China YoY%

0

2

4

6

8

10

12

14

16

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 20140

200

400

600

800

1000

1200

1400

1600

1800

2000

2200

Fahrzeugabsatz China (Monatswerte in 1.000)

0

200

400

600

800

1000

1200

1400

1600

1800

2000

2200

Page 10: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

10 LBBW - Commodity Yearbook 2015

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 201470

75

80

85

90

95

100

105

110

115

120

SpanienFrankreich

Italien

DeutschlandPortugalGriechenland

70

75

80

85

90

95

100

105

110

115

120

So lag beispielsweise der Fahrzeugabsatz in China vor 10 Jahren noch bei rund 200.000 Fahrzeugen pro Mo-nat – im Dezember 2014 wurde erstmals die Zahl von 2 Millionen Fahrzeugen pro Monat geknackt. Bei einer Verzehnfachung in den letzten 10 Jahren und dem mitt-lerweile erreichten hohen Niveau der Zulassungszahlen, scheint es natürlich, dass Wachstumsraten von 10 % und mehr beim chinesischen BIP der Vergangenheit angehö-ren dürften.

Neben der chinesischen Konjunktur ist vor allem die Wirtschaftsentwicklung in den USA ein wichtiger Ein-flussfaktor auf den Rohstoffmarkt. Das Expansionstem-po der US-Wirtschaft hat 2014 mit einer Wachstumsrate von 2,5 % gegenüber dem Vorjahr bereits leicht zulegen können. Eine weitere positive Entwicklung der US-Kon-junktur ist nicht unwahrscheinlich. Zwar musste die US-Wirtschaft im ersten Quartal 2015 eine Wachstumsdelle hinnehmen, dabei dürften jedoch temporäre Belastungs-faktoren wie der besonders kalte Winter im Nordosten des Landes sowie die Arbeitskonflikte an den Häfen der Westküste für die Wirtschaftsschwäche mitursächlich sein. Bereits im zweiten Quartal dürfte die US-Wirtschaft wieder deutlich zulegen. Vor allem die weiterhin robuste Verfassung des US-Arbeitsmarktes und deutlich nach oben gerichtete Konjunkturindikatoren (wie zum Beispiel der ISM-Index für das Nicht-Verarbeitende Gewerbe) deu-ten darauf hin, dass die US-Konjunktur unverändert auf einem soliden Wachstumspfad bleibt.

US-BIP und ISM-Einkaufsmanagerindex

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Schließlich ist natürlich auch Europa ein wichtiges Puzz-leteil, wenn es um die Entwicklung von Rohstoffangebot und -nachfrage geht. Hier standen zuletzt vor allem die Diskussionen um die weitere Entwicklung Griechenlands im Zentrum der Diskussionen. Mit dem im Juli 2015 in Aussicht gestellten 3. Hilfsprogramm in Höhe von gut 80 Mrd. Euro sollte das Thema Griechenland allerdings peu à peu wieder an Brisanz verlieren.

Somit könnten bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Perspektiven der Eurozone auch langsam wieder die Fundamentaldaten in den Mittelpunkt – und die sehen gar nicht so schlecht aus. Neben dem niedrigen Ölpreis profitieren die Länder der Eurozone auch vom schwäche-ren Euro und den damit einher gehenden verbesserten Exportmöglichkeiten. Dies schlägt sich auch in relativ guten Konjunkturindikatoren nieder. So konnte beispiels-weise der ifo-Index zur Beurteilung des Geschäftsklimas in Deutschland zuletzt von Oktober 2014 bis April 2015 immerhin sechs Mal in Folge zulegen. Auch das Wirt-schaftsklima der Eurozone sieht in der Summe im Ver-gleich zur Situation 2012 oder 2013 deutlich besser aus.

Wirtschaftsklima in der EWU

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14-10

-8

-6

-4

-2

0

2

4

6

8

30

35

40

45

50

55

60

65

US BIP- (QoQ annualisiert)ISM verarbeitendes Gewerbe (rechte Skala)ISM Service (rechte Skala)

Page 11: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 11

Unter dem Strich sollte die Konjunktur in der Eurozone damit im laufenden Jahr wieder etwas stärker zulegen können. Wachstumsraten von über 1 % sollten in Euro-land - trotz aller Krisendiskussionen - sowohl 2015 als auch 2016 wieder möglich sein!

Dr. Frank Schallenberger

LBBW-Konjunkturprognosen im Überblick

2013 2014 2015e 2016e

Deutschland BIP 0,2 1,6 1,6 1,7

Inflation 1,5 0,9 0,4 1,7

Euroland BIP -0,3 0,9 1,2 1,5

Inflation 1,4 0,4 0,2 1,5

Großbritannien BIP 1,7 2,8 2,6 2,2

Inflation 2,6 1,5 0,6 2,0

USA BIP 2,2 2,4 2,5 2,8

Inflation 1,5 1,6 0,6 2,7

Japan BIP 1,6 -0,1 1,1 1,2

Inflation 0,4 2,7 1,0 1,1

China BIP 7,7 7,3 6,8 6,5

Inflation 2,6 2,0 1,6 1,2

Welt BIP 3,4 3,4 3,5 3,7

Inflation 3,9 3,5 2,8 3,6

Quelle: LBBW Research

Page 12: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

12 LBBW - Commodity Yearbook 2015

3 Energie.

Sektorausblick

Über die Hälfte seines Wertes hat ein Barrel Brent-Rohöl in der Spitze verloren. Ein Vergleich mit den Jahren 2008 und 2009 drängt sich auf – damals brach der Ölpreis mit über 70 % noch stärker ein. Doch dieser Vergleich hinkt – damals wurde der Ölcrash von einer globalen Rezession als Folge der Finanzkrise begleitet. This time it´s different – schließlich ist die Weltwirtschaft derzeit allen Unken-rufen zum Trotz auf Wachstumskurs. Der aktuelle Ölpreisverfall hat andere Ursachen.

Damals, zwischen 2007 und 2009, gab die globale Ölnachfrage um über 1,5 Mio. Barrel pro Tag nach. Derzeit wächst die Ölnachfrage im Jahresvergleich um über eine Mio. Barrel pro Tag. Die Ursachen sind also auf der Angebotsseite zu suchen. Das Angebot außerhalb der OPEC wurde in den letzten Jahren unter Führung der USA kräfitg ausgeweitet, die dank der umstrittenen Fracking-Methoden einen regelrech-ten Ölboom verzeichneten.

In den vergangenen Jahren sprang bei starken Ange-botsschwankungen meist Saudi-Arabien in die Bre-sche und erfüllte seine Rolle als „Swing-Produzent“. Im Falle eines Überangebots kürzten die Saudis die Produktion, um die Preise stabil zu halten. Dieses Mal jedoch nicht. Beim vorletzten OPEC-Meeting im November blieb die Förderquote unverändert. Das Ziel der Saudis ist klar: Sie möchten keine weiteren Marktanteile an „unkonventionelle“ Ölförderer wie z.B. Schieferölproduzenten in den USA verlieren. Dort kämpft die Industrie nun mit dem tieferen Preisniveau, das einige Projekte unrentabel macht. Die Zahl der in Betrieb befindlichen Förderanlagen ging bereits kräftig zurück.

Jedoch trägt auch die Nachfrageseite ihren Anteil bei der Suche nach einem neuen Gleichgewicht; vor allem saisonal ist im zweiten Halbjahr mit steigen-der Nachfrage zu rechnen. Wir erwarten daher eine leichte Erholung des Ölpreises in der zweiten Jahres-hälfte. Allerdings dürfte diese nicht besonders dyna-misch ausfallen – vor allem weil wir davon ausgehen, dass die expansive Förderpolitik der OPEC lange Zeit beibehalten wird. Zudem wird 2016 Iran seine sanktionsbedingt eingedämmten Exporte wieder ausweiten können. Neben diesen fundamentalen und geopolitischen Aspekten spielen spekulative Kräfte unseres Erachtens lediglich eine untergeordnete Rolle. Dennoch spricht auch die aktuelle Ausrichtung vieler Investoren gegen stärkere Preiszuwächse.

BIP-Wachstum und Ölpreis

Quelle: Thomson Reuters, IWF, LBBW Research

US-Ölproduktion (in mbpd)

Quelle: EIA, LBBW Research

Ölproduktion Iran und Saudi-Arabien (in Tsd. Barrel pro Tag)

Quelle: Bloomberg

Net Assets US Oil Fund und WTI-Preis

Quelle: Thomson Reuters

80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 00 02 04 06 08 10 12 14-2

0

2

4

6

8

10

12

14

-20

0

20

40

60

80

100

120

140

BIP-Wachstum global (real, YoY%, Quelle IWF)Ölpreis Brent (in USD/Barrel)(RECHTE SKALA)

Mai 2015:Zwischenhochbei 9,59 mbpd

September2016:

Zwischentiefbei 9,12 mbpd

7,5

8,0

8,5

9,0

9,5

10,0

10,5

Jan 2014 Jan 2015 Jan 2016

EIA STEO Jan 2015EIA STEO Juni 2015

7,5

8,0

8,5

9,0

9,5

10,0

10,5

2000

3000

4000

5000

6000

7000

8000

9000

10000

11000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

8000

9000

10000

11000

1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015Ölproduktion Iran (in Tsd. Barrel pro Tag)Ölproduktion Saudi-Arabien

2010 2011 2012 2013 2014 20150

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

40

50

60

70

80

90

100

110

120

Net Assets US Oil Fund ETF (in Mio. USD)Ölpreis WTI (in USD/Barrel)(RECHTE SKALA)

Page 13: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 13

3.1 Primärenergiemix

3.1.1 Langfristige Trends„Peak Oil“, „das Ende des Ölzeitalters“, „Erneuerbare Energien“ – solche Schlagzeilen deuten darauf hin, dass die Zeit fossiler Brennstoffe bald zu Ende sein könnte. Derzeit ist eine rasche Abkehr von Öl, Gas & Kohle nicht in Sicht, diese Rohstoffe machen aktuell rund 87 % des Primärenergieverbrauchs aus. Mit einem Anteil von 33 % hat Rohöl deutlich vor Kohle (30 %) und Erdgas (23,7 %) immer noch den größten Anteil am weltweiten Energie-verbrauch (Quelle: BP, Statistical Review June 2014, Daten 2013). Öl hat nun bereits seit 14 Jahren in Folge im Ener-giemix Marktanteile verloren.

Globaler Primärenergiemix seit 1986 (in Mio. t. Öläquivalent)

Quelle: BP

Revolutionäre Veränderungen im Energiemix sind ohne-hin keine Frage von Jahren oder Jahrzehnten, sondern eher von Jahrhunderten. So haben fossile Brennstoffe, vor allem Öl, um 1890 Biomasse als Hauptenergieträger abgelöst, was sie bis heute sind. Für die Mehrheit un-serer Leserschaft dürfte sich daran zu ihren Lebzeiten nichts ändern. Benzin- und Dieselmotoren sowie Gas- und Dampfturbinen dürften ihre globale Marktführer-schaft in Transport und Stromerzeugung noch eine Weile inne haben.

Globaler Primärenergiemix je Dekade, 1800-2040

Quelle: Vaclav Smil, Energy Transitions (1800-1960), Exxon (1970-2040)

Längerfristig, mit einem Horizont von 20-30 Jahren, könnte sich der energetische Mix bestenfalls moderat verschieben. Hierüber geben eine Reihe von Studien Aufschluss, die regelmäßig, üblicherweise in jährlichem Rhythmus, von IEA, OPEC, EIA, BP und Exxon veröffent-licht wurden und diesen Zeithorizont umfassen.

BP Energy Outlook: BP geht von einem Primär-Energie-wachstum von 12,8 Mrd. Tonnen Öläquivalent (toe) im Jahr 2013 auf 17,4 Mrd. toe (1,4 % p.a.) im Jahr 2035 aus. Die Annahme hierbei ist ein globales jährliches BIP-Wachstum von 3,5 % in Verbindung mit einer Verbesse-rung der Energieintensität von rund 1,9 % p.a.

Welt-Energienachfrage in Mrd. Tonnen Öläquivalent

Quelle: BP

13 000

12 000

11 000

10 000

9 000

8 000

7 000

6 000

5 000

4 000

3 000

2 000

1 000

086 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13

Öl Erdgas KernenergieWasserkraft Erneuerbare Energien Kohle

Biomasse Kohle ÖlGas Wasserkraft KernenergieErneuerbare Energie

1800 1850 1900 1950 2000 2040

100

80

60

40

20

0

1990 2013 2035

8,2

12,8

17,4

Page 14: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

14 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Dabei dürfte Öl weiter an Bedeutung verlieren. Preisent-wicklungen, politische Maßnahmen sowie neue Techno-logien in Verbrauch und Produktion treiben die Verschie-bung voran, die den Anteil vom Öl um fast 5 %-Punkte sinken lassen dürfte. Insgesamt konvergieren die fos-silen Brennstoffe hin zu einem Anteil von rund 27 % im Jahr 2035. Erneuerbare Energien gewinnen weiter Markt-anteile und dürften Kernenergie 2025 überholen.

Anteil Verbrauch Primärenergie global

1990 2013 2035

Öl 1) 39,0 % 32,9 % 29,0 %

Gas 21,8 % 23,7 % 26,1 %

Kohle 27,2 % 30,0 % 26,2 %

Nuklear 5,6 % 4,4 % 4,8 %

Wasserkraft 6,0 % 6,7 % 7,2 %

Erneuerbare 0,3 % 2,2 % 6,8 %

1) inklusive Biofuels; Quelle: BP

Interessant an der BP-Vorgehensweise ist die detaillierte Berücksichtigung der Veränderung der Energieintensität in der Top-Down-Datenerhebung, also der Energie, die für eine BIP-Einheit aufgewendet wird (und entsprechend der historischen Erfahrungswerte künftig erwartet wer-den dürfte). Ergänzend zur jährlichen Veröffentlichung des „Energy Outlook“ hatte der damalige Chefökonom Christof Rühl bereits 2012 gemeinsam mit weiteren Au-toren ein Paper unter dem Titel „Economic Development and the Demand for Energy: A Historical Perspective on the Next 20 Years“ publiziert, das sich diesem Thema widmete. Demnach hat die Energieintensität im Zeit-ablauf die Form einer Glockenkurve, deren Verlauf und Höhe des Energie-Intensitäts-Maximums vor allem von vier verschiedenen Faktoren erklärt werden kann: Pfad der Entwicklung einer Volkswirtschaft (Energieintensität in Abhängigkeit des Industrieanteils); Technologie (Ef-fizienzgewinne durch technologische Innovationen wie spritsparende Fahrzeuge, energieoptimierte Neubauten, effizientere Kraftwerke); Besitz von Rohstoffvorkommen (Importeure sind tendenziell sparsamer) und das öko-nomische System (zentral verwaltete Volkswirtschaften tendieren zu höherer Energieintensität).

Energieverbrauch in Tonnen Öläquivalent pro 1.000 USD

Bruttoinlandsprodukt

Quelle: BP

Diese historischen Erfahrungen lassen lt. BP darauf schließen, dass sich die Energieintensität weltweit von 1990 bis zum Jahr 2035 mehr als halbieren dürfte. Zwi-schen 2010 und 2035 bedeutet dies eine jährliche Effi-zienzsteigerung von rund 2 %. Dabei konvergieren die einzelnen Regionen stark, d.h. sowohl Schwellenländer als auch Industriestaaten folgen dem Pfad der sich ste-tig verbessernden Energieintensität. Dies ist eine Folge ökonomischen Handelns und des globalen Wettbewerbs, dass der effizienteste Einsatz von Energie gefördert wird. Dies führt naturgemäß nicht immer zum CO

2-

freundlichsten Energiemix, weshalb die CO2-Intensität

(die Menge an ausgestoßenem CO2 pro BIP-Einheit) sich

zwar ebenfalls verbessert, jedoch vor allem dank der verbesserten Energieintensität, und nur marginal wegen eines klimafreundlicheren Energiemix. Die Nachfrage nach Energie steigt um knapp 1,4 % p.a. bis 2035 - hier sind die Sparmaßnahmen von 2 % bereits berücksichtigt. Der veränderte Energiemix schlägt nur mit 0,4 % p.a. zu Buche, so dass nach Einschätzung von BP die CO

2 Emis-

sionen bis 2035 mit 1 % p.a. ansteigen, was die Klima-schutzziele weit übertrifft.

Um die Emissionen entsprechend zu senken, sind um-fangreiche Maßnahmen notwendig. Neben Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz sind hier vor allem Coal-to-Gas-Switch, Carbon Capture, ein höherer Anteil an Erneuerbarer Energien sowie Kernenergie am Energiemix zu nennen. Letztlich ist die Frage, ob diese genannten Möglichkeiten auch umgesetzt werden, eine Frage des Preises bzw. der Rentabilität der Investitions-projekte. Will man diese Preisanreize nicht dem Zufall

USA UK IndienFSU/Russland China JapanWelt

0,6

0,5

0,4

0,3

0,2

0,1

01810 1830 1850 1870 1910 1910 1930 1950 1970 1990 2010 2030

Page 15: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 15

(bzw. den Marktkräften und damit den relativen Markt-preisen von Gas, Kohle, Öl, Erneuerbare Energien etc.) überlassen, schlägt BP „a meaningful global carbon pri-ce“ vor, der die richtigen klimafreundlichen Anreize für Investmententscheidungen im Energiesektor setzen soll.

IEA World Energy Outlook: Die Internationale Energie-agentur in Paris legt ihren längerfristigen Ausblick bis zum Jahr 2040 an. Im Hauptszenario („New Policies Sze-nario“) wird ein Primärenergiewachstum von 1,1 % p.a. erwartet. Hinsichtlich des Energiemix sieht auch die IEA besonders starkes Wachstum bei Gas, bei zugleich sin-kendem Öl- und Kohleanteil, die beide lediglich mit ein-stelligen Wachstumsraten zulegen dürften. 2040 dürfte Öl nach wie vor der wichtigste fossile Energieträger sein, mit knappem Vorsprung vor Gas und Kohle. Die Ölnach-frage steigt demnach von aktuell rund 90 Mio. Barrel pro Tag auf 104 Mio. Barrel pro Tag im Jahr 2040.

Die IEA veröffentlicht während des Jahres weitere „Spe-cial Reports“, die übergeordnete strategische Themen beleuchten. Im Jahr 2013 veröffentlichte die Pariser Institution die beiden Reports „Redrawing the Energy Climate Map“ (Juni) und „Energy Effiency Market Report“ (Oktober) und unterstreicht damit den Fokus auf Klima-wandel und Effizienzgewinne. In ihrem Hauptszenario rechnet die IEA mit jährlichen Effizienzsteigerungen von 1,8 % – eine vergleichbare Annahme zu den 2 % p.a., die BP verwendet. Dies dürfte jedoch nicht ausreichen, um Klimaschutzziele zu erreichen. Im Hauptszenario sei eine langfristige Erderwärmung von 3,6 °C zu erwar-ten. Um die Erderwärmung auf die von Klimaschützern propagierten 2 °C zu begrenzen, seien weiter reichende politische Beschlüsse und Energiesparmaßnahmen anzu-streben. In ihrem Special Report vom Juni nennt die IEA vier bis zum Jahr 2020 zu realisierende Maßnahmen, um das langfristige 2-Grad-Ziel weiter im Blick zu behalten. Diese „4-für-2 Grad“ Maßnahmen umfassen: Abbau von Subventionen für Öl und Gas (vor allem in Nahost), Ver-meidung von Methanaustritt in die Atmosphäre im Rah-men der Öl- und Gasförderung, Abschaltung ineffizienter Kohlekraftwerke sowie Förderung der Energieeffizienz.

Da das letztgenannte Maßnahmenpaket „Verbesserung der Energieeffizienz“ nahezu die Hälfte der nötigen CO

2-

Einsparungen, ingesamt 1,5 Mrd. Tonnen p.a., ermögli-chen könnte, hat die IEA diesem Thema im Oktober 2013 einen eigenen Report gewidmet. Das größte Einsparpo-tenzial bzw. die höchsten Effizienzgewinne wiederum schlummern im Gebäudesektor. Verbesserungen in Heiz-

und Kühltechnik sowie Hausgeräten und Beleuchtung könnten 0,8 Gigatonnen (Gt) CO

2-Emissionen einsparen.

Realisierte und unrealisierte Effizienzpotenziale im IEA

Hauptszenario

Quelle: IEA WEO 2012

Um diese Potenziale zu heben, sind umfangreiche Inves-titionen notwendig. Im Jahr 2011 lagen die Investionen in Energieeffizienz nur bei knapp der Hälfte der Energie-subventionen (519 Mrd. USD). Das bedeutet im Klartext: Die Verschwendung von Ressourcen wurde weltweit dop-pelt so stark gefördert wie deren Einsparung!

OPEC World Oil Outlook: Die OPEC hat mit dem aktuel-len jährlichen Outlook ihren Langfristhorizont ebenfalls bis zum Jahr 2040 ausgeweitet. In seinem Basisszenario hat das Kartell seine BIP-Wachstumserwartungen auf 3,5 % p.a. belassen. Im letzten WOO hatte die OPEC beim Energieverbrauch ein Plus von 1,67 % p.a. auf 381,1 mboe (im Jahr 2035) erwartet. Nun sieht die OPEC ein Plus von 1,57 % auf 410,2 mboe im Jahr 2040. Im Ener-giemix sieht die OPEC 2040 Kohle und Gas mit knapp 27 % vor Öl mit einem Anteil von 24,3 %. Damit ist die OPEC, die für die Versorgung der Ölmärkte trotz der Marktanteilsverluste der letzten Jahre weiterhin eine entscheidende Rolle spielen dürfte, sozusagen für den Marktanteil des „eigenen“ Energieträgers skeptischer gestimmt als die IEA und BP, die beide Öl langfristig die dominierende Rolle geben.

EIA Annual Energy Outlook: Die EIA, das Amt für Energiestatistik im US-Energieministerium, legt den Fokus naturgemäß auf die USA. Der im zweijährigen Rhythmus aufgelegte „International Energy Outlook“ mit globaler Perspektive erschien zuletzt im Juli 2013. In ihrem am 14.04.2015 erschienenen Annual Energy Outlook Hauptszenario „Reference Case“ hat die Agentur

100

80

60

40

20

0Industrie Transport Stromerzeugung Gebäude

Realisierte EffizienzpotenzialeUnrealisierte Effizienzpotenziale

Page 16: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

16 LBBW - Commodity Yearbook 2015

ihre Langfristschätzung hinsichtlich der heimischen Öl-produktion trotz des jüngsten Ölpreisverfalls nur leicht gesenkt (2040: 19.900 Mrd. btu nach bisher 20.000 Mrd. btu). Der Peak in der US-Ölproduktion wird – trotz der aktuellen Delle – weiterhin im Jahr 2020 bei 10,6 mbpd gesehen. Die erwartete US-Gasproduktion wurde indes von bisher 38.370 Mrd. btu auf 36.400 Mrd. btu kräftiger revidiert. Dennoch bleibt der Trend zur hö-heren Unabhängigkeit von Energieimporten intakt: Im Falle von Rohöl dürfte die Importquote von 33 % im Jahr 2013 auf 17 % im Jahr 2040 fallen – deutlich weniger als noch im letzten AEO erwartet wurde. Über alle Primär-energieträger hinweg werden sich ab dem Jahr 2028 die Importe und Expote in etwa die Waage halten. Die EIA veröffentlicht jedoch noch einige weitere Szenarien (High Oil Price, Low Oil Price, High Oil and Gas Resource) und zeigt damit die Unsicherheit des Referenzszenarios und mögliche, vor allem von den (relativen) Preisen abhängi-ge Szenarien.

Exxon: Exxon nimmt bis 2040 ein BIP-Wachstum von rund 3,0 % p.a. an, dabei soll die Nachfrage nach Pri-märenergie um 1,0 % p.a. steigen. Auch Exxon sieht

Öl weiterhin als dominierenden Energieträger, mit (ad-justiert) 34,5 % Anteil am Primärmix, was mittels eines 0,8 %igen Wachstums der Ölnachfrage erreicht wird. Die Nachfrage nach Gas wächst am stärksten mit 1,6 % p.a. und erreicht einen Marktanteil von 28,6 %, während der Kohleverbrauch nach dieser Schätzung mit 20,9 % Anteil in absoluten Größen nahezu stagniert (0,1% p.a. Langfristwachstum). Implizit nimmt Exxon auch eine Verbesserung der Energieintensität von 2,0 % p.a. an. Die aus Klimasicht positive Prognose des Energiemix unterstellt, neben marktwirtschaftlich herbeigeführten Verbesserungen wie den durch die relativen Preise aus-gelösten Coal-to-Gas-Switch in den USA auch politische Maßnahmen, die auf die Senkung des CO

2-Ausstoßes ab-

zielen. So erwartet Exxon in den OECD-Staaten implizite Kosten von 80 US-Dollar je Tonne CO

2. Per saldo dürften

die globalen Emissionen bis 2030 um 25 % ansteigen, um bis 2040 um 5 % zu fallen. Absolut gesehen dürften die jährlichen Emissionen 2040 um 6 Mrd. Tonnen höher sein als noch 2010. Aus Sicht der IEA reicht dies nicht aus, um das 2-Grad-Ziel zu erreichen – hier sind weiter reichende Maßnahmen nötig, um den CO

2-Ausstoß zu

senken (siehe oben).

Mittelfristausblicke im Vergleich – Prämissen & Prognosen

IEA – New Policies Szenario (Hauptszenario)

BP Energy Outlook

OPEC World Oil Outlook

EIA AEO 2015 – Reference Case

Exxon

Zeithorizont 2040 2035 2040 2040 2040

Veröffentlichung Nov 2014 Jan 2015 Dez 2014 Apr 2015 Dez 2014

BIP-Wachstum global in % p.a. k.A. 3,5 % 3,5 % 2,4 % 3) 3,0 %

Primärenergiewachstum in % p.a. 1,1 % 1,4 % 1,6 % 0,3 % 3) 1,0 %

Veränderung der Energieintensität /

„Energieeinsparungen“ in % p.a.Öl 22 %; Gas 17 % Kohle 15 % -2,1 % -1,8 % bis – 1,9 % -2,1 % 3) - 2,0 % (e)

Anteil am Primärenergiemix in % 1) 2) 4)

Öl 4) ~ 25,0 % 5) 29,0 % 26,9 % 35,5 % 34,5%

Gas ~ 25,0 % 26,1 % 29,8 % 29,9 % 28,6 %

Kohle ~ 25,0 % 26,1% 29,9 % 18,6 % 20,9%

Erneuerbare 4) k.A. 6,7 % 4,4 % 4,5 % 4,4 %

Wasserkraft k.A. 7,1 % 2,7 % 2,74 % 3,0 %

Kernenergie k.A. 4,8 % 6,3 % 8,52 % 8,5%

Ölnachfrage (mbpd) 104,0 111,0 111,1 k.A. 115,0

1) Die prozentualen Angaben zum Primärenergiemix sind an die BP-Sichtweise adjustiert, wonach Biomasse (v.a. zum Heizen und Kochen verwendete Brennstoffe, aber auch Biomassekraftwerke) zwar ein Primärenergieträger ist, jedoch nicht mit in die Berechnung einfließt.

2) keine Daten verfügbar

3) Angaben der EIA für den Verbrauch USA, keine globalen Angaben verfügbar. Öl inkl. NGL (Natural Gas to Liquid), CTL (Coal to Liquid) und Biokraftstoffe.

4) Öl inklusive Biokraftstoffe, Erneuerbare ex. Biokraftstoffe (globaler Anteil 2011: ca. 0,45 %; 2030 ca. 0,77 %).

5) „By 2040, each fossil fuel accounts for around one quarter of global energy demand“.

Page 17: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 17

Korrelationen Energierohstoffe

Bren

t (i

n U

SD/B

bl)

WT

I (i

n U

SD/B

bb

l)

Gas

oil (

Ara

, $/M

T)

Gas

olin

e (A

RA

, $/M

T)

Fuel

oil (

AR

A, U

SD/M

T)

Hea

tin

g O

il N

ymex

(U

SD/M

T)

RBO

B G

asol

ine

Nym

ex

Nat

ura

l Gas

USA

Hen

ry H

ub

Nat

ura

l Gas

UK

Nat

ura

l Gas

TT

F N

L

EEX

Gas

poo

l In

dex

Koh

le A

RA

IC

E

Koh

le N

ymex

EUR

USD

Brent (in USD/Bbl) 1,00

WTI (in USD/Bbbl) 0,77 1,00

Gasoil (Ara, $/MT) 0,94 0,74 1,00

Gasoline (ARA, $/MT) 0,79 0,51 0,77 1,00

Fueloil (ARA, USD/MT) 0,64 0,60 0,62 0,59 1,00

Heating Oil Nymex (USD/MT) 0,68 0,53 0,75 0,60 0,34 1,00

RBOB Gasoline Nymex 0,78 0,75 0,73 0,64 0,61 0,54 1,00

Natural Gas USA Henry Hub 0,10 0,12 0,11 0,16 0,25 0,08 0,17 1,00

Natural Gas UK 0,21 0,20 0,22 0,22 0,21 0,28 0,08 0,02 1,00

Natural Gas TTF NL 0,34 0,25 0,35 0,33 0,24 0,43 0,13 -0,03 0,87 1,00

EEX Gaspool Index 0,31 0,32 0,31 0,25 0,25 0,38 0,22 0,08 0,93 0,87 1,00

Kohle ARA ICE 0,56 0,25 0,49 0,38 0,24 0,48 0,39 0,04 0,23 0,28 0,26 1,00

Kohle Nymex 0,43 0,14 0,40 0,34 0,19 0,23 0,29 -0,09 0,09 0,22 0,16 0,32 1,00

EURUSD 0,22 0,22 0,30 0,02 0,05 0,38 0,11 0,17 0,06 0,17 0,24 0,23 0,11 1,00

wöchentliche Renditen, Historie vom 30.5.2014 bis 30.5.2015 Quellen: LBBW, Thomson Reuters

3.1.2 Korrelationen zwischen den EnergierohstoffenDie langfristige Entwicklung der Marktanteile der jewei-ligen Primärenergieträger ist letztlich eine Frage der re-lativen Preise, die sich - ganz allgemein betrachtet - aus Angebot und Nachfrage ergeben, wo wiederum Förder-kosten, Verfügbarkeit, Vorkommen, Substituierbarkeit, Effizienzsteigerungen, Infrastruktur, technologischer Fortschritt wichtige Treiber sind - sowohl bei Förderung bzw. Angebot als auch bei Verbrauch bzw. Nachfrage. Politische Entscheidungen (Förderung Erneuerbarer Ener-gien, Ausstieg aus Nuklearenergie, Einführung CO

2-Zerti-

fikate, etc.) spielen dabei eine große Rolle. Kurzfristig wirken solche Preisdifferenzen jedenfalls, wie u.a. die Coal-to-Gas-Switch Überlegungen der Energieversorger bespielhaft aufzeigen. Insgesamt korrelieren die relati-ven Preise aus kurzfristiger Sicht naturgemäß teilweise stark (Öl vs. Ölprodukte), bei fehlenden Arbitrageme-chanismen auch weniger ausgeprägt (US-Natural Gas vs. Brent). Mit Ausnahme von UK Natural Gas korrelieren die Preise der meisten Energierohstoffe auch mit der Entwicklung des US-Dollar/Euro-Wechselkurses (vgl. Tabelle).

Page 18: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

18 LBBW - Commodity Yearbook 2015

3.2 Rohöl Brent

Rückblick: Gezeitenwende an den RohölmärktenNachdem sich der Ölpreis, gemessen an der Bench-mark Dated Brent, seit 2011 über der 100-Dollar-Marke etabliert hatte, schien sich dieses Gleichgewicht auch im Jahr 2014 zunächst fortzusetzen. Zwischenzeitlich wurde sogar ein Ausbruch nach oben wahrscheinlich, nachdem der IS-Terror die irakische Ölförderung be-drohte. Nachdem jedoch immer klarer wurde, dass die Terrorgruppe Islamischer Staat (damals noch unter dem Namen ISIS aktiv) keine weiteren Terraingewinne nach Bagdad hinein und gar in den ölreichen Süden des Landes mehr erzielen würde, gab der Ölpreis wie-der nach. Als Libyen nach langer Abstinenz dann als Exporteur an die Weltmärkte zurückkehrte, bewegte sich der Ölpreis wieder in Richtung des unteren Rand-es seiner jahrelangen Handelsspanne. Als Dated Brent im Vorfeld des OPEC-Meetings im November 2014 sogar unter die 90-USD-Marke gefallen war, stand das turnusmäßige halbjährliche Treffen der ölexportieren-den Staaten in Wien besonders im Fokus.

BIP-Wachstum und Ölpreis

Quellen: IWF, Thomson Reuters, LBBW Research

Angebotsausfälle global (in Tsd. bpd)

Quellen: EIA, Thomson Reuters, LBBW Research

OPEC Ölproduktion und Fördermenge (in mbpd)

Quellen: OPEC, IEA, Thomson Reuters, LBBW Research

OPEC-Meeting im November im FokusWir hatten bis dahin immer argumentiert, dass die OPEC im Allgemeinen und Saudi-Arabien im Besonde-ren wohl ihrer Rolle als Swing-Produzent nachkommen und allmählich seinen Output reduzieren würde, um das Preisniveau zu stabilisieren. Der Newsflow im Vor-feld des Meetings deutete jedoch darauf hin, dass das Kartell Marktanteilsverluste, die durch ein reduziertes Angebot naturgemäß entstehen, nicht ohne Weiteres hinnehmen möchte. Die Entscheidung, die Fördermen-ge trotz des Überangebotes auf den Weltmärkten un-verändert bei 30 mbpd zu belassen, kam daher nicht völlig überraschend. Im Nachgang zum OPEC-Meeting kommunizierte vor allem Saudi-Arabien die neue Marschroute ungewohnt offen. So sagte der saudische Ölminister el Naimi am 10.12.2014: „Why should we cut production? Why?“; am 22.12.2014 auf die Frage, ob ihr Marktanteil von 9,7 mbpd gehalten werden soll: „Yes, unless a new client comes along and then we may in-crease it“ und am 22.12.2014 “…it is not in the interest of OPEC producers to cut their production, whatever the price is.“ Wir gehen vor diesem Hintergrund davon aus, dass die Strategie, ineffiziente Anbieter, allen vo-ran US-Schieferöl, aus dem Markt zu drängen, weiter vorangetrieben wird, auch wenn das Königreich zuletzt etwas moderatere Töne anschlug.

OPEC-Meeting zielt auf US-ÖlNach dem Ausgang des OPEC-Meetings ist das Ziel von Saudi-Arabien nun eindeutig: Die Produktion unkon-ventionellen Öls, etwa Ölsande in Kanada oder Förder-stätten in der Arktis, aber vor allem von US-Schieferöl (die tägliche Produktion überstieg zuletzt die Marke von 9 mbpd!), soll zu tieferen Preisen unwirtschaftlich werden. Letzteres ist jedoch die große „Black Box im

80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 00 02 04 06 08 10 12 14-2

0

2

4

6

8

10

12

14

-20

0

20

40

60

80

100

120

140

BIP-Wachstum global (real, YoY%, Quelle IWF)Ölpreis Brent (in USD/Barrel)(RECHTE SKALA)

500

1 000

1 500

2 000

2 500

3 000

3 500

4 000

500

1 000

1 500

2 000

2 500

3 000

3 500

4 000

Jan 2011 Jan 2012 Jan 2013 Jan 2014 Jan 2015

Iran Libyen

Nigeria Irak

84 86 88 90 92 94 96 98 00 02 04 06 08 10 12 1412

14

16

18

20

22

24

26

28

30

32

34

OPEC Ölproduktion (in mbpd, Quartalsdaten, IEA)OPEC offizielle Fördermenge bzw. Förderquote (in mbpd)

12

14

16

18

20

22

24

26

28

30

32

34

Page 19: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 19

Blue Barrel“. Die Angaben über den Break-Even-Preis von US-Schieferölprojekten schwanken je nach Projekt, Förderstätte und Experte erheblich. Die IEA gab diese Bandbreite voriges Jahr noch relativ eng zwischen 70 und 77 USD an.

US-Ölproduktion

Quelle: EIA, Thomson Reuters, LBBW Research

Der Break-even greift zu kurz – „Wait and see“Neben der „Break-even-Black-Box“, vor allem für US-Schieferöl, kommt ein weiterer Faktor hinzu: Die Schie-ferölhausse sorgte für vergleichsweise teure Preise für Förderequipment und –personal, während die Baisse hier den Ölförderern das Heft des Verhandelns in die Hand gibt. Außerdem fallen die Projektpreise ohnehin um über ca. 5 % jährlich aufgrund von Effizienzsteige-rungen, unabhängig von der Angebots-/Nachfragesi-tuation. Dennoch greifen selbst diese Überlegungen zu kurz: Der Break-even bezieht sich auf Neuinvest-ments, die weiteres Förderwachstum generieren. Die bestehenden Projekte dürften jedoch noch weit unter diesem Preis weiter fördern, zum einen aufgrund von bereits gehedgten Volumina, zum anderen weil die fixen Kosten bereits ausgegeben wurden, und nun le-diglich ein Deckungsbeitrag über die variablen Kosten hinaus generiert werden muss. Dieser „shut-in-Preis“ dürfte naturgemäß weit unter dem Break-even liegen, weshalb bestehende Projekte erst einmal weiter laufen dürften. Die Unsicherheit über die Entwicklung in den USA brachte im Dezember 2014 die IEA-Direktorin van Hoeven auf den Punkt: „The economics of unconven-tional oil have never been tested in this way before…We have to wait and see.“

Break-Even-Preise Ölförderprojekte global (in USD/Barrel)

Quellen: IEA, LBBW Research

Fracking-Ökonomie: Hohe Degenerationsraten Um die weitere Entwicklung der US-Ölförderung zu beurteilen, ist ein Blick in die Ökonomie der Einzelpro-jekte vonnöten. Zwar variieren die relevanten Faktoren und Parameter naturgemäß stark. Allerdings ist durch-aus typisch, dass die Fracking-Produktionsraten rasch absinken. Der Geowissenschaftler J. David Hughes hat in seiner Publikation „Drilling Deeper – a reality check on U.S. Government Forecasts“ 82 % der US-Schieferölproduktion detailliert untersucht. Dabei hat er die typische Degenerationsrate eines Fracking-Schie-ferölprojektes in Bakken untersucht, der drittgrößten Förderregion in den USA nach dem Permischen Becken und Eagle Ford mit einer Produktion von 1,2 Millionen Barrel pro Tag. Dieses durchschnittliche Produktions-profil basiert auf den Daten aller horizontalen Bohrun-gen in der Bakken-Gesteinsformation, die seit 2009 durchgeführt wurden. Demnach sinkt die Ölproduktion im ersten Jahr um 72 %, im zweiten Jahr um weitere 34 % und im dritten Jahr um 22 %. Damit wird deutlich, dass für eine Fortsetzung des US-Förderbooms auch ein stetiger Zustrom an Projekten nötig ist – oder: ohne Neuinvestments würde die US-Ölproduktion rasch sinken. Daher steht der in wöchentlichem Rhyth-mus veröffentlichte „Rig counts“-Indikator verstärkt im Fokus.

USPDDCO/1000USPDDCO/1000

83 85 87 89 91 93 95 97 99 01 03 05 07 09 11 133

4

5

6

7

8

9

10

US-Ölproduktion (in Mio. Barrel pro Tag)

3

4

5

6

7

8

9

10

0

20

40

60

80

100

120

140

0

20

40

60

80

100

120

140

Nah

ost

Russ

land

Südam

erik

a

Wes

tafr

ika

Off

sh

Nord

see

Tie

fsee

Etha

nol B

RA

US

Schi

efer

öl

US

Etha

nol

Öls

ande

EUEt

hanol

EUBio

die

sel

Ark

tis

Page 20: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

20 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Typische Degenerationsrate eines Fracking-

Schieferölprojektes in Bakken (in Barrel pro Tag)

Quelle: Post Carbon Institute, David Hughes, April 2014, nach Daten von Drilling Info

„Rig count“ lässt Ölpreise zwischenzeitlich haussierenDer „Rig count“, die wöchentlich von Baker Hughes publizierte Zahl der in Betrieb befindlichen Förderan-lagen in den USA, hat in den letzten Monaten kräftig nachgegeben und Hoffnungen geschürt, das Angebot an US-Öl würde, wie von Saudi-Arabien gewünscht, schnell auf das tiefe Preisniveau reagieren und ent-sprechend eingedämmt werden. Seit Dezember 2014 haben sich die aktiven US-Bohranlagen landesweit in etwa halbiert. Auch die anekdotischen Hinweise der Förderunternehmen, ob Mittelstand oder Großkonzern, zeigen kräftig zusammengestutzte Investitionspläne. So plant z.B. Total, 2015 10 % weniger als noch im Vorjahr auszugeben, Chevron und BP 13 %. Shell plant innerhalb von drei Jahren, 15 Mrd. US-Dollar weniger zu investieren. Dies sollte das künftige Ölangebot im Zaum halten, und dadurch auch die Saat für steigende Preise liefern. Schließlich bleibt, wie bereits angedeu-tet, der US-Ölboom nur so lange intakt, wie ein steter Zustrom von Projekten die hohen Degenerationsraten bei Fracking ausgleichen kann. Zuletzt stiegen die Rig counts bereits wieder an; die erholten Preise gaben entsprechende Investitionsanreize.

Anzahl der in Betrieb befindlichen US-Bohranlagen (Rig

count)

Quelle: Baker Hughes, Thomson Reuters, LBBW Research

US-Ölproduktionswachstum eingedämmtDaher ist die Hoffnung der Anleger aufgrund der sinkenden Rig counts berechtigt, dass die US-Ölpro-duktion rasch sinken wird. In den ersten Monaten des Jahres 2015 legte die Förderung jedoch weiter zu, weil die Förderung zum Einen immer produktiver wird und sich zum Anderen die Förderung auf die produktiven Felder konzentriert, auch weil die am wenigsten pro-duktiven außer Betrieb gehen. Dies unterstreichen auch die monatlichen Förderschätzungen der US-Statistikbehörde EIA: Demnach dürfte im April/Mai dieses Jahres das vorläufige Fördermaximum bei 9,37 mbpd erreicht worden sein. Diese Schätzung wurde im Vergleich zu den Vormonaten um 100.000 bpd nach unten revidiert, im Januar wurde für den Monat Mai noch eine Förderung von 9,47 mbpd erwartet. Vorerst dürfte sich daher am Überangebot nicht viel ändern, weil auch die OPEC an ihrer expansiven Förderpolitik festhalten dürfte. Für die US-Ölförderer sind dennoch schwierigere Zeiten angebrochen, dies wird am Kapi-talmarkt bereits eingepreist. Der S&P 400 (Mid Cap) Energy Index gab in der Spitze nahezu 40 % nach, und die Renditen für Hochzinsanleihen der mittelgroßen US-Energieunternehmen hatten zwischenzeitlich von 6 % auf 10 % zugelegt.

0

100

200

300

400

500

600

0

100

200

300

400

500

600

0 12 24 36 48

Monate

1. Jahr = 72 %

2. Jahr = 34 %

3. Jahr = 22 %

2012 2013 2014 2015600

800

1000

1200

1400

1600

1800

300

400

500

600

700

800

900

1000

US Rotary Rigs Oil landesweitUS Rotary Rigs Oil Texas(RECHTE SKALA)

Page 21: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 21

US-Ölproduktion, erwartete Entwicklung lt. EIA (in mbpd)

Quelle: EIA, Thomson Reuters, LBBW Research

Kapitalmarkt USA: Energieaktien und -anleihen

Quelle: Bank of America Merrill Lynch, S&P, Thomson Reuters, LBBW Research

Nachfrageseite weniger relevant als das AngebotThis time it´s different – während der letzte Öl-preiscrash 2008/2009 vor allem auf einen Einbruch der Nachfrage zurückzuführen war, ist derzeit die Angebotsseite die entscheidende Komponente auf der Suche nach einem neuen Gleichgewicht auf den Ölmärkten. Dennoch ist das Wachstum der globalen Nachfrage naturgemäß von Belang, um die aktuellen Ungleichgewichte zu beziffern und Szenarien bzw. Pro-gnosen für die weitere Entwicklung des Ölpreises auf-zustellen. Nachdem die globale Konjunkturdynamik bis 2013 drei Jahre in Folge rückläufig war, legte die reale Wachstumsrate des Welt-Bruttoinlandsproduktes 2014 wieder auf 3,4 % zu. Dieses Wachstum dürfte 2015 so-gar noch etwas beschleunigt werden. Damit dürfte sich das globale reale Wachstum das fünfte Jahr in Folge zwischen 3 % und 4 % bewegen. Die globale Ölnachfra-ge wächst ist in einem solchen Umfeld vergleichsweise stabil mit 1 % p.a. – mit leichten Schwankungen nach

oben oder unten. Vor diesem Hintergrund erwarten wir das Plus der Ölnachfrage im laufenden Jahr, und unter Berücksichtigung des ermäßigten Preisniveaus, bei et-was über 1 Mio. Barrel pro Tag (+1,1 %). Dies erscheint plausibel, da jährliche Verbesserungen der Energiein-tensität von über 2 % im Trend der letzten Jahre liegen. Große Überraschungen drohen nur in einem Negativ-szenario analog 2002 oder 2009, wovon wir jedoch nicht ausgehen.

Globale Ölnachfrage und BIP-Wachstum

Quelle: IWF, Thomson Reuters, LBBW Research

Globale Ölnachfrage

Öln

ach

frag

e

2013

(m

bp

d)

2014

(m

bp

d)

Dif

fere

nz

(mb

pd

)

2015

(m

bp

d)

Dif

fere

nz

(mb

pd

)

Dif

fere

nz

(in

%)

OPEC 90,37 91,32 0,95 92,50 1,18 1,29%

EIA 91,14 92,05 0,91 93,30 1,25 1,36%

IEA 91,90 92,60 0,70 94,00 1,40 1,51%

LBBW 91,52 92,40 0,88 93,75 1,35 1,46%

Quellen: OPEC MOMR Juni, EIA STEO Juni, IEA OMR Juni, LBBW Datenbasis: OPEC Crude; IEA, EIA, LBBW: Products

Schwellenländer versus Industriestaaten Im kommenden Jahr dürfte sich die Tendenz der vergangenen Jahre fortsetzen: Der Ölverbrauch in In-dustriestaaten sollte trotz aufgehellter konjunktureller Aussichten stagnieren bzw. bestenfalls leicht zuneh-men, während die Nachfrage aus den Schwellenländern deutlicher anziehen dürfte. Die Ölnachfrage aus den Nicht-OECD-Staaten hat 2014 mit 46,9 mbpd erstmals diejenige der OECD-Staaten (45,6 mbpd; Quelle: IEA

Mai 2015:

Zwischenhoch

bei 9,59 mbpd

September

2016:

Zwischentief

bei 9,12 mbpd

7,5

8

8,5

9

9,5

10

10,5

7,5

8

8,5

9

9,5

10

10,5

Jan 2014 Jan 2015 Jan 2016EIA STEO Jan 2015

EIA STEO Juni 2015

2008 2009 2010 2011 2012 2013 20144

6

8

10

12

14

16

18

200

300

400

500

600

700

800

900

1000

1100

1200

1300

BOFA ML US HY CORP ENERGY ($) - RED. YIELDS&P400 ENERGY IG - PRICE INDEX(RECHTE SKALA)

-2,0%

-1,0%

0,0%

1,0%

2,0%

3,0%

4,0%

5,0%

6,0%

-2,0%

-1,0%

0,0%

1,0%

2,0%

3,0%

4,0%

5,0%

6,0%

1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014

BIP-Wachstum global (in % p.a., real)

Wachstum Ölnachfrage global (in % p.a.)

Page 22: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

22 LBBW - Commodity Yearbook 2015

OMR März 2015) übertroffen. Wie bereits in den Vor-jahren dürfte der Löwenanteil des Wachstums voraus-sichtlich erneut auf die Volksrepublik China entfallen.

Ölnachfrage global (in mbpd)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

China bedeutender VerbraucherVor diesem Hintergrund überrascht es kaum, dass Chi-na die USA im Oktober 2013 als größtes Ölimportland abgelöst hat. Dies spiegelt die derzeitigen strukturel-len Verschiebungen im globalen Ölhandel wider: Die globalen Ölhandelsströme wandern von Westen nach Osten, die Bedeutung der USA nimmt immer mehr ab, und in Asien nimmt die Nachfrage stetig zu. Die VR China kann z.B. ihre Förderung von derzeit rund 4,5 mbpd bestenfalls leicht steigern, da die größten Ölfel-der ihr Fördermaximum bereits überschritten haben. Die Nachfrage legt hingegen recht dynamisch zu. Im laufenden Jahr 2015 wird ein Zuwachs in der Größen-ordnung des Vorjahres erwartet. Im Jahr 2014 legte die chinesische Ölnachfrage um 367.000 bpd auf 10,67 mbpd zu (Quelle: EIA), 2015 wird ein Plus von knapp 330.000 bpd bzw. 3,1 % p.a. erwartet. Somit ist auch in China eine stetige Verbesserung der Energieinten-sität zu beobachten – schließlich wächst das Reich der Mitte derzeit mit rund 7 % pro Jahr. Momentan bemüht sich China um ein nachhaltigeres Wachstum hin zu mehr Konsumnachfrage, um die Abhängigkeit von Investitionen und Export zu reduzieren. Dies sollte die dortige Ölnachfrage – knapp die Hälfte hiervon entfällt auf den Transportsektor – nicht negativ beeinflussen, da die Stärkung des heimischen Konsums letztlich auch die bereits dynamisch wachsende Fahrzeugnach-frage stützen würde. Und bis die Bestrebungen aus Peking in Richtung Elektromobilität in den Ölstatistiken ablesbar sind, dürfte es noch eine Weile dauern, ob-wohl die schlechte Luftqualität in den Ballungszentren

die staatlichen Elektromobilitäts-Initiativen beschleu-nigt hat. So plant China bis zum Jahr 2020 fünf Millio-nen Elektro- bzw. Hybridfahrzeuge zuzulassen. Derzeit fahren jedoch erst rund 100.000 solcher Fahrzeuge auf Chinas Straßen. Die jüngsten Daten zum Gesamt-Automobilmarkt zeigen einen gedämpften Wachstums-trend, monatlich werden (12-Monatsdurchschnitt) rund 1,7 Mio. Fahrzeuge neu zugelassen.

Ölnachfrage China („apparent oil demand“) (in mbpd)

Quellen: National Statistics Bureau China, China Customs, Platts Newsfeed, LBBW Research

Fahrzeugabsatz China (Monatswerte)

Quelle: China Association of Automobile Manufacturers, Thomson Reuters, LBBW Research

Per Saldo: Mehr Angebot als NachfrageDie skizzierten Rahmenbedingungen des globalen Ölangebotes und der globalen Ölnachfrage zeigen per Saldo einen hohen Angebotsüberschuss, der sowohl 2014 als auch 2015 zu umfangreichem Lageraufbau führen dürfte. Im Laufe des Jahres 2015 dürfte sich aufgrund von – moderaten – Nachfragereaktionen und – stärkeren – Angebotsreaktionen auf das tiefere Preis-

95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 1320

25

30

35

40

45

50

55

Ölnachfrage OECD-Länder (in mbpd)Ölnachfrage Nicht-OECD-Länder (in mbpd)

20

25

30

35

40

45

50

55

8

9

10

11

12

8

9

10

11

12

Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez

2011 2012

2013 2014

2015

2010 2011 2012 2013 2014 2015800

1000

1200

1400

1600

1800

2000

2200

Fahrzeugabsatz China (Monatswerte in Tausend)Fahrzeugabsatz China (Monatswerte in Tausend, 12-Monatsdurchschnitt)

800

1000

1200

1400

1600

1800

2000

2200

Page 23: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 23

niveau allmählich eine Balance bilden, die die Basis für eine Erholung der Preise im zweiten Halbjahr 2015 bilden dürfte.

Ölangebot und Ölnachfrage global (in mbpd)

Quelle: EIA, Thomson Reuters, LBBW Research

Brent-WTI-Spread etwas aus dem Fokus geratenVor nahezu vier Jahren hat sich zwischen der – qualita-tiv höherwertigen – US-Benchmark Western Texas Inter-mediate und dem europäischen Pendant „Dated Brent“ ein Spread geöffnet, der hohen Schwankungen unter-worfen ist. Dank der „unkonventionellen“ Fracking-Fördermethoden steigerten die USA ihren Öloutput zwar kräftig, die nötigen Infrastrukturinvestitionen, vor allem in Pipelines, hinkten jedoch der Förderentwick-lung hinterher. Teurere Alternativen wie Tanklastzüge oder Transport via Bahn waren daher nötig, um das überschüssige Schieferöl sowie Öl aus kanadischen Ölsanden zu den Raffinerien zu bringen. Da US-Öl zu-dem derzeit nur eingeschränkt exportiert werden darf (bei allerdings steigender Tendenz, zuletzt über 400 tbpd nach Kanada, außerdem wurde der Exportbann für sehr leichte Öle aufgeweicht), verbleiben als Nach-frager an den Küsten, so man denn das Öl bis dahin transportiert hat, also nur die dort ansässigen Raffine-rien, nicht aber Exporteure.

Die Raffinerien sind die Gewinner dieser Konstellation, da sie günstige Inputpreise genießen, und gleichzeitig von der Möglichkeit zum Export Gebrauch machen können – Produkte wie Benzin und Heizöl gelangen so auf den Exportmarkt. Die USA sind in diesem Umfeld zu einem großen Produktexporteur aufgestiegen (von 1 Mio. Barrel 2003 auf rund 3 mbpd im Jahr 2014. Außerdem entspannte sich mit dem Bau bzw. der Reorganisation von Pipelines die Situation. Solange

die USA jedoch an dem EPAC Act von 1975 festhalten, wonach u.a. Rohölexporte aus den USA untersagt sind, dürfte sich ein moderater Abschlag von WTI noch eine Weile halten. Zeitweise wurde das Problem nur an die Golfküste verlagert, was sich u.a. an der zwischen-zeitlichen Ausweitung des LLS-Brent-Spread zeigte. So lange die USA an den protektionistischen Maßnahmen festhalten (EPAC Act, Quasi-Exportverbot Rohöl) und damit Arbitrage nur sehr eingeschränkt möglich ist, sind auch weiterhin Preisdifferenzen zwischen WTI, Brent und LLS wahrscheinlich.

Ölpreise Brent, WTI und LLS (in USD/Barrel)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Preisabschläge LLS und WTI zu Brent (in USD/Barrel)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Lagerbestände in den USA auf Rekordniveaus Die skizzierte aktuelle Konstellation wurde zuletzt von hohem Lageraufbau begleitet, sowohl landesweit als auch in Cushing. Die landesweiten Lagerbestände liegen derzeit bei 480 Mio. Barrel, in Cushing wurden zuletzt mit Beständen von 60 Mio. Barrel ebenfalls

-3

-2

-1

0

1

2

3

4

5

6

84

86

88

90

92

94

96

Q12010

Q32010

Q12011

Q32011

Q12012

Q32012

Q12013

Q32013

Q12014

Q32014

Q12015

Q32015

Q12016

Überschuss / Defizit (in mbpd, rechte Skala)Angebot global (in mbpd, linke Skala)Nachfrage global (in mbpd, linke Skala)

2012 2013 2014 201540

50

60

70

80

90

100

110

120

Ölpreis Brent Spot FOB (in USD/bbl)Ölpreis WTI Cushing Spot (in USD/bbl)Ölpreis LLS Spot FOB (in USD/bbl)

40

50

60

70

80

90

100

110

120

2010 2011 2012 2013 2014 2015-10

-5

0

5

10

15

20

25

30

Preisabschlag LLS zu Brent (in USD/Barrel)Preisabschlag WTI zu Brent (in USD/Barrel)

-10

-5

0

5

10

15

20

25

30

Page 24: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

24 LBBW - Commodity Yearbook 2015

neue Rekordwerte erreicht. Dies schürt wiederum Be-fürchtungen um ein baldiges Erreichen der Kapazitäts-grenze. In Cushing liegt diese lt. EIA („working storage capacity“) bei 70,8 Mio. Barrel. Aktuell ist die Kapazität also zu 86 % ausgelastet; das bisherige Rekordniveau lag im März 2011 bei 91 % - die damalige Lagerkapa-zität lag mit 48 Mio. deutlich unter der heutigen. Die Lage sollte sich jedoch allmählich normalisieren, weil zum Einen die Nachfrage zulegt (Amerikaner fragen mehr günstiges Benzin nach), und zum Anderen die Raffinerien während der Driving Season die Produktion ausweiten dürften. Jedoch dürfte auch die Angebots-seite ihren Teil zur Normalisierung (d.h. zum Ende des rasanten Lageraufbaus) beitragen. Das dynamische Förderwachstum der Vorjahre dürfte, wie bereits aus-geführt, aufgrund des tieferen Preisniveaus nicht mehr erreicht werden, weil Ölförderkonzerne derzeit weni-ger investieren – die wöchentlichen Oil-Rig-Daten von Baker Hughes sind nicht umsonst die prominentesten Indikatoren derzeit.

Lagerbestände USA (landesweit und Cushing)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Geopolitik wieder zurück im FokusWährend des starken Ölpreisverfalls bis ins erste Halb-jahr 2015 hinein gerieten geopolitische Risiken etwas aus dem Blickfeld der Marktteilnehmer. Zuletzt wurden diese jedoch wieder verstärkt diskutiert, nachdem die Atomverhandlungen der Sechsergruppe mit dem Iran eine Einigung brachten (vgl. hierzu auch „History Repeats“ in diesem Yearbook). Außerdem sorgte die militärische Intervention von Saudi-Arabien im Jemen Ende März dieses Jahres kurzfristig für Unruhe an den Ölmärkten.

Ein Dauerthema bleibt Libyen, dessen Volatilität in der Ölförderung zuletzt stark zugenommen hat. Da Libyen jedoch als „failed state“ bezeichnet werden kann und staatliche Strukturen nicht erkennbar sind, dürften auch, selbst bei zwischenzeitlicher Wiederaufnahme der Ölförderung, die alten Fördervolumina von 1,5 mbpd auf absehbare Zeit nicht wieder erreicht werden können. Die Themen Russland und Irak/IS sind zuletzt zwar etwas in den Hintergrund gerückt, sind aber im Hinblick auf das längerfristige Förderwachstum den-noch relevant.

Ölproduktion Iran und Libyen (in tbpd)

Quelle: Bloomberg, LBBW Research

Russland: Abhängig von westlichem Know-HowAm 12. September 2014 haben die USA und Europa ihre Sanktionen gegenüber Russland erneut verschärft. Im Unterschied zum vorigen Sanktionspaket im Juli 2014 sind nun auch bereits laufende Projekte betrof-fen, die kurzfristig beendet werden mussten. Russland wird seine Förderung ohne westliche Technologie nur sehr schwer auf dem laufenden Niveau halten können. Bestehende Ölfelder haben ihr Fördermaximum bereits überschritten, und es muss daher in unkonventionelle Fördermethoden investiert werden. Dieses Know-How liegt überwiegend in westlicher bzw. US-amerikani-scher Hand. Betroffen sind beispielsweise Projekte in der Arktis (Rosneft – Exxon) oder in der Schieferölför-derung (Bazhenov Formation nahe sibirischer Felder).

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

4500

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

4500

1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013

Ölproduktion Iran (in Tsd. Barrel pro Tag)Ölproduktion Libyen

2010 2011 2012 2013 2014 201510

20

30

40

50

60

70

80

150

200

250

300

350

400

450

500

Lagerbestände Cushing (in Mio. Barrel)Lagerbestände USA (in Mio. Barrel)(RECHTE SKALA)

Page 25: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 25

Ölproduktion Irak und Russland

Quelle: Bloomberg, LBBW Research

Irak: Positive AngebotsüberraschungNur einen temporären Einfluss auf den Ölpreis hatten Mitte vorigen Jahres die Terraingewinne des IS im Irak. Dies liegt vor allem an der geografischen Lage der Förderanlagen (vor allem im Süden), die weit entfernt von der Eskalationsfront entfernt waren. Dennoch haben sich u.E. durch die Ereignisse im Juni 2014 zwei Dinge verschoben: (1) Der IS destabilisiert den Mitt-leren Osten und der Konflikt dürfte noch längere Zeit anhalten. (2) Das erwartete Wachstum der irakischen Ölproduktion ist nur durch weitere Investments, auch der westlichen Ölindustrie, erreichbar. Vor diesem Hin-tergrund überraschen die Produktionsdaten aus dem Irak positiv. Hier stützte vor allem die Entwicklung im Norden des Landes, wo die Regierung der kurdischen Autonomieregion mit der irakischen Zentralregierung kooperiert.

Jemen-Konflikt bedroht Sicherheitslage in NahostEnde März 2015 bombardierten saudi-arabische Kampfjets Stellungen der Huthi-Milizen im Jemen. Gemeinsam mit weiteren arabischen Verbündeten begann Saudi-Arabien damit einen Krieg gegen die von Iran unterstützten Aufständischen, die den pro-saudischen Präsidenten Hadi entmachtet hatten. Als Reaktion auf die Angriffe legte der Ölpreis (Brent) in der Spitze auf nahezu 60 USD je Barrel zu – Befürch-tungen um Lieferausfälle gerieten wieder in den Fokus der Marktteilnehmer, nachdem geopolitische Themen zuletzt eher ausgeblendet wurden. Jemen ist mit einer

Förderung von etwas über 100.000 Barrel pro Tag zwar vordergründig unbedeutend für die globalen Ölmärk-te. Seine strategische Lage an der Südgrenze Saudi-Arabiens sowie an der Meerenge Bab el-Manded macht die Eskalation dennoch relevant. Laut EIA ist diese Meerenge ein wichtiges Nadelöhr für den globalen Öl-transport. Dort werden täglich ca. 3,8 Millionen Barrel in Richtung Suez-Kanal/Sumed-Pipeline nach Norden verschifft. Selbst wenn die Meerenge zwischen Djibouti und Jemen tatsächlich blockiert werden würde, was derzeit nicht zu erwarten ist, droht schlimmstenfalls eine deutliche Verlängerung der Transportwege nach Europa. Die Produktion Saudi-Arabiens ist ebenfalls nicht gefährdet, weil zum Einen die Huthi-Milizen über beschränkte militärische Mittel verfügen, und zum Anderen das Gros der saudischen Ölfelder im entfern-ten Nordosten des Landes betrieben wird. In diesem Zusammenhang ist die Rolle des Iran von Belang, der die Huthi-Milizen unterstützt. Iran dürfte sich jedoch zunächst kaum stärker involvieren lassen, vor allem vor dem Hintergrund der vorläufigen Einigung in den Atomgesprächen mit der Sechsergruppe, die man damit gefährden würde. Per Saldo ist ein Anstieg der Risikoprämie aufgrund der jüngsten Eskalation zwar ein Stück weit gerechtfertigt. Da sich die unmittelbaren Auswirkungen auf Ölförderung und –transport jedoch in Grenzen halten dürften, sollte der Jemen auch wei-terhin wenig Einfluss auf die Preisentwicklung haben.

Jemen in strategisch bedeutender Lage

Quelle: Wikimedia Commons, Maximilian Dörrbecker

8

8,5

9

9,5

10

10,5

11

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

4500

5000

2005 2007 2009 2011 2013 2015

Ölproduktion Irak (in Tsd. Barrel pro Tag)

Ölproduktion Russland (in Mio. Barrel pro Tag)

Page 26: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

26 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Aktuell: Historische Einigung im AtomstreitIn den Atomverhandlungen der Sechsergruppe (USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland) mit dem Iran wurde am 14.07.2015 eine entscheidende Einigung erzielt. Dieses Abkommen zwischen der Sechsergruppe und Iran dürfte letztlich Eingang in die Geschichtsbücher finden. Das nukleare Forschungsprogramm des Landes ist nun wohl weit-gehend entschärft, und der vermutlich geplante Bau einer Atombombe dürfte damit vermieden worden sein. Vor allem deshalb, weil sich Iran strengen Kon-trollmechanismen durch die IAEA unterworfen hat. Wenn die Kontrolleure der internationalen Atomener-giebehörde grünes Licht geben, dass Iran seine Ver-pflichtungen erfüllt hat, werden zunächst die Wirt-schaftssanktionen aufgehoben, die bislang Öl- und Finanzmärkte blockiert haben. Dies dürfte voraus-sichtlich Anfang 2016 der Fall sein – dann wird Iran seine Ölexporte wieder ausweiten können. Iran selbst möchte die Ölausfuhren um 1 Million Barrel pro Tag erhöhen, was sich jedoch angesichts der langen „Auszeit“ der Anlagen als schwierig gestalten dürfte. Daher erscheint selbst der Konsens einer kürzlich unter Ölanalysten durchgeführten Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters – Exportsteigerungen von 750.000 Barrel pro Tag innerhalb von zwölf Monaten – noch recht optimistisch. Zunächst ist von Lagerbeständen in Höhe von 20-30 Mio. Barrel die Rede, die recht kurzfristig an den Markt gebracht werden können. Für nachhaltige Steigerung der täglichen Produktionsmenge im ölreichen Land (in puncto Reserven Nummer vier weltweit, noch vor Irak) sind weitere Investitionen nötig. Das Nachbarland Irak hat hier in den letzten Jahren einen beachtlichen Vorsprung aufgebaut.

Fazit: Vorerst tiefes PreisniveauIm der vorigen Ausgabe des Yearbooks hatten wir unser Hauptszenario mit „Grund zur Zuversicht“ überschrieben – Grund zur Zuversicht für die Verbraucher, bald Öl- und Ölprodukte günstiger einkaufen zu können. Dass der Ölmarkt jedoch so ausgeprägt aus der Balance gerät, war nicht unbedingt zu erwarten. Nun überschreiben wir unser Szenario mit „Die Saudis ziehen das durch“ – womit der Grund zur Zuversicht aus Sicht der Verbraucher wohl noch eine Weile anhalten dürfte. Denn solange überschüssiges Öl an den Märkten vorhanden ist, weil eben die OPEC ihre expansive Politik fortsetzt, so lange bleiben die Preise auf ermäßigtem Niveau.

Das Ziel der Saudis ist klar: Man möchte keine weite-ren Marktanteile an „unkonventionelle“ Ölförderer wie z.B. Schieferölproduzenten in den USA verlieren. Dort kämpft die Industrie nun mit dem tieferen Preisniveau, das einige Projekte unrentabel macht. Die Zahl der in Betrieb befindlichen Förderanlagen ging bereits kräftig zurück, und der vorläufige Höhepunkt in der Ölförderung dürfte bereits erreicht worden sein. Im nachfragebedingt ohnehin schwachen zweiten Quartal dieses Jahres dürfte der Überschuss, der die globalen Lagerbestände weiter erhöhen wird, über eine Mio. Barrel pro Tag betragen. Im zweiten Halbjahr sollte sich die Lage, vor allem aufgrund der skizzierten An-gebotsreaktion, wieder normalisieren. Auch die Nach-frageseite trägt ihren Anteil bei der Suche nach einem neuen Gleichgewicht bei. Vor allem saisonal ist im zweiten Halbjahr mit steigender Nachfrage zu rechnen. Wir erwarten daher eine leichte Erholung des Ölpreises in der zweiten Jahreshälfte. Allerdings dürfte diese nicht besonders dynamisch ausfallen – vor allem weil wir davon ausgehen, dass die expansive Förderpolitik der OPEC auf absehbare Zeit beibehalten wird. Hinzu kommt, dass der Iran 2016 seine zuvor sanktionsbe-dingt eingedämmten Exporte wieder ausweiten dürfte. Neben diesen fundamentalen und (geo-)politischen Aspekten spielen spekulative Kräfte unseres Erachtens lediglich eine untergeordnete Rolle. Dennoch spricht auch die aktuelle Ausrichtung vieler Investoren gegen stärkere Preiszuwächse. Schließlich setzen sowohl ETF-Investoren als auch kürzerfristig orientierte spekulati-ve Marktteilnehmer laut CFTC-Daten bereits kräftig auf steigende Preise an den Rohölmärkten.

Netto-Longpositionierung Managed Money Brent CFTC

Quelle: CFTC, Thomson Reuters, LBBW Research

2012 2013 2014 20150

50

100

150

200

250

300

20

40

60

80

100

120

140

CFTC Managed Money Net Long Brent (in Tsd. Kontrakten)Brent-Future (Endloskontrakt, in USD/Barrel)(RECHTE SKALA)

Page 27: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 27

Net Assets US-Oil Fund

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Terminkurven Brent und WTI (in USD/Barrel)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

EXKURS1: Fallstricke von Rohölmarktinvest-ments

Ölpreis-Crash lockt SchnäppchenjägerDer Crash der Ölpreise veranlasst viele Marktteil-nehmer, auf eine Erholung zu setzen, was sich an den Zuflüssen in ETFs sowie den CFTC-Daten zu den Positionierungen spekulativer Anleger ablesen lässt. In den letzten Wochen und Mona-ten erreichten uns viele Anfragen, wie sich denn eine sinnvolle Positionierung darstellen ließe. Nachdem die Frage „Ist ihr Heizöltank bereits randvoll?“ mit „ja“ beantwortet ist und nach wie vor Anlagebedarf besteht, möchten wir die grund-sätzlichen Fallstricke, die auf den geneigten Anle-ger warten, kurz beleuchten.

Contango und BackwardationWer physische Rohstoffe kauft, kann die Preisbil-

dung 1:1 nachvollziehen – muss aber auch die Kosten für die Lagerung mit berücksichtigen. Im Falle von Gold sind diese unerheblich, im Falle von Natural Gas enorm, um einmal die beiden Extreme in puncto Lagerkosten zu nennen. Ir-gendwo dazwischen liegen Öl und Basismetalle. Die Lagerkosten führen dazu, dass die Preise per Termin normalerweise höher sind als heu-te – und zwar genau um die Lager- (auch wenn derzeit kaum relevant, aber der Vollständigkeit halber: und Zins-) kosten. Diese Struktur – höhere Terminpreise als Spotpreise – nennt man „Con-tango“. Knappheiten und Angebotsüberschüsse führen jedoch häufig dazu, dass die tatsächlichen Terminkurven von den skizzierten idealisierten Terminkurven abweichen. Bis Mitte 2014 war etwa Rohöl in „Backwardation“, die Terminpreise waren tiefer als die Spotpreise (vgl. Grafik). In einer sol-chen Konstellation ist die Lage für Finanzinvesto-ren günstig, sie erzielen Rollgewinne.

Timespread Brent (in USD/Barrel)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Contango bildet eine HürdeWer z.B. im April in ein Ölzertifikat oder ETF investiert, muss erst einmal die „Hürde“ der Roll-verluste überwinden. So kostet beispielsweise der Brent-Dezemberfuture aktuell 63 US-Dollar je Barrel – bei einem der Future-Fälligkeit ent-sprechenden Anlagehorizont (Dezember 2015) kommt der Investor erst bei Spotpreisen von über 63 USD/bbl im Dezember 2015 in die Gewinnzo-ne. Verschiedene indexbasierte Finanzprodukte versuchen zwar, die Rollverluste zu minimieren. Doch selbst bei vielen rolloptimierten Produkten, z.B. ETFs und Zertifikate auf Brentindizes, sind p.a. zweistellige Rollverluste wahrscheinlich. Vor

2010 2011 2012 2013 2014 20150

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

40

50

60

70

80

90

100

110

120

Net Assets US Oil Fund ETF (in Mio. USD)

Ölpreis WTI (in USD/Barrel)(RECHTE SKALA)

50

55

60

65

70

75

50

55

60

65

70

75

1 13 25

WTI Terminkurve 03.07.2015 (in USD-Barrel)

Brent Terminkurve 03.07.2015 (in USD-Barrel)

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014-15

-10

-5

0

5

10

-15

-10

-5

0

5

10

Timespread Brent 1M minus 3M(RECHTE SKALA)

Timespread Brent 1M minus 9M

Page 28: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

28 LBBW - Commodity Yearbook 2015

diesem Hintergrund ist der klassische Heizöltank dann doch die beste Wahl. Sofern weiterer Bedarf besteht, wären ggf. auch Ölaktien eine mögliche Alternative.

EXKURS 2: History Repeats

Zwei Vergleiche: Saudi-Strategie und Iran-SanktionenDiesen Exkurs haben wir im vorigen Yearbook be-reits in ähnlicher ausführlicherer Form veröffent-licht. Aufgrund der Aktualität der Themen haben wir Auszüge daraus in unser 2015er Yearbook übernommen. Zum Einen ist dies der Vergleich mit den 80er-Jahren, als Saudi-Arabien bereits mit (damals) unkonventionellem Öl konfrontiert war, und zum Anderen ist es das Ende des Öl-für-Lebensmittel-Programms mit dem Irak, das Vergleiche zu einem wahrscheinlichen Ende des Sanktionsregimes gegen den Iran zulässt.

History Repeats 11980 – 1986: Ölfunde in der Nordsee und sin-kende Nachfrage drücken die Preise Das damals erreichte höhere Preisniveau blieb nicht ohne Folgen für das Verhalten der Anbieter und der Nachfrager. Die höheren Preise machten nun neben dem bis dato verfügbaren Öl auch wei-tere Ölfelder rentabel, die zuvor unwirtschaftlich waren. So z.B. auch in der Nordsee, wo bereits 1969 erste Vorkommen entdeckt wurden. Damit gelangte neues Angebot auf den Markt, und die Nachfrage nach OPEC-Öl ging entsprechend zurück. Gleichzeitig blieb auch die Reaktion der Nachfrager auf das höhere Preisniveau nicht aus. Aufgrund der höheren Erdölpreise und der gerade durchlittenen Ölkrisen wurde in alternative Ener-giequellen investiert und zudem Energieeinspa-rungen vorangetrieben, was in den Jahren 1979 bis 1983 den weltweiten Ölverbrauch um rund 10 % senkte. Im Jahr 1979 wurden 63,7 Mio. Bar-rel pro Tag verbraucht, 1983 waren es nur noch 57,4 Mio. Barrel (Quelle: BP Statistical Yearbook).

Öloutput Saudi-Arabien und Brent (1984-1988)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Ölförderung Nordsee und Brent

Quelle: EIA, Thomson Reuters, LBBW Research

Die Kombination aus rückläufiger Nachfrage und steigender Produktion außerhalb der OPEC – zwischen 1980 und 1985 legte alleine die Öl-produktion in der Nordsee um 2 mbpd zu, auch Alaska und weitere Regionen trugen dazu bei – führte nahezu zu einer Halbierung des „Call-on-OPEC“ (OPEC-Förderung 1979: 30 mbpd, 1985: 15,9 mbpd). Saudi-Arabien als „Swing-Producer“ musste den Großteil der Einbußen tragen, die Pro-duktion des Königreichs sank von 10 mbpd auf 3 mbpd. Diese heftigen Verluste an Marktanteilen, verbunden mit Einschnitten in die Staatshaushalte der Förderländer hatten schließlich eine Grenze erreicht – die Ölhähne der OPEC, allen voran Sau-di-Arabiens, wurden wieder geöffnet, was letztlich zum Ölpreiscrash 1986 führte, als der Preis für

1984 1985 1986 1987 19881

2

3

4

5

6

7

5

10

15

20

25

30

35

Öloutput Saudi-Arabien (in Mio. Barrel pro Tag / mbpd)Ölpreis Brent (in USD/Barrel) (Rechte Skala)

1983 1984 1985 1986 1987 19882500

2600

2700

2800

2900

3000

3100

3200

3300

3400

3500

0

5

10

15

20

25

30

35

Ölförderung Großbritannien und Norwegen (in Tsd. bpd, 12-Monats-Schnitt)Ölpreis Brent (in USD/Barrel)(RECHTE SKALA)

Page 29: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 29

ein Barrel Rohöl von rund 30 US-Dollar auf 10 US-Dollar einbrach. Vielleicht ist die Phase zwischen 1980 und 1986 am ehesten mit der heutigen Lage an den Ölmärkten vergleichbar. Zumindest sorgt sich die OPEC spätestens seit dem OPEC-Meeting im Mai 2013 wegen des dynamischen Förderplus von US-Schieferöl um den Verlust von Marktan-teilen. Dies hat sich während des OPEC-Meetings im November 2014 noch einmal bestätigt, als die Förderquote unverändert gelassen wurde.

History Repeats 21987 – 2000: Stabiles Preisniveau Nach den starken Preiszuwächsen in den 70er Jahren durch die Ölkrisen und dem Crash 1986 stabilisierte sich der Ölpreis auf ermäßigtem Ni-veau. Zu Preisen von durchschnittlich 18 US-Dollar je Barrel gelang es der OPEC zwischen 1987 und 1999, ihren Marktanteil von 30 % auf über 40 % zu steigern, und im Jahr 1999 wurde die bisherige Rekord-OPEC-Fördermenge von 30 Mio. Barrel aus dem Jahr 1979 erstmals wieder übertroffen. Zwischenzeitliche Ausschläge nach oben, wie während des zweiten Golfkrieges 1990/1991 sollten ebenso ein kurzes Intermezzo bleiben wie der Rückgang des Ölpreises während der Asienkrise, als das Barrel Erdöl im günstigsten Fall 10,65 US-Dollar kostete. Die Asienkrise war jedoch nur ein Faktor, der einen fallenden Ölpreis

begünstigte. Bereits vor Ausbruch der Asienkrise lief das „Öl-für-Lebensmittel“-Programm mit dem Irak aus. 1996 konnte der Irak seine Ölexporte wieder aufnehmen, was die Angebots-Nachfrage-Bilanz entsprechend beeinflusste und Preisdruck auslöste (vgl. Grafik). Über die gesamte Phase hinweg (1987 bis 2000) blieben die Schwankun-gen jedoch überschaubar, und der Ölpreis ver-gleichsweise günstig. Diese historische Parallele drängt sich aufgrund der jüngsten Einigung im Atomkonflikt mit dem Iran auf: Als das „Öl-für-Lebensmittel“-Programm mit dem Irak 1986 auslief, kamen die Preise bereits im Vorfeld der Asienkrise 1997 unter Druck.

Output Irak und Brent (in USD/Barrel)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Frank Klumpp, CFA

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 19980

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

5

10

15

20

25

30

35

40

45

Ölproduktion Irak (in Tsd. bpd, EIA)Ölpreis Brent (rechte Skala)(RECHTE SKALA)

Page 30: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

30 LBBW - Commodity Yearbook 2015

3.3 Gasoil

Gasoil das bedeutendste, Fuel Oil das günstigste ProduktNeben den im vorigen Kapitel untersuchten verschie-denen Ölsorten (u.a. Brent und WTI) sind sowohl für den Endverbraucher als auch für den Investor an den Rohstoffmärkten auch die Ölprodukte von Interesse. Die bedeutendste Produktgruppe sind Mitteldestillate, die vor allem zu Diesel und Heizöl verarbeitet werden, mit einem Marktanteil von 36,7 % (Quelle: BP, Stand: Gesamtjahr 2013). Leichte Destillate (vor allem Motor Gasoline „Mogas“) vereinen 32,2 % der globalen Pro-duktnachfrage auf sich. Knapp 9 % der Ölprodukte werden als Fuel Oil unter anderem in Schiffsdieselmo-toren verbrannt. Das Schweröl „Fuel Oil“ ist ein Rück-standsprodukt im Raffinerieprozess, das aufgrund seiner Eigenschaften (hoher Schwefelgehalt, hohe Viskosität) als qualitativ minderwertiger einzustufen ist. In Verbindung mit der geringen Preiselastizität des Angebots – die Produktion von Fuel Oil lässt sich im Raffinerieprozess nur bis zu einem bestimmten Maß senken – ergibt sich daher auch der zuletzt über 40 % günstigere Preis im Vergleich zu Benzin oder Gasoil.

Ölprodukte im Vergleich

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

ICE und CME setzen auf schwefelarme KontrakteDie bedeutendsten Handelsplätze für Heizöl sind die NYMEX und die ICE in London. Die Kontrakte für US-Heizöl („Heating Oil“) an der NYMEX notieren in US-Cent pro Gallone und beziehen sich auf 42.000 Gallonen, was 1.000 Barrel entspricht. Der Lieferort ist der Hafen von New York. An der ICE wird europäisches Heizöl („Gasoil“) gehandelt. Die ICE-Kontrakte notieren in USD und haben einen Umfang von 100 metrischen Tonnen. Als Lieferort sind die die Hafenanlagen in der Region Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam („ARA“)

vorgesehen. Wie bei sämtlichen Rohwarenkontrakten dominiert bei Fälligkeit aber der Barausgleich. Mit Be-ginn des Jahres 2015 lief der Handel mit der bisherigen Gasoil-Benchmark aus. Diese wurde seit September 2011 bereits parallel durch den Low Sulphur Gasoil Kontrakt ergänzt. Im nächstfälligen Future war dieser 2014 aufgrund der höheren Qualität im Durchschnitt rund 15 USD/Tonne teurer (vgl. Grafik). Schließlich wur-de der Gasoil-Kontrakt Anfang 2015 vollständig durch die neue schwefelarme Spezifikation (0,001 % bzw. 10 ppm anstelle von 0,1 % bzw 1000 ppm Schwefelgehalt) abgelöst. Damit trägt die ICE der erhöhten Bedeutung schwefelarmer Produkte, vor allem im Transportbe-reich, Rechnung. An der Nymex wurde der Switch von 1000 ppm zu 15 ppm Heating Oil bereits im April 2013 abgeschlossen.

Aufschlag Low Sulphur Gasoil (neu) zu Gasoil (alt) 2013 und

2014 (in USD/Tonne)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Rohölmarkt naturgemäß wichtigster EinflussfaktorWichtigster Einflussfaktor für den Preis von Gasoil bleibt der Rohölmarkt. Dort hat sich die Volatilität seit einigen Monaten deutlich erhöht. Die Preise, sowohl für Mitteldestillate als auch für die Benchmark Dated Brent, erholten sich mittlerweile wieder von ihren Tief-ständen. Hier spielte vor allem die Hoffnung auf eine schnelle Reaktion des bis dato dynamisch wachsenden US-Ölangebotes auf die tiefen Preise eine Rolle. Die wöchentlich vom Ölausrüster Baker Hughes veröffent-lichten Rig counts, die Zahl der in Betrieb befindlichen Bohranlagen, gaben kräftig nach und werden als Indi-kator für die künftige US-Ölproduktion herangezogen. Im laufenden Jahr dürfte die US-Förderung jedoch noch steigen. Es dürfte daher noch eine Weile dauern, bis sich das Überangebot an den Rohölmärkten abbaut und weitere Preisanstiege folgen. Auch die Nachfra-

2009 2010 2011 2012 2013 2014 20150

200

400

600

800

1000

1200

1400

Premium Gasoline ARA (bleifrei, 0,001 % Schwefelgehalt, USD/Tonne)Gasoil ARA (0,1 % Schwefelgehalt, in USD/Tonne)Fuel Oil ARA (1 % Schwefelgehalt, in USD/Tonne)

0

200

400

600

800

1000

1200

1400

J F M A M J J A S O N D J F M A M J J A S O N D0

5

10

15

20

25

30

Aufschlag "Low Sulphur" (neu) zu Gasoil (alt) (Quelle ICE, Endloskontrakt)

Gleitender Durchschnitt Aufschlag Low Sulphur (1 Jahr)

0

5

10

15

20

25

30

Page 31: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 31

geseite dürfte wenig elastisch sein, d.h. die Nachfrage nach Ölprodukten dürfte nur unwesentlich stärker wachsen, als dies bei höheren Preisen der Fall wäre.

Brent und Gasoil

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Heating Oil (USA) vs. Gasoil (Europa)Neben dem Ölpreis als Haupteinflussfaktor wirken sich auch Faktoren wie Lagerbestände, Raffineriekapazi-täten und Wetterlage auf den Preis für Heizöl aus. Da sich rund 70 % der US-Haushalte, die ihren Heizbedarf mit Heating Oil abdecken, im Nordosten der USA befin-den, kommt insbesondere dem Klima in dieser Region eine hohe Bedeutung für die Preisbildung zu. Sofern die klimatischen Bedingungen im Nordosten der USA und in Europa stark differieren, sind temporäre Unter-schiede in der Preisentwicklung zwischen Heating Oil in den USA und Gasoil in Europa möglich. Insgesamt sollten die Preisunterschiede nicht allzu groß werden, da der Lieferort für Nymex Heating Oil der Hafen von New York ist und somit Arbitragemöglichkeiten gege-ben sind – anders als im Rohölbereich, wo der WTI-Lieferort in Cushing, Oklahoma, eine Annäherung der Preise erschwert.

Letzte beiden Winter mit ArbitragemöglichkeitenDer strenge Winter in weiten Teilen der USA stand be-reits 2013/2014 im Kontrast zur milden Witterung in Europa. Diese Situation wiederholte sich 2014/2015, als die USA unter einer extremen Kältewelle litten, die sogar die Niagarafälle zufrieren ließ. Dies beleb-te die dortige Nachfrage nach Mitteldestillaten, was sich auch in den relativen Preisen bemerkbar machte, weil Raffinerien kältebedingt ausfielen. So belief sich der Preisaufschlag für US-Heizöl im Vergleich zum

europäischen Pendant zwischenzeitlich auf über 100 USD je Tonne. Solche Preisunterschiede zwischen der (kalten und unterversorgten) Ostküste der USA und dem (warmen und überversorgten) Europa bieten Ar-bitragemöglichkeiten für europäische Raffineure. Das Arbitragefenster ist jedoch allenfalls eine kurzfristige Opportunität für hiesige Raffinerien, solange die Kälte-welle in den USA anhält. Die Wettbewerbssituation im Allgemeinen ist weiterhin angespannt. Seit 2008 wur-den in Europa bereits Raffineriekapazitäten von rund 2 mbpd geschlossen, um dem Nachfragerückgang nach Ölprodukten sowie dem Angebot neuer Anlagen in Nahost zu begegnen.

Gasoil und Heating Oil

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Lagerbestände Mitteldestillate USA & EuropaZur Beurteilung der Gasoil-Preisentwicklung sollten da-her auch die Lagerbestände sowohl in Europa als auch im Osten der USA betrachtet werden. In der Eurozone lagern mit aktuell rund 3 Mio. Tonnen Heizöl und Die-sel vergleichsweise viele Mitteldestillate. Die Bestände in „unabhängigen“ Lagern in Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen waren dem Informationsdienst PJK Services zufolge zwischenzeitlich auf 3,1 Mio. Tonnen angestiegen, den höchsten Stand seit Aufzeichnung der Daten. Zuletzt bauten sich die Bestände etwas ab, liegen mit rund 2,6 Mio. Tonnen aber nach wie vor auf hohem Niveau. Am Ende der Heizperiode kann man also in Europa nicht von einer Knappheit sprechen, im Gegenteil. Dagegen lagern an der US-Ostküste mit rund 30 Mio. Barrel nach dem harten Winter wenig Ölprodukte aus dem mittleren Destillatbereich, was die Preise dort insgesamt stützen dürfte.

J F M A M J J A S O N D J F M A M J J40

50

60

70

80

90

100

110

120

300

400

500

600

700

800

900

1000

1100

Ölpreis Brent (in USD/Barrel)

Gasoil (in USD/Tonne)(RECHTE SKALA)

A M J J A S O N D J F M A M450

500

550

600

650

700

750

800

850

900

950

ICE Gasoil Future (Endloskontrakt in USD/Tonne)Nymex Heating Oil Future (Endloskontrakt, umgerechnet in USD/Tonne)

450

500

550

600

650

700

750

800

850

900

950

Page 32: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

32 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Lagerbestände Mitteldestillate USA und Europa

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

EXKURS: CrackmargenEin entscheidender Faktor für den Preis von Gasoil - neben Verfügbarkeit und Preis des In-putfaktors Rohöl - sind die Raffineriekapazitäten und deren Preise („Margen“). Diese sind ein Indi-kator für die Rohertragsmarge einer Raffinerie, da sie die Inputkosten mit den Outputerlösen vergleichen, ohne jedoch weitere variable und fixe Kosten zu berücksichtigen. Der 3:2:1-Spread ist eine beliebte Schätzung für die allgemeine Margensituation, drückt er doch näherungsweise den typischen Output einer Raffinerie (3 Barrel Öl ergeben 2 Barrel Benzin sowie 1 Barrel Mittel-destillate) aus. Tatsächlich fallen jedoch weitere Produkte an (z.B. Fuel Oil), und auch das Verhält-nis der Hauptprodukte Benzin und Mitteldestillate kann in bestimmten Grenzen verändert werden. Die folgende Grafik zeigt die Raffinerieerlöse der US-Raffinerien in den letzten 20 Jahren. Hier fällt u.a. ein steigender Anteil der Mitteldestillate auf (von 21,0 % im Jahr 1993 auf 29,5 % im Jahr 2013), der auch auf die Modernisierung der Raffineriean-lagen zurückzuführen ist.

Raffinerieerträge in % des Rohöleinsatzes nach

Produkten USA

Quelle: EIA

1) Distillate Fuel Oil; überwiegend Heating Oil und Diesel. 2) und andere Vorprodukte für petrochemische Prozesse.3) u.a. Schmierstoffe, Petroleumkoks, Asphalt/Bitumen.4) Processing Gains sind Volumengewinne, d.h. die prozentuale Volu-mensteigerung des Produktoutputs zum Rohöloutput, der während des Raffinerieprozesses entsteht. Diese entstehen, weil der Output insge-samt eine geringere Dichte als der Inputfaktor Rohöl aufweist.

Um die Margensituation einzelner Produkte zu beurteilen, ist der „direkte“ 1:1 Crack Spread he-ranzuziehen, auch wenn solch eine Betrachtung mit der tatsächlichen Ökonomie eines Raffinerie-prozesses nur wenig gemein hat. In dem nach-stehenden Chart ist die Raffineriemarge anhand von Front-Month-Futures am Beispiel eines Brent/RBOB/Heating Oil Spreads berechnet. Dieser eig-net sich zur Beurteilung der Profitabilität von Raf-finerien des atlantischen Beckens (v.a. USA Golf-küste und Ostküste sowie Europa), da hier auf der Produktseite Arbitragemöglichkeiten bestehen und auch der Preis des Inputfaktors Öl derzeit stark mit der Benchmark Dated Brent korreliert.

2008 2009 2010 2011 2012 2013 201420

30

40

50

60

70

80

1000

1500

2000

2500

3000

3500

Lagerbestände Mitteldestillate PADD1 Ostküste USA (EIA, in Mio Barrel)

Lagerbestände Gasoil ARA (PJK, in Tsd. Tonnen)(RECHTE SKALA)

-20

0

20

40

60

80

100

120

-20

0

20

40

60

80

100

120

1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013

LRG (Ethan, Propan, Butan) Benzin Kerosin

Mitteldestillate1) Fuel Oil Naphta

2)

Sonstige3)

davon: Prozessgewinne4)

Page 33: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 33

3-2-1 Crackspread Brent/RBOB/Heating Oil

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Neue Kapazitäten in den Verbraucherländern…Die Entwicklung der Ölnachfrage wurde bereits im Kapitel 3.2 beleuchtet. Der Trend, wonach diese in Schwellenländern ein robustes Wachstum aufweist, während die Nachfrage in Industrienationen bestenfalls stagniert, macht sich auch im Downstream-Bereich bemerkbar. So wandern die Kapazitäten sukzessive dorthin, wo die lokale Nachfrage nach Ölprodukten auftritt. Neue Raffineriekapazitäten lösen aus Sicht des Verbraucherlandes zwei Probleme: a) Ein Teil der Wertschöpfungskette ist im Heimatland, was sich po-sitiv für das BIP auswirkt, b) Auf Veränderungen im Nachfrage-Produktmix kann mittels Modifikationen im Raffineriebetrieb kürzerfristig reagiert werden. Vor diesem Hintergrund überrascht es kaum, dass nach Angaben der IEA im Jahr 2013 in Nicht-OECD-Staaten 1,5 mbpd neue Kapazitäten in Betrieb gingen, während die Kapazitäten in OECD-Staaten um 315 tbpd redu-ziert wurden. Der Großteil der Kapazitätsausweitungen erfolgte in Asien, vor allem in China. Dort gingen in Pengzhou 200 tbpd, in Quanzhou 240 tbpd und in Yangzi und Anquing weitere Raffinerien ans (Ölversor-gungs-)Netz.

…aber auch in den ProduzentenländernNeben den neuen Kapazitäten in den Verbraucherlän-dern spielen jedoch auch die Produzentenländer eine stärkere Rolle: So wurde alleine im vierten Quartal 2014 in Nahost rund 800 tbpd Kapazität in Betrieb genommen: 420 tbpd in den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie 400 tbpd in Saudi-Arabien in Yanbu durch Yasref (Yanbu Aramco Sinopec Refining). Für Saudi-Arabien ist dies nur einer von vielen Expansi-onsschritten, bereits im September 2013 nahm Satorp (Saudi Aramco Total Refining and Petrochemical Com-

pany) in Jubail 400 tbpd neue Kapazität in Betrieb, und weitere sind in Planung (vgl. Grafik). Diese Raffinerien sind für Saudi-Arabien auch eine praktische Möglich-keit, die seit einigen Monaten geänderte Strategie an den Ölmärkten umzusetzen. Nach der OPEC-Sitzung im November 2014 wurde auch dank der unterstützen-den Rhetorik von Saudi-Arabien schnell klar, dass man nicht mehr gewillt ist, die Rolle des Swingproduzenten zu übernehmen und weniger effizienten Anbietern (wie z.B. US-Schieferöl) Marktanteile zu überlassen. Die Aussage des saudischen Ölministers al Naimi vom 22.12.2014 “…it is not in the interest of OPEC pro-ducers to cut their production, whatever the price is“ dürfte weiterhin Gültigkeit haben. Mit den neuen Raf-fineriekapazitäten (Jubail, Yanbu) wird Saudi-Arabien deutlich flexibler, weil man diese Raffinerien mit güns-tigem Input versorgen und damit wettbewerbsfähige Ölprodukte anbieten kann.

Raffinerieproduktion OECD und Non-OECD

Quelle: IEA, LBBW Research

Raffineriekapazitäten Saudi Arabien

Quelle: BP, LBBW Research

2010 2011 2012 2013 2014 20150

5

10

15

20

25

Gasoil/Brent Crude Spread USD/Barrel

Gleitender Durchschnitt 4 Jahre

0

5

10

15

20

25

30

32

34

36

38

40

42

30

32

34

36

38

40

42

Mrz 2004 Mrz 2006 Mrz 2008 Mrz 2010 Mrz 2012 Mrz 2014

Total OECDTotal Non-OECD

mb/d

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

1965 1975 1985 1995 2005 2015

Raffineriekapazitäten Saudi-Arabien (in Tsd. Barrel pro Tag)

Page 34: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

34 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Angespannte Wettbewerbssituation für europäische RaffineureDie neuen Kapazitäten sowohl in den Verbraucherlän-dern (China, Indien) als auch in den Produzentenlän-dern (UAE, Saudi-Arabien, aber auch Russland) trüben das ohnehin aufgrund der schrumpfenden Nachfrage erschwerte Wettbewerbsumfeld für europäische Raf-fineure weiter ein. Seit 2005 wurden bereits rund 2,0 mbpd vom europäischen Markt genommen – dies ist die tatsächliche Zahl der Netto-Schließungen, Eigentü-merwechsel bei weiter aktivem Raffineriebetrieb sind hier nicht mit berücksichtigt (Quelle: World Energy Investment Outlook, OECD/IEA 2014, „Divesting, not investing in, European Refining).

Vor diesem Hintergrund lässt sich die Geschichte des europäischen Raffineriemarktes am besten am Beispiel eines Unternehmens erzählen (wie übrigens auch Che-niere Energy die amerikanische Geschichte des dorti-gen Energiemarktes am treffendsten erzählt, vgl. Kapi-tel 3.4). So wurde Petroplus in den 90er Jahren aufge-baut, indem es zu „hochmargigen“ Zeiten Raffinerien von den großen Ölmultis aufkaufte. Nach zwischen-zeitlichem Verkauf und Delisting des (Amsterdamer) Unternehmens folgte zunächst ein erneuter Börsen-gang in der Schweiz (vgl. Chart). Wenige Jahre später musste das Unternehmen jedoch vor dem schwachen Margenumfeld kapitulieren, Raffinerien schließen bzw. veräußern, bis schließlich 2012 Insolvenz angemeldet werden musste. In dieses Bild passt beispielsweise auch die Strategie des Ölmultis ENI, der im Heimatland Italien auf die – dort noch angespanntere – Wettbe-werbssituation reagiert. Zunächst waren Schließungen von 30 % der ursprünglich (Ende 2013) 774.000 bpd Kapazitäten geplant; ein Ziel, das aufgrund der ange-spannten Lage rasch auf 50 % angehoben wurde. Den-noch könnte das Schlimmste bereits hinter uns liegen, zumal die expansiven Pläne in den Emerging Markets aufgrund der angespannteren Finanzierungssituation (Stichwort: Zinserhöhung USA) auch bald wieder in der Schublade verschwinden könnten.

Marktkapitalisierung Petroplus (in Mio. Euro)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Gasoil-Margen auf langjährigem DurchschnittZuletzt lagen die Raffineriemargen für Gasoil in Europa auf durchschnittlichem Niveau; europäische Raffinerien erlösen bei der Produktion von Gasoil aktuell rund 14,50 USD je Barrel. Dies überrascht zunächst vor dem Hintergrund des skizzierten schwierigen Umfeldes. Die stabilen Margen sind jedoch vor allem auf zwei tempo-räre Faktoren zurückzuführen: Einerseits der Rekord-winter in den USA, der europäische Heizölladungen für die USA interessant machte, und der heftige Preis-verfall des Inputfaktors Rohöl. Klassischerweise wird der Einkaufsvorteil erst mit etwas Zeitverzug an die Kunden weiter gegeben. Beide Faktoren sind jedoch temporärer Natur; die strukturellen Wettbewerbsnach-teile dürften sich perspektivisch wieder in schwächeren Margen äußern.

Crack-Marge Brent-Gasoil

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 140

1000

2000

3000

4000

5000

6000

Petroplus (Börse Zürich, Marktkapitalisierung in Mio. Euro)Petroplus International (Amsterdam, Marktkapitalisierung in Mio. Euro)

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

2010 2011 2012 2013 20140

5

10

15

20

25

Gasoil/Brent Crude Spread USD/BarrelGleitender Durchschnitt 4 Jahre

0

5

10

15

20

25

Page 35: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 35

Terminkurve Gasoil und Heating Oil (in USD/t)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Ölnachfrage Europa

2013

(in mbpd)

2014

(in mbpd)

2015

(in mbpd)

Δ yoy

2015

Δ yoy

% 2015

IEA 14,3 14,1 14 -100000 -0,71%

OPEC 13,64 13,45 13,36 -90000 -0,67%

EIA 13,45 13,34 13,24 -100000 -0,75%

Quelle: IEA OMR, EIA STEO, OPEC MOMR

Fazit: Margen unter DruckDas Gros der Preisentwicklung von Gasoil wird si-cherlich auf den Rohölmärkten, insbesondere von der Benchmark Dated Brent bestimmt. Hier ist im Laufe des Jahres eine Stabilisierung, im zweiten Halbjahr eine Erholung zu erwarten (vgl. Kapitel 3.2). Zudem spielt die globale und lokale Angebots-/Nachfragesituation eine Rolle. So können etwa wetterbedingte Nachfrage-spitzen entstehen, und auch die allgemeine Wettbe-

werbssituation der europäischen Raffinerien spielt eine Rolle. Hinzu kommt der mittlerweile abgeflaute Rü-ckenwind, der durch die zeitverzögerte Weitergabe der sinkenden Inputpreise durch den Rohölpreisverfall ent-standen ist. Was die Nachfrage anbelangt, haben die sinkenden Preise sicherlich zu einer Nachfragereaktion geführt. Allerdings haben sie z.B. in Europa besten-falls den fallenden Trend abgefedert. So erwartet die IEA für das laufende Jahr ein Rückgang der täglichen Ölnachfrage um 100.000 bpd in Europa. Zu höheren Preisen wäre der Nachfragerückgang sicherlich etwas ausgeprägter gewesen. Die Wettbewerbssituation für europäische Raffineure ist vor dem Hintergrund der auf den Markt drängenden Kapazitäten vor allem aus Saudi-Arabien angespannt. Allerdings, und hier sind Parallelen mit dem globalen Rohölmarkt erkennbar, ist der Restrukturierungsprozess in vollem Gang, wie etwa das angeführte Beispiel von ENI zeigt, wo die Schließung knapp der Hälfte der Kapazitäten im Gange ist. Dies wiederum dürfte die Basis für eine ausgegli-chenere Marktsituation in Europa in den kommenden Jahren bilden. Vorerst, mit Blick auf das Jahresende 2015, dürften die Margen jedoch wieder unter Druck kommen, weil die zwischenzeitlich stützenden Fakto-ren Ölpreisverfall und Wetterlage USA auslaufen. Dafür spricht auch die insgesamt komfortable Lagersituation an Mitteldestillaten. Per Saldo dürften die Gasoilpreise im Einklang mit den Rohölpreisen zunächst günstig und das folgende Erholungspotenzial aufgrund der skizzierten strukturellen Probleme begrenzt bleiben.

Frank Klumpp, CFA

500

520

540

560

580

600

620

640

660

500

520

540

560

580

600

620

640

660

1 13 25

Gasoil (in USD/t)

US Heating Oil (in USD/t)

Monate

Page 36: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

36 LBBW - Commodity Yearbook 2015

3.4 US-Natural Gas

US-Natural Gas auf Erholungskurs

Spotpreis Natural Gas Henry Hub USD/MMBtu

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Nachdem der Spot-US-Gaspreis Henry Hub 2012 mit rund 2,25 USD/MMBtu ein mehrjähriges Tief erreicht hatte, stabilisierten sich die Preise zunächst. Durch den heftigen Winter 2013/2014 in den USA kratzte der Spotpreis kurzfristig sogar an der 8-US-Dollar-Marke. Der strenge Winter 2014/2015 in weiten Teilen des Lan-des sorgte zwar auch zwischenzeitlich für steigende Preise, jedoch deutlich weniger ausgeprägt als noch im Vorjahr. Im bisherigen Jahresverlauf 2015 verbilligten sich die Preise wieder sukzessive.

Verhältnis Spotpreis Brent/Natural Gas

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Im Jahr 2012 – bei relativ hohen Ölpreisen und gleich-zeitig sinkenden US-Gaspreisen – erreichte das Ver-hältnis zwischen einem Barrel Brent und einer MMBtu (Millionen Britische Thermal Units) US-Gas den Faktor 60! Die übliche Bandbreite im letzten Jahrzehnt lag bei dem 5- bis 10-fachen. Mit etwas über 20 ist das Ver-hältnis, auch dank des gefallenen Ölpreises, nach wie vor vergleichsweise hoch. Ein wesentlicher Grund für

das unverändert relativ günstige US-Gaspreisniveau ist das steigende Angebot an unkonventionellem Gas.

Starkes Wachstum in den USA Seit Anfang der 90er Jahre legte die Förderung trocke-nen Schiefergases („Shale Gas“) in den USA von 0,172 Bio. Kubikfuß (trillion cubic feet, tcf) im Jahr 1990 auf 11,34 tcf im Jahr 2013 zu, was mittlerweile fast der Hälfte der gesamten US-Gasproduktion entspricht. Dieser Anteil dürfte angesichts des Schiefergasbooms weiter ansteigen. Offenbar wurde selbst die US-Statis-tikbehörde des Energieministeriums EIA überrascht vom Schiefergasboom. Im Vorjahr (AEO2013 Early Release) und mit dem 2014er Early Release hatte sie ihre Langfristprognose für die gesamte Gasförderung nach oben revidiert. Mit dem jüngsten Release wurde zumindest die längerfristige Perspektive wieder etwas moderater, liegt mit 1.019 Mrd. Kubikmetern pro Jahr aber nach wie vor über der 2013er Schätzung.

US-Produktion Natural Gas (in Mrd. Kubikmeter p.a.)

Quelle: EIA, LBBW Research

Auch kurzfristig ist die Veränderung der Erwartun-gen („surprise factor“) nach oben gerichtet. In ihrem monatlichen Report „Short Term Energy Outlook“ ver-öffentlicht die EIA ihre Erwartungen für einen kürzer-fristigen Zeithorizont; auch diese müssen regelmäßig nach oben revidiert werden. Beispielsweise lag die erste Schätzung vom Januar 2014 für die 2015er US-Gasförderung noch bei 68,66 Mrd. Kubikfuß pro Tag (bcf/d); die Schätzung vom April 2015 liegt bereits 8 % darüber! Angesichts der Probleme, die die Industrie im Ölbereich aufgrund des tiefen Preisniveaus hat, scheint also die Gasförderung – trotz des auch bei Natural Gas seit geraumer Zeit äußerst niedrigen Preisniveaus – recht robust zu sein; im Gegenteil, sie erfreut sich so-

2008 2009 2010 2011 2012 2013 20140

2

4

6

8

10

12

14

Natural Gas-Henry Hub $/MMBTU

0

2

4

6

8

10

12

14

00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 140

10

20

30

40

50

60

70

Verhältnis Barrel Brent / Natural Gas Henry Hub MMBTU

0

10

20

30

40

50

60

70

400

600

800

1000

1200

400

600

800

1000

1200

1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040

Schätzungen AEO 2013Schätzungen AEO 2014 Early ReleaseSchätzungen AEO 2015 (April 2015)

Page 37: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 37

gar dynamischen Wachstums. Dies dürfte unter ande-rem an den so genannten „NGLs“, an Flüssiggasen wie Propan oder Butan liegen, die als Beiprodukt je nach Bohrung mehr oder weniger gefördert werden, und zu attraktiven Preisen veräußert werden können.

Schätzung EIA US-Produktion Natural Gas (in Mrd. Kubikfuß

pro Tag)

Quelle: EIA, LBBW Research

Reserveschätzungen nach unten revidiertSchätzungen über Gasvorkommen sind mit viel Unsi-cherheit behaftet, zumal viele Regionen nicht ausrei-chend erforscht sind. Die Internationale Energieagen-tur schätzte in ihrem 2012er Report „Golden Age of Gas“, dass weltweit rund 921 Bio. m3 unkonventionel-len Gases im Erdreich verborgen sind - fünfmal so viel wie in konventionellen Vorkommen. Damit würden die Gasvorkommen bei aktuellen Produktionsraten erst in 250 Jahren zur Neige gehen. Die Angaben von BP sind etwas konservativer, vgl. Tabelle.

Verteilung der Reserven (in Bio. Kubikmeter)

Quelle: BP, Cedigaz, OPEC, LBBW Research

Bis zum Jahr 2013 hatte BP die Reserveschätzungen - zuletzt auch aufgrund der verbesserten Fördertech-nologien - kontinuierlich angehoben. Aktuell werden sichere („proved“) globale Reserven von 185,7 Bio. m3 gesehen. Bei aktuellen Produktionsraten reichen die globalen Gasreserven damit noch rund 56 Jahre. Aller-dings sind die unkonventionellen Reserven in diesen BP-Schätzungen lediglich im „Shale-Gas“-Pionierland USA ansatzweise berücksichtigt. Im Review Mitte 2013 hat BP erstmals seit 1980, als BP das Coverage dieser Datenreihe aufnahm, die globalen Gasreserven leicht nach unten revidiert; 2014 folgte eine erneute leichte Revision. Dies dürfte u.a. auf das reduzierte Preisni-veau, vor allem in den USA, zurückzuführen sein. Da die Größe „proved reserves“ nicht nur technische, son-dern auch wirtschaftliche Machbarkeit berücksichtigt, schlagen die günstigen Preise entsprechend negativ ins Reserve-Kontor.

Globale Gasreserven (in Bio. Kubikmeter)

Quelle: BP, Cedigaz, OPEC, LBBW Research

Der Schiefergasboom ist vor allem in den USA in vol-lem Gange. Der Export der „Idee“ bzw. der Fördertech-nologien gestaltet sich aus verschiedenen Gründen etwas problematisch. Unkonventionelle Vorkommen, die hierfür geeignet wären, gibt es zuhauf – die EIA hat die Chancen auf Basis technologischer Machbarkeit 2013 erhoben und dabei allein drei Länder mit größe-ren Reserven als die USA ermittelt (vgl. Grafik).

55

60

65

70

75

80

55

60

65

70

75

80

Jan 11 Sep 11 Mai 12 Jan 13 Sep 13 Mai 14 Jan 15

2011 2012 2013

2014 2015 2016

8,88,8

5,4

40,5

44,4

10

9,3

7,47,46,8

42,7

72,4

13,9

12,7

11,711,7

7,7

56,6

80,3

14,2

15,2

Total North America

Total S. & Cent. America

Total Europe & Eurasia

Total Middle East

Total Africa

Total Asia Pacific

1993

2003

2013

0

50

100

150

200

0

50

100

150

200

1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010

Page 38: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

38 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Schiefergasvorkommen (in Bio. Kubikmeter)

Quelle: EIA: Technically Recoverable Shale Oil and Shale Gas Resources: An Assessment of 137 Shale Formations in 41 Countries Outside the United Sta-tes, Juni 2013

Warum unkonventionell?Unkonventionelles Erdgas unterscheidet sich in der Zusammensetzung nicht von konventionellem Erdgas. Der Terminus „unkonventionell“ bezieht sich auf die Technik, die zur Gewinnung des Gases eingesetzt wird. Bei konventionellem Erdgas muss lediglich eine ver-tikale Bohrung in die Lagerstätte erfolgen, damit das Gas auf Grund des natürlichen Lagerdrucks automa-tisch an die Oberfläche strömen kann. Im Gegensatz zu den konventionellen Vorkommen befindet sich das unkonventionelle Gas nicht in durchlässigen Gesteins-schichten, sondern in kleinsten Poren und Bruchzonen im Gestein. Die größten Vorkommen sind in Schiefer eingeschlossen. Aber auch in Tonschichten und Tun-draböden finden sich Vorräte.

Schiefergas – Eine RevolutionDank neuer Technologien erlebt die Gasförderung derzeit eine Revolution, verbunden mit den skizzierten hohen Wachtumsaussichten. Mit der neuen Bohrtech-nik „Fracking“ lässt sich Erdgas aus Schiefergestein fördern. Dabei wird zunächst vertikal gebohrt, bis die gasführenden Gesteinsschichten erreicht werden. Anschließend wird der Bohrvorgang horizontal weiter-geführt (vgl. Grafik). Damit das Gas entweichen kann, wird das Gestein durch eine Mischung aus Wasser, Chemikalien und Quarzkügelchen unter hohem Druck (ca. 1.000 bar) in Tausende Stückchen gesprengt. Die-ses spezielle Druckverfahren bezeichnet man als Fra-cking. Später wird das eingesetzte Gemisch teilweise aus dem Bohrloch wieder entfernt. Der Rest verbleibt jedoch im Boden.

Unkonventionelle Gasförderung, Querschnitt

Quelle: EIA

Gas hat VorteileUnter den fossilen Energieträgern belastet Erdgas nach Meinung der meisten Experten am wenigsten das Klima pro Megawatt Leistung. Der CO

2-Ausstoß

von Gaskraftwerken beläuft sich auf rund die Hälfte konventioneller Kohlekraftwerke. Darüber hinaus sind Gaskraftwerke sehr flexibel regelbar und gleichen die Schwankungen bei erneuerbaren Energien wie Wind und Sonne perfekt aus. Die nur halb so hohen Bau-kosten von Gas- gegenüber Kohlekraftwerken führen dazu, dass sie auch bei geringer Auslastung wirt-schaftlich arbeiten.

CO2-Emissionen in Gramm CO

2/KWh im Abgas

Quelle: UBA/DEHST

Gleicher Brennwert, unterschiedlicher PreisDas hohe Angebot an „Shale Gas“ hat in den USA zu sehr niedrigen Gaspreisen geführt. Um diese güns-tigen Preise mit den ebenfalls zuletzt verbilligten Ölpreisen zu vergleichen, sind diese entsprechend zu normieren. Dies kann z.B. auf Basis von Öläquivalenten (barrel oil equivalent, boe) erfolgen. Eine boe ent-spricht einem Barrel Erdöl oder 6.000 Kubikfuß Erdgas, da der Energiegehalt von 1.000 Kubikfuß Erdgas einem

0 5 10 15 20 25 30 35

Kanada

USA

Algerien

Argentinien

China

Erdgasfalle (konventionell)Gas sammelt sich ausdarunterliegender Lagerstätte

Gas in tiefenGrundwasser-schichten

Erdgas inKohleflözen

Undurchlässige Gesteins-oder Tonschicht

Sandstein Gasreiche Schieferschichten “Dichte” Erdgas-Speicher (wenigdurchlässigerSandstein)

Gashydratunterhalbetwa 300 mWassertiefe

Erdgas überÖllagerstätten(konventionell)

0 50 100 150 200 250 300 350 400

Erdgas

Heizöl (leicht)

Heizöl (schwer)

Steinkohle

Braunkohle

Page 39: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 39

Sechstel des Energiegehaltes eines Barrels Erdöl ent-spricht. Henry Hub Gas wird derzeit für rund 16 USD/boe gehandelt, rund 70 % unter Brent Spot. Oder, auf Basis von Gas-Energiewerten: Henry Hub Spot Gas kos-tet ca. 2,70 USD/MMBtu, während die verschiedenen Ölsorten zwischen 8 und 10 USD/MMBtu kosten.

Harmonisierte Energiepreise

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Es ist unwahrscheinlich, dass eine solch ausgeprägte Diskrepanz langfristig Bestand hat, da (nationale und internationale) Abnehmer durch diese Preisdifferenz hohe Anreize zur Substitution der fossilen Energieträ-ger Öl & ggf. auch Kohle haben.

Kohle-Gas-Switch: Spiegelbild Europa-USADie US-Schiefergasproduktion führte vor allem im Stromsektor – sowohl in den USA selbst als auch in Europa – zwischenzeitlich zu kräftigen Verschiebungen im Energiemix. Der günstige Preis von US-Erdgas mo-tivierte die US-Stromkonzerne, Kohlekraftwerkskapa-zitäten durch Gaskraftwerkskapazitäten zu ersetzen, wodurch Gaskraftwerke 2012 einen neuen Output-Rekord (1.295 TwH) erzielten. In den letzten beiden Jahren 2013 und 2014 war der Output zwar nach wie vor hoch, jedoch unter dem Niveau des Rekordjahres 2012. Dennoch: Das Klima freut´s, denn der US-amerikanische Coal-to-Gas-Switch brachte nach Be-rechnungen von BP letztlich eine CO

2-Reduzierung von

164 Millionen Tonnen! Spiegelverkehrte Welt in Europa: Hier schlug die nun in den USA nicht mehr benötigte Kohle auf – der überschüssige Rohstoff wurde zu günstigen Preisen angeboten, was die hiesigen Strom-konzerne im Umfeld hoher Gaspreise den umgekehr-ten Weg beschreiten und Kohlekraftwerke in Betrieb

nehmen ließ. Der Gas-to-coal-switch in Europa führte zu einer Erhöhung der Kohlenstoffdioxid-Emissionen um 21 Mio. Tonnen! (Quelle: BP; Stand: Gesamtjahr 2012) Dies, obwohl in Europa die Politik den Klima-schutz deutlich stärker auf der Agenda hat als in den USA – Versuche marktregulierender Mechanismen wie CO

2-Zertifikate verfehlten also ihre Wirkung. Im Jahr

2013 setzte sich dieser Trend nicht mehr fort; europa-weit sank der Kohleverbrauch um 2,7 %, während der Gasverbrauch lediglich um 1,4 % zurückging (Quelle: BP). Das grundsätzliche Problem von Gas- gegenüber Kohlekraftwerken beschrieb Mitte 2014 Cedigaz in ei-ner Studie, wonach Gas viele Vorteile gegenüber Kohle für Stromversorger hat („technical, environmental and financing parameters favor natural gas over coal“), je-doch wirtschaftliche Faktoren eine Präferenz für Kohle vorschreiben. Demnach wurden seit dem Jahr 2000, vor allem auch um die stark wachsenden (+169 GW), aber nur sehr volatil verfügbaren Erneuerbaren Energi-en mit schnell einsetzbaren Kapazitäten zu flankieren, 121 GW neue Gaskraftwerke in Betrieb genommen, die jedoch ein „loss making business, even for the most efficient“ sind.

Coal-to-Gas USA: Aktuelle SituationNach zwei Jahren rückläufigen Gasverbrauchs seitens der US-Stromversorger könnte der Trend im laufenden Jahr wieder drehen. Die jeweilige Entscheidungssituati-on wird von vielen Faktoren bestimmt: Zunächst hängt die zur Produktion einer KwH Strom benötigte Menge an fossilem Brennstoff von zwei Faktoren ab: Der Heiz-wert des Brennstoffs sowie die Effizienz des jeweiligen Kraftwerks. Für Break-Even-Berechnungen sind neben diesen Faktoren und den relativen Marktpreisen Gas/Kohle zudem Transportkosten zu berücksichtigen. Zur Vereinfachung haben wir in folgendem Chart US-Benchmark-Spotpreise für Kohle- und Gas nach Heiz-werten abgebildet, obwohl auch der Heizwert je nach Kohlesorte variieren kann. Der im Chart verwendete Konversionsfaktor wurde von der EIA übernommen. Derzeit liegen demnach Kohle- und Gaspreise in etwa gleichauf, wobei nach Angaben der EIA Gaskraftwerke über 23 % effizienter sind. (lt. EIA Power Plant Heat Rate: Coal = 10,498 Btu/kWh; Natural Gas = 8,039 Btu/kWh).

97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 140

5

10

15

20

25

Brent (umgerechnet in USD/MMBtu)WTI (umgerechnet in USD/MMBtu)Natural Gas Henry Hub (in USD/MMBtu)

0

5

10

15

20

25

Page 40: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

40 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Kohle- und Gaspreise USA

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Industrie weiterer ProfiteurAuch die Industrie, die ebenfalls rund 30 % der US-Gasnachfrage auf sich vereint, erhöht seit fünf Jahren ihren jährlichen Gasverbrauch. Vor allem die Chemie-industrie profitiert vom günstigen Einsatz von Natural Gas bei der Produktion von Ethylen.

Gasnachfrage USA – Industrie und Versorger

Quelle: EIA, LBBW Research

Gas weniger einfach zu transportierenIm Gegensatz zum Weltölmarkt kann von einem Welt-gasmarkt keine Rede sein. Dies hängt von der im Ver-gleich zum Öl erheblich komplexeren Lagerungs- und Transportproblematik zusammen. Um den Handel mit Gas zu beleben und andere Energieformen zu subs-tituieren, sind vor allem Investitionen in Infrastruktur erforderlich. Zwar ist es zu einem Weltgasmarkt noch ein weiter Weg. Investitionen in Pipelines, Kraftwerke, LNG (Liquified Natural Gas)-Verflüssigungskapazitäten, LNG-Tanker und LNG-Hafenterminals dürften jedoch

zu einer steigenden Nachfrage und damit auch einem höheren Anteil von Gas am Weltenergiemarkt führen. Dies bestätigte BP in ihrem Mittelfristausblick im Feb-ruar 2015: „We expect to see the market in gas become more global as LNG integrates regional markets und leads to geater conguence in global price movements.“

Flüssiggas im KommenDer Gasmarkt wird aber auch durch technische Fort-schritte bei der Gasverflüssigung flexibler. LNG ist Erd-gas, das auf bis zu -164 Grad Celsius abgekühlt und dadurch auf ein Sechshundertstel seines Volumens komprimiert wird. Gas kann so per Spezialschiff statt per Pipeline transportiert werden und damit große Distanzen relativ kostengünstig überwinden. Dennoch ist nach wie vor die Ökonomie der Transportmethoden zu beachten: Auf lange Distanzen ist LNG günstiger zu transportieren, auf kürzere Distanzen sind Pipelines zu bevorzugen (vgl. Grafik). Die Bestimmungsfaktoren der Gas-Transportkosten innerhalb der schattierten Bandbreiten sind im Falle der Pipelines der Querschnitt der Pipeline sowie die Geologie des zurückzulegenden Pipelineabschnittes, und im Falle von LNG die Kapital-kosten der Verflüssigungs- bzw. Regasifizierungsanla-gen. Beispiel: Von Houston, Texas (möglicher Export-standort für LNG) nach Singapur (möglicher Importeur) sind ca. 16.000 Kilometer zurückzulegen. Damit dürfte zwischen 4 und 6 US-Dollar je mmbtu zu kalkulieren sein, für Verflüssigung (der Löwenanteil, erkennbar am hohen „Nullpunkt“), Verschiffung und Regasifizierung.

Indikativer Vergleich von Treibstoff-Transportkosten

Quelle: IEA World Energy Outlook 2014, übernommen von Jensen (2012)

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 20140

2

4

6

8

10

12

14

US-Natural Gas (in USD/MMBtu)NYMEX Coal (adjustiert in USD/MMBtu)

0

2

4

6

8

10

12

14

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

8000

9000

10000

1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013

US-Gasnachfrage Industrie (in bcf)US-Gasnachfrage Versorger (in bcf)

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

8000

9000

10000

0

1

2

3

4

5

6

7

0

1

2

3

4

5

6

7

0 5000 10000 15000

Kilometer

USD/MMBtu

Gas Pipelines

LNG

Rohölpipeline

Rohöltanker

Kohle per Schiff

Page 41: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 41

Gasmarkt global 2014 (in Mrd. m3)

Welt-Gasproduktion 3460,6

davon importiert/exportiert 997,2 28,8 %

davon via Pipeline 663,9 66,5 %

davon via LNG 333,3 33,4 %

Quelle: BP Statistical Review of World Energy 2015

Aktuell werden rund 33,4 % des weltweit grenzüber-schreitend gehandelten Erdgases als LNG transportiert. Das Gros des so aufwändig transportierten Gases ist in langfristigen Kontrakten gebunden, so dass nur wenig in den Spothandel gelangt. Der „Spot“-Anteil nimmt jedoch zu; mittlerweile wird über ein Viertel zumindest kurz- bis mittelfristig gehandelt, d.h. Lieferung in we-niger als vier Jahren.

Nicht-langfristiger Handel (<4 Jahre) von LNG in mmpta und

Anteil am gesamten LNG Handel

Quelle: International Group of LNG Importers, The LNG Industry in 2013, März 2014, LBBW Research

Auf der Exportseite ist das Königreich Katar mit Ver-flüssigungskapazitäten von 100 Mrd. Kubikmetern p.a. zur Zeit weltweit der größte Anbieter. Im Vergleich zum Vorjahr erhöhte sich der Welthandel mit LNG (verflüssigtes Erdgas) im Jahr 2013 leicht von 324,2 Mrd m3 auf 325,3 Mrd. m3. Neue Infrastrukturprojekte (Singapur, USA) sind im Bau und dürften mittelfristig für ein stärker ansteigendes Volumen sorgen. Zuletzt gingen in Australien (Queensland Curtis) und Papua Neuguinea neue Kapazitäten an den Markt, und wei-tere sind bereits in Planung. Singapur schickt sich an, der neue Hub für LNG in Asien zu werden. So entsteht auf der vorgelagerten Insel Jurong Island eines der größten Importterminals für Flüssiggas. Derzeit läuft die Kapazitätserweiterung, die bis zu einer jährlichen Regasifizierungskapazität von 11 Mio. Tonnen LNG führen soll. Perspektivisch besteht seitens Singapur die Hoffnung, dass sich dort ein internationaler Referenz-

preis für LNG entwickelt, ähnlich wie Henry Hub für amerikanisches Pipelinegas.

LNG-Produktionskapazitäten nach Regionen (in Mrd.

Kubikfuß)

Quelle: IEA, Daten bis 2015 derzeit im Bau befindlich, Schätzungen 2020 auf Basis von bereits geplanten bzw. kurz vor der Genehmigung stehenden Projekten

EXKURS: Cheniere-Energy – vom Pionier zum Pure-PlayWohl kaum ein Chart erzählt die wundersame Verwandlung des Energielandes Amerika von der Jahrtausendwende bis heute besser als der Akti-enkurs von Cheniere Energy. Noch im Jahr 2006 hatte der Gründer von Cheniere mit Hilfe von Kre-diten in Höhe von über 2 Mrd. USD ein Importter-minal gebaut. Der kräftige Ölpreisanstieg sowie die Gasschwemme als Folge der unkonventionel-len Fördermethoden torpedierten das Geschäfts-modell jedoch rasch. Nun setzt Cheniere seinen Fokus auf den Gasexport: Nachdem der erste Teil des Exportterminals „Sabine Pass“ genehmigt wurde, konnte im September 2012 mit dem Bau begonnen werden. Cheniere Energy sicherte sich den Betrieb des Terminals über langfristige Kon-trakte mit British Gas (UK), Gas Natural Fenosa (Spanien), Gail (Indien), Kogas (Korea), Total und Centrica. Demnach erwerben die internationalen Energiekonzerne in den nächsten zwanzig Jahren Flüssiggas im Wert von über 29 Mrd. USD. Che-niere erhält üblicherweise 115 % des Henry Hub Spotpreises zuzüglich einer Prämie zwischen 2,25 und 3,00 USD/MMBtu. Das Exportvolumen aller bisher genehmigten Anlagen liegt bei 6,4 bcf/d. Zwischenzeitlich liegen weitere Anträge von Che-niere Energy und anderen Unternehmen in der Warteschleife beim US-Energieministerium. Zwar

0

0,05

0,1

0,15

0,2

0,25

0,3

0,35

0

10

20

30

40

50

60

70

2000 2005 2010 2012 2013

Spot LNG Handelsvolumen (in mmpta)in % des gesamten LNG-Handelsvolumens

0

100

200

300

400

500

600

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014e 2015e 2020e

Europa Andere Afrika Andere Mittlerer Osten RusslandAmerika Algerien Indonesien NigeriaAsien Qatar Australien

0

100

200

300

400

500

600

Page 42: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

42 LBBW - Commodity Yearbook 2015

hat Cheniere mit den langfristigen Kontrakten eine gewisse Investitionssicherheit. Sollten jedoch weitere Mengen auf dem Spotmarkt angeboten werden müssen, ist das aktuelle Marktumfeld zu-mindest wenig förderlich, da die LNG-Preise, auch vor dem Hintergrund des allgemein gesunkenen Energiepreisniveaus (Öl, Kohle, Gas), ebenfalls unter Druck kamen. So notiert der – wenngleich wenig liquide – LNG-Spotpreis in Asien derzeit lediglich bei 6,60 USD/MMbtu (Quelle: Reuters) – selbst bei sehr niedrigen Henry Hub Preisen ist dies für amerikanische Exporteure wenig attrak-tiv.

Aktienkurs Cheniere Energy (in USD)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Zyklische Kräfte dürften auch bei Natural Gas wirken – Sommerwetter relevantDie Kurve der Nymex-Futures zeigt 1) die saisonale Komponente des Gaspreises durch höhere Preise in den Wintermonaten und 2) die Contango-Struktur über alle Laufzeiten hinweg, die aufgrund der hohen Lagerkosten – nur Elektrizität ist teurer – üblich ist. Aufgrund des harten Winters in weiten Teilen der USA befinden sich die Lagerbestände unter ihrem mehrjäh-rigen Durchschnitt, aber deutlich über den saisonalen Rekordtiefständen der Heizsaison des Vorjahres. Die Preise sind daher aufgrund des hohen Angebotes weiterhin auf niedrigem Niveau. Das Gasangebot in den USA dürfte jedoch perspektivisch auf die tiefen Preise reagieren und entsprechend zurückgehen. Die Break-Even-Preise – zumindest die kurzfristigen Shut-In-Preise – sind teilweise sehr niedrig, mitunter sogar negativ, da viele Bohrlöcher auch „Wet Gas“ wie Propan fördern, die attraktivere Preise am Markt erzielen und daher das Gesamtprojekt rentabler erscheinen lassen.

Neben dem Winterwetter ist für die Gaspreisentwick-lung aufgrund des energieintensiven Einsatzes von Klimaanlagen auch die Sommersaison relevant. Falls der Sommer kühle Witterung bringt, sind vor dem Hin-tergrund der ohnehin üppigen Angebotssituation noch tiefere Preise für US-Natural Gas möglich. Im Vergleich zu Rohöl dürfte die Nachfrageseite jedoch elastischer sein, d.h. tiefere Preise lösen höhere Nachfragestei-gerungen aus. Hier dürfte der Coal-to-Gas-Switch eine nicht unerhebliche Rolle spielen, wenngleich die Preishürde „Pro Gas“ vor dem Hintergrund der über den gesamten Energiekomplex gefallenen Preise tiefer als im Vorjahr sein dürfte. Die spekulativen Kräfte, die den Preis zwischenzeitlich nach oben getrieben haben, haben sich CFTC-Daten zufolge weitgehend von ihren Longpositionen verabschiedet, was derzeit die Preise eher unterstützen sollte.

Erdgas Henry Hub (Nymex Front Month Future)

(in USD/mmBtu)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Natural Gas Forward-Kurve (in USD/mmBtu)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

2012 2013 2014 20151.50

2.00

2.50

3.00

3.50

4.00

4.50

5.00

5.50

6.00

6.50

Natural Gas Henry Hub (Front Month Future in USD/MMBTU)

1.50

2.00

2.50

3.00

3.50

4.00

4.50

5.00

5.50

6.00

6.50

2

2,5

3

3,5

4

4,5

2

2,5

3

3,5

4

4,5

1 13 25 37 49 61US Natural Gas Henry Hub (in USD/MMBtu)

01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 140

10

20

30

40

50

60

70

80

90

Cheniere Energy

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

Page 43: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 43

Natural Gas Net Long Managed Money (CFTC)

Quelle: CFTC, Thomson Reuters, LBBW Research

Lagerbestände Natural Gas (in Mrd. Kubikfuß)

Quelle: EIA, Bloomberg, LBBW Research

Frank Klumpp, CFA

2012 2013 2014 2015-200

-150

-100

-50

0

50

100

150

200

2.00

2.50

3.00

3.50

4.00

4.50

5.00

5.50

6.00

Net long Managed Money CFTC (in 100.000 Kontrakten)Natural Gas Henry Hub (Front Month Future)(RECHTE SKALA)

0

500

1.000

1.500

2.000

2.500

3.000

3.500

4.000

0

500

1.000

1.500

2.000

2.500

3.000

3.500

4.000

Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Aug Sep Okt Nov Dez

Durchschnitt (2005-2014)

Max-Min (2005-2014)

2015

2014

Page 44: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

44 LBBW - Commodity Yearbook 2015

3.5 Erdgas

Auswirkungen des Ölpreisrückgangs und der Ukraine-Krise Beobachter des deutschen Gasmarktes werden 2014 als eines der ereignisreichsten Jahre in Erinnerung behalten. Nicht nur die Sorgen vor einer Lieferunter-brechung als Konsequenz der Eskalation der Ukraine-Krise, sondern auch die Spätfolgen der deutschen Energiewende und die Auswirkungen des dramati-schen Ölpreisrückganges im zweiten Halbjahr 2014 beschäftigten Produzenten, Verbraucher und Händler.

Gaslieferungen und VersorgungssicherheitDie Ereignisse in der Ukraine im Laufe des Jahres 2014 entwickelten sich mit der Annexion der Krim durch Russland und dem eskalierenden Einsatz schwerer Waffen in der Ostukraine immer mehr zu einer huma-nitären Katastrophe und einer der größten politischen Herausforderungen in Europa seit dem Balkankonflikt Anfang der 1990er Jahre. Durch die Funktion der Ukraine als wichtiges Transitland für russische Gaslie-ferungen nach Europa ist auch die deutsche Energie-wirtschaft unmittelbar von diesem Konflikt betroffen. Die EU bezieht etwa ein Drittel ihres Gasbedarfes aus Russland. Der größte Teil hiervon strömt durch Pipe-lines, die ukrainisches Territorium durchqueren und auch zur Versorgung der Ukraine selbst dienen. Russ-land hatte der Ukraine Preisnachlässe auf Gaslieferun-gen gewährt, dies aber daran gekoppelt, dass eine von Russland als bedrohlich empfundene Annäherung an die EU über ein Assoziationsabkommen nicht stattfin-den würde. Nach dem Sturz der prorussischen Regie-rung Janukowitsch verlangte Russland wieder die zuvor ausgehandelten Preise. Da außerdem die Bezahlung vergangener Gaslieferungen von der Ukraine nicht beglichen wurde, verlangte der staatlich russische Gaskonzern Gazprom Vorkasse oder drohte mit der Einstellung der Lieferungen an die Ukraine, was von Juni bis Oktober 2014 dann auch geschah. Im weiteren Verlauf der Krise wurden in der EU Sanktionsmaßnah-men gegen Russland beschlossen, die vor allem den Finanz- und Energiesektor treffen sollten. Da nach einem milden Winter die europäischen Gasspeicher einen relativ guten Füllungsgrad aufwiesen, sah sich die EU in der Lage, vorübergehend eine harte Linie in

den Verhandlungen einzunehmen, ohne unmittelbare Gasknappheit befürchten zu müssen. Insgesamt ge-hen Marktbeobachter davon aus, dass die Krise in der Ukraine im Zeitablauf unterschiedliche Konsequenzen auf den Gasmarkt haben sollte: Kurzfristig wäre selbst eine Liefereinstellung Russlands oder Sanktionen durch die EU aufgrund der hohen Lagerbestände unkri-tisch. Mittelfristig könnte die Situation kritisch werden - beide Seiten sind aber zu abhängig voneinander: Der europäische Bedarf an Gas und der russische Bedarf an Deviseneinnahmen durch Rohstoffexporte sollten eine pragmatische Verhandlungslösung ermöglichen, die von den politischen Differenzen um die Ukraine entkoppelt ist. Langfristig scheint sich eine Abkehr von dieser gegenseitigen Abhängigkeit abzuzeichnen: Europas Gasimportbedarf aus Russland wird durch Energieeinsparbemühungen und Etablierung von Al-ternativen wie Flüssiggasimporten verringert werden, Russland auf der anderen Seite scheint Wege zur Vermarktung seiner Energieerzeugung auf dem asiati-schen Kontinent zu erschließen.

Folgen der Energiewende für die GasverstromungEine wichtige Zielsetzung der Energiewende in Deutschland war die Verdrängung der klimaschädli-chen fossilen Stromerzeugung und der spätestens seit der Fukushima Katastrophe 2011 politisch mehrheitlich nicht mehr gewünschten Kernenergie durch regenerati-ve Energieträger wie Wind, Wasser, Sonne und Biomas-se. Tatsächlich ist der Anteil der Bruttostromerzeugung aus Kernenergie hierzulande auf unter 16 % gefallen (2000: 30 %) und der Anteil erneuerbarer Energien auf ca. 24 % gestiegen (2000: 7 %). Allerdings ist der An-teil der Gasverstromung von einem Hoch bei 14 % im Jahr 2010 auf knapp unter 10 % gefallen. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil der Stromerzeugung aus Braun- und Steinkohle sogar von 41 % auf 43 %. Diese Entwicklung verwundert zunächst, ist doch die Strom-erzeugung aus Gas deutlich weniger klimaschädlich als die aus Kohle. Die Produktion einer Kilowattstunde Strom aus Erdgas erzeugt einen CO

2-Ausstoß von etwa

0,2 kg, die einer Kilowattstunde Strom aus Braunkohle etwa 0,36 kg, also 80 % mehr.

Page 45: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 45

Bruttostromerzeugung in Deutschland 2010-2014

Quelle: Statistisches Bundesamt, LBBW

Zudem beschränken technische Rahmenbedingungen die Flexibilität des Einsatzes von Kohlekraftwerken in der Stromerzeugung. Braun- und Steinkohlekraft-werke stellten mit den Kernkraftwerken traditionell die Grundlast zur Verfügung, schneller regelbare Gaskraftwerke und Pumpspeicher deckten die Spit-zenlast ab. Der Ausbau von regenerativen Energien stellt die Netzbetreiber vor große Herausforderungen. Um die Stabilität des Stromnetzes zu gewährleisten und die Risiken von Blackouts zu minimieren, muss zu jedem Zeitpunkt die gleiche Menge Strom von den Kraftwerken ins Netz eingespeist werden, wie durch die Verbraucher aus ihm entnommen wird. Da das Einspeiseverhalten der regenerativen Energie sehr von Wetterbedingungen wie Windstärke (Windkraftanlagen) und Wolkenbedeckungsgrad (Photovoltaik) abhängt, muss bei steigender installierter Ökostromkapazität immer mehr schnell regelbare Kraftwerkskapazität wie zum Beispiel durch Gaskraftwerke zur Verfügung gestellt werden. Dennoch ist der Anteil der Gasver-stromung gesunken. Der Grund dafür ist, wie bereits skizziert, dass die fossilen Energieträger wie Kohle und Gas auf dem Strommarkt über den Preis konkurrieren, die erneuerbaren Energien hingegen bei der Einspei-sung ins Netz „Vorfahrt“ genießen und einen über die EEG-Umlage ermöglichten höheren Preis als den Marktpreis vergütet bekommen. Da sich die Kohleprei-se seit 2011 deutlich verbilligt haben und auch die zur Kohleverstromung zuzukaufende größere Menge Emis-sionszertifikate aktuell relativ günstig handelt, wird die gasbasierte Stromerzeugung zu Lasten der kohleba-sierten Stromerzeugung zurückgedrängt. Dieser Effekt führte trotz der Förderung regenerativer Energien laut Statistiken des Umweltbundesamtes seit 2010 sogar zu einem Anstieg der spezifischen Kohlendioxid-Emis-

sionen des deutschen Strommix. Erst ein relativ zum Kohlepreis sinkender Gaspreis oder eine Verknappung und dadurch Verteuerung der Emissionszertifikate, wie auch im Energieszenario der Bundesregierung bis 2030 zugrunde gelegt, wird diesen Trend umkehren können. Letztlich ist die klimaschädliche Entwicklung also eine Folge von Anreizen, die sich aus relativen Marktpreisen der Primärenergieträger ergeben – in den USA wurde marktpreisbedingt genau der umgekehrte Weg beschritten (Coal-to-Gas-Switch, vgl. Kapitel 3.4).

Auswirkungen des Ölpreisrückgangs auf den Gasmarkt Am deutschen Gasmarkt existieren unterschiedliche Vertragsformen, die den Preis des Gases zum Teil an die Preisentwicklung anderer Energieträger wie Öl koppeln oder sich auf Preise beziehen, die an Großhandelsmärkten für Gas festgestellt werden. Der Anteil an ölpreisgekoppelten Verträgen fällt seit eini-gen Jahren mit fortschreitender Reife der Spotmärkte und hat bereits 2013 die 50 %-Marke unterschritten. Dennoch bezieht sich nach wie vor ein großer Teil der langlaufenden Importverträge auf die Notierungen am Ölmarkt. Die Gasmarktliberalisierung und der verein-fachte Zugang zum Gasnetz ermöglichte die Entwick-lung eines Gasmarktes, auf dem in Deutschland zum Beispiel an der EEX (European Energy Exchange) Spot- und Terminlieferungen in den beiden Marktgebieten Gaspool und NGC (Net Connect Germany) gehandelt werden. Aufgrund der höheren Liquidität wird häufig auch der niederländische TTF (Title Transfer Facility) Handelsplatz als Referenz für deutsche Gaspreise genannt. Im Verlauf des Jahres 2014 sorgten trotz der Krise in der Ukraine und damit verbundener Versor-gungsrisiken für russisches Gas einige Faktoren für per Saldo sinkende Preise: Ein milder Winter 2013/2014 mit relativ geringem Gasverbrauch schonte die Vorräte in den europäischen Speichern. Zudem vermindern die fortschreitenden Energieeinsparbemühungen in Indus-trie und privaten Haushalten, vor allem durch neue Vorgaben bei Neubauten, strukturell den Gasverbrauch in Europa. Schließlich liegt, wie bereits erläutert, die Nachfrage der Stromversorger auf dem niedrigsten Niveau seit etwa zehn Jahren. Das Gasangebot auf dem Weltmarkt und damit die Möglichkeit Europas über Flüssiggastankschiffe zusätzliche Mengen zu importieren, steigt beständig mit den Fortschritten der nordamerikanischen Schiefergasförderung, die die USA vom Gasimport- hin zum Gasexportland entwickelt (vgl. Kapitel 3.4).

100%

80%

60%

40%

20%

0%

Kernenergie Braunkohle

Steinkohle Erdgas

Ölprodukte und Sonstige Erneuerbare Energieträger

2010 2011 2012 2013 2014

100%

80%

60%

40%

20%

0%

Page 46: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

46 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Preisentwicklung EEX Gaspool, TTF, Importpreis BAFA

Quelle: Statistisches Bundesamt, EEX, LBBW Research

Die Gaspreise, die durch die Koppelung an Ölnotierun-gen festgestellt werden, werden mit einer gewissen vertraglich festgelegten Zeitverzögerung die Preis-entwicklung auf dem Weltölmarkt nachvollziehen. Hier baute sich im Jahresverlauf ein deutlicher An-gebotsüberhang auf, vor allem durch den massiven Ausbau der unkonventionellen Ölförderung in den USA. Entgegen der Erwartung einiger Marktteilnehmer reduzierte die OPEC in ihrer Herbstsitzung nicht die Förderquoten, um den Markt auszubalancieren und die Preise zu stützen. Unter der Führung Saudi-Arabiens entschloss sich das Kartell, Marktanteile zu verteidigen und so einen Ölpreisabschwung hinzunehmen, der mittelfristig ineffizientes Angebot, vor allem aus den USA, zurückdrängen soll.

Preisentwicklung HEL Rheinschiene (in EUR/hl)

Quelle: Statistisches Bundesamt, LBBW

Der Preis für ein Barrel Brent-Rohöl fiel von 115 USD im Juni 2014 zwischenzeitlich auf ein Fünf-Jahres-Tief von nur noch 45 USD im Januar 2015. Der dramatische Rückgang der Ölpreise um etwa 50 % in der zweiten Jahreshälfte 2014 wird sich entsprechend dämpfend auf die Gaspreise im Jahr 2015 auswirken.

FazitWirtschaft und Politik sollten weiter an einem sinnvol-len Versorgungsmix für den Energiemarkt arbeiten, wo neben ökonomischen und ökologischen auch technische und strategische Überlegungen eine Rolle spielen müssen. Sicher dürfte Erdgas aufgrund seiner relativ guten Verfügbarkeit und für einen fossilen Brennstoff CO

2-armen Verbrennung hier eine wichtige

Rolle spielen, wenn das Marktdesign für Stromhandel und Emissionszertifikatehandel entsprechend ausge-staltet ist. Insbesondere die Fähigkeit der Gaskraft-werke, durch ihre Regelbarkeit das wetterabhängige Einspeiseverhalten von Wind- und Solarkraftwerken zu begleiten, ist künftig wichtiger denn je. Die Wissen-schaft und Wirtschaft werden zudem gefordert sein, Stromspeichertechnologien marktfähig zu machen und in großem Umfang zur Verfügung zu stellen. Politik und Gesellschaft werden einen Konsens zum Ausbau des Stromtransports aus Regionen der Erzeugung in Regionen des Verbrauchs treffen müssen. Gasimpor-teure sollten ein Bezugsportfolio wählen, das pipeline-gebundenes Gas aus verschiedenen Regionen wie der Nordsee und Osteuropa, aber auch Flüssiggasimporte aus Übersee und die entsprechende Transport- und Speicherinfrastruktur berücksichtigt. Ein sinnvoller Mix aus Vertragsformen für Bezug und Abrechnung aus Spotmarktverträgen, Verträgen, die an Grenzüber-gangspreise für Gas gekoppelt sind und traditionellen ölpreisgekoppelten Verträgen sollte helfen, das ökono-mische Risiko des Gaseinsatzes in Wärme- und Strom-erzeugung zu optimieren.

Dr. Eberhard Borgmann, FI Trading MM/ Forex/Commodities

2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 20142

3

4

5

6

7

8

9

10

11

Importpreis Gas BAFA (in Euro/MMBtu)Gaspreis TTF (nächstfälliger Future, in Euro/MMBtu)EEX Gaspool (in Euro/MMBtu)

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

30,00

40,00

50,00

60,00

70,00

80,00

90,00

2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

MonatHEL "Rheinschiene" (40-50 hl) in EUR/hl

30,00

40,00

50,00

60,00

70,00

80,00

90,00

Page 47: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 47

4 Edelmetalle.

Sektorausblick

Der Goldpreis bewegte sich in den vergangenen 24 Monaten wie von einer unsichtbaren Hand geleitet immer wieder in Richtung der 1.200-USD-Marke. Wir erwarten, dass diese Bodenbildungs-phase allmählich zu Ende geht und die Notierun-gen wieder ansteigen. Die weißen Edelmetalle koppelten sich auch 2014 über weite Strecken vom Goldpreis ab. Der Silber-preis vollzog noch am stärksten die Trends des Goldes. Doch in den Herbstmonaten des letzten Jahres verbilligte es sich drastisch und kostet heu-te 20 % weniger als noch zu Jahresbeginn 2014. Auch der Platinpreis entwickelte sich schwächer, wohingegen Palladium das Allzeithoch aus dem Jahr 2001 in den Fokus zu nehmen schien. Zu-letzt ermäßigten sich die Preise etwas. Die Goldnachfrage westlicher Anleger bewegte sich in den ersten Monaten des Jahres 2015 wie schon im letzten Jahr auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau. Wir rechnen derzeit nicht mit einem drastischen Wiederanstieg. Der Netto-Goldbedarf zu Anlagezwecken bewegte sich 2014 mit rund 900 Tonnen auf dem Vorjah-resniveau. Zwar erreichte die physische Nachfrage nicht mehr den Spitzenwert des Jahres 2013, der vor allem ein Resultat der Schnäppchenkäufe nach dem Preiseinbruch war. Dafür gingen die Goldveräußerungen der physisch besicherten Fonds von 880 Tonnen auf nur noch 160 Tonnen zurück. Beide Effekte glichen sich aus. Unabhängig hiervon befinden sich die Notenban-ken weiterhin auf der Käuferseite des Marktes. Wir erwarten, dass sich hieran vorerst nichts än-dern sollte. Die Goldminen reagieren mit starken Einsparun-gen von laufenden Kosten wie auch im Bereich der Erweiterungsinvestitionen auf den gesunke-nen Preis. Vermutlich werden die Fördermengen dennoch in absehbarer Zeit ihren Zenit erreicht haben, da derzeit wenig in neue Projekte inves-tiert wird. Im Gegensatz zu Gold investierten die Anleger auch im letzten Jahr wieder in Silber-, Platin- und Palladium-Fonds. Die Mittelzuflüsse fielen mit insgesamt einer Mrd. USD aber nur halb so hoch wie 2013 aus. In den ersten Monaten des Jahres 2015 waren sogar durchweg Mittelabflüsse zu verzeichnen. Die Silberförderung dürfte 2015 aufgrund der Ex-pansion der Basismetallgewinnung ansteigen.

Entwicklung der Edelmetalle seit Anfang 2014umbasiert auf 100

Quellen: Thomson Reuters, LBBW Research

Goldnachfrage zu Anlagezwecken in Tonnen

Quellen: World Gold Council, Thomson Reuters GFMS, LBBW Research

Mittelzu- und -abflüsse in börsengehandelte Silber-, Platin- und Palladiumfonds in Mrd. USD

Quelle: LBBW Research, Emittenten, Bloomberg

Entwicklung des industriellen Einsatzes der Edelmetalle,

indexiert auf 2006 = 100

Quelle: LBBW Research

70

80

90

100

110

120

130

70

80

90

100

110

120

130

Jan. 14 Mai. 14 Sep. 14 Jan. 15 Mai. 15

Gold SilberPlatin Palladium

-1.000

-500

0

500

1.000

1.500

2.000

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Physische Investments

ETCs u.a.

Saldo

-1.000

-500

0

500

1.000

1.500

2.000

-2

-1

0

1

2

3

4

2006 2008 2010 2012 2014

Silber

Platin

Palladium

-2

-1

0

1

2

3

4

50

70

90

110

130

150

50

70

90

110

130

150

2006 2008 2010 2012 2014

Gold SilberPlatin Palladium

Page 48: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

48 LBBW - Commodity Yearbook 2015

4.1 Gold

Goldpreis im Bereich von 1.200 USDWollte man die Goldpreisentwicklung in den vergan-genen ein bis zwei Jahren beschreiben und es sich relativ einfach machen, dann würden die folgenden Worte genügen: Seitwärtsbewegung im Bereich von 1.200 USD je Feinunze. Natürlich tendierte der Wert des Edelmetalls im Zeitablauf mal mehr in die eine und dann wieder in die andere Richtung. Und außerdem gab es eine leichte Abwärtstendenz. Aber grundsätz-lich scheint der Peis seit dem Absturz im Frühjahr 2013 wie von einer unsichtbaren Hand immer wieder an die 1.200-USD-Marke herangeführt worden zu sein. Die Volatilität ist dabei trotz des Griechenland-Debakels aktuell so gering wie schon seit mehreren Jahren nicht mehr. Etwas anders sieht die Lage bei Betrachtung des Goldpreises in Euro aus. Die USD-Stärke verteuerte das Edelmetall um die Jahreswende 2014/2015 um mehr als 10 %.

Gold in USD und EUR je Feinunze seit Anfang 2012

Quelle: Thomson Reuters

Vier Aufwärtsbewegungen seit Sommer 2013Grob betrachtet können vier kleinere Aufwärtsbewe-gungen innerhalb der Seitwärtsentwicklung in den letzten zwei Jahren identifiziert werden, die jedoch nicht nachhaltig waren: Zunächst erfolgte nach dem Preissturz eine Gegenbewegung im dritten Quartal 2013. Im Frühjahr 2014 machte sich die Ukraine-Krise mit Unbehagen an den Weltfinanzmärkten und einem steigenden Goldpreis bemerkbar. Als nach einer kur-zen Phase der Beruhigung die Kämpfe im Osten der Ukraine eskalierten, stiegen die Notierungen im Juni und Juli 2014 ein drittes Mal an. Vor allem die Monate August bis Oktober 2014 waren jedoch von einem scharfen Preisrückgang gekennzeichnet. Zu dieser Entwicklung hat unter anderem die Aussicht auf eine

bevorstehende Zinswende in den USA beigetragen. Auf dieses Thema ist gleich noch detaillierter einzugehen. Das vierte und bislang letzte Aufbäumen ereignete sich ab Ende 2014 bis Ende Januar 2015 vor dem Hin-tergrund der Neuwahlen zum griechischen Parlament und der Entscheidung der Europäischen Zentralbank zum Kauf von Staatsanleihen. Hierauf ist ebenfalls noch zurückzukommen.

US-Notenbank steht für Leitzinsanhebung in den StartlöchernDas derzeit übergeordnete Thema für den Goldmarkt ist die verhältnismäßig gute Verfassung der Konjunk-tur in den USA und die hieraus folgenden Implikatio-nen für die Zinsen und Wechselkurse. Wie schon im Konjunkturteil des Yearbooks erläutert wurde, wächst die US-Wirtschaft in diesem Jahr um voraussichtlich 2,5 % und um 2,8 % im Jahr 2016. Die US-Notenbank hat demnach gute Gründe, ihren rekordtiefen Leitzins von offiziell 0 % bis 0,25 % wieder anzuheben und auf ein normales Maß zu schleusen.

Gute Konjunkturnachrichten schlecht für GoldanlagenAn den Börsen gelten Zinsanhebungen als Gift für Goldanlagen, denn das Edelmetall bringt bekanntlich weder Zinsen noch Dividenden ein. Die Standardformu-lierung im Jargon der Finanzwelt lautet: die Opportu-nitätskosten der Goldhaltung steigen mit den Zinsen. Damit ist gemeint, dass andere Kapitalanlagen wie bei-spielsweise sichere Staatsanleihen bei hohen Renditen attraktiver als Gold erscheinen.

Unsicherheiten über KonjunkturentwicklungWenn sich Anleger auf die erläuterte Regel verlassen könnten, wonach steigende Zinsen zu einem sinken-den Goldpreis führen, dann spräche momentan kaum etwas für den Erwerb des Edelmetalls. In der Praxis stehen dieser Sicht jedoch zwei Unwägbarkeiten ge-genüber. Einerseits veröffentlicht keine Notenbank verbindliche Pläne über ihre weitere Vorgehensweise. Denn erstens sollen die Märkte schonend auf Ver-änderungen vorbreitet werden, um leicht mögliche Kurskapriolen zu vermeiden. Zweitens können unvor-hergesehene Ereignisse zu einer Verbesserung oder Verschlechterung der konjunkturellen Lage führen, worauf mit einem Vorziehen oder einer zeitlichen Verzögerung der Zinsschritte reagiert werden kann. Fed-Chefin Janet Yellen möchte sich gewiss nicht dem Vorwurf aussetzen, einen zarten und zerbrechlichen

2012 2013 2014 2015800

900

1000

1100

1200

1300

1400

1500

1600

1700

1800

1900

Gold in USD je Feinunze

Gold in EUR je Feinunze

800

900

1000

1100

1200

1300

1400

1500

1600

1700

1800

1900

Page 49: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 49

Aufschwung durch voreilige Zinserhöhungen abge-würgt zu haben. Somit besteht eine Unsicherheit über den genauen Zeitpunkt des ersten Zinsschrittes und vor diesem Hintergrund wird an der Börse schon seit Monaten jede neue Konjunkturnachricht aus den USA und jede kleine Äußerung der Notenbankoffiziellen auf ihre Bedeutung für die Geldpolitik ausgewertet und in den Notierungen verarbeitet. Gute Konjunkturnachrich-ten machen demnach baldige Zinsanhebungen wahr-scheinlicher und sind deshalb schlecht für Gold. Und für eher enttäuschende Nachrichten aus der Wirtschaft gilt das Gegenteil.

Goldpreisanstieg trotz hoher Zinsen möglichEine zweite Unwägbarkeit besteht darin, inwieweit steigende Leitzinsen tatsächlich zu einem Rückgang des Goldpreises führen. Als in den Jahren 2004 bis 2006 der Zinssatz schrittweise angehoben wurde, ließ sich keine negative Auswirkung feststellen. Die Gold-notierung stieg sogar um rund 50 % an und legte auch weiter zu, als der von der US-Fed festgelegte Geld-marktsatz 5,25 % betrug. Die Theorie bestätigte sich also zumindest in dieser Phase nicht.

Goldpreis in USD und US-Leitzins in % 2004 bis 2006

Quelle: Thomson Reuters

Starker USD sorgt für schwachen GoldpreisIn den letzten Monaten sorgte ein zweiter Faktor für einen niedrigeren Goldpreis, der eng mit dem Thema Leitzinswende verknüpft ist. Der Außenwert des USD stieg gegenüber anderen wichtigen Währungen deut-lich an, wohingegen der Euro gleichzeitig allgemein an Wert verlor. Der USD/EUR-Wechselkurs brach deshalb von rund 1,39 USD/EUR im Mai 2014 auf nur noch 1,05 USD/EUR im März 2015 ein. Diese Entwicklung verteu-

erte Gold für hiesige Anleger wie oben geschildert. Die wechselkursbedingte Verteuerung ist gleichzeitig ein Grund, warum eine USD-Stärke zu einem niedrigeren USD-Goldpreis beiträgt: Ausländische Käufer können sich für einen bestimmten Betrag weniger Gold leisten, so dass die Nachfrage zurückgeht. Zweitens gilt Gold an den Börsen als eine Art Gegenwährung zum USD. Die Dollarstärke wirkt sich entsprechend negativ aus. Lediglich in dem kurzen Zeitraum über den Jahres-wechsel 2014/15, als Neuwahlen in Griechenland be-vorstanden, zog der Goldpreis trotz USD-Stärke an.

Goldpreis in USD und USD/EUR-Wechselkurs seit Anfang 2014

Quelle: Thomson Reuters

Wenig Einfluss des USD auf den Goldpreis in den kommenden Monaten erwartetFür die kommenden Monate halten wir einen weiteren zwischenzeitlichen Rückgang des USD/EUR-Wechsel-kurses für nicht unwahrscheinlich. Vor allem die von uns erwarteten Leitzinserhöhungen durch das Federal Reserve System dürften den USD für ausländische Kapitalanleger attraktiver machen. Per Saldo erwarten wir auf Sicht von einem Jahr aber keine größeren Ver-änderungen vom gegenwärtigen Stand. Der USD dürfte deshalb auf absehbare Zeit keinen Preisdruck mehr auf das Gold ausüben.

Eurokrise seit Ende 2014 wieder präsentDie kleinen aber stetigen konjunkturellen Verbesserun-gen in den südlichen Staaten der Eurozone ließen im Sommer letzten Jahres bei vielen Marktteilnehmern das Gefühl aufkommen, die Eurokrise sei weitgehend ab-geklungen. Nach dem Vorziehen der griechischen Prä-sidentschaftswahl Ende 2014 kehrte die Krise jedoch sehr zügig zurück. Die griechische Tragödie dürfte hinlänglich bekannt sein: Als Folge des Scheiterns der

2004 2005 2006350

400

450

500

550

600

650

700

750

0.50

1.00

1.50

2.00

2.50

3.00

3.50

4.00

4.50

5.00

5.50

Gold in US-Dollar je FeinunzeUS-Leitzins (rechte Skala)

J F M A M J J A S O N D J F M A M J

1.00

1.05

1.10

1.15

1.20

1.25

1.30

1.35

1.40

1100

1150

1200

1250

1300

1350

1400

1450

1500

1550

1600

Gold in USD/Feinunze (rechte Skala)US-Dollar/Euro-Wechselkurs

Page 50: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

50 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Präsidentenkür mussten Neuwahlen für das Parlament ausgeschrieben werden. Die linksradikale Syriza-Partei ging aus ihr als stärkste Kraft hervor und stellt seitdem die Regierung. Sie lehnt die seit 2010 verfolgten Spar- und Reformanstrengungen entschieden ab und über-warf sich Ende Juni 2015 nach einer ganzen Reihe von Krisengipfeln mit den europäischen Geldgebern. Die Entwicklung dieses Konfliktes wird eindrucksvoll durch die Rendite griechischer Staatsanleihen dokumentiert. Seit Ende 2014 stieg der Risikoaufschlag zu anderen Anleihen aus der Eurozone deutlich an.

Renditen 10jähriger Staatsanleihen in % seit Anfang 2014

Quelle: Thomson Reuters

Gold profitierte zunächst kaum von Eskalation der Griechenland-KriseDer Konflikt mit Griechenland stellt zwar eine gewisse Stütze für den Goldpreis dar. Dies zeigte der Anstieg der Notierung ab Ende 2014 trotz der gleichzeitig stattfindenden USD-Aufwertung. Die Eskalation der Krise Ende Juni 2015 brachte dem gelben Edelmetall aber kaum Schub. Der Preis je Feinunze kletterte nach dem Wochenende, als der Athener Regierungschef Tsipras ein neues Hilfsangebot von 15 Milliarden Euro ausschlug, um gerade einmal 10 USD.

Griechenland ein Beispiel für weitere Staaten?Möglicherweise wird sich die ganze Tragweite des grie-chischen Dramas erst in ein paar Jahren abzeichnen. Das Land im Südosten Europas war durch die Miss-wirtschaft der Vergangenheit zwar stark für Probleme exponiert. Doch auch in anderen Mitgliedsstaaten der Eurozone befinden sich Staatshaushalte und Banken in ernster Gefahr. Zu denken ist an Slowenien und Zy-pern aber auch an die größeren Staaten Portugal und Spanien bis hin zu Italien. Die Frage lautet damit, ob

auch dort in der nächsten Rezession Hilfspakete nötig werden und die Rettungspolitik der EU ähnlich wie im Fall von Griechenland fortgesetzt werden muss. Alter-nativ könnte es auch zu einer ganzen Reihe von Euro-Austritten kommen.

Negative Folgen sind vorprogrammiertBeide Wege dürften negative Folgen nach sich ziehen, die grundsätzlich positiv für Goldinvestments zu sehen sind. Durch Austritte aus dem Europäischen Währungs-raum dürfte die Glaubwürdigkeit der Gemeinschafts-währung immer wieder aufs Neue hinterfragt werden. Und auch eine fortgesetzte Rettungspolitik zur Ver-hinderung dieser Austritte dürfte Schäden anrichten. Schon im Fall von Griechenland hat sich gezeigt, dass die Unterstützung des in eine finanzielle Schieflage geratenen Landes den Reformeifer nicht erhöht, son-dern eher untergraben hat. Das international kaum wettbewerbsfähige Land hing deshalb viele weitere Jahre am Tropf der EU und die Krise wurde nur ver-schleppt. Ähnliches könnte auch in anderen Ländern drohen. Problematisch ist in diesem Zusammenhang auch das Anleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbank. Damit wird die Haftung für die Schulden der Einzelstaaten auf die europäische Ebene gehoben, während die Verantwortung weiterhin bei den nationa-len Parlamenten liegt.

Spekulanten bestimmten PreisentwicklungSo sehr die angesprochenen Problemfelder, Zinsen, USD-Aufwertung und mit etwas Abstand Eurokrise den Goldpreis derzeit auch bewegen, so wenig macht sich dies in den Goldkäufen der Anleger bemerkbar. Die Preisentwicklung wurde in den letzten Monaten vor allem durch das Agieren von Spekulanten mittels Finanzderivaten beeinflusst. Wie die Daten der US-ame-rikanischen Terminmarktaufsicht zeigen, gingen die drei jüngsten Goldpreisanstiege von der Ukrainekrise im Frühjahr 2014 bis zur jüngsten Griechenlandkrise mit deutlichen und jedes Mal stärkeren Anstiegen der Netto-Long-Position der so genannten Money Manager einher. Beispielsweise nahm die Positionierung ab Be-kanntgabe des zeitlichen Vorziehens der griechischen Präsidentschaftswahl bis zur Parlamentswahl um rund 100.000 Futures-Kontrakte zu, was Goldkäufen im Umfang von gut 300 Tonnen entspricht. Zu diesem Zeitpunkt überschritt die Netto-Long-Position sogar die Marke von 150.000 Kontrakten, womit der höchste Stand seit Sommer 2012 erreicht wurde. Anschließend

J F M A M J J A S O N D J F M A M J0

2

4

6

8

10

12

14

16

Deutschland

PortugalItalien

Irland

SpanienGriechenland

0

2

4

6

8

10

12

14

16

Page 51: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 51

lösten die Spekulanten ihre Wetten zügig wieder auf und setzten den Goldpreis damit unter Druck.

Netto-Long-Position der Money Manager an der US-

Terminbörse

Quelle: Bloomberg, LBBW Research

Goldbestand der ETCs mit leicht sinkender TendenzDie Nachfrage von eher langfristigen orientierten An-legern fiel in den vergangenen Quartalen dagegen ver-halten aus. Gut sichtbar wird dies an der Entwicklung des Goldbestandes der physisch besicherten Wertpa-piere (ETCs/ETFs). Er legte in den drei oben erwähnten Phasen zwar ebenfalls zu. Die jeweiligen Höchststände blieben dabei aber aufgrund des insgesamt fallenden Trends jeweils hinter den vorherigen Höchstständen zurück. Ende März 2014 wurde mit 1.770 Tonnen ge-mäß Daten von Bloomberg gerade einmal der Stand zum Jahresanfang 2014 erreicht. Im Juli 2014 betrug der Goldbestand der Wertpapiere im Hoch noch 1.737 Tonnen und Anfang Februar 2015 lediglich 1.678 Tonnen. Die im Auftrag der Anleger gelagerte Edelme-tallmenge lag zu diesem Zeitpunkt gut 36 % unterhalb des Spitzenwertes vom Jahresende 2012. Auch die ab-soluten Veränderungen machen den Unterschied zum Terminmarkt deutlich. Während die Spekulanten allein an der US-Terminbörse im Vorfeld der jüngsten Grie-chenlandkrise wie gezeigt Futures im rechnerischen Umfang von gut 300 Tonnen kauften, erwarben die ETC-Anleger mit einer gewissen Zeitverzögerung ledig-lich für rund 75 Tonnen Gold Anteilsscheine.

Goldbestände der ETCs/ETFs und Goldpreis seit 2012

Quelle: Thomson Reuters, Bloomberg, LBBW Research

In der Summe waren die Emittenten der Papiere im letzten Jahr kein Nachfragefaktor. Sie erweiterten das Angebot durch ihre Veräußerungen vielmehr um 160 Tonnen. Dies ist gleichwohl ein starker Rückgang ge-genüber 2013, als noch 880 Tonnen Gold durch ETCs verkauft wurden.

Münz- und Barren-Nachfrage pendelt sich auf niedrigem Niveau einIm Gegensatz zu ETCs waren Goldmünzen und –barren im vergangenen Jahr weiterhin gefragt. Die Käufe der Anleger betrugen durchschnittlich 270 Tonnen pro Quartal. Im ersten Quartal 2015 bewegten sich die Käufe mit rund 240 Tonnen nur etwas unterhalb dieses Wertes. Insgesamt ist aber eine Niveauverschiebung zu beobachten. Im Jahr 2012 betrugen die physischen An-legerkäufe durchschnittlich 340 Tonnen pro Monat und im Jahr 2013 aufgrund der großen Schnäppchenjagd im zweiten Quartal im Mittel sogar 440 Tonnen. Diese starken Käufe nach dem Preisverfall sind gleichzeitig ein Grund für die nachlassende Tendenz in letzter Zeit. Viele Anleger zogen ihren Bedarf vor und kauften später entsprechend weniger Gold. Die enttäuschende Preisentwicklung dürfte sicherlich auch zu einer gewis-sen Zurückhaltung beigetragen haben. Und drittens büßte Gold angesichts der guten konjunkturellen Ent-wicklung in den USA und des scheinbaren Abklingens der Eurokrise im letzten Jahr an Attraktivität ein.

1.100

1.200

1.300

1.400

1.500

1.600

1.700

1.800

0

25

50

75

100

125

150

175

200

06/201510/201402/201406/201310/2012

Netto-Position (Long-Short, Tsd. Kontrakte)(rechte Skala)Gold (USD/Feinunze)

1.000

1.200

1.400

1.600

1.800

1.500

1.700

1.900

2.100

2.300

2.500

2.700

Jan. 12 Jul. 12 Jul. 13 Jan. 14 Jul. 14 Jan. 15

ETCs/ETFs in Tonnen (linke Skala)

Goldpreis in USD (rechte Skala)

Jan. 13

Page 52: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

52 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Investmentkäufe in Tonnen pro Quartal seit 2008

Quelle: WGC, Thomson Reuters, GFMS, LBBW Research

Wechselhafte Goldnachfrage in ChinaDie chinesische Goldnachfrage entwickelte sich in den letzten Quartalen sehr unstetig. Während der niedrige Preis für das gelbe Metall im Jahr 2013 noch großes Interesse auslöste, waren in den Sommermonaten 2014 deutlich geringere Käufe zu beobachten. Die zu Investitionszwecken erworbene Menge halbierte sich sogar gemäß den Angaben des World Gold Concils von knapp 400 Tonnen im vorletzten auf knapp 200 Tonnen im letzten Jahr. Vermutlich wurden nach dem Preisrutsch 2013 ebenso wie in andern Ländern viele geplante Käufe einfach zeitlich vorgezogen, so dass später ein Teil der Nachfrage fehlte.

Goldbesicherte Kredite aufgelöstDaneben dürften zwei weitere Faktoren eine Rolle ge-spielt haben. Erstens startete die Pekinger Regierung eine Anti-Korruptions-Kampagne, die sich negativ auf den Absatz von Goldbarren auswirkte. Vermutlich wur-den nicht nur Käufer abgeschreckt, die Edelmetalle in früheren Zeiten für illegale Zuwendungen erwarben, sondern auch solche, die sich mit Goldgeschenken nicht dem Verdacht der Korruption aussetzen wollten. Zweitens untersagte die Regierung die Verlängerung von Krediten mit physischer Goldbesicherung. Solche Darlehen boomten eine Zeit lang, da Chinesen auf diesem Weg vom niedrigeren ausländischen Zinsniveau profitieren konnten. Einer Schätzung des World Gold Councils zufolge waren etwa 1.000 Tonnen Gold in China als Kreditsicherheit gebunden. Sie kamen ver-mutlich vor allem im Sommer 2014 allmählich wieder auf den Markt, nachdem die Kredite ausliefen. Sichtbar

wird dies an den chinesischen Goldimporten über den Handelsplatz Hongkong. Im letzten Jahr war eine re-gelrechte Delle zu beobachten.

Chinesische Goldimporte via Hongkong in Tonnen pro Monat

Quelle: Statistikamt Hongkong, LBBW Research

Aktien treten in Konkurrenz zu GoldIn den letzten Monaten sind nach einem zwischenzeit-lichen Wiederanstieg erneut niedrigere Goldexporte in Richtung China zu verzeichnen. Im April unterschritt die Höhe der Nettoausfuhren aus Hongkong erstmals seit August 2014 wieder die 50-Tonnen-Marke. Und in den ersten vier Monaten dieses Jahres blieben die Exporte um 27 % unter dem Vergleichswert des Vorjah-res. Zwar sollten die Zahlen aus Hongkong nicht über-bewertet werden. Schließlich gewinnen auch andere chinesische Häfen wie Shanghai im Edelmetallhandel zunehmend an Bedeutung. Die Daten aus der ehema-ligen britischen Kronkolonie stellen deshalb nur einen groben Indikator dar, da die Volksrepublik keine Daten zum grenzüberschreitenden Goldhandel veröffentlicht. Der Rückgang passt aber gut zu anekdotischen Berich-ten aus dem Reich der Mitte. Gold ist dort aufgrund des grassierenden Aktienfiebers derzeit wenig gefragt. Trotz einer sich eintrübenden Konjunktur stiegen die Aktienkurse an der Börse in schwindelerregende Hö-hen. Medienberichten zufolge werden pro Tag durch-schnittlich 170.000 neue Wertpapierdepots eröffnet. Traditionelle Bewertungsmaßstäbe spielen offenbar keine Rolle. Gemäß Bloomberg wies der CSI 300-Index der größten Gesellschaften an der Börse Shanghai zwi-schenzeitlich ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 22 aus. Und selbst der marktbreite A-Shares-Index verdoppelte sich innerhalb von acht Monaten.

-400

-200

0

200

400

600

800

-400

-200

0

200

400

600

800

Q1 12 Q1 13 Q1 14 Q1 15

Physische Investments

ETCs u.a.Saldo

Q1 16e Q1 17e Q1 18e Q1 19e

-150

-100

-50

0

50

100

150

200

250

-150

-100

-50

0

50

100

150

200

250

ExporteImporteNetto-Exporte

2012 2013 2014

Page 53: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 53

Entwicklung des Shanghai A Shares-Index seit Anfang 2014

Quelle: Thomson Reuters

Gold nach Platzen der Blase wieder gefragt?Trotz der jüngsten Korrektur deutet vieles auf das Entstehen einer riesigen Übertreibung am chinesischen Aktienmarkt hin. Sollte diese Blase wie alle ihre bis-herigen Vorgängerinnen an den Kapitalmärkten auch platzen, dann könnten anschließend wieder konser-vative Anlagen gefragt sein. Und da viele Immobilien-spekulationen zuletzt nicht mehr aufgingen, könnte sich die Aufmerksamkeit möglicherweise wieder in Richtung Gold verlagern. Problematisch ist jedoch, dass zumindest einem Teil der Anleger aufgrund von Aktienmarktverlusten die nötigen Mittel zum Goldkauf fehlen dürften.

Indische Goldkäufe durch Extremwetter gefährdetEtwas eingetrübt haben sich die Aussichten für den Goldabsatz in Indien. Nach einem Übermaß an Regen in den letzten Monaten dürften die Ernten und damit die ländlichen Einkommen niedriger ausfallen. Dies wird sich vermutlich in etwas gedämpften Goldkäufen auswirken, auch wenn die Ampeln nach der Aufhebung der meisten Importrestriktionen grundsätzlich auf Grün stehen. Ministerpräsident Modi hat zwar sein Wahlkampfversprechen aus dem letzten Jahr nicht ein-gehalten und die Importsteuer auf Gold bei 10 % belas-sen. Dafür unterliegt der Import des Edelmetalls aber nicht mehr wie seit Sommer 2013 der 80-20-Regelung. Sie sah vor, dass für jede eingeführte Tonne Gold 200 Kilogramm Gold in Form von in Indien hergestelltem Schmuck exportiert werden müssen. Diese Bürde wur-de überraschend im letzten November fallen gelassen, nachdem sich die indische Außenhandelsbilanz verbes-sert hatte.

Indien plant verzinsliche GoldkontenIm Zuge der Bekanntgabe des Staatshaushaltes für das Fiskaljahr 2015/16 Anfang März dieses Jahres verkündete die indische Regierung die Einführung verzinslicher Goldkonten für Privatanleger. Wie auch bei normalen Girokonten und Sparbüchern üblich, soll das eingezahlte Gold nicht physisch verwahrt, sondern an Kreditnehmer verliehen werden. Das Ziel ist, auf diese Weise bislang nicht aktiv genutztes Edelmetall in den Wirtschaftskreislauf zu bringen und den Bedarf an Einfuhren aus dem Ausland zu verringern. Immerhin befinden sich Schätzungen zufolge rund 20.000 Ton-nen Gold auf dem Subkontinent. Sollten hiervon bei-spielsweise 15 % genutzt werden können, dann würde dies Indien rein rechnerisch für rund vier Jahre kom-plett von Goldimporten aus dem Ausland unabhängig machen. Auf diese Weise würde die Belastung der Han-delsbilanz entfallen, denn das Edelmetall ist bislang nach Erdöl das zweitwichtigste Importgut. Hierdurch könnte sich der Außenwert der Rupie stabilisieren, der bislang unter der hohen Devisennachfrage zur Bezah-lung der Importe litt. Eine nachhaltige Stärkung der sonst unter Abwertungsverdacht stehenden Währung könnte darüber hinaus sogar die Bedeutung von Gold als wichtige Anlageform in Indien reduzieren. Für den Goldmarkt insgesamt wäre diese Entwicklung jedoch negativ. Immerhin stand Indien im vergangenen Jahr mit Schmuck- und Investmentkäufen in Höhe von 842 Tonnen für gut 20 % der globalen Goldnachfrage. Ob der Plan der indischen Regierung aufgeht, dürfte nicht zuletzt von der Attraktivität der Verzinsung sowie der Verbreitung und Vertrauenswürdigkeit der Kontenan-bieter abhängen.

Goldschmuck wichtiger NachfragefaktorIn der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war welt-weit nicht die Nutzung als Investitionsobjekt, sondern als Schmuckmetall die häufigste Verwendung von Gold. Hieran hat auch der Run der Anleger auf Barren und Münzen in den letzten Jahren nur wenig geän-dert. Zwar wurde die Nachfrage der Schmuckkäufer vor allem durch den gestiegenen Goldpreis etwas zurückgedrängt. Viele Juweliere reagierten mit der Her-absetzung des Feingehalts ihrer Ringe, Ketten und Bro-schen. Außerdem wurden eher kleinere Preziosen oder solche aus Silber gefertigt. Sichtbar wird dieser Trend an der rückläufigen Goldmenge, die von der Schmuck-industrie nachgefragt wurde. Während sie im Jahr 2001 noch rund 3.000 Tonnen umfasste, fiel dieser Wert im Rezessionsjahr 2009 und auch 2011 und 2012 jeweils

J F M A M J J A S O N D J F M A M J2000

2500

3000

3500

4000

4500

5000

5500

Shanghai A Shares

2000

2500

3000

3500

4000

4500

5000

5500

Page 54: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

54 LBBW - Commodity Yearbook 2015

unter 2.000 Tonnen. Dennoch blieb dieser Posten der Gesamtnachfrage mit einem Anteil von etwa 50 % in den letzten zwei Jahren weiterhin der wichtigste. Zwei-tens erhöhten sich die finanziellen Aufwendungen zum Kauf von Gold für die Schmuckherstellung drastisch. Im Jahr 2001 betrugen sie knapp 30 Mrd. USD. Bis zum Jahr 2008 fand eine Verdoppelung auf mehr als 60 Mrd. USD statt und in den Jahren 2012 und 2013 wurde eine Rekordmarke mit jeweils rund 108 Mrd. USD gesetzt.

Schmuckgoldnachfrage seit 2001

Quelle: Thomson Reuters GFMS, WGC, LBBW Research

Deutlicher Rückgang 2014Im Jahr 2014 brachen die weltweiten Ausgaben für Schmuckgold gegenüber dem Vorjahr um 19 % auf nur noch 87,5 Mrd. USD ein. In dieser Zahl macht sich einerseits der stark gesunkene Durchschnittspreis des letzten Jahres bemerkbar. Die Käufe zum chinesischen Neujahrsfest im ersten Quartal 2013 wurden noch zu einem viel höheren Preis getätigt. Auf der anderen Seite fiel 2014 aber auch die gekaufte Metallmenge im Vergleich zu 2013 niedriger aus. Nach Angaben der Agentur Thomson Reuters GFMS belief sie sich auf 2.140 Tonnen, was einem Rückgang um 55 Tonnen beziehungsweise um 2,5 % entspricht. Diese Bewegung kann wiederum als Reaktion auf die übermäßigen Käu-fe im Vorjahr interpretiert werden. Gemessen an dieser Vorgeschichte und auch im Vergleich zum starken Nachfragerückgang in der Kategorie Investmentgold sollte das Minus nicht überinterpretiert werden.

Schmuckgoldnachfrage stabilisiert sichIm ersten Quartal 2015 ging die Schmuckgoldnach-frage gegenüber dem Vorjahresquartal um 6,7 % auf knapp 530 Tonnen zurück. Abgesehen hiervon zeich-

net sich jedoch eine Stabilisierung ab. Der seit der Jahrtausendwende zu beobachtende Trend rückläufiger Metallkäufe scheint jedenfalls 2009 gebrochen zu sein. Für das Gesamtjahr 2015 erwarten wir angesichts der etwas eingetrübten Aussichten für Indien und China nur wenig Bewegung in diesem Teilmarkt. Beide asiati-schen Länder standen in den letzten beiden Jahren für zwei Drittel des weltweiten Bedarfs an Schmuckgold.

Notenbanken weiterhin auf der KäuferseiteIm Gegensatz zu den Privatanlegern haben sich die Notenbanken nicht durch das niedrige Goldpreisniveau die Laune verderben lassen. Sie stehen weiterhin auf der Käuferseite. Beispielsweise erwarb die russische Zentralbank trotz oder gerade wegen der Rubelab-wertung im letzten Jahr 173 Tonnen des Edelmetalls. Möglicherweise ist für die Moskauer Währungsein-richtung im Lande befindliches Gold interessanter als Devisenreserven im Ausland, die theoretisch auf dem Sanktionsweg eingefroren werden könnten. Dies würde auch erklären, warum die Goldbestände mittlerweile 13,3 % der Währungsreserven ausmachen, obwohl ursprünglich nur eine Quote von 10 % angestrebt wur-de. In den ersten vier Monaten des laufenden Jahres wurden weitere 38 Tonnen Gold hinzugekauft. Damit belaufen sich die russischen Vorräte derzeit insgesamt auf 1.247 Tonnen, womit Platz 6 auf der Weltrangliste belegt wird. Im Jahr 2007, als die Aufstockung begann, wurde mit 400 Tonnen nur der zwölfte Platz belegt.

Die zehn Notenbanken mit den derzeit größten

Goldreserven, Angaben in Tonnen sowie Vergleich zu 2007

Quelle: Thomson Reuters GFMS, WGC, LBBW Research

Auf der Käuferseite stand im letzten Jahr auch die Na-tional Bank of Kazakhstan, die 48 Tonnen Edelmetall erwarb und im ersten Drittel 2015 weitere 9 Tonnen

0

20

40

60

80

100

120

0

500

1.000

1.500

2.000

2.500

3.000

3.500

2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015e

Tonnen

Mrd. USD (rechte Skala)

0 2000 4000 6000 8000 10000

USA

Deutschland

IWF

Italien

Frankreich

Russland

China

Schweiz

Japan

Niederlande

2015

2007

Page 55: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 55

hinzukaufte. Auf den weiteren Plätzen folgen die Währungshüter des Iraks mit Käufen in Höhe von 47,6 Tonnen im Jahr 2014 und deren Kollegen aus Aserbai-dschan, die 10 Tonnen erwarben. Von Januar bis März dieses Jahres fiel daneben die Zentralbank Jordaniens auf, die ihre Goldbestände um 14 Tonnen auf nun 33,3 Tonnen aufstockte.

Schätzungen zur Notenbanknachfrage variierenInsgesamt beliefen sich die von den Notenbanken bestätigten Goldkäufe im vergangenen Jahr auf 261 Tonnen. Dies ist ein Plus um 40 % gegenüber 2013, als offiziell 185 Tonnen Gold erworben wurden. Die tatsächlich von den Währungsinstituten gekauften Edelmetallmengen fielen in den letzten Jahren mut-maßlich höher aus. Wer im größeren Umfang am Markt aktiv werden möchte, hat wenig Interesse daran, den eigenen Einstandspreis durch entsprechende Meldun-gen nach oben zu treiben. Diese Problematik beach-tete beispielsweise die People’s Bank of China, die im letzten Jahrzehnt mehr als 600 Tonnen Gold kaufte und die Öffentlichkeit erst später hierüber informierte. Der Umfang der tatsächlichen Käufe muss deshalb auch auf Grundlage von Insiderinformationen aus dem Edelmetallhandel abgeschätzt werden. Die Agentur Thomson Reuters GFMS, die bis vor kurzem mit ihren Zahlenwerken das World Gold Council versorgte, geht von Nettokäufen des Notenbanksektors in Höhe von 466 Tonnen für das Jahr 2014 aus. Dies wäre ein Plus von 14 % im Vergleich zu 2013. Im ersten Quartal 2015 belief sich der Saldo auf 90 Tonnen, was einem Minus zum Vorquartal in Höhe von knapp 16 % entspricht. Die Experten des britischen Informationsdienstes Metals Focus beziffern die Käufe im Jahr 2014 dage-gen wie auch 2013 auf knapp 590 Tonnen. Die etwas progressivere Sichtweise wurde für das erste Quartal 2015 beibehalten. Demnach kauften die Notenbanken in diesem Zeitraum 119 Tonnen des gelben Metalls, was einen Minus gegenüber dem Vorquartal von 24 % bedeutet. Unsere eigenen Kalkulationen basieren auf den eher konservativen Schätzungen der erstgenann-ten Agentur. Für das Gesamtjahr 2015 rechnen wir mit Notenbankkäufen in Höhe von 450 Tonnen.

Österreich repatriiert Teil der GoldreservenInteressanterweise will die Österreichische National-bank dem Vorbild der Bundesbank folgen und ihre Goldbestände neu allokieren. In London sollen anstatt 80 % der über 280 Tonnen umfassenden Reserven nur noch 30 % gelagert werden. In der Schweiz werden

dann 20 % und in Wien 50 % verwahrt. Dieser Vor-gang wird zwar nicht den Preis beeinflussen. Er lässt aber eine gestiegene Sensibilität im Umgang mit dem Edelmetall erkennen. Im Januar 2013 verkündete die Deutsche Bundesbank, die Hälfte ihrer bislang vor allem in den USA, in Paris und in London lagernden Goldbestände zukünftig in der Bundesrepublik zu ver-wahren. Die zunächst schleppende Umsetzung sorgte für reichlich Spott auch in der seriösen Presse. So wurden im Jahr 2013 aufgrund von technischen Prob-lemen lediglich 5 Tonnen aus New York nach Frankfurt gebracht, was Mutmaßungen befeuerte, die deutschen Goldreserven wären von den USA unterschlagen und längst veräußert worden.

Bundesbank liegt gut in der ZeitIm letzten Jahr wurden nach Angaben der Bundesbank 85 Tonnen aus New York und 35 Tonnen aus Paris geholt. Bis zum Jahr 2020 sind dann noch 210 Tonnen Gold aus den Vereinigten Staaten und 307 Tonnen aus der französischen Hauptstadt auf den Weg zu bringen. Dies entspricht jährlichen Verlagerungen in Höhe von 35 Tonnen beziehungsweise gut 51 Tonnen und zeigt, dass die Bundesbank offenbar gut in der Zeit liegt. Die Frankfurter betonen, auch nach Abschluss sämtlicher Prüfungen hätten sich keine Beanstandungen bezüg-lich Echtheit, Feingehalt und Gewicht der gelieferten Barren ergeben.

Summe aus Primär- und Sekundärangebot leicht rückläufigDie Angebotsseite des Marktes hat sich im letzten Jahr leicht rückläufig entwickelt. Die Summe aus Minenför-derung und Recycling von Altgold sank nach Angaben von Thomson Reuters GFMS um 2,2 % auf knapp 4.255 Tonnen. Der gegenläufige Trend beider Komponenten setzte sich fort. Die Minenförderung stieg um 2,1 % auf ein neues Allzeithoch in Höhe von 3.130 Tonnen. Das Altgoldaufkommen, das schon von 2012 auf 2013 um 20 % gefallen war, ermäßigte sich 2014 nochmals um knapp 13 % und betrug nur noch 1.125 Tonnen. Ein wichtiger Grund hierfür ist der niedrigere Preis des Edelmetalls, der den Verkauf von abgetragenem Schmuck und ähnlichem weniger lohnenswert erschei-nen lässt. Vermutlich wäre das Recycling aber auch bei gleichbleibendem Preis rückläufig, da die Hausse in den Jahren bis 2012 viele Menschen zur Veräußerung nicht mehr benötigter Gegenstände aus Gold bewegte und diese Bestände erst einmal erschöpft sind. Inso-fern würde es nicht überraschen, wenn das Altgoldauf-

Page 56: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

56 LBBW - Commodity Yearbook 2015

kommen in zwei bis drei Jahren bei dann nur noch 800 Tonnen läge.

Hedging nimmt wieder zuWerden die Aktivitäten aus Preissicherungsgeschäften der Minengesellschaften im Angebot berücksichtigt, dann ist eine leichte Zunahme des dem Markt insge-samt zur Verfügung stehenden Goldes um 1 % zu kon-statieren. Angesichts der niedrigen Notierung hedgen manche Unternehmen die Ausbeute von neu in Betrieb genommenen Schächten, um Planungssicherheit für eine gewisse Zeitspanne zu erhalten. Hierbei leiht sich der Hedgingpartner der Mine von einer Notenbank die voraussichtlich gewonnene Goldmenge und verkauft sie sofort auf dem Markt. Damit ist der Veräußerungs-erlös fixiert. Der Goldkredit wird dann später mit dem geförderten Gold zurückgezahlt. Die Gefahr zwischen-zeitlicher Preisrückgänge wird so eliminiert aber auch die Chance, von zukünftigen Preissteigerungen profi-tieren zu können. In den 2000er Jahren verzichteten die großen Bergwerksgesellschaften deshalb auf das Hedging oder lösten bestehende Hedges sogar auf. Im Jahr 2013 wurden dem Markt durch Rückabwicklun-gen knapp 40 Tonnen Gold entzogen. Im letzten Jahr erreichten die das Angebot erhöhenden Hedgingakti-vitäten mit etwa 100 Tonnen den größten Umfang seit 1999. Für die Zukunft erwarten wir aber keinen weite-ren Anstieg, da die Vorstände der Fördergesellschaften auf steigende Preise hoffen und die Anzahl der neuen Minen vermutlich eher rückläufig sein dürfte.

Förderausweitung nach PreisanstiegDie Preisexplosion von durchschnittlich 271 USD je Feinunze im Jahr 2001 auf 1.668 USD im Jahr 2012 veranlasste viele Minenunternehmen, ihre Förderung massiv auszuweiten. Seit rund sechs Jahren werden die Folgen der erhöhten Investitionen sichtbar. Die Goldausbeute kletterte von 2.410 Tonnen 2008 auf mehr als 3.100 Tonnen im letzten Jahr. Der Zeitverzug erklärt sich durch die langen Vorarbeiten von der Pla-nung über die Genehmigung bis zur Inbetriebnahme einer Mine. Gleichzeitig stiegen die Förderkosten massiv, denn angesichts des höheren Preises lohnte nun der Abbau von Goldadern, wo er vorher nicht wirtschaftlich gewesen wäre. Der Preiscrash im April 2013 erwischte dann fast alle Unternehmen auf dem falschen Fuß. Ein Teil ihrer Produktion geriet innerhalb kurzer Zeit in die roten Zahlen.

Förderkostenkurven 2012-2014 in USD je Feinunze

Quelle: Unternehmen, LBBW Research

Minen stemmen sich mit Kosteneinsparung gegen niedrigen GoldpreisZur Sicherung des eigenen Überlebens legten die Mi-nengesellschaften in den letzten Jahren einen Großteil ihrer Expansionspläne auf Eis und stoppten teilweise sogar den Ausbau von bereits begonnenen Projek-ten. Auch im laufenden Betrieb bestehender Minen erfolgten in letzter Zeit Einsparungen. Sichtbar wird dies an der Förderkostenkurve, die sich aus den Ein-zelangaben zu verschiedenen Minen der großen Berg-werksunternehmen ergibt. Im Jahr 2013 betrugen die durchschnittlichen Aufwendungen zur Förderung einer Feinunze 901 USD. Etwa 11 % der Kapazitäten von Bar-rick Gold, Newmont Mining und Goldcorp benötigten 1.200 USD oder mehr zur Gewinnung von 31,1 Gramm Gold. Im Jahr 2014 sank der Durchschnittswert bei die-sen drei Unternehmen auf nur noch 864 USD und der Anteil der Kapazitäten, die mehr als 1.200 USD Kosten je Feinunze verursachten auf lediglich 2 %.

Zenit der Goldförderung vermutlich bald erreichtDie oben genannten Zahlen enthalten keine Aufwen-dungen für den Ausbau neuer Kapazitäten, sondern nur die laufenden Kosten sowie Abschreibungen auf das eingesetzte Sachkapital. Die Crux an der Ge-schäftspolitik der Minen ist, dass gerade im Metallab-bau fortwährend neue Lagerstätten gesucht und zu Förderprojekten weiterentwickelt werden müssen, da-mit die Gewinnung aufrecht erhalten bleibt. Der Grund hierfür liegt in der Endlichkeit bestehender Goldan-sammlungen in Gesteinsschichten unter Tage oder in Schlamm- und Geröllhalden im Fall von sekundären

-500

0

500

1.000

1.500

2.000

2.500

3.000

-500

0

500

1.000

1.500

2.000

2.500

3.000

2012

2013

2014

20 % 40 % 60 % 80 %

Page 57: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 57

Lagerstätten. Üblicherweise betreiben Unternehmen deshalb stets eine Mischung aus Minen unterschiedli-chen Alters, wobei alte, erschöpfte Förderplätze immer wieder durch neue ersetzt werden müssen. Die Ein-sparung von Ausgaben für neue Kapazitäten hilft den Unternehmen deshalb zwar kurzfristig. Und durch Ein-sparungen im laufenden Betrieb bleibt die Goldförde-rung zunächst unverändert. Teilweise steigt sie sogar an, wenn mancherorts nun drei anstatt zwei Schichten zur besseren Kapitalnutzung geleistet werden. Mittel- bis langfristig dürfte aber ein Rückgang der Goldför-derung resultieren. Möglicherweise wird der Zenit der Goldförderung bereits in diesem Jahr erreicht.

FazitVerschiedene Faktoren wirkten sich in den vergange-nen Monaten belastend auf den Goldpreis aus. Hierzu gehörten von Seiten der Finanzmärkte die starke Auf-wertung des USDs und die Aussicht auf steigende Leit-zinsen in den USA. Beide Faktoren dürften aus unserer Perspektive in den kommenden Quartalen an Bedeu-tung verlieren. Bezüglich des Außenwertes des USDs rechnen wir per Saldo mit nur geringen Änderungen. Und in puncto Leitzinsanhebung dürfte sich die nega-tive Stimmung nach dem ersten Zinsschritt vermutlich eher wieder aufhellen. Schon oft reagierten die Märkte nach Eintritt eines lange erwarteten Ereignisses exakt anders, wie es im Lehrbuch steht. Als Beispiel sei nur der Renditeanstieg von Bundesanleihen im April und Mai dieses Jahres nach Beginn der Staatsanleihenkäufe durch die EZB genannt.

Auf dem Goldmarkt selbst dürfte sich die von uns er-wartete Fortführung der Edelmetallkäufe durch Noten-banken erneut als Stütze erweisen. Während wir vor-erst nur mit einer gleichbleibend niedrigen Nachfrage durch Anleger in den westlichen Ländern kalkulieren, erwarten wir mittelfristig ein wieder höheres Interesse an Gold in den wichtigen Märkten Asiens. In Indien dürften die Käufe nach Wegfall der wichtigsten Im-portrestriktionen aufgrund schlechter Ernten zunächst jedoch etwas geringer ausfallen. Und in China wird das Aktienfieber die Anleger vermutlich bis auf weiteres vom Goldkauf abhalten. Diese Situation könnte sich jedoch zügig ändern. Einige Beobachter fühlen sich durch das Geschehen in China an die Boomzeiten des Neuen Marktes in Deutschland beziehungsweise der Nasdaq-Technologiebörse in den USA in den Jahren

1999 und 2000 erinnert. Da gleichzeitig die Aussicht auf ein rückläufiges Goldangebot besteht, rechnen wir auf Sicht der nächsten Quartale mit einem Ende der Bodenbildung und einem Anziehen der Notierungen.

Gold erlebte in der Zeit nach dem Platzen der Aktien-blase im Technologiesektor zu Beginn des Jahrhun-derts eine Renaissance als Anlageklasse und gewann in den verschiedenen Phasen der Wirtschafts- und Finanzkrise seit 2008 an Bedeutung hinzu. Die relative Entspannung der verschiedenen Krisenherde sowie die wirtschaftliche Erholung in den USA begünstigten den Preisrückgang des Goldes im Jahr 2013. Der Nimbus als scheinbar „sicherem Hafen“ war damit verloren und das Interesse der Anleger ist seither auch spürbar zurückgegangen. Von diesem Niveau aus bestehen jedoch gute Chancen für ein erneutes Comeback des Edelmetalls. Gold kostet derzeit rund ein Drittel weniger als zu den Spitzenzeiten in den Jahren 2011 und 2012. Dagegen befinden sich die Aktien- und Anleihenmärkte nahe an ihren Allzeithochs und insbe-sondere bei letzterem ist die Blasenbildung evident. Neben diesem Argument sprechen auch die jüngsten Entwicklungen in der Eurokrise für Goldanlagen. Im Gegensatz zum Beginn im Jahre 2010 und den weite-ren Höhepunkten im Sommer 2011 und im Sommer 2012 bestehen heute zwar eine ganze Reihe von Inst-rumenten, um möglichen Dominoeffekte vorzubeugen. Zu diesen Brandmauern gehören beispielsweise der europäische Hilfsfonds ESM und das erst kürzlich vom Europäischen Gerichtshof abgesegnete Anleihenkauf-programm OMT der Europäischen Zentralbank. EZB-Chef Mario Draghi kann zumindest theoretisch jede Marktverwerfung durch seine praktisch unbegrenzte Finanzkraft korrigieren. Dafür wächst aber die Gefahr eines schleichenden Vertrauensverlustes in die euro-päischen Institutionen, die sich über alle vertraglich zugesicherten Stabilitätsvorschriften für die Gemein-schaftswährung hinwegzusetzen scheinen. Es ließe sich eine lange Liste von den Maastricht-Kriterien zur Staatsverschuldung und den Haushaltsdefiziten über die so genannte No-Bailout-Klausel bis hin zum Verbot der Finanzierung klammer Staaten mit der Notenpres-se erstellen. Letztlich könnte hiermit auch die Vertrau-ensbasis der europäischen Gemeinschaftswährung erodieren. Ein möglicher Profiteur dieser Entwicklung wäre Gold.

Thorsten Proettel

Page 58: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

58 LBBW - Commodity Yearbook 2015

4.2 Silber

Neuer Boden im Bereich von 15 USD?Die zuletzt relativ stabile Entwicklung des Silberpreises im Bereich zwischen 16 und 17 USD je Feinunze wirft die Frage auf, ob die jahrelange Talfahrt des weißen Edelmetalls beendet ist. Grundsätzlich sinkt die No-tierung schon seit Frühjahr 2011, als Silber kurzfristig im Zuge einer spekulativen Überhitzung bei knapp 50 USD je Feinunze ein 30-Jahreshoch markierte. Im Jahr 2014 setzte sich der Rückgang mit einem Minus in Höhe von 18 % fort. Und trotz Euroschwäche verbilligte sich der grau glänzende Rohstoff selbst für hiesige Käufer im vergangenen Kalenderjahr um 7 %. Von An-fang 2015 bis Mitte Juli verbilligte sich Silber zwar in USD um gut 6 %. Dieser Wert liegt jedoch durchaus im Rahmen der üblichen Schwankungen, so dass sich zu-mindest im Chartbild bislang noch keine Trendwende sondern allenfalls eine Bodenbildung abzeichnet. Die Abwertung des Euro gegenüber dem USD in den ersten Monaten 2015 verursachte gleichwohl eine Silberver-teuerung um 3,5 % aus europäischer Perspektive.

Silber in USD und EUR je Feinunze seit Anfang 2012

Quelle: Thomson Reuters

Markt laut World Silver Institute im DefizitDer abermals deutliche Rückgang des Silberpreises steht im Widerspruch zur allgemeinen Marktlage, wie sie von der Nachrichtenagentur Thomson Reuters GFMS und dem World Silver Institute gezeichnet wird. Demnach bestand 2013 ein das Angebot übersteigen-der Nachfrageüberschuss in Höhe von mehr als 3.500 Tonnen beziehungsweise 10 % des Silberbedarfs und 2014 immerhin noch ein Defizit von 200 Tonnen. Mög-licherweise unterschätzen die Analysten die Verfügbar-keit des Edelmetalls oder die üblichen Käufer konnten sich aus ungeahnt großen Vorräten bedienen. Der Markt scheint jedenfalls ausrechend versorgt gewesen

zu sein, wozu das stark gestiegene Fördervolumen sowie das immer noch üppige Altsilberrecycling beige-tragen haben.

2014 neuer Förderrekord erreichtIm vergangenen Jahr wurde mit knapp 27.300 Tonnen die größte Silbermenge aller Zeit gefördert. Vor einer Dekade betrug die jährliche Ausbeute dagegen nur knapp 20.000 Tonnen und vor zwei Jahrzehnten be-wegte sie sich in der Größenordnung von etwa 15.000 Tonnen. Der starke Anstieg ist einerseits der vermehr-ten Förderung durch primäre Silberminen geschuldet. Da sich der Preis für das Edelmetall in den letzten 20 Jahren allen zwischenzeitlichen Schwankungen zum Trotz mehr als verdreifacht hat, besteht ein großer Anreiz für Minengesellschaften, ihre Tätigkeiten aus-zuweiten. Noch bedeutender ist aber die Gewinnung von Silber als Nebenprodukt der Basismetallförderung. Etwa 70 % des Primärangebots gehen hierauf zurück. Der sich seit ungefähr 15 Jahren bemerkbar machende Rohstoffhunger der aufstrebenden Volkswirtschaften in Asien und anderswo führte mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung zu einem starken Anstieg der Erzschürfung von Australien und Afrika bis hin nach Südamerika zur Bedienung dieser Nachfrage. Die Sil-bergewinnung legte somit quasi als Nebenwirkung der stark steigenden Fördermengen von Kupfer, Zink und anderen Metallen zu.

Wie in Kapitel 5 näher erläutert wird, sinken die Preise der Basismetalle zwar schon seit geraumer Zeit, so dass zumindest theoretisch eine Angebotsverknap-pung auf den jeweiligen Märkten zu erwarten wäre. Tatsächlich ist jedoch das Gegenteil der Fall, was vor allem an den sehr langfristigen Investitionsplanungen der Minenkonzerne liegt. Von der Konzeption einer neuen Abbaustätte bis zur Erschließung des Geländes und dem anschließenden Förderbeginn vergehen in der Regel mehrere Jahre. Die aktuell vielerorts beob-achtbaren Produktionsausweitungen gehen in diesem Sinne auf Entscheidungen zurück, die während der knappheitsgetriebenen Preisrallye an den Rohstoff-märkten vor beziehungsweise nach der Krise 2008/09 gefällt wurden. Diese Welle dürfte nach einer gewissen Zeit wieder abebben. Vorläufig ist aber ein weiterer Anstieg der Basismetallförderung und damit auch der Silbergewinnung wahrscheinlich. Im Einklang mit den Erfahrungswerten aus den letzten Jahren rechnen wir für 2015 mit einem Plus von 5 % beziehungsweise mit einer Förderung in Höhe von rund 28.600 Tonnen.

SILVERH/100

2012 2013 2014 201510

15

20

25

30

35

40

Silber in USD je FeinunzeSilber in EUR je Feinunze

10

15

20

25

30

35

40

Page 59: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 59

Experten angesichts der weltweit an unzähligen Orten verstreuten Silbernutzung, den Überblick zu behalten.

Komponenten der Industrienachfrage in Tonnen

Quelle: Thomson Reuters GFMS, Silver Institute, LBBW Research

Vor allem bezüglich der Nutzung des Silbers in elektro-nischen Bauteilen wurden zu Beginn dieses Jahrzehnts Fortschritte in der Einsparung gemacht. Der Bedarf sank in den letzten Jahren um rund 1.000 Tonnen auf aktuell gut 8.000 Tonnen. Die Verwendung im Bereich der Lötlegierungen blieb dagegen weitgehend stabil beziehungsweise sie nahm zuletzt sogar zu und betrug etwas mehr als 2.000 Tonnen. Eindeutig rück-läufig ist allein die Nutzung des weißen Edelmetalls zu Herstellung von Frontgittern auf Solarzellen. Thomson Reuters GFMS beziffert den Verbrauchshöchststand im Jahr 2011 auf 2.150 Tonnen und geht bis 2014 von einem Rückgang auf rund 1.860 Tonnen aus. Mögli-cherweise werden die Sparanstreungen jedoch unter-schätzt. Während im Jahr 2010 typischerweise noch 0,3 Gramm Silber je Solarzelle eingesetzt wurden, waren es 2012 aufgrund von Optimierungen in der Herstellung nur noch 0,15 Gramm und der Trend hält weiter an. Sonstige Anwendungen, wozu beispielswei-se auch die Herstellung von Ethylenoxyd-Katalysatoren für die Kunststoffproduktion gehört, bewegten sich seit Beginn des Jahrzehnts in der Größenordnung von etwa 5.000 Tonnen jährlich. Für 2015 und 2016 erwar-ten wir aufgrund des weltweiten Wirtschaftswachstums einen leichten Bedarfsanstieg vor allem im Bereich der Elektronik.

Verwendung als Schmuckmetall nimmt erneut zuDie Nutzung als Schmuckmetall ist der zweitwichtigste Verwendungszweck von Silber. Im vergangenen Jahr

Silberangebot in Tonnen

Quelle: Thomson Reuters GFMS, Silver Institute, LBBW Research

Recyclingaufkommen sinktDie Wiederaufbereitung von Silber aus abgenutztem Tafelbesteck, altem Schmuck, nicht mehr verwendeten Elektronikbauteilen oder Münzen und Barren führte im vergangenen Jahr gemäß dem jüngsten Zahlenwerk von Thomson Reuters GFMS zu einem sekundären An-gebot in Höhe von gut 5.200 Tonnen. Dies entspricht knapp 16 % des Gesamtangebots und bedeutet ein Minus von 12,6 % gegenüber 2013. Der Grund für den erneuten Rückgang ist nicht zuletzt im gesunkenen Silberpreis zu suchen, der den Verkauf von altem Schmuck und dergleichen weniger attraktiv macht. In der Summe führte das Absinken des Altsilberaufkom-mens zu einer teilweisen Kompensation der höheren Förderung, so dass das Gesamtangebot 2014 nur ge-ringfügig auf rund 33.000 Tonnen anstieg.

Industrienachfrage höher als bislang angenommen?Traditionell geht der mit Abstand größte Teil der weltweiten Silbernachfrage auf die Industrie zurück, wo das Edelmetall unter anderem für elektrische Kon-takte, als Lötlegierung und für die Herstellung von Solarzellen eingesetzt wird. Über die tatsächliche Höhe dieses Bedarfes kursieren unterschiedliche Angaben. Bislang taxierte das Silver Institute als Interessenver-einigung der Minenindustrie die jährliche Menge auf rund 15.000 Tonnen. Die Agentur Thomson Reuters GFMS legte nun mit ihrem jüngsten Report ein voll-kommen überarbeitetes Zahlenwerk vor, in dem die Industrienachfrage für 2013 und für 2014 auf jeweils rund 17.100 Tonnen geschätzt wird. Spiegelbildlich wird die Höhe der Investorennachfrage nun niedriger angesetzt. Der Vorfall zeigt die Schwierigkeit selbst für

0

5.000

10.000

15.000

20.000

25.000

30.000

35.000

0

5.000

10.000

15.000

20.000

25.000

30.000

35.000

2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015e

Minenförderung

NotenbankverkäufeRecycling

Hedging/Lagerabbau

0

2.000

4.000

6.000

8.000

10.000

0

500

1.000

1.500

2.000

2.500

2005 2008 2011 2014

Lötlegierungen

PhotovoltaikElektronik (rechte Skala)

Sonstiges (rechte Skala)

Page 60: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

60 LBBW - Commodity Yearbook 2015

stieg sie leicht auf rund 6.700 Tonnen an, was vor allem der höheren Nachfrage in Indien geschuldet war. Dort hat Silberschmuck seit der Einschränkung der Goldimporte durch die Regierung 2013 deutlich an Beliebtheit gewonnen. Der Silberbedarf der indischen Juweliere dürfte sich in den beiden letzten Jahren mehr als verdoppelt haben und in diesem Jahr schätzungs-weise 2.000 Tonnen betragen. Vermutlich hat auch der seit 2011 gesunkene Silberpreis zu dem stärkeren Ein-satz in der Schmuckindustrie geführt. Die seit einiger Zeit hierzulande beobachtbare Mode der so genannten Bettelarmbänder oder auf Neudeutsch Charms von Herstellern wie Thomas Sabo, Pandora und anderen Anbietern macht sich übrigens nicht im Silberbedarf bemerkbar. Sie verdrängen vielmehr traditionelle Schmuckstücke aus den Auslagen der Juweliere. In der Summe kommt der weltweite Schmucksilberbedarf übrigens auf einen Anteil in Höhe von ungefähr 20 % der Gesamtnachfrage. Die Juweliere sind damit für den Markt weit weniger bedeutend als im Fall von Gold und Platin, wo sich die Anteile auf etwa 55 % beziehungs-weise 37 % belaufen. In diesem Jahr wäre ein leichter Rückgang des Silberbedarfs der Schmuckindustrie keine große Überraschung, da die Goldeinfuhren nach Indien wie bereits erläutert seit einiger Zeit wieder zu-nehmen. Dem entsprechend dürfte Silber in der Gunst der Käufer vermutlich wieder etwas fallen.

Silbernachfrage in Tonnen

Quelle: Thomson Reuters GFMS, Silver Institute, LBBW Research

Silber bei westlichen Anlegern weiterhin beliebtDer drastische Preiseinbruch im April 2013 führte zu einem ersten Run von Kapitalanlegern auf Silber. Und speziell in Deutschland bewirkte die Mehrwertsteuer-erhöhung von 7 % auf 19 % zum 1. Januar 2014 am Jah-resende 2013 eine zweite Nachfragewelle. Vor diesem

Hintergrund schien 2014 eine gewisse Zurückhaltung der Anleger bevorzustehen. Tatsächlich wurde das hohe Niveau von 2013 hierzulande nicht mehr erreicht und auch in den ersten Monaten 2015 bewegten sich die Käufe in ruhigen Bahnen. In der Summe sank die Nachfrage im letzten Jahr um rund ein Fünftel auf etwa 6.100 Tonnen. Die Anleger sind damit nach der Indus-trie und der Schmuckbranche die drittwichtigste Käu-fergruppe, sofern die Mengen betrachtet werden. Der Rückgang betrifft vor allem den Absatz von Barren, die insbesondere in Asien beliebt sind. Berichten aus China zufolge soll die Antikorruptionskampagne der Regierung viele Anleger von Edelmetallkäufen abge-halten haben. Der in der Tendenz weiter nachgebende Preis dürfte darüber hinaus die Lust der Chinesen an Silberinvestments geschmälert haben. Hiervon ließen sich die Anleger auf der anderen Seite des Pazifiks je-doch nicht beeindrucken. Der Absatz der mit Abstand wichtigsten Anlegermünze, den US-amerikanischen Silver Eagles stieg weiter an. 2014 wurden gut 44 Mil-lionen Stück hergestellt, was gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 3,1 % bedeutet und einem Volumen von knapp 1.370 Tonnen entspricht. In keinem Jahr seit der Einführung dieser Münze 1986 wurden mehr Silver Ea-gles nachgefragt. Diese Tendenz setzte sich in den ers-ten vier Monaten des Jahres 2015 allerdings nicht fort. Der Rückgang betrug ungefähr 15 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum, so dass wir für das Gesamtjahr mit keinem neuen Rekordstand rechnen.

Für die Prägung von Silver Eagle-Münzen verwendete

Silbermenge in Tonnen

Quelle: U.S. Mint, LBBW Research

Manch europäische Prägenanstalt kann von den Erfol-gen der Amerikaner mit den Silver Eagles nur träumen. So brach die Nachfrage nach der Philharmoniker ge-

0

5.000

10.000

15.000

20.000

25.000

30.000

35.000

40.000

2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015e

Industrie (exkl. Foto) Fotoindustrie

Schmuck Besteck

Dehedging Anleger

0

5.000

10.000

15.000

20.000

25.000

30.000

35.000

40.000

0

200

400

600

800

1.000

1.200

1.400

1.600

0

200

400

600

800

1.000

1.200

1.400

1.600

1986 1991 1996 2001 2006 2011

Page 61: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 61

nannten Bullionmünze aus Österreich im letzten Jahr regelrecht ein. Die Produktion wurde auf ein Drittel des Vorjahreswertes gedrosselt. Die Zurückhaltung lässt sich einerseits mit dem zuletzt etwas geringeren Interesse der europäischen Anleger erklären. Vor allem setzen die Details der angesprochenen Mehrwertsteu-ererhöhung in Deutschland dem Philharmoniker zu. Als Prägung aus der EU ist in Deutschland bei einem Kauf der österreichischen Münze der volle Steuersatz in Höhe von 19 % zu berappen. Münzen von außerhalb der EU werden zwar auch mit 19 % besteuert. Bei ihnen kommt jedoch die Methode der Differenzbesteuerung zum Einsatz, weshalb der effektive Steuersatz erheb-lich niedriger ausfällt. Solche Münzen können deshalb günstiger verkauft werden. Der Absatz von Silver Ea-gles dürfte deshalb auch durch einen leichten Mehrbe-darf in Deutschland angekurbelt worden sein.

Silber-ETCs koppeln sich von Gold-ETCs ab.Die Entwicklung der börsengehandelten Silberfonds mit physischer Hinterlegung, der so genannten ETCS gab in den vergangenen Monaten zwar kein Zeugnis eines großen Anlegerinteresses ab. Mehr oder minder zufällig belief sich der gesamte Silberbestand der Emit-tenten am Jahresende 2014 nach Angaben von Bloom-berg mit knapp 19.400 Tonnen ziemlich exakt auf dem Niveau vom Jahresbeginn. Per Saldo wurde damit aber auch kein Silber verkauft. Das ist vor allem angesichts des Rückgangs der Goldbestände der ETC-Emittenten um 164 Tonnen mit einem Gegenwert von knapp 6,4 Milliarden USD bemerkenswert. Offenbar betrachten die Inhaber der Silber-ETCs ihre Anteilsscheine über-wiegend als Langfristinvestment. Hierfür spricht auch die relativ träge Entwicklung der ETC-Bestände im Zeit-ablauf. Nichtsdestotrotz sind seit Anfang 2015 leichte Abverkäufe zu registrieren. Die Emittenten veräußerten bislang fast 190 Tonnen Silber, was Mittelabflüssen aus den Fonds in Höhe von gut 110 Millionen USD ent-spricht.

Bestand der Silber-ETCs in Tonnen und Silberpreis in USD

Quelle: Thomson Reuters, Bloomberg, LBBW Research

Rückläufige Nachfrage der Fotoindustrie hält anZu den kleineren Anwendungsgebieten für Silber ge-hören die Produktion von hochwertigem Tafelbesteck sowie die Herstellung von Filmen für nicht-digitale Fotokameras. Sie kamen im vergangenen Jahr mit Men-gen in Höhe von rund 1.400 Tonnen und etwa 1.900 Tonnen auf Anteile an der Gesamtnachfrage von 4,3 % beziehungsweise 5,7 %. Die Bedeutung dieser Einsatz-felder für den Silbermarkt hält sich somit in Grenzen. Kurz vor der Jahrtausendwende und damit vor dem Siegeszug der Digitalkameras war der Silberbedarf der Fotoindustrie jedoch noch bedeutend. Im Jahr 1999 wurden knapp 7.100 Tonnen des weißen Edelmetalls beziehungsweise 26 % der Gesamtnachfrage für die Filmherstellung aufgewendet. Da das Silber zum größten Teil wieder recycelt wurde und es sich somit um einen geschlossenen Kreislauf handelte, war die Höhe der fortwährend benötigten Menge aber wenig relevant. Der Rückgang der Nachfrage nach konven-tionellen Filmen und somit auch die Reduzierung des Silberbedarfs in dieser Branche setzten ab dem Jahr 2000 jedoch schätzungsweise mehr als 5.000 Tonnen Edelmetall frei, die sukzessive auf den Markt kamen. Aber auch diese Entwicklung berührt den Markt ange-sichts des erreichten, niedrigen Niveaus kaum noch.

15

19

23

27

31

35

17.500

18.000

18.500

19.000

19.500

20.000

20.500

Bestände in Tonnen

Silber in USD (rechte Skala)

2013 2014 2015

Page 62: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

62 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Während der Bedarfsrückgang von 2000 bis 2012 durchschnittlich gut 10 % pro Jahr betrug, waren es 2014 zudem nur noch 5 %. Abgesehen hiervon dürfte der rückläufige Trend auch 2015 und darüber hinaus anhalten, zumal mittlerweile selbst für professionelle Ansprüche hochauflösende Digitalkameras verfügbar sind.

Silberbesteck zuletzt wieder stärker gefragtÜberraschenderweise stieg die Nachfrage der Herstel-ler von Silberbesteck 2014 das zweite Jahr in Folge an. Das Plus kam vor allem in Indien zustande, wo auch Silberschmuck hoch im Kurs stand. Dagegen gab der württembergische Traditionshersteller WMF Branchen-angaben zufolge die Fertigung von Silberbesteck, einst das Kerngeschäft des 1880 gegründeten Unterneh-mens, auf.

Terminbörse starker Einflussfaktor für Auf und Ab der SilbernotierungDie Entwicklung der Edelmetallnotierungen wird insbesondere in der kurzen Frist in entscheidendem Maße von den Terminbörsen beeinflusst. An ihnen sind neben Minen- und Industrieunternehmen, be-ziehungsweise die sie dort vertretenen Banken, auch Spekulanten aktiv. Einerseits sind die Spekulanten aus Sicht der anderen Marktteilnehmer willkommen, da sie die Liquidität der gehandelten Kontrakte erhöhen und somit zum Funktionieren der Börse beitragen. Ande-rerseits sorgen sie oftmals für zusätzliche Preisvolatili-tät. Dies war auch im vergangenen Jahr angesichts der teilweise extremen Positionierung der Spekulanten zu beobachten. Mit der Krim-Krise im März kletterte die Netto-Long-Position der Money Manager auf mehr als 25.000 Kontrakte und im Zuge der weiteren Eskalation der Krise im Sommer wurde sogar ein Höchststand von knapp 46.000 Kontrakten erreicht. Dieser Wert entspricht immerhin einer Silbermenge im Umfang von mehr als 7.000 Tonnen. Zwischen diesen beiden extremen Anstiegen und auch danach sank die Netto-Long-Position dagegen in negatives Terrain. Das heißt, die Spekulanten setzten auf fallende Preise.

Diese Richtungsänderungen blieben nicht ohne Wir-kung auf die Silbernotierung, die stark mit der Ter-minmarktpositionierung der Spekulanten korreliert. Allerdings fielen die absoluten Schwankungen auch aufgrund des mittlerweile erreichten niedrigeren Preisniveaus verhaltener aus als in der Vergangenheit. Das Anziehen des Goldpreises rund um die zunächst gescheiterte Präsidentenwahl in Griechenland bewegte gegen Jahresende 2014 nochmals viele Spekulanten zu einem Einstieg in Silberfutures und auch zuletzt wetteten diese Marktteilnehmer auf steigende Preise. Kurzfristig erscheint ein weiterer Anstieg der Netto-Long-Position gemessen an der Historie wenig wahr-scheinlich, so dass zumindest aus diesem Bereich kaum noch mit Auftriebskräften für den Silberpreis zu rechnen ist.

Netto-Long-Position der Money Manager und Silberpreis

in USD

Quelle: Bloomberg, LBBW Research

10

15

20

25

30

35

40

45

-10

-5

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

06/201511/201404/201410/201303/201308/2012

Netto-Position (Long-Short, Tsd. Kontrakte)(rechte Skala)

Silber (USD/Feinunze)

Page 63: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 63

FazitSilber ist ein Liebling vieler Anleger, aber auch 2014 wurden die in das Metall gesetzten Hoffnungen ent-täuscht. Der Preis ging abermals zurück, was auf der anderen Seite viele Anwender aus der Industrie gefreut haben dürfte. Mit Blick auf die vergangenen Jahre kann das erneute Absinken der Notierungen als Fortsetzung eines Trends angesehen werden, der dem viel zu starken Anstieg in der zweiten Jahreshälfte 2010 bezie-hungsweise Anfang 2011 folgte. Diese Korrektur war offensichtlich auch dann noch nicht abgeschlossen, als der Preis im Oktober 2014 unter die Marke von 18 USD und damit unter das Ausgangsniveau der Hausse von 2010/11 zurückfiel. Die entscheidende Frage lautet, ob die momentan beobachtbare Handesspanne im Bereich zwischen etwa 15 USD und 17 USD die Talsohle darstellt, oder nur einen weiteren Schritt auf dem Weg in noch niedrigere Gefilde. Immerhin schien sich der Silberpreis von September 2011 bis Frühjahr 2013 im Bereich von 30 USD je Feinunze zu stabilisieren und später über rund 14 Monate im Bereich von 20 USD.

Aus fundamentaler Sicht drängt sich weder die Erwar-tung fallender noch die Aussicht auf stark steigende Preise auf. Die Silbernachfrage dürfte 2015 und auch

2016 in der Summe leicht zunehmen. Hierzu trägt voraussichtlich vor allem das weite Anwendungsfeld der Elektronik bei, das angesichts einer wachsenden Weltwirtschaft voraussichtlich weiter zulegen wird. Auch die Silbernachfrage der Schmuckbranche sowie der Anleger dürften sich robust entwickeln, wobei wir nicht von einer Steigerung gegenüber 2014 ausgehen. Vermutlich dürfte vor allem der nun wieder leichtere Zugang der Inder zu Gold für ein etwas geringeres Interesse an Silber auf diesem wichtigen Markt sorgen. Kaum zu prognostizieren ist letztlich das Verhalten der Anleger in der westlichen Welt vor dem Hintergrund der fortgesetzten Misere in Griechenland einerseits und der voraussichtlich steigenden Zinsen in den USA auf der anderen Seite. Das Silberangebot dürfte jeden-falls weiterhin üppig ausfallen. Solange neue Bergbau-projekte im Bereich der Basismetalle umgesetzt wer-den, solange dürfte auch die Förderung von Silber als Nebenprodukt ansteigen. Vermutlich wird auf diesem Feld erst am Ende des laufenden Jahrzehnts der Zenit erreicht sein. In der Summe rechnen wir deshalb nur mit einer leichten Verteuerung von Silber.

Thorsten Proettel

Page 64: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

64 LBBW - Commodity Yearbook 2015

eine ausreichende Versorgungslage hin. Wie ist die scheinbar von den Fundamentaldaten losgelöste Ent-wicklung des Platinpreises zu erklären? Möglicherweise unterschätzen die diversen Datenanbieter die Verfüg-barkeit des Edelmetalls, denn sonst wäre die Notierung während des Streiks stärker angestiegen beziehungs-weise später weniger stark gefallen. Offenbar dämpf-ten neben den Lagerbeständen von Banken und Börsen auch die Vorräte der Industrie die Preisentwicklung während des Arbeitskampfes in der ersten Jahreshälfte 2014.

Weiterhin Probleme auf der AngebotsseiteNeue Streiks in der südafrikanischen Platinindustrie sind momentan zwar kein Thema. Dafür drohen wei-terhin Stromengpässe, die bereits im Jahr 2008 große Teile der Minen lahmlegten. Gemäß den jüngsten ver-fügbaren Daten des südafrikanischen Statistikamtes sank im Februar 2015 das Elektrizitätsangebot den zehnten Monat in Folge. Eine Besserung war in den letzten Wochen nicht zu beobachten. Für das Strom-netz gelten phasenweise immer wieder die Warnstufen rot oder sogar schwarz, bei der die Verbraucher auf-gefordert werden, so viele Elektrogeräte und Lampen wie möglich beziehungsweise quasi alle Elektrogeräte auszuschalten. Damit sollen Netzzusammenbrüche verhindert werden, die bei einer Überlastung drohen. Als weitere Maßnahme sind ein- oder mehrstündige Stromabschaltungen in einzelnen Stadtteilen und Gemeinden nach einem rotierendem System an der Tagesordnung. Im Gegensatz zur Situation im Jahr 2008 sind die großen Unternehmen hiervon zwar ausgenommen. Käme es jedoch zu den befürchteten unkontrollierten Netzzusammenbrüchen, dann wären auch die Minen betroffen.

Randschwäche gleicht steigende Kosten ausVor etwa drei Jahren betrugen die branchenüblichen Förderkosten für eine Feinunze Platin rund 12.000 Süd-afrikanisch Rand beziehungsweise 1.500 USD. In der Zwischenzeit sind einerseits die Preise für fossile Ener-gieträger wie Diesel gesunken. Andererseits erhöhte der staatliche südafrikanische Elektrizitätsversorger Eskom Holdings den Strompreis in den letzten Jahren mehrfach um jeweils 25 % und gleichzeitig stiegen die Lohnkosten nach dem Streik im letzten Jahr deutlich. In der Summe ist deshalb von spürbar gestiegenen Förderkosten auf Basis der südafrikanischen Währung auszugehen. Eine Berechnung dieser Kosten auf Basis von aktuellen Geschäftsberichten der Minenunterneh-

4.3 Platin

Platin auf 6-Jahres-TiefDie USD-Notierung von Platin reduzierte sich in den vergangenen Monaten drastisch. Während im Juli 2014 eine Feinunze noch mehr als 1.500 USD kostete, wird das silbrig-graue Edelmetall heute mit gut 1.000 USD deutlich niedriger gehandelt. Aus europäischer Sicht war der Preisrückgang durch die Euroabwertung weniger umfangreich. Insbesondere über den Jahres-wechsel verteuerte sich Platin in Euro zwischenzeitlich sogar.

Platin in USD und EUR seit Anfang 2012

Quelle: Thomson Reuters

Defizit oder strukturelles Überangebot?Der Platinmarkt stellt für Beobachter schon seit einiger Zeit ein kleines Rätsel dar. Die Zahlenwerke von ver-schiedenen Anbietern wie Johnson Matthey, Thomson Reuters GFMS und dem noch jungen World Platinum Investment Council dokumentieren unisono für die letzten Jahre einen immensen Nachfrageüberhang. Demnach konnte der das Angebot übersteigende Be-darf bislang nur durch den Abbau von Lagerbeständen befriedigt werden. Aus dieser Perspektive betrachtet müsste Platin eigentlich knapp sein und der Preis tendenziell steigen. Wie geschildert, ist aber seit der der zweiten Jahreshälfte 2014 das exakte Gegenteil zu beobachten. Der USD-Platinpreis reduzierte sich deut-lich und darüber hinaus dauert die Talfahrt schon seit August 2011 an, als das Metall 1.887 USD kostete. Le-diglich im ersten Halbjahr 2014 tendierte die Platinno-tierung etwas nach oben, als die weltweit wichtigsten Minen in Südafrika fünf Monate lang bestreikt wurden. Das Land am Kap der Guten Hoffnung steht traditionell für drei Viertel der weltweiten Platinförderung. Vor dem Hintergrund dieser massiven Angebotseinschrän-kung deutet der dennoch nur leichte Preisanstieg auf

2012 2013 2014 2015900

1000

1100

1200

1300

1400

1500

1600

1700

1800

Platin in USD je Feinunze

Platin in EUR je Feinunze

900

1000

1100

1200

1300

1400

1500

1600

1700

1800

Page 65: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 65

men ist allerdings wenig sinnvoll, da die Zahlen für 2014 durch den fünfmonatigen Streik kein realistisches Bild der Lage zeichnen würden. Allerdings wertete die südafrikanische Währung von 2011/12 bis jetzt per Saldo um circa 50 % gegenüber dem USD ab, so dass die erhöhten Förderaufwendungen in Rand durch den Wechselkurseffekt stark abgemildert wurden. Da wir von einer Fortsetzung der Randschwäche ausgehen, dürfte das Thema Förderkosten auch auf absehbare Zeit nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Fördermenge dürfte wieder ansteigenAufgrund des großen Minenstreikes sank die südaf-rikanische Platinförderung von etwa 128 Tonnen im Jahr 2013 auf 92 Tonnen 2014. Da wir in unserem Hauptszenario für 2015 mit keiner in Dauer und Schwere dem Streik von letztem Jahr vergleichbaren Arbeitsunterbrechung rechnen, ergibt sich automa-tisch eine Erhöhung des diesjährigen Primärangebots. Die Ausbeute der südafrikanischen Minen, die wie beschrieben üblicherweise für drei Viertel der Förde-rung und unter Berücksichtigung des Recyclings für etwa die Hälfte des Gesamtangebots stehen, dürfte auf mindestens 115 Tonnen zulegen. In dieser Zahl ist die voraussichtliche Schließung einzelner unrentabler Minen in den kommenden Monaten bereits berück-sichtigt. Daneben dürften etwa 24 Tonnen Platin in Russland als zweitgrößter Förderernation geschürft werden. Ungefähr die gleiche Menge des silbrig-grauen Edelmetalls wird pro Jahr insgesamt in Simbabwe, den USA und Kanada sowie weiteren Staaten an das Tages-licht geholt.

Platinangebot in Tonnen pro Jahr

Quelle: Thomson Reuters GFMS, Johnson Matthey plc., LBBW Research

Vermutlich leicht steigendes RecyclingangebotDas Sekundärangebot durch das Recycling von ausge-dienten Abgaskatalysatoren stieg in der Vergangenheit deutlich an. Um die Jahrtausendwende betrug das jährliche Altplatinaufkommen circa 15 Tonnen. Im Jahr 2010 wurde nach Angaben des britischen Katalysa-torenspezialisten Johnson Matthey plc. mit knapp 57 Tonnen fast die vierfache Menge gewonnen. In dieser Zeit wurden immer mehr Fahrzeuge aus den 1990er Jahren recycelt, die damals mit zunehmend leistungs-fähigeren Katalysatoren mit relativ hohem Platinanteil ausgestattet wurden. In den letzten Jahren fiel der Anstieg des Recyclingaufkommens dagegen etwas geringer aus. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr rund 70 Tonnen des Edelmetalls aus alten Kraftfahr-zeugen zurückgewonnen. Auch der sich abflachende Trend lässt sich mit Veränderungen in der Automo-bilbranche erklären. Die jüngeren Fahrzeuge, die jetzt verschrottet werden, enthalten meist schon Katalysa-toren, bei denen das teure Platin zu einem Teil durch das preislich günstigere Palladium ersetzt wurde. Vor diesem Hintergrund rechnen wir auch für 2015 nur mit einer leichten Steigerung im Bereich der Platinwie-dergewinnung aus Kfz-Schrott auf dann 72 Tonnen. Möglicherweise gehen die Mengen mittel- bis langfris-tig sogar wieder zurück, wenn zukünftig überwiegend Fahrzeuge mit Palladiumkatalysator verwertet werden. Der Metallpreis stellt einen weiteren Einflussfaktor für das Recyclingaufkommen dar. Angesichts der erzielba-ren Erlöse von rund 1.100 USD je Feinunze Platin mag sich das Recycling nicht im gleichen Maße rechnen wie noch vor einigen Jahren, so dass manches Wiederver-wertungsunternehmen Abgasumwandler auf Platinba-sis zunächst lagert und auf bessere Zeiten hofft.

Platinnachfrage der Kfz-Industrie legt wieder zuWie bereits erwähnt, ist die Nutzung von Platin als Katalysematerial in den Abgasumwandlern von Ver-brennungsmotoren der traditionell wichtigste Verwen-dungszweck des Edelmetalls. Allerdings wurde Platin im Bereich der Benzinfahrzeuge in den letzten Jahren fast vollständig vom Schwestermetall Palladium ver-drängt, das ähnliche physikalische Eigenschaften auf-weist und gleichzeitig weniger kostet. Besonders deut-lich wird dieser Trend bei Betrachtung der insgesamt verwendeten Mengen. Im Jahre 2006 wurden von bei-den Edelmetallen jeweils gut 120 Tonnen eingesetzt. In diesem Jahr dürfte der Palladiumbedarf schätzungs-weise mehr als 230 Tonnen betragen, wohingegen die

0

50

100

150

200

250

300

0

50

100

150

200

250

300

2003 2006 2009 2012 2015e

Südafrika Simbabwe

Russland Nordamerika

Sonstige Recycling

Page 66: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

66 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Platinnachfrage voraussichtlich weit abgeschlagen im Bereich von gut 100 Tonnen liegen wird.

Platin- und Palladiumeinsatz in der Kfz-Industrie in Tonnen

pro Jahr

Quelle: Thomson Reuters GFMS, Johnson Matthey plc., LBBW Research

Nachfrage nach Dieselmotoren vor allem in EuropaDie Hinwendung der Kraftfahrzeugbranche von Platin zu Palladium wurde vor allem aus Kostengründen vor-genommen. Vor zehn Jahren ließen sich für den Preis einer Feinunze Platin noch 4,5 Feinunzen Palladium erwerben. Durch die seitdem stärkere Verteuerung des Palladiums ist das Verhältnis heute zwar auf 1 zu 1,5 abgesunken. Damit lohnt sich der Einsatz der billigeren Variante im Bereich der Benzinmotoren wei-terhin. Lediglich im Bereich der Dieselmotoren sind der Substitution bislang noch enge Grenzen gesetzt, da Platin nach dem Stand der Technik besser für die hei-ßeren Dieselabgase geeignet ist. Diese Nischenstellung bringt mit sich, dass die Platinnachfrage der Kfz-Bran-che vor allem von der Entwicklung der europäischen Fahrzeugnachfrage abhängt. Außerhalb Europas und insbesondere in den Schwellenländern sind hauptsäch-lich Benzinmotoren gefragt. Letztlich ist somit nicht nur die Substitution durch Palladium, sondern auch die Konjunkturschwäche in Europa nach dem krisen-haften Einbruch 2008 für die sich öffnende Schere in der Anwendung beider Edelmetalle im Automobilbau verantwortlich.

Euro-6-Normen führen zu höherem PlatinbedarfIm vergangenen Jahr ist der Autoabsatz in Europa nach Angaben von Bloomberg erstmals seit 2011 wieder an-gestiegen. Der Zuwachs um 1,8 % auf knapp 16,3 Milli-onen Einheiten bewegte sich gleichwohl auf einem sehr niedrigen Niveau. Über den Anteil der Dieselfahrzeuge wurden keine Zahlen bekanntgegeben. Zumindest in

Deutschland legte der Dieselabsatz überproportional zu. Von Januar bis Dezember 2014 wurden 1,45 Mil-lionen Dieselfahrzeuge zugelassen, was einem Plus gegenüber 2013 in Höhe von 3,5 % entspricht. Dem-gegenüber stiegen die Zulassungszahlen im Bereich der Benzinfahrzeuge lediglich um 2,1 %. Dass der Platinbedarf der Kfz-Branche erstmals seit 2008 wieder die 100-Tonnen-Marke überschritt, beziehungsweise im mittleren einstelligen Prozentbereich zunahm, dürfte jedoch einer anderen Entwicklung geschuldet sein. Mit dem Inkrafttreten der Euro-6-Normen im vergan-genen Jahr müssen neue Fahrzeugmodelle strengere Abgasnormen erfüllen. Da bei Katalysatoren die alte Regel „Viel hilft viel“ gilt, nahm der Platinbedarf zu. Die Steigerung dürfte auch in den kommenden Quartalen anhalten, da die Autohersteller weitere Fahrzeugtypen durch neue Versionen austauschen, für die dann die strengeren Maßstäbe gelten. Wir kalkulieren für 2015 mit einem Anstieg der Platinnachfrage der Kfz-Branche auf 107 Tonnen.

Platinnachfrage in Tonnen pro Jahr

Quelle: Thomson Reuters GFMS, Johnson Matthey plc., LBBW Research

Platin als Schmuckmetall in China beliebtDer zweitwichtigste Verwendungszweck für Platin ist der Einsatz als Schmuckmetall, der sich aber vor allem auf China konzentriert. Im letzten Jahr wurden etwa 93 Tonnen des weißen Edelmetalls beziehungsweise 37 % der Gesamtnachfrage hierfür aufgewendet. Vor dem Hintergrund des in China grassierenden Aktienfiebers könnte dieser Wert 2015 etwas geringer ausfallen. Das wäre vor allem dann der Fall, wenn die Ausgaben für Luxusgüter angesichts erlittener Aktienverluste eingeschränkt werden. Andere Einsatzfelder für Platin ergeben sich ebenso wie in der Kfz-Industrie durch die chemischen Eigenschaften des Metalls. Hierzu gehört

0

50

100

150

200

250

0

50

100

150

200

250

2002 2005 2008 2011 2014

Platin

Palladium

0

50

100

150

200

250

300

0

50

100

150

200

250

300

2003 2006 2009 2012 2015e

Fahrzeugbau Chemie

Sonstige Ind. Schmuck

Anleger

Page 67: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 67

die Herstellung von Katalysatoren für die Chemiepro-duktion und Erdölverarbeitung wie auch für die Her-stellung von Elektrobauteilen und Pharmazeutika.

Bestand der Platin-ETCs stagniertFür Anleger werden Platinbarren und -münzen angebo-ten. Zumindest hierzulande sind diese physischen In-vestments aufgrund der beim Kauf anfallenden Mehr-wertsteuer wenig beliebt. Auch international spielt Platin bei Barren und Münzen gegenüber Gold und Silber kaum eine Rolle. Daneben haben sich börsen-gehandelte Wertpapiere mit physischer Hinterlegung, so genannte ETCs beziehungsweise ETFs eine Nische erarbeitet. Zu einem kleinen, vorübergehenden Boom führte die erstmalige Auflegung von Platin-ETCs ab Mai 2013 in Südafrika. Der Grund für den Run südafrikani-scher Anleger auf Platin stellt die ungünstige Lage der Wirtschaft am Kap dar. Korruption, Misswirtschaft, ein abwertender Rand und Verteilungskämpfe zwischen Minenindustrie und Gewerkschaften schaffen einen Anreiz für Investoren, möglichst große Teile des eige-nen Portfolios mit Auslandsanlagen zu diversifizieren. Dies ist nach südafrikanischem Recht für Institutionelle jedoch nur bis zur maximal 35 % des Vermögens zu-lässig. Platin-ETCs bieten in dieser Lage einen Ausweg. Da die Wertpapiere an der Börse in Johannesburg zugelassen sind, handelt es sich rechtlich um Inlands-anlagen. Der Preis für das Underlying wird gleichwohl auf USD-Basis in London festgestellt. Und während Streiks in den Platinminen die heimische Wirtschaft und damit insbesondere Aktienanlagen und allgemein auch den Rand unter Druck bringen, besteht in diesem Fall für Platin theoretisch Aufwärtspotenzial. Nach dem Ende des Streiks im Sommer 2014 endete der Zulauf zu den Platin-ETCs abrupt. Zu der ungünstigen Wert-entwicklung könnte auch ein gewisser Sättigungseffekt gekommen sein. Vor dem Hintergrund des Preiseinbru-ches und dem gleichzeitig nur schwach gesunkenem physischen Platinbestand der ETCs kann den Anlegern jedoch langfristiges Interesse unterstellt werden.

Platinbestände der ETCs in Tonnen (linke Skala) und

Platinpreis in USD (rechte Skala) seit Anfang 2013

Quelle: Thomson Reuters, Bloomberg, LBBW Research

FazitNach dem Preiseinbruch in den letzten Monaten gehen wir von einer Gegenbewegung und einer anschließen-den Stabilisierung der Notierungen im Bereich von etwa 1.100 USD aus. Der Bedarf der Fahrzeugindustrie dürfte 2015 erneut leicht zulegen. Daneben ist ein zu-sätzlicher Mehrbedarf der Schmuckbranche wie schon im vergangenen Jahr wahrscheinlich. Die weltweit ver-hältnismäßig gute konjunkturelle Entwicklung dürfte sich darüber hinaus in den anderen Branchen nach-fragewirksam bemerkbar machen, die Platin – wenn auch in geringen Mengen – als Rohstoff einsetzen. Wenig Impulse für den Preis erwarten wir von Seiten der institutionellen und der privaten Anleger. Nachdem Platin-ETCs nun in Europa, Amerika, Australien und in Südafrika zum Handel zugelassen sind und nach unserem Wissen auch keine Neuauflagen, beispielswei-se in Asien verfolgt werden, dürfte ein Boom ähnlich wie 2013 ausbleiben. Auf der anderen Seite kann den südafrikanischen Anlegern weiterhin ein Interesse an ihren ETCs unterstellt werden, da diese immerhin eine Diversifikation zu dem unter Abwertungsverdacht ste-henden Rand darstellen.

1.000

1.100

1.200

1.300

1.400

1.500

1.600

1.700

1.800

35

45

55

65

75

85

95

Jan. 13 Mai. 13 Sep. 13 Jan. 14 Mai. 14 Sep. 14 Jan. 15

Platinbestand der ETCs/ETFs in Tonnen

Platinpreis in USD (rechte Skala)

Mai. 15

Page 68: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

68 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Aus der Sicht von interessierten Anlegern birgt ein Engagement in Platin trotz der Argumente für leicht steigende Preise Unwägbarkeiten. Durch den weiterhin vorhandenen preislichen Anreiz, teures Platin durch günstigeres Palladium zu ersetzten, dürfte sich die Grenze des technischen Machbaren auch im Bereich der Dieselmotoren zukünftig weiter in Richtung Palla-dium verlagern. Hinzu kommen generelle Anstrengun-gen der Industrie, mit weniger Edelmetall gleiche oder sogar bessere Katalysatorenleistungen zu erzielen. Eine Neubewertung der Lage würde sich erst ergeben, wenn zusätzliche Anwendungsfelder wie der Einsatz von Platin in Brennstoffzellen einen nennenswerten Bedarf nach sich ziehen. Je Brennstoffzellenfahrzeug werden heute 50 bis 30 Gramm Platin eingesetzt, wobei auch hier der Trend durch den technischen Fortschritt nach unten zeigt. Außerdem bestehen bislang keine Anzeichen dafür, dass sich die Technik

zur Stromerzeugung aus Wasserstoff im Massenmarkt etabliert. Zweitens bestehen offenbar ausreichende Platinmengen im Wirtschaftskreislauf, die auch größere Schocks abfedern können. Aus Anlegersicht erscheint somit das Schwestermetall Palladium attraktiver als Platin. Unabhängig hiervon muss aus der Perspektive von Platinnutzern in der Industrie vor dem Hintergrund der monopolartigen Angebotslage mit Südafrika als größtem Förderland das Bestehen eines gewissen Preis- und Verfügbarkeitsrisikos trotz der Erfahrungen aus dem Jahr 2014 festgestellt werden. Die Verteuerun-gen des Edelmetalls im Zuge der Elektrizitätsknappheit im Jahr 2008 um rund 800 USD sowie der Anstieg um mehr als 300 USD während der Streiks 2012 belegen diese Gefahr eindrucksvoll.

Thorsten Proettel

Page 69: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 69

Kapitel 4.4 Palladium

Palladiumpreis notiert wieder tieferFür die Entwicklung des Palladiumpreises in den letzten 18 Monaten kann das alte Sprichwort „wie gewonnen, so zerronnen“ bemüht werden. Im Jahr 2014 stieg die Notierung im Zuge eines fünfmonatigen Arbeiterstreiks in den südafrikanischen Platin- bezie-hungsweise Palladiumminen von rund 700 USD bis auf ein 13-Jahres-Hoch bei 910 USD an. Lediglich in einer gut zweimonatigen Phase zu Beginn des Jahres 2001 wurden höhere Preise vor dem Hintergrund eines rus-sischen Lieferstopps bezahlt. Nach dem Streikende im Juli 2014 und der allmählichen Normalisierung des Mi-nenbetriebs in der Folgezeit wurde der größte Teil die-ser Verteuerung jedoch innerhalb von wenigen Wochen abgebaut. Die Palladiumnotierung pendelte über meh-rere Monate hinweg im Bereich von 750 USD bis unge-fähr 820 USD seitwärts. Im Juni 2015 erfolgte dann ein deutlicher Einbruch von 780 USD zum Monatsbeginn auf nur noch 670 USD je Feinunze zum Monatsende. Auslöser hierfür waren einerseits Befürchtungen über einen schwächeren Fahrzeugabsatz in China aufgrund des rückläufigen Wirtschaftswachstums. Zweitens wer-den neuerliche Förderunterbrechungen in Südafrika vom Markt momentan als unwahrscheinlich angese-hen.

Palladium in USD und EUR je Feinunze seit Anfang 2012

Quelle: Thomson Reuters

Südafrika wichtiger EinflussfaktorDer Anstieg der Palladiumnotierungen von Ende Januar 2014 bis Anfang September letzten Jahres ist vor dem Hintergrund eines fünfmonatigen Arbeitskampfes in den Platinminen Südafrikas zu sehen. Das Land am Kap der Guten Hoffnung steht knapp hinter Russland an der zweiten Stelle der wichtigsten Förderländer und trug in den vergangenen Jahren unter leichten Schwan-

kungen ungefähr 37 % zum primären Angebot bei. Angesichts dieser Größenordnung wird verständlich, warum sich die Nachschubunterbrechung stark im Preis bemerkbar machte. Über den tatsächlichen För-derausfall im Gesamtjahr 2014 kursieren unterschied-liche Angaben. Während der britische Edelmetallspezi-alist Johnson Matthey den Rückgang gegenüber 2013 mit 14 % beziehungsweise 11 Tonnen auf 66 Tonnen angibt, geht die Agentur Thomson Reuters GFMS von einer Reduktion um 23 % beziehungsweise 17 Tonnen auf 56 Tonnen aus. Der Index der Platinmetallgewin-nung des südafrikanischen Statistikamtes, der neben Palladium auch die Fördermengen von Platin, Rhodi-um, Iridium und Ruthenium enthält, ging sogar um 29 % zurück.

In diesem Jahr läuft die Arbeit in den Minen bislang planmäßig. Sollte dies auch in den kommenden Mona-ten der Fall sein, wovon wir in unserem Hauptszenario ausgehen, dann dürfte die südafrikanische Palladium-förderung gegenüber 2014 wieder auf rund 75 Tonnen ansteigen. Unabhängig hiervon wirkt der Streik bis heute zumindest in puncto Arbeitskosten nach. Die Tarifeinigung, die zu dem Ende des Arbeitskampfes führte, sieht vor, dass diejenigen Arbeiter, die bislang weniger als 12.500 Rand im Monat verdienten, sowohl 2014 wie auch 2015 eine Lohnerhöhung um 1.000 Rand und 2016 eine weitere Erhöhung über dann 950 Rand erhalten. Die starke Abwertung der südafrika-nischen Währung mildert diesen Kostenanstieg aus Arbeitgebersicht jedoch ab, da die Aufwendungen in Rand anfallen und die Erlöse aus dem Verkauf des Edelmetalls in USD.

Russisches Palladium ist Nebenprodukt der NickelförderungIm vergangenen Jahr entfielen etwa 41 % des primären Palladiumangebots auf Russland, wo das Edelmetall vor allem als Nebenprodukt der Nickelförderung in den Minen des Bergbaukonzerns Norilsk Nickel anfällt. Da die Palladiumgewinnung nicht den Hauptzweck des Unternehmens darstellt, bieten sowohl steigende wie auch fallende Weltmarktpreise wenig Anreiz, die Förderanstrengungen herauf- oder herunterzufahren. Die Höhe der Ausbeute ergibt sich vielmehr aus dem Umfang der Nickelförderung und der naturgemäß un-terschiedlich starken Konzentration von Platinmetallen in den Erzen. Im vergangenen Jahr stieg die russische Palladiumgewinnung erstmals seit 2010 wieder an und erreichte mit 82,7 Tonnen ein Plus von 3 %. Der

2012 2013 2014 2015450

500

550

600

650

700

750

800

850

900

950

Palladium USD je FeinunzePalladium in EUR je Feinunze

450

500

550

600

650

700

750

800

850

900

950

Page 70: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

70 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Zuwachs geht sowohl auf das Konto des Bergbaus in Sibirien zurück wie auch auf die Aktivitäten auf der Kola-Halbinsel in der Nähe zu Finnland. Grundsätzlich war der Trend in den letzten Jahren jedoch nach unten gerichtet. Im Jahre 2005 wurden noch 97,4 Tonnen Palladium gefördert, 2013 wurde mit nur 80,2 Tonnen ein mehrjähriger Tiefstand erreicht.

Russischer Nachschub unsicherIn den vergangenen Jahren gelangte das russische Pal-ladium ohne Schwierigkeiten zu den Abnehmern in den westlichen Ländern. Beispielsweise schloss das Che-mieunternehmen BASF einen nicht näher spezifizierten langjährigen Liefervertrag für Platinmetalle mit Norilsk Nickel ab. Das Ludwigshafener Unternehmen benötigt die Rohstoffe zur Produktion von Katalysatoren und für Medikamente. Aufgrund des Konflikts um die Uk-raine seit 2014 begannen die Marktteilnehmer aber die Verlässlichkeit von Palladiumlieferungen aus Russland zu hinterfragen. Eine Verzögerung der Ausfuhr wäre keine undenkbare Vergeltung für westliche Sanktionen. Sie träfe vor allem die in Westeuropa, den USA und in Japan beheimatete Schlüsselindustrie Fahrzeugbau mit den dort geltenden strengen Abgasvorschriften. Außerdem wären Lieferstopps für russisches Palladium keine Neuheit. Im Jahr 1998 wurde die Ausfuhr kurz-fristig gestoppt, woraufhin sich der Preis von rund 200 USD auf 400 USD je Feinunze verdoppelte. Und im Jahr 2000 kletterte die Notierung aufgrund von fehlendem russischen Nachschub sogar auf den bisherigen Spit-zenwert in Höhe von 1.070 USD je Feinunze. Allerdings halten wir eine wie auch immer durchgeführte Behin-derung der Palladiumausfuhr aus Russland für wenig wahrscheinlich. Einerseits hat sich der Konflikt um die Ukraine zumindest aus politischer Sicht im Vergleich zur Situation vor einem Jahr deutlich abgekühlt. Zwei-tens würde ein Lieferstopp das Ausbleiben von Devi-seneinnahmen bedeuten, die angesichts des niedrigen Ölpreises mehr denn je benötigt werden.

Palladiumförderung in Tonnen

Quelle: Thomson Reuters GFMS, Johnson Matthey plc., LBBW Research

Das restliche Fünftel der Palladiumförderung stammt vor allem aus Nordamerika. Dort wurde 2014 nach An-gaben von Thomson Reuters GFMS mit einer Ausbeute in Höhe von 30,6 Tonnen der höchste Stand seit 2006 erreicht. Unter den sonstigen Ursprungsländern sticht Simbabwe hervor, wo die Gewinnung gemäß Thomson Reuters GFMS 2014 um 5 % auf 9,2 Tonnen zurück-ging. In den letzten Jahren wurden dort deutliche Steigerungen erreicht. Über einen längeren Zeitraum betrachtet glich die Förderzunahme in Nordamerika und Simbabwe den Rückgang in Russland und Südaf-rika jedoch nicht aus. Schon seit 2008 stagniert die jährliche Palladiumgewinnung im Bereich von 200 Ton-nen. Dies ist allein schon deshalb bemerkenswert, da der durchschnittliche Preis für das Edelmetall seit 2008 um 130 % angestiegen ist und deshalb zumindest theoretisch einen großen Anreiz für Kapazitätserweite-rungen der Minen geboten haben sollte. Erklären lässt sich dieser Umstand einerseits nur durch die Seltenheit von Palladiumvorkommen. Zweitens ist der Rohstoff wie geschildert nur ein Nebenprodukt der russischen Nickel- beziehungsweise der südafrikanischen Platin-förderung.

0

50

100

150

200

250

0

50

100

150

200

250

2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015e

Russland Südafrika

Nordamerika Simbabwe

Sonstige

Page 71: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 71

Recyclingaufkommen mehr als verdoppeltNeben der Minenförderung trägt das Recycling von altem Palladiumschmuck, Elektroschrott und vor allem von ausgemusterten Katalysatoren zum Angebot bei. Das Recyclingaufkommen allein aus dem Kfz-Bereich kletterte von etwa 25 Tonnen im Jahr 2006 auf schät-zungsweise 65 Tonnen in diesem Jahr. Dies ist kein Wunder, denn je mehr Fahrzeuge mit einem Abgas-umwandler auf Palladiumbasis ausgerüstet werden, desto größer ist die im Wirtschaftskreislauf befindliche Menge des Edelmetalls, die früher oder später auf den Markt zurückkommt. Beeinflusst wird ihr Umfang al-lerdings durch Preis- und Konjunktureinflüsse, wie der vorübergehende Rückgang im Rezessionsjahr 2009 zeigt, als sich die Notierung für das silbrig-graue Edel-metall auf einem sehr niedrigen Stand bewegte.

Recyclingaufkommen und russische Staatsverkäufe in

Tonnen

Quelle: Thomson Reuters GFMS, Johnson Matthey plc., LBBW Research

Keine Verkäufe mehr aus russischen StaatsbeständenDas Angebot wurde in der Vergangenheit durch eine weitere Quelle erhöht. Russland verkaufte bis 2010 jährlich durchschnittlich 30 Tonnen Palladium pro Jahr aus staatlichen Beständen. Das Edelmetall wurde zu Sowjetzeiten so wie heute auch als Nebenprodukt der Nickelförderung gewonnen und anschließend einge-lagert, da bis Ende der 1980er Jahre nur geringfügige Anwendungsmöglichkeiten bestanden. Dies änderte sich mit der Einführung von Palladiumkatalysatoren in den 1990er Jahren. Bereits in den letzten Jahren zeichnete sich jedoch das Versiegen dieser Quelle ab. Im Jahr 2011 gingen die Verkäufe auf 24,1 Tonnen zurück, im Jahr 2012 auf 8,1 Tonnen und 2013 auf

nur noch 3,1 Tonnen. Im vergangenen Jahr kam dann erstmals überhaupt kein Palladium mehr aus russi-schen Altbeständen auf den Markt. Vermutlich sind sie aufgebraucht. Betätigen lässt sich diese Einschätzung jedoch nicht, da der Umfang des eingelagerten Edel-metalls in der Vergangenheit wie ein Staatsgeheimnis gehütet wurde. Es wäre auch denkbar, dass die verant-wortlichen Stellen in Moskau weitere Veräußerungen vor dem Hintergrund des stark gestiegenen Preises hinauszögern. Für diese Sichtweise spricht immerhin ein Schätzwert aus dem Jahr 2007 auf der Grundlage von historischen Daten zur Nickelförderung. Demnach dürften die Bestände damals 190 bis 250 Tonnen be-tragen haben. Seitdem sind jedoch nur 172 Tonnen auf den Markt gekommen. Grundsätzlich rechnen wir für die Zukunft aber nicht mit der Wiederaufnahme von Verkäufen.

Anstieg der Kfz-Nachfrage erwartetMit einem Anteil in Höhe von mehr als 70 % ist der Einsatz in der Kfz-Industrie das wichtigste Anwen-dungsgebiet von Palladium. Es wird wie Platin zur Ab-gasnachbehandlung eingesetzt und erarbeitete sich in den vergangenen Jahren aufgrund seines günstigeren Preises eine dominierende Stellung. Die Wirtschaftskri-se 2008/09 führte lediglich zu einer vorübergehenden Stagnation. Der Bedarf des Jahres 2007 in Höhe von rund 140 Tonnen wurde nach dem konjunkturellen Ein-bruch in der Folgezeit bereits 2010 mit mehr als 170 Tonnen überschritten. Seither zeigt der Trend eindeu-tig nach oben. Im vergangenen Jahr summierte sich die Einsatzmenge in der Fahrzeugbranche nach Anga-ben des britischen Katalysatorenspezialisten Johnson Matthey auf knapp 227 Tonnen, was einem Plus von 4,9 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Da sich die US-Wirtschaft 2015 weiterhin robust entwickeln und vor allem die Märkte in den Schwellenländern wachsen dürften, ist von einer abermals höheren Nachfrage auszugehen. Daneben werden in vielen Staaten suk-zessive die zulässigen Grenzwerte für die Schadstoff-emissionen der Fahrzeuge gesenkt, was in der Regel ebenfalls mit einem höheren Metallbedarf verbunden ist. Beispielsweise traten 2014 in der EU die Euro-6-Normen in Kraft, die in diesem Fall jedoch vor allem den Platinbedarf erhöhten. Für die Zukunft ist aber bereits jetzt eine erneute Verschärfung der Regeln in China absehbar, die den Euro-5-Normen entspricht und die sich auch bei Palladium bemerkbar machen sollten. Die China-5-Norm wird schon heute in Peking ange-wendet. Die Stadt übernimmt üblicherweise zusammen

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015e

Staatliche russische Verkäufe

Recyclingaufkommen

Page 72: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

72 LBBW - Commodity Yearbook 2015

mit Shanghai und der Provinz Guangdong eine Vorrei-terrolle in Sachen Schadstoffanforderungen, bevor die Zentralregierung die Verbindlichkeit für das gesamte Land erklärt.

Auf der anderen Seite unternehmen die Katalysatoren-hersteller fortwährend Anstrengungen zur Minimie-rung des Materialeinsatzes bei gleichbleibender oder sogar besserer Leistung ihrer Produkte. Vor diesem Hintergrund kalkulieren wir für 2015 nur noch mit einem Anstieg des weltweiten Palladiumbedarfs der Kfz-Branche in Höhe von 3,6 % auf 235 Tonnen. Für die Elektrotechnik als zweitgrößtem industriellen Anwen-dungsgebiet antizipieren wir größere Einsparungen und gehen deshalb von einem Rückgang der Nachfra-ge um rund 9 % auf 26 Tonnen aus.

Palladiumnachfrage in Tonnen

Quelle: Thomson Reuters GFMS, Johnson Matthey plc., LBBW Research

Palladium-ETCs gaben zuletzt leicht nachAm Kapitalmarkt sind wie für Gold, Silber und Platin auch für Palladium börsengehandelte Wertpapiere mit physischer Hinterlegung, so genannte Exchange Traded Commodities (ETCs) erhältlich. Die jeweiligen Emittenten lagern pro ausgegebenem Anteilsschein eine bestimmte Menge des Edelmetalls in Barrenform in ihren Tresoren. Seit der erstmaligen Auflegung von Palladium-ETCs im Jahre 2007 durch die Zürcher Kan-tonalbank und den britischen Anbieter ETF Securities brachten eine Reihe weiterer Emittenten ihre Wertpa-piere an die Börse, zuletzt die Standard Bank sowie Absa Capital. Die beiden in Südafrika operierenden Häuser schlossen seit ihrem Debüt auf dem Palladi-

ummarkt im März 2014 innerhalb von nur kurzer Zeit gemessen an ihren Beständen zu den anderen Emit-tenten auf. Der Grund hierfür ist nicht nur im Preis-anstieg in der ersten Jahreshälfte 2014 zu suchen, die sich sicherlich positiv auf den ETC-Absatz auswirkte. Entscheidend war und ist vor allem die unvorteilhaf-te Situation institutioneller Anleger in Südafrika. Sie sind aufgrund der Misere der eigenen Volkswirtschaft sehr an Auslandsanlagen interessiert, deren Anteil am Portfolio vom Staat aber auf 35 % gedeckelt wird. Da Probleme der heimischen Wirtschaft wie Minenarbeiter-streiks oftmals in höheren Preisen für Platin und Palla-dium resultieren, bilden entsprechende ETCs einerseits einen guten Hedge. Gleichzeitig gelten die Papiere südafrikanischer Emittenten trotz der Preisfeststellung für Palladium in London rechtlich als südafrikanische Inlandsanlage, weshalb sie nicht auf die 35-%-Grenze angerechnet werden.

Der größte Ansturm auf die neuen Papiere vollzog sich zwischen April und Juni 2014. In dieser Zeit erhöhte sich der gesamte Palladiumbestand aller ETC-Emit-tenten von 65 Tonnen auf 95 Tonnen. Das Streikende in den südafrikanischen Platin- und Palladiumminen führte zunächst zu einem vorübergehenden Rückgang. Seit Ende 2014 ist jedoch ein Abschmelzen auf nun etwa 90 Tonnen zu beobachten. Der Markt zwischen Kapstadt und Johannesburg scheint damit vorerst gesättigt zu sein und wir erwarten zukünftig keine Wiederholung eines so starken Anlegerinteresses an Palladium.

Palladium-ETCs in Tonnen und Palladiumpreis in USD

Quelle: Thomson Reuters, Bloomberg, LBBW Research

0

50

100

150

200

250

300

350

0

50

100

150

200

250

300

350

2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015e

Fahrzeugbau Elektronik Chemie

Zahnmedizin Schmuck Investment

Sonstiges

600

700

800

900

1.000

50

60

70

80

90

100

Palladiumbestand der ETCs/ETFs in Tonnen

Palladiumpreis in USD (rechte Skala)

2013 2014

Page 73: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 73

FazitUnter Schwankungen tendiert der Palladiumpreis schon seit einigen Jahren nach oben und aufgrund der fundamentalen Angebots- und Nachfragerelation ist nicht ersichtlich, warum sich hieran zukünftig etwas ändern sollte. Für die Kraftfahrzeugindustrie sind Ab-gaskatalysatoren auf allen relevanten Absatzmärkten unverzichtbar. Palladium ist dabei abgesehen von Fahrzeugen mit Dieselmotoren das Mittel der Wahl. Eine Änderung dieser Konstellation wäre vom heutigen Stand nur bei Eintritt der vier folgenden Ereignisse denkbar: Erstens könnte ein neue Methode zur Ab-gasreinigung erfunden werden, die ohne Platinmetalle auskommt. Zweitens würde ein Siegeszug von Elekt-rofahrzeugen den Bedarf an herkömmlichen Katalysa-toren verringern. In diesem Fall würde beispielsweise für Brennstoffzellen aber mehr Platin benötigt werden. Drittens könnte ein russischer Palladiumlieferstopp die Industrie dazu bewegen, wieder mehr Platin zu verwenden und viertens wäre eine Substitution von Palladium durch Platin auch denkbar, sobald die Preis-parität zwischen beiden Edelmetallen erreicht wird. Vor allem der Eintritt des letzten Punktes erscheint nicht abwegig. Vor einem Jahrzehnt war Platin noch drei- bis viermal teurer als Palladium. Heute beträgt der Unter-schied nur 60 % gemessen am Palladiumpreis. Unab-hängig von solchen Strukturbrüchen würde natürlich der Eintritt einer Nachfrageschwäche im Kfz-Bereich,

beispielsweise aufgrund einer Rezession den Bedarf dämmen. Hiervon gehen wir trotz des schwächeren Wirtschaftswachstums in China auf absehbare Zeit aber nicht aus.

Gedämpft werden dürfte die Preisentwicklung in den kommenden Monaten voraussichtlich durch das weitere Zurückdrängen anderer Bedarfsgruppen auf dem Palladiummarkt. So sinkt der Einsatz des Metalls in der Dentaltechnik zu Gunsten von Keramikkronen und ähnlichem schon seit einiger Zeit und auch die Elektroindustrie versucht, den teuren Rohstoff durch günstigere Alternativen zu ersetzen. Darüber hinaus rechnen wir für 2015 und auch für 2016 mit einer deutlich schwächeren Anlagenachfrage im Vergleich zu 2014. Auf der Angebotsseite des Marktes ist nur im Bereich des Recycling mit einer Steigerung zu rechnen, während die mengenmäßig bedeutendere Minenförde-rung wie gezeigt stagniert. In der Summe erwarten wir deshalb für dieses wie auch für nächstes Jahr Ange-botsdefizite in Höhe von jeweils rund 20 Tonnen nach etwa 50 Tonnen 2014. Diese müssen durch den Abbau von Lagerbeständen gedeckt werden. Vor diesem Hin-tergrund rechnen wir mit einer Erholung des zuletzt niedrigen Palladiumpreises auf Sicht der kommenden Monate.

Thorsten Proettel

Page 74: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

74 LBBW - Commodity Yearbook 2015

5 Basismetalle.

Sektorausblick

Bis auf Nickel, dessen Preisentwicklung durch den in-donesischen Exportstopp beeinflusst wurde, bewegten sich die Notierungen der Basismetalle in der ersten Jahreshälfte 2014 in einer mehr oder weniger großen Bandbreite seitwärts. Während der Sommermonate stiegen die Preise in der Tendenz leicht an, um dann mit dem vierten Quartal und insbesondere zum Jahresende deutlich zu sinken. Sorgen um die weitere wirtschaft-liche Entwicklung in China, die starke Aufwertung des US-Dollars sowie der rapide Rückgang des Ölpreises, der den gesamten Rohstoffsektor belastete, waren die wesentlichen Gründe für den Preisrückgang. In Summe verzeichneten die Industriemetalle, gemessen am Index der London Metal Exchange (LMEX), im Jahresverlauf 2014 einen Preisrückgang von 8,5 %. Deutliche Preisrückgänge verzeichneten im vergangenen Jahr Zinn (-13 %), Blei (-16 %) und Kupfer (-14 %). Kupfer reagierte dabei besonders stark auf das nachlassende Wachstumstempo der chinesischen Wirtschaft sowie das überschüssige Angebot zum Jahresende. Zu den Metal-len, deren Preise im Jahr 2014 gestiegen sind, gehören Aluminium (+4 %), Zink (+6 %) und Nickel (+9 %). Unter der Annahme weiterer konjunkturstimulieren-der Maßnahmen in China sollte der dortige Bedarf an Industriemetallen in der zweiten Jahreshälfte wieder anziehen. Zusammen mit einer sich fortsetzenden Kon-junkturerholung in den USA sowie einem verbesserten Szenario in Europa rechnen wir auch für 2015 mit einem entsprechenden Nachfragewachstum nach Basismetal-len. Unseren Prognosen zufolge sollte dieses bei durch-schnittlich rund 3 % bis 4 % liegen. Mit Blick auf die globalen Marktbilanzen erwarten wir für Aluminium eine relativ ausgeglichene Balance zwi-schen Angebot und Nachfrage, wobei einem deutlichen Angebotsüberschuss in China ein defizitäres Angebot im Rest der Welt gegenüberstehen dürfte. Auf dem Nickelmarkt sollte im Verlauf dieses Jahres die Nachfra-ge das Angebot übertreffen. Der bereits für das letzte Jahr von den meisten Marktakteuren prognostizierte Trendwechsel von einem Angebotsdefizit zu einem Angebotsüberschuss auf dem Kupfermarkt wird nun für 2015 erwartet. Zur Jahresmitte 2015 sind die Preise der Basismetalle nach einem kurzen Zwischenhoch wieder deutlich ge-fallen. Der LME-Index markierte dabei zwischenzeitlich ein 6-Jahrestief. Die Fundamentaldaten rechtfertigen aus unserer Sicht diesen erneuten Preisrückgang in dieser Ausprägung nicht. Folglich gehen wir von tendenziell anziehenden Notierungen in der zweiten Jahreshälfte 2015 aus.

Metallpreise im Jahr 2014(LME-Kassapreise, indexiert auf 100)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

LME-Index und US-Dollar

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Erwartete Metallmarktsalden 2014/2015e/2016e(Produktion – Verbrauch, in % der Jahresnachfrage)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

LME-Lagerbestände (in % des Jahresverbrauchs)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Jan Feb Mar Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez80

90

100

110

120

130

140

150

160

LME-KupferLME-AluminiumLME-Nickel

LME-ZinkLME-Blei

80

90

100

110

120

130

140

150

160

2010 2011 2012 2013 2014 20152600

2800

3000

3200

3400

3600

3800

4000

4200

4400

4600

1.05

1.10

1.15

1.20

1.25

1.30

1.35

1.40

1.45

1.50

LME - LMEX-IndexUSD to Euro Exchange rate(RECHTE SKALA)

-4,0

-2,0

0,0

2,0

4,0

6,0

8,0

Aluminium Kupfer Nickel Blei Zink Zinn

20142015e2016e

-4,0

-2,0

0,0

2,0

4,0

6,0

8,0

0,0

3,0

6,0

9,0

12,0

15,0

18,0

21,0

24,0

0,0

3,0

6,0

9,0

12,0

15,0

18,0

21,0

24,0

Kupfer Blei Zinn Nickel Zink Aluminium

LME-Lagerbestände (in % des Jahresverbrauchs)10-Jahresdurchschnitt

Page 75: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 75

5.1 Kupfer

Überproportionaler Preisrückgang in 2014Im vergangenen Jahr ist der Kupferpreis an der Lon-doner Metallbörse um 13,7 % gefallen. Der LME-Index sank um 8,5 %. Damit verzeichnete das rote Metall im Vergleich zu den anderen Basismetallen einen deutlich überproportionalen Preisrückgang. Grundsätzlich kam diese Entwicklung nicht so sehr überraschend, wurde doch für den Kupfermarkt für das Jahr 2014 erstmals wieder ein überschüssiges Angebot prognostiziert. Die Fundamentaldaten entwickelten sich jedoch wider Erwarten recht positiv. So wies der Kupfermarkt Anga-ben der International Study Group (ICSG) zufolge für das Gesamtjahr ein defizitäres Angebot aus. Einher-gehend mit fallenden Lagerbeständen konnten sich die Notierungen zur Jahresmitte nach dem Einbruch Anfang März zunächst auch wieder deutlich erholen. Die erneute Trendwende wurde dann durch die Nach-richt über Unregelmäßigkeiten im kupferbasierten Kreditgeschäft in China eingeleitet. Der Preisrückgang in der zweiten Jahreshälfte dürfte im Wesentlichen auf das weiter nachlassende Wachstumstempo der chine-sischen Wirtschaft sowie die deutliche US-Dollarauf-wertung zurückzuführen sein. Darüber hinaus wurde der gesamte Rohstoffsektor zum Jahresende durch den starken Rohölpreisverfall in Mitleidenschaft gezogen. Im Jahresdurchschnitt ergab sich für 2014 ein Preis von 6.863 USD/t gegenüber 7.330 USD/t im Vorjahr.

LME-Kupfer Cash

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Preise geben 2015 weiter nachZu Beginn des laufenden Jahres setzte sich der starke Preisrückgang zunächst nahtlos fort. Im Januar gaben die Notierungen erneut um 13 % nach und fielen auf ein Niveau, das man zuletzt Mitte 2009 gesehen hat. Davon konnten sich die Preise im Folgenden etwas

erholen, so dass sich für das erste Quartal eine Perfor-mance von minus 4,8 % ergab. Hintergrund dieser Ent-wicklung ist die Erwartung eines merklich steigenden Angebotes bei gleichzeitig wachsender Unsicherheit auf der Nachfrageseite angesichts des nachlassenden Wachstumstempos der chinesischen Wirtschaft. Wei-tere Belastungsfaktoren zeigten sich in Form zuneh-mender Lagerbestände an den Metallbörsen sowie der Fortsetzung des US-Dollaranstieges.

Nachfrage verschiebt sich weiter in Richtung AsienNach Angaben der ICSG ist die globale Kupfernachfra-ge im Jahr 2014 um 7,1 % auf 22,9 Mio. Tonnen gestie-gen. In ihrem Bericht verweist die ICSG dabei auf ein starkes Nachfragewachstum in China. Des Weiteren hat ein knappes Angebot an hochwertigem Kupferschrott zu einem höheren Bedarf an Kupferkathoden geführt. Den Bedarfszuwachs außerhalb Chinas beziffert die ICSG mit +3 %. Die wesentlichen Impulse kamen dabei aus Europa, Japan sowie anderen Staaten aus dem asiatischen Raum. In den USA war die Nachfrage leicht rückläufig, was jedoch im Zusammenhang mit dem deutlichen Abbau der dortigen Bestände gesehen wer-den muss. Im Hinblick auf die regionale Verteilung er-gab sich eine weitere leichte Verschiebung zugunsten des asiatischen Raumes, auf den mittlerweile 67 % des globalen Kupferbedarfs entfallen. Der Nachfrageanteil der Staaten Nord- und Südamerikas beträgt 13 %, der Europas 19 %.

Anteile am weltweiten Kupferverbrauch

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

China stockt die staatlichen Reserven aufMit einem Anteil von 48 % an der weltweiten Nachfrage ist China der wichtigste Akteur am Kupfermarkt. Hohe Wirtschaftswachstumsraten und die Urbanisierung, die sich in Form des Wachstums der Städte bzw. der

2012 2013 2014 20154500

5000

5500

6000

6500

7000

7500

8000

8500

9000

LME-Kupfer USD/tLME-Kupfer EUR/t

4500

5000

5500

6000

6500

7000

7500

8000

8500

9000

39%

30%

12%

10%

9%

Elektroindustrie

Bausektor

Transport

Konsumgüter

Industriegüter

Page 76: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

76 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Ausbreitung städtischer Lebensformen in bisher ländliche Räume ausdrückt, sorgen für nachhaltigen Bedarf an Kupferprodukten. Im letzten Jahr sind die chinesischen Importe, über die etwa ein Drittel der Gesamtnachfrage gedeckt wird, um 14 % gestiegen. Die aus der Produktion, den Nettoimporten und den Lagerbestandsveränderungen (SHFE) abgeleitete Ge-samtnachfrage lag 13,5 % über dem Vorjahreswert. Dies scheint auf den ersten Blick nicht so ganz zu der abnehmenden Dynamik der Wirtschaftsentwicklung im Reich der Mitte zu passen. Ein Stück weit auflösen lässt sich diese scheinbare Diskrepanz durch einen Blick auf die staatlichen Reserven. So nutzten die chinesischen Behörden das vergleichsweise niedrige Preisniveau, um die staatlichen Bestände um geschätzte 400 bis 700 Tsd. Tonnen aufzustocken. 2015 ist mit einer weiteren Abschwächung der Wachstumsdynamik in China zu rechnen. So erwarten wir für das laufende Jahr ein Wirtschaftswachstum von 6,8 % nach 7,4 % im Vorjahr. Grundsätzlich dürfte daher auch der Bedarfszuwachs an Kupfer geringer ausfallen. Ausgleichend dürften hierbei jedoch die geplanten Milliardeninvestitionen in die Verkehrs- und Energieinfrastruktur wirken. China State Grid, der Konzern, der für den Großteil des elek-trischen Netzbetriebes in China zuständig ist, plant im laufenden Jahr seine Investitionen um 9 % zu erhöhen. Immerhin entfallen etwa 46 % des chinesischen Kupfer-verbrauchs auf den Energiesektor.

Kupferimporte China

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Bedarfszuwachs in Höhe des langjährigen MittelwertesIn ihrem Ausblick für das laufende Jahr geht die ICSG für China von einem Wachstum der Kupfernachfrage von 1 % aus, was jedoch entsprechende Bestandsbewe-gungen beinhalten dürfte. Der industrielle Bedarfszu-wachs wird auf 4,5 % bis 5 % geschätzt. Trotz weiterhin bestehender ökonomischer und geopolitischer Risiken scheint sich die Konjunktur in Europa weiter zu be-leben. Der Ölpreisverfall und die EZB-Liquiditätsflut unterstützen das Wachstum. Auch in den USA dürfte die Wirtschaft getragen von den privaten Verbrau-cherausgaben zuletzt wieder an Dynamik gewonnen haben. Die für die Kupfernachfrage besonders relevan-ten Einzelindikatoren wie die Hausneubauten oder die Automobilproduktion zeigen sich relativ robust. In Ja-pan, das für rund 5 % des weltweiten Kupferverbrauchs steht, sollte der Anstieg der Industrieproduktion für positive Nachfrageimpulse sorgen. In Summe dürfte der globale Kupferbedarf auch in diesem Jahr um rund 2 % zulegen können.

Minenproduktion geringer als erwartetEntgegen den Erwartungen ist die Minenproduktion im vergangenen Jahr nur geringfügig gewachsen. So weist die ICSG-Statistik einen Anstieg von 2,4 % auf 18,7 Mio. Tonnen aus. Im Oktober hatte die ICSG ihre Prognose bereits von einem erwarteten Anstieg von 4,7 % auf 2,6 % reduziert. Auch dieser wurde schließlich unterbo-ten. Hintergrund dieser Entwicklung ist eine Reihe von temporären Förderausfällen sowie von Verzögerungen im Hochfahren bzw. in der Projektion neuer Minen. Anfang des Jahres war die Versorgung mit Kupferkon-zentraten zudem durch das Aussetzen indonesischer Exporte durch die Minenbetreiber Newmont Mining und Freeport erheblich beeinträchtigt. Waren die Minen im Jahr 2013 von größeren Zwischenfällen weitestge-hend verschont worden, knüpfte das vergangene Jahr damit wieder an den Trend regelmäßiger Produktions-unterbrechungen an. Diese lagen im Durchschnitt der letzten fünf Jahre bei rund 0,8 bis 0,9 Mio. Tonnen, entsprechend 5 % bis 6 % der Jahresproduktion.

2009 2010 2011 2012 2013 20140

50

100

150

200

250

300

350

400

450

Kupferimporte China (Tsd. t)1Y moving average

0

50

100

150

200

250

300

350

400

450

Page 77: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 77

Produktionsausfälle in der globalen Kupferförderung

Quelle: ICSG, Wood Mackenzie, Teck, LBBW Research

Steigendes Konzentratangebot in diesem JahrIn diesem Jahr werden nach ICSG-Projektionen auf dem Kupfermarkt neue Minenkapazitäten in Höhe von rund 1 Mio. Tonne auf den Markt kommen. Zu den neuen großen Projekten zählen Minen in Chile, Peru, USA, Mexiko, Sambia und der Mongolei. Zusammen mit den wieder aufgenommenen Exporten aus Indonesien dürfte das Konzentratangebot demzufolge deutlich steigen. Doch auch in diesem Jahr besteht die Gefahr, das Angebot der Minen zu überschätzen. So haben gewichtige Bergbaukonzerne wie BHP Billiton oder Rio Tinto ihre Produktionsprognose für das Jahr 2015 für einige große Minen zuletzt nach unten revidiert. Leicht revidiert hat auch die chilenische Kupferkommision Cochilco Ende Januar ihre Produktionsprognose. In Chile, das mit einem Anteil von 31 % der weltweit größ-te Kupferminenproduzent ist, könnte darüber hinaus die Wasserversorgung zu einem Problem werden. So herrscht in dem südamerikanischen Land derzeit die größte Dürre seit vielen Jahren. Viele Kupferminen befinden sich zudem in der ohnehin als sehr trocken geltenden Atacama-Wüste. Die Knappheit des Wassers, das wichtiger Bestandteil in der Kupferminenproduk-tion ist, wurde bereits von Cochilco als latentes Risiko für die längerfristigen Perspektiven des Bergbaus in Chile bezeichnet. Die Arbeiterstreiks als weiterer Grund von Produktionsausfällen gerade in den süd-amerikanischen Ländern haben in den letzten Jahren spürbar abgenommen. In diesem Jahr steht die Erneu-erung einiger Verträge in Minen an, die in der Historie oftmals in Zusammenhang mit Unruhen standen. Die Verhandlungsposition der Arbeiter hat sich jedoch aufgrund der rückläufigen Preise und notwendigen Kostensenkungen nicht gerade verbessert. Die ICSG

hat ihre Prognose für das Wachstum der Minenproduk-tion in diesem Jahr mittlerweile von 6,7 % auf 4,4 % zurückgenommen.

ICSG-Projektionen zum Ausbau der Produktionskapazitäten

Quelle: ICSG, LBBW Research

Höhere Auslastung der RaffinerienIn den letzten Jahren sind die Raffineriekapazitäten auf dem Kupfermarkt deutlich erweitert worden. Im We-sentlichen geht der Zuwachs von rund 4 Mio. Tonnen seit dem Jahr 2010 auf den Aufbau von Verarbeitungs-kapazitäten in China zurück. Folglich steigen im Reich der Mitte auch die Importe von Kupferkonzentraten im Verhältnis zu den Importen raffinierten Kupfers überproportional stark. Während die Kapazitätsauslas-tung in den Minen im vorigen Jahr von 88 % auf 86 % rückläufig war, arbeiteten die Raffinerien mit einer von 80 % auf 82 % verbesserten Auslastung. Dazu beige-tragen haben dürften unter anderem die gestiegenen Schmelz- und Raffinierlöhne, die einen entsprechenden Anreiz bieten, den Output zu erhöhen. Für dieses Jahr gehen die Prognosen der ICSG von einer nachlassen-den Dynamik im Kapazitätsaufbau aus. Die Schmelz- und Raffinierlöhne dürften vor dem Hintergrund der steigenden Konzentratversorgung hoch bleiben, was dafür spricht, dass die Verarbeitungskapazitäten auch in diesem Jahr gut ausgelastet sein werden. Zu einem zunehmenden Problem in der Verarbeitung könnte allerdings das steigende Maß an Unreinheit der Kon-zentrate aus den neu erschlossenen Minen werden. So weisen insbesondere die neuen Vorkommen in Süd-amerika einen höheren Anteil an Arsen aus, was die Verarbeitung komplexer und letztendlich auch teurer macht. Insgesamt rechnen wir für dieses Jahr mit einer Steigerung des Angebotes an raffiniertem Kupfer um etwa 4 %, nach 7 % im Vorjahr.

0%

1%

2%

3%

4%

5%

6%

7%

0

200

400

600

800

1.000

1.200

1.400

1.600

1.800

2.000

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Produktionsausfälle (Tsd. Tonnen)in % der Gesamtproduktion (RS)

0

200

400

600

800

1.000

1.200

1.400

1.600

1.800

2.000

0

200

400

600

800

1.000

1.200

1.400

1.600

1.800

2.000

03-13 2014 2015 2016 2017 2018

Minenförderung

Raffinerieproduktion

(durchschn.), Tsd. t

Page 78: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

78 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Weltweites Raffinerieangebot und Kapazitätsauslastung

Quelle: ICSG, LBBW Research

Prognostizierter Angebotsüberschuss aufgeschoben, nicht aufgehobenMit der gleichen Überschrift hatten wir bereits einen Abschnitt des letztjährigen Kapitels über den Kup-fermarkt versehen. Doch wie bereits im Jahr zuvor, haben sich auch im letzten Jahr die Prognosen eines überschüssigen Angebotes auf dem Kupfermarkt nicht bewahrheitet, was, wie bereits oben beschrieben, insbesondere an der wider Erwarten robusten Nach-frageentwicklung lag. Nun wird für dieses Jahr erneut der Trendwechsel von einem defizitären zu einem überschüssigen Angebot vorhergesagt. Die ICSG er-wartet ein Angebotsüberschuss in Höhe von rund 0,36 Mio. Tonnen. Die von Reuters ermittelten Schätzungen wurden zuletzt angesichts der sich häufenden Berichte über Beeinträchtigungen in der Minenförderung nach unten revidiert. Im Durchschnitt wird demnach von den Marktanalysten aktuell ein Angebotsüberschuss in Höhe von 0,11 Mio. Tonnen erwartet. Eine Größenord-nung, die unter den gegebenen Bedingungen plausibel erscheint. Eine Größe aber auch, die mit großen Unsi-cherheiten behaftet ist und in Relation zur Größe des Gesamtmarktes mit einem Nachfragevolumen von über 20 Mio. Tonnen sehr überschaubar ist.

Marktbilanz Kupfer (Produktion – Verbrauch; in Tsd. Tonnen)

Quelle: ICSG, LBBW Research

Dynamischer Anstieg der LME-Bestände zum Jahresbeginn 2015 Die Kupferbestände in den weltweiten Lagerhäusern der London Metal Exchange sind in der ersten Jahres-hälfte 2014 bis auf rund 140 Tsd. Tonnen gefallen, das niedrigste Niveau seit sechs Jahren. Nachdem sich die Bestände im Folgenden auf diesem Niveau stabilisier-ten, erfolgte zu Jahresbeginn 2015 ein dynamischer Anstieg der Kupfervorräte. Dieser dürfte zunächst einmal vor allem auf die saisonal bedingt geringere Nachfrage zurückzuführen sein. Auch liegen die La-gerbestände noch immer auf historisch durchschnittli-chem Niveau.

LME-Kupfer Lagerbestände und Preis

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

75%

78%

81%

84%

87%

0

5.000

10.000

15.000

20.000

25.000

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Raffinerieproduktion (Tsd. Tonnen)

Kapazitätsauslastung (RS)

-600

-500

-400

-300

-200

-100

0

100

200

300

400

500

-600

-500

-400

-300

-200

-100

0

100

200

300

400

500

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015e 2016e

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014100

200

300

400

500

600

700

800

900

1000

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

LME-Kupfer Lagerbestände (Tsd. t)LME USD-Kupfer Cash /t (Tsd., rechte Skala)

Page 79: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 79

FazitAuch im vergangenen Jahr hat sich auf dem Kup-fermarkt eine defizitäre Marktbilanz ergeben. Die Nachfrage entwickelte sich entgegen den Erwartungen relativ robust, was teilweise jedoch auch an der Aufsto-ckung chinesischer Staatsreserven lag. Auf der Ange-botsseite waren die Minen nach einem vergleichsweise störungsfreien Jahr 2013 wieder stärker von Förderun-terbrechungen betroffen. Für dieses Jahr rechnen wir mit einem Wachstum der weltweiten Kupfernachfrage von rund 2 %. Mit großer Unsicherheit behaftet ist dabei die weitere wirtschaftliche Entwicklung in China, dem größten weltweiten Kupferverbraucher. Im Hin-blick auf die Minenförderung ist von einer merklichen Zunahme des Konzentratangebotes auszugehen, die in der Folge auch die Verfügbarkeit von raffiniertem Kupfer erhöhen sollte. In Summe erwarten wir für 2015 ein überschüssiges Angebot auf dem Kupfermarkt. Grundsätzlich spricht dies für tendenziell rückläufige Preise. Die Höhe des erwarteten Angebotsüberschus-ses ist jedoch gemessen an der Größenordnung des Gesamtmarktes vergleichsweise gering. Zudem wurden die Schätzungen diesbezüglich aufgrund der sich häufenden Berichte über Beeinträchtigungen in der Minenförderung zuletzt sukzessive nach unten

revidiert. Schließlich hat der Markt durch den jüngsten Preisrückgang unserer Ansicht nach das Szenario ei-nes überschüssigen Angebotes bereits ein Stück weit eingepreist. Wir gehen daher von einer Erholung der Notierungen im weiteren Jahresverlauf aus und prog-nostizieren für LME-Kupfer zum Jahresende einen Preis von 6.500 USD/t.

Kupfer Terminspread (3 Mo – Cash; in USD/t)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Achim Wittmann

2009 2010 2011 2012 2013 2014-120

-100

-80

-60

-40

-20

0

20

40

60

LME-Kupfer (3 Mo - Cash)

-120

-100

-80

-60

-40

-20

0

20

40

60

Contango

Backwardation

Page 80: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

80 LBBW - Commodity Yearbook 2015

5.2 Aluminium

Geringer Preisanstieg in 2014Zum Jahresende 2014 lagen die Notierungen von LME-Aluminium bei 1.825 USD/t und damit 4 % höher als noch zu Jahresbeginn. Eine anhaltend starke Nachfrage auf der einen Seite sowie das durch Kapazitätsredu-zierungen verringerte Angebot andererseits ließen die Preise im ersten Halbjahr deutlich ansteigen. Zu-sätzlich beeinflussten die Unsicherheiten bezüglich des russischen Angebotes im Zusammenhang mit der Ukrainekrise genauso die Preise wie der Exportstopp Indonesiens für das Rohmaterial Bauxit. Der Jahres-höchststand wurde mit 2.089 USD/t Anfang Septem-ber erreicht. Sorgen um die weitere konjunkturelle Entwicklung in China und die Wiederinbetriebnahme vorübergehend aus dem Markt genommener Kapazitä-ten setzten dem Preisanstieg Grenzen. Dem Sog stark rückläufiger Rohstoffpreise zum Jahresende konnte sich schließlich auch Aluminium nicht entziehen und büßte im Dezember nahezu die gesamte Jahresperfor-mance wieder ein. Im Jahresdurchschnitt ergab sich ein Preis von 1.867 USD/t, der um 1,1 % über dem Vorjah-reswert lag.

LME-Aluminium Cash

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Vergleichsweise stabile Preisentwicklung im ersten Quartal 2015 Entgegen der Entwicklung der meisten anderen Basis-metalle zeigten sich die Aluminiumpreise im ersten Quartal des laufenden Jahres relativ robust. Während der LME-Index der Londoner Metallbörse in den ersten drei Monaten um 5,6 % zurückging, fielen die Notie-rungen des Leichtmetalls lediglich um 2,4 %. Sinkende Bestände in den LME-Lagerhäusern sowie die nach wie vor positive Entwicklung der Nachfrage aus dem

Transportsektors begünstigten die Preisentwicklung. Der durchschnittliche Preis für LME-Aluminium lag im ersten Quartal bei 1.802 USD/t.

Angebotsanpassungen außerhalb ChinasNach Angaben des International Aluminium Institute (IAI) wurden im vergangenen Jahr weltweit 53,1 Mio. Tonnen Aluminium produziert. Davon entfallen 52 % auf China, das sein Angebot im Jahr 2014 um 8,2 % auf 27,5 Mio. Tonnen steigerte. Außerhalb Chinas ging die Produktion des Leichtmetalls geringfügig um 0,6 % zurück. Ohne die starken Zuwächse in den Golfstaaten, die begünstigt durch niedrige Energiekosten Kapa-zitäten aufbauen, betrug der Rückgang 5 %. Dieser Rückgang ist die Folge von Angebotsanpassungen der großen Hersteller als Reaktion auf das vergleichswei-se niedrige Preisniveau. So hat der weltweit größte Hersteller, die russische Rusal, seine Kapazitäten von 4,7 Mio. Tonnen im Jahr 2011 auf 4,2 Mio. Tonnen im letzten Jahr um insgesamt 11 % gesenkt. Alcoa ver-ringerte sein Angebot im letzten Jahr um 12 %, nach einem Rückgang von 5 % im Jahr zuvor. Gegensätzlich entwickelten sich Produktion und Kapazitäten auf dem chinesischen Markt. So stieg das Kapazitätsvolumen im Reich der Mitte von 24,2 Mio. Tonnen im Jahr 2011 auf 35,2 Mio. Tonnen im vergangenen Jahr. Der durch-schnittliche Produktionszuwachs in diesem Zeitraum betrug 12 % pro Jahr. Der Preisdruck hat zwar auch in China zu Angebotskürzungen geführt. Gleichzeitig wurden jedoch an Standorten mit geringeren Energie-kosten Kapazitäten aufgebaut.

Wachstum der Aluminiumproduktion in China und RoW (in %)

Quelle: IAI, LBBW Research

2012 2013 2014 20151200

1400

1600

1800

2000

2200

2400

LME-Aluminium Cash USD/tLME-Aluminium Cash EUR/t

1200

1400

1600

1800

2000

2200

2400

-4,0

-2,0

0,0

2,0

4,0

6,0

8,0

10,0

12,0

14,0

16,0

-4,0

-2,0

0,0

2,0

4,0

6,0

8,0

10,0

12,0

14,0

16,0

Q1/2014 Q2/2014 Q3/2014 Q4/2014

ChinaRoWTotal

Page 81: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 81

Hohe Prämien und sinkende Kosten verführen zu mehr Angebot Für die letzten drei Monate 2014 meldete das IAI auch für die Regionen außerhalb Chinas erstmals nach vier Quartalen wieder einen leichten Angebotszuwachs. Norsk Hydro, einer der großen Anbieter gab bekannt, in diesem Jahr stillgelegte Kapazitäten wieder aufzu-nehmen. Dies könnten Indikatoren dafür sein, dass die Angebotsdisziplin der Schmelzereien langsam schwindet. Hohe Prämien und sinkende Kosten ha-ben den Margendruck verringert. Die Prämien für die physische Lieferung von Aluminium erreichten im ver-gangenen Jahr in Europa, den USA und auch in Japan Höchststände. In den USA wurden im letzten Quartal Aufschläge von über 500 USD/t auf den LME-Referenz-preis gezahlt. Auf der Kostenseite sorgen rückläufige Energiekosten sowie günstige Wechselkursrelationen für Entlastung. In China sind Marktberichten zufolge im letzten Jahr rund die Hälfte der 3,3 Mio. Tonnen stillgelegter Kapazitäten wieder in Betrieb genommen worden. Die beiden „Aluminiumgiganten“ Rusal und Alcoa bekräftigten zuletzt jedoch ihr Angebotsverhal-ten. Rusal verweist in diesem Zusammenhang auf die noch immer hohen Lagerbestände. Eine Angebotsaus-weitung zieht der Konzern eigenen Angaben zufolge erst bei Preisen von 2.500 USD/t wieder in Betracht. Alcoa hat angekündigt, auch in diesem Jahr rund 14 % seiner Schmelzkapazitäten auf ihre Wirtschaftlichkeit und mögliche Stilllegungen zu überprüfen.

Bauxitversorgung durch indonesischen Exportstopp beeinträchtigtBauxit wird als Rohmaterial für die Aluminiumgewin-nung benötigt. In der Regel sind etwa vier Tonnen Bauxit nötig, um zwei Tonnen Aluminiumoxid (Alu-mina) zu produzieren, womit eine Tonne Aluminium hergestellt werden kann. Indonesien hat zu Beginn des letzten Jahres einen Exportstopp für Nickelerze und Bauxit ausgesprochen, um mit dem Aufbau eigener Verarbeitungskapazitäten einen größeren Anteil der Wertschöpfung im eigenen Land zu behalten. Bis dahin entfielen rund 20 % des weltweiten Bauxitangebotes auf den südostasiatischen Staat. Großabnehmer war dabei China, das rund zwei Drittel seines Bauxitbe-darfs importiert. Die Chinesen, die im Vorfeld des Exportstopps ihre Bestände entsprechend ausgeweitet haben, weichen nun auf das Angebot anderer Regio-nen, insbesondere Australien aus. Zudem erhöhten die Chinesen ihren Import von Alumina im letzten Jahr um knapp 38 %.

Grundsätzlich ist das Aluminiumrohmaterial weltweit in ausreichendem Maße verfügbar. Das fehlende indo-nesische Angebot hat trotzdem zuletzt für tendenziell höhere Preise bei den Rohmaterialen geführt. Ihr Anteil an den Kosten bei der Aluminiumherstellung beträgt etwa 35 %.

Regionale Anteile an der weltweiten Bauxitversorgung (vor

dem indonesischen Exportstopp)

Quelle: USGS, LBBW Research

Dynamische Nachfrage dank vielfältiger EinsatzmöglichkeitenHohe Stabilität gepaart mit Leichtigkeit, Korrosionsbe-ständigkeit sowie gute elektrische Leitfähigkeit sind Merkmale von Aluminium, die den Werkstoff vielseitig einsetzbar machen. Dementsprechend findet sich Aluminium in zahlreichen Bereichen der Wirtschaft wieder, angefangen vom Transportwesen über die Bauwirtschaft, die Elektro- und Verpackungstechnik bis hin zum Maschinen- und Anlagenbau. Immer strengere Umweltvorschriften im Transportsektor führen dazu, dass Komponenten aus Stahl durch das leichtere Aluminium ersetzt werden. Zudem sorgt der vergleichsweise niedrige Preis dafür, dass Aluminium in zunehmendem Maße als Substitut für Kupfer in der Elektrotechnik oder im Bauwesen eingesetzt wird. In Summe verwundert es daher nicht, dass Aluminium unter den großen NE-Metallen dasjenige ist, das für die letzten zehn Jahre mit durchschnittlichen Bedarfs-zuwächsen von rund 6 % pro Jahr das dynamischste Nachfragewachstum aufweist.

28,7%

19,7%

16,3%

11,5%

6,6%

5,4%

3,3%

8,5%

Australien

Indonesien

China

Brasilien

Guinea

Indien

Jamaika

Sonstige

Page 82: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

82 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Weltweite Aluminiumnachfrage (in Tsd. Tonnen)

Quelle: CRU, LBBW Research

Transportsektor als wichtiger Impulsgeber Auch im vergangenen Jahr dürfte der weltweite Bedarf an Aluminium um 6 % bis 7 % gewachsen sein. Das World Bureau of Metal Statistics (WBMS) schätzt das Nachfragewachstum sogar auf 7,4 %. Die wesentlichen Impulse gehen derzeit insbesondere vom Transport-sektor in den USA bzw. China aus. Auch der nordame-rikanische Häusermarkt sorgt für positive Nachfrage, während der Bausektor in China zuletzt deutlich an Schwung verloren hat. Das Reich der Mitte steht für rund 48 % der globalen Aluminiumnachfrage. Rund ein Viertel davon entfällt auf den Bausektor, etwa 30 % auf das Transportwesen. Auf den weltweiten Fahrzeug-märkten erwartet der Branchendatenspezialist LMC Au-tomotive in diesem Jahr ein Absatzwachstum von 3,5 % nach 2,9 % im Vorjahr. Angetrieben wird das Wachstum erneut vom größten Einzelmarkt China. Während sich der europäische Markt weiter erholen sollte, dürfte die Dynamik auf dem US-Absatzmarkt im Verlauf des Jahres etwas nachlassen. Neben den absoluten Absatz-zahlen steigt insbesondere der Aluminiumanteil pro Fahrzeug kontinuierlich an. Eine Art Paradigmenwech-sel könnte dabei das zu großen Teilen aus Aluminium gefertigte neue Pick-up-Modell von Ford eingeleitet ha-ben. Mit dem am meisten verkauften Fahrzeug des US-Produzenten scheint das Leichtmetall, das bislang vor allem von Premiumherstellern verwendet wurde, nun auch den Weg in andere Fahrzeugklassen zu finden. Erwartete Wachstumsraten von 9 % bis 10 % im Luft-fahrtsektor runden die guten Nachfrageperspektiven nach Aluminium im Transportbereich ab. In Summe gehen wir davon aus, dass der weltweite Aluminiumbe-darf auch in diesem Jahr um 6 % zunimmt.

Aluminiumverbrauch in der nordamerikanischen

Automobilindustrie

Quelle: Ducker Worldwide Study, June 2014, Northcoast Research, RUSAL analysis, Audi AG, LBBW Research

Ausgeglichene Marktbilanz bei unterschiedlicher regionaler EntwicklungIm vergangenen Jahr zeigten sich das Angebot und die Nachfrage auf dem weltweiten Aluminiummarkt nach Angaben des Marktforschungsinstitutes Commodity Research Unit (CRU) nahezu ausgeglichen. Dabei ent-wickelte sich auf dem globalen Markt ohne China im Jahresverlauf ein Marktdefizit, während in China das Angebot die Nachfrage übertraf. Diese zweigeteilte Marktentwicklung dürfte sich auch in diesem Jahr fortsetzen. So prognostiziert Alcoa mittlerweile einen Angebotsüberschuss von über 2 Mio. Tonnen auf dem chinesischen Markt. Die Ausfuhr von Primäraluminium aus China wird zwar durch eine entsprechende Export-steuer begrenzt. Einen indirekten Einfluss auf den glo-balen Primärmarkt könnte das wachsende Angebot je-doch über den Export von Aluminiumhalbzeug haben. Dieser ist im vergangenen Jahr bereits um 19 % gestie-gen. Nachdem sich der Aluminiumpreis gegenwärtig wieder deutlich unterhalb der Jahreshöchststände der vergangenen zwölf Monate befindet und die Prämien zuletzt gesunken sind, dürften sich nennenswerte Angebotszuwächse außerhalb Chinas im Wesentlichen auf die Region im Mittleren Osten konzentrieren. In Summe gehen wir auch für dieses Jahr von einer in etwa ausgeglichenen Angebots-/Nachfragebilanz auf dem Aluminiummarkt im weltweiten Kontext aus. LME-Lagerbestände erstmals unter 4 Mio. TonnenIm Zuge der Finanzkrise hatten sich die Aluminium-bestände in den weltweiten LME-Lagerhäusern im Jahr 2009 auf über 4 Mio. t mehr als verdoppelt. Angebots-überschüsse in den Folgejahren ließen die Bestände

0

10.000

20.000

30.000

40.000

50.000

60.000

70.000

80.000

0

10.000

20.000

30.000

40.000

50.000

60.000

70.000

80.000

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2019e

5,0 % CAGR

Aluminium Shipmentin 2014

Due to Autoproduction growth

Due to Aluminiumcontent growth

Aluminium Shipmentin 2020

2 871

CAGR 4,2 %

979

CAGR 7,7 %

4 490

KMT

CAGR 3,4 %

640

Page 83: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 83

bis zum Jahresanfang 2014 auf 5,4 Mio. Tonnen an-steigen. Mit der Anpassung des Angebotes und der guten Nachfrage gingen die Lagerbestände im letzten Jahr kontinuierlich zurück und unterboten im Februar des laufenden Jahres erstmals wieder die Marke von 4 Mio. Tonnen. Einigen Marktberichten zufolge ist der deutliche Abbau jedoch nicht nur Folge regionaler Marktdefizite, sondern zum Teil auch Bestandsverla-gerungen an günstigere Standorte geschuldet. Von den LME-Beständen entfallen gegenwärtig 66 % auf die zwei Standorte Detroit in den USA und Vlissingen in den Niederlanden. Die Warenhausbetreiber sahen sich in der jüngeren Vergangenheit zunehmend Vorwürfen gegenüber, durch die Konzentration der Bestände die Auslieferungszeiten künstlich zu verlängern, um damit die Einnahmen aus den Lagergebühren zu erhöhen. Auf diese Vorwürfe hat die LME reagiert und im Rah-men einer Reihe neuer Verordnungen auch die Aus-lieferungsbedingungen modifiziert. Ein wesentlicher Teil der Bestände ist in so genannten Cash and Carry Deals gebunden, bei denen Investoren Aluminium auf dem Spotmarkt kaufen und gleichzeitig auf Termin verkaufen. Die Rendite ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Aufschlag für den Terminpreis und den Finanzierungs- bzw. Lagerkosten. Der erwartete Zins-schritt in den USA und die sich abflachende Terminkur-ve verringern die Attraktivität dieser Geschäfte. Damit dürfte zusammen mit der Verringerung der Ausliefe-rungszeiten perspektivisch wieder mehr Material den physischen Märkten zur Verfügung stehen.

LME-Aluminium Lagerbestände und Preis

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

FazitDie starke Nachfrage sowie Angebotsanpassungen außerhalb Chinas ließen den Aluminiumpreis im letz-ten Jahr bis auf knapp 2.100 USD/t ansteigen. Im Sog rapide sinkender Rohstoffpreise, der durch den deut-lichen Anstieg des US-Dollars noch verstärkt wurde, büßten jedoch auch die Aluminiumnotierungen zum Jahresende ihre Performance nahezu vollständig ein und beendeten das Jahr mit einem Preis von 1.825 USD/t. Getragen von einem nach wie vor hohen Bedarf im Transportsektor erwarten wir auch für das laufen-de Jahr ein ansprechendes Nachfragewachstum. Die Angebotsdisziplin der Schmelzereien schien in den letzten Monaten zu schwinden. Das derzeitige Niveau der LME-Preise, einschließlich der gesunkenen Prämien spricht jedoch gegen eine nachhaltige Rückkehr stillge-legter Kapazitäten. So erwarten wir in Summe für 2015 eine tendenziell ausgeglichene Marktbilanz. Dabei dürfte sich die zweigeteilte Entwicklung eines defizi-tären Angebotes außerhalb Chinas und eines Ange-botsüberschusses im Reich der Mitte fortsetzen. Unter Beobachtung bleiben muss in diesem Zusammenhang der ansteigende Export chinesischen Aluminiumhalb-zeuges. Darüber hinaus könnte durch die abnehmende Attraktivität der Cash and Carry Geschäfte vermehrt Material auf die Märkte kommen. Insgesamt erwar-ten wir für LME-Aluminium einen seitwärts- bis leicht aufwärtsgerichteten Trend. Unsere Prognose für das Jahresmittel liegt bei 1.770 USD/t.

Achim Wittmann

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 20140

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

8000

1200

1400

1600

1800

2000

2200

2400

2600

2800

3000

3200

LME-Aluminium Lagerbestände (Tsd. t)LME USD RECHTE SKALA-Aluminium Cash /t( )

Page 84: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

84 LBBW - Commodity Yearbook 2015

5.3 Nickel

Zweigeteiltes Jahr 2014Nickel wies im vergangenen Jahr mit einem Preisanstieg von 9,0 % die beste Performance unter den Basisme-tallen auf. Dabei zeigte sich die Preisentwicklung im Jahresverlauf zweigeteilt. Im Zuge des Anfang 2014 in Kraft getretenen indonesischen Exportstopps für Nickel-erze stiegen die Notierungen in der ersten Jahreshälfte rasant an und erreichten mit knapp 21.000 USD/t im Mai ihren Jahreshöchststand. Der Markt nahm damit sehr frühzeitig eine erwartete Angebotsverknappung auf dem Nickelmarkt vorweg. Diese blieb jedoch auf den physischen Märkten aus. So stiegen die Bestände in den LME-Lagerhäusern im Jahresverlauf weiter an. Die Chinesen konnten die fehlenden Erze aus Indonesien durch den Rückgriff auf Bestände sowie den Import von den Philippinen in stärkerem Maße ersetzen als erwar-tet. Folgerichtig kam es am Markt zu einer deutlichen Korrektur der Preise in der zweiten Jahreshälfte. Diese wurde zum Jahresende durch den markanten Anstieg des US-Dollars noch verstärkt. Zum Jahresende notierte LME-Nickel bei 15.074 USD/t. Der Durchschnittskurs für das Jahr 2014 lag bei 16.898 USD/t. Da auch im ersten Quartal des laufenden Jahres eindeutige Signale eines knapper werdenden Angebotes auf dem Nickelmarkt ausblieben, setzte sich der Preisrückgang fort und die Notierungen fielen auf das Niveau, das sie vor Beginn der indonesischen Exportrestriktionen hatten.

LME-Nickel Cash

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Indonesiens Exportstrategie zeigt die gewünschte WirkungZu Beginn des Jahres 2014 hat Indonesien ein Export-stopp für Nickelerze erlassen. Hintergrund dieser Maß-nahme ist die Absicht, durch den Aufbau von Verarbei-tungskapazitäten einen höheren Anteil der Wertschöp-

fung im eigenen Land zu halten. Indonesien gehört zu den wichtigsten Förderländern und ist größter Exporteur von Nickelerzen. Der wichtigste Abnehmer ist China, das vor den Exportrestriktionen knapp 60 % seiner Erz- und Konzentratimporte aus dem südostasiatischen Land bezog. Besondere Bedeutung haben die indonesischen Nickelerze bei der Produktion des so genannten Nickel Pig Iron (NPI), einem ausschließlich in der chinesischen Edelstahlherstellung verwendeten Ersatz für Primärni-ckel. Die von Indonesien verfolgte Strategie zeigte die erhoffte Wirkung. So vermeldete die Regierung Mitte März, dass mittlerweile 11 Hüttenprojekte angestoßen wurden, die größtenteils auf chinesischen Investitionen basieren und innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre ihre operativen Tätigkeiten aufnehmen sollen. Nach Regierungsangaben könnten dann im Jahr 2018 rund 30 Mio. Tonnen Nickelerze verarbeitet werden. Dies entspräche rund der Hälfte der Exporte des Jahres 2013. Vor dem Hintergrund, dass mit den Schmelzereien auch die entsprechende Infrastruktur sowohl im Energie- als auch im Transportbereich erst aufgebaut werden muss, dürften diese Angaben jedoch mit hohen Unsicherhei-ten behaftet sein. Zuletzt gab es am Markt auch wieder Spekulationen hinsichtlich einer möglichen Lockerung des Exportverbotes. Dieses wird von der indonesischen Regierung im Zusammenhang mit den Exportrestrik-tionen von Bauxit in Erwägung gezogen, da sich dort die gewünschten Effekte bislang noch nicht eingestellt haben. Bauxit ist weltweit jedoch in weitaus größerem Maße verfügbar, so dass auf andere Bezugsquellen ausgewichen werden kann. Wir gehen daher davon aus, dass Indonesien an seinem Exportstopp von Nickelerzen in unveränderter Weise festhält.

China – Importe von Nickelerzen und -konzentrat

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

2012 2013 2014 2015

Tsd.

8

10

12

14

16

18

20

22

LME-Nickel Cash USD/tLME-Nickel Cash EUR/t

Tsd.

8

10

12

14

16

18

20

22

2009 2010 2011 2012 2013 20140

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

8000

China - Import von Nickelerzen (Tsd. t)1 Y moving average

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

8000

Page 85: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 85

Rückgang der chinesischen NPI-ProduktionChina hat im Vorfeld der Exportrestriktionen Indonesi-ens seine Erzbestände kräftig aufgestockt. Zusätzlich sind die Philippinen ein Stück weit in die Lücke gesto-ßen, die die indonesischen Ausfälle hinterlassen haben. So stiegen die Importe Chinas von philippinischen Nickelerzen im vergangenen Jahr um 23 %. Diese Erze sind zum einen jedoch qualitativ geringwertiger, das heißt, sie weisen in der Tendenz einen geringeren Me-tallgehalt auf. Zum anderen ist die Verfügbarkeit stark saisonal abhängig. So geht der Output der Minen in der Monsun- und Regenzeit zwischen November und April deutlich zurück. Damit dürfte in dieser Zeit ein starker Rückgriff auf die Bestände zu erwarten sein, was diese entsprechend weiter verringern sollte. Insgesamt haben sich die Erzbestände Marktschätzungen zufolge mittlerweile mehr als halbiert und dürften im Laufe der zweiten Jahreshälfte eine kritische Größenordnung erreicht haben. Marktschätzungen gehen daher davon aus, dass auch die Produktion von Nickel Pig Iron, die sich im letzten Jahr noch vergleichsweise stabil gehalten hat, im Verlauf dieses Jahres deutlich sinken wird. Hinzu kommt, dass die Produktion von NPI auch unter um-weltpolitischen Gesichtspunkten verstärkt in den Fokus gerät und einige Fabriken bereits schließen mussten. Der Rohstoffkonzern Glencore erwartet für dieses Jahr eine NPI-Produktion von 400 Tsd. Tonnen nach 480 Tsd. Tonnen im Vorjahr. Der Branchenspezialist CRU prog-nostiziert sogar einen noch stärkeren Rückgang auf 350 Tsd. Tonnen, verweist jedoch auf einen möglicherweise höheren Einsatz philippinischer Erze.

Partieller Ausgleich durch neue MinenprojekteDie chinesische NPI-Produktion steht für rund 60 % des einheimischen Angebotes und etwa 25 % der weltwei-ten Nickelproduktion. Diese belief sich Angaben der International Nickel Study Group (INSG) im Jahr 2014 auf 1,99 Mio. Tonnen. In ihrer Projektion für das Jahr 2015 erwartet die INSG ein globales Nickelangebot von 1,96 Mio. Tonnen. Dies entspräche einem Angebotsrückgang von 1,5 %. Die Fortsetzung der Start-up- bzw. Ramp-up-Phase einiger großer Minenprojekte wie Koniambo in Neukaledonien, Ambatovy in Madagaskar oder Eagle in Nordamerika dürfte zwar für einen partiellen Ausgleich des sinkenden Angebotes auf dem chinesischen Markt sorgen. Wir rechnen jedoch insgesamt mit einem etwas stärkeren weltweiten Produktionsrückgang in der Grö-ßenordnung von 2 % bis 3 %.

Etwas schwächere Wachstumsraten auf dem EdelstahlmarktEtwa zwei Drittel des weltweiten Nickelbedarfs entfällt auf die Herstellung und Veredelung nichtrostender Stähle. Getrieben durch den Verbrauch in China ver-zeichnete der Edelstahlmarkt in den vergangenen Jahren hohe Wachstumsraten. Im vergangenen Jahr ist die Nachfrage nach Edelstahl Statistiken des SMR (Steel Market Research) zufolge um 5,5 % gestiegen. Dabei endete das Jahr mit einem relativ schwachen vierten Quartal. Angesichts sinkender Preise bauten die Endverbraucher ihre Bestände ab und zögern bislang, diese entsprechend wieder aufzustocken. Für 2015 erwartet SMR einen Verbrauchszuwachs von 4 %. Für China wird dabei ein Nachfrageanstieg von 6 % nach 7 % im Vorjahr prognostiziert. Darin spiegelt sich die nach-lassende Wirtschaftsdynamik im Reich der Mitte wider. Von den geplanten strukturellen Veränderungen der chinesischen Wirtschaft dürfte das Edelstahlsegment im Vergleich zur gesamten Stahlindustrie durch den höhe-ren Verbrauchsanteil in konsumnahen Branchen jedoch weniger tangiert werden. Die mittelfristigen Wachstum-sperspektiven für den globalen Edelstahlmarkt bleiben bei erwarteten durchschnittlichen Wachstumsraten von 4 % - 5 % positiv.

Wachstumsraten der Edelstahlnachfrage (in %)

Quelle: SMR, LBBW Research

Defizitäres Angebot im JahresverlaufNeben der Verwendung in der Edelstahlherstellung ist ein stetig wachsender Bedarf an Nickel als Basismetall für so genannte Hochleistungslegierungen, die insbe-sondere in der Automobilindustrie sowie in der Luft- und Raumfahrt ihre Anwendung finden, zu beobachten. Insgesamt ermittelte die INSG für 2014 eine globale Nickelnachfrage von 1,87 Mio. Tonnen (+5,0 %). Für das

0,0

2,0

4,0

6,0

8,0

10,0

12,0

14,0

0,0

2,0

4,0

6,0

8,0

10,0

12,0

14,0

USA Europe China Global

2013 2014

2015e 2016e

Page 86: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

86 LBBW - Commodity Yearbook 2015

laufende Jahr liegen die Prognosen der INSG bei 1,94 Mio. Tonnen, entsprechend einem Wachstum von 3,7 %. Wir gehen ebenfalls von einem Verbrauchszuwachs zwischen 3 % und 4 % aus. Insgesamt erwarten wir, dass sich auf dem Nickelmarkt spätestens ab der zweiten Jah-reshälfte ein defizitäres Angebot ergibt.

LME-Lagerbestände als Spiegelbild zunehmender AngebotsüberschüsseIm vergangenen Jahr ergab sich nach Berechnungen der INSG ein Angebotsüberschuss in Höhe von 120 Tsd. Tonnen. 2014 war damit das dritte Jahr in Folge mit einem überschüssigen Angebot. Folgerichtig sind auch die Nickelbestände in den weltweiten LME-Lager-häusern im letzten Jahr weiter angestiegen. Verstärkt wurde dieser Anstieg noch durch Ermittlungen wegen missbräuchlicher Kreditbesicherung in China, die zu Bestandsverschiebungen von dortigen Lagerstätten in LME-Häuser führte. Im ersten Quartal 2015 hat sich die Bestandszunahme abgeschwächt, was ein Hinweis auf geringere Überschüsse sein könnte. Mit rund 460 Tsd. Tonnen machen die LME-Bestände aktuell nahezu ein Viertel der Jahresnachfrage aus. Dies stellt einen bemer-kenswert hohen Angebotspuffer dar.

LME-Nickel Lagerbestände und Preis

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

FazitNach einer Berg- und Talfahrt hat der Nickelpreis zur Jahreswende wieder nahezu das Niveau erreicht, das er vor Inkrafttreten des indonesischen Exportverbotes von Nickelerzen aufwies. Der starke US-Dollar, nach wie vor leicht steigende Bestände sowie die Unsicherheit bezüg-lich der Nachfrage aus dem Edelstahlsektor ließen die Notierungen mit einsetzenden technischen Verkäufen zum Ende des ersten Quartals 2015 sogar auf ein Sechs-Jahrestief fallen. Die Folgen des indonesischen Export-stopps sollten sich unserer Ansicht nach im Verlauf des Jahres zunehmend auf den physischen Märkten zeigen. So erwarten wir eine deutlich sinkende NPI-Produktion in China. Diese steht für rund ein Viertel des weltweiten Ni-ckelangebotes. Bei Preisen unterhalb von 14.000 USD/t dürfte zudem bei vielen Hütten die Profitabilität in Frage stehen. Auf der Nachfrageseite gehen wir für das Jahr 2015 von einer schwächeren Wachstumsrate im Ver-gleich zu den Vorjahren aus. Der Bedarfszuwachs sollte sich jedoch noch immer in einem Bereich zwischen 3 % und 4 % bewegen. Insgesamt erwarten wir, dass sich auf dem Nickelmarkt spätestens ab der zweiten Jahreshälfte ein defizitäres Angebot ergibt. Sobald sich dies auch in Form eines Trendwechsels bei den LME-Beständen zeigt, könnten die Preise relativ schnell wieder anziehen. Im Jahresmittel rechnen wir für 2015 mit einem Nickelpreis von rund 14.000 USD/t.

Achim Wittmann

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 20140

50

100

150

200

250

300

350

400

450

500

Tsd.

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

55

LME-Nickel Lagerbestände (Tsd. t)

LME-Nickel Cash USD/t(RECHTE SKALA)

Page 87: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 87

5.4 Zink

Steigende Preise auf dem Zinkmarkt im Jahr 2014 Im vergangenen Jahr gehörte Zink neben Aluminium und Nickel zu den Basismetallen, die steigende Preise verzeichneten. So beendete LME-Zink das Jahr 2014 mit einem Preis von 2.167 USD/t. Damit stiegen die Notierungen im Jahresverlauf um 5,6 %. Der Jahres-durchschnittskurs betrug 2.162 USD/t. Zur Jahresmitte 2014 waren die Zinknotierungen aus ihrem volatilen Seitwärtstrend nach oben ausgebrochen und erreich-ten Ende Juli mit 2.417 USD/t ihren Jahreshöchststand und zugleich ein neues Drei-Jahres-Hoch. In der zwei-ten Jahreshälfte ging es mit den Preisen dann analog zum gesamten Metall- bzw. Rohstoffsektor nach unten. Im ersten Quartal des laufenden Jahres setzte sich der Preisrückgang fort. Auch hierbei entwickelten sich die Zinknotierungen jedoch wie bereits im letzten Jahr positiver als die der meisten anderen Basismetalle. Die überdurchschnittliche Performance dürfte auf die vergleichsweise guten Fundamentaldaten in Form einer defizitären Marktbilanz sowie rückläufiger Lagerbe-stände zurückzuführen sein. Zudem stützt die Pers-pektive eines mittelfristigen Engpasses in der Minen-förderung die Notierungen. Belastungsfaktoren stellen neben der deutlichen Aufwertung des US-Dollars und dem allgemeinen Preisrückgang im gesamten Rohstoff-sektor insbesondere die Schwäche des chinesischen Immobilienmarktes dar.

LME-Zink Cash

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Wachsender Bedarf an oberflächenbehandeltem StahlGemäß der ILZSG (International Lead and Zinc Study Group) wurden im vergangenen Jahr weltweit 13,5 Mio. Tonnen Zink nachgefragt, 4,4 % mehr als im Jahr zu-vor. China ist mit einem Anteil von rund 46 % auch auf dem Zinkmarkt der weltweit größte Verbraucher. Etwas mehr als die Hälfte des weltweiten Zinkverbrauchs entfällt auf die Oberflächenbearbeitung von Stählen. Das Wachstum der weltweiten Stahlnachfrage insge-samt dürfte in diesem Jahr etwas geringer ausfallen. In China belasten die Schwäche im Immobiliensektor sowie strukturelle Veränderungen. Zudem dürfte auch das Momentum der US-amerikanischen Stahlnachfrage nach hohen Zuwachsraten im vergangenen Jahr nach-lassen. Oberflächenbehandelter bzw. galvanisierter Stahl wird insbesondere im Bauwesen, in der Automo-bilindustrie und bei Gebrauchsgütern in der Konsum-güterindustrie nachgefragt. In den USA liegt der Anteil an galvanisiertem Stahl gemessen an der gesamten Stahlerzeugung bei etwa 19 %. In China beträgt der entsprechende Anteil gerade einmal 6 % bei deutlich zunehmender Tendenz. Während aus dem Bausektor insgesamt in China derzeit geringere Impulse für die Zinknachfrage zu erwarten sind, dürften Investitionen in die Schienennetze und die hohe Nachfrage in der Automobilindustrie sowie nach Konsumgebrauchsgü-tern den Bedarf an verzinktem Stahl weiterhin entspre-chend wachsen lassen. So erwartet der kanadische Rohstoffkonzern Teck, einer der großen Anbieter auf dem Zinkmarkt, für den Zeitraum 2014 bis 2020 ein jährliches durchschnittliches Nachfragewachstum von 4 %.

Entwicklung der weltweiten Stahlproduktion

Quelle: WSA, LBBW Research

2012 2013 2014 20151200

1400

1600

1800

2000

2200

2400

2600

LME-Zink Cash USD/tLME-Zink Cash EUR/t

1200

1400

1600

1800

2000

2200

2400

2600

0,0

20,0

40,0

60,0

80,0

0

200

400

600

800

1.000

1.200

1.400

1.600

1.800

2.000

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Weltweite Stahlproduktion (Mio. t)

Anteil China (in %)

Page 88: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

88 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Angebotsdefizit hat sich ausgeweitetDas Angebot an raffiniertem Zink konnte den Statis-tiken der ILZSG zufolge mit der Nachfrage im letzten Jahr nicht ganz Schritt halten. Als Folge stieg das weltweite Angebotsdefizit von 84 Tsd. Tonnen im Jahr 2013 auf 217 Tsd. Tonnen im vergangenen Jahr. Zum Jahresende zog die Produktion allerdings deutlich an. Insbesondere in China erhöhte sich das Angebot merklich. Über das Gesamtjahr gesehen wurden in China im Jahr 2014 mit 5,8 Mio. Tonnen 14,3 % mehr raffiniertes Zink erzeugt als im Vorjahr. Dadurch fie-len auch die Importe von raffiniertem Metall merklich zugunsten der Einfuhr von Zinkkonzentraten. Der Anstieg der Verarbeitungslöhne sowie die Tatsache, dass die chinesischen Hütten noch ausreichend Kapa-zitäten ausweisen, sprechen zunächst für eine weitere Zunahme des Angebotes. Insgesamt rechnen wir zwar auch für dieses Jahr mit einem Angebotsdefizit auf dem Zinkmarkt. Die Höhe dieses Defizits dürfte jedoch unterhalb des Vorjahreswertes liegen.

Marktbilanz Zink (Produktion – Nachfrage, in Tsd. Tonnen)

Quelle: ILZSG, LBBW Research

Große Minen vor dem AusMit Blick über das laufende Jahr hinaus konzentriert sich das Augenmerk auf der Angebotsseite auf die Mi-nenförderung, haben doch eine Reihe wichtiger Minen ihre Förderung vor kurzem beendet beziehungsweise stehen kurz davor. Exemplarisch dafür steht die Schlie-ßung der Century Mine in Australien, die für das dritte Quartal 2015 avisiert wurde. Diese ist mit einem erwar-teten Output von 350 bis 370 Tsd. Tonnen in diesem Jahr (knapp 3 % der weltweiten Förderung) noch immer ein gewichtiger Anbieter. Mit Dugald River hat die MMG Ltd., der Betreiber der Century Mine, zwar bereits ein

alternatives Projekt im Portfolio. Dieses erreicht jedoch mit geplanten 210 Tsd. Tonnen nicht die Größenord-nung der Century Mine. Zudem wurde der erwartete Beginn der Förderung wie bei einigen anderen Projek-ten auch mittlerweile auf Ende 2016 verschoben. Auch wenn darüber hinaus eine Reihe weiterer kleinerer Minenprojekte geplant ist, könnte die Konzentratver-sorgung insgesamt zu einem zunehmenden Engpass-faktor auf dem Zinkmarkt werden.

Zink-Engpass in der Minenförderung

Quelle: Wood Mackenzie, Unternehmen, LBBW Research

Defizitäres Angebot lässt LME-Lagerbestände sinken Den grundsätzlichen Marktmechanismen entsprechend hat die defizitäre Marktversorgung in den letzten zwei Jahren zu einem entsprechenden Abbau der Lagerbe-stände geführt. Zum Jahreswechsel 2012/13 lagerten noch über 1,2 Mio. Tonnen Zink in den weltweiten LME-Lagerhäusern. In den darauf folgenden Jahren sind die Bestände deutlich gefallen und erreichten Ende 2014 ein Niveau von 690 Tsd. Tonnen. Im bisherigen Jahres-verlauf 2015 haben sich die Bestände weiter auf aktuell rund 460 Tsd. Tonnen reduziert. Dies entspricht 3,4 % des Jahresverbrauchs. Im langjährigen Mittel liegt dieser Wert bei 4,7 %. Die Konzentration der Vorräte auf einzelne Standorte hat sich nochmals verstärkt. So entfallen rund 90 % der weltweit gemeldeten LME-Bestände auf den Standort New Orleans. Ähnlich wie bei Aluminium dürfte auch hier die Verfügbarkeit in der Vergangenheit unter langen Auslieferungszeiten und die Bindung von Beständen in Finanztransaktionen gelitten haben.

-500

-400

-300

-200

-100

0

100

200

300

400

500

-500

-400

-300

-200

-100

0

100

200

300

400

500

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015e 2016e

16

14

12

10

8

6

4

2

02012

Grade %

Closing Mine Opening Mine

Perseverance

Bracemac McLeodPraire Creek

Lisheen

Dugald River

Skorpion

Games-berg

Tala HamzaCitronenCaribou

Pine Point

Half Mile

Perkoa

Mehdiabad

Shalkiya

VekardenaSantander

Neves Corvo

Brunswick

uncommited development projects

Dairi

Century

Page 89: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 89

LME-Zink Lagerbestände und Preis

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

FazitIm vergangenen Jahr hat sich das Angebotsdefizit auf dem globalen Zinkmarkt ausgeweitet. Auch in diesem Jahr gehen wir davon aus, dass die Nachfrage das An-gebot übertreffen wird. Die Größe des Defizits dürfte jedoch wieder unterhalb des Vorjahreswertes liegen. So hat China sein Angebot zuletzt deutlich erhöht und dürfte dies bei entsprechender Preisentwicklung weiter fortsetzen. Auf der Nachfrageseite verbleiben Unsicher-heiten, inwieweit sich die Abschwächung der chinesi-schen Bauindustrie letztendlich auch auf den Bedarf an Zink niederschlägt. In Summe sollten die Preise jedoch tendenziell anziehen. Dies nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund vergleichsweise niedriger Lagerbestände sowie perspektivischer Knappheit an Zinkkonzentra-ten. Zum Jahresende erwarten wir LME-Zink bei 2.300 USD/t.

Achim Wittmann

2008 2009 2010 2011 2012 2013 20140

200

400

600

800

1000

1200

1400

1000

1200

1400

1600

1800

2000

2200

2400

2600

2800

3000

LME-Zink Lagerbestände (Tsd. t)LME-Zink USD/t(RECHTE SKALA)

Page 90: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

90 LBBW - Commodity Yearbook 2015

5.5 Blei

Deutlicher Preisrückgang in 2014 Unter den Basismetallen war es das Schwermetall Blei, dessen Preis im vergangenen Jahr den stärksten Rück-gang aufwies. So lag die LME-Notierung zum Jahres-ende 2014 mit 1.843 USD/t um 15,9 % unterhalb des Niveaus vom Jahresanfang. Analog zu der Entwicklung der anderen Basismetalle und des Rohstoffsektors insgesamt brachen die Bleipreise im vierten Quartal und insbesondere in den letzten Wochen des Jahres ein. Der starke Rückgang des Ölpreises, die deutliche Aufwertung des US-Dollars sowie die Unsicherheiten bezüglich der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung in China waren die externen Faktoren für diese Ent-wicklung. Was die Fundamentaldaten des Bleimarktes anbelangt, zeigte sich im vergangenen Jahr eine leicht rückläufige Nachfrage. Das Angebot lag jedoch eben-falls unterhalb des Vorjahresniveaus. In Summe ergab sich daraus für das Gesamtjahr 2014 ein geringfügiger Angebotsüberschuss. Im Jahresdurchschnitt 2014 be-trug der Preis für LME-Blei 2.095 USD/t.

Während sich der Bleipreis im ersten Quartal des lau-fenden Jahres stabilisierte, zogen die Notierungen mit Beginn des zweiten Quartals deutlich an. Die Ankündi-gung einer australischen Bleimine, die Förderung aus Rentabilitätsgründen vorerst einzustellen sowie eine auffällig hohe Anzahl gekündigter Lagerscheine in den LME-Lagerhäusern gaben dabei wesentliche Impulse.

LME-Blei Cash

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Nachfrage schwächer als erwartetEtwa 80 % des globalen Bleiverbrauchs entfällt auf die Herstellung von Batterien, wobei der Großteil davon wiederum in der Fahrzeugindustrie in Form von Origi-nal- und Ersatzbatterien Verwendung findet.

Im vergangenen Jahr hat sich der Bedarf an Blei schwächer entwickelt als erwartet. So ist gemäß den Angaben der International Lead and Zinc Study Group (ILZSG) die Nachfrage um 2,1 % auf 10,9 Mio. Tonnen gesunken. In ihrer Prognose vom April 2014 ging die ILZSG noch von einem Nachfrageanstieg von 4,4 % aus. Ein geringeres Wachstum im Ersatzbatteriege-schäft, aber insbesondere die abnehmende Dynamik in der chinesischen Produktion von Elektrofahrrädern haben zu dieser Entwicklung geführt. Der Einsatz in Elektrofahrrädern hat einen signifikanten Anteil im Batteriegeschäft in China, das insgesamt für 45 % der weltweiten Bleinachfrage steht. Für die USA weist die ILZSG-Statistik für 2014 trotz einer sehr guten Automo-bilkonjunktur einen leichten Nachfragerückgang aus. Im Vorjahr war der Bedarf allerdings sehr stark gestie-gen, was unter anderem dem Aufbau von Beständen im Vorfeld der Schließung einer der großen Bleihütten im Land geschuldet war. In Europa, dessen Anteil an der Gesamtnachfrage bei rund 15 % liegt, erreichte der Verbrauch das höchste Niveau seit 2009. Für das laufende Jahr erwartet die ILZSG einen Anstieg der weltweiten Bleinachfrage auf 11,1 Mio. Tonnen.

Angebots- und Nachfragewachstum 2015 im Gleichschritt Trotz rückläufiger Nachfrage ergab sich auf dem Bleimarkt der ILZSG zufolge im letzten Jahr ein An-gebotsüberschuss in Höhe von 41 Tsd. Tonnen. Das Konzentratangebot der Minen blieb mit knapp 5 Mio. Tonnen deutlich hinter dem Vorjahreswert zurück. In China reduzierte sich das Angebot aufgrund von Minenschließungen infolge zu geringer Profitabilität und umweltpolitischer Maßnahmen. Auf der Raffine-rieseite ermäßigte sich das globale Angebot um 1,9 % auf 10,9 Mio. Tonnen. Mit Herculaneum hatte eine der großen Bleihütten in den USA, die das Schwermetall auf Basis von Konzentraten herstellte, zum Jahresende 2013 den Betrieb eingestellt. Damit dürfte sich der Anteil der Sekundärproduktion aus Metallschrott, der in den USA bereits bei über 80 % lag, nochmals erhöht haben. Insgesamt wurde weltweit im letzten Jahr rund 54 % des Bleiangebotes aus Sekundärrohstoffen ge-wonnen. Für das laufende Jahr dürfte Prognosen der ILZSG zufolge der Angebotszuwachs an raffiniertem Blei in etwa der Größenordnung des Nachfrageanstiegs entsprechen, so dass sich eine weitgehend ausgegli-chene Marktbilanz ergeben sollte. Auf der Minenseite wird es über das laufende Jahr hinaus interessant zu beobachten sein, wie sich die Schließung großer Zink-

2012 2013 2014 20151200

1400

1600

1800

2000

2200

2400

2600

LME-Blei Cash USD/tLME-Blei Cash EUR/t

1200

1400

1600

1800

2000

2200

2400

2600

Page 91: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 91

minen auf das Angebot am Bleimarkt auswirken wird, da die „Schwestermetalle“ Blei und Zink häufig aus den gleichen Erzvorkommen gefördert werden. Grundsätz-lich dürften die Auswirkungen bei Blei aufgrund des vergleichsweise hohen Anteils der Sekundärproduktion jedoch geringer ausfallen.

Bestände liegen leicht über den historischen Durchschnittswerten Die Bleivorräte in den LME-Lagerhäusern sind im Jah-resverlauf 2014 geringfügig von 214 Tsd. Tonnen auf 222 Tsd. Tonnen angestiegen. Dies entspricht rund 2 % des Jahresverbrauchs und liegt leicht oberhalb des historischen Durchschnittswertes. Die ILZSG, die in ihre Berechnungen neben den LME-und SHFE-Lagerhäusern noch die Bestände der westlichen Produzenten, Händ-ler und Verbraucher mit einbezieht, errechnete zum Jahresende 2014 einen kommerziellen Bestand von 588 Tsd. Tonnen. Dieser lag 4 % unterhalb des Vorjah-reswertes. In den Blickpunkt sind die LME-Bestände zuletzt durch die vergleichsweise hohe Anzahl ge-kündigter Lagerscheine geraten. Der Anteil dieser so genannten „Cancelled Warrants“ stieg auf nahezu 50 %. Ob dahinter jedoch ein physischer Bedarf steht, ist zu bezweifeln. Der wesentliche Anteil dürfte vielmehr Gegenstand einer Bestandsverlagerung in andere La-gerhäuser sein.

LME-Blei Lagerbestände und Preis

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

FazitBlei wies im vergangenen Jahr den stärksten Rückgang unter den Basismetallen auf. Im ersten Quartal des laufenden Jahres stabilisierten sich die Notierungen. Die Ankündigung einer australischen Bleimine, die Förderung aus Rentabilitätsgründen vorerst einzu-stellen sowie eine auffällig hohe Anzahl gekündigter Lagerscheine in den LME-Lagerhäusern stützten die Preise. Die Nachfrage nach dem Schwermetall dürfte grundsätzlich weiterhin von der robusten Verfassung der weltweiten Automobilindustrie profitieren. Die Angebotsseite ist im Vergleich zu anderen Basisme-tallen überproportional stark von Sekundärmaterial abhängig. Dessen Verfügbarkeit dürfte mit steigenden Preisen anziehen. Darüber hinaus ist auch auf dem chinesischen Markt mit einem höheren Angebot an Altbatterien zu rechnen. Insgesamt gehen wir für das laufende Jahr von einer weitgehend ausgeglichenen Marktbilanz aus, was die Preise tendenziell stützen sollte. Positive Impulse für die Preisentwicklung könn-ten von der Schließung großer Zinkminen ausgehen, da dadurch auch das Angebot an Bleikonzentrat be-troffen sein dürfte. Zum Jahresende erwarten wir den Bleipreis bei 2.100 USD/t.

Achim Wittmann

Blei-Zink-Spread

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

2011 2012 2013 2014 20150

100

200

300

400

500

600

700

800

900

1000

1600

1800

2000

2200

2400

2600

2800

3000

LME-Blei Lagerbestände (Tsd. t)LME-Blei Cash USD/t(RECHTE SKALA)

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014-400

-200

0

200

400

600

800

1000

Spread LME Blei - LME Zink (USD/t)

-400

-200

0

200

400

600

800

1000

Page 92: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

92 LBBW - Commodity Yearbook 2015

6 Absicherung von Rohstoffrisiken.

6.1 Rohstoffpreismanagement in der Praxis

Das im Mai 1998 eingeführte Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich trug deutlich zur Weiterentwicklung des Risikomanagements in Industrieunternehmen bei. Aufgabe eines aktiven Ri-sikomanagements ist in erster Linie, die Risiken eines Unternehmens zu steuern und somit die Sicherung der Unternehmensexistenz zu gewährleisten. Gerade in diesem Zusammenhang wurden in der Vergangenheit insbesondere das Zins- und Währungsmanagement ausführlich diskutiert. Seit geraumer Zeit jedoch ste-hen Finanzrisiken aus Zins- und Währungsexposures nicht mehr alleine im Fokus der Industrieunternehmen. Auch die Risiken von Rohstoffpreisschwankungen werden zunehmend in das Risikomanagement einbe-zogen.

Hohe Volatilitäten erschweren die PlanungInsbesondere in mittelständischen Unternehmen, bei welchen sich das Rohstoffpreismanagement noch häufig in der Entwicklung befindet, führen Materi-alaufwandsquoten von bis zu 60 % zu enormen Pla-nungsunsicherheiten. Dies wird deutlich, wenn man beispielsweise die historische Volatilität des Kupfer-preises betrachtet. Diese lag auf Monatsbasis im Jahr 2014 in der Spitze bei über 30 %. Das ist im Vergleich zur EUR/USD-Volatilität in manchen Monaten fast das 3-fache. Die Entwicklung seit Anfang 2014 zeigt, dass sich der Preis in einer Bandbreite von 7.400 USD/t und 5.350 USD/t bewegte. Diese hohe Schwankungsbreite ist auch bei anderen Industriemetallen, im Energiebe-reich und verstärkt sogar noch bei Agrarrohstoffen wie beispielsweise Weizen oder Baumwolle zu beobachten. Aus Sicht der Unternehmen beeinflussen diese hohen Volatilitäten maßgeblich das Geschäftsergebnis und können im schlimmsten Fall sogar zur Insolvenz füh-ren. Die folgende Abbildung verdeutlicht, wie sich der Kupferpreis während eines typischen Produktionspro-zesses eines Industrieunternehmens verändern kann. Hätte man in diesem Beispiel auf jegliche Preissiche-rung verzichtet und der Verkaufspreis würde sich maß-geblich an dem aktuellen Marktpreis des verarbeiteten Kupfers orientieren, könnte dies unter Umständen zu Negativmargen führen, da der Kupferpreis zum Zeit-punkt des Einkaufs höher war.

Kupferpreisschwankungen seit Anfang 2014 und „typischer“

Produktionsprozess

Quellen: Thomson Reuters, LBBW Research

Preissteigerungen an den Endkunden weiter zu geben, könnte zu einem Wettbewerbsnachteil führenAus Studien geht hervor, dass ein großer Anteil der Un-ternehmen die gestiegenen Rohstoffpreise unmittelbar an die Kunden in Form von höheren Verkaufspreisen weitergibt. Bei dieser sehr einfachen Strategie sollte insbesondere auf die Wettbewerbsfähigkeit geachtet werden. Verfolgen Konkurrenten eine intelligentere Absicherungsstrategie mittels Preissicherungsinst-rumenten, könnte das Weitergeben von gestiegenen Rohstoffpreisen schnell zu einem Wettbewerbsnachteil führen. Kunden würden in diesem Fall die Preiserhö-hungen nicht mehr akzeptieren.

Des Weiteren besteht in der Praxis sehr häufig die Möglichkeit, Festpreisverträge direkt üben den Liefe-ranten zu tätigen. Hierbei müssen jedoch einige Punk-te beachtet werden. Was ist, wenn sich beispielsweise die Qualität des Lieferanten während der Laufzeit ver-schlechtert, dieser nicht mehr in vollem Umfang liefern kann oder unter Umständen ganz ausfällt? Dies würde für das Unternehmen ein erhebliches Wiederbeschaf-fungsrisiko bedeuten. Bei gestiegenen Marktpreisen wäre somit ein Wechsel der Bezugsquelle nur unter Einbußen möglich. Wer hingegen die Rohstoffpreise finanziell absichert, kann problemlos seinen Lieferan-ten austauschen, da das Absicherungsgeschäft nicht an eine spezielle Lieferbeziehung gebunden ist. Wich-tig ist jedoch, dass kein Absicherungsgeschäft ohne Grundgeschäft besteht.

2014 20155000

5500

6000

6500

7000

7500

Kupferpreis in USD/Tonne

5000

5500

6000

6500

7000

7500

Kalkulation Einkauf Lager Lager VerkaufProduk-tion

Page 93: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 93

Eine umfängliche Analyse ist unabdingbarIm Gegensatz zu den Preissicherungen von Zinsen oder Devisen fordert das Managen von Rohstoffpreis-risiken eine intensive Zusammenarbeit der einzelnen Unternehmensbereiche. Hier ist insbesondere die Einbindung der Finanzabteilung und des Einkaufs von hoher Bedeutung. Ohne detaillierte Informationen des Einkäufers über die genaue Rohstoffspezifikation, die benötigten Mengen sowie die Zeitpunkte des Rohwa-reneinkaufs ist eine Auswahl des richtigen Absiche-rungsproduktes nicht möglich; bei falscher Analyse könnte dies zu erheblichen Basisrisiken führen. Ba-sisrisiken entstehen immer dann, wenn die Preisent-wicklung des Grundgeschäfts maßgeblich von der des Sicherungsgeschäfts abweicht. Gerade aufgrund der Tatsache, dass im Vergleich zum Zins- und Währungs-management deutlich mehr Bereiche involviert sind, ist eine gemeinsame Hedging-Strategie, an der sich alle orientieren, von hoher Bedeutung (siehe auch folgen-des Kapitel). Des Weiteren sollte der Kunde im Idealfall eine Meinung zur zukünftigen Preisentwicklung haben. Dies unterstützt die Auswahl des optimalen Absiche-rungsproduktes.

Leicht verständliche Produkte stehen im FokusGenerell kann je nach Preismeinung zwischen vier Vorgehensweisen innerhalb des Rohstoffpreismanage-ments ausgewählt werden. Zum Einsatz können klas-sische Termingeschäfte kommen, bei denen sich ein Unternehmen schon heute einen Preis für die Zukunft sichert. Wird das Grundgeschäft auf monatlicher Basis getätigt, kann dieses Produkt auch als Sammeltermin-geschäft abgeschlossen werden. Bei einem klassischen (Sammel-)Termingeschäft sollte dem Unternehmen jedoch bewusst sein, dass, wenn sich der Preis entge-gen der Erwartung entwickelt, eine Ausgleichszahlung bei Fälligkeit geleistet werden muss, diese aber im Grundgeschäft durch eine günstigere Beschaffung (Rohstoffkäufer) bzw. einen höheren Verkauf (Rohstoff-verkäufer) kompensiert wird.

Eine weitere Möglichkeit sind die aus dem Zins- und Währungsmarkt bekannten Optionsgeschäfte, die ge-gen Zahlungen einer Prämie zu Beginn der Laufzeit ab-geschlossen werden können. Diese Geschäfte sollten immer dann getätigt werden, wenn der Unternehmer davon ausgeht, dass sich der Rohstoffpreis zu seinen Gunsten entwickelt, er aber einen Worst Case abgesi-chert haben möchte, falls sich der Preis in die andere Richtung entwickeln sollte.

Optionsgeschäfte können auch in Kombination abge-schlossen werden. In Verbindung mit einer gekauften Option kann eine andere Option verkauft werden. In der Praxis wird dieses Produkt auch Bandbreitenop-tion genannt. Auf der einen Seite vergünstigt das Un-ternehmen durch die vereinnahmte Prämie den gesam-ten Prämienaufwand. Auf der anderen Seite kann le-diglich bis zu einem gewissen Preis an einer positiven Marktentwicklung partizipiert werden. Es wird somit ein Teil der Chance auf eine positive Preisentwicklung „verkauft“. Wie auch in anderen Märkten, bei denen Optionen zum Einsatz kommen, ist die Höhe der Opti-onsprämie im Wesentlichen abhängig von der Laufzeit, der Volatilität sowie dem gewählten Basispreis.

Die letzte Möglichkeit, die ein Unternehmen im Rah-men seines Rohstoffpreismanagements wählen kann, ist es, die Preisentwicklung zu akzeptieren und somit keines der beschriebenen Produkte zu wählen. Auch diese Alternative kann, wie in folgender Übersicht aufgezeigt, unter gewissen Voraussetzungen ein gang-barer Weg sein. Geht ein Rohstoffkäufer beispielsweise davon aus, dass die Preise mit hoher Wahrscheinlich-keit fallen und möchte gleichzeitig keine Liquidität für ein Optionsgeschäft aufwenden, würde alternativ kein anderes Produkt zu dieser Preismeinung passen.

Page 94: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

94 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Übersicht: Preismeinungen zu Rohstoffen und geeignete

Produkte

Preismeinung Rohstoffkäufer Rohstoffverkäufer

steigende Preise (Sammel)-Termingeschäft Option, oder

Preisakzeptanz

leicht steigende Preise (Sammel)-Termingeschäft Bandbreitenoption

gleichbleibende Preise (Sammel)-Termingeschäft (Sammel)-Termingeschäft

leicht fallende Preise Bandbreitenoption (Sammel)-Termingeschäft

fallende Preise Option oder

Preisakzeptanz

(Sammel)-Termingeschäft

Quelle: LBBW Corporate Sales & Securitisation

Die LBBW als Partner im Zins-, Währungs- und RohstoffmanagementGerade bei der Absicherung von Rohstoffrisiken be-währt sich der Partnergedanke, mit dem der LBBW Kon-zern seinen Kunden im Unternehmenskundengeschäft begegnet. Anstatt einzelne Finanzierungsfragen isoliert

zu betrachten, ist die LBBW bestrebt, möglichst aktiv an der gesamten Unternehmensentwicklung des Kun-den mitzuarbeiten. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die umfassende Kommunikation. Denn ein Erfolg verspre-chendes Risikomanagement im Rohstoffbereich lässt sich nur im Dialog mit dem Treasury und dem Einkauf entwickeln – üblicherweise kein klassischer Ansprech-partner für die Hausbank.

In den Informationsaustausch mit dem Kunden kann die LBBW ihre fundierte Handelsexpertise in allen wichtigen globalen Märkten einbringen. Zusätzliche Substanz gewinnt die Beratung durch das umfassende hauseigene Commodity Research. Von der Entwicklung einer Gesamtstrategie im Rohstoffeinkauf bis zur indi-viduellen Ausgestaltung eines einzelnen Sicherungs-kontraktes kann die LBBW jedem Kunden eine optimale Lösung anbieten.

Dominik Marschollek(LBBW Corporate Sales & Securitisation)

Page 95: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 95

6.2 Auswirkungen einer regel-basierten Hedging-Strategie

Erklärung am Beispiel eines kupferverarbeitenden UnternehmensIm letztjährigen Commodity Yearbook wurde in ei-nem Artikel bereits die Effizienz einer regelbasierten Hedging-Strategie zur Reduzierung der Preisrisiken beim Rohstoffeinkauf dargestellt. Der Fokus des Arti-kels lag auf der Definition der Sicherungsziele sowie der aufbauorganisatorischen Einbettung der Strategie in das Unternehmen. In diesem Artikel wird das Thema erneut aufgegriffen, um die Mechanismen und die Funktionsweise einer regelbasierten Sicherung näher zu erläutern.

Als Beispiel dient dabei ein fiktives metallverarbei-tendes Unternehmen. Alle im Artikel genannten Grö-ßenordnungen des Unternehmens dienen allein der Veranschaulichung des Hedging-Beispiels. Abgesichert werden soll der geplante Kupferbedarf von 200 t pro Monat. Der Bedarf wird zur besseren Nachvollziehbar-keit für den gesamten Zeitraum als fix angenommen. Die angewandte Strategie bietet aber auch die Möglich-keit, die Sicherungsmenge jederzeit an eine veränderte Unternehmenssituation anzupassen. Für eine anschau-liche Darstellung wird von einer Rohstoffbeschaffung jeweils zum Monatsanfang ausgegangen.

In der Kostenstruktur des Musterunternehmens macht der Rohstoffanteil 45 % an den gesamten Herstellungs-kosten aus. Davon wiederum entfallen 50 % auf Kupfer. Preisänderungen bei der Kupferbeschaffung haben damit einen erheblichen Anteil auf die Produktionskos-ten. Wenn die Einkaufspreise für Kupfer um 10 % stei-gen, erhöhen sich dadurch für das Unternehmen die Materialkosten um 5 %, die gesamten Herstellungskos-ten steigen um 2,25 %. Bezogen auf den untersuchten Zeitraum von 10 Jahren ergibt sich eine Preisspanne von 2270 € bis 7.229 € pro Tonne Kupfer, was bei gleichbleibender sonstiger Kostenstruktur die Herstel-lungskosten um ca. 50 % erhöhen würde.

Das Beispiel konzentriert sich vollständig auf eine Absicherung der Preisrisiken im Einkauf durch das Hedging über derivative Finanzprodukte. Andere Möglichkeiten des Unternehmens zur Minderung der Auswirkungen von Preisschwankungen, z.B. Festpreis-verträge mit Lieferanten, bleiben bewusst unberück-sichtigt.

Preisentwicklung von KupferDer Beobachtungszeitraum beträgt 10 Jahre (2005-2014). Dieser Zeitraum war durch tendenziell stei-gende Preise Kupfermarkt geprägt. Die zunehmende Nachfrage vor allem aus China und weiteren Schwellen-ländern brachte die Notierungen nach oben. Darüber hinaus haben auch exogene Faktoren, wie die Finanz-krise, maßgeblichen Einfluss auf die Preisentwicklung genommen. Die Kupferpreise sind über den gesamten Zeitraum durch eine temporär hohe Volatilität gekenn-zeichnet.

Preisentwicklung Kupfer 2005-2014

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Kernpunkte der StrategieAus der Erarbeitung der Maßnahmen zur Reduzierung der Preisrisiken resultieren folgende Kernpunkte für eine Hedging-Strategie.

Zweck der Strategie ist die Reduzierung der Cash Flow Volatilität und Reduktion kurzfristiger Preis-spitzen mit dem Ziel der Sicherung der Liquidität des Unternehmens und besseren Planbarkeit der Einkaufskosten. Methodisch basiert dieser Teil der Preissicherung auf dem Einsatz derivativer Finanzinstrumente. De-ren Einsatz dient ausschließlich der Preissicherung; jede Transaktion ist daher an ein Beschaffungs-grundgeschäft gekoppelt. Die Basis der Sicherung ist eine regelbasierte Strate-gie mit halbjährlich variierenden Sicherungsquoten über einen Gesamtzeithorizont von 18 Monaten. Die Strategie wird monatlich durch den Abschluss weite-rer Sicherungsgeschäfte fortgeschrieben.

0

1.000

2.000

3.000

4.000

5.000

6.000

7.000

8.000

Jan.05

Jan.06

Jan.07

Jan.08

Jan.09

Jan.10

Jan.11

Jan.12

Jan.13

Jan.14

Jan.15

Kupfer (LME) in EUR/t

0

1.000

2.000

3.000

4.000

5.000

6.000

7.000

8.000

Page 96: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

96 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Absicherungsgrade und StufenmodellAufgrund der Vorüberlegungen kommt ein regelba-siertes Stufenmodell zur Durchschnittspreissicherung mit einem Sicherungshorizont von 18 Monaten zur Anwendung. Dabei werden variable Sicherungsquoten genutzt; der kurzfristige Zeithorizont wird mit höheren Sicherungsquoten berücksichtigt als der langfristige Horizont. Dies reflektiert sowohl die begrenzteren Steuerungsmöglichkeiten des Unternehmens im kurz-fristigen Bereich als auch die größere Genauigkeit in der Planung der Grundgeschäfte für diesen Zeitraum. Der maximale Absicherungsgrad beträgt 80 % des kal-kulierten Bedarfs an Kupfer. Dieser wird durch jeweils drei Hedge-Geschäfte, die 18 Monate (20 % Absiche-rung), 12 Monate (30 %) und 6 Monate (30 %) vor dem Eintritt des Grundgeschäfts abgeschlossen werden, erreicht.

Das Schaubild visualisiert den Bestand an Sicherungs-geschäften für einen beliebigen Zeitpunkt während der Sicherungsperiode. Der Gesamtbedarf des Unterneh-mens an Kupfer ist mit 100 % dargestellt.

Stufenmodell Hedging

Quelle: Eigene Darstellung

Die budgetierten Beschaffungsgeschäfte der folgenden sechs Monate sind immer zu 80 % abgesichert. Für die Grundgeschäfte der darauffolgenden sechs Monate bis zu einem Jahr beträgt die Sicherungsquote zunächst jeweils 50 %, für den darüber hinausgehenden Zeit-raum bis 18 Monate dann noch 20 %. Um das Siche-rungsprofil über die Laufzeit konstant fortzuführen, wird eine monatliche Fortschreibung durch Aufsto-ckung der Sicherungsgeschäfte vorgenommen.

In Summe setzt sich jede Absicherung somit aus drei Sicherungsgeschäften zusammen, die zu unterschied-lichen Zeitpunkten abgeschlossen wurden. Dieses Vorgehen dient der Durchschnittspreisbildung mit dem Ziel der Glättung der Preisvolatilität. Zusätzlich bietet es die Flexibilität für eine Anpassung der Siche-rungsmengen aufgrund veränderter Prognosen für den Rohstoffbedarf.

Terminpreise für die SicherungsgeschäfteIm folgenden Chart sind die Kupferpreise und die zu den jeweiligen Zeitpunkten gültigen Terminkurven grafisch aufbereitet. Deutlich zu erkennen ist die aus-geprägte Backwardation der Terminpreise in der Zeit eines hohen Preisniveaus von Kupfer. Dagegen befin-den sich die Terminpreise in stark fallenden Märkten sowie bei relativ niedrigem Preisniveau regelmäßig in Contango. Der Grund für diese Formation ist in der langfristig geringer ausgeprägten Volatilität zu sehen. Aus dieser Beobachtung lässt sich bereits eine Redu-zierung der Preisvolatilität durch Hedging vermuten, was im folgenden Schritt am konkreten Beispiel über-prüft werden soll.

Kupferpreis und Terminkurven (in EUR/t)

Quelle: LBBW Financial Markets – IT Services, Bloomberg

Validierung der Strategie an historischem SzenarioDie Strategie wird an dem historischen Preisszenario der letzten 10 Jahre überprüft. Das Hedging erfolgt über derivative Finanzprodukte. Am Ende der Laufzeit eines Derivates erfolgt ein finanzieller Ausgleich, des-sen Höhe sich aus der abgesicherten Menge und der Preisdifferenz zwischen vereinbartem Terminpreis und dem festgestellten Fixingpreis berechnet. Liegt der Fi-xingpreis über dem Terminkurs erhält der Sicherungs-käufer die Preisdifferenz für die abgesicherte Menge

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

1M 2M 3M 4M 5M 6M 7M 8M 9M 10M 11M 12M 13M 14M 15M 16M 17M 18M

18M Forward 12M Forward 18M Forward

1.HJ -80%

2.HJ -50%

3.HJ -20%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

0

1.000

2.000

3.000

4.000

5.000

6.000

7.000

8.000

05 06 07 08 09 10 11 12 13 140

1.000

2.000

3.000

4.000

5.000

6.000

7.000

8.000

Page 97: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 97

vom Risikointermediär. Im umgekehrten Fall entsteht eine Zahlungsverpflichtung. Dafür kann der Käufer des Hedges weiterhin an den niedrigeren Kassapreisen im Beschaffungsgeschäft partizipieren.

Für das kupferverarbeitende Unternehmen ergibt sich folgendes konkretes Szenario (siehe Tabelle). Im Juli 2010 werden 200 t Kupfer zum Preis von 1.012.863 € erworben. Dagegen stehen Erlöse aus den drei Siche-rungsgeschäften in Höhe von 185.194 €. Der Durch-schnittliche Einkaufspreis pro Tonne für diesen Monat reduziert sich somit von 5.064 € auf 4.138 €. Im Juli 2009 erhöhen dagegen Zahlungsverpflichtungen aus den ausgelaufenen Hedges den durchschnittlichen Ein-kaufspreis von 3.582 € auf 3.907 €.

Die folgende Tabelle zeigt auszugsweise die Gegen-überstellung der Cash Flows aus den ungesicherten Kupfereinkäufen und den Kosten bzw. Erlösen aus den Sicherungsgeschäften. Dies zeigt die Effekte des Hedgings auf die Cash Flows des Unternehmens.

Validierung der Effekte aus der StrategieBezogen auf die Gesamtkosten im untersuchten Zeitraum zeigt sich ein geringer positiver Effekt. Der Gesamtbetrag für die Kupferbeschaffung konnte von 121.715.814 € auf 113.877.003 € reduziert werden. Der preisreduzierende Effekt ist nicht vorrangiges Ziel der Strategie und hängt vom Beobachtungszeitpunkt ab. Bei Absicherungen in Contango-Märkten oder starken Preiseinbrüchen liegen die abgesicherten Preise auch über dem Spot Markt. Höhere Zusatzbelastungen durch das Hedging entstehen vor allem im Jahr 2009 und sind auf den vorherigen massiven Preisverfall zu-rückzuführen.

ungesichertes Grundgeschäft gesichertes Grundgeschäft

Kaufdatum Preis € / t Gesamtaufw. Ausgleich Hedges Ø Preis € / t Gesamtaufw.

Januar 05 2.270,92 454.183 67.634 1.932,74 386.549

Februar 05 2.465,09 493.018 78.668 2.071,75 414.351

März 05 2.525,43 505.086 69.706 2.176,90 435.380

April 05 2.621,17 524.234 84.952 2.196,41 439.282

...

Juli 09 3.582,37 716.475 -64.959 3.907,17 781.433

August 09 4.165,86 833.171 34.356 3.994,08 798.816

September 09 4.346,89 869.379 25.587 4.218,96 843.791

Oktober 09 4.101,94 820.388 5.636 4.073,76 814.752

November 09 4.423,56 884.712 101.724 3.914,94 782.988

Dezember 09 4.669,41 933.881 161.697 3.860,92 772.184

Januar 10 5.179,50 1.035.900 264.543 3.856,79 771.357

Februar 10 4.864,17 972.833 184.918 3.939,58 787.915

März 10 5.443,60 1.088.720 249.461 4.196,29 839.259

April 10 5.791,06 1.158.213 316.213 4.210,00 842.000

Mai 10 5.359,66 1.071.933 250.636 4.106,48 821.297

Juni 10 5.473,28 1.094.656 261.451 4.166,03 833.206

Juli 10 5.064,31 1.012.863 185.194 4.138,34 827.669

...

September 14 5.306,53 1.061.305 -24.995 5.431,50 1.086.300

Oktober 14 5.337,26 1.067.452 6.196 5.306,28 1.061.255

November 14 5.430,32 1.086.063 48.942 5.185,61 1.037.121

Dezember 14 5.216,90 1.043.381 -6.858 5.251,19 1.050.239

Gesamt 121.715.814 113.877.003

Quelle: LBBW Financial Markets – IT Services, Bloomberg

Page 98: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

98 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Darstellung der Reduzierung der CF Variabilität

Quelle: LBBW Financial Markets – IT Services

Das Ergebnis zeigt eine vollständige Erfüllung der von der Strategie geforderten Ziele. Die Glättung der Variabilität der Cash Flows konnte er-reicht werden. Betrachtet man die prozentualen Preis-änderungen von ungehedgten Beschaffungspreisen mit den gehedgten Cash Flows kann eine signifikante Reduzierung der Standardabweichung für den Gesamt-zeitraum von 7,6 % auf 3,8 % beobachtet werden. Im besonders volatilen Jahr 2010 schwanken die abgesi-cherten Preise beispielsweise um 1.242 € statt 1.732 € im ungehedgten Szenario. Volatile Zahlungsströme aus dem Rohstoffeinkauf bergen das Risiko, dass materialintensive Unternehmen finanzielle Leistungen nicht mehr erbringen können. Mit der Reduzierung der Varianz verringert sich somit das Risiko von Liquidi-tätsproblemen.

Die Maßnahmen der Sicherung sind zeitlich einge-schränkt. Die Gegenüberstellung der Cash Flows zeigt die Verzögerung von Preistrends auf die Kupferbe-schaffung des Unternehmens. Durch die Zeitverzöge-rung wird der Produzent nicht mehr von der Markt-entwicklung überrascht und kann durch operative Maßnahmen auf Preisanstiege oder Preisreduzierungen frühzeitig reagieren.

Neben der Verzögerung erreichen Preisspitzen das Unternehmen auch stark abgemildert. Der maximale Kupferpreis von 7.229 € konnte durch die Hedging-Maßnahmen auf 6.582 € reduziert werden.

Moritz Bosold (LBBW Financial Markets – IT Services)

Page 99: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 99

1 Zur Berechnung des Monatsdurchschnittspreises werden die täglichen LME-Fixings (2nd Ring) arithmetisch gemittelt.

2 GasOil/Diesel: Dieselpreise werden aufgrund der hohen historischen Korrela-tion häufig näherungsweise über GasOil-Geschäfte abgesichert.

3 auf Nachfrage

Abkürzungen: ICE = Intercontinental Exchange LME = London Metal Exchange MATIF = Marché à Terme des Instruments Financiers de Paris (Euronext) NYMEX = New York Mercantile Exchange FMF = Front-Month-Future bbl = Barrel (159 Liter) lbs = Libra/Pfund (1.000 lbs = 453,59237 kg) oz = Feinunze (1 oz = 31,1034768 gr.) t = Tonnen (bei GasOil 1 t = 1.183 Liter)

6.3 Handelbare Rohstoffe bei der LBBW

Ab

kürz

un

g

Ref

eren

zbör

se

Min

des

tvol

um

en

max

. Lau

fzei

ten

(Fo

rwar

ds)

max

. Lau

fzei

ten

(O

pti

onen

)

Term

ing

esch

äfte

Sam

mel

term

ing

esch

äfte

(Sw

aps)

Op

tion

en

EUR

USD

and

ere

Stic

hta

g

Mon

atsd

urc

hsc

hn

itt

Bara

usg

leic

h

Ref

eren

zku

rs

Reu

ters

-Ref

eren

z-Se

ite

Edelmetalle

Gold XAU - 100 oz 2 Jahre 2 Jahre -

Palladium XPD - 100 oz 2 Jahre 2 Jahre -

Platin XPT - 100 oz 2 Jahre 2 Jahre -

Silber XAG - 5.000 oz 2 Jahre 2 Jahre -

Basismetalle

Aluminium XAL LME 25 t 4 Jahre 3 Jahre Cash LME-OPR

Blei XPB LME 25 t 2 Jahre 2 Jahre Cash LME-OPR

Kupfer XCU LME 25 t 4 Jahre 3 Jahre Cash LME-OPR

Nickel XNI LME 6 t 4 Jahre 2 Jahre Cash LME-OPR

Zink XZN LME 25 t 3 Jahre 2 Jahre Cash LME-OPR

Zinn XSN LME 5 t 15 Monate 15 Monate Cash LME-OPR

Energie

Rohöl Brent XCO ICE 1.000 bbl 4 Jahre 27 Monate FMF LCOc1

GasOil 2 XGO ICE 100 t 3 Jahre 24 Monate FMF LGOc1

Rohöl WTI XCL NYMEX 1.000 bbl 4 Jahre - FMF CLc1

Agrarrohstoffe

Baumwolle YCT ICE 50.000 lbs 23 Monate - FMF CTc1

Mais YEM MATIF 50 t 16 Monate - FMF EMAc1

Weizen YBL MATIF 50 t 17 Monate - FMF BL2c1

Page 100: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

100 LBBW - Commodity Yearbook 2015

7 Rohstoffe als Assetklasse.

7.1 Rohstoffperformance 2014

Rohstoffindex-Performance 2014

(Benchmarkindizes, Basis: Excess Return)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Schwaches Rohstoffjahr 2014Aus Investorensicht fällt die Bilanz des Rohstoffjahres 2014 einmal mehr enttäuschend aus. Nach einem volatilen Jahr beendeten die Benchmarkindizes nach Rollkosten (Excess-Return-Indizes) das Jahr durch-weg in der Verlustzone. Der energielastige S&P GSCI entwickelte sich mit minus 33,1 % am schwächsten, während die Gesamtmarktindizes von DJ UBS bzw. TR/CC CRB um 17,0 % bzw. 17,9 % nachgaben. Auch die LBBW-Indexfamilie hat ein schwieriges Jahr abgeschlos-sen. Erstmals nach sechs Jahren in Folge konnte der marktbreite Bloomberg Commodity Index (ex DJUBS) nicht mehr geschlagen werden. Für die marktneutrale Variante LBBW Long Short steht ein Minus von 2,1 % zu Buche. Diese negative Tendenz steht im Kontrast zum insgesamt freundlichen Umfeld an den Finanzmärkten. Im Fokus standen insbesondere die Notenbanken in Europa und den USA. Die expansive Geldpolitik verhalf vor allem den Aktienmärkten zu kräftigen Kursgewin-nen. An den Rohstoffmärkten brachten die Aussagen von Yellen und Draghi bestenfalls kurzfristige Preisa-vancen, es dominierten wie bereits im Vorjahr Rohstoff spezifische Themen, und fundamentale Faktoren an den physischen Märkten spielten eine größere Rolle als vor allem liquiditätsgetriebene Zuflüsse in Finanz-markt-Assets.

Entwicklung der Indexperformance im Jahresverlauf 2014

(Basis: Excess Return Indizes, indexiert auf 31.12.2013)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Rohstoffsektoren: Energiesektor mit Top-PerformanceDas 2014er Ranking der verschiedenen Rohstoffsek-toren anhand der Bloomberg (ex DJUBS) Subindizes zeigt lediglich einen Sektor mit Pluszeichen – Livestock mit +11,5 %. Dieser Subindex „Vieh“ ist mit knapp 5 % im Bloomberg Commodity Index gewichtet. Die rote Laterne trägt, wenig überraschend, der Energiesektor mit einem Minus von 39,3 %. Dabei wurden sogar noch etwas Rollgewinne erwirtschaftet, die Spotrendite war mit 40,9 % noch etwas schwächer. Damit dürfte es im laufenden Jahr 2015 erst einmal vorbei sein, vor dem Hintergrund des ausgeprägten Contango von Brent, WTI und der meisten Ölprodukte. Eine Sonderrolle spielt US-Natural Gas. Dieses weist üblicherweise eben-falls ein starkes Contango auf. Eine Ausnahme bildete der Jahrhundertwinter in den USA 2014/2015. Die Knappheiten, die aufgrund der extremen Kälte auf den Spotmärkten temporär zu beobachten waren, sorgten kurzzeitig sogar für Backwardation, obwohl die hohen Lagerkosten typischerweise zu einem starken Contan-go führen. Die Jahresperformance auf Spotbasis liegt bei einem Minus von 27,1 %; Rollverluste von über 3 % führten zu einem „Investorenergebnis“ von -30,72 %. Das hoch gewichtete Natural Gas leistete damit auf Sektorebene neben Öl- und Ölprodukten ebenfalls

-10 %

-9 %

-8 %

-7 %

-6 %

-5 %

-4 %

-3 %

-2 %

-1 %

0 %

-35 %

-30 %

-25 %

-20 %

-15 %

-10 %

-5 %

0 %

Bloomberg CI S&P GSCI TR/CC CRB RICI LBBW Top Ten LBBW Long Short 201465

70

75

80

85

90

95

100

105

110

115

LBBW Top Ten Index (ER, USD)Bloomberg CI (ER, USD)Rogers Commodities Index (RICI,ER, USD)

GSCI Index (ER, USD)TR/CC- CRB (ER, USD)

65

70

75

80

85

90

95

100

105

110

115

Page 101: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 101

einen hohen Negativbeitrag. Diese Rollthemen spielen wegen den geringen Lagerkosten und der hohen Ver-fügbarkeit physischer Ware im Edelmetallhandel kaum eine Rolle. Der Topperformer des Jahres 2012 „Edelme-talle“ fiel unabhängig von diesen Betrachtungen 2013 auf den letzten Platz zurück, Verluste von über 30 % waren zu beklagen. 2014 brachte eine gewisse Stabi-lisierung. Das hoch gewichtete Gold gab 1,8 % nach, während Silber auf Dollarbasis 20,5 % verlor. Per Saldo bleiben dem Precious Metals Sektor 6,7 % Verlust, etwa so hoch wie der Verlust des Basismetall Excess Return Subindex, der 2014 um 6,9 % nachgab. Zur oh-nehin bereits schwachen Spot-Performance von 4,78 % kamen Rollverluste von 2,1 % hinzu. Die Bandbreite innerhalb der einzelnen Rohstoffe im Basismetallsektor war jedoch ausgeprägt. Ein Investment in Nickelfutures brachte ein Plus von 7,3 %, während Kupfer 16,6 % Ver-luste einbrachte. Eine besonders breite Divergenz der Preisentwicklung war in den von uns nicht gecoverten Sektoren Agrar, Soft Commodities und Livestock zu beobachten. Kaffee, Lebendrind und Sojamehl brach-ten zweistellige Gewinne, während Baumwolle und Zu-cker zu den schwächsten Rohstoffen zählten. Per Saldo bleibt z.B. für den breiten Sektor Agriculture (inklusive Grains und Soft, exklusive Livestock) 2014 eine negati-ve Gesamtrendite von 9,2 %.

Performance der einzelnen Rohstoffsektoren 2014

(Basis: Bloomberg CI Subindizes Total Return und Spot Return)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Ranking: Total Return der Einzelrohstoffe 2014 (in %)

Quelle: Bloomberg, LBBW Research

Volatilität der Rohstoffindizes legt wieder zuBeginnend mit dem Gesamtjahr 2011 wiesen die führenden Benchmarkindizes vier Mal in Folge eine negative Jahresperformance aus. Nach Jahren rückläu-figer Volatilität war 2014 erstmals wieder von steigen-den Schwankungen begleitet. Vor allem im zweiten Halbjahr nahmen die Schwankungen aufgrund des beginnenden Preisverfalls im Ölsektor zu. So bleibt per Saldo für den Bloomberg Commodity Index per Jahres-ende eine 250-Tage-Volatilität von 10,15 %, nach 9,88 % im Vorjahr.

-35%

-30%

-25%

-20%

-15%

-10%

-5%

0%

5%

10%

15%

-50%

-40%

-30%

-20%

-10%

0%

10%

20%

Energie Basismetalle Edelmetalle Agrar Vieh Softs

Gesamtrendite Spotrendite

-50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40 50

Rohöl Brent (ICE)

Benzin (NYMEX)

Rohöl WTI (NYMEX)

Heizöl (NYMEX)

Zucker (ICE)

Erdgas (NYMEX)

Baumwolle (ICE)

Sojaöl (CME)

Silber (Comex)

Kupfer (LME)

Mais (CBOT)

Weizen (CBOT)

Sojabohnen (CBOT)

Weizen (KBOT)

Magerschwein (CME)

Aluminium (LME)

Gold (Comex)

Zink (LME)

Nickel (LME)

Soy Meal (CME)

Lebendrind (CME)

Kaffee (ICE)

Page 102: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

102 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Annualisierte Einjahresvolatilität der Rohstoffrenditen (in %)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Sektorperformance 2014

Gesamt-

rendite

Spot-

rendite

Roll- und

Zinsertrag

Energie -39,34% -40,93% 1,59%

Basismetalle -6,87% -4,78% -2,09%

Edelmetalle -6,71% -6,26% -0,45%

Agrar -9,22% -8,20% -1,02%

Vieh 11,56% 11,79% -0,24%

Softs -10,10% 2,31% -12,41%

Übersicht: Entwicklung der wichtigsten Rohstoffindizes 2014

Index Basis

Kurs Jahres-

ende 2013

Kurs Jahres-

ende 2014 Veränderung Jahreshoch Jahrestief

Jahres-

durchschnitt

Volatilität

annualisiert

TOTAL RETURN INDIZES

Bloomberg CI USD 253,19 210,12 -17,0% 279,24 210,12 255,04 10,15%

S&P GSCI USD 4.829,47 3.232,80 -33,1% 5.185,20 3.232,80 4.642,01 13,99%

TR/CC CRB USD 280,77 230,53 -17,9% 313,66 230,53 288,68 10,77%

RICI USD 3.534,02 2.749,00 -22,2% 3.784,43 2.749,00 3.477,23 10,42%

EXCESS RETURN INDIZES

Bloomberg CI USD 125,75 104,33 -17,0% 138,67 104,33 126,65 10,15%

S&P GSCI USD 468,05 313,20 -33,1% 502,43 313,20 449,80 13,99%

TR/CC CRB USD 280,17 229,96 -17,9% 312,93 229,96 288,01 10,77%

RICI USD 2.642,48 2.054,88 -22,2% 2.829,21 2.054,88 2.599,58 10,42%

LBBW Top Ten USD 113,80 93,92 -17,5% 123,23 93,08 112,90 9,68%

LBBW Long Short USD 131,05 128,28 -2,1% 132,38 125,23 129,19 4,18%

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Commodity Research

Frank Klumpp, CFA

0

5

10

15

20

25

30

0

5

10

15

20

25

30

Jan/12 Jul/12 Jan/13 Jul/13 Jan/14 Jul/14 Jan/15

Bloomberg CI LBBW Top 10S&P GSCI LBBW LS

Page 103: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 103

7.2 Rohstoffindizes im Über-blick

Während sich an den Aktien- und Rentenmärkten Referenzindizes wie der Dow Jones Index, Der Nikkei-Index, der DAX und der REX als Benchmarks durchge-setzt haben, konkurrieren im Rohstoffbereich gleich mehrere Indexkonzepte. Für den Anleger, dem ein Investment in Einzelrohstoffe mit einem zu hohen Risiko verbunden ist, bringt eine Anlage, die sich auf einen der großen Rohstoffindizes bezieht, den großen Vorteil, dass die Volatilität bei den breit diversifizierten Rohstoffindizes deutlich niedriger ist als bei Einzelroh-stoffen. Eine in diesem Zusammenhang wichtige Frage für den passiven Langfrist-Investor ist jedoch die Aus-wahl des passenden Rohstoff-Index. Die vier bekann-testen Rohstoff-Indizes sind:

Thomson Reuters/CoreCommodity CRB (TR/CC - CRB) S&P Goldman Sachs Commodities Index (GSCI) Bloomberg Commodity Index (BCOM) Rogers International Commodities Index (RICI)

Auch im vergangenen Jahr zeigten sich bei den vier Benchmarks relativ große Unterschiede. Der GSCI Index gab mit einem Minus von 33,1 % am stärksten nach, gefolgt vom RICI mit einem Abschlag von 22,2 %. Der Bloomberg Commodity Index und der TR/CC - CRB hielten sich vergleichsweise noch am besten. Hier la-gen die Abschläge bei 17,0 % bzw. 17,9 %.

CRB-Index mit langer HistorieDer Thomson Reuters/CoreCommodity CRB-Index (CRB = Commodity Research Bureau) ist der älteste der vier Indizes. Die als CRB-Index bekannt gewordene Benchmark wurde 1940 eingeführt und beinhaltete ur-sprünglich 28 Rohstoffe. In den letzten 70 Jahren wur-de die Indexzusammensetzung regelmäßig den Gege-benheiten der Märkte angepasst. Die letzte Änderung fand im Jahr 2005 statt. Seitdem besteht der Index aus 19 Rohstoffen, die alle an US-Börsen gehandelt werden. Zuletzt wurde der Name des Beratungsunternehmens CoreCommodity mit in die Indexbezeichnung aufge-nommen. Seit 1986 werden Futures auf den Index an der New York Futures Exchange (heute: ICE) gehandelt. Der TR/CC - CRB wird monatlich einem „Rebalancing“ unterworfen, wodurch die Indexgewichte regelmäßig auf ihren Ausgangswert zurückgeführt werden. Da-durch erhält der Index eine antizyklische Komponente,

da Ausweitungen des Indexgewichts bei den Rohstof-fen, die im Preis gestiegen sind, regelmäßig gekappt werden; Rohstoffe, deren Gewicht sich aufgrund von Preisrückgängen ermäßigt hat, werden dagegen durch das „Rebalancing“ wieder aufgewertet.

Zusammensetzung des Thomson Reuters/CoreCommodity

CRB-Index

Quelle: Thomson Reuters

Energie dominiert GSCI-IndexDer GSCI-Index (Goldman Sachs Commodities Index) wurde 1991 entwickelt. Der Index bildet aktuell 24 Rohstoffe entsprechend ihrem Weltproduktionsgewicht der letzten fünf Jahre ab. Er ist daher der Index mit dem deutlich höchsten Energieanteil unter den vier betrachteten Benchmarks. Aufgrund der relativ einsei-tigen Diversifikation ist er deswegen auch meistens (so auch 2014) der Index mit der höchsten Volatilität. Beim GSCI werden die Gewichte einmal im Jahr neu be-stimmt; dazwischen finden keine Anpassungen statt.

Zusammensetzung S&P GSCI

(Stand April 2015)

Quelle: Goldman Sachs

39,0 %

13,0 %7,0 %

34,0 %

7,0 %

Energie

Industriemetalle

Edelmetalle

Landwirtschaft

Viehwirtschaft

63,5 %9,0 %

3,6 %

15,5 %

8,4 %

Energie

Industriemetalle

Edelmetalle

Landwirtschaft

Viehwirtschaft

Page 104: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

104 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Der sehr hohe Energieanteil im GSCI-Index bringt in Zeiten rückläufiger Energiepreise oder auch hoher Roll-verluste in diesem Segment für den Anleger ein erhöh-tes Risiko mit sich. Daher wurde die GSCI-Indexfamilie um einige Subindizes ergänzt, bei denen der Energie-anteil schrittweise reduziert wurde. Insbesondere der GSCI Light Energy-Index (GSCI/LE) ist dabei so aus-gewogen, dass er aus Anlegersicht eine interessante Benchmark darstellt.

Rogers-Index mit breiter BasisDer Rogers International Commodities Index wurde als „Rogers Raw Materials Index“ vom ehemaligen US-Hedgefondsmanager Jim Rogers im Jahr 1998 ins Leben gerufen. Zur Zeit enthält er 37 Rohstoffe, deren Gewichte nach ihrer „Bedeutung im Welthandel“ von ei-nem Komitee unter Vorsitz von Herrn Rogers bestimmt werden. Die Anpassung der Indexgewichte erfolgt ein-mal pro Jahr nach einem nicht transparenten Prozess. Zuletzt wurden im Januar 2014 die Indexgewichte bei einigen Energierohstoffen (Gewichtung des Energie-sektors wurde um vier Prozentpunkte reduziert) sowie bei Gold und Silber (Gewichtung der Edelmetalle wurde um vier Prozentpunkte erhöht) geändert. Der Index umfasst die größte Anzahl von Einzelrohstoffen unter den vier wichtigsten Rohstoff-Benchmarks. Trotz der vermeintlich breiten Diversifikation ist die Volatilität im RICI oftmals relativ hoch. Dies dürfte darauf zu-rückzuführen sein, dass einzelne Indexbestandteile vernachlässigbare Indexgewichte haben (wie z.B. Milch mit 0,1 % oder Palladium mit 0,3 %). Zum anderen leiden viele Rohstoffe unter zu geringer Liquidität, so dass selbst geringe Ausschläge auf der Angebots- oder Nachfrageseite für relativ starke Preisbewegungen sorgen können. Beispielhaft seien hier Indexbestand-teile wie Reis (Chicago Board of Trade = CBOT), Hafer (CBOT), Gummi (Tokyo Commodity Exchange), Weißer Zucker (NYSE Liffe) und Milch (Chicago Mercantile Exchange) genannt. Tatsächlich werden die Indexbe-standteile für den RICI an neun verschiedenen Börsen

in vier Währungen auf drei Kontinenten gehandelt. Der intransparente Gewichtungsprozess, die geringe Liquidität einzelner Indexkomponenten und die ver-gleichsweise hohe Volatilität machen den RICI nur sehr bedingt zu einer allgemeingültigen Benchmark für den Rohstoffmarkt.

Rogers International Commodities Index

(Stand Januar 2015)

Quelle: Beeland Interests Inc.

Bloomberg Commodity Index als jüngster Spross der Benchmark-FamilieDer BCOM-Index (Bloomberg Commodity Index) ist der jüngste der vier Gesamtmarkt-Barometer. Er durch-lief in den letzten Jahren mehrere Namenswechsel (Dow Jones AIG Commodity Index bzw. Dow Jones UBS Commodity Index) Die Gewichtung der einzelnen Rohstoffe erfolgt nach der wirtschaftlichen Bedeutung des jeweiligen Rohstoffes innerhalb der Weltwirtschaft und deren Liquidität. Die Bedeutung wird aus aktuellen Produktionswerten sowie aus Handelsaktivitäten ermit-telt. Eine Überprüfung erfolgt am Anfang jeden Jahres. Zuletzt wurden Anfang 2013 Sojamehl und Kansas-City-Weizen neu in den Index aufgenommen, so dass aktuell 22 Rohstoffe enthalten sind. Dabei gelten fol-gende Regeln: Zu Jahresbeginn darf das Gewicht eines

Zusammensetzung der GSCI-Subindizes

(Stand April 2015)

Subindex Energie Industriemetalle Edelmetalle Landwirtschaft Viehwirtschaft

GSCI Reduced Energy 46,5% 13,2% 5,3% 22,7% 12,3%

GSCI Light Energy 30,3% 17,2% 6,9% 29,5% 16,1%

GSCI Ultra-Light Energy 17,9% 20,3% 8,1% 34,8% 18,9%

GSCI Non-Energy 0,0% 24,7% 9,9% 42,4% 23,0%

Quelle: Goldman Sachs

40,0 %

14,0 %

11,1 %

31,9 %

3,0 %

Energie

Industriemetalle

Edelmetalle

Landwirtschaft

Viehwirtschaft

Page 105: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 105

Rohstoff-Sektors 33 % und das eines Einzelrohstoffs 15 % nicht überschreiten. Zudem sollte jeder Einzelroh-stoff zu Jahresanfang mit mindestens 2 % gewichtet sein. Letztere Regel wurde aber im Zuge der jüngsten Indexerweiterungen aufgeweicht. So haben Kansas-Ci-ty-Weizen (1,1 %), Baumwolle (1,6 %) und Magerschwei-ne (1,9 %) momentan allesamt Indexgewichte unterhalb der Marke von 2 %. Schwergewichte im BCOM-Index sind Gold (12,0 %), Erdgas (8,3 %) und Brent (8,1 %), gefolgt von WTI (7,9 %) und Kupfer (7,7 %).

Bloomberg Commodity Index

(Stand März 2015)

Quelle: Bloomberg

BCOM und GSCI/LE am ausgewogenstenAls Fazit lässt sich festhalten, dass der GSCI-Index mit seinem überdimensionierten Energie-Anteil von aktuell über 60 % sicher keine repräsentative Benchmark für den gesamten Rohstoffsektor darstellt. Der Index wird zu stark von der Ölpreisentwicklung dominiert. Gegen den Rogers International Commodities Index sprechen die intransparente Gewichtungsfindung, die relativ hohe Volatilität und die mangelnde Liquidität einzelner Indexkomponenten. Die Hauptkritik am TR/CC CRB-Index besteht darin, dass den beiden Sektoren Ener-gie und Landwirtschaft zusammen ein Indexgewicht von 73 % zukommt. Damit bestimmt die Entwicklung dieser beiden Bereiche zu einem sehr großen Teil die Indexentwicklung. Die bessere Ausgewogenheit des BCOM-Index und des GSCI Light Energy-Index machen die beiden Konzepte zu Benchmarks, die aus Investo-rensicht für die Abbildung der Preisentwicklung an den Rohstoffmärkten unter den etablierten Indizes als am besten geeignet erscheinen.

Dr. Frank Schallenberger

33,2 %

16,6 %16,5 %

28,6 %

5,1 %

Energie

Industriemetalle

Edelmetalle

Landwirtschaft

Viehwirtschaft

Page 106: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

106 LBBW - Commodity Yearbook 2015

7.3 LBBW Rohstoff-Indizes

7.3.1 LBBW Top Ten Index

BCOM als AusgangsbasisBei einem Investment in Rohstoffe stellt sich die Frage nach der passenden Benchmark. Im vorigen Kapitel wurde bereits dargelegt, dass die bekanntesten Rohst-offindizes wie der Thomson Reuters/CoreCommodity CRB Index (TR/CC - CRB), der S&P Goldman Sachs Com-modities Index (GSCI), der Bloomberg Commodity In-dex (BCOM) oder der Rogers International Commodities Index (RICI) deutliche Unterschiede in der Gewichtung der Rohstoffe und damit auch deutliche Abweichungen bei der Performance aufweisen. Bei der Wahl einer repräsentativen Benchmark sprechen gegen den GSCI, den TR/CC - CRB und den RICI Argumente wie schlech-te Diversifikation, intransparente Gewichtungsfindung und mangelnde Liquidität. Insbesondere die Ausgewo-genheit des BCOM macht dieses Indexkonzept zu einer Benchmark, die aus Anlegersicht die Abbildung eines gut diversifizierten Rohstoffportfolios bietet.

Ertragskomponenten bei RohstoffinvestmentsDie Rendite eines Commodity-Investments wird je nach Berechnung entweder als Total Return (Gesam-trendite) oder als Excess Return (Überschussrendite) ausgewiesen. Die erste Zählart umfasst alle Ertrags-komponenten. Diese werden ihrem Ursprung nach als Spot Yield, Roll Yield und Collateral Yield bezeichnet. Als wesentlich enger gefasstes Messkonzept be-rücksichtigt der Excess Return nur die beiden ersten Renditekomponenten. Der Spot Yield stellt die nahe liegendste Begründung für den Ertrag eines Commodi-ty-Investments dar. Damit ist nichts anderes gemeint als die Preisbewegung an den Kassamärkten, die sich entsprechend auf die nächst gelegenen Futures aus-wirkt. Einen wesentlichen Anteil an der Gesamtrendite von futures-basierten Rohstoffinvestments macht der Roll Yield aus. Vorausgesetzt der Markt befindet sich in Backwardation, entsteht durch das wiederholte Rollen eines auslaufenden Futures in den nächsten, günstige-ren Kontrakt ein dauerhaft positiver Roll-Ertrag. Sind länger laufende Futures stattdessen teurer als die kurz laufenden (Contango-Situation), ist der Roll Yield ne-gativ. Dementsprechend kann der Roll Return je nach Rohstoff völlig unterschiedlich ausfallen.

Terminkurven von Natural Gas (Contango) und RBOB-Benzin

(Backwardation) im April 2015

Quelle: Bloomberg, LBBW Research

Abgesehen von den geringen Sicherheitsleistungen (Margin), die der Investor an der Börse hinterlegen muss, ist beim Kauf eines Terminkontrakts zunächst kein Kapitaleinsatz erforderlich. Zum Austausch von Zahlungen kommt es erst bei Fälligkeit des Futuresge-schäfts. Im Allgemeinen liegt den Index- und Perfor-manceberechnungen daher die Annahme zugrunde, dass die bei Endfälligkeit erforderlichen Geldmittel voll-ständig und über die gesamte Laufzeit des Kontraktes risikolos angelegt werden (fully collateralized). Damit ist der risikofreie Geldmarktzins (i.d.R. US T-Bill-Rate) als Collateral Yield ebenfalls eine Ertragskomponente eines Rohstoff-Investments.

Contango kostet PerformanceSofern nun ein Anleger an einem Investment in einen Rohstoffindex interessiert ist, sollten zunächst die Auswirkungen der verschiedenen Ertragskomponenten - im Folgenden am Beispiel des Bloomberg Commodity Index - betrachtet werden.

165

170

175

180

185

190

195

200

205

210

2,3

2,4

2,5

2,6

2,7

2,8

2,9

3,0

3,1

3,2

Mai 15 Jun 15 Jul 15 Aug 15 Sep 15 Okt 15 Nov 15 Dez 15 Jan 16 Feb 16

Natgas (USD/MMBtu)RBOB (USc/gal.) - rechte Skala

Page 107: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 107

BCOM-Index nach Ertragskomponenten

(indexiert; 1.1.2006 = 100)

Quelle: Thomson Reuters

Hätte ein Anleger Anfang des Jahres 2006 auf steigen-de Rohstoffpreise gesetzt, wäre die Erwartung - trotz eines heftigen Rückschlags im Jahr 2008 und der Baisse der letzten vier Jahre - tendenziell aufgegangen. Von Anfang 2006 bis Ende 2014 haben die Rohstoff-preise im Durchschnitt deutlich zugelegt, entspre-chend ist der BCOM Spot Index um etwa 35 % nach oben geklettert. Ein Investment in den BCOM-Index hätte allerdings in den letzten Jahren unter der bei vielen Rohstoffen zu beobachteten Contango-Situation gelitten. Die Rollverluste lassen sich an der Diffe-renz des Spot Return-Index im Vergleich zum Excess Return-Index messen. Der BCOM Excess Return-Index hat seit Anfang 2006 um fast 40 % nachgegeben. Die Rollverluste haben demnach in diesem Zeitraum rund 75 Prozentpunkte an Performance gekostet. Als Trost-pflaster konnte der Anleger noch Zinseinnahmen ver-einnahmen, die sich im Total Return-Index niederschla-gen. Als Gesamtperformance bleibt unter dem Strich - trotz tendenziell deutlich steigender Rohstoffpreise in den letzten neun Jahren und zusätzlicher Zinseinnah-men - gemessen am BCOM Total Return-Index dennoch ein Minus von etwa 30 %. LBBW Top Ten Index vermeidet Contango-FalleDer Einfluss der verschiedenen Ertragskomponenten zeigt, dass ein wesentlicher Performancefaktor bei der Anlage in Rohstoffen die Vermeidung größerer Verluste ist, die auf ausgeprägte Contango-Situationen zurück-zuführen sind. Diesem Faktor wurde bei der Konzep-tion des LBBW Top Ten ER Index, der durch das LBBW Commodity Research entwickelt wurde, daher beson-dere Bedeutung beigemessen. Das Rohstoffuniversum

des LBBW Top Ten bestand ursprünglich aus denselben Rohstoffen, die auch im BCOM Index enthalten sind. Im Oktober 2012 wurden alle Rohstoffe aus den Sektoren Agrar und Vieh aus dem Universum gestrichen - dafür wurden die Rohstoffe Gas Oil, Blei, Zinn und Platin neu in die Auswahlliste aufgenommen. Um Transaktions-kosten zu minimieren, werden im LBBW Index jedoch nicht die jeweils nächst fälligen Futures abgebildet, sondern - je nach Liquidität - Futures mit einer Laufzeit von 6 bis 12 Monaten. Die Futures werden 3 Monate gehalten. Nach 3 Monaten werden alle Futures im Be-stand glattgestellt und neue Futures (Laufzeit erneut je nach Liquidität 6 bis 12 Monate) gekauft. Der LBBW Top Ten beinhaltet lediglich 10 Rohstoffe, während bei-spielsweise im BCOM-Index 22 Titel enthalten sind. Die Selektion der Indexkomponenten erfolgt nach zwei Kri-terien. Zum einen werden nur Rohstoffe in den Index aufgenommen, die in Backwardation notieren. Sofern keine oder weniger als 10 Rohstoffe in Backwardation notieren, werden zusätzlich solche Rohstoffe aufge-nommen, die das schwächste Contango aufweisen. Das bedeutet, dass Rohstoffe in extremen Contango-Situationen nicht im Index berücksichtigt werden. Eine Situation wie am Ölmarkt zum Jahreswechsel 2008/09, als die 12-Monatskontrakte für Rohöl um 40 % über den 1-Monatskontrakten lagen und die Anleger ent-sprechend starken Rollverlusten ausgesetzt waren, wird damit vermieden. Auch US-Erdgas brachte den Anlegern in den letzten Jahren starke Rollverluste. So lagen beispielsweise die Rollverluste Anfang Septem-ber 2009 vom damaligen nächst fälligen Future (Okto-ber 2009) auf den übernächsten (November 2009) bei rund 45 %. Auf Sicht von zwei Monaten (bis Dezember 2009) drohten sogar Rollverluste von fast 80 %. Terminkurve für Natural Gas im September 2009 (USD/

MMBtu)

Quelle: Bloomberg

2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 201440

60

80

100

120

140

160

180

200

220

Bloomberg Commodity Index (Spot) in USDBloomberg Commodity Index (TR) in USDBloomberg Commodity Index (ER) in USD

40

60

80

100

120

140

160

180

200

220

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

Okt

09

Nov

09

Dez

09

Jan

10

Feb

10

Mrz

10

Apr

10

Mai

10

Jun

10

Jul

10

Aug

10

Sep

10

Okt

10

Nov

10

Dez

10

Jan

11

Feb

11

Mrz

11

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

Page 108: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

108 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Zum anderen werden die einzelnen Rohstoffe zusätz-lich so selektiert, dass der LBBW Top Ten ER Index möglichst diversifiziert ist. Die Gewichte der einzelnen Rohstoffsektoren betragen je nach Ausprägung von Backwardation und Contango bei Energierohstoffen minimal 30 % bis maximal 50 %, bei Basismetallen 20-40 % und bei Edelmetallen 10-30 %. Alle selektionierten Rohstoffe werden im LBBW Top Ten Index mit 10 % gleich gewichtet.

Rohstoffselektion im LBBW Top Ten Index

Quelle: LBBW Research

Rohstoffportfolio mit OutperformanceDie Performance des Index kann sich durchaus sehen lassen. Seit Anfang April 2008 wird der LBBW Top Ten ER Index veröffentlicht (Reuters-Kürzel „.LBBWTT“, Bloomberg „LBBWCITT“). Gegenüber den anderen eta-blierten Rohstoffindizes hat sich der LBBW Index dabei kontinuierlich abgesetzt.

Performance verschiedener Rohstoffindizes im Vergleich

(indexiert; 7.4.2008 = 100; nach Rollverlusten)

Quelle: Thomson Reuters

Von Anfang April 2008 bis Ende April 2015 brach der GSCI-Index mit fast 65 % am stärksten ein. Der BCOM-Index gab um mehr als 50 % nach. Und die Perfor-mance des RICI und des TR/CC-CRB-Index lag jeweils bei einem Minus von ca. 45 %. Der LBBW Top Ten Index hat zwar auch unter der starken Rohstoffbaisse in der zweiten Jahreshälfte 2008 gelitten; er konnte sich seit Ende des Jahres 2008 jedoch sehr deutlich von der Konkurrenz abkoppeln. Unter dem Strich blieb seit An-fang April 2008 ein vergleichsweise moderates Minus von rund 10 % und damit eine deutliche Outperfor-mance zu den übrigen gängigen Rohstoff-Benchmarks.

Nachdem der LBBW Top Ten Index seit Oktober 2012 nicht mehr in Rohstoffe aus den Sektoren Agrar und Vieh investiert, ist seitdem ein Vergleich mit Bench-marks sinnvoll, die ebenfalls keine Positionen in sol-chen Sektoren beinhalten.

LBBW Top Ten Index mit Outperformance gegenüber BCOM

ex Agriculture and Livestock (indexiert; 4.10.2012 = 100)

Quelle: Thomson Reuters

Beim Vergleich zwischen dem LBBW Top Ten Index und dem Bloomberg Commodity Index ex Agriculture & Livestock zeigt sich, dass der LBBW Index seit Oktober 2012 eine Outperformance von rund 5 Prozentpunkten aufweist. Der Grund für die moderate Outperformance dürfte vor allem in der Tatsache zu suchen sein, dass viele Terminkurven in den letzten zweieinhalb Jahren relativ flach geworden sind und damit die Möglichkei-ten, von Rollgewinnen zu profitieren bzw. Rollverluste im Vergleich zu einer Benchmark zu begrenzen, ent-sprechend kleiner geworden sind.

Universum: Bloomberg Commodity Index ex Agrar und Vieh (11 Rohstoffe)+ = 15 Rohstoffe4 weitere Commodities

ENERGIE 1

- Benzin- US-Heizöl- WTI

VIEHWIRTSCHAFT

- keine

Min 1 - Max 3 Min 2 - Max 4Min 0 - Max 2

zu je 10% (Kontraktlaufzeiten je nachLiquidität 6-12 Monate

LBBW TOP-10-Commodity-Index ER®

10 Rohstoffe mit stärkster Backwardation /schwächstem Contango

Indexanpassungquartalsweise

- Brent

AGRAREDELMETALLE

- Gold

- Silber- Platin

BASISMETALLE

- Aluminum

- Kupfer

- Zink- Nickel- Blei- Zinn

ENERGIE 2

- Erdgas

Gas Oil-

Min 1 - Max 3

2008 2009 2010 2011 2012 2013 201420

40

60

80

100

120

140

LBBW Top 10 Index in USDTR/CC - CRB-Index in USDBloomberg Commodity Index in USD

RICI-Index in USDGSCI-Index in USD

20

40

60

80

100

120

140

2012 2013 2014 201560

65

70

75

80

85

90

95

100

105

LBBW Top Ten Index (ER)Bloomberg ex Agriculture and Livestock Index (ER)

60

65

70

75

80

85

90

95

100

105

Page 109: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 109

Intelligente Indizes haben ZukunftDer LBBW Top Ten Index hat seit der ersten Veröffent-lichung im April 2008 die etablierten Benchmarks (mit und ohne Nahrungsmittel) geschlagen. Das Konzept eines ausgewogenen Rohstoff-Portfolios, das extreme Contango-Situationen vermeidet und auf der anderen Seite von Backwardation-Situationen profitiert, dürfte auch in Zukunft den LBBW Top Ten Index aus Anleger-sicht im Vergleich zu den herkömmlichen Benchmarks zu einem interessanten Investmentvehikel machen. Denn Rollverluste zu umgehen, sollte auch in Zukunft ein wichtiges Erfolgskriterium an den Rohstoffmärkten bleiben. Zudem werden im LBBW Top Ten Index über die Terminkurven die einzelnen Rohstoffe in Bezug auf ihre Lagerbestände selektiert. Denn im LBBW Rohstoffe Top Ten Index sind tendenziell solche Rohstoffe ent-halten, die in Backwardation notieren bzw. im leichten Contango. Backwardation ist an den Märkten häufig ein Signal für knappe Lager – der Index beinhaltet da-mit solche Rohstoffe, die tendenziell knapp sind und die damit weitere Preissteigerungen versprechen. Auf der anderen Seite beinhaltet der Index grundsätzlich gerade solche Rohstoffe nicht, die aufgrund der Lager-situation tendenziell für einen Preisverfall sehr anfällig sind. Das Konzept des LBBW Top Ten Index bietet so-mit auch in Zukunft gute Chancen, auf eine überdurch-schnittliche Performance im Vergleich zur Benchmark BCOM bzw. BCOM ex Agriculture & Livestock. Investier-bar ist der LBBW Top Ten Index über den Fonds LBBW Rohstoffe 1 (siehe Kapitel 8).

7.3.2 LBBW Long Short Index

Weiterentwicklung des LBBW Top Ten IndexBeim LBBW Long Short Index handelt es sich um ei-nen Excess Return Index, der ebenfalls vom LBBW Commodity Research entwickelt wurde, und der eine Weiterentwicklung des LBBW Top Ten Index darstellt. Beim LBBW Top Ten Index wurde eine Outperformance gegenüber dem BCOM Index durch Selektion der zehn aussichtsreichsten Rohstoffe erzielt. Damit lag der Schluss nahe, dass die jeweils nicht berücksichtigten Rohstoffe gegenüber der Benchmark eine Underper-formance aufweisen. Im LBBW Long Short Index wird nun versucht, auch von den als unattraktiv identifizier-ten Rohstoffen zu profitieren. Der LBBW Long Short Index beinhaltet zunächst die fünf aussichtsreichsten Rohstoffe, die in Backwardation notieren. Sofern kei-ne oder weniger als fünf Rohstoffe in Backwardation notieren, werden zusätzlich solche Rohstoffe aufge-

nommen, die das schwächste Contango aufweisen. Auf der anderen Seite beinhaltet der LBBW Long Short Index fünf Shortpositionen in solchen Rohstoffen, die ein starkes Contango aufweisen. Die einzelnen Roh-stoffe werden zusätzlich so selektiert, dass im LBBW Long Short Index keine Klumpenrisiken bestehen. Die Gewichte der einzelnen Rohstoffsektoren betragen je nach Ausprägung von Backwardation und Contango bei Energie und Basismetallen maximal 60 % (drei Positionen) auf der Longseite und maximal 60 % (drei Positionen) auf der Shortseite – für Edelmetalle gelten Grenzen von jeweils 40 % (zwei Positionen) auf der Long- und Shortseite. Alle selektionierten Rohstoffe (long und short) werden im LBBW Long Short Index mit 10 % gleichgewichtet und drei Monate gehalten, bevor der Index wieder angepasst wird. Wie beim LBBW Top Ten Index wurde das Rohstoffuniversum des LBBW Long Short Index im Oktober 2012 auf ex Agrar und Vieh umgestellt.

Rohstoffselektion im LBBW Long Short ER Index

Quelle: LBBW Research

Live-Daten seit August 2009Seit Anfang August 2009 wird der LBBW Long Short Index veröffentlicht (Reuterskürzel „.LBBW55“, Bloom-berg „LBBWCILS“). Die Live-Daten brachten zunächst eine sehr solide Performance. So hat der Index bis Mit-te 2013 einen Anstieg von mehr als 35 % verzeichnet. Bis Ende April 2015 gab der Index dann jedoch über 15 Prozentpunkte nach. Dies dürfte vor allem der Tatsa-che geschuldet sein, dass sich die viele Terminkurven an den Rohstoffmärkten verflacht haben und damit das Potenzial, Profite aus Rollgewinnen und -verlusten zu ziehen, sich in engen Grenzen hielt. Zudem spie-geln flache Terminkurven auch keine Signale wider in puncto niedrige oder hohe Lagerbestände.

Max 3 Long/Short Max 2 Long/ShortMax 3 Long/Short

stärkstem Contango je 10% short (Kontrakt-laufzeiten 6-12 Monate

LBBW Long/Short-ROHSTOFF-INDEX ER®

5 Rohstoffe mit stärkster Backwardation je 10 % long/5 Rohstoffe mit

Indexanpassungquartalsweise

Universum: Bloomberg Commodity Index ex Agrar und Vieh (11 Rohstoffe)+ = 15 Rohstoffe4 weitere Commodities

ENERGIE

- Benzin

- Erdgas- US-Heizöl- WTI

BASISMETALLE

- Aluminum

- Kupfer

- Zink- Nickel

EDELMETALLE

- Gold

- Silber

AGRAR

- keine

VIEHWIRTSCHAFT

- keine

- BrentGas Oil

- Blei- Zinn

- Platin

-

Page 110: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

110 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Entwicklung des LBBW Long Short Index seit August 2009

(indexiert; 1.8.2009 = 100)

Quelle: Thomson Reuters

LBBW Long Short wieder mit besserer PerspektiveAllerdings stehen die Chancen nicht schlecht, dass der jüngste Abwärtstrend beim LBBW Long Short Index gestoppt werden könnte. Mit dem letzten Rolltermin Mitte Juli 2015 haben sich die Rollgewinne und Rollver-luste der im Index enthaltenen Werte wieder deutlich erhöht:

Long- (blau) und Shortpositionen (grau) im LBBW Long Short

Index (Stand Juli 2015)

Rohstoff Rollverlust/-gewinn (p.a.)

Oil (#2 Heating) -8,3 %

Oil (RBOB) 28,6 %

Oil (WTI Crude) -9,0 %

Natural Gas -12,1 %

Oil (Brent) -7,8 %

Gas Oil -6,2 %

High Gr. Prim. Aluminium -4,4 %

Copper - Grade A -0,8 %

Primary Nickel -1,4 %

Special High Grade Zinc -1,5 %

Tin 0,6 %

Lead -1,3 %

Gold -0,4 %

Silver -0,9 %

Platinum -0,3 %

Durchschnitt Short Durchschnitt Long

-7,0 % 5,5 %

Gesamtpotenzial p.a. 6,3 %

Quelle: LBBW Research

Die fünf Longpositionen bringen es aktuell auf durch-

schnittliche Rollgewinne von 5,5 % p.a., während die fünf Shortpositionen im Schnitt Rollverluste von annua-lisiert 7,0 % verzeichnen. Würden die aktuell selektier-ten Rohstoffe ein Jahr gehalten und gleichzeitig alle Rohstoffpreise seitwärts tendieren sowie die Termin-kurven sich nicht verändern, würde der Index in den nächsten 12 Monaten gut 6 % ansteigen.

Hohe Rollgewinne und -verluste sind zwar keine Ga-rantie für eine positive Performance, allerdings steigt in der historischen Betrachtung die Wahrscheinlichkeit für eine positive Performance mit zunehmenden Roll-gewinnen und -verlusten. So ging im Rückblick (seit Anfang 2000) ein „Potenzial“ aus Rollgewinnen und -verlusten von 7 % p.a. mit einer Quartalsperformance des LBBW Long/Short Index von etwa +1 % einher.

Zusammenhang zwischen „Potenzial“ und Performance beim

LBBW Long/Short indexQuelle: LBBW Asset Management GmbH

Ein Investment in den LBBW Long Short Index ist vor al-lem dann interessant, wenn Rollgewinne und -verluste stark ausgeprägt sind und wenn eine Anlage gesucht wird, die unkorreliert zu anderen Assetklassen ist und dabei eine in der Regel ordentliche Performance bei niedriger Volatilität bietet. Investierbar ist der LBBW Long Short Index über den Fonds LBBW Rohstoffe 2 (siehe Kapitel 8).

Dr. Frank Schallenberger

2010 2011 2012 2013 201495

100

105

110

115

120

125

130

135

140

LBBW Long/Short Index

95

100

105

110

115

120

125

130

135

140

-12%

-10%

-8%

-6%

-4%

-2%

0%

2%

4%

6%

8%

10%

0% 2% 4% 6% 8% 10% 12% 14% 16%

Performance desRollquartals (ex post)

Kurvenausprägung (ex ante; "Potenzial p.a.")

-12%

-10%

-8%

-6%

-4%

-2%

0%

2%

4%

6%

8%

10%

Page 111: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 111

7.3.3 LBBW Strategie IndizesDie Grundidee der LBBW Strategieindizes ist eine aktive Steuerung der beiden LBBW-Rohstoffindizes. Wir haben daher einen Risikoneigungsindex („LBBWRI“) entwi-ckelt, der den Investoren die Timingentscheidungen zwischen Long-Only und Long-Short abnimmt. In „Risk-on“ Marktphasen soll die strategische Ausrichtung „Long-Only“ sein. In „Risk-off“ Marktphasen soll die Ausrichtung „Long-Short“, also marktneutral sein. Da-mit bleibt der Anleger in jeder Phase im Rohstoffsektor investiert. Der Risikoneigungsindex LBBWRI misst die allgemeine Risikoneigung an den Finanzmärkten und setzt sich zusammen aus Spreads High-Yield-Bonds USA, impliziten Volatilitäten Equities USA und Deutsch-land, Spreads Bonds Emerging Markets, Emerging Markets Equities, US-Small-Caps sowie Carry Trades. Ein Indexstand über 1,0 signalisiert eine Phase hoher Risikofreude, und ein Indexstand unter minus 1,0 hohe Risikoaversion. Den LBBWRI veröffentlichen wir in wöchentlichem Rhythmus in unserer Publikation „Com-modities Weekly“.

LBBW Risikoneigungsindikator

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Zunächst wurde ein Portfolio simuliert, das bei Über-schreiten eines LBBWRI von 1,0 zu 100 % in den LBBW Rohstoffe Top Ten Index (Long-only) investiert, und bei Unterschreiten des LBBWRI unter minus 1,0 in den LBBW Rohstoffe Long Short (marktneutral) investiert. Diese „LBBW Rohstoffe Strategie 100-0“ wird seit An-fang 2013 über die Provider Thomson Reuters, Bloom-berg und Datastream veröffentlicht. Im beobachteten Zeitraum startete der LBBWRI mit einem Stand von über 1,0. Seit Anfang 2000 generierte der LBBWRI 17 Tauschsignale, zuletzt am 10. Oktober 2014 auf „Risk off“.

LBBW Risikoneigungsindikator: Signale seit Anfang 2000

Signale OFF Signale ON

05.04.2000 04.01.2002

22.07.2002 11.04.2003

14.07.2006 13.10.2006

24.07.2007 15.07.2009

25.05.2010 14.10.2010

04.08.2011 15.03.2012

21.06.2013 25.07.2013

31.01.2014 04.04.2014

10.10.2014

Quelle: LBBW Research

Die 100-0 Strategie bildet daher derzeit die Entwick-lung des LBBW Long Short Index ab. Zusätzlich wurde ein Portfolio simuliert, das zu den selben Zeitpunkten switcht, aber jeweils ein Mindest-Sockelinvestment in Höhe von 20 % im LBBW Top Ten bzw. LBBW Long Short berücksichtigt. In „Risk-on“-Phasen besteht der Index zu 80 % aus LBBW Rohstoffe Top Ten und zu 20 % aus LBBW Rohstoffe Long-Short, und in „Risk-off“-Phasen vice versa. Derzeit ist diese Strategie zu 80 % im LBBW Long Short und zu 20 % im LBBW Top Ten investiert. Diese „LBBW Rohstoffe Strategie 80-20“ wird ebenfalls seit Anfang 2013 veröffentlicht.

Timingstrategien: Backtest seit 01.01.2000 im Vergleich

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

-4.0

-3.0

-2.0

-1.0

0.0

1.0

2.0

3.0

4.0

-4.0

-3.0

-2.0

-1.0

0.0

1.0

2.0

3.0

4.0

2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014

0

200

400

600

800

1000

1200

1400

1600

0

200

400

600

800

1000

1200

1400

1600

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

LBBW CI Strategie 100-050% Long-Short, 50 % Long-OnlyLBBW CI Strategie 80-20

Page 112: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

112 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Die LBBW Rohstoff-Indexfamilie

Quelle: LBBW Research

Die Strategie „100-0“ erzielte im Backtest seit 01.01.2000 eine jährliche Performance von 18,0 % p.a., bei einer Volatilität von 14,0 % p.a. Die Strategie „80-20“ erzielte im Backtest seit 01.01.2000 eine jährliche Performance von 14,9 % p.a., bei einer Volatilität von 12,3 % p.a. Damit wurde ein synthetischer Vergleich-sindex, der zu je 50 % in LBBW Top Ten und 50 % in LBBW Long Short investiert, deutlich geschlagen. Diese „50-50“-Strategie erzielte eine Performance von 10,1 % p.a. bei einer Volatilität von 11,3 % p.a.

Backtest LBBW Strategie Index 100-0 und 80-20 im Vergleich

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Insbesondere unter Rendite-Risikoaspekten erscheinen die Strategien „100-0“ und „80-20“ attraktiv, was an den Sharpe-Ratios von über 1,2 abzulesen ist. Man sollte jedoch berücksichtigen, dass sich die Volatilitä-ten der Strategieindizes im Zeitablauf insbesondere durch die Switches stark verändern.

Übersicht Strategieindizes (Januar 2000 bis Dezember 2014)

Quelle: LBBW Research

Dies wird am Beispiel des „100-0“- Index deutlich: In Risk-On-Phasen ist die Volatilität diejenige des LBBW Top Ten Index (strukturell höhere Volatilität), in Risk-off-Phasen ist die Vola identisch mit derjenigen des LBBW Long Short Index (strukturell niedrigere Volatili-tät).

Frank Klumpp, CFA

0

200

400

600

800

1000

1200

1400

1600

0 %

100 %

200 %

300 %

400 %

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Risk-on (100%) Risk-off (0%)LBBW Top Ten IndexLBBW Long Short Index50% Long-Short, 50 % LongLBBW CI Strategie 100-0LBBW CI Strategie 80-20

INDEX REUTERS DATASTREAM BLOOMBERGLBBW Rohstoffe Top Ten .LBBWTT LBBWTEN LBBWCITTLBBW Rohstoffe Long Short .LBBW55 LBBWX55 LBBWCILSLBBW Rohstoffe Strategie 80-20 .LBBW82 LBBWX82 LBBWCI82LBBW Rohstoffe Strategie 100-0 .LBBW10 LBBWX10 LBBWCI10

Rendite p.a. Vola p.a. SharpeLBBW Top Ten (LONG) 13,2 % 18,8 % 0,70LBBW Long Short 6,2 % 7,7 % 0,8050 % Long-Only - 50 % Long-Short 10,1 % 11,3 % 0,89LBBW CI Strategie 100-0 18,0 % 14,0 % 1,28LBBW CI Strategie 80-20 14,9 % 12,3 % 1,22

Page 113: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 113

8.1 Rohstoff-Fonds

8.1.1 Überblick

Vielfältige Aktienfonds mit Rohstoffbezug Die Anzahl an Investmentfonds mit Rohstoffbezug hat sich, seit der Wiederentdeckung des Themas vor einigen Jahren, deutlich erhöht. Mit der Zahl an Pro-dukten ist auch eine zunehmende Spezialisierung zu beobachten. So wurden Fonds aufgelegt, die in Rand-bereiche des Rohstoffsegments wie Silberminen oder Uranaktien investieren. In derart speziellen Segmenten besteht teilweise das Problem, ausreichend solide und interessante Unternehmen zu finden. Für den Privatan-leger ergibt sich damit aber die Chance, sehr speziali-siert zu investieren und dabei zumindest eine gewisse Streuung zu erreichen.

Im Folgenden werden sechs wichtige Rohstoffsegmen-te kurz beleuchtet und jeweils ein Fonds als Anlagevor-schlag herausgestellt. Zusätzlich wird ein Dachfonds vorgestellt, der das gesamte Rohstoffsegment abdeckt und sich damit besonders zur Langfristanlage eignet.

Energie-AktienfondsFonds mit dem Schwerpunkt Öl- und Gas investieren - je nach Fondsausrichtung - bevorzugt in Unternehmen, die in der Förderung/Exploration tätig sind, bzw. die ihren Schwerpunkt bei der Weiterverarbeitung und beim Vertrieb haben. Oft werden auch Unternehmen aus dem Bereich der alternativen Energieanbieter (Solarenergie, Biokraftstoff, Windenergie, ...) mit einbe-zogen. Das Portfolio des Aktienfonds BGF New Energy besteht aus rund 30 Aktien, vorwiegend börsennotier-ter Unternehmen aus den Teilbereichen erneuerbare Energien, Energieerzeugung zur Fortbewegung und Vor-Ort-Nutzung, Energiespeicherung und Technologi-en für alternative Energien. Obwohl der Fonds global investieren kann, richtet sich der Fokus des Portfolio-managements klar auf die etablierten Märkte in Europa und den USA. Der Fonds, der in US-Dollar notiert ist, wurde bereits 2001 aufgelegt und ist heute eines der größten Sondervermögen, das Anleger Ertragschancen in nachhaltigen Investments bieten kann. Nach den deutlichen Rückschlägen in den Jahren 2008 bis 2012

konnte die Abwärtsbewegung in diesem Segment, im Zuge der Konsolidierung in der Branche im Jahr 2013, zu einem Stillstand gebracht werden und verläuft in den letzten drei Jahren ähnlich wie der breite Aktien-markt.

BGF New Energy Fund: Hohe Schwankungen und Schwäche

von 2008 bis 2011 prägen die Entwicklung des Segments

(indexiert; 1.1.2004 = 100)

Quelle: Thomson Reuters

Industriemetall-AktienfondsIndustriemetall-Aktienfonds investieren primär in Aktien, welche dem Segment der Basismetall-/Stahl-gewinnung und Vermarktung zuzuordnen sind. In diesem Sektor kann der Schwerpunkt - je nach Anla-gegrundsatz und aktueller Markteinschätzung - auch bei Minenunternehmen liegen. Wer dieses Segment abdecken will, kann z.B. auf den Allianz Rohstofffonds zurückgreifen. Der Fokus des Fonds, der bereits 1983 aufgelegt wurde, liegt bei Unternehmen aus den Berei-chen Metall, Bergbau und Stahl. Allerdings finden sich in dem relativ konzentrierten Portfolio (25-40 Titel) regelmäßig auch Goldminenwerte. Die extreme Baisse bei Rohstoffaktien im Jahr 2008 konnte der Fonds in den Jahren 2009 und 2010 fast komplett aufholen; jedoch brachten die schwachen Rohstoffaktienjahre seit 2011 einen erneuten Rücksetzer. Seit 2004 zeigt sich deutlich, dass die Schwankungen, wie in fast allen Rohstoffaktiensegmenten, deutlich ausgeprägter als am breiten Markt verlaufen.

8 Rohstoffinvestments.

2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 201450

100

150

200

250

300

BGF New Energy Fund (in Euro)MSCI World Aktienindex (in Euro)

50

100

150

200

250

300

Page 114: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

114 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Allianz Rohstofffonds und MSCI Welt Aktienindex

(indexiert; 1.1.2004 = 100)

Quelle: Thomson Reuters

Edelmetallaktienfonds Fonds aus dem Segment Edelmetalle investieren vorzugsweise in Goldminen. Je nach Ausrichtung werden auch Unternehmen mit Fokus auf Silber- und Platingewinnung beigemischt. Viele der aufgelegten Fonds investieren primär in die großen Standardwerte im Goldminenbereich. Einige Goldminenfonds sind jedoch auch spezialisiert auf kleinere Wachstumswerte und Explorationsunternehmen. Diese Fonds weisen in der Regel ein deutlich ausgeprägteres Chance-/Risiko-verhältnis auf. Die Primäranalyse für Goldminenwerte ist relativ aufwendig. Da die Unternehmen zudem oft nicht auf den Radarschirmen der großen Banken sind (da nicht in den großen Indizes vertreten), ist es relativ aufwendig, ein eigenes Primärresearch zu unterhalten. Insofern kann es in diesem Segment sinnvoll sein, auf die großen Fonds zu setzen (wo das Volumen und die daraus resultierenden Erträge die Beschäftigung von Primäranalysten lohnt) bzw. auf Spezialanbieter zu setzten, die das Segment im Fokus haben.

Ein Flaggschiff in diesem Sektor stellt der BGF World Gold Fund von Black Rock dar, der mindestens 70 % des Fondsvolumens in Goldminenwerte anlegt.

Agrarwerte-AktienfondsDie Gründe, warum zahlreiche Fondsgesellschaften Anlageprodukte rund um das Thema Agraraktien in ihr Portfolio mit aufgenommen haben, liegen auf der Hand. Die Weltbevölkerung steigt immer schneller an. Zudem ist die weltweite Pro-Kopf-Anbaufläche rückläu-fig. Der Wohlstand der Bevölkerung in aufstrebenden

Entwicklungs- und Schwellenländern wird stetig grö-ßer, so dass mehr und auch höherwertige Lebensmittel nachgefragt werden und zusätzlich bessere Methoden zur Bewirtschaftung der Anbauflächen nötig sind. Anleger, die dieser Einschätzung folgen, können dabei zum Beispiel über den DWS Invest Global Agribusiness an diesem Trend partizipieren. Der Fonds, der so-wohl in EUR- als auch in US-Dollar-Tranchen erworben werden kann, investiert dabei im Wesentlichen in die Unterbereiche Düngemittel und Saatgut, Agrartechno-logie, Biotechnologie, Fleischproduzenten und Verar-beitung und ist somit in allen Bereichen entlang der Wertschöpfungskette global positioniert. Aufgrund des eingeschränkten Anlageuniversums weist der Fonds eine deutlich erhöhte Volatilität auf, so dass der Fonds nur als Beimischung zu anderen Investments dienen sollte.

WasseraktienfondsObwohl das Thema Wasser nicht unbedingt auf den ersten Blick zum Rohstoffsegment gezählt wird (und auch nicht in den gängigen Rohstoffindizes enthal-ten ist), so ist es doch ein Gut, dessen zunehmende Knappheit durch Themen wie steigende Weltbevölke-rung, steigender Wohlstand, globale Erwärmung oder veraltete Wasserinfrastruktur verstärkt wird. Fonds aus diesem Segment investieren primär in Unternehmen aus den Bereichen Wasserversorgung, Wasseraufberei-tung, Wassergewinnung und Wasser-Infrastruktur. Der schon im Januar 2000 aufgelegte Pictet Funds (Lux)-Water war der weltweit erste Fonds, der sich dieses Themas annahm. Er stellt ein solides Basisinvestment für diesen Sektor dar. Verglichen mit anderen Fonds aus dem Rohstoffbereich zeichnet sich das Thema Wasser und der Fonds von Pictet durch eine relativ niedrige Volatilität aus. Allerdings liegt die Korrelation zum Aktienmarkt auch wesentlich höher als bei den anderen hier vorgestellten Fonds.

Reine Rohstoff-FondsAuch das Angebot an Fonds, welche nicht in Unterneh-men des Segments, sondern „direkt“ in die Entwick-lung von Rohstoffen investieren (dies zumeist über Indizes bzw. Futures) ist größer geworden. Der Vorteil liegt hier in der geringeren Abhängigkeit von der Entwicklung an den Aktienmärkten. Allerdings weisen die Rohstoffe teils sehr hohe Schwankungen auf und schütten, im Gegensatz zu Unternehmen, keine Divi-denden aus.

2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 201450

100

150

200

250

300

Allianz Rohstofffonds (in Euro)MSCI World Aktienindex (in Euro)

50

100

150

200

250

300

Page 115: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 115

Der Fonds „LBBW Rohstoffe 1“, der von der LBBW Asset Management im Frühjahr 2008 lanciert wurde, hat als Benchmark den ausgewogenen Bloomberg Commodity Index. Seit seiner Auflage konnte der Fonds die Bench-mark deutlich outperformen. Genauere Angaben zum Fonds gibt es im folgenden Kapitel.

Sektorenübergreifende Rohstoff-FondsDas gesamte Rohstoffsegment wird nur von relativ we-nigen Fonds abgedeckt. Fast alle Produkte sind auf ein Segment spezialisiert bzw. investieren nur in Rohstoff-aktien oder nur direkt in Rohstoffe. Eine Ausnahme bil-det der LBBW Rohstoffe & Ressourcen. Der Dachfonds investiert in die aussichtsreichsten Fonds der verschie-denen Rohstoffsegmente. Der Fonds bietet Anlegern somit die Möglichkeit, das gesamte Rohstoffsegment mit nur einem Produkt abzudecken. Je nach Marktein-schätzung werden einzelne Teilsektoren über- bzw.

untergewichtet. Zusätzlich kann, entsprechend der Ein-schätzung zum Aktienmarkt, der Anteil an Fonds mit direktem Rohstoffengagement deutlich variieren.

Branchenaufteilung des LBBW Rohstoffe & Ressourcen

(31.12.2014):

Goldminenfonds: 24,0 %

Wasser- und Holzaktienfonds: 19,1 %

Rohstofffonds: 12,1 %

Energieaktienfonds: 7,3 %

Rohstoffaktienfonds: 24,7 %

Nahrungsmittelfonds 10,0 %

Liquidität: 2,8 %

Unter den größten Einzelpositionen finden sich auch einige der genannten Fonds, wie beispielsweise der DWS Agribusiness oder der LBBW Rohstoffe 1.

Fondsname ISIN Ausgabeaufschlag / Performance Performance

Verwaltungsvergütung 31.12.13-31.12.14 31.12.09-31.12.14

LBBW Rohstoffe & Ressourcen DE0005326482 5 % / 1,5 % p.a. -6,08 % -19,21 %

BGF New Energy A2 USD LU0124384867 5 % / 1,75 % p.a. 10,34 % 3,31 %

Allianz Rohstofffonds DE0008475096 5 % / 1,50 % p.a. -15,08 % -47,18 %

BGF World Gold Fund LU0055631609 5 % / 1,75 % p.a. 7,97 % -40,14 %

Pictet Fund (Lux)-Water-P LU0104884860 5 % / 1,6 % p.a. 15,63 % 82,48 %

LBBW Rohstoffe 1 R DE000A0NAUG6 5 % / 1,5 % p.a. -19,36 % -2,71 %

DWS Agribusiness LU0273164847 5 % / 1,5 % p.a. 13,61 % 40,50 %

Angaben in Euro; Datenstand 31.12.2014Quelle: Thomson Reuters

Christoph Schäfer(BW-Bank Vermögensverwaltung)

Page 116: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

116 LBBW - Commodity Yearbook 2015

8.1.2 LBBW Rohstoffe 1 und LBBW Rohstoffe 2 LS

Rohstoff-Fonds „Made in Germany“Der Dow Jones Industrial Average (besser bekannt als Dow Jones Index) ist nicht nur einer der bekanntes-ten Aktienindex, sondern gleichzeitig wohl auch der älteste Aktienindex der Welt. Im Jahr 1882 gründeten Charles Henry Dow, Edward D. Jones und Charles M. Bergstresser die Firma Dow Jones & Company, die kur-ze Zeit später mit dem „Customer’s Afternoon Letter“ den ersten Börsenbrief der Welt herausgab. Um einen Richtwert für Aktienkursschwankungen zu erhalten, veröffentlichten die Herausgeber darin den weltweit ersten Aktienkursindex. Der eigentliche Start des heu-tigen Leitindexes erfolgte schließlich am 26. Mai 1896, als der Dow Jones Industrial Average mit 40,94 Punk-ten begann.

Diese beachtliche Historie wird jedoch von Rohstoff-markt noch übertroffen. Bereits im Jahre 1864 wurde mit dem „Economist Commodity Price Index“ eine Möglichkeit ins Leben gerufen, die Wertentwicklung einiger Rohstoffe nachvollziehbar zu gestalten. Aller-dings bildete dieser Index die Spotpreise (Preise für den sofortigen Kauf bzw. Verkauf eines Rohstoffs) ab und wäre aus Sicht der heutigen Investoren kein geeig-netes Instrument, die Wertentwicklung der Rohstoffe abzubilden. Die Ära der investierbaren Rohstoffindizes nach heutigem Verständnis begann im Jahr 1991 mit der Implementierung des S&P GSCI Commodity Index, einem Index der börsengehandelte Rohstoffterminkon-trakte (Futures) beinhaltete. Im Laufe der Zeit, präziser im Jahr 1998, wurde die Palette um andere Ansätze wie beispielsweise den Bloomberg Commodity Index (ursprünglich: Dow Jones AIG Commodity Index) erwei-tert.

Beide Ansätze bilden die Rohstoffmärkte nach einem definierten Muster ab und werden einmal im Jahr überprüft und angepasst. Da zudem ausschließlich Ter-minkontrakte mit einer hohen Liquidität berücksichtigt werden, investieren diese Indizes bevorzugt in Kon-trakte mit kurzen Laufzeiten. Ein Investment im Be-reich der Terminkontrakte mit kurzen Laufzeiten kann aufgrund der Kostenbelastung und der Ausprägung der Terminkurve der entsprechenden Rohstoffe unvor-teilhaft sein, so dass eine passive Strategie für länger-fristig orientierte Anleger möglicherweise nur bedingt geeignet ist. Vor allem die im Fachjargon als Contango bezeichnete Ausprägung der Rohstoffterminkurve, in

der der Spotkurs unter dem Terminkurs liegt, kann zu erheblichem Performanceverlust führen.

Im Jahr 2008 ging die LBBW Asset Management Invest-mentgesellschaft mbH bei der Auflage ihres Invest-mentfonds im Rohstoffbereich daher einen anderen Weg. Da das Investmenthaus sich der Thematik mög-licher Verluste bei der Auswahl von Terminkontrakten in Contango klar bewusst war, wurde eine neue Gene-ration von Rohstofflösungen gesucht und gefunden. Basierend auf dem von der LBBW Commodity Research entwickelten LBBW-Top-10-Rohstoff-Index ER® wollte man ein einfaches, verständliches, transparentes und erfolgreiches Konzept für die Kunden anbieten. Nach einem schwierigen Start inmitten der Finanzkrise des Jahres 2008 gehört der LBBW Rohstoffe 1 zu einem der erfolgreichsten Rohstoff-Fonds am Markt. Belegt wird dies zwischenzeitlich durch zahlreiche Auszeichnun-gen in den vergangenen Jahren. Hervorzuheben sind dabei die begehrten „Goldenen Bullen“, verliehen durch den EuroFinanzen Verlag und die Lipper Fund Awards.

Auszeichnungen LBBW Rohstoffe 1

Verleihung der FERI EuroRatings Awards als Bester Asset Manager– Sieger 2014 in der Kategorie Rohstoffe für Deutschland, Öster-reich und für die Schweiz

Goldener Bulle 2014 – Platz 1 (Alternative/Rohstoffe 3-Jahres-Bereich) Goldener Bulle 2014 – Platz 1 (Alternative/Rohstoffe 5-Jahres-Bereich)

Goldener Bulle 2013 – Platz 3 Alternative/Rohstoffe 1-Jahres-Bereich) Goldener Bulle 2012 – Platz 2 (Alternative/Rohstoffe 3-Jahres-Bereich) Goldener Bulle 2010 – Platz 1 (Alternative/Rohstoffe 1-Jahres-Bereich)

Page 117: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 117

Lipper Fund Award Germany 2014 – Commodity Blended / 3 Jahre Lipper Fund Award Germany 2014 – Commodity Blended / 5 Jahre Lipper Fund Award Austria 2014 – Commodity Blended / 3 Jahre Lipper Fund Award Austria 2014 – Commodity Blended / 5 Jahre Lipper Fund Award Switzerland 2014 – Commodity Blended / 5 Jahre

Lipper Fund Award Germany 2013 – Commodity Blended / 3 Jahre Lipper Fund Award Austria 2013 – Commodity Blended / 3 Jahre Lipper Fund Award Europe 2013 – Commodity Blended / 3 Jahre

Konstruktion von Rohstoff-Fonds

Contango und Backwardation – entscheidende Richtgrößen Rohstoff-Fonds im UCITS-Format sind von Natur aus komplexer als die vergleichbaren Pendants auf der Aktien- oder Rentenseite. So ist es Rohstofffonds vom Gesetzgeber aus nicht gestattet in physische Rohstoffe zu investieren. Das ist auch gut so, denn dadurch wird gewährleistet, dass Anleger bei Ausschüttungen bzw. bei der Rückgabe der Anteile stets Euro und Cent über-wiesen bekommen und nicht in Form eines Tanklast-zugs Heizöl oder eines Eisenbahnwagons gefüllt mit Kupfer bedient werden.

Aus diesem Grund investiert das Gros der Teilnehmer an den Finanzmärkten über Warentermingeschäfte, so genannte Futures, in die jeweiligen Rohstoffe. Wie der Name „Future“ vermuten lässt, handelt es sich hierbei um eine Geschäftsart bei der die Lieferung bzw. die Abnahme in der Zukunft liegt, also einem Warenter-mingeschäft. Zwei Parteien begehen mit einem Future ein standardisiertes Börsengeschäft, bei dem neben dem Basiswert, die Menge, die Qualität, der Zeitpunkt und der vorab festgelegte Preis vereinbart werden. Um die Rohstoffe am Fälligkeitstag nicht ausgeliefert zu bekommen, werden diese Futures üblicherweise vor Fälligkeit in einen länger laufenden Kontrakt ge-tauscht. Dieser Prozess wird wie eingangs bereits er-wähnt als „Rollen“ bezeichnet. Am Tag des Rollens sind grundsätzlich zwei Ausprägungen möglich.

Ausprägung Nummer 1:Der Kurs des Rohstoffterminkontrakts in der Zukunft liegt über dem aktuellen Spotkurs. Dadurch erwirbt ein Anleger diesen Terminkontrakt unter Inkaufnahme eines Aufschlags gegenüber dem aktuellen Preis.

Folgendes Beispiel soll dies beleuchten.

Der Preis pro Fass Rohöl der Sorte WTI liegt beim April Kontrakt per 11.03.2015 bei 48,88 USD (hellblauer Pfeil).

Der Preis pro Fass Rohöl der Sorte WTI 12 Monate spä-ter beträgt 58,58 USD (grauer Pfeil).

Quelle: LBBW Asset Management

Angenommen am Preisgefüge für WTI würde sich in den 12 Monaten nichts ändern, hätte ein Investor am Spotmarkt im April 2016 weiterhin den Preis von 48,88 USD pro Fass zu bezahlen. Der Investor am Futures-markt hingegen hätte einen Verlust zu verbuchen, da er sich ein Fass Rohöl bereits für 58,58 USD gesichert hat. Erst wenn der Spotkurs von WTI bei Fälligkeit des Terminkontrakts über 58,58 USD gestiegen ist, zahlt sich die Strategie der frühzeitigen Preissicherung des Investors aus.

Der umgekehrte Fall tritt bei Ausprägung Nummer 2 aufHier liegt der Kurs des Rohstoffterminkontrakts in der Zukunft unter dem aktuellen Spotkurs. Dadurch er-wirbt ein Anleger diesen Terminkontrakt unter Gewäh-rung eines Abschlages gegenüber dem aktuellen Preis.

Grasberg-Mine, Papua-NeuguineaGrasberg-Mine, Papua-Neuguinea

45

50

55

60

65

4/2015 10/2015 4/2016 10/2016 4/2017 10/2017 4/2018

Rohöl WTI

Page 118: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

118 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Auch hier wieder ein Beispiel:

Quelle: LBBW Asset Management

Der Preis pro Tonne Kupfer liegt per 11.03.2015 bei 5.764,50 USD (hellblauer Pfeil).

Der Preis pro Tonne Kupfer 12 Monate später beträgt 5.715,25 USD (grauer Pfeil).

Angenommen am Preisgefüge für Kupfer würde sich in den 12 Monaten nichts ändern, hätte ein Investor am Spotmarkt im März 2016 weiterhin den Preis von 5.764,50 USD pro Tonne Kupfer zu bezahlen. Der In-vestor am Futuresmarkt hingegen hätte einen Gewinn zu verbuchen, da er sich ein Tonne Kupfer bereits für 5.715,25 USD gesichert hat. Solange der Spotkurs von Kupfer bei Fälligkeit des Terminkontrakts nicht unter 5.715,25 USD gesunken ist, zahlt sich die Strategie der frühzeitigen Preissicherung des Investors aus.

Umsetzung in einem Rohstoff-FondsAbgeleitet aus den Umständen, dass bei der Konstel-lation „Contango“ ein Aufschlag und bei der Konstella-tion „Backwardation“ ein Abschlag auf den derzeitigen Spotpreis zu leisten bzw. zu erzielen ist, wurde im Jahr 2008 mit dem LBBW-Top-10-Rohstoff-Index ER® ein eigens entwickelter, modellbasierter Index ins Le-ben gerufen und veröffentlicht. Das Ziel dieses neuen Ansatzes war es, den Rollertrag zu optimieren um einen Mehrwert gegenüber bereits bestehenden In-vestmentansätzen zu erzielen. Zudem beinhaltete das Lastenheft an den neuen Investmentansatz eine hohe Transparenz bei der Auswahl der geeigneten Rohstoffe (siehe dazu auch das vorangegangene Kapitel).

Um einen Publikumsfonds im Rohstoffbereich in Deutschland letztendlich für den Vertrieb zugänglich machen zu dürfen, gilt es einige Besonderheiten zu beachten. So darf im Gegensatz zu einem Aktien- oder Rentenfonds das Sondervermögen aus dem Rohstoff-bereich nicht direkt in die gewünschten Rohstoffe investieren. Auch wenn die Hürden sehr hoch sind und es von Seiten der Fondsmanager in keinster Art und Weise gewünscht wird, so besteht zumindest in der Theorie die Möglichkeit, am Verfallstag des Terminkon-trakts den jeweiligen Rohstoff ausgeliefert zu bekom-men. Um auch diesen unwahrscheinlichen Fall gänzlich auszuschließen, wurde vom Gesetzgeber beschlossen, dass das Risiko in Terminkontrakte zu investieren für einen Fonds zu groß ist. Um die Wertentwicklung an den Rohstoffmärkten für Investoren dennoch abbilden zu können, bedienen sich Investmentfonds daher eines Zwischenschrittes. Anstatt in die Futures zu in-vestieren, wird die Wertentwicklung über einen Index abgebildet. In diesem Index sind die jeweils gewünsch-ten Futures enthalten und die Wertentwicklung des Index wird mittels eines Swaps dem Investmentfonds zugeführt. Der Swap ist hierbei Mittel zum Zweck und nichts anderes als ein Tauschgeschäft für die negative und positive Wertentwicklung des Index zwischen dem Fonds und dem Swappartner (z.B. einer Bank). Im Vergleich zum direkten Handel an den Rohstoffbörsen hat der Investmentfonds durch die Swaplösung per se leider ein höheres Risiko. Denn die Gegenpartei des Swaps kann ausfallen, die Börsen mit den vielen tau-send Marktteilnehmern nicht. Aus diesem Grund wird der Swap in der Regel nur für einen Monat abgeschlos-sen und bei einem Volumen von mehr als 10 % des Fondsvermögens üblicherweise vorzeitig abgerechnet und neu eröffnet.

Als weitere Voraussetzung für einen Rohstoffpubli-kumsfonds gilt, dass ein Index hinreichend diversifi-ziert ist und den Markt, auf den er sich bezieht, aus-reichend repräsentiert. Auch diese Voraussetzung wird vom LBBW-Top-10-Rohstoff-Index ER® eingehalten.

Das CollateralFuture-, bzw. Termingeschäfte sind Differenzgeschäfte. Das bedeutet, dass ähnlich einem DAX-Future, bspw. auch bei einem Termingeschäft auf ein Fass Rohöl nicht das ganze Fass bezahlt werden muss, sondern nur die Differenz aus dem Preis bei Eröffnung des

5620

5640

5660

5680

5700

5720

5740

5760

5780

3/2015 9/2015 3/2016 9/2016 3/2017 9/2017 3/2018

Kupfer

Page 119: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 119

Termingeschäftes und dem aktuellen Wert abgerechnet wird. Zur Sicherstellung dieser Zahlungen wird übli-cherweise eine Sicherheitsleistung (Margin) verlangt, die in der Regel nur ein Bruchteil des Nominalwertes beträgt. Das frei verfügbare Kapital (Collateral), wel-ches nicht für die Sicherheitsleistung benötigt wird, wird bei den Rohstoff-Fonds der LBBW Asset Manage-ment möglichst sicher angelegt. Dabei gilt für unsere Rohstoff-Fonds das Motto „Sicherheit vor Rendite“. Das heißt, die Anlage der liquiden Mittel konzentriert sich auf deutsche Pfandbriefe, Covered Bonds von soliden Emittenten, Anleihen deutscher Länder, Sub Sove-reigns, Agencies und Floater. Eine reine auf Geldmarkt orientierte Anlage wie bei den meisten Indizes (US-Treasury-Bills) ist aufgrund der Diversifikationsvor-schriften für UCITS-Fonds nicht möglich. Die durch-schnittliche Restlaufzeit des Collateral-Renten-Portfo-lios liegt für alle Rohstofffonds bei rund einem Jahr.

Alle Ertragskomponenten auf einen Blick

Der LBBW Rohstoffe 1 bildet mit dem Veränderung aus der Spotpreisentwicklung (Spot Yield), dem Rollertrag/Rollverlust durch die Terminkontrakte (Roll Yield) und dem Ertrag aus der Verwaltung des Collaterals (Colla-teral Yield) somit alle drei Ertragskomponenten eines Rohstoff-Investments ab:

1. Spot Yield

2. Roll Yield

3. Collateral Yield

Der LBBW Rohstoffe 1 ist in vier Tranchen für institutio-nelle und private Anleger erhältlich.

R-Tranche für Privatkunden: WKN A0NAUG/ISIN DE000A0NAUG6

I-Tranche für Institutionelle: WKN A0MU8J/ISIN DE000A0MU8J9

USD-Währungstranche:WKN A1JSV5 / ISIN DE000A1JSV56

CHF-WährungstrancheWKN A1JSV6 / ISIN DE000A1JSV64

LBBW Rohstoffe 1 zeichnet sich seit Auflegung mit ei-nem exzellenten Ergebnis gegenüber den vier bekann-ten Rohstoffindizes aus. Seit Auflage des Fonds am 19. Mai 2008 liegt das Sondervermögen sogar eine Nasen-länge vor dem Bloomberg Commodity Spot Index.

LBBW Rohstoffe 1 vs. Benchmarks (indexiert; 19.5.2008 = 100)

Quelle: Thomson Reuters

Die Long-Short-Idee: LBBW Rohstoffe 2 LSObwohl das Konzept des LBBW Rohstoffe 1 für Inves-toren ohne Zweifel ein sehr erfolgreiches ist, kann der Fonds in der Regel nur bei steigenden Kursen an den Rohstoffmärkten einen positiven absoluten Betrag erzielen. Aus diesem Grund kam im Jahr 2009 von Sei-ten der institutionellen Kunden vermehrt der Wunsch auf, einen neuen Investmentansatz zu entwickeln, der die Volatilität im Vergleich zu Long-only Investments reduziert.

Als Antwort darauf wurde am 19. Februar 2010 der LBBW Rohstoffe 2 LS (wobei LS für Long-Short steht) aufgelegt. Dabei galt es, die gleichen Standards wie schon beim ersten Rohstoff-Fonds einzuhalten. Das heißt, dass der LBBW Rohstoffe 2 LS ebenfalls ein in Deutschland aufgelegter UCTIS-Fonds ist und für das Collateral die gleichen Qualitätsmaßstäben gelten wie für den LBBW Rohstoffe 1. Der Index wurde wiederum vom LBBW Commodity Research entwickelt (LBBW Long-Short-Rohstoff-Index ER®, siehe vorheriges Kapi-tel). Die Wertentwicklung wird wie schon beim ersten Fonds über einen Swap in den Fonds transferiert.

LBBW Top 10 ER-Index

(Excess Return)

LBBW Rohstoffe 1(Total Return)

2008 2009 2010 2011 2012 2013 201420

30

40

50

60

70

80

90

100

110

120

130

LBBW Rohstoffe 1 (I-Tranche)Bloomberg CI (Spot)

RICI-Index (TR)Bloomberg CI (TR)

20

30

40

50

60

70

80

90

100

110

120

130

Page 120: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

120 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Nachdem in den Jahren 2011 und 2012 das Thema Investitionen in Grundnahrungsmittel zunehmend kritisch in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde, hat sich die LBBW Asset Management Investmentge-sellschaft mbH entscheiden, bei ihren Rohstoffinvest-ments auf die Sektoren Agrargüter und Lebendvieh zu verzichten. In Folge dessen wurden mit Platin, Gasöl, Blei und Zinn ersatzweise vier Rohstoffe aus den Be-reichen Edelmetalle, Energieträger und Basismetalle aufgenommen. Die Rückrechnungen des zugrunde liegenden LBBW Long-Short-Rohstoff-Index ER® unter der neuen Zusammensetzung zeigte seit dem Jahr 2000 eine spürbar bessere Performance. Allerdings kann sich die Volatilität in der „neuen Welt“ aus einer konzentrierteren Indexzusammensetzung erhöhen. Während in der „alten Welt“ üblicherweise mindestens ein Rohstoff aus dem Agrarsektor je nach klimatischen Voraussetzungen bzw. erwartetem Ernteertrag eine ausgeprägte Contango- oder Backwardationstruktur bei der Terminkurve aufwies und sich dadurch für die Long- bzw. Shortseite qualifizierte, befindet sich nach der Umstellung zeitweise ein „Übergewicht“ eines ein-zelnen Sektors auf der Long- bzw. auf der Shortseite. Dadurch kann es zu Konstellationen kommen, in der beispielsweise der Energiesektor einen Großteil der Shortpositionen stellt und auf der Longseite nicht vertreten ist. Aufgrund der klaren Positionierung ist in einem derartigen Fall mehr Fortune gefragt als in der „alten Welt“.

Seit dem 1. Februar 2012 wird der LBBW Rohstoffe 2 LS auf vielfachen Wunsch zahlreicher Kunden und Vertriebspartner auch als Retail-Tranche angeboten. Im April folgten Währungstranchen in USD und CHF.

R-Tranche für Privatkunden: WKN A1H727/ISIN DE000A1H7276

I-Tranche für Institutionelle: WKN A0X97E/ISIN DE000A0X97E0

USD-Währungstranche:WKN A1JSV7 / ISIN DE000A1JSV72

CHF-WährungstrancheWKN A1JSV8 / ISIN DE000A1JSV80

Daniel Rauch (LBBW Asset Management Investmentgesellschaft mbH)

Page 121: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 121

BP1- Bereich erzielt werden.2 Entgangene Zinseinnah-men - vor allem gegenüber Anleihen - sind somit we-niger ausschlaggebend. Vielmehr kann das Argument herangezogen werden, dass sich Edelmetalle in einem Abwärtstrend befinden. Tatsächlich ist Gold als promi-nentester Vertreter der Edelmetalle seit dem Hoch aus dem Jahr 2011, und hier im Besonderen auf USD-Basis, auf dem Rückzug. Ein anderes Bild ergibt sich jedoch diesseits des Atlantiks. Aufgrund der jüngsten Euro-schwäche können sich Gold-Sympathisanten aus dem Euroraum seit dem 01. Januar 2014 bis zum 24. April 2015 über einen Zuwachs von rund 25 % freuen. Dies entspricht für den gleichen Zeitraum in etwa der Wert-entwicklung des Deutschen Aktienindex DAX.

Idealerweise ist die Wertentwicklung jedoch nicht der alleinige Beweggrund, ein Investment in einer Anlage-klasse zu wagen. Gemäß der vorherrschenden Meinung gilt es vielmehr, mit Hilfe eines diversifizierten Portfo-lios die Größen Rendite und Risiko möglichst optimal in Einklang zu bringen.

Zusammenhang zwischen Rendite und Risiko

Quelle: Anlegercampus.net

Vor allem wenn die eingesetzten Assetklassen nicht vollständig miteinander korrelieren, stehen die Chan-cen gut, das Ergebnis zu verbessern – unabhängig wie die Zukunft aussehen mag. Ein Blick auf die Korrelation von Gold mit bekannten Aktienindizes wie dem S&P 500, dem Euro Stoxx 50 oder dem Dax über die von Bloomberg automatisch eingestellte 120 Tage Korrela-tionsperiode zeigt ab dem 2. Quartal 2014 und beson-ders seit Anfang des Kalenderjahres 2015 eine negative Korrelation. Gold scheint sich demnach verstärkt in seine Rolle als Diversifikationsinstrument und Absiche-

8.1.3 Physische Edelmetall-Fonds: Das Dreigestirn Aureus, Argentum & PGM

Zusätzlich zu den auf den vorherigen Seiten vorge-stellten Investmentlösungen im Rohstoffbereich sollte eine weitere Spezialität auf dem Feld der physischen Edelmetall-Fonds innerhalb des LBBW Konzerns nicht unerwähnt bleiben.

Weshalb in Edelmetalle (Gold) investieren ?Zu Beginn einer Investmententscheidung steht in der Regel die Frage, ob die angestrebte Anlage grundsätz-lich zur aktuellen Gemengelage passt. Aus diesem Grund ist es keine Selbstverständlichkeit unter den beim Verfassen des Artikels gegebenen Umständen ein Engagement in Edelmetalle ins Auge zu fassen. So eilte der Deutsche Aktienindex DAX in den letzten Monaten von Hoch zu Hoch und notierte mit über 12.000 Punkten im April 2015 auf einem Allzeithoch. Darüber hinaus rücken Aktien auch unter dem Aspekt der laufenden Erträge aus Dividendenzahlungen in der Gunst der Anleger weiter vor. Weshalb sollten sich An-leger unter solch formidablen Bedingungen mit einer unverzinslichen und aktuell wenig im Fokus stehenden Anlageklasse befassen?

Auf den ersten Blick spricht in der Tat wenig für Edel-metalle wie beispielsweise Gold. Der Investmentlegen-de Warren Buffet beispielsweise wird das Zitat zuge-schrieben „Gold wird irgendwo in Afrika oder an einem anderen Ort der Erde aus dem Boden gegraben, dann schmelzen wir es ein und graben ein weiteres Loch, um es wieder einzugraben.“ In diesem „weiteren Loch“ la-gere das Gold nun ohne Anleger mit einem Kupon oder einer Dividende für die Haltedauer zu erfreuen.

Das ist absolut richtig, jedoch sollten nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden. Aktien stehen im All-gemeinen im Ruf, einer riskanteren Anlageklasse an-zugehören als beispielsweise Gold oder Staatspapiere von Schuldnern guter Bonität. Wenn man somit den „sicheren Hafen“ Gold mit dem „sicheren Hafen“ Bun-desanleihen vergleicht, so sind bei den Staatspapieren die Opportunitätskosten im Moment weitestgehend zu vernachlässigen. Die Rendite der Bundesanliehen im April 2015 beispielsweise lag mit einer Restlaufzeit von einem Monat bis zu sieben Jahren und zwei Monate im negativen Bereich und erst bei einer Haltedauer von knapp 7,5 Jahren können Renditen im zweistelligen 1 BP: Basispunkte. Ein Basispunkt entspricht 0,01 %.

2 Quelle: Deutsche Bundesbank.

Rendite

Risiko

T

Page 122: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

122 LBBW - Commodity Yearbook 2015

rung gegenüber Risiken einzufinden. Bei aller Freude über die negative Korrelation mit den Aktienmärkten sollte jedoch nicht vergessen werden, dass Gold als Beimischung anzusehen ist und viele Vermögensver-walter den empfohlenen Anteil des gelben Edelmetalls mit rund 5 % angeben.

Eine Idee, viele LösungsmöglichkeitenUnter der Voraussetzung, dass eine Beimischung von Gold auf das Portfolio stabilisierend und sinnvoll sein kann, stellt sich im zweiten Schritt die Frage nach der Art des Investments. Die naheliegende Lösung ist sicherlich der Erwerb von physischem Edelmetall. Hier-bei gilt es vor allem bei Silber, Platin und Palladium die Abgaben durch die Mehrwertsteuer in Höhe von 19 % zu beachten. Goldbarren ab einem Feingehalt von 995 Anteilen Gold sind in Deutschland von der Mehrwert-steuer befreit, unterscheiden sich durch die Gebühren beim An- und Verkauf jedoch vom reinen Materialwert des Goldes.

Als weitere Alternative bieten sich Edelmetall-ETCs an. Diese sind in der Regel nahe am reinen Materialwert des jeweiligen Edelmetalls gepreist und darüber hinaus jederzeit über eine Börse handelbar. Nachteilig bei die-sen Investmentmöglichkeiten ist die rechtliche Ausge-staltung, denn sie sind im Produktsegment GD195 bei WM Daten überwiegend als „Zero Bond“ und damit als Inhaberschuldverschreibung verschlüsselt.

Weniger aktiv ist der Handel mit Edelmetallfonds. Als Sondervermögen, und damit rechtlich von einer Insol-venzmasse abgesondert, werden sie üblicherweise ein-mal am Tag zum Inventarwert gepreist und Rückgaben bzw. Zuflüsse abgerechnet. Die Möglichkeiten eines In-vestments in Edelmetalle wurde im Laufe der Zeit suk-zessive ausgebaut und dem Anleger steht mittlerweile ein ganzer Strauß an Alternativen bereit. Im folgenden Absatz soll nun die Fondskonstruktion als Kombinati-on aus bequemer und unkomplizierter Handelbarkeit mit gleichzeitig hoher Sicherheit, anhand des Aureus Fund (Ireland) plc., näher betrachtet werden.

Die Geschichte hinter dem Aureus Fund (Ireland) plc.Vor vergleichsweise langer Zeit, am 18. September 2002, wurde der Aureus Fund (Ireland) plc. aufgelegt.3

Damit ist er wohl der älteste Gold- bzw. Edelmetall-fonds der Welt und definitiv ein Pionier am Markt. Dass der Aureus Fund in Irland aufgelegt wurde, ist auf die fehlende Bereitschaft der kontinentaleuropäi-schen Aufsichtsbehörden, eine bis dahin unbekannte Assetklasse als Fonds zu genehmigen, zurückzufüh-ren. Zwar waren Edelmetalle als solches bekannt, das Verpacken eben jener Edelmetalle in einem Fondsman-tel hingegen bedeutete ein Novum, dessen man sich auf dem Kontinent nach dem Platzen der Internetblase um die Jahrtausendwende zur damaligen Zeit nicht stellen wollte. Lediglich die irische Aufsicht zeigte sich gesprächsbereit. Dabei wurde der Aureus Fund 2002 bewusst in einem Mitgliedsland der Europäischen Uni-on gegründet, und nicht auf Jersey im Ärmelkanal oder den Cayman Islands in der Karibik, um dem Kunden ein Höchstmaß an Sicherheit zu bieten. Als irischer Fonds unterliegt er der Aufsicht durch die Central Bank of Ireland und wurde in der in Irland üblichen Rechts-form der Investment-Aktiengesellschaft gegründet.

Investment Manager des Fonds ist seit Auflage unver-ändert die LBBW Asset Management Investmentgesell-schaft mbH, eine 100%-Tochter der LBBW. Während bei den handelnden Personen in der mittlerweile gut 12 jährigen Historie eine hohe Kontinuität zu verzeich-nen ist, unterlag das „Innenleben“ des Aureus Fund diversen Veränderungen. Zu Beginn war der physische Goldanteil des Aureus Fund durch die irische Aufsicht noch auf 49 % limitiert. Investitionen in Silber, Platin, Palladium und Goldminenaktien rundeten das Bild ab. Im Jahr 2007 akzeptierte die irische Aufsicht dann für den Aureus Fund eine Quote von 100 % in physischem Gold. Grund hierfür war die zunehmende Akzeptanz von Edelmetallen als eigener Asset-Klasse durch die Anleger und das Aufkommen der ETFs, vor allem in der Schweiz. Neben physischem Gold konnte der Aure-us weiterhin in Silber, Platin, Palladium und Goldminen investieren. Der Fokus lag jedoch eindeutig auf physi-schem Gold. Eine abermalige Änderung die Portfolio-struktur betreffend erfuhr das irische Sondervermögen im Dezember 2013.

Mit Inkrafttreten des AIFM-Steueranpassungsgesetzes bzw. des neuen Investmentsteuergesetzes kurz vor Weihnachten 2013 musste eine Risikomischung bei den Edelmetallen herbeigeführt werden um steuerli-che Nachteile für die Anlegerschaft zu vermeiden. Die Richtgröße des Portfolios beträgt seither 60 % Gold, 20 % Silber, 10 % Platin und 10 % Palladium, wobei die

3 Bitte beachten Sie, dass der Aureus Fund (Ireland) plc. ausschließlich für den Erwerb von professionellen und semi-professionellen Anlegern geeignet ist.

Page 123: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 123

60 % in Gold als Maximalwert anzusehen sind. Die Edelmetalle werden unverändert in physischer Form gehalten und nicht verliehen. Des Weiteren wurde die rechtliche Struktur den neuen Gegebenheiten ange-passt, indem die Edelmetallfonds ab dem 27.12.2013 bei WM Daten von dem alten Wert „Aktie“ auf „offener EU - Alternative Investment Fund“ verschlüsselt wur-den. Dementsprechend wird seit dem 27.12.2013 wie-der ein Zwischengewinn veröffentlicht und beginnend mit dem Kalenderjahr 2014 eine §5-Bescheinigung als transparenter Fonds ausgestellt und veröffentlicht.

Steuerliche und aufsichtsrechtliche FragenNachdem die rechtliche Struktur mit den neuen Gege-benheiten in Einklang gebracht wurde, galt es die steu-erlichen Fragestellungen anzugehen und aufzulösen. Seitdem die Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (auch bekannt unter der Abkürzung AIFMD oder in der Langversion „Alternative Investment Fund Manager Directive“) per Ende 2013 in nationales Recht umgesetzt wurde, fallen in der auf-sichtsrechtlichen Eingruppierung alle Edelmetallfonds in Europa in die Kategorie „Alternative Investment Fund“. Im neu geschaffenen Investmentrecht hingegen gibt es zwei neue Gruppierungen: Investmentfonds und Kapitalinvestitionsgesellschaft. In die erste, deut-lich vorteilhaftere Klassifizierung fallen nur Fonds, welche u.a. eine Risikomischung (in mindestens vier Vermögensgegenstände) aufweisen, wobei kein Vermö-gensgegenstand mehr als 60 % des Fondsvermö-gens betragen darf. Die meisten (Schweizer) Gold-ETFs beispielsweise fallen aufgrund der fehlenden Risikomi-schung zumeist in die zweite, unvorteilhafte Steuerka-tegorie.

Als Wehrmutstropfen für den Aureus Fund bleibt, dass der offene EU - Alternative Investment Fund mit einer physischen Goldquote von mehr als 30 % für Privatan-leger keine Vertriebszulassung in Deutschland mehr erhält. Paradoxerweise dürfte die Goldquote durch Ver-briefungen auf Gold, beispielsweise durch Zertifikate, auf 60 % verdoppelt werden. Auch wenn mittels dieser Kombination das Risiko für Privatanleger ansteigt, da Zertifikate nicht von einer Insolvenzmasse abgeson-dert werden und im Vergleich zu weiteren 30 % phy-sischem Gold keinen zusätzlichen Nutzen für Anleger darstellen, ist ein Erwerb dieser Art von Investment für Privatanleger gestattet. Folglich bleibt der Erwerb von offenen EU - Alternative Investment Funds wie dem Aureus Fund ausschließlich der Gruppe der semipro-

fessionellen und professionellen Anleger vorbehalten. Diese Gruppe wird im Kapitalanlagegesetzbuch unter §1 Absatz 19 Ziffer 33 für semiprofessionelle Anleger und §1 Absatz 19 Ziffer 32 für professionelle Anleger genau definiert.4

Ein Fonds für deutsche KundenEntscheidend bei allen aufsichtsrechtlichen und steuer-lichen Fragen war jedoch immer, dass der Aureus Fund von einer in Deutschland ansässigen Bank für hier an-sässige Kunden entwickelt wurde. Im Gegensatz zu ei-nigen ausländischen Produkten war der deutsche Markt für den Aureus Fund nicht nur ein „Mitnahmegeschäft“, sondern immer die zentrale Geschäftsgrundlage. Aus diesem Grund wurde den Bedürfnissen der deutschen Kunden immer besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Des Weiteren hat der Aureus Fund nie (wie einige Zer-tifikate) die absolute Steuerfreiheit in den Vordergrund der Überlegungen gestellt. Einige Produkte (v.a. Zertifi-kate) haben lange mit der vermeintlichen Befreiung von der Abgeltungssteuer geworben. Diese Position wurde aber in einem BMF-Rundschreiben nicht geteilt und be-stätigte somit die zurückhaltende Position des Aureus Fund zu diesem Thema.

Die Portfoliostruktur des Aureus Fund (Ireland) plc.

(per 31.03.2015)

Golddepot 59,39 %

Goldkonto 0,19 %

Palladiumkonto /-depot 9,88 %

Platinkonto / -depot 9,28 %

Silberkonto / -depot 20,83 %

Edelmetalle 99,57 %

Investmentfonds 0,00 %

Kasse 0,93 %

Sonstige Nettovermögen -0,50%

Summe 100,00 %

Das Fondsmanagement des Aureus Fund (Ireland) plc. ist bestrebt, durch ein Über- oder Untergewicht der jeweiligen Positionen eine Mehrrendite gegenüber der Benchmark 60 % Gold, 20 % Silber, 10 % Platin und 10 % Palladium zu erzielen. Da die überwiegende Mehrheit der Kunden in Deutschland ansässig ist, notiert der

4 Ausführungen zur steuerlichen Behandlung beruhen auf dem aktuellen recht-lichen Kenntnisstand. Veränderungen im Gesetzgebungsverfahren sind nicht auszuschließen. Die Ausführungen in diesem Kapitel stellen keine steuerliche Beratung dar. Die Ausführungen beruhen auf allgemein zugänglichen Infor-mationen, jedoch wird für die Richtigkeit keine Gewähr übernommen. Für eine ausführliche steuerliche Beratung wenden Sie sich bitte an eine zur Steuerbera-tung befugte Person. Steuerliche Sachverhalte können sich ändern.

Page 124: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

124 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Aureus Fund (Ireland) plc. in Euro. Eine Währungssi-cherung der in USD notierten Edelmetalle erfolgt in der Regel nicht. Der Anleger erhält also ungefähr die Performance der Edelmetalle in Euro; der Aureus Fund ist in der Fachsprache damit gerade kein „Quanto-Produkt“. Dies wurde insbesondere in der jüngsten Vergangenheit deutlich. Während Anleger von in USD Dollar notierten Edelmetallen seit 2013 überwiegend Verluste einfuhren, entwickelte sich der Kurs des Aure-us Fund aufgrund der USD-Stärke sehr erfreulich. Mit einem Plus von mehr als 8 % im Jahr 2014 und einem Zuwachs von über 11 % seit Anfang des Jahres 2015 (per 31.03.2015) erhalten Anleger die unverfälschte Wertentwicklung der Edelmetalle aus dem heimischen Währungsraum.

Aureus Fund (Ireland) plc. seit der Umstellung per 31.12.2013

Quelle: Thomson Reuters

Die physischen Edelmetalle werden in so genannten Standardbarren (ab ca. 1,25 kg für Platin bis ca. 30 kg für Silber) in Zürich gelagert und von Großkunden (z.B. Banken, Vermögensverwaltungen, Stiftungen, etc.) mit entsprechendem Engagement im Aureus Fund auch regelmäßig besichtigt.

Die KundengruppeIn den letzten zehn Jahren wurde der Aureus Fund überwiegend von institutionellen Anlegern, Vermö-gensverwaltungen und Family-Offices aus Deutschland erworben. Zum Ablauf der halbjährigen Übergangsfrist aus der Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU wurde die Vertriebszulassung für die Kundengruppe semipro-fessionelle und professionelle Anleger erwirkt und die Kundengruppe damit umrissen. Mit einem Fondsvo-lumen von 205 Mio. Euro (Stand 31.03.2015) hält der Aureus somit 3,4 Tonnen physisches Gold, 93,1 Ton-

nen physisches Silber, 600 Kilogramm Platin und 950 Kilogramm Palladium für seine Anleger.

Tägliche und faire KursberechnungDer Aureus Fund (Ireland) plc. kann wie jeder andere Fonds direkt über die Banken gehandelt werden. Dies geschient börsentäglich (Stuttgart und Dublin) nach Maßgabe des Fondsprospekts bis 14 Uhr deutscher Zeit. Der Vorteil dabei ist, dass abgesehen von einem Ausgabeaufschlag (nominell bis zu 5 %, i.d.R. jedoch deutlich geringer) keine An- und Verkaufsspesen anfallen und auch kein Spread (An- und Verkaufskurs-differenz) wie bei anderen ETFs bezahlt werden muss. Der Aureus kann auf demselben Weg als Fonds zum Nettoinventarwert, und damit ohne Abschläge, zurück-gegeben werden. Ein Vorteil ist auch, dass der Aureus seine Anteile börsentäglich direkt auf Kundenwunsch zurück nehmen muss. Denn im Gegensatz dazu kön-nen Gold-ETFs oft nur über einen Market Maker gehan-delt werden.

FazitDer Aureus Fund (Ireland) plc. eignet sich für alle professionellen und semi-professionellen Anleger, die in physische Edelmetalle mit Schwerpunkt auf Gold in-vestieren möchten, denen die Geld-Brief-Spannen beim physischen Goldkauf zu hoch sind (z.B. bei Erwerb einer Goldmünze), die bei einem Anbieter investieren möchten, der dieses Produkt nunmehr im dreizehnten Jahr erfolgreich anbietet und die sicher sein wollen, dass die Belange von deutschen Kunden immer oberste Priorität haben.

Argentum Fund – der kleine Bruder des Aureus FundIm Mai 2011 wurde der „Argentum Fund (Ireland) plc.“ als kleiner Bruder des Aureus Goldfonds aufgelegt.5 Da in der Literatur Silber auch als „kleiner Bruder von Gold“ bezeichnet wird und der lateinische Begriff ar-gentum für Silber steht, liegt der Schluss nahe, dass der Anlageschwerpunkt beim Argentum Fund auf eben jenem physischem Silber liegt. Identisch ist bei beiden die Rechtsform der Investmentaktiengesellschaft unter der Aufsicht der irischen Zentralbank.

Da das AIFM-Steueranpassungsgesetz bzw. das neue Investmentsteuergesetz in gleichen Teilen für den Argentum Fund gilt, musste fristgerecht eine Risiko-

J F M A M J J A S O N D J F M A95

100

105

110

115

120

125

130

Aureus Fund (Ireland) plc.

95

100

105

110

115

120

125

130

5 Bitte beachten Sie, dass der Argentum Fund (Ireland) plc. ausschließlich für den Erwerb von professionellen und semi-professionellen Anlegern geeignet ist.

Page 125: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 125

mischung beim Portfolio herbeigeführt werden, um steuerliche Nachteile für Anleger zu vermeiden. Parallel dazu wurde die Einstufung als „offener EU - Alternati-ve Investment Fund“ beantragt und gewährt. Weitere Besonderheiten wie die Bescheinigung nach §5 Invest-mentsteuergesetz oder die Erwerbbarkeit entnehmen Sie bitte den oben angeführten Passagen beim Aureus Fund.

Besonderheiten bei der Lagerung von physischem Silber Im Gegensatz zu Gold ist der physische Erwerb von Weißmetallen wie Platin, Palladium und Silber in den meisten Ländern mit einer Mehrwertsteuer belastet. Zwar liegt diese in der Schweiz, dem Lagerort des Silbers, mit 8 % relativ niedrig; aber bei einem Sofort-verlust in dieser Größenordnung hätte ein physischer Silberfonds keine Chance gegenüber vergleichbaren Zertifikaten. Die Lösung besteht darin, das Silber in so genannten „Zollfreilagern“ zu verwahren. Dabei ist der Kauf und Verkauf von der Mehrwertsteuer befreit. Erst bei einer physischen Auslieferung an einen Endan-leger würde Mehrwertsteuer anfallen. Beim Kauf bzw. Verkauf der Anteile des Argentum Fund (Ireland) plc. entfällt die Mehrwertsteuer, was einen signifikanten Mehrwert gegenüber dem physischen Investment im Banktresor darstellt.

Argentum Fund (Ireland) plc.Wie beim großen Bruder Aureus ist auch beim Silber-fonds die LBBW Asset Management Investmentge-sellschaft seit dem ersten Tag der Fondsmanager. Der Argentum Fund ist nicht währungsgesichert, ist also ebenfalls kein „Quanto-Produkt“, sondern verhält sich wie eine Wertanlage im Schließfach eines deutschen Anlegers. Der Argentum Fund betreibt keine aktive Über- oder Untergewichtung, sondern versucht unter Berücksichtigung der gesetzlichen Grenzen die Bench-mark 60 % Silber, 20 % Gold, 10 % Platin und 10 % Palla-dium abzubilden.

Die Portfoliostruktur (per 31.03.2015):

Silberdepot 59,43 %

Silberkonto 0,04 %

Palladiumdepot 9,73 %

Platindepot 9,53 %

Golddepot 20,94 %

Edelmetalle 99,67 %

Investmentfonds 0,00 %

Kasse 0,77 %

Sonstige Nettovermögen -0,44%

Summe 100,00 %

Argentum Fund seit der Umstellung per 31.12.2013

Quelle: Thomson Reuters

Volumen und StandardbarrenMit einem Fondsvolumen von 44 Mio. Euro (Stand 31.03.2015) hält der Argentum Fund (Ireland) plc. et-was mehr als 69 Tonnen physisches Silber in Form von Standardbarren im Tresor in der Schweiz. Dabei gibt es bei Silber - wie auch bei Gold - den so genannten „Lon-don Good Delivery Standard“, also „Standardbarren“ von zertifizierten Schmelzern, die bestimmte Vorgaben einhalten müssen und auch regelmäßig kontrolliert werden. Von diesen Silberbarren nennt der Argentum Fund exakt 1.906 (Stand: 20.04.2015) sein eigen.

Täglich faire PreisberechnungDer Argentum Fund kann börsentäglich (Stuttgart und Dublin) nach Maßgabe des Fondsprospekt bis 11.30 Uhr deutscher Zeit gekauft bzw. verkauft werden (Orderannahmeschluss). Der Vorteil dabei ist, dass abgesehen von einem Ausgabeaufschlag (nominell bis zu 3 %, i.d.R. jedoch deutlich geringer) keine An- und Verkaufsspesen anfallen und auch kein Spread

J F M A M J J A S O N D J F M A90

95

100

105

110

115

120

Argentum Fund (Ireland) plc.

90

95

100

105

110

115

120

Page 126: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

126 LBBW - Commodity Yearbook 2015

(An- und Verkaufskursdifferenz) wie bei anderen ETFs bezahlt werden muss. Der Argentum Fund kann auf demselben Weg als Fonds zum Nettoinventarwert, und damit ohne Abschläge, zurückgegeben werden. Der Kunde erhält dabei dann den Kurs des Silber Fixings um 13 Uhr (deutscher Zeit) in London. Im Gegensatz zu Gold gibt es bei Silber nur ein täglich liquides Fixing in London. Der Preis wird am nächsten Tag berechnet und veröffentlicht.

FazitDer Argentum Fund (Ireland) plc. eignet sich für alle professionellen und semi-professionellen Anleger, die in physisches Silber investieren möchten, jedoch die hohen Kosten der Mehrwertsteuer und der Geld-Brief-Spanne bei einem physischen Erwerb scheuen. Beson-ders für Vermögensverwalter und größere Anlagebeträ-ge ist der Argentum Fund eine echte Alternative. Denn im Gegensatz zu Gold benötigt Silber vor allem eines: viel Lagerplatz.

PGM Fund – das fehlende PuzzleteilAls letzter Vertreter in der Familie der physischen Edelmetalle wurde im Juli 2013 der PGM Fund (Ireland) plc. aufgelegt.6 Der Schwerpunkt des PGM Fund liegt auf physischem Platin und Palladium. Identisch ist wie-derherum die Rechtsform der Investmentaktiengesell-schaft unter der Aufsicht der irischen Zentralbank.

Zwar gilt das AIFM-Steueranpassungsgesetz bzw. das neue Investmentsteuergesetz in gleichen Teilen für den PGM Fund, eine Anpassung war jedoch nicht notwendig, da der PGM Fund per Anlageziel bereits risikogemischt war. So liegt der Zielwert von Platin und Palladium bei je 45 %. Eine Ergänzung mit je 5 % in Gold und Silber runden das Portfolio ab. Analog zu den beiden vorher angeführten Fonds wurde für den PGM Fund ebenfalls die Einstufung als „offener EU - Alterna-tive Investment Fund“ beantragt und gewährt. Weitere Besonderheiten wie die Bescheinigung nach §5 Invest-mentsteuergesetz oder die Erwerbbarkeit entnehmen Sie bitte den oben angeführten Passagen beim Aureus Fund.

Besonderheiten bei der Lagerung von physischen Platinmetallen Im Gegensatz zu Gold ist der physische Erwerb von Weißmetallen wie Platin, Palladium und Silber in den meisten Ländern mit einer Mehrwertsteuer belastet. Zwar liegt diese in der Schweiz, dem Lagerort des Sil-bers, mit 8 % relativ niedrig; aber bei einem Sofortver-lust in dieser Größenordnung hätte ein physischer Pla-tin- und Palladiumfonds keine Chance gegen vergleich-bare Zertifikate. Die Lösung besteht darin, die entspre-chenden Edelmetalle in so genannten „Zollfreilagern“ zu verwahren. Dabei ist der Kauf und Verkauf von der Mehrwertsteuer befreit. Erst bei einer physischen Aus-lieferung an einen Endanleger würde Mehrwertsteuer anfallen. Beim Kauf bzw. Verkauf der Anteile des PGM Fund (Ireland) plc. entfällt die Mehrwertsteuer, was einen signifikanten Mehrwert gegenüber dem physi-schen Investment im Banktresor darstellt.

PGM Fund (Ireland) plc.Auch beim PGM Fund (Ireland) plc ist der Fondsmana-ger seit dem ersten Tag die LBBW Asset Management Investmentgesellschaft mbH. Der PGM Fund ist nicht währungsgesichert, ist also ebenfalls kein „Quanto-Produkt“, sondern verhält sich wie eine Wertanlage im Schließfach eines deutschen Anlegers. Der PGM Fund betreibt keine aktive Über- oder Untergewichtung, son-dern versucht unter Berücksichtigung der gesetzlichen Grenzen die Benchmark 45 % Platin, 45 % Palladium, 5 % Gold und 5 % Silber abzubilden.

Die Portfoliostruktur (per 31.03.2015):

Platindepot 44,21 %

Palladiumdepot 45,30 %

Golddepot 4,50 %

Silberdepot 4,24 %

Edelmetalle 98,25 %

Investmentfonds 0,00 %

Kasse 3,03 %

Sonstige Nettovermögen -1,28%

Summe 100,00 %

6 Bitte beachten Sie, dass der PGM Fund (Ireland) plc. ausschließlich für den Erwerb von professionellen und semi-professionellen Anlegern geeignet ist.

Page 127: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 127

PGM Fund seit der Umstellung per 31.12.2013

Quelle: Thomson Reuters

Volumen und StandardbarrenMit einem Fondsvolumen von 10,6 Mio. Euro (Stand 31.03.2015) ist das jüngste Mitglied der Edelmetallfa-milie gleichzeitig auch das volumenmäßig kleinste. Alle Barren werden analog zu den beiden oben aufgeführ-ten Fonds in Form von Standardbarren im Tresor in der Schweiz aufbewahrt.

Täglich faire PreisberechnungDer PGM Fund kann börsentäglich (Stuttgart und Dublin) nach Maßgabe des Fondsprospekt bis 14 Uhr deutscher Zeit gekauft bzw. verkauft werden (Orderan-nahmeschluss). Der Vorteil dabei ist, dass abgesehen von einem Ausgabeaufschlag (nominell bis zu 3 %, i.d.R. jedoch deutlich geringer) keine An- und Ver-kaufsspesen anfallen und auch kein Spread (An- und Verkaufskursdifferenz) wie bei anderen ETFs bezahlt werden muss. Der PGM Fund kann auf demselben Weg als Fonds zum Nettoinventarwert, und damit ohne Abschläge, zurückgegeben werden. Der Kunde erhält täglich den Kurs des offiziellen Platin- und Palladium Fixings um 15 Uhr (deutscher Zeit) in London.

FazitDer PGM Fund (Ireland) plc. eignet sich für alle pro-fessionellen und semi-professionellen Anleger, die in physisches Platin und Palladium investieren möchten, jedoch die hohen Kosten der Mehrwertsteuer und der Geld-Brief-Spanne bei einem physischen Er-werb scheuen. Besonders für Vermögensverwalter und größere Anlagebeträge ist der PGM Fund eine echte Alternative.

Daniel Rauch(LBBW Asset Management Investmentgesellschaft mbH)

Bitte beachten Sie:Aureus, Argentum und PGM Fund sind in Deutschland ausschließlich zum Vertrieb an professionelle und semi-professionelle Kunden zugelassen. Die Fonds sind nicht zum öffentlichen Vertrieb an Privatanleger in Deutschland zugelassen. Auch stellt diese Information weder ein Angebot noch eine Bera-tung oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf desselben dar. Um jedoch ein ausführliches Bild über die Möglichkeiten zur Anlage in Edelmetalle und auf die aktuelle rechtliche Situation der Edelmetallmöglichkeiten in Deutschland ansatzweise einzugehen, ist eine Erwähnung dieser AIFs unerlässlich. Aureus, Argentum und PGM Fund werden nicht öffentlich vertrieben und beworben. Aus diesem Grund werden wir hier auch keine Wertpapierkennnummern anfüh-ren. Die enthaltenen Informationen wurden von uns sorgfältig zusammenge-stellt und beruhen auf allgemein zugänglichen Quellen, die wir für zuverlässig

erachten. Bitte beachten Sie, dass die Portfoliostruktur von dem Jahresbericht geringfügig abweichen kann. Eine Gewähr für die Vollständigkeit und Richtig-keit der in dieser Präsentation gemachten Angaben können wir jedoch nicht übernehmen, auch werden die in diesem Dokument enthaltenen Informationen permanent aktualisiert. Die Darstellung vergangenheitsbezogener Daten - u. a. durch Einbezug externer oder allgemein zugänglicher Quellen oder die Ab-bildung von Auszeichnungen für die Performance des Produktes - gibt keinen Aufschluss über zukünftige Wertentwicklungen. Aussagen zur steuerlichen Eingruppierung können sich ändern und ersetzten nicht eine ausführliche steuerliche Beratung. Die Fonds dürfen weder direkt noch indirekt in den Verei-nigten Staaten oder für Rechnung oder zugunsten einer US-Person angeboten, verkauft, übertragen oder übermittelt werden.

J F M A M J J A S O N D J F M A95

100

105

110

115

120

125

PGM Fund (Ireland) plc.

95

100

105

110

115

120

125

Page 128: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

128 LBBW - Commodity Yearbook 2015

8.2 Rohstoff-Zertifikate

Die Möglichkeiten, in Rohstoffe zu investieren, sind vielfältig. Die einzelnen Anlageprodukte haben dabei ganz spezifische Eigenschaften, sowohl die Partizi-pation am Rohstoffmarkt als auch die Preisbildung während der Laufzeit betreffend. Warum in Rohstoffe investiert werden sollte, welche verschiedenen Alterna-tiven es gibt, was dabei jeweils beachtet werden sollte und welche Anlageprodukte die Landesbank Baden-Württemberg bietet, soll nachfolgend erläutert werden.

Rohstoff-Zertifikate, die einfache und flexible AnlagealternativeViele börsennotierte Unternehmen sind direkt oder indirekt von Rohstoffpreisen abhängig, sei es, weil sie Rohstoffe fördern und handeln (z.B. Minengesellschaf-ten), oder weil sie diese für ihre Produktion verwenden (z.B. Industrieunternehmen). Bei einer Investition in diese Aktien beteiligt sich der Anleger an möglichen Veränderungen der Aktienkurse, die durch steigende oder fallende Rohstoffpreise ausgelöst werden. Das Problem bei dieser Form des Rohstoffinvestments ist die Abhängigkeit der Aktienkurse von diversen anderen Faktoren und sich teilweise gegenseitig auf-hebenden Preisentwicklungen im Rohstoffbereich. Ähnlich verhält es sich bei Rohstoff-Fonds. Diese Sondervermögen sollen zwar die Preisentwicklung der Rohstoffmärkte nachvollziehen; wegen vielschichtiger Reglementierungen für in Deutschland zugelassene Fonds wird dies aber nicht immer erreicht. Oft inves-tieren Fondsmanager in einen Korb aus rohstoffpreis-sensiblen Aktien und legen dabei nur Bruchteile des Fondsvermögens direkt am Rohstoffmarkt an.

Für Anleger stellt sich nun die Frage, wie man direkt an Preisänderungen der Rohstoffmärkte partizipieren kann. Ein Investment in Rohstoff-Futures ist gerade für Privatanleger mit erheblichen Schwierigkeiten ver-bunden. Neben der Eröffnung eines Depots bei einem Broker mit Zugang zu den Rohstoff-Terminbörsen in London, New York oder Chicago sind die Kontrakt-größen hoch. Ein ausgewogenes Portfolio kann damit kaum abgebildet werden. Aufgrund der Transport-, Lagerungs- und Versicherungsprobleme ist eine phy-sische Investition in Rohstoffe ebenfalls meist keine praktikable Lösung.

Der Zertifikatemarkt bietet Produkte, die einfach han-delbar und flexibel sind. Mit Zertifikaten kann zu 100 Prozent an der Entwicklung eines bestimmten Rohstof-fes, eines Rohstoffkorbes oder über einen Index am

gesamten Rohstoffmarkt partizipiert werden. Es lassen sich darüber hinaus auch Produkte mit Gewinnmög-lichkeiten in Seitwärtsmärkten oder sogar in fallenden Märkten finden. Dem Anleger bieten sich faktisch keine Einschränkungen oder Grenzen bei den Invest-mentmöglichkeiten - und das bereits für sehr kleine Anlagebeträge.

Preisbildung bei Rohstoff-ZertifikatenSo vielfältig die Investmentmöglichkeiten im Rohstoff-bereich sind, so unverständlich ist für viele Anleger oftmals die Preisbildung einzelner Rohstoff-Zertifikate. Zertifikate-Emittenten sichern sich während der Lauf-zeit der Produkte fortlaufend gegen Marktpreisschwan-kungen ab. Die Gewinnmarge aus dem Zertifikat wird beim erstmaligen Verkauf vereinnahmt. Während der Laufzeit soll sich für den Emittenten kein Risiko erge-ben. Damit werden aber auch weitere Gewinnchancen aufgegeben. Diese Absicherung - im Fachjargon auch „Hedge“ genannt - wird wegen der oben beschriebenen Schwierigkeiten, Rohstoffe physisch zu handeln, in der Regel über Futures abgebildet. Futures sind standardi-sierte, börsengehandelte Terminkontrakte. Bei einem direkten Handel von individuell ausgestalteten Termin-kontrakten zwischen den beteiligten Marktteilnehmern spricht man von Forwards. Da der Hedge über solche Terminkontrakte erfolgt, wird auch der Preis des Zer-tifikates während der Laufzeit auf Basis der Termin-, Future- oder auch Forwardpreise gerechnet. Basiswert des Zertifikates ist aber in der Regel der Kassapreis, also der Preis, zu dem ein Rohstoff mit sofortiger Lieferung gehandelt werden kann. Dieser Unterschied führt teilweise zu erheblichen Abweichungen des vom Kunden erwarteten Zertifikatspreises und des vom je-weiligen Emittenten gestellten Kurses.

Am Beispiel eines Bonus-Zertifikates soll der Einfluss der Forwardkurve, also der Preise verschiedener Ter-minkontrakte unterschiedlicher Laufzeiten, auf den Preis des Produktes während der Laufzeit verdeutlicht werden. Auf Grund eines Kursrückganges im Kassa-preis für einen Rohstoff und des Anstieges der Volati-lität würde man von einem starken Kursrückgang im Bonus-Zertifikat ausgehen. Da aber am Terminmarkt der Forwardpreis für den Basiswert für Lieferung per Fälligkeit des Zertifikates stark angestiegen ist, ergibt sich ein ganz anderes Bild. Durch die jetzt in Contango (die Terminpreise liegen über dem Kassapreis) verlau-fende Kurve verringert sich das Risiko einer Barriere-verletzung im Bonus-Zertifikat. Somit wird das Zertifi-

Page 129: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 129

kat grundsätzlich attraktiver, was einen höheren Preis rechtfertigt. In diesem Beispiel, bei dem die Forward-kurve sogar von Backwardation (die Terminpreise lie-gen unter dem Kassapreis) in Contango dreht, weicht die Preisentwicklung des Zertifikates aus Sicht des Anlegers positiv von der Entwicklung des Basiswertes selbst ab. Im umgekehrten Fall, bei einer Entwicklung zur Backwardation, würde sich bei einem Anstieg des Basiswertes ein Kursrückgang des Zertifikates zeigen. Der Käufer eines Zertifikates nimmt also ein gewisses Risiko in Kauf, partizipiert aber mit seinem Investment auch direkt an möglichen Rollgewinnen. Diese ergeben sich, weil der Emittent meist kurz laufende, liquidere Terminkontrakte kauft bzw. verkauft und diese bei Fälligkeit in neue Kontrakte tauscht, bis der Rückzah-lungstermin des Zertifikates erreicht ist. Ein zweiter Vorteil aus dieser Terminmarktabsicherung ist der geringere Kapitaleinsatz. Da die Terminkontrakte die Lieferung des Basiswertes per Termin vorsehen, muss nicht das volle Kapital für die Absicherung (den Hedge) eingesetzt werden. Das verbleibende Kapital kann bis zur Fälligkeit eines Kontraktes verzinslich angelegt werden.

Verschiebung Terminkurve bei Brent zwischen Januar 2008

und Dezember 2009 (in USD)

Quelle: Bloomberg

Besondere EinflussfaktorenFür die Ausgestaltung von Rohstoff-Zertifikaten gibt es noch weitere Faktoren, die es zu beachten gilt. Neben der Entwicklung des Forwardkurses spielen z.B. Wechselkurse, der Zeitpunkt der Fälligkeit im Jahr (Saisonalität) oder auch die Art des Basiswertes (Ein-zelrohstoff, Index, Rohstoffkorb) eine entscheidende Rolle. So notieren nahezu alle handelbaren Rohstoffe - im Gegensatz zu den entsprechenden Zertifikaten -

nicht in Euro, sondern in Fremdwährung wie z.B. US-Dollar. Durch diesen Umstand ergibt sich für den Anleger zwangsläufig ein Wechselkursrisiko, da das Zertifikat in Euro gekauft und zurückgezahlt wird, die Entwicklung des Basiswertes selbst aber z.B. auf US-Dollar-Basis ermittelt wird. Als Lösung bieten sich so genannte „Quanto-Zertifikate“ an. Bei diesen wird eine zusätzliche Währungssicherung eingebaut. Die Entwicklung des Basiswertes in Fremdwährung wird am Laufzeitende des Zertifikates 1:1 in Euro umgerechnet. Da diese Währungssicherung mit Kosten verbunden ist, sehen solche Zertifikate optisch oft weniger attrak-tiv aus (niedrigeres Bonusniveau, höhere Barriere oder geringere Partizipation). Bei einem Anstieg des Euros gegenüber der Währung, in der der Basiswert handelt, rechnet sich das Investment in Quanto-Zertifikaten im Vergleich zu Zertifikaten ohne Währungssicherung dennoch. Darüber hinaus ist die Nachvollziehbarkeit der Kursentwicklung für den Anleger leichter, da ne-ben der Entwicklung des Basiswertes nicht zusätzlich die Wechselkursentwicklung im Auge behalten werden muss.

Saisonalität„Sell in May and go away – but remember to come back in September“ – mit diesem Spruch wird häufig das Phänomen an den internationalen Aktienmärkten beschrieben, dass sich die Kurse zwischen Mai und September eher schlechter entwickeln als im restlichen Verlauf eines Jahres. Solche saisonalen Einflüsse auf Kursentwicklungen gibt es auch bei Rohstoffen. In ers-ter Linie spielen die Jahreszeiten Sommer und Winter eine Rolle. Beispielsweise sind die Heizölpreise wegen der Heizperiode auf der Nordhalbkugel vielfach im Winter höher als im Sommer. Bei den Benzinpreisen spiegelt sich die Hauptreisezeit in den USA („Driving Season“) in den Preisen wider. Deshalb sind die Som-mermonate häufig die Monate mit den höchsten Prei-sen. Der Goldpreis zeigt oft einen Anstieg im Herbst, der auf zwei bedeutende Hindu-Feste in Indien zurück-zuführen ist. Bei diesen Festen soll es Glück bringen, sich Gold zu schenken – daher steigt die Nachfrage nach Gold im Vorfeld dieser Feste deutlich an. Für Anleger gilt es bei der Auswahl eines Zertifikates mit begrenzter Laufzeit, relevante Termine wie diese im Auge zu behalten.

80

85

90

95

100

80

85

90

95

100

1M 7M 13M 19M 26M 31M 37M -13M -10M66M 61M67M 77M 95M

Dezember 2009Januar 2008

Page 130: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

130 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Einzelrohstoff oder RohstoffindexIst die grundsätzliche Entscheidung für ein Investment in Rohstoff-Zertifikate gefallen, stellt sich die Frage, ob auf einen einzelnen Rohstoff, auf einen Korb von Rohstoffen oder auf einen Rohstoffindex gesetzt wer-den soll. Diese Entscheidung hängt zum einen von der persönlichen Markteinschätzung, zum anderen aber auch von den spezifischen Eigenheiten des Rohstoff-marktes ab. Ein Investment in Einzelrohstoffe oder Rohstoffkörbe unterliegt in vollem Umfang den oben beschriebenen Einflüssen der Terminmarktkurse. Dies kann erwünscht sein, um z.B. die Gewinne aus dem Rollen der Terminkontrakte bei Rohstoffen in Backwar-dation zu vereinnahmen. Außerdem bieten diese Basis-werte die Möglichkeit, ganz individuell auf Trends und Marktbewegungen zu setzen. Für Anleger, die Rohstof-fe als Beimischung zur Risikoreduzierung in ihr Port-folio aufnehmen möchten, bietet sich eher ein breit angelegter Rohstoffindex an. Es sind allerdings die drei unterschiedlichen Arten von Indizes zu beachten: Spot Indizes, Excess Return Indizes und Total Return Indizes. Bei Spot Indizes wird lediglich die Entwicklung des Kassapreises in die Indexberechnung einbezogen, bei Excess Return Indizes kommt darüber hinaus ein erzielter Rollgewinn bzw. -verlust hinzu und bei Total Return Indizes werden zusätzlich zu den Rollerträgen mögliche Zinserträge in den Index eingerechnet. Hier wird deutlich, dass Total Return Indizes immer eine bessere Entwicklung als Excess Return Indizes zeigen, da alle Ertragskomponenten einfließen. Für Zertifikate-Emittenten stellt aber genau das ein Problem dar. Je weniger Ertragskomponenten dem Emittenten zur Ver-fügung stehen, desto weniger kann in die optionalen Komponenten des Zertifikates investiert werden und desto unattraktiver sieht die Ausgestaltung des Zer-tifikates aus. Beispielsweise wäre ein Bonus-Zertifikat mit kurzer Laufzeit auf einen Total Return Index in der Regel gar nicht darstellbar. Die meisten Zertifikate wer-den daher auf Excess Return Indizes begeben. Anleger nutzen noch immer die spezifischen Vorteile des Roh-stoffmarktes in Form der erzielbaren Rollgewinne, der Emittent hat aber durch das Einbehalten der Zinserträ-ge die Möglichkeit, attraktive Konditionen darzustellen. Platino Gold-ZertifikatGrundsätzlich gibt es zwei Arten, in Gold zu investie-ren: direkt oder indirekt. Hohe Gebühren beim Kauf oder Verkauf sowie Kosten für Schließfach, Transport oder Versicherung machen eine Direktanlage in Barren oder Münzen vergleichsweise teuer. Finanzprodukte

weisen als indirekte Goldanlage in der Regel eine deut-lich niedrigere Kostenstruktur auf. Dabei unterscheidet man zwischen Produkten mit und ohne physische Lie-ferung. Die Wertentwicklung von Gold wird in der Re-gel 1 zu 1 abgebildet. Neben dem Goldpreis wirkt sich auch der EUR/USD-Wechselkurs auf den Zertifikatskurs in EUR aus.

Das Platino Gold-Zertifikat kombiniert die Vorteile beider Investmentalternativen: Der Anleger hat das Recht auf Lieferung eines 100 Gramm Goldbarrens mit einer Feinheit von 999,9. Somit können die Vorteile einer Goldanlage wie bei einer Direktanlage ausgenutzt werden: Teilnahme an einem Goldpreisanstieg, Werterhalt auch bei steigender Inflationsrate, Diversifikationseffekt im Portfolio. Im Gegensatz zum Kauf eines entsprechenden Gold-barrens entstehen dem Anleger jedoch keine zu-sätzlichen Verwahrungs- oder Versicherungskosten. Im Hinblick auf den Emittenten besteht ein deutlich reduziertes Geschäfts- und Bonitätsrisiko.

Produktdaten

ISIN: DE000A1KK980

Emittent: Platino S.A., Teilvermögen Nr. VIII

Emission: 14.03.2011

Emittentenkündigungsrecht: Eine Kündigung durch den Emittenten ist mit

einer Frist von drei Monaten möglich

Laufzeit: endlos

Basiswert: 100 Gramm Goldbarren der Feinheit 999,9

Bezugsverhältnis: 1 Goldbarren je Zertifikat

Notierung: Stücknotierung

Kapitalschutz: nein

Handelsplatz: Stuttgart (Freiverkehr)

Platino S.A.Die Platino S.A. ist eine Verbriefungsgesellschaft, die 2006 nach luxemburgischem Recht in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft (Société anonyme) gegründet wurde. Die Geschäftstätigkeit umfasst ausschließlich die Verbriefung und Begebung von Wertpapieren auf der Grundlage des luxemburgischen Verbriefungs-gesetzes. Für das Platino Gold-Zertifikat wird bei der Platino S.A. ein Teilvermögen eingerichtet, das von den anderen Teilvermögen der Platino S.A. sowie dem Ver-mögen der Platino S.A. abgetrennt ist. Emittentin des Platino Gold-Zertifikates ist das Teilvermögen Nr. VIII. Für jedes Zertifikat ist ein 100 Gramm-Barren Feingold hinterlegt. Andere Vermögensgegenstände stehen zur

Page 131: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 131

Erfüllung der Ansprüche aus dem Zertifikat nicht zur Verfügung. Ein Anleger, der in die Emission eines Teil-vermögens investiert, trägt jedoch auch keine (mögli-chen) Risiken aus Emissionen anderer Teilvermögen.

Im Jahr 2011 erhielt das Platino Gold-Zertifikat bei den von der WELT-Gruppe und dem Zertifikate-Journal ver-gebenen ZertifikateAwards den Publikumspreis „Zertifi-kat des Jahres“.

Stefan Probst(LBBW Zertifikate Team)

Page 132: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

132 LBBW - Commodity Yearbook 2015

8.3 Physische Edelmetalle - Barren und Münzen

Die Qual der WahlWer zum ersten mal die Angebotsliste einer Bank oder Sparkasse im Edelmetallgeschäft gesehen hat, dürfte von der Vielfalt der Möglichkeiten überrascht sein: Gold, Silber, Platin und Palladium, all das gibt es in Form von Barren und auch Münzen sowie in vielen verschiedenen Größen. Letztere werden auch noch aus mehreren Staaten angeboten, z.B. „Kängurus“, „Philhar-moniker“ und „Pandas“. Automatisch drängen sich zwei Fragen auf: Welche Münzen oder Barren sind für mich das Richtige? Und: Kann ich bei der Auswahl etwas falsch machen?

Natürlich wäre der Kauf von physischem Edelmetall viel einfacher, wenn es nur eine einheitliche Größe, bei-spielsweise 10-Gramm-Barren gäbe. Auch für die Mitar-beiter in den Handelsabteilungen wäre das Disponieren mit einem weltweiten Standard sofort leichter und die Buchhaltung wäre entlastet. Dass die Realität anders aussieht, hat jedoch verständliche Gründe: Edelmetall-barren und -münzen werden in der Regel mit einem Aufschlag auf den reinen Materialpreis verkauft. Dieser dient einerseits zur Deckung der Produktionskosten. Andererseits ist in dem Aufschlag stets eine kleine Gewinnmarge für den Hersteller enthalten. Wer Barren oder Münzen fertigt, kann damit Geld verdienen. Kein Wunder also, dass auf dem Markt viele Anbieter um die Gunst der Käufer buhlen. Hinzu kommt bei einigen Staaten sicherlich auch der Prestigegedanke. Schon im antiken Rom wurden Münzen als eine Art Werbe-träger genutzt. Das ist heute nicht anders, wenn auf den Prägungen einem nationalem Symbol gehuldigt, landestypische Tiere dargestellt oder ein Musikorches-ter in der Hauptstadt geehrt wird. Das große Angebot bringt jedoch nicht nur die Qual der Wahl mit sich, sondern auch die Chance, individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden. Den Weg dorthin beschreiben die folgenden Schritte.

Erster Schritt: Wahl des EdelmetallsDen ersten Schritt bei der persönlichen Kaufentschei-dung sollte die Wahl des Edelmetalls darstellen. Zwar sind die täglichen Preisbewegungen von Gold, Silber, Platin und Palladium häufig gleichgerichtet. Insbeson-dere über längere Zeiträume machen sich allerdings größere Unterschiede bemerkbar, die auf die verschie-denen Angebots- und Nachfragerelationen auf den einzelnen Märkten zurückzuführen sind. Eine Einschät-zung der aktuellen Lage von Gold & Co. finden Sie im Kapitel „Edelmetalle“ des Commodity Yearbook.

Ganz unabhängig von der fundamentalen Marktlage der Edelmetalle gibt es auch ein paar Daumenregeln, die Anlegern bei der Wahl nach dem für sie Richtigen helfen können. Die Preise von Platin und Palladium hängen in der Regel sehr stark von den Konjunkturer-wartungen ab, da beide Metalle hauptsächlich als Industrierohstoff verwendet werden. Wer pessimistisch auf die Wirtschaft blickt, der kann den Rest dieses Abschnitts gleich überspringen. Im anderen Fall sollte bedacht werden, dass in Deutschland beim Kauf von physischem Platin und Palladium 19 % Mehrwertsteuer anfallen. Ein Teil des Einstandspreises geht somit un-wiederbringlich an den Finanzminister verloren. Dies ist bei Zertifikaten auf Platin und Palladium nicht der Fall, weshalb Münzen und Barren aus diesen beiden Edelmetallen hierzulande nur ein Schattendasein fris-ten.

Gold gilt im Gegensatz zu den weißen Edelmetallen als „Krisenmetall“ und „sicherer Hafen“ schlechthin. Die Industrienachfrage ist relativ klein, so dass der Preis wenig von den Schwankungen dieses Marktfaktors be-einflusst wird. Auf der anderen Seite steigt in schlech-ten Zeiten oftmals die Anlegernachfrage, so dass die Notierungen hierdurch positiv beeinflusst werden kön-nen. Wie auch im richtigen Leben ist das Eintreten ei-ner sich selbst erfüllenden Prophezeiung an der Börse natürlich ungewiss. Es gab auch schon Krisen, in denen der Goldpreis nicht gestiegen ist. Und außerdem ist die Preisentwicklung keine Einbahnstraße; 2013 verlor Gold immerhin 28 % an Wert. Ein Vorteil von physischem Gold aus Anlegersicht ist übrigens die Befreiung von der Mehrwertsteuer.

Silber nimmt in mehreren Punkten eine Mittelstellung zwischen Gold und Platin beziehungsweise Palladium ein. Der größte Teil der Nachfrage stammt aus der Industrie, ist also konjunktursensibel. Andererseits kauften in den letzten Jahren immer mehr Anleger Silber und beeinflussten so den Preis stärker als in der Vergangenheit. Auch in puncto Mehrwertsteuer steht Silber zwischen den anderen Edelmetallen. Zwar gilt für Silber mit 19 % grundsätzlich der gleiche Mehr-wertsteuersatz wie für Platin und Palladium. Allerdings wenden viele Sparkassen und Banken die so genannte Differenzbesteuerung an, weshalb die tatsächliche Steuerlast geringer ausfällt.

Page 133: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 133

Zweiter Schritt: Anlagebetrag und StückelungDie Frage nach dem zur Verfügung stehenden Anlage-betrag ist der Ausgangspunkt für den zweiten Schritt der persönlichen Kaufentscheidung. Münzen und Barren werden in unterschiedlichen Größen und damit in unterschiedlichen Preisklassen angeboten. Bei Gold beginnt das Angebot mit dem 1-Gramm-Barren, des-sen Materialwert derzeit ungefähr drei Kinoeintritts-karten entspricht. Am anderen Ende der Skala stehen Barren und Münzen im Gewicht von 1 Kilogramm und im Gegenwert eines respektablen Mittelklassewagens. Zu dem Materialwert kommt der eingangs erwähnte Aufschlag für die Herstellungskosten und anderes hinzu. Grundsätzlich gilt, dass Edelmetall in den klei-nen Einheiten vergleichsweise teuer ist, wohingegen die großen Münzen und Barren pro Gramm gerechnet günstiger sind. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, für das eigene Anlagekapital eine möglichst große Münze oder einen passenden großen Barren zu erwerben.

Natürlich gibt es auch gute Gründe, mehrere kleine Einheiten zu kaufen. Hierzu zählt die Möglichkeit, bei Liquiditätsbedarf oder für Gewinnmitnahmen nur einen Teil der eigenen Edelmetallanlagen auflösen zu können. Im Erbschaftsfall helfen kleinere Stückelungen zudem, das Edelmetall ohne Verkauf gerecht aufzu-teilen. Manche Anleger denken darüber hinaus an die Eignung der Edelmetalle als Zahlungsmittel in Not-fällen. Muss eine Münze oder ein Barren hierfür ver-wendet werden, dann sollte er nicht zu groß sein. Der Wert sollte möglichst dem Wert des damit bezahlten Gutes entsprechen, denn sonst ist der Tausch für eine Partei unvorteilhaft. Ob eine solche Vorbereitung auf schlechte Zeiten notwendig ist und ob in diesem Fall Edelmetalle wirklich sinnvoll sind, soll an dieser Stelle nicht diskutiert werden. Tatsache ist, dass manche An-leger solche Aspekte in ihre Entscheidungen einfließen lassen. Andernfalls wäre es auch kaum verständlich, warum in den letzten Jahren so viele relativ teure 1-Gramm-Goldbarren und Münzen im Gewicht einer Zehntel Unze (3,11 Gramm) nachgefragt wurden.

Dritter Schritt: Münzen oder Barren?Der dritte Schritt ist die Wahl, ob Münzen oder doch lieber Barren den Besitzer wechseln sollen. Hierfür soll zunächst auf einen allgemeinen Unterschied hin-gewiesen werden. Das Grundmaß für alle modernen Anlagemünzen ist die Feinunze zu 31,1 Gramm. Als kleinere Einheiten werden Münzen im Gewicht einer

Halb-, Viertel-, Zehntel- und teilweise auch von einer Zwanzigstelunze angeboten. Und als größere Einheiten prägt beispielsweise Australien Münzen im Gewicht von zwei Unzen, zehn Unzen und einem Kilogramm. Bei Barren ist in Europa dagegen das metrische Sys-tem mit Einheiten zu 5, 10, 20, 50, 100, 250 und 500 Gramm sowie 1 Kilogramm üblich.

Abgesehen von den sich aus der jeweiligen Größe er-gebenden unterschiedlichen Aufschlägen sind Barren häufig etwas günstiger als Münzen. Der Grund hierfür sind die meist niedrigeren Aufwendungen für die Produktion und auch geringere Transportkosten, da in Deutschland vor allem Barren aus deutscher Herstel-lung angeboten werden. Mit dem Kauf von Goldbarren verringert sich deshalb der finanzielle Einsatz. Oder man kauft sich für sein Geld einfach ein bisschen mehr Edelmetall.

Dieser Beitrag wäre allerdings nicht komplett, wenn er nicht auf diejenigen Details einginge, die dennoch für Münzen sprechen. Immerhin gilt auch hier, dass es offenbar Gründe für den Kauf der teureren Prägungen geben muss, denn sonst würden sie nicht nachgefragt werden. Zuerst ist vermutlich der optische Reiz zu nennen. Münzen werden sehr sorgfältig gestaltet und machen häufig mehr her als die meist recht einfachen Barren. Aber auch Sachgründe können die Entschei-dung zu Gunsten der Münzen beeinflussen. Während Barren von jedermann hergestellt werden können, obliegt die Prägung von Münzen definitionsgemäß nur Staaten. Ihre Spezifikationen gehen als offizielle Zahlungsmittelausgabe in sämtliche Nachschlagewerke und Kataloge ein. Damit bleibt im Gegensatz zu Barren leicht nachvollziehbar, wer wann was in welcher Menge hergestellt hat. Außerdem garantieren bei Münzen die prägenden Staaten für Goldgewicht und Reinheit. Viele Anlagemünzen sind aus diesen Gründen weltweit bekannt und akzeptiert. Dagegen kursieren Barren aufgrund nationaler Vorlieben für bestimmte Herstel-ler und aufgrund unterschiedlicher Maßsysteme in mehr oder weniger eng abgesteckten (Welt-)Regionen. Darüber hinaus besteht auch ein Markt für Münzen, die schon lange Zeit nicht mehr geprägt werden. Und vermutlich werden die meisten Staaten in vielen Jahren immer noch bestehen, wenn das Gros der heute akti-ven Barrenproduzenten schon längst fusioniert oder den Firmennamen geändert hat beziehungsweise aus dem Geschäft ausgestiegen ist.

Page 134: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

134 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Vierter Schritt: Welche Münzen beziehungsweise Barren?Wenn man sich erstens für ein bestimmtes Edelmetall entschieden hat, zweitens die passende Größe gewählt hat und sich drittens im Klaren ist, ob man zu Barren oder Münzen tendiert, dann bleibt nur noch die Frage nach der konkreten Wahl offen. Bei den Barren sorgen viele Hersteller für viele unterschiedliche Formen. In der Regel entscheiden sich Sparkassen und Edelmetall-händler für die Produkte bekannter Firmen und treffen damit schon eine Vorauswahl. Auch bei den Münzen ist die Entscheidung wesentlich einfacher, als sie im ersten Moment aussieht. Zwar reicht das Angebot üb-licherweise von kanadischen „Maple Leaf“-Münzen bis hin zu australischen „Kängurus“ von der anderen Seite der Erde. Ob nun ein Ahornblatt oder ein Beuteltier die zu kaufende Münze zieren soll, ist aber in erster Linie eine Frage der persönlichen Präferenz. Für den einen Menschen spielt das Motiv die entscheidende Rolle, für den anderen die Prägequalität und für den dritten möglicherweise die Sympathie für ein bestimmtes Urlaubsland. Daneben bestehen immer wieder gering-fügige Preisdifferenzen, die sich aus der aktuellen Ver-fügbarkeit am Weltmarkt ergeben. Abgesehen hiervon bestehen aber zumindest unter Anlagegesichtspunk-ten keine Unterschiede zwischen den in der nachfol-genden Tabelle aufgeführten Prägungen.

Neben diesen Anlagemünzen beziehungsweise Bul-lionmünzen genannten Stücken werden zumindest im Goldsegment häufig auch historische Prägungen angeboten, die zur Zeit der Goldwährungen im Umlauf waren. Diese Handelsgoldmünzen werden oftmals pro Gramm gerechnet etwas günstiger angeboten als Bulli-onmünzen vergleichbarer Größe. Dafür weisen die aus dem letzten oder vorletzten Jahrhundert stammenden Zahlungsmittel mehr oder minder starke Gebrauchs-spuren auf.

Wenn insbesondere die Wahl zwischen verschiedenen Münzen schwerfällt, dann ist es möglicherweise hilf-reich, die Prägungen einmal direkt in Augenschein zu nehmen. Eine ausgezeichnete Anlaufstelle hierfür sind die Hauptstellen der Sparkassen, in denen Edelmetall-schalter mit Vitrinen und Ansichtsexemplaren einge-richtet sind. Bei Kaufinteresse sind Münzen und Barren auf Bestellung auch in den Zweigstellen erhältlich. Das Gleiche gilt für die Filialen der BW-Bank. Und im Edelmetall- und Münzkabinett der Baden-Württember-gischen Bank in der Königstraße 3 in Stuttgart werden neben gängigen Anlagemünzen stets auch Sammler-münzen präsentiert. Das Institut ist damit die einzige Bank in Deutschland, die diesen Service bietet.

Thorsten Proettel

Page 135: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 135

Die wichtigsten Anlagemünzen im Überblick

Bezeichnung Ausgabeland Nennwert Rohgewicht

in g

Feinheit

in ‰

Feingewicht

in g

Abbildung

Nugget/Känguruh Australien 100 AUD 31,10 999,9 31,10 Queen/Känguruh oder Nugget

Panda China 500 Yuan 31,10 999,9 31,10 Panda/Tempel

Britannia Großbritannien 100 GBP 34,05 916 2/3 31,21 Queen/Britannia

Maple Leaf Kanada 50 CAD 31,10 999,9 31,10 Queen/Ahornblatt

Philharmoniker Österreich 1,50 Euro 31,10 999,9 31,10 Orgel/Musikinstrumente

Krügerrand Südafrika - 33,93 916 2/3 31,10 Paul Kruger/Springbock

Eagle USA 50 US-Dollar 33,93 916 2/3 31,10 Weißkopfseeadler/Liberty

Buffalo USA 50 US-Dollar 31,10 999,9 31,10 Büffel/Indianer

Die wichtigsten Handelsgoldmünzen im Überblick:

Nennwert Ausgabeland Rohgewicht Feinheit Feingewicht

20 Franken Belgien 6,45 g 900 ‰ 5,80 g

100 Pesos Chile 20,38 g 900 ‰ 18,30 g

20 Kronen Dänemark 8,96 g 900 ‰ 8,06 g

20 Mark Preußen Wilhelm II. 7,96 g 900 ‰ 7,16 g

20 Franken Frankreich 6,45 g 900 ‰ 5,80 g

1 Pfund Großbritannien 7,98 g 916 2/3 ‰ 7,32 g

20 Lire Italien 6,45 g 900 ‰ 5,80 g

50 Pesos Mexiko 41,66 g 900 ‰ 37,50 g

10 Gulden Niederlande 6,72 g 900 ‰ 6,05 g

100 Kronen Österreich 33,87 g 900 ‰ 30,48 g

4 Dukaten Österreich 13,96 g 986 1/9 ‰ 13,80 g

8 Florin Österreich 6,45 g 900 ‰ 5,80 g

10 Rubel Tscherwonez Sowjetunion 8,60 g 900 ‰ 7,74 g

20 SFR Vreneli Schweiz 6,45 g 900 ‰ 5,80 g

Die wichtigsten Silberanlagemünzen im Überblick:

Nennwert Ausgabeland Feinheit

1 AUD Koala Australien 999 ‰

1 AUD Kookaburra Australien 999 ‰

10 Yuan Panda China 999 ‰

2 GBP Britannia Großbritannien 958 ‰

5 CAD Maple Leaf Kanada 999,9 ‰

1,50 EUR Philharmoniker Österreich 999 ‰

1 USD Eagle USA 999 ‰

Quelle: LBBW Research

Page 136: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

136 LBBW - Commodity Yearbook 2015

8.4 Rohstoff-Aktien

8.4.1 Ölaktien Der Preisverfall bei Rohöl hat die kurzfristigen Ge-winnerwartungen (12M ø) für Ölunternehmen auf den tiefsten Stand der letzten 10 Jahre fallen lassen und zur Ausweitung der Bewertungskennzahlen geführt. Die Aktienkurse der großen Ölkonzerne notieren durchschnittlich in etwa auf dem Kursniveau von vor 3 Jahren. Die Ölunternehmen haben auf den niedrigen Ölpreis mit Kürzungen der Investitionen und der Ein-leitung von Effizienzmaßnahmen reagiert. Gleichzeitig haben die Gesellschaften – mit Ausnahme von ENI – der Beibehaltung der Dividendenzahlungen eine hohe Priorität eingeräumt. Die durchschnittliche erwartete Dividendenrendite des Sektors liegt derzeit bei attrak-tiven 5-6 %.

Erwartetes KGV von Ölaktien (12M-FWD)

Quellen: Thomson Reuters, LBBW Research

Erwartete Dividendenrenditen von Ölaktien (12M-FWD, %)

Quellen: Thomson Reuters, LBBW Research

Exxon

Unternehmensprofil: Hervorgegangen aus der Fusion von Exxon und Mo-bil im Jahr 1999 ist das Unternehmen der weltweit größte integrierte Öl- und Gaskonzern. ExxonMobil fördert derzeit ~ 4 Mio. Barrel Öläquivalente pro Tag, wobei grob drei Viertel der Produktion auf Regionen außerhalb der USA entfallen. Im Down-streamgeschäft verfügt der Konzern weltweit über Beteiligungen an rund 40 Raffinerien und über 34.000 Tankstellen. Auf dem deutschen Markt ist ExxonMobil mit rund 1.100 Tankstellen hinter Aral und Shell die Nummer drei.

Anlageurteil: Exxon Mobil zeichnet sich durch eine hohe Renta-bilität in der Förderung und ein stark integriertes Geschäftsmodell aus. 2014 sank die Produktion ggü. dem Vorjahr um 5 % auf 4,0 Mio. boe/d. Dabei ver-buchte Exxon Mobil einen stabilen Nettogewinn von 32,5 Mrd. USD. Dieser verteilte sich auf die Segmen-te Upstream 27,5 Mrd. USD (2013: 26,8 Mrd. USD), Downstream 3,0 Mrd. USD (2013: 3,4 Mrd. USD), Chemical 4,3 Mrd. USD (2013: 3,8 Mrd. USD) und Corporate/Financing -2,4 Mrd. USD (2013: -1,5 Mrd. USD). Exxon Mobil verbuchte 2014 einen stabilen operativen Cashflow von 45 Mrd. USD. Zusätzliche Einnahmen aus Unternehmensverkäufen betrugen 4 Mrd. USD (2013: 3 Mrd. USD). Der Konzern erzielte nach Mittelabflüssen für Investitionen von 31 Mrd. USD (2013: 34 Mrd. USD) einen Free Cashflow von 18 Mrd. USD (+7 Mrd. USD vs. 2013). Dieser deckte nicht die Ausschüttungspolitik (Bardividende und Aktienrückkauf) von insgesamt 24 Mrd. USD (2013: 26 Mrd. USD) ab, so dass die Nettoverschuldung 2014 auf 24 Mrd. USD angestiegen ist. Die Bilanz bleibt mit einem Verschuldungsgrad von derzeit ~14 % robust. Infolge des Ölpreisverfalls kürzte Exxon Mobil für Q1-15 das Volumen für Rückkäufe eigener Aktien von 3 Mrd. USD auf 1 Mrd. USD pro Quartal. Priorität hat die Dividende. Exxon Mobil weist eine exzellente Historie auf, in der die jährli-che Dividendenzahlung 32-mal hintereinander ange-hoben wurde. Mit einer Dividendenrendite von der-zeit 3,5 % bildet Exxon Mobil jedoch das Schlusslicht in unserer Öl-Vergleichsgruppe. Unsere Empfehlung für Exxon Mobil lautet Halten

0,0

5,0

10,0

15,0

20,0

25,0

30,0

PEER MEAN - 12M FWD PE

PEER HIGH- 12M FWD PE

Jul. 05 Jul. 06 Jul. 07 Jul. 08 Jul. 09 Jul. 10 Jul. 11 Jul. 12 Jul. 13 Jul. 14 Jul. 15

PEER LOW - 12M FWD PE

Sektor Max.

Sektordurchschnitt

Sektor Min.

0,0

5,0

10,0

15,0

20,0

25,0

30,0

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

8,0

9,0

10,0

11,0

12,0

Jul. 05 Jul. 06 Jul. 07 Jul. 08 Jul. 09 Jul. 10 Jul. 11 Jul. 12 Jul. 13 Jul. 14 Jul. 15PEER MEAN - 12M FWD Dividend yieldPEER HIGH -12M FWD Dividend yieldPEER LOW - 12M FWD Dividend yield

Sektor Max.

-

Sektordurchschnitt

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

8,0

9,0

10,0

11,0

12,0

Sektor Min.

Page 137: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 137

Chevron

Unternehmensprofil: Durch die Fusion von Chevron und Texaco im Ok-tober 2001 entstand einer der weltweit größten in-tegrierten Ölkonzerne. Im vergangenen Jahr erwirt-schaftete Chevron erneut den Großteil der Erträge des Konzerns in der Förderung, wobei knapp 75 % der Produktion auf Regionen außerhalb der USA entfielen. Downstream soll zukünftig u.a. von der Fertigstellung mehrerer Großprojekte profitieren.

Anlageurteil: Der Nettogewinn von Chevron sank 2014 ggü. dem Vorjahr um 10 % auf 19,2 Mrd. USD. Davon entfielen auf Upstream 16,9 Mrd. USD (2013: 20,8 Mrd. USD) und auf Downstream 4,3 Mrd. USD (2013: 2,2 Mrd. USD). Der Preis der Sorte Brent sank in Q4-14 auf 77 USD/bbl (Q3-14: 102 USD/bbl; Q4-13: 109) und notiert derzeit bei rund 60 USD/bbl. Chevron re-agierte auf den Ölpreisverfall u.a. mit Effizienzmaß-nahmen. Die Aktien von Chevron handeln mit einem erwarteten KGV von 21x und 15x (2015E-16E). Dies entspricht einem deutlichen Bewertungsaufschlag gegenüber dem langfristig erwarteten (10 Jahre), rollierenden 12M-KGV von durchschnittlich 9x. Che-vron hat eine exzellente Dividendenhistorie, in der die jährliche Zahlung 27-mal hintereinander ange-hoben wurde. Die erwartete Dividendenrendite von 4,6 % stellt eine Prämie ggü. der langfristig (10 Jah-re) erwarteten Dividendenrendite von 3,2 % dar, liegt aber am unteren Ende unserer Vergleichsgruppe von Öl-Unternehmen. Die Zahlung der Dividende (2014: 7,9 Mrd. USD) genießt bei Chevron höchste Priorität. Ein zusätzliches Aktienrückkaufsprogramm (2014: 5 Mrd. USD) wurde mit Blick auf den niedrigen Ölpreis für 2015 ausgesetzt. Gleichzeitig sinkt das Investi-tionsbudget für 2015 ggü. dem Vorjahr um 5 Mrd. USD auf 35 Mrd. USD. 2014 produzierte Chevron 2,571 Mio. boe/d und will dieses Niveau 2015 in Abhängigkeit von Portfoliomaßnahmen und Ölpreis mindestens stabil halten oder bis zu 3 % steigern. Grundsätzlich verfügt Chevron über eine solide Kon-zernbilanz (z.B. einstelliger Verschuldungsgrad) und robuste operative Mittelzuflüsse. Unsere Empfeh-lung für Chevron lautet Halten.

Marktverlauf Chevron und Exxon Mobil versus Dow Jones

Industrials

Quellen: Thomson Reuters, LBBW Research

BP

Unternehmensprofil: BP gehört zu den weltweit größten integrierten Öl- und Gaskonzernen. Im vergangenen Jahr entfielen gut 80 % des operativen Konzerngewinns auf den Bereich Exploration & Förderung. Das Unternehmen produziert derzeit ~3,1 Mio. boe/d (inkl. Rosneft). Das meiste Öl fördert der Konzern in den USA und in Russland, weshalb der Ukraine-Russland-Konflikt die BP-Aktie belastet. Das Raffineriegeschäft kon-zentriert sich primär auf Amerika und Europa. BP gehört mit der Marke Aral zu den Marktführern im deutschen Tankstellennetz.

Anlageurteil: 2014 sank der bereinigte operative Gewinn von BP um 2,0 Mrd. USD auf 20,8 Mrd. USD. Davon ent-fielen u.a. auf Upstream 15,2 Mrd. USD (2013:18,3 Mrd. USD), gefolgt von Downstream mit 4,4 Mrd. USD (2013: 3,6 Mrd. USD) und Rosneft mit 1,9 Mrd. USD (2013: 2,2 Mrd. USD). BP plant ~10 Mrd. USD durch Unternehmensverkäufe bis 2015 einzuneh-men, davon waren bis Q4-14 bereits 4,7 Mrd. USD vereinbart und 3,5 Mrd. USD vereinnahmt worden. BP hatte zuvor über ein Verkaufsprogramm von 38 Mrd. USD die Bilanz gestärkt. Dazu gehörte der Verkauf von TNK-BP (50 %-Anteil) an Rosneft im Jahr 2013. Infolge der Ölpreisschwäche hat BP das Investitionsbudget für 2015 auf ~20 Mrd. USD (alt: 24-26 Mrd. USD) gekürzt. Zusätzlich hat BP ein Effizienz-Programm gestartet. Downstream soll bis 2018 Effizienzgewinne von 1,6 Mrd. USD p.a.

80%

90%

100%

110%

120%

130%

140%

150%

Jul. 12 Jan. 13 Jul. 13 Jan. 14 Jul. 14 Jan. 15CHEVRON

EXXON MOBIL

DOW JONES INDUSTRIALS

80%

90%

100%

110%

120%

130%

140%

150%

Page 138: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

138 LBBW - Commodity Yearbook 2015

erzielen. BP erzielte 2014 einen Free Cashflow von 13,2 Mrd. USD. Dieser deckte die Aktienrückkäufe von 4,8 Mrd. USD und die Dividendenzahlung von 5,9 Mrd. USD ab. Der Aufwand (vor Steuern) für die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko summierte sich bis Ende 2014 auf 44 Mrd. USD. Durch einen vor kurzem geschlossenen Vergleich mit den USA sowie einigen US-Bundesstaaten und Gemeinden über rund 19 Mrd. USD, der einen wesentlichen Teil der verbliebenen Ansprüche abdeckt, erhöht sich dieser Aufwand um weitere 10 Mrd. USD auf ca. 54 Mrd. USD. Durch den Vergleich hat sich die Unsicherheit bezüglich der Strafzahlungen deutlich reduziert. Die Zahlung der Dividende genießt bei BP Priorität. Die erwartete Dividendenrendite von ~6 % ist attraktiv. Unsere Empfehlung lautet Kaufen.

Marktverlauf BP, Royal Dutch Shell, OMV, Statoil versus Stoxx

Europe 50

Quellen: Thomson Reuters, LBBW Research

Royal Dutch Shell

Unternehmensprofil: Royal Dutch Shell (RDS) ging aus der Fusion zwi-schen Royal Dutch Petroleum und Shell Transport and Trading im Jahr 2005 hervor und gehört zu den weltweit größten integrierten Öl- und Gaskon-zernen. Das Unternehmen produzierte 2014 rund 3,1 Mio. Barrel Öläquivalente pro Tag und ist einer der führenden Konzerne im Flüssiggasgeschäft. Die Verarbeitung und Vermarktung von Öl bzw. Ölpro-dukten, das so genannte Downstreamgeschäft, hat bei Royal Dutch Shell einen hohen Stellenwert und wird derzeit einem mehrjährigen Effizienzprogramm unterzogen.

Anlageurteil: Im April dieses Jahres kündigte RDS an, die BG Group für 47 Mrd. GBP übernehmen zu wollen. Die angekündigte Übernahme ist die erste große Fusion in der Öl- und Gas-Branche seit über zehn Jahren und könnte der Start einer größeren Konsolidie-rungswelle sein, da der Verfall der Öl- und Gaspreise die Energieriesen unter Druck setzt. RDS kann durch diese Transaktion seine Produktion um 20 % und seine Öl-und Gasreserven um 25 % steigern. Im Be-reich Flüssiggas wird RDS damit zum Marktführer aufsteigen. Royal Dutch Shell (RDS) steigerte 2014 den bereinigten Nettogewinn ggü. dem Vorjahr um 16 % auf 22,6 Mrd. USD. Davon entfielen auf Upstream 16,5 Mrd. USD (2013: 15,1 Mrd. USD) und auf Downstream 6,3 Mrd. USD (2013: 4,5 Mrd. USD). Nach einer Gewinnwarnung in Q4-13 hatte RDS u.a. ein mehrjährig angelegtes Effizienzprogramm für den Bereich Downstream aufgelegt. Upstream muss-te in Q4-14 infolge des Ölpreisverfalls ggü. dem Vorquartal einen Gewinneinbruch von 60 % auf 1,7 Mrd. USD hinnehmen. Langfristig prognostiziert RDS einen Ölpreis von 90 USD/bbl mit einer Schwankung von +/-20 USD/bbl. Eine Änderung des Ölpreises von 10 USD/bbl ändert Ergebnis und Cashflow von RDS um ~3,3 Mrd. USD p.a. Für Q4-14 weist RDS ein solides Gearing von 12,2 % aus. Das nach zwei Jahren abgeschlossene Verkaufsprogramm von Un-ternehmensanteilen im Wert von 15 Mrd. USD war angesichts der aktuellen Ölpreisentwicklung zeitlich gut gewählt. RDS erzielte 2014 einen positiven Free Cashflow von 25,4 Mrd. USD und profitierte u.a. von gesunkenen Investitionen. 2014 wurden 9,4 Mrd. USD für Dividenden und 3,3 Mrd. USD für Aktien-rückkäufe aufgewendet. RDS avisiert eine stabile Dividende. Die erwartete Dividendenrendite ist mit 6,8 % attraktiv, unser Rating lautet Kaufen.

OMV

Unternehmensprofil: Mit der Übernahme der rumänischen Petrom Ende 2004 entwickelte sich OMV zum größten Erdöl- und Erdgasproduzenten Mitteleuropas. Der Konzern fördert derzeit mehr als 300 kboe/d und verfügt über ein breites Portfolio neuer Projekte. Unter dem Dach der OMV befindet sich mit EconGas Öster-reichs größter Erdgasanbieter für Weiterverteiler und Großkunden. OMV betreibt ein Netz von über 4.000

70%

80%

90%

100%

110%

120%

130%

140%

150%

160%

Jul. 12 Jan. 13 Jul. 13 Jan. 14 Jul. 14 Jan. 15BP ROYAL DUTCH SHELL

OMV STATOIL

STOXX EUROPE 50

70%

80%

90%

100%

110%

120%

130%

140%

150%

160%

Page 139: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 139

Tankstellen. Über die Industrieholding ÖIAG hält der Staat 31,5 % der Anteile.

Anlageurteil: OMV hatte bereits 2013 als Reaktion auf Ausfälle der Produktion in Libyen vom Wettbewerber Statoil Anteile an Ölfeldern in der Nordsee für einen Kauf-preis von ~2 Mrd. EUR übernommen. 2014 musste OMV mit anhaltenden Sicherheitsproblemen in Liby-en und Jemen gleich zweimal das Produktionsziel von ursprünglich 320-340 kboe/d auf 310 kboe/d senken. In Q3-14 ist OMV zu einem positiven Pro-duktionstrend zurückgekehrt und erreichte letztlich eine Produktion von 309 kboe/d in 2014 (2013: 288 kboe/d). Die in der Vergangenheit notwendigen hö-heren Investitionen in Verbindung mit einem gesun-ken Ölpreis haben ihre Spuren in der Bilanz hinter-lassen und das Gearing auf zuletzt 34 % und damit über die langfristige Zielmarke von ≤30 % steigen lassen. OMV hat als Reaktion das Investitionsbudget 2015-17 auf 2,5 bis 3,0 Mrd. EUR gesenkt (2014: 3,9 Mrd. EUR). Damit einhergehend wurde das zuvor für 2016 avisierte Produktionsziel von 400 kboe/d ausgesetzt. OMV führt die Downstream-Aktivitäten in einem Segment zusammen und überprüft Effi-zienzmaßnahmen und potenzielle Verkäufe. Die Aktie von OMV hat von ihrem Höchststand von 40 EUR im Mai 2013 rund 40 % eingebüßt. Die Senkung der Produktionsziele, der Preisverfall beim Öl und öffentlich geführte Querelen im Vorstand haben u.E. den Aktienkurs in der Vergangenheit belastet. OMV bietet derzeit eine Dividendenrendite von 5,1 %. Wir empfehlen die Aktie vom OMV zum Kauf.

Statoil

Unternehmensprofil: Statoil ist der größte Öl- und Gasproduzent in Nor-wegen und einer der führenden Gaslieferanten für den europäischen Markt. Im Jahr 2007 übernahm der Konzern das Öl- und Gasgeschäft seines einhei-mischen Konkurrenten Norsk Hydro. Mit 67 % befin-det sich die Mehrheit der Aktien in Staatsbesitz. Im Vergleich zu seinen Wettbewerbern verfügt Statoil über geringe Raffineriekapazitäten. Nach dem Ver-kauf des Retailgeschäftes liegt der Unternehmensfo-kus auf dem Fördergeschäft (Upstream).

Anlageurteil: Mit dem Verkauf des Retailgeschäfts hat Statoil 2012 den Schritt von einem integrierten Ölkonzern hin zu einem auf die Förderung (Upstream) fokussier-ten Unternehmen gemacht. Diese Transformation hatte in der Vergangenheit die Bilanz gestärkt und einen Anstieg der Investitionen in der Förderung ermöglicht. Ausgehend von der 2014 erreichten Pro-duktionsmenge von 1,93 Mio. boe/d avisiert Statoil ein organisches Produktionswachstum von ~2 % für 2014-15 bzw. ~3 % p.a. für 2015-16. Statoil wird mit dem strategischen Fokus auf Upstream im Vergleich zu integrierten Ölkonzernen derzeit stärker von sinkenden Preisen bei Öl und Gas getroffen. Als Reaktion auf den Preisverfall intensiviert Statoil ein Effizienzprogramm mit dem Ziel, bis 2016 einen Be-trag von 1,7 Mrd. USD einzusparen. Gleichzeitig hat der Konzern das Budget für Investitionen in 2015 um 10 % auf 18 Mrd. USD gesenkt mit weiterem Spielraum für zukünftige Senkungen. Eine stabile Dividende hat beim Management Priorität. Damit der Free Cashflow die Ausschüttung der Dividende deckt, benötigt der Konzern einen Ölpreis pro bbl von 100 USD in 2016, 80 USD in 2017 und 60 USD in 2018. Die erwartetet Dividendenrendite liegt aktuell bei 5,2 %. Auf Basis der derzeit von uns erwarteten Gewinne notiert Statoil mit einem 12M-KGV von ~19x. Dies ist ein Ausbruch aus dem Bewertungs-korridor der letzten 10 Jahre (Min. 6x, Max. 12x, Median: 9x). Unsere Empfehlung für Statoil lautet Halten.

Total

Unternehmensprofil: Mit der Übernahme von PetroFina und Elf Aquitaine in den Jahren 1999 bzw. 2000 hat sich Total zu ei-nem der weltweit führenden integrierten Ölkonzerne entwickelt. Das französische Unternehmen ist in allen Industriesegmenten tätig, wobei der Ertrags-schwerpunkt im Bereich Exploration und Förderung liegt. Total förderte im vergangenen Jahr 2,1 Mio. Barrel Öläquivalente pro Tag.

Anlageurteil: Der bereinigte Nettogewinn von Total sank 2014 ggü. dem Vorjahr um 10 % auf 12,8 Mrd. USD. Da-von entfielen auf das Segment Upstream 10,5 Mrd. USD (2013: 12,5 Mrd. USD), gefolgt von Refining & Chemicals mit 2,5 Mrd. USD (2013: 1,9 Mrd. USD)

Page 140: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

140 LBBW - Commodity Yearbook 2015

und Marketing & Services 1,3 Mrd. USD (2013: 1,6 Mrd. USD). Upstream musste in Q4-14 infolge des Ölpreisverfalls ggü. dem Vorquartal einen berei-nigten Gewinneinbruch von 42 % auf 1,6 Mrd. USD hinnehmen. Eine Änderung des Ölpreises von 10 USD/bbl ändert 2015 den bereinigten operativen Gewinn und den bereinigten Nettogewinn von Total um 3,1 Mrd. USD bzw. 1,7 Mrd. USD. Total hat nach einer Phase verstärkter Investitionstätigkeit in neue Förderprojekte die Basis für steigende Produktions-mengen gelegt. Nachdem die Produktion 2014 im Jahresvergleich um 7 % auf 2,1 Mio. boe/d gesunken ist, soll sie 2015 um mehr als 8 % zulegen. Neben der Produktionsausweitung plant Total 2015, mit der Kürzung der Investitionen auf 23 bis 24 Mrd. USD (2014: 26 Mrd. USD), weiteren Kostensenkun-gen und Unternehmensverkäufen liquide Mittel von insgesamt 8 Mrd. USD freizusetzen. Neben guten mittelfristigen Wachstumsperspektiven, unterlegt durch eine Projektpipeline von 15 Großprojekten, bietet Total eine solide Bilanz (2014: 23 % Gearing inkl. ausstehender Einnahmen aus abgeschlossenen Verkäufen). Die erwartetet Dividendenrendite ist mit 5,6 % attraktiv, unser Rating lautet Kaufen.

ENI

Unternehmensprofil: ENI gehört zu den großen europäischen integrierten Öl- und Gaskonzernen. Mit dem Verkauf von Snam im Jahr 2012 wurde der Unternehmensfokus auf das Explorations- und Fördergeschäft gerichtet. Im vergangenen Jahr förderte ENI insgesamt 1,6 Mio. Barrel Öläquivalente pro Tag. Über seine Tochterge-sellschaft Saipem ist der Konzern auch als Ausrüster und Betreiber von Bohrplattformen und Pipelines tätig. Größter Aktionär von ENI ist der italienische Staat mit einem Anteil von 30 %.

Anlageurteil: ENI erzielte 2014 einen bereinigten Nettogewinn von 3,7 Mrd. EUR (-16 % vs. 2013). Davon entfielen 4,4 Mrd. EUR (-26 % vs. 2013) auf das Segment Ex-ploration and Production. Das den Konzerngewinn dominierende Segment wird vom Verfall des Ölprei-ses getroffen. ENI wird auf den niedrigen Ölpreis mit Investitionskürzungen reagieren. Trotzdem plant der Konzern die Produktion (2014: 1,6 Mio. bbl/d) zu

steigern. In den Bereichen Refining and Marketing und Chemicals (Versalis) führt ENI u.a. Kapazitätsan-passungen und Kostensenkungsmaßnahmen durch. Im Bereich Gas und Power erwartet ENI Ergebnis-verbesserungen aus der Neuverhandlung der lang-fristigen Gasbezugspreise. Im Bereich Engineering sollte der Bestand an Aufträgen mit niedriger Marge auslaufen. ENI kürzte als einziger der großen Ölkon-zerne die Dividende und reduzierte damit seit 2009 erstmalig wieder die Dividende pro Aktie. Diese liegt nun mit einer erwarteten Dividendenrendite von 5,2 % (zuvor rund 6,6%) in etwa auf dem Durch-schnitt der Branche (5,4 %). Die Verschuldungsrate des Konzerns lag zuletzt bei 22 % inmitten des Zielkorridors von 10 % bis 30 %. ENI betreibt ein ak-tives Portfoliomanagement, das auch zukünftig eine freundliche Dividendenpolitik unterstützen sollte. Wir empfehlen die Aktie von ENI zum Kauf.

Marktverlauf ENI, Repsol, Total versus Euro Stoxx 50

Quellen: Thomson Reuters, LBBW Research

Repsol

Unternehmensprofil: Repsol gehört zu den großen europäischen integ-rierten Öl- und Gaskonzernen. Im Verarbeitungs- und Vertriebsgeschäft hat das Unternehmen eine dominierende Stellung auf dem heimischen Markt in Spanien. Repsol besitzt einen Anteil von rund 30 % am Erdgasversorger Gas Natural. Dieser steht jedoch nach dem Verkauf der LNG Aktivitäten zur strategischen Disposition.

70%

90%

110%

130%

150%

170%

190%

Jul. 12 Jan. 13 Jul. 13 Jan. 14 Jul. 14 Jan. 15

ENI Repsol

TOTAL EURO STOXX 50

70%

90%

110%

130%

150%

170%

190%

Page 141: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 141

Anlageurteil: Repsol erzielte 2014 einen bereinigten Gewinn von 1,7 Mrd. EUR. (2013: 1,8 Mrd. EUR). Davon entfiel der Großteil mit 1,0 Mrd. EUR auf das Segment Downstream, gefolgt von Upstream (0,6 Mrd. EUR), Gas Natural (0,4 Mrd. EUR) und Corporate/Others (-0,3 Mrd. EUR). Trotz eines zu beobachtbaren Ver-falls der Rohölpreise entschied sich Repsol in Q4-14 das kanadische Ölunternehmen Talisman Energy für 13 Mrd. USD zu übernehmen. Die Übernahme dient der Stärkung der Upstream-Aktivitäten und wurde in Q2-15 abgeschlossen. Die Entschädigungszahlung des argentinischen Staates für den 2012 verstaatlich-ten Anteil von 51 % an YPF und der Verkauf des Min-derheitsanteils von knapp unter 12 % haben Repsol

2014 Einnahmen in Höhe von 4,6 Mrd. EUR beschert. Davon hat Repsol in Form einer Sonderdividende 1,1 Mrd. EUR oder 1,0 EUR pro Aktie an die Aktionäre weitergegeben. Die restlichen Mittel dienten u.a. dem Abbau der Nettoschulden auf zuletzt 8,7 Mrd. EUR. Zuvor hatte Respol die Bilanz bereits über die Abgabe von eigenen Aktien und den Verkauf von LNG-Aktivitäten (Liquified Natural Gas) entlastet. Der Verkauf von Gas Natural bietet zukünftig eine weite-re strategische Option. Repsol bietet eine erwartete Dividendenrendite von 6,3 %. Unser Rating für die Aktie von Repsol lautet Halten.

Jens Münstermann(LBBW Research)

Kurs Dividende Div. Rendite (%) Gewinn pro Aktie KGV (x) LBBW

Unternehmen ISIN 14.07.2015 2014 2015E 2014 2015E 2014 2015E 2014 2015E Rating

BP GB0007980591 426 0,40 0,40 6,2% 6,1% 0,66 0,36 9,7 18,2 Kaufen

Chevron US1667641005 94 4,21 4,30 3,8% 4,6% 10,14 4,41 11,1 21,3 Halten

ENI IT0003132476 15 1,12 0,80 7,7% 5,2% 1,03 0,56 14,1 27,6 Kaufen

ExxonMobil US30231G1022 82 2,70 2,85 2,9% 3,5% 7,60 3,85 12,2 21,2 Halten

OMV AT0000743059 24 1,25 1,25 5,7% 5,1% 3,47 1,98 6,3 12,3 Kaufen

Repsol ES0173516115 16 1,00 1,00 6,5% 6,3% 1,24 0,97 12,5 16,3 Halten

Royal Duch Shell GB00B03MLX29 1805 1,88 1,88 5,6% 6,8% 3,57 2,06 9,4 13,5 Kaufen

Statoil NO0010096985 138 7,20 7,20 5,5% 5,2% 12,30 7,29 10,7 18,9 Halten

Total FR0000120271 43 2,44 2,44 4,5% 5,6% 5,63 3,35 11,6 14,3 Kaufen

BP und Royal Dutch Shell: Berichterstattung in USD, Kurs in GBpChevron Texaco und ExxonMobil: Berichterstattung und Kurs in USDStatoil: Berichterstattung und Kurs in NOKENI, OMV, Repsol und Total: Berichterstattung und Kurs in EUR

Page 142: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

142 LBBW - Commodity Yearbook 2015

8.4.2 Stahlaktien

Auf dem globalen Stahlmarkt herrscht ein AngebotsüberhangDie globale Rohstahlproduktion ist 2014 gegenüber dem Vorjahr um 1,2 % (2013: 3,5 %) auf eine Höchst-marke von 1.662 Mio. t angestiegen. Die Weltstahl-produktion hat sich innerhalb von 15 Jahren damit mehr als verdoppelt. In Europa (inklusive CIS) sank die Rohstahlproduktion 2014 minimal um 0,1 % im Vergleich zum Vorjahr auf 313 Mio. t. Dieser Wert liegt zwar 18 % oberhalb der Produktionsmengen des Kri-senjahres 2009 aber immer noch 14 % unterhalb des Rekordwertes aus dem Jahr 2007. Europa repräsentiert einen Weltmarktanteil von rund 19 %. China steigerte die Rohstahlproduktion im Jahresvergleich um 0,9 % oder 7 Mio. t. auf insgesamt 823 Mio. t. Das Reich der Mitte ist mit einem globalen Produktionsanteil von 50 % der bestimmende Faktor für die Entwicklung der angebotenen Weltstahlmengen. Im April 2015 hatte der Weltstahlverband WSA u.a. den kurzfristigen Ausblick für die globale Stahlnachfrage reduziert. Dabei wurden die Wachstumsannahmen für China erneut nach unten revidiert. Demnach soll 2015 die Stahlnachfrage in Chi-na um 0,5 % auf 707 Mio. t. fallen und rund 46 % der globalen Stahlnachfrage von 1.544 Mio. t. ausmachen. China ist ein Stahlnettoexporteur und befeuert durch gesteigerte Ausfuhren den globalen Verfall der Stahl-preise zusätzlich.

Rohstahlproduktion nach Ländern, 2014 (Anteil in %)

Quellen: World Steel Association, LBBW Research

Globale Rohstahlproduktion im Vgl. zu China 2005-14 (Mio. t) Quelle: World Steel Association, LBBW Research

Stahlpreise verzeichnen deutlichen AbwärtstrendDer Preis für Warmwalzband (HRC) unterliegt seit April 2011 einem Abwärtstrend. Dabei führen Lagerhal-tungszyklen zusätzlich zu unterjährigen Preisschwan-kungen. In Europa ist der Preis auf aktuell 433 USD/t gesunken. Das Preisniveau liegt damit mehr als 50 % unterhalb des letzten Höchststandes aus dem Jahr 2011. In China ist der Preis für HRC bereits unter die Marke von 400 USD/t gefallen. In USA liegt der Preis bei 469 USD/t und damit 37 USD höher als in Europa. Im Jahr 2014 profitierte der Stahlpreis in USA neben einer ordentlichen Nachfragedynamik auch von ei-ner protektionistischen Haltung des US-Staates, mit einer Vielzahl von Anti-Dumping-Maßnahmen. Dabei übertrafen die in USA zu erzielenden Preise um bis zu 175 USD/t das Preisniveau in China. Grundsätzlich zeigen die Stahlpreise unterschiedlicher Regionen die gleichen Bewegungsmuster. Antidumpingmaßnahmen können erfahrungsgemäß die Angleichung regional unterschiedlicher Preise hinauszögern, aber nicht auf-halten. Laut Industrievertretern setzen spätestens bei Preisunterschieden von mehr als 150 USD/t regionale Arbitrageprozesse ein.

49%

7%

5%

5%

4%

4%

3%

2%

2%

2%

17%

China

Japan

USA

Indien

Süd-Korea

Rußland

Deutschland

Türkei

Brasilien

Ukraine

Sonstige

0

200

400

600

800

1000

1200

1400

1600

1800

2005 2007 2009 2011 2013

ChinaWelt, ex ChinaWelt

0

200

400

600

800

1000

1200

1400

1600

1800

Page 143: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 143

Entwicklung des Warmwalzbandpreises in Europa, USA und

China in USD/t

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Entwicklung der Preise für Warmwalzband und Eisenerz

(USD/t)

Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research

Die Gewinnsituation der Stahlbranche bleibt unbe-friedigend: Stahlhersteller haben auf die allgemein unzureichende Gewinnsituation in der Branche mit tiefgreifenden, mehrjährigen Kostensenkungsprogram-men reagiert. Im derzeitigen Wettbewerbsumfeld müs-sen die Stahlproduzenten jedoch die Effizienzgewinne und Vorteile aus fallenden Materialpreisen (Eisenerz, Energie) zu großen Teilen wieder an die Kunden weiter-geben. Nichtsdestotrotz ist es den Stahlunternehmen gelungen, zu kleinen Nettogewinnen oder in die Nähe dieser zurückzukehren. Die Gewinnsituation der Bran-che bleibt aber weiterhin unbefriedigend. So liegen die Markterwartungen für die bereinigten Unternehmens-gewinne pro Aktie innerhalb unserer Stahlvergleichs-gruppe derzeit um bis zu 88 % (97 %) unterhalb der Durchschnittswerte (Maximalwerte) der vergangenen 10 Jahre. Die Aktien von Stahlunternehmen haben sich

innerhalb der letzten fünf Jahre deutlich schlechter als die großen Aktienindizes entwickelt.

Entwicklung der Gewinnerwartungen (12M-FWD adj. EPS in

local currency )

Quellen: Thomson Reuters, LBBW Research

Kursverlauf ArcelorMittal, Salzgitter und ThyssenKrupp

versus DAX (t-5 Jahre = 100%)

Quellen: Thomson Reuters, LBBW Research

ThyssenKrupp

Unternehmensprofil: ThyssenKrupp ist ein diversifizierter Industriekon-zern und beschäftigt weltweit rund 155.000 Mitar-beiter. Auf das Stahlgeschäft inklusive Rohstoffe und Dienstleistungen (Materials Services) entfielen im abgelaufenen Geschäftsjahr ~60 % des Konzern-Um-satzes von 41 Mrd. EUR. Der zukünftige Fokus liegt auf dem Industriegeschäft (Aufzüge, Anlagen- und Schiffbau, Komponentenfertigung). An einer mög-lichen Konsolidierung im europäischen Stahlsektor würde sich der Konzern beteiligen wollen.

300

400

500

600

700

800

900

1.000

1.100

1.200

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

HRC - USA USD/t

HRC - Europa USD/t

HRC - China USD/t

300

400

500

600

700

800

900

1.000

1.100

1.200

0

100

200

300

400

500

600

700

800

900

1.000

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

200

201520142013201220112010Eisenerz (USD/t)HRC -Europa (USD/t)

-2,0

0,0

2,0

4,0

6,0

8,0

10,0

12,0

14,0

16,0

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

Arcelor Mittal

Salzgitter

ThyssenKrupp

-2,0

0,0

2,0

4,0

6,0

8,0

10,0

12,0

14,0

16,0

20%

40%

60%

80%

100%

120%

140%

160%

180%

200%

220%

2010 2011 2012 2013 2014 2015

ArcelorMittal SalzgitterThyssenKrupp DAX 30

20%

40%

60%

80%

100%

120%

140%

160%

180%

200%

220%

Page 144: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

144 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Anlageurteil: Für 2014/15 (GJ-Ende 30. September) avisiert Thys-senKrupp (TKA) ein höheres bereinigtes EBIT von 1,6 bis 1,7 Mrd. EUR (2013/14: 1,3 Mrd. EUR). Dies beinhaltet Effizienzgewinne von >850 Mio. EUR. TKA sollte dann über ein dreijähriges Effizienz-programm Kosten von kumuliert >2,5 Mrd. EUR p.a. bis 2014/15 eingespart haben. Mit dem ersten Nettogewinn nach drei Jahren schüttete TKA nach zweimaligen Ausfall eine Dividende von 0,11 EUR pro Aktie für das Geschäftsjahr 2013/14 aus. Pers-pektivisch will TKA nachhaltig ein EBIT von mindes-tens 2,0 Mrd. EUR erreichen, um mit einem deutlich positiven Free Cashflow wieder solide Dividenden zahlen zu können. Ende 2013/14 weist TKA eine niedrige Eigenkapitalquote von 9 % aus. Die Netto-finanzschulden sanken auf 3,5 Mrd. EUR mit einem Gearing von 109 %. (2012/13: 5,0 Mrd. EUR, 201 %). Der Schuldenabbau beruhte letztlich auf einer Ka-pitalerhöhung und dem Verkauf des US-Walzwerks. Der Free Cashflow (vor Desinvestitionen) war mit -254 Mio. EUR. negativ, soll 2014/15 aber mindes-tens ausgeglichen sein. Der Verkauf von VDM hat zu einer Abwertung von mehr als 100 Mio. EUR geführt, soll bei Abschluss aber die Nettofinanzschulden und Pensionen um einen mittleren dreistelligen Mio.-EUR-Betrag entlasten. Mit Cevian besitzt TKA einen aktivistischen Hauptaktionär. Dies führte in der Vergangenheit zu wiederkehrenden Spekulationen, dass einzelne Segmente verkauft oder der Konzern komplett zerschlagen werden könnte.

Salzgitter

Unternehmensprofil: Die Salzgitter AG gliedert ihre Geschäftstätigkeiten in die Bereiche Flachstahl, Grobblech/Profilstahl, Energie, Handel und Technologie. Der zweitgrößte deutsche Stahlkonzern hat eine Produktionskapazi-tät von ca. 9 Millionen Tonnen Rohstahl pro Jahr. Mit dem Erwerb der Klöckner Werke AG diversifizierte Salzgitter in Richtung Maschinenbau. Eine weitere Beteiligung von 25 % hält der Konzern an dem größ-ten Kupferproduzenten Europas, Aurubis (ehemals Norddeutsche Affinerie).

Anlageurteil: Salzgitter (SZG) verbuchte 2014 den dritten EBT-Ver-lust in Folge, reduzierte diesen aber deutlich auf -15 Mio. EUR (2013: -483 Mio. EUR). Der Konzern hat für 2014 eine zum Vorjahr unveränderte Dividende von 0,20 EUR pro Aktie ausgeschüttet. Für 2015 erwartet SZG ein EBT im niedrigen bis mittleren zweistelligen Mio.-EUR-Bereich. In besten Zeiten (2007-08) hatte SZG ein EBT von über einer Mrd. EUR erzielt. 2015 führt die planmäßige Zustellung eines Hochofens zu Sonderbelastungen von 80 Mio. EUR. Dies sollte trotz Kostensenkungen aus der Inbetriebnahme einer neuen Kohleeinblasanlage zu einer merklichen Ausweitung des EBT Verlustes bei Flachstahl führen. (2014: -9 Mio. EUR). Die dem Bereich Grobblech/Profilstahl zugeordnete defizitäre Tochter HSP (EBT 2014:-97 Mio. EUR) wird geschlossen. Für 2015 er-wartet SZG Auslaufkosten im mittleren zweistelligen Mio.-EUR-Bereich. Im Bereich Handel ist die Vorjah-resbasis durch einen nicht wiederholbaren positiven Effekt um 40 Mio. EUR erhöht. Im Rahmen des Effi-zienzprogramms „Salzgitter AG 2015“ plant SZG bis 2016 kumuliert über 200 Mio. EUR p.a. einzusparen. Der globale Stahlmarkt ist fragmentiert und weist weiterhin Überkapazitäten auf. Stahlkonzerne geben zumindest teilweise Kostenvorteile aus fallenden Rohstoffpreisen und Effizienzmaßnahmen an die Endkunden weiter.

ArcelorMittal

Unternehmensprofil: ArcelorMittal entstand aus der Übernahme von Arcelor durch Mittal Steel. Der Firmensitz liegt in Luxemburg. Mit Aktivitäten in über 60 Ländern und einer Rohstahlproduktion von 93 Mio. Tonnen in 2014 ist der Konzern der weltweit größte Stahlpro-duzent. Das Edelstahlgeschäft wurde in eine eigene Gesellschaft namens Aperam ausgegliedert. Um seine Rohstoffabhängigkeit zu verringern, hat das Unternehmen über eine Reihe von Akquisitionen ein eigenes Minengeschäft aufgebaut. Mittlerweile gehört ArcelorMittal zur Gruppe der weltweit führen-den Produzenten von Eisenerz.

Page 145: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 145

Anlageurteil: ArcelorMittal ist regional breit aufgestellt und hat Zugang zu eigenen Rohstoffen (Eisenerz, Kokskoh-le). Als Antwort auf eine von Überkapazitäten ge-prägte, schwache Stahlkonjunktur insbesondere in Europa hatte der Konzern frühzeitig ein Kostensen-kungsprogramm verabschiedet. Dieses soll inner-halb von drei Jahren bis 2015 zu Effizienzgewinne von insgesamt 3,0 Mrd. USD p.a. führen. Davon wur-den 2,1 Mrd. USD p.a. bereits Ende 2014 erreicht. Derzeit bekommt ArcelorMittal die Folgen eines fallenden Eisenerzpreises im Segment Mining zu spüren. Der Konzern avisiert für 2015 ein EBITDA in-nerhalb des Ziel-Korridors von 6,0 bis 7,0 Mrd. USD,

also unterhalb des Vorjahreswertes von 7,2 Mrd. USD. ArcelorMittal hatte in der Spitze (Q3-08) Netto-finanzschulden von über 30 Mrd. USD zu schultern. Diese hat das Unternehmen per Q1-15 auf ~17 Mrd. USD u.a. auch durch die Aufnahme frischen Eigenka-pitals zurückgeführt. Für 2015 erwartet ArcelorMittal einen positiven Free Cashflow. Das mittelfristige Ziel für die Nettoverschuldung lautet ~15 Mrd. USD. Für das Geschäftsjahr 2014 hat ArcelorMittal eine unver-änderte Dividende von 0,20 USD pro Aktie gezahlt.

Jens Münstermann(LBBW Research)

Vergleichsgruppe Stahl

Kurs (€) Dividende Div. Rendite (%) Gewinn pro Aktie KGV (x) LBBW

Unternehmen ISIN 14.07.2015 2014 2015E 2014 2015E 2014 2015E 2014 2015E Rating

ArcelorMittal LU0323134006 8,1 0,20 0,20 1,8% 2,2% -0,61 -0,03 negativ negativ Kaufen

Salzgitter DE0007500001 30,5 0,20 0,20 0,9% 0,7% -0,64 0,65 negativ 46,9 Halten

ThyssenKrupp DE0006202005 22,2 0,11 0,30 0,5% 1,3% 0,38 0,78 55,1 28,5 Verkaufen

ArcleorMittal: Dividende und EPS in USD, Salzgitter 2014 Div. = Schätzung Quelle: LBBW Research

Page 146: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

146 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Prognoseüberblick.

Einheit Bezug Q3/15 Q4/15 Q2/16

Gesamtmarkt

DJUBS Commodity Index Punkte Spot 340 350 375

Energie

Rohöl Brent USD / Barrel Spot 60 60 65

Rohöl WTI USD / Barrel Spot 55 55 60

Gasoil ICE USD / Tonne Spot 550 550 600

Edelmetalle

Gold USD / Unze Spot 1.200 1.250 1.300

Silber USD / Unze Spot 16,00 16,00 17,00

Platin USD / Unze Spot 1.100 1.100 1.150

Palladium USD / Unze Spot 650 700 750

Industriemetalle

Aluminium USD / Tonne Spot 1.790 1.850 1.900

Kupfer USD / Tonne Spot 6.500 6.500 6.700

Nickel USD / Tonne Spot 13.700 17.000 18.200

Zink USD / Tonne Spot 2.300 2.300 2.400

Blei USD / Tonne Spot 2.000 2.100 2.100

EURUSD Spot 1,05 1,05 1,10

LBBW Commodity Research Team

Head of Commodity Research

Dr. Frank Schallenberger Achim Wittmann

Dipl. Volkswirt, Dipl. Betriebswirt (BA) Dipl. Kaufmann

Strategie, Indexentwicklung Industriemetalle

[email protected] [email protected]

Thorsten Proettel Frank Klumpp, CFA

Dipl. Ökonom Dipl. Betriebswirt (FH)

Edelmetalle Energie

[email protected] [email protected]

Page 147: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 147

Wir weisen darauf hin, dass die Fondsgesellschaften oder diesen nahe stehende Gesellschaften berechtigt sind, Vermittlern

(wie etwa Kreditinstituten und somit auch der LBBW) Vermittlungsentgelte oder Bestandsvergütungen zu gewähren. Diese

werden derzeit üblicherweise in Abhängigkeit vom vermittelten Fondsvolumen bemessen und in regelmäßigen Abständen an

den Vermittler abgeführt. Es wird dem Anleger oder Interessenten in jedem Fall empfohlen, vor einem Erwerb, Verkauf oder

einer beabsichtigten Auflösung eines Investments einen steuerlichen Berater oder Wirtschaftsprüfer zu konsultieren. Dies gilt

hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der Investments, aktueller Änderungen der jeweiligen Steuergesetze sowie der Frage,

wie dieses Investment im Privatvermögen oder in der Handels- und Steuerbilanz abzubilden und zu bewerten ist. Vergangen-

heitsdaten geben keinen Aufschluss über zukünftige Wertentwicklungen. Die vorliegenden Informationen sind nicht als Auffor-

derung oder Angebot zum Kauf oder Verkauf zu verstehen und nur für den internen Gebrauch bestimmt.

Die LBBW unterliegt der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Bonn/Frankfurt.

Diese Publikation beruht auf von uns nicht überprüfbaren, allgemein zugänglichen Quellen, die wir für zuverlässig halten, für

deren Richtigkeit und Vollständigkeit wir jedoch keine Gewähr übernehmen können. Sie gibt unsere unverbindliche Auffassung

über den Markt und die Produkte zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses wieder, ungeachtet etwaiger Eigenbestände in die-

sen Produkten.

Wir behalten uns vor, unsere hier geäußerte Meinung jederzeit und ohne Vorankündigung zu ändern. Wir behalten uns

des Weiteren vor, ohne weitere Vorankündigung Aktualisierungen dieser Information nicht vorzunehmen oder völlig

einzustellen.

Diese Publikation ersetzt nicht die persönliche Beratung. Sie dient nur zu Informationszwecken und gilt nicht als Angebot oder

Aufforderung zum Kauf oder Verkauf. Für weitere zeitnähere Informationen über konkrete Anlagemöglichkeiten und zum Zwe-

cke einer individuellen Anlageberatung wenden Sie sich bitte an Ihren Anlageberater.

Die LBBW hat Vorkehrungen getroffen, um Interessenskonflikte bei der Erstellung und Weitergabe von Finanzanalysen soweit

wie möglich zu vermeiden oder angemessen zu behandeln. Dabei handelt es sich insbesondere um institutsinterne Informa-

tionsschranken, die Mitarbeitern, die Finanzanalysen erstellen, den Zugang zu Informationen versperren, die im Verhältnis

zu den betreffenden Emittenden Interessenskonflikte der LBBW begründen können, das Verbot des Eigenhandels in Papieren

für die oder für deren Emittenten die betreffenden Mitarbeiter Finanzanalysen erstellen sowie die laufende Überwachung der

Einhaltung gesetzlicher Pflichten durch Mitarbeiter der Compliance-Stelle. Aktuelle Angaben gemäß § 5 Abs. 4 Nr. 3 FinAnV

finden sie unter http://www.LBBW.de/finanzanalyseverordnung.

Die LBBW verwendet ein dreistufiges, absolutes Aktienrating-System. Die jeweiligen Einstufungen sind mit folgenden Ein-

schätzungen verbunden: Kaufen: Bezogen auf einen Zeithorizont von bis zu 12 Monaten empfehlen wir Investoren den Kauf

der Aktie. Verkaufen: Bezogen auf einen Zeithorizont von bis zu 12 Monaten empfehlen wir Investoren den Verkauf der Aktie.

Halten: Wir haben eine neutrale Einstufung der Aktie und empfehlen auf Sicht von bis zu 12 Monaten weder den Kauf noch

den Verkauf der Aktie. Unter Beobachtung: Das Rating wird derzeit von uns überarbeitet. Ausgesetzt: Eine Beurteilung des

Unternehmens ist momentan nicht möglich.

Anmerkungen: Das Rating-System vor dem 6. April 2009 lautete: Kaufen: Das Kurspotenzial der Aktie beträgt mindestens

10 %. Halten: Das Kurspotenzial der Aktie liegt zwischen 0 % bis 10 %. Verkaufen: Es wird eine negative Kursentwicklung der

Aktie erwartet. Die Ratings beziehen sich auf einen Zeithorizont von bis zu 6 Monaten.

Prozentuale Verteilung aller aktuellen Aktienratings der LBBW

Kaufen Halten Verkaufen Unter Beobachtung Ausgesetzt

34,0 % 60,2 % 4,4 % 0,5 % 01,0% Stand: 15.07.2015, 15:00 Uhr

Disclaimer.

Page 148: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

148 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Rating-Chroniken

BP

Buy 05.12.2012

Hold 03.02.2011

Buy 03.05.2004

Hold 31.07.2003

Chevron

Hold 07.02.2013

Buy 20.08.2008

ENI

Buy 04.05.2012

Hold 02.12.2009

Buy 13.05.2004

Hold 13.11.2003

Exxon

Hold 01.02.2012

Buy 11.05.2010

Hold 06.03.2008

OMV

Buy 12.08.2014

Hold 11.10.2007

Repsol

Hold 04.03.2013

Buy 17.01.2011

Hold 05.04.2007

Buy 14.05.2004

Hold 12.11.2003

Royal Dutch Shell

Buy 26.04.2012

Hold 11.02.2010

Buy 04.05.2004

Hold 09.02.2004

Buy 26.06.2003

Statoil

Hold 28.07.2014

Buy 26.11.2009

Hold 01.12.2008

Buy 29.04.2008

Total

Buy 31.07.2012

Hold 28.03.2012

Buy 05.10.2011

Buy 10.11.2003

Page 149: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

LBBW - Commodity Yearbook 2015 149

Page 150: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

150 LBBW - Commodity Yearbook 2015

Page 151: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

Diese Publikation beruht auf von uns nicht überprüfbaren, allgemein zu-gänglichen Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit und Vollständigkeit wir jedoch keine Gewähr übernehmen können. Sie gibt unsere unverbindliche Auffassung über den Markt und die Produkte zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses wieder, ungeachtet etwaiger Eigenbestände in diesen Produkten. Diese Publikation ersetzt nicht die persönliche Beratung. Sie dient nur zu Informationszwecken und gilt nicht als Angebot oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf. Für weitere zeitnähere Informationen über konkrete Anlagemög-lichkeiten und zum Zwecke einer individuellen Anlageberatung wenden Sie sich bitte an Ihren Anlageberater. Wir behalten uns vor, unsere hier geäußerte Meinung jederzeit und ohne Vorankündigung zu ändern. Wir behalten uns des Weiteren vor, ohne weitere Vorankündigung Aktualisie-rungen dieser Information nicht vorzunehmen oder völlig einzustellen.

Wir weisen darauf hin, dass die Fondsgesellschaften oder diesen nahe ste-hende Gesellschaften berechtigt sind, Vermittlern (wie etwa Kreditinstituten und somit auch der LBBW) Vermittlungsentgelte oder Bestandsvergütungen zu gewähren. Diese werden derzeit üblicherweise in Abhängigkeit vom ver-mittelten Fondsvolumen bemessen und in regelmäßigen Abständen an den Vermittler abgeführt. Es wird dem Anleger oder Interessenten in jedem Fall empfohlen, vor einem Erwerb, Verkauf oder einer beabsichtigten Auflösung eines Investments einen steuerlichen Berater oder Wirtschaftsprüfer zu kon-sultieren. Dies gilt hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der Investments, aktueller Änderungen der jeweiligen Steuergesetze sowie der Frage, wie dieses Investment im Privatvermögen oder in der Handels- und Steuerbilanz abzubil-den und zu bewerten ist. Vergangenheitsdaten geben keinen Aufschluss über zukünftige Wertentwicklungen. Die vorliegenden Informationen sind nicht als Aufforderung oder Angebot zum Kauf oder Verkauf zu verstehen und nur für den internen Gebrauch bestimmt.

Impressum.

Redaktion: Landesbank Baden-Württemberg Commodity Research Am Hauptbahnhof 2 70173 Stuttgart

Dr. Frank Schallenberger, Investmentanalyst

Achim Wittmann, Investmentanalyst

Frank Klumpp, Investmentanalyst

Thorsten Proettel, Investmentanalyst

Telefon: ++49/(0)7 11/1 27 -7 34 63Telefax: ++49/(0)7 11/1 27 -7 31 61E-Mail: [email protected]

Layout: Bettina Drevenšek

Redaktionsschluss: 22.07.2015

Page 152: Kapitalmärkte. Commodity Yearbook 2015. - lbbw-am.de · 6 LBBW - Commodity Yearbook 2015 Damit lässt sich feststellen, dass Rohstoffe im Verhältnis zu Aktien aktuell relativ günstig

Landesbank Baden-Württemberg.

07/2

015

Landesbank Baden-Württemberg

Hauptsitze

Stuttgart

Postfach 10 60 49

70049 Stuttgart

Am Hauptbahnhof 2

70173 Stuttgart

Telefon 0711 127-0

Telex 72519-0

Telefax 0711 127-43544

http://www.LBBW.de

[email protected]

Karlsruhe

76245 Karlsruhe

Ludwig-Erhard-Allee 4

76131 Karlsruhe

Telefon 0721 142-0

Telex 7826935

Telefax 0721 142-23012

http://www.LBBW.de

[email protected]

Mannheim

Postfach 10 03 52

68003 Mannheim

Augustaanlage 33

68165 Mannheim

Telefon 0621 428-0

Telefax 0621 428-72591

http://www.LBBW.de

[email protected]

Mainz

Postfach 29 69

55098 Mainz

Große Bleiche 54-56

55116 Mainz

Telefon 06131 64-37800

Telefax 06131 64-35701

http://www.LBBW.de

[email protected]