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DIE MAGISCHEN TÖNE IM PARADIES DER TONKÜNSTLER Kammermusikwerke der Komponisten und Virtuosen der Mannheimer Hofkapelle Schloss Schwetzingen Mozartsaal 23. Oktober 2019

Kammermusikwerke der Komponisten und Virtuosen der

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DIEMAGISCHENTÖNEIMPARADIESDERTONKÜNSTLER

KammermusikwerkederKomponistenundVirtuosenderMannheimerHofkapelle

SchlossSchwetzingenMozartsaal

23.Oktober2019

PROGRAMM

IGNAZHOLZBAUER(1711–1783)

SonatefürFlöte,ViolineundBassoinD-Dur

Andante–Allegro–Vivace

CHRISTIANCANNABICH(1731–1798)

Flötenquartettina-Moll,aus:SeiQuartetti[...]Recitanti,op.5a[1767]

Andantino–Allegromolto

LUDWIGAUGUSTLEBRUN(1752–1790)

TriofürOboe,ViolineundBassoinF-Dur,aus:SixTrios,op.2[1776]

Adagio–Allegretto

WILHELMCRAMER(1746–1799)

SonatefürViolineundVioloncelloinB-Dur,aus:SixSonates,op.2[ca.1772]

Allegromoderato–Adagio–TempodiMenuetto

CHRISTIANCANNABICH(1731-1798)

QuintettfürFlöte,Oboe,Violine,ViolaundVioloncelloinC-Dur

Allegronontroppo–[Andante]–Presto

Ausführende:

ClémenceApffel-GomezstudiertenachdemVorstudiumamConservatoiredeStras-bourgbeiClaudeDucrocqanderMusikhochschuleGenfbeiNobukoImaiundschlossihreAusbildung2011inzweiMasterstudiengängen(OrchesterundPädagogik)erfolg-reich ab. Ihr professionelles Engagement imNTObegann imHerbst 2013 zuerst alsTuttistinderBratschengruppe,dannab2014alsVorspielerinderBratschen.MirjamRoxstudierteCelloanderMusikhochschuleinTrossingenbeiProf.deSecon-di.SiewarMitgliedinderJungenDeutschenPhilharmonieundbesuchteMeisterkursevonProf.Gleißner,TrulsMørk,Prof.WallfischundProf.Buck.ZurzeitunterrichtetsiejungeCellistinnenundCellisteninSchwetzingenundHeidelberg.Der Flötist Christoph Rox studierte in Lübeck bei Michael-Martin Kofler, ThomasBiermannundBerndOsten(Piccolo).NacherstenEngagementsalsSoloflötistandenTheaternvonSaarbrückenundWürzburgwurdeer2003FlötistdesNTOMannheim.SeiteinigenJahrenunterstützterimVorstanddieArbeitderMusikalischenAkademiedesNationaltheater-Orchesters.ChristophMüller, geboren in Freising, studierte Violine beiMartin-Albrecht Rohde,MünchenundProf.YfrahNeaman,London.NebendemExamenamRichardStraussKonservatoriumMünchenerwarber inLondondas„AssociateCertificate“desRoyalCollege of Music und das “Diploma of Licentiate” mit Auszeichnung der GuildhallSchoolofMusicandDrama.1995wurdeihmderKulturförderpreisseinerHeimatstadtverliehen.Seit1996 istChristophMüllerMitglied imOrchesterdesNationaltheatersMannheimundtrittinKammermusik-EnsemblesverschiedensterBesetzungauf.Georg Lustig studierteOboeanderMusikhochschuleWürzburgbeiProfessorHaus-mannundProfessorMüller-Brincken.1992traterseineersteStellebeimPhilharmo-nischenOrchesterFreiburgan.2001wechselteeransNationaltheaterMannheim,woer die Stelle des Solo-Englischornisten ausfüllt. Seit 2002 ist er zudemMitglied desBayreutherFestspielorchesters.

instrumentalenPassagendurchzogen.Hingegenlebtderbeschwingtezwei-teSatzvonderInteraktionallerdreiInstrumente. ***WilhelmCramerwareinbrillanterGeigerundhervorragenderOrchester-leiter im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts. Als Überflieger auf seinemInstrument zog er sehr bald alle Blicke auf sich. Zu seinen Füßen lag dasPublikuminParisundinLondon,woersichniederließ,umalsfreischaffen-derKünstlerzuleben.»EinGeigervollGenie«, schriebSchubart, spielte»sehr schnell, geflügelt,unddiess[!]allesohneZwang«.Andererseitsgelangihm»dasAdagioodervielmehrdasZärtlicheundGefühlvolleammeisten«.DerDichterlobtesei-nenStrichals»ganzoriginal«undsahinihmeinenKomponisten»mittreff-lichem Geschmack«. Wie die meisten Virtuosen seiner Zeit komponierteCramer inerster Linie für sein InstrumentKonzerteundkammermusikali-scheWerke.NebenQuartettenundTriosfindensichSixSonatesfürViolineund Basso, die als zweites kammermusikalisches Opus von Cramer um1772inPariserschienen.DiesewarenbezeichnenderweiseseinemDienst-herrn, dem Kurfürsten Carl Theodor, gewidmet. Drei Sonaten aus dieserSammlung,darunterauchdieSonateinB-Dur,wurdenJahrespäterinLon-donnachgedruckt.DenerstenSatzdieserSonatefindetmansogarin»L’artdu violion ou Cellection choisie dans les sonates des écoles italienne,française et allemande« (1798–1799), einem Lehrwerk von Jean-BaptisteCartier, das neben den theoretischen und praktischen Anweisungen zumViolinspieleinenFundusanSonatenfürViolinebedeutenderKomponistenenthält. In ihrer Dreisätzigkeit und in der unverkennbaren Dominanz derViolinstimme gleicht die Sonate einem Solokonzert, das auf das Soloin-strument und die Basslinie reduziertwurde. Den im ersten Satz vorherr-schendenvirtuosenPassagenstehenderkantablezweiteundderheiteredritteSatzgegenüber. YevgineDilanyan

»WennderChurfürstinSchwetzingenwar,undihmseinvortrefflichesOr-chesterdahinfolgte;soglaubtemanineineZauberinselversetztzuseyn,woallesklangundsang. [...] jaausallenWinkelnundHüttendeskleinenDorfshörtemandiemagischenTöneseinerVirtuosen,diesichinallenAr-ten von Instrumenten übten.« So euphorisch schilderte der schwäbischeDichter,PublizistundKomponistChristianFriedrichDanielSchubartseineEindrucke,alser1774aufEinladungdesKurfürstenSchwetzingenbesuch-te.InseinerSchrift„IdeenzueinerÄsthetikderTonkunst“(Stuttgart,1806)schwärmteernichtnurvomOrchesterderkurpfälzischenHofkapelle,des-sen»Forte[...]einDonner,seinCrescendoeinKatarakt,seinDiminuendo–ein in die Ferne hin plätschernder Krystallfluss, sein Piano ein Frühlings-hauch« sei, sondern auch von den einzelnen herausragenden Musikern,jenenKomponistenundVirtuosen,diemitdenmagischenTönenihrerMu-sikdieAbendluftinSchwetzingenfüllten.MitAugenvonSchubartwirdnunversucht,dieMusikerundihreKompositionenvorzustellen. ***IgnazHolzbauer,derersteHofkapellmeister,war»nichtnureinungemeingründlicherundfleissigerKünstler,[...]sonderneintrefflicherKopf,dessenMusik einen eignen Stempel hatte«. Geboren inWien hatte er in seinerHeimatstadtnebendemJurastudiumGesangs-undInstrumentalunterrichtgenommen. Bald erhielt er dieMöglichkeit, seine Ausbildung in Venedigfortzusetzen.NachdenBeschäftigungenimmährischenHolleschau,inMai-land,WienoderStuttgart, führte ihndieAnstellungamMannheimerHofzumHöhepunkt seiner Karriere. Als Kapellmeisterwar Holzbauer für alleBereichederMusik – und in erster Linie fürVokalmusik – zuständig. VorallemseineOper»GünthervonSchwarzburg«indeutscherSprache,derenAufführung1777derdamals21-jährigeWolfgangAmadéMozartinMann-heimbeiwohnte,isteinMeilensteininderMusikgeschichte.DenMusikstilHolzbauers beschrieb der Publizist als »DeutschheitmitwelscherAnmuthcolorirt«–Eigenschaften,dieSchubartzufolgedenVerstandunddasHerzeinesMenschenansprechen.SosehrerHolzbauersdeutschsprachigeOperlobte,sounverblümtkritisierteerseine»Kammerstücke«,die»meiststeifund altväterisch« seien. Die Sonate für Flöte, Violine und Basso scheintstilistisch tatsächlich in der erstenHälfte des 18. Jahrhunderts verankert.

DiekontrastreicheDynamikunddasvonSatzzuSatzstetigsteigendeTem-poverhindernjedochjeglicheSteifheitinderMusik. ***»DerSchöpferdesgleichenVortrags«sei»VonderNaturselbstzumCon-certmeistergebildet!«,soSchubartüberChristianCannabich.Ausgezeich-neterGeiger,SchülervonJohannStamitz,undinersterLinieeinhervorra-genderOrchesterleiterund-erzieherhinterließCannabichvorallemindie-ser Funktion einen unvergesslichen Eindruck auf seine Zeitgenossen. »ErhateineganzneueBogenlenkungerfunden,undbesitztdieGabe,mitdemblossenNicken des Kopfes, und Zucken des Ellenbogens, das grössteOr-chesterinOrdnungzuerhalten.«DergebürtigeMannheimerundSohndesFlötisten und Komponisten der Mannheimer Hofkapelle Matthias Can-nabichwurdemit12JahrenalsAnwärterindaskurpfälzischeHoforchesteraufgenommenunderfuhreineumfassendeMusikausbildung.Daszweijäh-rige Stipendium seinesDienstherrenCarl Theodor ermöglichteCannabichdieVervollkommnungseinerAusbildungbeidemberühmtenKomponistenNiccolòJommeliinRom.NachderRückkehrnachMannheimwurdeerin-nerhalbkurzerZeitzumKonzertmeisterundimJahr1773zumInstrumen-talmusikdirektorernannt.ZuseinenHauptpflichtengehörtedieKompositi-oninstrumentalerWerke.ZahlreicheSinfonien,Konzerte,konzertanteSin-fonien, aber auch Ballette und Kammermusikwerke sind überliefert. ImKonzerterklingenzweiKompositionenvonCannabich:einQuintettfürFlö-te,OboeundStreicherundeinFlötenquartett.DasQuartettmitFlöteundStreichtriohatsichinderzweitenHälftedes18.Jahrhunderts etabliert undwurde als kammermusikalische Besetzung zu-nehmend beliebter, spielten doch viele gekrönteHäupter dieser ZeitwieFriedrichII.dieTraversflöte.AuchCarlTheodorhatdiesemitVorliebege-spielt,worauf Bilder, literarische Zeugnisse und nicht zuletztMusikwerkehinweisen.AusderVielzahlderwahrscheinlichfürdenKurfürstenkompo-niertenKammermusikwerkemitFlöte,stechendieFlötenquartettehervor,die vornehmlich demOeuvre eines Kollegen Cannabichs, Carlo GiuseppeToeschi,demKonzertmeisterundKabinettmusikdirektor,entstammen.CannabichsFlötenquartett ina-Moll isteinsdersehrwenigenFlötenquar-tette,dieineinerMoll-Tonartstehen.MitfeinenFarbenmaltderKompo-

nist hier bukolische Szenen, in denen man Hirtenflöten, Echos, Vogelge-zwitscherundstürmischesGewitterzuhörenglaubt.DasQuintettinC-DuristineinerAbschriftüberliefert,diesichimBestandderstädtischenMusikbibliothekMannheimbefindet.AlledreiSätzeweisenorchestralesDenkenauf.DemenergischenerstenSatzfolgtdergefühlvollelangsamezweiteSatz,derinsbesonderedurchdasOboensoloimmittlereng-Moll-Teil auffällt. Das Rondo im letzten Satz zeichnen Leichtigkeit undzuweilenhumorvolleKombinationderInstrumentalstimmenaus. ***Als »einwahrer Zauberer auf derHoboe«,wie ihn Schubart nannte,warLudwigAugust LebruneinerderherausragendenOboenvirtuosendes18.Jahrhunderts. Die Zeitgenossen bewunderten seine Tongebung, derSchubart »die äusserste Delicatesse« bescheinigt und die »seufzt, girrt,klagt und weint nicht nur, sondern spielt auch in den hellen Farben derFreude«. In Paris fesselte Lebrundas Publikummit einer unwahrscheinli-chenSanftheit,dieerseinemInstrument insbesondere inderhohenLagehervorlockte (MercuredeFrance, Juni1779).1752 inMannheimgeborenwurde Lebrun 1763 ins Hoforchester aufgenommen, dem er sein Lebenlang–auchnachderUmsiedlungdesHofesimJahr1778nachMünchen–treublieb.LebrunwarmitFranziskaDanzi–derSchwestervonFranzDanzi– verheiratet, die eine steile Karriere alsOpernsängerin amMannheimerHofmachteundalsbedeutendsteSopranistinihrerZeitinganzEuropaEr-folge feierte. Lebrunkomponiertevornehmlich für sein Instrument. SeineKonzertefürOboeundOrchester,dieauchheutzutagemitVorliebeindieKonzertprogramme aufgenommen werden, zeichnen Erfindungsreichtumund anspruchsvolle Solo- und Orchesterparts aus. Zu den überliefertenKammermusikwerken Lebruns gehören Trios undDuos, die inMannheimundParisveröffentlichtwurden.BereitsdererstenimJahr1774publizier-tenSammlungfürdasStreichtrioattestierteSchubartinseiner»DeutschenChronik« (Augsburg, 1774) eine unübertroffene »Anmuth und Süßigkeit«undkündigte»nochmehrProduktediesesjungenliebeswürdigenGenies«an. Tatsächlicherschienen zwei Jahre späterSix Trios op. 2 –diesmal fürFlöteoderOboe,ViolineundBass–beimVerlagSieberinParis.Imerstenlangsamen Satz des F-Dur-Trios aus dieser Sammlung steht die Oboe alsSoloinstrumentimMittelpunkt.IhrPartistteilsariosgestaltet,teilsmit