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JEANIENE FROST Rubinroter Schatten

JEANIENE FROST Rubinroter Schatten · »Eternal Kiss of Darkness (Night Huntress World 2)« bei Avon, New York. Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100 Das FSC®-zertifizierte Papier

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JEANIENE FROST

Rubinroter Schatten

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Buch

Der Vampir Mencheres ist alt und mächtig, doch er ist seiner Existenzmüde. Die ewige Auseinandersetzung mit seinem Gegenspieler Radje-def hat ihn ausgelaugt. Als Mencheres dann auch noch seine prophe-tische Gabe verliert, beschließt er, seiner Existenz ein Ende zu setzen.Doch dann begegnet er der Privatdetektivin Kira Graceling, die heraus-findet, dass er ein Vampir ist. Da Mencheres sie mit diesem Wissennicht gehen lassen kann, will er ihr Gedächtnis löschen – und versagt!So wird Kira in den uralten Konflikt zwischen Radjedef und Mencheresgezogen. Bald erkennt sie, wie sehr Mencheres der Welt überdrüssigist, doch ohne seinen Schutz wird sie Radjedef hilflos ausgeliefertsein. Wenn Kira nicht sterben will, muss sie Mencheres´ Lebenswillenwiedererwecken. Aber vielleicht hat Mencheres längst etwas gefunden,

wofür es sich zu Kämpfen lohnt – die Liebe zu einer Sterblichen ...

Autorin

Jeaniene Frost lebt mit ihrem Mann und ihrem Hund in Florida. Ob-wohl sie selbst kein Vampir ist, legt sie wert auf einen blassen Teint,trägt häufig schwarze Kleidung und geht sehr spät zu Bett. Und obwohlsie keine Geister sehen kann, mag sie es, auf alten Friedhöfen spazierenzu gehen. Jeaniene liebt außerdem Poesie und Tiere, aber sie hasst es zu

kochen. Zurzeit arbeitet sie an ihrem nächsten Roman.www.jeanienefrost.com

Die Abenteuer von Cat & Bones sind im Blanvalet Verlag als Taschenbuchlieferbar:

1. Blutrote Küsse (26605)2. Gefährtin der Nacht (37381)

3. Kuss der Nacht (26623)4. Der sanfte Hauch (37554)

5. Verlockung der Nacht (37916)6. Dunkle Sehnsucht (37745)

Die Spin-Offs aus der Welt von Cat & Bones:

Die Geschichte von Spade und Denise: Nachtjägerin (37867)Die Geschichte von Mencheres und Kira: Rubinroter Schatten

(26923)Die Geschichte von Vlad und Leila: Dunkle Flammen der Leidenschaft

(Penhaligon, 3101)

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JEANIENE FROST

RubinroterSchatten

Roman

Aus dem Englischenvon Sandra Müller

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Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel»Eternal Kiss of Darkness (Night Huntress World 2)« bei Avon, New York.

Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100Das FSC®-zertifizierte Papier Holmen Book Cream

für dieses Buch liefert Holmen Paper, Hallstavik, Schweden

1. AuflageMai 2013 bei Blanvalet, einem Unternehmen derVerlagsgruppe Random House GmbH, München.

Copyright © der Originalausgabe 2010 by Jeaniene FrostPublished by arrangment with

Avon, an imprint of HarperCollins Publishers, LLC.Copyright © der deutschsprachigen Originalausgabe 2011 by

Blanvalet in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München.Umschlagmotiv: bürosüd°, München

Redaktion: Rainer Michael RahnHK ∙ Herstellung: sam

Druck und Einband: GGP Media GmbH, PößneckPrinted in Germany

ISBN: 978-3-442-26923-5

www.blanvalet.de

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Für meine geliebten Nichten und Neffen,die quasi mein Ersatz für eigene Kinder sind.

Wesley, Lauren, Patrick, Michael,Matthew, Christopher und Amy.

Mögen all eure Geschichten gut ausgehen.

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1 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––Mencheres roch das Blut, bevor der erdige Geruch der Ghulezu ihm drang, die sich im erdgeschoss des verfallenen Lager-hauses zusammengerottet hatten. sie zeigten sich unbeein-druckt, als er eintrat. noch ein schnuppern, und er wusste,dass es Vampirblut war, nach dem zwei von ihnen stanken.anden anderen vier klebte das kupfrige aroma nicht, aber denmordlüsternen Blicken nach, mit denen sie Mencheres mus-terten, hatten sie vor, das zu ändern.

»ein junger Vampir ist vor Kurzem hier in der Gegend ver-schwunden«, sagte Mencheres anstelle einer Begrüßung undignorierte die Ghule, die ihn zu umschleichen begannen. siewirkten wie ältere teenager, und ihren energiefeldern nachzu urteilen, waren sie in untoten Jahren nicht älter. »Kurzesblondes Haar,tribal tatoos auf den oberarmen, silberpiercingin der augenbraue. nennt sich trick«, fuhr Mencheres fort.»Habt ihr ihn gesehen?«

»Ziemlich unklug, sich so kurz vor anbruch der Dämme-rung noch draußen herumzutreiben, Vampir«, antworteteder am stärksten nach Blut riechende Ghul gedehnt, ohne aufMencheres’ Frage einzugehen. Dann lächelte er und entblößteseine spitz zugefeilten Zähne.

statt Furcht ließ der anblick Ärger in Mencheres aufkom-men. Die Ghule wähnten sich durch die nahende Dämmerungim Vorteil, dabei schwächte sie nur junge Vampire. Zwar ver-barg Mencheres seine Machtaura, sodass er wie ein junger

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Vampir wirkte, aber wären die Ghule schlau gewesen, hätteMencheres’ Furchtlosigkeit sie stutzig gemacht.

in diesem Fall hätten sie trick allerdings auch nicht ausge-rechnet in der Gegend ermordet, in der sie auch ihr Quartierhatten. Mencheres hatte nur eine stunde gebraucht, um sieaufzuspüren. so viel Dummheit stellte nicht nur eine völligeMissachtung vamprisch-ghulischen rechts dar; sie gefährde-te auch die Geheimhaltung der existenz beider arten. WäreMencheres in einer anderen Gemütsverfassung gewesen, hät-te er den Ghul mit dem Haifischgebiss ohne viel Federlesensumgebracht und die übrigen fünf einer öffentlichen Bestra-fung zugeführt. so wie sie nach Vampirblut stanken, brauch-te er kein Geständnis von ihnen, um zu wissen, dass sie trickermordet hatten.

Die Ghule hatten Glück, denn Mencheres stand der sinnheute nicht nach rache.Vielleicht war es gut, dass er das zwei-te Gesicht verloren hatte, überlegte er. Hätte er nämlich ge-ahnt, dass er seine jahrtausendealte Fehde mit dem korruptenGesetzeshüter radjedef so beenden würde, hätte er an seinemeigenen Verstand gezweifelt.

andererseits wäre all das ohne den Verlust seiner Visionengar nicht nötig gewesen. Zorn stieg in Mencheres auf. nach-dem ihm vier Jahrtausende lang immer wieder Blicke in dieZukunft vergönnt gewesen waren, traf ihn der Verlust deszweiten Gesichts so unerwartet wie vernichtend. oft hatte ersich darüber beklagt, wie frustrierend es war, dass viele sei-nen Vorahnungen keine Beachtung schenkten. ohne seineVorahnungen war es ihm nun, seinen anderen Fähigkeitenzum trotz, nicht mehr möglich, die seinen zu schützen. Dievorwurfsvollen Worte eines Freundes klangen ihm noch imohr. Warum kannst du mir ausgerechnet jetzt, wo ich dicham meisten brauche, nicht mehr helfen?

radjedefs Hass auf Mencheres war jahrtausendealt, aber er

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war zu schlau, um sich mit einem Feind anzulegen, der selbstden vernichtendsten Plänen bereits im Vorfeld entgegenwir-ken konnte. nun, da Mencheres nicht länger das zweite Ge-sicht besaß, hatte radjedef allerdings leichtes spiel. sie beidewussten, dass radjedef nicht zögern würde, den beträchtli-chen einfluss, den er durch sein amt als Gesetzeshüter besaß,zu missbrauchen, um Mencheres Verbrechen zur Last zu le-gen, die er nie begangen hatte. radjedef legte das recht gernzu seinen Gunsten aus. Das hatte er schon getan, bevor er demmächtigen rat der Vampire beigetreten war.

seinem erzfeind hätte die Konfrontation mit ihm und dasunvermeidliche Blutvergießen, das stattgefunden hätte, be-vor einer von ihnen als sieger daraus hervorgegangen wäre,sicher großen spaß gemacht. aber Mencheres würde es erstgar nicht dazu kommen lassen. Die Vorstellung, wie frust-riert radjedef sein würde, wenn er seine ausgeklügelten ra-chepläne nicht in die tat umsetzen konnte, bereitete ihm die-bische Freude.

als die sechs Ghule nun mordlustig grinsend die silbermes-ser zückten, rührte Mencheres sich nicht vom Fleck. Die an-gelegenheit würde blutig werden, aber mit Blut war Menche-res vertraut. Mit schmerz auch. Beide begleiteten ihn schonweitaus länger, als die Ghule ahnten.

sein Blick ging zum noch dunklen Himmel, und kurz frag-te er sich, ob im Jenseits die sonne schien. Bevor der tag an-brach, würden er oder die Ghule es wissen.

Kira lief die ashland avenue entlang. noch zwei straßen biszu ihrer Wohnung. ein plötzlicher Windstoß blies ihr dasHaar ins Gesicht. chicago trug nicht ohne Grund den Bei-namen Windy City. sie strich sich ein paar der vorwitzigensträhnen hinter die ohren und hievte ihren schweren ruck-sack auf die andere schulter. so oft, wie sie ihn schon zur

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arbeit und wieder nach Hause geschleppt hatte, hätte manmeinen sollen, er wäre ihr inzwischen weniger schwer er-schienen. Wenigstens stellte ihr chef ihr für observierungenden Firmenwagen zur Verfügung, und andere Leute, die imWest Loop wohnten und arbeiteten, hatten auch kein auto.nur mussten die nicht so viele Fotoapparate, camcorder, Fern-gläser und andere zur observierung notwendige Gerätschaf-ten mit sich herumschleppen.

immerhin hatte sie eine erfolgreiche nacht hinter sich.Die observation der untreuen ehefrau ihres Klienten hat-te Früchte in Form von mehreren belastenden Beweisfotosgetragen, die Kira ins Büro gebracht hatte, bevor sie mit derGreen Line nach Hause gefahren war. Heute konnte sie schla-fen, so lange sie wollte, und selbst ihr pingeliger chef würdenichts zu beanstanden haben.

als Privatdetektivin achtete sie immer auf alles, was um sieherum geschah, aber als sie um die nächste ecke bog, wur-de sie noch aufmerksamer. am tag bereitete ihr die strecke,auf der sie gerade unterwegs war, keine Probleme, jetzt aberwar ihr unbehaglich zumute. sie war froh, dass die sonneallmählich aufging. Die Zeile verfallener Lagerhäuser hätteinzwischen eigentlich gar nicht mehr da sein sollen, aber dieanhaltende rezession hatte abriss und Wiederaufbau verzö-gert. Die unansehnlichen Gebäude garantierten jedoch, dassdie Mieten in dem apartmenthaus, in dem sie wohnte, sehrviel niedriger waren, als sie es sein würden, wenn erst einmalschicke neue apartments den verlassenen, graffitibesprühtenschandfleck ersetzten. allerdings musste sie stets auf der Hutsein. Überfälle waren in dieser Gegend an der tagesordnung.

sie hatte das letzte Gebäude schon fast hinter sich gelassen,als ein heiseres Lachen sie herumfahren ließ. es war aus ei-nem der Lagerhäuser gekommen und klang eher bedrohlichals belustigt. Geh weiter, befahl sich Kira. Du bist fast daheim.

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Wieder erschallte das fiese Lachen, diesmal war ihm ein ge-quälter schrei vorausgegangen. Kira blieb stehen und lausch-te angestrengt. später am tag hätte der Lärm von Menschenund autos jeden Laut aus den Lagerhäusern übertönt; da aberalles noch schlief, hörte sie als nächstes etwas, das wie ein lau-tes stöhnen klang. Wer immer es ausgestoßen hatte, war innot, und als dann wieder dreckiges Gelächter erklang, wussteKira, dass beides zusammenhing.

sie ließ den rucksack von den schultern gleiten, um ihrHandy herauszuholen, während sie schnellen schritts die si-cherheit ihres apartmenthauses anstrebte.

»neun eins eins, sie haben einen notfall?«, meldete sicheine stimme, nachdem Kira die nummer eingetippt hatte.

»ich möchte einen code 37 melden«, antwortete Kira.»Wie bitte?«»schwere Körperverletzung«, erklärte Kira, überrascht, dass

die Vermittlung den Polizeicode nicht kannte. sie gab die ad-resse des Lagerhauses durch. »Klingt, als käme es aus demerdgeschoss«, fügte sie noch hinzu.

»einen augenblick, bitte. ich verbinde sie mit dem zustän-digen revier«, kam die antwort. Kurze Zeit später wurde sieerneut gefragt, um was für einen notfall es sich handelte.

»ich möchte einen Fall von schwerer Körperverletzung mel-den«, erklärte Kira und bemühte diesmal gar nicht erst denPolizeicode. noch einmal gab sie adresse und Begleitumstän-de durch, frustriert, alles zum zweiten Mal vortragen zu müs-sen.

»sie haben den Vorfall aber nicht persönlich beobachtet?«,wurde sie gefragt.

»nein, reingegangen bin ich nicht«, gab Kira barsch zurück.sie war inzwischen stehen geblieben, weil sie fast daheim war.

»aha«, antworte die inzwischen gelangweilt klingendestimme. »ihr name, bitte.«

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»ich möchte lieber anonym bleiben«, sagte Kira nach einerPause. Bei der Polizei gab es eine akte über sie, und die warnicht ganz lupenrein.

»Wir schicken einen streifenwagen vorbei«, vermeldete diePerson am anderen ende der Leitung.

»Danke«, murmelte Kira und legte auf. sie hatte getan, wassie konnte. Hoffentlich half es dem unbekannten, der so ge-peinigt geklungen hatte.

als sie dann aber auf die tür ihres apartmenthauses zu-ging, zögerte sie. ihr instinkt sagte ihr, dass sie kehrtmachenund zum Lagerhaus zurückkehren sollte. Der streifenwagenwürde erst in fünf bis zehn Minuten eintreffen. Was, wenndem verletzten unbekannten nicht mehr so viel Zeit blieb?

»Versuche nie, den Helden zu spielen, Kind. Überlass dasder Polente.«

Die mahnenden Worte ihres chefs klangen Kira noch imohr. statt ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen, machten siesie allerdings wütend. Wäre ihr exmann nicht gewesen, hät-te sie jetzt auch zur »Polente« gehört. sie hatte die Polizei-akademie mit Bravour durchlaufen, einen fertigen abschlussin der tasche und befand sich zwei straßen vom tatort ent-fernt, nicht mehrere Minuten wie die Polizeistreife.

Macks tiefe und kratzige stimme hallte ihr als nächstes inden ohren: Rette ein Leben. Das war das Motto ihres Men-tors gewesen. Hätte Mack ähnlich gedacht wie ihr chef, wäreKira jetzt womöglich tot und begraben und würde nicht aufdem Gehweg stehen und sich fragen, ob sie einem notleiden-den helfen sollte oder nicht.

Mack hätte nicht gezögert, Polente hin oder her. Wem woll-te sie lieber ähnlich sein? ihrem alten Freund Mack oder ih-rem abgebrühten Boss Frank?

Kira machte auf dem absatz kehrt und lief auf die Lager-häuser und den schrei zu.

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Mencheres stieß ein langgezogenes stöhnen aus, als sich dassilbermesser in seine Brust bohrte. als die Ghule angefan-genen hatten, ihn zu traktieren, hatte er keinen Mucks vonsich gegeben, und sie hatten die Klingen nur umso langsamerdurch sein Fleisch gezogen, sein schweigen als Provokationaufgefasst. also keuchte und stöhnte er, schrie sogar auf. eshalf; sie wurden immer eifriger, die schnitte tiefer.

Bald würde er sich entscheiden müssen. Wollte er seineenergie einsetzen, um zu verbergen, dass er ein Meistervam-pir war, oder um sich vor dem schlimmsten schmerz zu schüt-zen? er hatte bereits so viel Blut verloren, dass beides ihmnicht mehr möglich sein würde. Besaßen die angreifer aller-dings einen Funken Verstand, würden sie das Weite suchen,wenn klar war, was in ihm schlummerte. nein, das konnte ernicht riskieren. er wählte also den schmerz.

Mencheres ließ den geistigen schutzwall zusammenbre-chen, den er zwischen sich und den mit gnadenloser Zielsi-cherheit eingesetzten Messern errichtet hatte. sofort hatte erdas Gefühl, sein Körper würde in Flammen stehen – eine re-aktion auf die silbernen Klingen, die ihn aufschlitzten.

nun, da die geistige Barriere zwischen ihm und demschmerz aufgehoben war, stellte sich ein neues Problem. Jedeneue schnitt- oder stichwunde löste einen energiestrudelin ihm aus, der nach rache schrie. Mencheres unterdrückteihn, konzentrierte sich darauf, seine Machtaura einzudäm-men, und versuchte seine eigenen Mordgelüste zu verdrän-gen, obwohl die energie in ihm unbedingt freigesetzt wer-den wollte.

»stakes«, sagte Mencheres, den Ghul bei dem namen nen-nend, den die anderen benutzt hatten. »Bist du unerfahrenoder ist das schon alles, was du draufhast?«

Der Ghul fauchte angesichts der Beleidigung und hackteMencheres eine tiefe Wunde in den schenkel. ein zweiter

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Ghul griff sich Mencheres’ hüftlanges schwarzes Haar undsäbelte ein Büschel davon auf schulterhöhe ab.

Wieder spürte Mencheres Zorn in sich aufsteigen; dunkelund todbringend wollte er mit seiner Macht verschmelzenund Form annehmen. er unterdrückte ihn in dem Wissen,dass schon ein einziger augenblick des Kontrollverlustes sei-nerseits den tod der Ghule zur Folge haben würde. und nochhatten sie ihren Zweck nicht erfüllt.

»Messer runter und Finger weg von ihm«, keuchte jemand.nicht weniger überrascht als die Ghule sah Mencheres in

die richtung, aus der die stimme gekommen war. War er somit sich selbst beschäftigt gewesen – genau wie die Ghule –,dass ein Mensch sich ihnen unbemerkt hatte nähern können?

Der Beweis stand in klassischer schusshaltung am anderenraumende und hatte die Pistole auf die Mencheres umrin-genden Ghule gerichtet. es war eine Frau. ihre augen warenweit aufgerissen, das Gesicht bleich, aber ihre Waffe hielt siemit sicherem Griff.

Das hatte ihm gerade noch gefehlt.»Gehen sie«, befahl Mencheres. ihr warmer, sterblicher

Leib würde für die Körperfresser eine zu große Versuchungdarstellen, wenn sie sich nicht auf der stelle aus dem staubmachte.

»na, na«, tönte stakes und ließ sein Messer in Mencheres’schenkel stecken. »seht mal, Leute. Dessert.«

Die Frau spannte mit einem Klicken den Hahn. »ich schie-ße«, drohte sie. »ihr nehmt jetzt alle die Messer runter undschert euch weg von ihm. Die Polizei ist schon unterwegs …«

ihre stimme brach, als stakes von Mencheres abwich. Bis-her hatte der Körper des Ghuls den größten teil von Men-cheres’ Verletzungen verdeckt, aber als sie ihn endlich ganzsehen konnte, stutzte sie.

Die Ghule griffen an.

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Mencheres wusste, dass er es geschehen lassen sollte. ein-fach am stahlträger gefesselt stehen bleiben, den Hilflosenmarkieren und die Frau den Ghulen überlassen. immerhinhatte er hier etwas zu erledigen, und die rettung einer leicht-sinnigen sterblichen gehörte nicht dazu.

aber in dem einen augenblick, den die Ghule brauchten,um die Frau zu erreichen, kam Mencheres noch ein Gedankeund verdrängte alle rationalität in ihm. sie hatte ihn rettenwollen. Das durfte er sie nicht mit dem Leben bezahlen lassen.

Mit einem schlag brach seine Macht sich Bahn und traf dieGhule mit Wucht. Die blutigen stricke, die Mencheres fessel-ten, lösten sich tanzend wie schlangen, während Mencheresden sechs Ghulen mit einem weiteren energiestoß zuleiberückte. so stark wie sonst war er nicht, aber die grellen schreieder Körperfresser endeten genauso abrupt wie ihr angriff aufdie Frau.als alle stricke sich gelöst hatten und Mencheres aufdie Frau zutrat, rührte sich kein einziger Ghul mehr.

Mit einem Fußtritt beförderte Mencheres stakes von demKörper der Frau herunter, auf die er gefallen war. sie keuch-te, Blut lief ihr als dünnes rinnsal aus dem Mund und ergosssich aus ihrer klaffenden Bauchwunde. sein Zögern hatte fa-tale Folgen gehabt. Der Ghul hatte sie tödlich verwundet, be-vor Mencheres ihn aufgehalten hatte. Bald würde die Frauverblutet sein.

sie starrte zu ihm auf, ihr Gesicht wirkte gequält, doch alssie den Blick auf ihren Bauch senkte, breitete sich angstvollesVerstehen darin aus.

»tina«, flüsterte sie. Dann verdrehte sie die blassgrünen au-gen und wurde bewusstlos.

Diesmal zögerte Mencheres nicht; er schlitzte sich mit denFängen das Handgelenk auf und hielt ihr die Wunde an dieLippen. Kein Blut floss. natürlich, die Ghule hatten ihn aus-bluten lassen. sofort hob er die Frau hoch und trug sie zu dem

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stahlträger, an den er vor so kurzer Zeit noch gefesselt gewe-sen war. Dort nahm Mencheres etwas von seinem Blut vomBoden auf und ließ es der Fremden in den Mund laufen. ihrPuls war inzwischen unregelmäßig, aber er achtete nicht da-rauf und zwang sie zu schlucken.

sirenengeheul näherte sich. Die Polizeistreife war fast da,genau wie die Frau gesagt hatte. Mencheres nahm noch eineHandvoll Blut und rieb es in ihre Bauchwunde. Das Blut derFrau mischte sich mit seinem, aber nur kurz. Dann hörte dieWunde auf zu bluten, die ränder schlossen sich, als die rege-nerierende Wirkung seines Blutes einsetzte.

Das schlagen zweier autotüren war zu hören. Mencheresließ die Fremde auf dem blutigen Fußboden zurück und nä-herte sich den Ghulen. sie konnten nur die augen bewegen,während er auf sie herunterstarrte.

»Hättet ihr mich gleich getötet, hättet ihr vielleicht nochein paar tage zu leben gehabt«, bemerkte Mencheres kühl.Dann holte er zu einem kurzen, kontrollierten energetischenschlag aus. ein ploppendes Geräusch ertönte, und im nächs-ten augenblick rollten sechs abgetrennte Köpfe von den Kör-pern der Ghule weg.

Fußtritte näherten sich dem Lagerhaus. Mencheres hieltkurz inne und sah zu der Frau hinüber. sie hatte das Bewusst-sein wiedererlangt und starrte ihn an, ihre hellen augen wirk-ten vor schock und entsetzen wie gebannt.

sie hatte seine reißzähne gesehen. Den Mord an den Ghu-len. sie wusste zu viel, er konnte sie nicht einfach hierlassen.

»Polizei«, hörte er eine stimme. »irgendjemand ver-letzt …?«

Mencheres griff sich die Frau und sauste durch ein einge-schlagenes Fenster davon, bevor die Beamten entsetzt das Ge-metzel begutachten konnten, das sie erwartete.

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2 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––Kira wusste, dass sie weder träumte noch halluzinierte oderverrückt geworden war. und das war ja das schlimme. es be-deutete, dass alles, was sie gesehen hatte, Wirklichkeit war,was wiederum bedeutete, dass ihr entführer kein Menschwar. so unglaublich es schien, es war die einzig logische er-klärung. Menschen konnten keine Verletzungen überleben,wie sie sie bei ihrem Blick auf den an den stahlträger Ge-fesselten gesehen hatte. Menschen hatten auch keine reiß-zähne und grün leuchtende augen. und sie konnten auchniemandem den Kopf abreißen, ohne ihn auch nur anzu-fassen.

so gern sie sich eingeredet hätte, durch das erlittene traumaeiner sinnestäuschung erlegen zu sein, stand doch fest, dassMenschen nicht fliegen konnten. aber ihr entführer war ausdem Lagerhaus davongeflogen und dann, mit ihr im arm, alswäre sie leicht wie eine Feder, in mehreren spektakulären sät-zen von Dach zu Dach gesprungen.

Da Kira unter Höhenangst litt, hatten Benommenheit,schock, Blutverlust und schwindel schließlich ihren tributgefordert, und sie war während der Flucht ohnmächtig gewor-den. nun befand sie sich allem anschein nach in einem ganzgewöhnlichen schlafzimmer, nach wie vor in ihren zerrisse-nen, blutverschmierten Klamotten und mit auf wundersameWeise verheilter Bauchwunde, während ihr entführer ihr ineinem sessel gegenübersaß.

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»Fürchte dich nicht, du bist in sicherheit«, waren die ers-ten Worte, die er in seinem seltsamem akzent an sie richtete.

allein Kiras Überlebensinstinkt hielt sie davon ab,»schwachsinn« zu murmeln. sie blickte an sich herab, abernatürlich war ihre Pistole nirgends zu sehen. nicht dass sieihr gegen ihn und die Kreaturen im Lagerhaus irgendetwasgenutzt hätte.

»Wo bin ich?«, wollte Kira wissen, während sie unter derDecke, die irgendjemand – er? – über sie gebreitet hatte, her-vorkroch.

»an einem sicheren ort«, antwortete ihr entführer, wo-raufhin Kira im Geist erneut ein spöttisches schnauben aus-stieß. Klar doch. sie war so sicher wie ein Fallschirmspringermit kaputtem schirm.

»Wie seltsam«, murmelte der Mann im nächsten augen-blick. »ich kann deine angst riechen, aber kein Wort davonhören.«

Kira hatte sich gerade aus dem Bett aufrappeln wollen, dahielt sie inne. ein eisiger adrenalinstoß durchfuhr sie, als sieihren entführer zum ersten Mal genauer in augenscheinnahm.

Langes schwarzes Haar fiel ihm bis über die Brust, war aberan einigen stellen auf schulterlänge abgeschnitten. auf denersten Blick wirkten seine Gesichtszüge orientalisch, aber sei-ne helle Haut ließ sie vermuten, dass er noch andere Vorfah-ren hatte. sein breiter Mund war zu einem schiefen Lächelnverzogen, und seine schwarzen Brauen beschatteten ebensoschwarze augen. Wo war der unirdische grüne Glanz, den siezuvor darin gesehen hatte? Das alter des Mannes schätztesie auf Mitte zwanzig, da er um die augen herum noch kei-ne Fältchen hatte. sein Hals war zwar noch blutverschmiert,aber anscheinend hatte er Hemd und Hose gewechselt.Wärendas Blut und die ungleich geschnittenen Haare nicht gewesen,

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hätte Kira ihn für einen jungen, zuvorkommenden Geschäfts-mann halten können.

aber in der Morgendämmerung hatte sie ihn halb zerstü-ckelt gesehen, auch wenn von den Verletzungen jetzt nichtsmehr zu sehen war. noch ein Beweis dafür, dass er keinMensch sein konnte.

Warum sich mit Höflichkeiten abmühen?, überlegte Kira.sie wussten beide, dass sie vermutlich getötet würde, damitsie das, was sie beobachtet hatte, nicht weitererzählen konnte.

»Faszinierend«, sagte der Mann fast wie zu sich selbst. »ichkann kein Wort von dem hören, was du denkst.«

Kira fuhr sich unwillkürlich mit den Händen an den Kopf,als könnte sie mit physischer Kraft verhindern, dass er ihreGedanken las. seine zum schiefen Lächeln verzogenen Lip-pen zuckten.

»normalerweise würde dir das nichts nützen, aber wie ge-sagt, ich kann deine Gedanken nicht hören.«

»Was bist du?«, entfuhr es ihr. ein außerirdischer? sie hat-te doch gewusst, dass die regierung log, was diese roswell-Geschichte anging …

»nichts, was dir Kopfzerbrechen bereiten müsste, tina«,antwortete er schulterzuckend. »Bald wirst du …«

»Warum hast du mich tina genannt?«, unterbrach Kira ihnin panischem Flüsterton.

»Vielleicht brauche ich einfach noch ein bisschen Blut«,murmelte der Fremde.

»Finger weg von meiner schwester«, fauchte Kira und er-hob sich. Was für eine Kreatur er auch war, vor der Polizeihatte er reißaus genommen. Was bedeutete, dass er sich vorder in acht nehmen musste, und falls er etwas mit tina imschilde führte, würde er sich vor Kira auch in acht nehmenmüssen.

er streckte die Hand aus. »Du missverstehst mich. Du hast

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›tina‹ gesagt, bevor du ohnmächtig geworden bist. ich dach-te, das wäre dein name.«

Kira konnte sich an nichts erinnern, aber es erschien ihrlogisch. als ihr die schwere ihrer Verletzungen bewusst ge-worden war, war ihr letzter Gedanke gewesen, dass sich nie-mand mehr um tina kümmern würde, wenn sie starb. undwenn alles mit rechten Dingen zugegangen wäre, hätte siean ihrer Verletzung sterben müssen, doch beim erwachenhatte sie als erstes festgestellt, dass ihr Bauch verheilt war.unglaublicherweise sogar spurlos, und sie war wohlauf, ob-wohl sie nach wie vor in ihrer blutigen und zerrissenen Klei-dung steckte.

und so dachte sie noch einmal genau über ihren entführernach. Er musste sie irgendwie geheilt haben. Hieß das, er sag-te die Wahrheit, wenn er behauptete, sie wäre in sicherheit,oder hatte die Kreatur womöglich noch schlimmeres mit ihrvor? Wenn er nichts Böses im schilde führte, warum hatte ersie dann nicht einfach im Lagerhaus zurückgelassen, als diePolizei eingetroffen war?

Der düstere Fremde saß regungslos; seine Hand deutetenoch immer in ihre richtung. Kira amtete tief durch undsetzte sich wieder aufs Bett. Die vielen ungewöhnlichen si-tuationen, mit denen sie durch ihren Job bereits konfrontiertgewesen war, hatten sie gelehrt, dass es nichts nützte, dieFassung zu verlieren. etwas Derartiges hatte sie allerdingssogar als Privatdetektivin noch nicht erlebt, aber wenn sieüberhaupt eine Überlebenschance haben wollte, musste siedie nerven behalten.

»ich heiße Kira.« Wenn er ihre sachen an sich genommenhatte, würde er das dank ihrer Brieftasche ohnehin bald wis-sen. »ich möchte jetzt gehen. ich weiß nicht mehr, was heuteMorgen passiert ist. Wenn ich versuche, mich daran zu erin-nern, ist da nur nebel …«

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»Du lügst«, antwortete der Mann mit einem schnauben,das sich direkt elegant anhörte. seine kohlschwarzen augenwurden schmal. »um das zu wissen, muss ich deine Gedan-ken nicht lesen. ich kann es riechen.«

Kira schluckte schwer. »Würdest du an meiner stelle nichtso tun, als hättest du die erinnerung verloren?«

»ich weiß nicht«, antwortete er beinahe nachdenklich. »ichwar nie an deiner stelle. ich wusste immer von Kains Kindern,schon als ich selbst noch ein Kind war.«

er schüttelte den Kopf, als wollte er einen Gedanken ver-scheuchen. »Warum erzähle ich dir das? ich brauche wohlwirklich nahrung. Komm, bringen wir es hinter uns …«

urplötzlich stand er vor ihr, hatte die Hände auf ihre schul-tern gelegt. Wie hatte er das so schnell fertiggebracht? ihrHerz begann zu jagen, und eine furchtbare ahnung erfülltesie. Bringen wir es hinter uns? sprach er so selbstverständlichvon ihrer ermordung?

»Fürchte dich nicht«, sagte das Monster sanft. in seinen au-gen tat sich etwas. sie leuchteten grellgrün, als er sie zwang,ihn anzusehen. sie spürte einen Druck im Kopf. o Gott, erwollte sie köpfen wie die Kreaturen im Lagerhaus.

»aufhören«, keuchte Kira. »ich wollte dir helfen …«»ich weiß«, unterbrach er sie und ließ seine Finger über ihr

Gesicht gleiten. »Das war sehr mutig von dir. Dumm auch,aber dennoch mutig. sieh mir in die augen, Kira. Heute Mor­gen ist nichts geschehen. Du bist nie in diesem Lagerhaus ge-wesen. Du hast mich nie gesehen. Du bist nach Hause gegan-gen und eingeschlafen, das war alles …«

seine stimme wurde immer tiefer, bis schließlich nichtmehr nur sein ungewöhnlicher akzent darin vibrierte. Kiraspürte, wie der Druck in ihrem Kopf zunahm, aber es hattenicht den anschein, als würde er ihr gleich von den schulterngerissen.Vielleicht wollte der Mann sie ja doch nicht umbrin-

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gen. um die Kreaturen im Lagerhaus zu köpfen, hatte er nichtso lange gebraucht. nachdem sie ihm einige augenblicke langin die grell leuchtenden augen gestarrt hatte, versuchte Kiranoch einmal, ihn zu überzeugen.

»Genau das werde ich sagen. Was du auch bist, was immerdas für Kreaturen waren, ich will es gar nicht wissen. ich willeinfach alles vergessen.«

er wirkte verwirrt. »unmöglich«, murmelte er. seine au-gen begannen noch greller zu leuchten. »Heute Morgen istnichts geschehen. Du bist nach Hause gegangen, hast dichschlafen gelegt …«

»alles abgespeichert«, antwortete Kira und blinzelte. ihmin die augen zu sehen war, als starrte man in zwei grünescheinwerfer.

ehe sie sich’s versah, stand er am anderen ende des Zim-mers und musterte sie so argwöhnisch wie sie eben noch ihn.

»Du bist immun gegen meine Macht.« er lachte auf. »Wahr-lich ein denkwürdiger tag. Vielleicht liegt es daran, dass ichdich mit meinem Blut geheilt habe. Das könnte jetzt meineHypnosekräfte beinträchtigen. sobald dein Körper es abge-baut hat, bist du wieder empfänglich.«

Das hörte sich gar nicht gut an. es klang langwierig, alswürde sie hier so schnell nicht wegkommen. und allmählichdämmerte es ihr. Blut. Hypnose. Reißzähne. Fliegen. Das pass-te nur auf eine Kreatur, aber dieser Fremde konnte doch wohlkein echter Vampir sein, oder?

»ich erinnere mich natürlich an das, was heute Morgenpassiert ist, aber du kannst dich darauf verlassen, dass ichniemandem davon erzählen werde«, sagte Kira mit ruhigerstimme. »Du brauchst nicht abzuwarten, bis mein Körper ir-gendwas abgebaut hat. ich gehe nach Hause und verliere keinsterbenswörtchen über dich, das Lagerhaus oder sonst wasunnatürliches.«

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er starrte sie an, Dunkelheit ersetzte das Grün in seinen au-gen. Dann schüttelte er sehr langsam den Kopf.

»im augenblick glaubst du das vielleicht, aber ich kann un-möglich riskieren, dass du deine Meinung irgendwann än-derst.«

nur das Geräusch der sich schließenden Zimmertür verriet,dass er sich bewegt hatte. Kira lief ebenfalls zur tür, doch ob-wohl sich der Knauf drehen ließ und sie fest drückte, schafftesie es nicht, sie zu öffnen. offenbar stand etwas sehr schwe-res davor.

Wie sollte sie dem Mann entkommen, wenn er so unglaub-lich schnell war? Wieder kam ihr das Wort »Vampir« in densinn. alles deutete darauf hin, dass ihr entführer genau daswar. aber sollten Vampire im sonnenlicht nicht in Flammenaufgehen? Bei ihm war das nicht der Fall gewesen. als er mitihr aus dem Lagerhaus geflohen war, war die sonne bereitsaufgegangen gewesen, was ihm jedoch nicht geschadet hat-te. ein Kreuz trug sie auch am Hals, aber auch das hatte ihnnicht davon abgehalten, sie über sämtliche Dächer chicagoszu schleppen. Das machte ihre »Vampir«-theorie dann dochwieder fragwürdig.

Kira konnte selbst nicht recht glauben, dass sie überhaupträtselte, was für eine art übernatürliches Wesen er sein moch-te. solche Kreaturen hätten gar nicht existieren dürfen, ge-schweige denn sie kidnappen! sie war hin- und hergerissenzwischen ihrem eigenen unglauben und dem, was sie gese-hen hatte. so gern sie geglaubt hätte, die lange nacht ohneschlaf hätte sie halluzinieren lassen, war ihr blutiger, aberperfekt verheilter Bauch doch der Bewies dafür, dass ihre au-gen sie nicht täuschten. und den Wundschmerz hatte sie sichauch nicht eingebildet. oder die Kälte, die ihr durch alle Po-ren gesickert war, das Gefühl wegzugleiten … und dann dieabrupte rückkehr ins Leben, gerade rechtzeitig, um mit an-

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sehen zu können, wie ihr dunkelhaariger entführer mehre-ren Leuten den Kopf abgerissen hatte, ohne ihnen auch nurnahe zu kommen.

Was er war, blieb unwichtig, entschied Kira. sie musste nurvon ihm wegkommen und fing an, im schlafzimmer auf undab zu gehen, ohne die opulente ausstattung eines Blickes zuwürdigen. nirgends ein telefon in sicht. nebenan ein Bade-zimmer mit allem schnickschnack, aber nichts, das ihr bei ih-rem ausbruch hätte von nutzen sein können. Kein Pc. sieging zum Fenster und starrte frustriert hinaus. natürlich lagdas Zimmer mehrere stockwerke über der erde und hatteweder Balkon noch spalier. Vermutlich konnte sie sich glück-lich schätzen, dass das Grundstück nicht auch noch von ei-nem Wassergraben umgeben war und sich Wölfe dort untentummelten.

War sie überhaupt noch in chicago? oder hatte der Mannsie, während sie bewusstlos gewesen war, sehr viel weiterweggebracht?

Kira sank aufs Bett und betastete den stoff der steppdecke.Frank würde ihr Fehlen vermutlich erst irgendwann gegenabend auffallen. ihr chef wusste, dass sie die ganze nachtüber auf der Pirsch gewesen war; da war es nur natürlich, dasssie mal länger schlief. und ihre schwester würde denken, dasssie noch unterwegs war, wenn sie nicht ans telefon ging. Ki-ras einzige Hoffnung bestand darin, dass ihr Kidnapper ih-ren rucksack im Lagerhaus zurückgelassen hatte. Die Polizeiwürde unvermeidbar nachforschungen über ihren Verbleibanstellen, wenn sich ihre Habseligkeiten am tatort eines grau-sigen Mehrfachmordes fanden. Hatte der Fremde ihren ruck-sack mitgenommen, als er sie gepackt hatte? sie konnte sichnicht erinnern. im schlafzimmer war er jedenfalls nicht, soviel stand fest.

Kira krallte sich in die steppdecke. Vor lauter Frust hätte sie

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sie am liebsten zerfetzt, aber die Decke war sehr dick, und siewürde sich höchstens die Fingernägel ruinieren.

ein Lächeln trat auf Kiras Gesicht. Improvisationstalent istin unserem Beruf unabdingbar, hatte Frank ihr während ih-rer ausbildung zur Privatdetektivin erklärt. und damit hatteer recht gehabt.

Kira ging ins Badezimmer. Die steppdecke zog sie hintersich her.

Mencheres schloss die augen und schluckte. Warmes Fleischpresste sich an seinen Mund, köstlich vibrierte eine ader un-ter seinen Lippen. ein nebel aus angenehmen Gedanken leg-te sich über sein Bewusstsein, während er abermals sacht sei-ne Fänge in die Haut grub. Die Gedanken waren allerdingsnicht seine. sie gehörten selene, der sterblichen, deren Bluter saugte.

Ja, beiß mich noch einmal. Tiefer. Ah, schön ist das, hörnicht auf …

selene erschauderte so ekstatisch, wie Mencheres selbstes seit Jahrhunderten nicht mehr gespürt hatte. noch einschluck, dann ließ er von ihr ab und schloss die Bisswundemit einem tropfen seines Blutes, während der augenblick derVerzückung, der ihm vergönnt gewesen war, zu asche wurde.

selenes Leidenschaft war lediglich eine reaktion auf sei-nen geübten Biss und das milde, euphorisierende Gift, dasalle Vampire in ihren reißzähnen hatten. Hätte er es gewollt,hätte er ihr mit seinem Biss die atemberaubendsten orgas-men bescheren können, aber jeder andere Vampir wäre dazuebenso in der Lage gewesen. Wenn es eines gab, das Menche-res in seinem langen Leben gelernt hatte, dann, dass es einenerheblichen unterschied darstellte, ob man für einen andereneine Quelle der Lust war oder wirklich begehrt wurde.

Früher einmal hätte er das spöttisch von sich gewiesen. als

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er noch ein sterblicher ägyptischer Herrscher gewesen war,hatten die Menschen es als ehre angesehen, das Lager mitihm zu teilen, und Mencheres hatte vielen die ehre erwiesen.nachdem er dann zum Vampir geworden war, waren Män-ner wie Frauen zu ihm geströmt in der Hoffnung, er würdesie ebenfalls verwandeln. später hatte der schutz sie gelockt,den seine Macht verhieß. irgendwann galt es dann auch un-ter Vampiren als auszeichnung, das Bett mit ihm teilen zudürfen. selbst wenn Mencheres unter sterblichen lebte undverbarg, was er wirklich war, zog sein reichtum die Men-schen wie magisch an. Doch nach über zweitausendfünfhun-dert Jahren hatten selbst die erlesensten sinnesfreuden ihrenreiz verloren. Mencheres wollte mehr.

er hatte geglaubt, es in Patra gefunden zu haben, der jun-gen ägyptischen Königin, die er vor zweitausend Jahren zurGemahlin genommen hatte, aber die Beziehung hatte in einerKatastrophe geendet. Damals war er so naiv gewesen zu glau-ben, er könnte Patras Machthunger stillen, indem er sie zurVampirin machte, seinen ungeheuren reichtum mit ihr teil-te und sie in die tiefsten und verbotensten Geheimnisse ihrerart einweihte, aber das war ihr nicht genug gewesen. nichts,was er getan hatte, war ihr genug gewesen, und ein lange zu-rückliegender Frevel hätte am ende fast zur Vernichtung allergeführt, die Mencheres wichtig waren, bis Patra im vergan-genen Jahr schließlich ums Leben gekommen war. so trauriges war, bisher hatten sich alle aus eigennützigen Motiven zuihm hingezogen gefühlt, selbst die, denen er vertraute. selbstdie, die er liebte.

Kurioserweise war die im schlafzimmer unter ihm einge-sperrte sterbliche die einzige ausnahme. Kira hatte versucht,ihm das Leben zu retten, ohne seinen stammbaum, seinenrang, seinen reichtum oder sein charisma zu kennen. siehatte für ihn ihr Leben aufs Spiel gesetzt, ohne auch nur die

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geringste Gegenleistung zu erwarten. so etwas hatte nochniemand für ihn getan. nie.

an dieser rätselhaften und selbstlosen tat sowie seiner un-fähigkeit, Kiras Gedanken kontrollieren oder auch nur wahr-nehmen zu können, lag es auch, dass er nun nicht aufhö-ren konnte, an sie zu denken. selbst als der tag schon in denabend überging und er einen Vampir mit speisen und Ge-tränken in ihr Zimmer geschickt hatte, ging sie Mencheresnicht aus dem Kopf.

Kira. im Griechischen bedeutete das »Lady«. im Keltischen»dunkel«. Was passte besser zu ihr? auf ihr aussehen trafbeides zu – ihr Gesicht war zart und lieblich bis auf das ener-gische Kinn, das auf eigensinnigkeit hindeutete. Kiras augenwaren blassgrün, die Brauen aber dunkel, passend zu ihrerHaarfarbe, die nur an den spitzen in Gold überging. Für Men-cheres’ Geschmack war ihr Haar ein wenig zu kurz, reichteihr nur knapp bis über die schultern, war aber dabei so vollund lockig, dass es ihn praktisch dazu einlud, mit den Fingerndarin zu wühlen.

auch in Kiras Körper kontrastierten Weiblichkeit und stär-ke. ihre Zartheit grenzte fast ans Zerbrechliche, aber sie hat-te das auftreten einer Kämpferin, und die breiten schulternließen ihre vollen Brüste nur um so deutlicher hervortreten.als sie ihn angefaucht hatte, er solle sich von ihrer schwesterfernhalten, waren ihre wundervoll breiten schultern gestrafftund das energische Kinn vorgeschoben gewesen. sie hatte ge-wusst, dass er kein Mensch war, aber sie hatte nicht gezögert,sich auf diese vermeintliche Drohung hin mit ihm anzulegen.Wahrlich eine dunkle Lady.

»Ja, bitte!«Der aufschrei riss Mencheres jäh aus seinen Gedanken. Bei

den Göttern, er hatte selene liebkost und dabei unbewusstmit einigen Machtsträngen ihre nervenenden stimuliert.Wie

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hatte er sich nur so in seine Gedanken an Kira verstrickenkönnen, dass er selene in seinen armen vergaß? Menchereszog seine Macht zurück und schob selene weg.

»ich habe, was ich brauche«, sagte er zu ihr.sie öffnete die augen und schmiegte sich wieder an ihn.

»Lass mich dir mehr als Blut geben«, bot sie mit heisererstimme an.

»nein«, antwortete Mencheres automatisch.Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, fiel ihm wieder

ein, dass er sie gar nicht zurückweisen musste. seine Gemah-lin war tot; einer Frau, die er in sein Bett nahm, drohte alsonicht mehr die todesstrafe. Wenn er selene wollte, konnteer sie haben.

Doch was für eine ironie des schicksals; nachdem die uner-füllte Lust länger in ihm gebrannt hatte, als so manche Zivi-lisation existierte, stand ihm nun, da er sie endlich hätte aus-leben können, der sinn nicht mehr danach. selene war schön,sie war willig, und doch wollte er sie nicht.

Kiras Gesicht tauchte vor seinem geistigen auge auf, aberMencheres verdrängte das Bild, bevor er sich allzu genau da-mit befassen konnte.

»nein«, sagte er noch einmal zu selene, sein tonfall dulde-te keinen Widerspruch.

sie ging, nachdem sie ihm noch einen letzten sehnsüchti-gen Blick zugeworfen hatte, den er vorgab, nicht zu bemer-ken. Wie all die anderen wollte sie nicht ihn. sie wollte dieMacht, sicherheit und übernatürliche Lust, die er ihr gebenkonnte. aber irgendwann während Mencheres’ langen undunfreiwilligen Zölibats war dieser Handel für ihn inakzepta-bel geworden.

Kurz nachdem selene sich getrollt hatte, trat Gorgon, dereinzige Vampir, den Mencheres zu seiner Begleitung mitge-nommen hatte, in die Bibliothek.

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»Herr«, sagte er. »es gibt ein Problem mit der sterblichen,die du heute Morgen mitgebracht hast.«

Mencheres erhob sich und war schon auf der treppe zu Ki-ras Zimmer, als Gorgon ihn aufhielt.

»Äh, Herr? Du gehst vielleicht besser nach draußen.«

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3 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––Kira hing an ihrem selbstgebastelten seil aus dem Fenster undermahnte sich mit zusammengebissenen Zähnen, nicht nachunten zu sehen. sie hatte stunden gebraucht, um tagesdecke,Bettlaken, Fenster- und Duschvorhang zusammenzuknoten,bis sie bis zum Boden reichten. schließlich hatte sie ihr Kons-trukt an zwei ecken des Bettes befestigt und angespannt aufdie Dunkelheit gewartet, damit man sie nicht so leicht ent-decken konnte. eine weitere halbe stunde lang hatte sie sichdann noch gut zureden müssen, bis sie den Mut aufbrach-te, sich über den Fenstersims zu schwingen. ein augenblicknackter Panik war gefolgt, als das seil unter ihrem Gewichtleicht nachgegeben hatte.

aber das seil, der Bettanker und ihr Bizeps waren offenbarstark genug. Langsam ließ Kira sich hinabgleiten, wobei siesich das seil um die Beine wand, um nicht zu viel Fahrt zu be-kommen. Du machst das gut, lobte sie sich, während sie vor-sichtig an der Fassade hinabkletterte. Mit etwas Glück würdesie in ein paar Minuten wieder festen Boden unter den Füßenhaben. noch ein bisschen mehr Glück, und sie konnte auchschnell Hilfe finden. sie bezweifelte, dass sie noch innerhalbvon chicago war, denn sie konnte so gut wie keine Häuseroder andere Gebäude erkennen. nur im norden hinter einerBaumreihe ließ sich so etwas wie ein Wohnhaus ausmachen.Dort würde sie es zuerst versuchen – vorausgesetzt Bett undseil hielten.

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als sie den sims unterhalb ihres Fensters erreicht hatte,seufzte Kira erleichtert auf. ein stockwerk hatte sie hintersich, blieben noch zwei. Bisher hatte niemand alarm geschla-gen. Die brave Gefangene hatte sie offenbar überzeugend ge-spielt. sie hatte sogar so getan, als hätte sie gegessen und ge-trunken, was der Blonde mit der narbe auf der Wange ihrgebracht hatte. natürlich hatte sie alles im Klo hinunter-gespült. sie hätte das Zeug nie angerührt, schließlich konn-ten Drogen beigemischt sein. Beim Duschen hatte sie ein biss-chen Wasser geschluckt. Das war mehr als ausreichend, umeiner Dehydration vorzubeugen, und so clever, das Duschwas­ser zu vergiften, waren ihre Bewacher dann wohl doch nicht.

Kira ließ sich weiter am seil hinab, überrascht, dass ihrearme nicht zittrig wurden. am Morgen hatte sie viel Blutverloren, aber aus irgendeinem Grund stemmten ihre armeihr Körpergewicht mit Leichtigkeit. Kira hätte sich darüberwundern können, aber sie beschloss, sich später den Kopf da-rüber zu zerbrechen.Wenn sie weit weg von diesem Haus undauf der nächsten Polizeiwache war, zum Beispiel.

sie überwand noch ein stockwerk und hielt den atem an,als sie direkt vor einem Fenster zum Halten kam. Hinter demGlas brannte Licht, sodass drinnen alles gut sichtbar war. Kirahoffte inständig, sie würde in der Dunkelheit nicht zu erken-nen sein. sacht stieß sie sich mit dem Fuß vom Fenstersimsab und setzte ihren abstieg ein wenig schneller fort. solltesie einen Blick nach unten riskieren, um herauszufinden, wieweit es noch war? nein, beschloss Kira. in anbetracht ihrerHöhenangst hatte sie sich bisher gut geschlagen. Diesen er-folg musste sie jetzt nicht zunichtemachen.

als Kira statt Leere und seil endlich festen Boden unter denFüßen spürte, hätte sie vor erleichterung beinahe laut losge-jubelt. sie verkniff sich allerdings jede spontane Freudens-bekundung, zog das seil nach links, sodass es von den Fens-

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tern aus nicht gesehen werden konnte, und steckte das endeunter einen Pflanzkübel. Mit etwas Glück würde es bis zumMorgen niemand entdecken, und bis dahin war sie längst überalle Berge.

Kira lief so schnell wie möglich in die richtung, in der ihrerMeinung nach das Haus lag, das sie vom schlafzimmerfens-ter aus zu sehen geglaubt hatte. Draußen war es stockfins-ter, aber sie war sich ziemlich sicher, dass sie in die richtigerichtung unterwegs war. ihr Herz wummerte vor Freude.sie war frei!

Zwanzig Meter weit kam sie, dann lief sie gegen eine Wand.

Mencheres hatte Kiras abseilaktion mit einer Mischung ausstaunen und erheiterung beobachtet. Mumm hatte die Frau,sich ein seil aus dem zu basteln, was sie im schlafzimmer fin-den konnte … waren das etwa Duschvorhangringe, an denensie die Knoten befestigt hatte?

»soll ich sie holen?«, erkundigte sich Gorgon so leise, dassKira ihn nicht hören konnte.

»nein«, antwortete Mencheres. er wollte sehen, ob sie esbis ganz nach unten schaffen würde. sollte das seil nachge-ben oder sie den Halt verlieren, konnte er sie leicht auffangen.aber Kira beim Klettern zu beobachten, war so ziemlich dasunterhaltsamste, was ihm seit Monaten untergekommen war.

»Du kannst wieder ins Haus gehen«, wandte er sich an Gor-gon, und seine Mundwinkel zuckten, als Kira sich vorsichtigvom Fenster wegstieß. Für eine sterbliche war sie sehr leise;für Mencheres’ feine ohren machte sie allerdings doch einenziemlichen radau.

Gorgon nickte und verschwand im Haus. Vom rasen aus,wo es am finstersten war und Kira ihn nicht sehen konnte,beobachtete Mencheres sie weiter. er fuhr zusammen, als dasBettgestell, an dem das seil verankert war, bedrohlich knarz-

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te, aber die Konstruktion hielt. als Kira den Boden erreichthatte, lächelte Mencheres mit ihr. Gut gemacht, dunkle Lady.

Zu schade, dass er ihren sieg nicht vollkommen machenund ihr die Flucht ermöglichen konnte. eine sterbliche, dieder Polizei Geschichten über untote erzählte, war wirklichdas Letzte, was Mencheres brauchte. radjedef würde das nurals weiteren Beweis für einen Gesetzesverstoß seinerseitsauslegen.

radjedef. Wie seltsam, dass er nicht mehr an den rach-süchtigen Gesetzeshüter gedacht hatte, seit er am Morgenaus dem Lagerhaus geflohen war. aber um diese angele-genheit würde er sich später kümmern. erst musste er Ki-ras erinnerung an alles Übernatürliche löschen. Das hätte ernatürlich Gorgon oder einem anderen seiner vampirischensippenmitglieder überlassen können, doch er hielt es fürein Gebot der Höflichkeit, sich selbst darum zu kümmern,nachdem Kira ihm gegenüber im Lagerhaus so viel Groß-mut bewiesen hatte. auch wenn sie ihre selbstlose tat in-zwischen bereute.

Was radjedef anbelangte, würde er sich einen neuen Planeinfallen lassen müssen, wenn Kira das Lagerhaus und ihnvergessen hatte. Mencheres hatte radjedef seit über einerWoche nicht gesehen. Kein Grund zur eile; er würde seinZiel noch früh genug erreichen.

Mencheres ließ Kira ein stück weit rennen, bevor er ihrden Weg vertrat. sie stieß so heftig mit ihm zusammen, dasssie aufschrie.

»Das waren jetzt schon zwei mutige, aber törichte taten aneinem tag«, stellte Mencheres fest.

Kira atmete schwer, boxte ihm aber unbeirrt in die Brust.»Verdammt! Du schon wieder, stimmt’s?«

er selbst konnte sie im Dunkeln gut sehen, sie hingegen warauf dem finsteren rasen sicher fast blind.

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»Ja, ich bin es«, antwortete Mencheres. Zu dem Boxhieb äu-ßerte er sich nicht, konnte sich aber nicht entsinnen, wann ihndas letzte Mal jemand geschlagen hatte.

»Du hast mich die ganze Zeit über beobachtet, oder?«, frag-te Kira.

Die Bitterkeit, die von ihr ausging, mischte ihrem persön-lichen Geruch nach Zitronen und Meeresbrandung eine her-be note bei. »Warum? Fandest du es lustig, mir bei meinemFluchtversuch zuzusehen?«

so war es, aber nur, weil ihm klar gewesen war, dass sie zukeiner Zeit in echter Gefahr geschwebt hatte. Die wütendeVerzweiflung in ihrer stimme ließ ihn jedoch innehalten. erhatte gewusst, dass Kira nichts passieren konnte, sie jedochnicht. im Grunde genommen hatte er ihr allerdings nie ein-deutig gesagt, dass sie nichts zu befürchten hatte, ob sie nunim Haus war oder an einem seil davor baumelte.

»Verzeihung.« Mencheres ließ die Hände sinken, die er ihrauf die schultern gelegt hatte, um sie abzufangen, als sie mitihm zusammengestoßen war. sie unternahm keinen Flucht-versuch. nachdem er sie losgelassen hatte, stand sie einfachnur da, holte keuchend atem und funkelte ihn an.

»Was bist du? und was hast du mit mir vor, wo du mich jaeindeutig nicht gehen lassen willst?«

Mencheres zögerte einen augenblick, bevor er sich sagte,dass es ohnehin egal war. schon bald würde er ihre erinnerun-gen löschen. Wen kümmerte es da, was sie in der Zwischen-zeit über ihn erfuhr?

»Der moderne ausdruck für das, was ich bin, ist ›Vampir‹.«Kiras Herz hatte sowieso schon wie wild geklopft, aber nun

setzte es einen schlag aus.»es gibt keine Vampire«, sagte sie, klang dabei allerdings

nicht wirklich ungläubig, sondern eher, als machte sie einenletzten Versuch, die Wahrheit zu leugnen.

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»Genau das sollen die Menschen auch glauben, aber du hastzu viel gesehen, um noch an diesem Märchen festhalten zukönnen«, antwortete er ruhig.

»aber heute Morgen warst du dem sonnenlicht ausgesetzt,und mein Kreuz …«

Mencheres streckte die Hand aus und berührte das schmuck-stück an Kiras Hals. Der bloße Kontakt mit silber schadeteihm nicht. Der brennende und schwächende effekt setzte erstein, wenn das Material die Haut durchdrang. »Die Geschich-ten über sonnenlicht, Kreuze, Holzpflöcke und Weihwassersind falsche Fährten, die mein Volk über die Jahrtausende hin-weg absichtlich gelegt hat. unsere wahre schwäche haben wirnie der Öffentlichkeit preisgegeben.«

»silber«, sagte Kira.er zog die augenbrauen hoch. sie konnte es nicht sehen,

hatte aber offensichtlich seine reaktion gespürt, denn siezuckte mit den schultern.

»Damit also haben diese anderen, äh, Vampire dich heuteMorgen verletzt. Die Messer sahen auch nicht aus, als wärensie aus stahl, aber vor lauter Blut …«

sie verstummte, wandte den Blick ab und biss sich auf dieunterlippe. Wo er ihre Gedanken hätte wahrnehmen sollen,herrschte zwar noch immer schockierende stille, aber ihm fieleine Veränderung in ihrem Geruch auf, anzeichen eines Ge-fühls, das ihm nur allzu vertraut war.

Bedauern.sie wünschte sich, sie wäre ihm an diesem Morgen nicht

zu Hilfe gekommen. Mencheres konnte es ihr nicht verden-ken, aber zu seiner Überraschung stellte er fest, dass es ihn …kränkte.

Bei den Göttern, machte es ihm tatsächlich etwas aus, waseine Fremde von ihm dachte? er war über viertausendfünf-hundert Jahre alt! Vielleicht war es wirklich an der Zeit, dass

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er diese Welt verließ. Bevor seine untote senilität, denn da-rum musste es sich handeln, noch weitere Blüten trieb.

»Diese anderen Männer waren keine Vampire«, erklärte erkühl. »sie gehören einer spezies an, die man Ghule oder Kör-perfresser nennt.«

Kira gab einen erstickten Laut von sich. »Heute Morgen binich also einer Horde Körperfresser über den Weg gelaufen, diegerade dabei war, einen Vampir niederzumetzeln. Habe ich dasrichtig verstanden?«

»Ja.«Furcht verlieh Kiras Geruch eine herbe note, und ein lei-

ses schaudern durchfuhr sie, aber sie blieb stolz aufgerichtetstehen. »Hältst du mich deshalb hier fest? um mein Blut zutrinken?«

Mencheres konnte sich nicht verkneifen, einen Blick aufihre Kehle mit dem verführerisch jagenden Puls zu werfen,bevor er antwortete.

»nein. Wie ich bereits sagte: Du hast von mir nichts zu be-fürchten. ich hätte dich schon wieder nach Hause gebracht,nur kann ich die erinnerung an den heutigen Morgen nichtaus deinem Gedächtnis löschen. sobald mein Blut deinen Kör-perkreislauf verlassen hat und ich wieder einfluss auf deineGedanken habe, bist du frei. Bis dahin wird dir nichts gesche-hen. ich gebe dir mein Wort.«

ihr Zittern wurde schwächer, auch wenn ihr Herz weiter wiewild pochte. »Das kommt mir vor wie ein albtraum«, flüster-te Kira. »Du hast mir zwar versprochen, mir nichts anzutun,aber das abendessen hat mir jemand anderes gebracht, undder war bestimmt auch kein Mensch. Wenn dir mein Wohler-gehen wirklich am Herzen liegt, musst du mich gehen lassen.Wenn nicht, bin ich nur so lange sicher, bis einer der anderenVampire hier appetit bekommt.«

Mencheres konnte sich ein schnauben nicht verkneifen.

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»Mein Wort ist Gesetz unter meinen Leuten. niemand würdees wagen, ohne meine erlaubnis Hand an dich zu legen, undich habe es ausdrücklich untersagt. Du brauchst den ›appetit‹meiner sippenmitglieder wirklich nicht zu fürchten, Kira.«

eine Weile schwieg sie. Mencheres konzentrierte sich aufihre Gedanken, die ihm aber frustrierend fernblieben. in ih-rem Geruch drückte sich allerdings eine Mischung aus Miss-trauen und schock aus, was ihm über den inneren Konflikt,den seine Worte in ihr auslösten, ebenso viel verriet, wie ihreGedanken es wohl getan hätten.

Dass Kira schwierigkeiten hatte, all das zu verdauen, warkeine Überraschung.angesichts der tatsache, dass sie vor demheutigen tag von der existenz übermenschlicher Kreaturennoch nichts geahnt hatte, dann von ebensolchen Wesen fastermordet und jetzt von anderen gegen ihren Willen festge-halten wurde, zeigte sie bemerkenswerte stärke. Menchereshatte schon staatsführer gesehen, die aus geringerem anlassin tränen ausgebrochen waren.

»selbst wenn mein Leben nicht in Gefahr ist, kann ich hiernicht herumsitzen und warten, bis mein Geist wieder kont-rollierbar wird«, stellte Kira schließlich fest. »ich habe einenJob und, äh, andere wichtige Verpflichtungen. Versteh michnicht falsch, ich bin äußerst erleichtert darüber, dass du michnicht fressen willst, aber ich kann nicht einfach tagelang ver-schwinden. Wenn du mich freilässt, gehe ich nach Hause undverliere kein sterbenswörtchen über das, was ich erlebt habe.«

»Wolltest du nach Hause, als du vorhin weggelaufen bist?«,erkundigte sich Mencheres und streckte blitzschnell die Handaus, als Kira losrennen wollte. »und lüge mich nicht noch ein-mal an.«

Kira wurde rot, als sie ihn ansah.»ich wollte das nächste Haus erreichen und die Polizei ver-

ständigen«, antwortete sie leise.

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Mencheres ließ die Hand sinken, die er zu ihrem Gesicht er-hoben hatte. »und deshalb kann ich dich nicht freilassen, so-lange du dich noch an alles erinnerst, was du gesehen hast.«

»aber das war vorher«, beharrte Kira. »als ich noch dach-te, du würdest mich umbringen. Ja, da schien es mir das Ver-nünftigste zu sein, bei der Polizei anzurufen.aber du hast mirklargemacht, dass ich nicht verschwinden kann, ohne dass dues mitkriegst, und du könntest mich eindeutig jederzeit über-wältigen. ich glaube kaum, dass du dir die Mühe machen wür-dest, mir so viele Lügengeschichten aufzutischen, wenn dumich doch nur umbringen wolltest. und wenn du mich nichtumbringen willst, seid ihr Vampire wohl doch nicht solchunersättliche schlächter, wie die Legenden uns glauben ma-chen wollen, sodass ich die Menschheit nicht vor euch warnenmuss. Ja, du hast deine Peiniger getötet; aber damit kämst duin jedem Gerichtssaal durch, also besteht für mich kein Grund,es irgendjemandem zu verraten.«

Vor aufregung war Kiras stimme schriller geworden, undihr Puls raste auch wieder. Mencheres sagte nichts, weil ihmklar war, dass sie im Grunde nur laut dachte. Menschen emp-fanden es immer als bedrohlich, wenn sie herausfanden, dassihr Glaube an die Überlegenheit ihrer art falsch gewesen war.Wenn sie erkannten, wie schwach sie im Vergleich zu den We-sen der Dunkelheit waren.

»außerdem«, sagte sie schließlich, das Wort wie einen ab-gehackten seufzer hervorstoßend, »würde mir sowieso keinerglauben, egal wie vielen Leuten ich es erzähle. ich habe mei-nen Klienten nie geglaubt, wenn sie mir von unerklärlichenereignissen erzählt haben, und als Privatdetektivin habe ichschon so einiges gehört …«

Kiras augen weiteten sich, und sie verstummte mitten imsatz. Mencheres konnte die Gedanken nicht hören, die ihrdurch den Kopf gingen, aber ihrem Gesichtsausdruck nach

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dämmerte ihr wohl gerade, dass einige der Geschichten, diesie mit einem achselzucken abgetan hatte, vielleicht doch ge-stimmt hatten. schließlich blickte sie sich im dunklen Gartenum, als sähe sie ihn gerade mit neuen augen, und ihr atemstockte.

Mencheres beobachtete sie mitfühlend, denn ihm war be-wusst, dass Kira sich in diesem augenblick erst vollständigmit der realität abfand. Der kleine teil von ihr, der bishernoch gehofft hatte, es gäbe eine andere erklärung für das Ge-schehene, hatte sich endlich geschlagen gegeben. er hatte die-se innere Kapitulation schon bei unzähligen anderen sterb-lichen erlebt, und auch wenn Kira glaubte, sie könnte mit allihrem neuen Wissen einfach weiterleben wie zuvor, war Men-cheres doch klar, dass das unmöglich war.

»Du willst dieses Wissen nicht«, sagte er mit leiser, aber fes-ter stimme. »es wird dein Leben zerstören. Du wirst ab jetztjeden schatten mit anderen augen betrachten, und bei je-dem ungewöhnlichen Geräusch wirst du dich fragen: ist dasein Mensch oder ein Monster? Menschen, die keiner Vam-pir- oder Ghulsippe angehören, kommen mit solchen infor-mationen nicht gut klar. Das hat sich im Laufe der Zeit im-mer wieder gezeigt.«

er verschwieg Kira, dass solchen Menschen für gewöhnlichauch ein frühes ableben beschieden war. am ende versuch-ten sie doch immer, irgendwen von der existenz übernatürli-cher Wesen zu überzeugen, und ein herrenloser sterblicher,der Geschichten über untote verbreitete, war eine Bedrohungfür Vampire wie Ghule. Beide spezies hielten sich Menschenals Leibeigene, aber diese Menschen wurden speziell ausge-wählt und brachen den Kontakt zu ihrer eigenen Welt ab. sielebten bei ihren untoten Gönnern in dem vollen Bewusstsein,dass man sie ausschalten würde, wenn sie die Öffentlichkeitüber Vampire oder Ghule informierten.

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Da dies allerdings nicht zu Kiras Beruhigung beigetragenhätte, behielt Mencheres es für sich. er wollte ihr schließlichkeinen Grund liefern, noch mal aus dem Fenster zu klettern.

»Du wirst mich unversehrt gehen lassen?«, fragte sieschließlich, offenbar hatte sie eine entscheidung getroffen.

»sobald ich deine erinnerungen gelöscht habe«, versprachMencheres.

sie warf ihm einen prüfenden Blick zu. »ich muss meinenchef anrufen, ihm eine ausrede für mein Fernbleiben aufti-schen. einen rausschmiss kann ich mir nicht leisten.«

»ich werde mich darum kümmern.« Mencheres wollte ihrdann doch nicht erlauben, persönlich mit ihrem chef zu te-lefonieren, noch nicht einmal unter Beobachtung. Kira arbei-tete für ein Detektivbüro; eine telefonverbindung ließ sichzurückverfolgen, womöglich würde Kira auch versuchen, mit-tels eines Geheimcodes auf ihre missliche Lage aufmerksamzu machen. Gern hätte er Kira geglaubt, dass sie sich mit ih-rer situation abgefunden hatte und keine derartigen tricksanwenden würde, aber er hatte schon zu viel erlebt, um sichnoch Hoffnungen hingeben zu können.

»ich muss meine schwester anrufen.« Kiras tonfall wurdeschärfer, was nicht der Fall gewesen war, als sie von ihrem Jobgesprochen hatte. »ihr geht es nicht gut. ich kann nicht zulas-sen, dass sie sich sorgen macht.«

Mencheres neigte den Kopf. »ich werde alles veranlassen,damit du morgen mit ihr sprechen kannst.«

Kira atmete tief ein und dann langsam wieder aus. »okay.Wie lange wird es ungefähr dauern, bis du meine erinnerun-gen löschen kannst?«

im Geiste schätzte er ab, wie viel Blut er Kira verabreichthatte. ein paar schlucke mindestens, und sein Blut war äu-ßerst potent. »einige tage bestimmt, höchstens eine Woche.«

sie fuhr zusammen, sagte aber nichts. Wieder war Menche-

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res beeindruckt von ihrer stärke. Kira hatte versucht wegzu-laufen und ihn mehrmals davon überzeugen wollen, ihr dieFreiheit zu schenken, sich aber bei alledem nie zu Betteleioder hysterischen ausbrüchen hinreißen lassen. Was für einMensch war sie, dass sie unter so düsteren umständen solchestärke an den tag legen konnte?

Hätte er noch das zweite Gesicht gehabt, hätte er einen Blickin die Zukunft gewagt, um herauszufinden, was aus Kira wer-den würde. nichts sagte mehr über den charakter einer Personaus als die summe seiner Lebensentscheidungen. aber Men-cheres konnte nicht mehr in die Zukunft sehen. er unterdrückteseine spontane Verärgerung darüber. es nützte nichts, mit denGöttern zu hadern, weil sie einem etwas weggenommen hatten.

»okay«, sagte Kira noch einmal, sodass er sich wieder aufsie konzentrierte. »ich kann mir zwar nicht vorstellen, wo-möglich eine ganze Woche unter Vampiren zu verbringen,aber … okay.«

Mencheres verkniff sich ein Lächeln und war gleich besse-rer Dinge, als er Kiras süffisantes Kopfschütteln sah. sie warnicht die einzige, die über diese Wendung der ereignisse er-staunt war. irgendwie konnte er selbst kaum glauben, dass erin einer vorübergehenden Zwangs-WG mit genau der sterb-lichen leben sollte, die am Morgen erst all seine Pläne zunich-tegemacht hatte.

»Bist du jetzt bereit, wieder nach drinnen zu kommen?«, er-kundigte sich Mencheres und bot ihr den arm.

Kiras Lippen kräuselten sich, als sie sich nach kurzem Zö-gern unterhakte. »ich denke schon. Dann erzähl mal, Vampir,wie heißt du?«

Was war schon eine weitere erinnerung, die er aus ihremGedächtnis löschen musste? »Mencheres.«

»Klingt spanisch«, murmelte sie und musterte ihn so gut siees im Dunkeln eben konnte.

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Jeaniene Frost

Rubinroter SchattenRoman

ERSTMALS IM TASCHENBUCH

Taschenbuch, Broschur, 400 Seiten, 12,5 x 18,7 cmISBN: 978-3-442-26923-5

Blanvalet

Erscheinungstermin: April 2013

Nach Jahrhunderten ist er seiner Existenz müde - doch ihre Liebe verleiht ihm neue Lebenskraft! Das Leben von Kira Graceling liegt in den Händen des uralten und mächtigen VampirsMencheres. Doch er ist seiner untoten Existenz müde, und sein ewiger Kampf mit seinemRivalen Radjedef hat ihn ausgelaugt. Nicht einmal als Mencheres von dessen neuestemskrupellosen Plan erfährt, durchströmt ihn neue Kraft. Wenn Kira nicht sterben will, muss sieMencheres Lebenswillen wiedererwecken. Oder hat er längst etwas gefunden, wofür es sich zukämpfen lohnt?