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Sanierung 2/2008 39 Wahrheit der Feuchtebewe- gungen bei innen gedämm- ten Außenwänden beschreiben kann. Da allerdings die Beant- wortung der Frage „Dampf- sperre: ja oder nein?“ im- mer zum Anschalten des PC und dem Aufrufen des Tauwasser-Programms führt, verdienen es die Erkennt- nisse aus solchen Nachweis- rechnungen, etwas genauer unter die Lupe genommen zu werden. Wie viel s d, innen muss sein? Für eine Vollziegelwand (240 bzw. 480 mm Dicke ohne Putz) haben wir in Abb. 2 die nach DIN 4108- 3 kalkulierten Wassermen- gen aus Tau- und Verdun- stungsperiode grafisch in Abhängigkeit vom inneren s d -Wert dargestellt. Die nach Norm zulässige Tau- wassermasse (m WT = 1.000 g/m 2 ) erfordert einen inne- ren Dampfbremswert von s d 0,7 m. So wenig reicht aus? In ihren Regeln zur Nachweis- befreiung geht die DIN 4108-3:1981 sogar noch einen Schritt weiter: Bei Innendämmungen vor hygroskopischem Mauer- werk mit ausreichendem Schlagregenschutz kann auf einen Nachweis nach Gla- ser verzichtet werden, wenn s di mindestens 0,5 m beträgt (vgl. Heft 5-2005). Da wir uns bereits im steilen Teil des Astes der Tauwasserhy- perbel befinden, bedeutet dies, dass die Normenver- fasser in diesem Fall auch Tauwassermengen zwischen 1.300 und 1.500 g/m 2 für unschädlich gehalten haben. Die Frage nach der Dampfbremse Physikalisch scheinen die Verhältnisse zunächst klar und eindeutig: Innendäm- mungen führen zu einem Konstruktionsaufbau, der eine potentielle Tauwasser- ebene in sich trägt. An der Grenzschicht zwischen der Außenseite der Dämmung und der nun nicht mehr vom Raum beheizten Innenseite des alten Mauer- werks kann es zur berüch- tigten „Taupunktunter- schreitung“ kommen. Dem wird vielfach dadurch begegnet, dass Dampfsper- ren auf der Innenseite der Dämmschicht eingebaut werden. Dieser Denkme- chanismus beruht auf den Berechnungsergebnissen des „Glaserverfahrens“. In Heft 5-2005 hatten wir dar- gestellt und durch diverse Forschungsberichte belegt, dass die reine Diffusionsbi- lanz (mehr kann „Glaser“ nicht) allenfalls die halbe Innendämmung mit und ohne Dampfbremse Teil 1: Erfahrungen aus Langzeitmessungen des Feuchtegehalts Galoppierende Energiepreise haben ein lange ver- drängtes Thema der wärmetechnischen Sanierung wieder auf die Tagesordnung gebracht: Innendäm- mung wird nachgefragt, wo schützenswerte Fas- saden eine Außendämmung nicht erlauben oder wo Mieter und Eigentümer zur Selbsthilfe gegen kalte Altbauwände greifen. Die grundlegenden bauphysikalischen Mechanis- men und die (oft nur vermeintlichen) Risiken die- ser Konstruktionsweise hatten die Autoren in Heft 5-2005 ausführlich dargestellt. Besonders umstrit- ten ist nach wie vor die Frage, ob Innendämmun- gen eine Dampfsperre brauchen oder ob diffu- sionsoffene Konstruktionen u. U. feuchtesicherer funktionieren. In dieser aktuellen Artikelserie sol- len zunächst die Erfahrungen und Erkenntnisse aus Langzeit-Feuchtemessungen an verschiedenen Innendämmungssystemen dargestellt werden, die bereits 1988 im Energie- und Umweltzentrum Am Deister, Springe, eingebaut wurden. Im zweiten Teil wird es um den Praxisvergleich neuer Systeme gehen („kapillaraktive“ Dämmstof- fe, Vakuumdämmplatten und weiter entwickelten EPS- Verbundplatten). Autoren: Robert Borsch-Laaks, Sachverständiger für Bauphysik, Aachen Wilfried Walther, Sachverständiger für Bauphysik, Springe Abb.1: Innendämmung – mit oder ohne Dampfbremse? Start eines Langzeitversuchs Sep- tember 1988 mit verschiede- nen Dämmstoffen und hohen Dämmdicken. Foto: e.u.[z.], Springe

Innendämmung mit und ohne Dampfbremse - freiburg.de · Sanierung 2/2008 41 trocknete die Einbaufeuch-te noch in der folgenden Winterzeit zügig aus. Schon im März des darauf folgen-den

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Wahrheit der Feuchtebewe-gungen bei innen gedämm-ten Außenwändenbeschreiben kann.

Da allerdings die Beant-wortung der Frage „Dampf-sperre: ja oder nein?“ im-mer zum Anschalten desPC und dem Aufrufen desTauwasser-Programms führt,verdienen es die Erkennt-nisse aus solchen Nachweis-rechnungen, etwas genauerunter die Lupe genommenzu werden.

Wie viel sd, innen musssein?Für eine Vollziegelwand(240 bzw. 480 mm Dickeohne Putz) haben wir inAbb. 2 die nach DIN 4108-3 kalkulierten Wassermen-gen aus Tau- und Verdun-stungsperiode grafisch inAbhängigkeit vom innerensd-Wert dargestellt. Dienach Norm zulässige Tau-wassermasse (mWT= 1.000g/m2) erfordert einen inne-ren Dampfbremswert vonsd � 0,7 m.

So wenig reicht aus? Inihren Regeln zur Nachweis-befreiung geht die DIN4108-3:1981 sogar nocheinen Schritt weiter: BeiInnendämmungen vorhygroskopischem Mauer-werk mit ausreichendemSchlagregenschutz kann aufeinen Nachweis nach Gla-ser verzichtet werden, wennsdi mindestens 0,5 m beträgt(vgl. Heft 5-2005). Da wiruns bereits im steilen Teildes Astes der Tauwasserhy-perbel befinden, bedeutetdies, dass die Normenver-fasser in diesem Fall auchTauwassermengen zwischen1.300 und 1.500 g/m2 fürunschädlich gehaltenhaben.

Die Frage nach derDampfbremse

Physikalisch scheinen dieVerhältnisse zunächst klarund eindeutig: Innendäm-mungen führen zu einemKonstruktionsaufbau, dereine potentielle Tauwasser-ebene in sich trägt. An derGrenzschicht zwischen derAußenseite der Dämmungund der nun nicht mehrvom Raum beheiztenInnenseite des alten Mauer-werks kann es zur berüch-tigten „Taupunktunter-schreitung“ kommen. Demwird vielfach dadurchbegegnet, dass Dampfsper-ren auf der Innenseite derDämmschicht eingebautwerden. Dieser Denkme-chanismus beruht auf denBerechnungsergebnissendes „Glaserverfahrens“. InHeft 5-2005 hatten wir dar-gestellt und durch diverseForschungsberichte belegt,dass die reine Diffusionsbi-lanz (mehr kann „Glaser“nicht) allenfalls die halbe

Innendämmung mit und ohne DampfbremseTeil 1: Erfahrungen aus Langzeitmessungen des Feuchtegehalts

Galoppierende Energiepreise haben ein lange ver-drängtes Thema der wärmetechnischen Sanierungwieder auf die Tagesordnung gebracht: Innendäm-mung wird nachgefragt, wo schützenswerte Fas-saden eine Außendämmung nicht erlauben oderwo Mieter und Eigentümer zur Selbsthilfe gegenkalte Altbauwände greifen.Die grundlegenden bauphysikalischen Mechanis-men und die (oft nur vermeintlichen) Risiken die-ser Konstruktionsweise hatten die Autoren in Heft5-2005 ausführlich dargestellt. Besonders umstrit-ten ist nach wie vor die Frage, ob Innendämmun-gen eine Dampfsperre brauchen oder ob diffu-sionsoffene Konstruktionen u. U. feuchtesichererfunktionieren. In dieser aktuellen Artikelserie sol-len zunächst die Erfahrungen und Erkenntnisseaus Langzeit-Feuchtemessungen an verschiedenenInnendämmungssystemen dargestellt werden, diebereits 1988 im Energie- und Umweltzentrum AmDeister, Springe, eingebaut wurden. Im zweiten Teil wird es um den Praxisvergleichneuer Systeme gehen („kapillaraktive“ Dämmstof-fe, Vakuumdämmplatten und weiter entwickeltenEPS- Verbundplatten).

Autoren: Robert Borsch-Laaks,Sachverständiger fürBauphysik, Aachen

Wilfried Walther,Sachverständiger fürBauphysik, Springe

Abb.1:Innendämmung – mit oderohne Dampfbremse? Starteines Langzeitversuchs Sep-tember 1988 mit verschiede-nen Dämmstoffen und hohenDämmdicken.Foto: e.u.[z.], Springe

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Sogar die Verletzung derzweiten Zulässigkeitsbedin-gung der Norm- Berech-nung (mehr Verdunstungs-potential als Tauswasser-anfall) wird bei sd= 0,5 mimplizit hingenommen:Bei Mauerwerk mit sehrgeringem vorhandenemWärmeschutz im Beispiel:240 mm Vollziegel ist BilanzmWV – mWT dann negativ,d.h. rechnerisch verbleibtWasser im Bauteil.

Durch die Normbestim-mungen sind also sowohlLösungen mit Dampfsperreals auch solche möglich, dieohne auskommen, weilDämmstoff oder Bekleidungausreichend diffusionsdichtsind z. B. bei 30 mm EPS-Dämmstoff mit Gipsbau-platte oder auch bei Faser-dämmstoff mit Profilholzoder Holzwerkstoffplattenwird sdi � 0,7 m nur durchDämmstoff und Bekleidungerreicht.

Im Zweifel für was?Zweifel an der alleinigenAussagekraft dieser Diffu-sionsbetrachtung kommenimmer dann, wenn Feuchte-transportprozesse, die aufSorption und Kapillarlei-tung beruhen, ins Spielgebracht werden. ZeitweiseFeuchteerhöhungen kön-nen in hygroskopischenMauerwerken oder Dämm-stoffen andere, kapillareTransportmechanismenanstoßen und die befürch-

tete Tauwasserkrise deutlichentspannen (vgl. condetti-Detail in diesem Heft).Weiterhin tritt in vielenFällen das Austrocknungs-potential bei „außerplan-mäßigen Befeuchtungen“(z.B. Einbaufeuchte, Schla-gregen, Dampfkonvektion)in den Vordergrund undlässt die Dampfsperrfrage inanderem Licht erscheinen.

Bereits in den 80er Jah-ren schlug diese Diskussionin Fachkreisen einige Wel-len. Deshalb entschloss sichdie Bauforschungsabteilungdes e.u.[z.] in Springe dazu,die Nagelprobe durch Lang-zeitmessungen an verschie-denen Ausführungenmachen.

Dabei wurden bewusstauch Innendämmungen inden Versuch mit aufge-nommen, deren innerersd-Wert (ab 0,22 m) nochdeutlich unter den nachNorm freigegeben 0,5 mlag. Es wurde überdies mithohen Dämmstärken 80,120 und 200 mm experi-mentiert.

Vor 20 Jahren: Starteines einzigartigenLangzeitversuchsIn einem gut 50 m2 großenRaum wurden verschiedeneDämmstoffe mit und ohneDampfbremse als Innen-dämmungen ausgeführt(siehe Abb. 1). Das feuch-tetechnische Verhalten derKonstruktion wurde überMessstellen zur elektrischenHolzfeuchtebestimmunguntersucht. Die Sensorenbefanden sich in der Unter-konstruktion an der Grenz-schicht zwischen Innen-dämmung und Mauerwerk(Abb. 3).

Die Wände waren alle-samt nicht nennenswert mitSchlagregen beaufschlagtund erfuhren andererseitsnur geringe äußere solareErwärmung der Oberfläche(in Folge von Orientierungund Beschattung). D. h.,die Konstruktionsaufbautenwaren vor allem den Ein-flüssen von Diffusions- und

Sorptionsprozessen unterrealen Klimarandbedingun-gen ausgesetzt.

Die Nutzung des Raumes(zuerst Seminarraum, spä-ter Büro und Café) ließkeine dauerhaft hohe inter-ne Feuchtelast erwarten.Andererseits war Stand-ort bedingt (das e.u.[z.]liegt am Rande eines feuch-ten Bruchwaldes) auchdie sommerliche Verdun-stung eher gering einzu-schätzen.

Gleich am Anfang:hohe EinbaufeuchteBesonderes Interesse galtam Anfang der Untersu-chung der Austrocknungvon Einbaufeuchte. Dergrößte Teil der ausgeführtenZellulosedämmung wurdeim sog. CSO-Verfahrenappliziert. Hierbei wird derDämmstoff beim Aufbrin-gen mit Wasser besprüht, sodass die Klebekräfte desAltpapiers aktiviert werden(siehe Abb. 4 links). Derbeim Ansprühen entstehen-de Überstand wird mit einerrotierenden Bürste abge-nommen. (Abb. 4 rechts).Bei diesem Verfahren wirdder Dämmstoff i.d.R. mit 40bis 70 Masse-% Wasserge-halt verarbeitet – dies ent-spricht bei der eingesetztenRegeldämmstärke von80 mm ca. 1,5 bis 3 LiterWasser pro m2.

Die Konstruktion wurdebewusst schon kurz nachFertigstellung der Däm-mung im Sep. 1988geschlossen, ohne die übli-che Abtrocknungszeit abzu-warten. Es galt das Trock-nungsverhalten unter„erschwerten Bedingungen“zu untersuchen. NachAnbringen der Verkleidungerreichten die Messstellenin der hölzernen Unterkon-struktion bald Werte um 25Masse-% (Abb. 5).

Eine Dampfsperre istauch eine Trocknungs-sperreIn der Konstruktion ohneDampfbremse (blaue Kurve)

Abb. 2:Glaser- Berechnungen bei 80mm Innendämmung aus diffu-sionsoffenem Dämmstoff.(Vollziegelmauerwerk, beid-seitig verputzt)

Vollziegel (μ= 10)mit 80 mm Innendämmung (μ= 1)

-750 -500 -250

0250500750

1.0001.2501.5001.7502.0002.2502.5002.7503.000

0,0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0

innerer sd- Wert [m]

mW

T und

mW

V n. D

I N 4

108-

3 [g

/m²]

240 mm, Verdunstung240 mm, Tauwasser240 mm, Reserve480 mm, Verdunstung480 mm, Tauwasser480 mm, Reserve

Abb. 3:Feuchtemessstellen an derkalten Seite der Dämmebene.

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trocknete die Einbaufeuch-te noch in der folgendenWinterzeit zügig aus. Schonim März des darauf folgen-den Jahres wurde der Holz-feuchtegrenzwert der DIN68800 (20 M.-%) unter-schritten. Daraus lässt sichbereits schließen, dass derdiffusionsoffene Aufbau auflange Sicht einer Aus-gleichsfeuchte in Holzun-terkunstruktion undDämmstoff entgegenstrebt,die im unkritischen Bereichliegen muss.

In der vergleichbarenKonstruktion mit Dampf-bremse dauerte es bis zumdarauf folgenden Hoch-sommer, ehe die 20 M.-%-Grenze erreicht wurde. DieRestfeuchte dieser Variantewar auch nach Ende desSommers noch so hoch,dass im nächsten Herbst die20 Masse-% noch einmalüberschritten wurde.

Auf lange Sicht ver-schwinden die Unterschie-de aus der Anfangsphasezwischen den beidenDämmvarianten. Kontroll-messungen in den folgen-den 14 Jahren zeigen, dassdie Konstruktion mitDampfbremse auf Dauer ca.2 M.-% unter der diffusi-onsoffenen Variante liegt(Abb. 6). Dies ist plausibel,da im Jahresmittel die abso-lute Luftfeuchte im Raumhöher als außen liegt unddies sich ohne Dampfbrem-se auch in einer höherenPorenluftfeuchte in derMesszone auswirken muss.Der Dämmstoff und dasMessbrett reagieren hieraufnaturgemäß mit einererhöhten Ausgleichfeuchte.Dieser Effekt kommt abererst nach ca. 2 Jahren zumTragen. Solange dauert es,bis die Einbaufeuchte in derKonstruktion mit Dampf-

bremse weitgehend abge-klungen ist.

Langzeitvergleich undÖffnung nach 18 JahrenBeide Feuchtekurven lie-gen im Langzeitvergleich(vgl. Abb. 6) zu allen Zeit-punkten deutlich unter kri-tischen Werten.

Einen ähnlichen Verlaufzeigt die Variante mit Mine-ralfaserdämmung (auchohne Dampfbremse). Ohnedie Beaufschlagung durch

Abb. 4:Dämmung mit isofloc im cso-Anspritzverfahren.

Abb. 5:Feuchteverlauf in drei beispiel-haften Innendämmungen inden ersten vier Jahren.Grafik: EA NRW, Wuppertal

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Zellulose CSO Fermacell nein 11,6% 12,7% 14,4% 15,4 – 17,1%Mineralfaser Fermacell nein 1,2% 1,2% 12,9% 15,7 – 16,5%Zellulose CSO Fermacell sd = 20 m 10,0% 10,9% 12,2% 13,8 – 15,8%

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Einbaufeuchte pendelt hierdie Holzfeuchte vonAnfang an um einen Mit-telwert von ca. 15 M.- %.

Im Rahmen des Aplus-Baulabors wurden im Sep-tember 2006 die Konstruk-tionen geöffnet, um denZustand der Dämmungenzu kontrollieren und diedurchgeführte elektrischeFeuchtemessung durchDarrproben abzusichern.Alle Dämmmaterialien wie-sen keine Schädigungen aufund an den angrenzendenPutzschichten konnten kei-ne Feuchtespuren oder garVerschimmelungen festge-stellt werden (siehe Abb. 7).

Die elektrische Holz-feuchtemessung istbekanntlich mit gewissenUnsicherheiten verbunden.Deshalb wurden aus denMessbrettern und denDämmstoffen Proben ent-nommen und im Trocken-

schrank bis auf Gewichts-konstanz getrocknet, umden massebezogenen Feuch-tegehalt, gravimetrisch zubestimmen. Tabelle 1 zeigteine recht gute Überein-stimmung mit den Erkennt-nissen aus der elektrischenLangzeitmessung. Die Mess-sonden wurden mit ver-schiedenen Holzfeuchte-messgeräten (Gann RTU600 und HT 65) überprüftund an je einer weiterenEinstichstelle des Messbret-tes die Feuchte ermittelt. Eszeigte sich, dass die elek-trisch ermittelten Werte imMittel ca. 2 % über denErgebnissen der Darrprobenlagen. Die Ergebnisse derLangzeitmessungen liefernalso Erkenntnisse, die aufder sicheren Seite liegen.

Innendämmung ohneDampfbremse: Ist dasrechnerisch nachweis-bar?Die Ergebnisse aus denpraktischen Untersuchun-gen rufen danach, durchgeeignete Methoden auchrechnerisch nachgewiesenzu werden. Deshalb habenwir für die ausgeführtenBeispiele zunächst Glaser-Berechnungen durchge-führt, die in Tabelle 2zusammengefasst sind.

Hiernach erweisen sichalle Varianten mit diffusi-onsoffener Innendämmungals unzulässig. Die Tauwas-sermengen liegen bei 2.500g/m2 und mehr. Nimmt man

die Rechenwerte als Wirk-lichkeit, so müssten diegemessenen Holzbretterschon innerhalb einer Tau-periode eine Feuchtezunah-me von 25 Masse-% erfah-ren haben. Da das Verduns-tungspotential außerdemgeringer als die Tauwasser-menge ist, verbleibt rechne-risch Tauwasser im Bauteil.Schon bald hätte eine über-hygroskopische Befeuch-tung der Unterkonstruktionauftreten müssen, die nichtspurlos an den Baustoffenauf der kalten Seite derDämmschicht vorübergegangen wäre. ● Die Diffusionsberech-

nung nach Glaser istoffensichtlich nicht inder Lage die tatsächli-chen Feuchteverhältnissekorrekt abzubilden.

Schlauer rechnen mitWUFI®

Wie wir schon in Heft5/2005 an einem Planungs-beispiel darstellten, ist einegeeignete Methode zumfeuchtetechnischen Nach-weis bei Innendämmungendie „hygrothermische Simu-lation“ gemäß [DIN EN15026]. Mit dem Simula-tionsprogramm WUFI desFraunhofer Instituts fürBauphysik haben wir dieKonstruktionsaufbauten mitZellulosedämmung nachge-rechnet. Es wurde das mitt-lere Klima des nahe gelege-nen Standorts Hannoververwendet und das Innen-klima zwischen normalerund geringer Feuchtelastnach [WTA 2001] variiert(zur Definition der Feuchte-lastfälle vgl. Heft 1/2007,S. 42).Die Regenwasseraufnahmewurde bei der Berechnung„ausgeschaltet“, da diebetroffene Fassade durcheinen großen Dachüber-stand geschützt ist. Desweiteren wurden dieStrahlungsgewinne auf dernach Osten orientiertenWandoberfläche wegen dervor Ort vorhandenen star-ken Verschattung halbiert.

Tabelle 1: Innendämmung Außenwände (Darrproben), Angaben in Masse-%

Tabelle 2: Diffusionsberechnungen nach DIN 4108-3 zur Innendämmung im e.u.[z]

Abb. 7: Geöffnete Konstruktion imSep. 2006

Abb. 6:Kontrolle des Feuchtegehaltesin den Jahren 1992 bis 2006.

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Holzfeuchte [Masse-%]

Isofloc ohne Dampfbremse

Isofloc mit Dampfbremse

Mineralfaser ohne Dampfbremse

Konstruktion Tauwasser Verdunstung DifferenzmWT mWV mWV – mWT

Isofloc, ohne DB 2.549 g/m2 2.473 g/m2 – 76 g/m2

Min.Faser, ohne DB 2.679 g/m2 2.548 g/m2 – 131 g/m2

Isofloc, mit DB 10 g/m2 77 g/m2 68 g/m2

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Dies ist in etwa äquivalentzur Strahlungsbilanz auf derNordseite.

Die Konstruktion mitDampfbremse verhält sicherwartungsgemäß, d. h. derFeuchtegehalt des Holzesauf der kalten Seite derInnendämmung reagiertkaum auf die jahreszeitli-chen Änderungen beimInnenklima. Auch warenkeine nennenswerten Un-terschiede zwischen ver-schiedenen inneren Feuch-telasten zu erkennen. Dasberechnete mittlere Feuch-teniveau liegt mit rd.12 M.-% rund 2,5 M.-%niedriger als sie Messwerteaus der elektrischen Mes-sung, stimmt aber gut übe-rein mit der Darrprobe gem.Tab. 1.

Grenzen der Diffusions-offenheitBei den diffusionsoffenenVarianten findet eine –ebenfalls zu erwartende –stärkere Ankopplung an dasRaumklima statt. In derWinterperiode steigt derFeuchtegehalt auf Wertezwischen 16 M.-% (niedrigeFeuchtelast) bis knapp über20 M.-% (normale Feuchte-last). Ein Vergleich derberechneten Feuchteer-höhungen mit den Mess-werten (Abb. 6) bestätigt,die zu Anfang geäußerteVermutung: Das Innen-klima des untersuchtenRaumes entspricht am ehe-sten dem Verlauf bei niedri-ger Feuchtelast (typisch fürBüroräume oder Schlafräu-me mit geringen Feuchte-quellen.)

Auffällig ist allerdings,dass im Sommer des Testre-ferenzjahres HannoverFeuchtegehalte ermitteltwerden, deutlich niedrigerliegen, als die niedrigstenMesswerte, auch wenn manberücksichtigt, dass dieelektrischen bezogen auf diegravimetrischen Messwertezur „Übertreibung“ neigen.Eine Erklärung hierfür kannin der Verschattungssituati-on gesucht werden. Die

rechentechnisch angewand-te pauschale Reduzierungder Strahlungsabsorption ander Außenoberfläche trifftdie realen Verhältnisse ver-mutlich nur im Jahresmit-tel. Die Ostfassade desObjektes weist in Wirklich-keit eine saisonale Ver-schattung durch Fassaden-begrünung (wilder Wein)und nahe davor stehendehohe Bäume auf. Im Win-ter, wenn das Laub untenist, und auch der großeDachüberstand wegen dertief stehenden Sonne kaumnoch Schatten spendet,dürfte das Strahlungsange-bot höher und im Sommerniedriger ausfallen als sichaus der pauschalen Annah-me ergibt.

Interessanter Spezial-fall: Innendämmungvor Innendämmung mitDampfsperreEine Besonderheit derSanierung aus dem Jahre1988 ergab sich aus bau-praktischen Notwendigkei-ten. Der Raum besaß fünfHeizkörpernischen, diebereits 7 Jahre zuvor alsSofortmaßnahme nachGründung des e.u.[z.] miteiner Dämmung zwischenHeizkörper und alter Wandversehen wurden. Diesebestand aus 30 mm Dämm-korkplatten (WLG 045),die mit einer alukaschiertenReflexionstapete beschich-tet waren. Im Zuge derSanierung wurden die 5Heizkörper demontiert unddurch zwei kleinere, anInnenwänden angeordnete,ersetzt.

Der gesamte Seminar-raum sollte bis zur Fenster-brüstungshöhe einen Sockelerhalten (mit Profilholzver-kleidung aus Hemlock-Tanne). Hieraus ergab sich,dass die Heizkörpernischenbei Vollfüllung eine Dämm-stoffdicke von ca. 200 mmerhielten. Es stellte sich dieFrage, ob dies nicht desGuten zuviel ist – zumaldann, wenn die zuvorsanierte Innenoberfläche

Abb. 8WUFI®-Simulation mit Hanno-veraner TestReferenzJahr desDeutschenwetterdienstes(DWD) für Innendämmung mitZellulose- Dämmstoff inAbhängigkeit von der innerenFeuchtelast.

8%

10%

12%

14%

16%

18%

20%

22%

Okt Nov Dez Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep

Holzfeuchte [M.-%]

Isofloc mit DB, normale Feuchtelast

Isofloc ohne DB, niedrige Feuchtelast

Isofloc ohne DB, normale Feuchtelast

Programm unter: www.e-u-z.de/tagungen.html

3. EuropäischesBlowerDoor-SymposiumDichte Gebäudehülle, Wohnungs-lüftung, Schimmel

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aus einer Dampfbremsebesteht. Durchgeführte Gla-ser-Berechnungen ergaben,dass Tauwasser in nennens-wertem Ausmaße auftretenmüsste bis nahe 1.000 g/m2.Da es sich bei der Alufolieum eine nicht sorptionsfähi-ge Grenzschicht handelt,wäre nur eine Tauwasser-menge von 500 g/m2 nachNorm zulässig.

Auch hier sollten diepraktischen Messungengenauere Kenntnisse ver-mitteln. Die Ergebnisse derdort angeordneten Mess-stellen zeigten schon bald,dass auch diese Bereicheunkritisch waren. Absch-ließende Öffnung und Pro-bennahme bestätigte diePraxismessungen (vgl. Tab.3). Sowohl die Dämmstoffe,als auch die angebrachtenMessbretter zeigten keineHinweise auf Tauwasserbil-dung und lagen gänzlich imunkritischen Bereich.

In Abb. 9 ist durch dasStandbild eines WUFI®-Films am Ende eines Jahres-zyklus erkennbar, dass an

der Grenzschicht durchauserhöhte Porenluftfeuchtig-keiten herrschen können(hellgrüner Bereich in derGrafik mit den feuchtetech-nischen Kennwerten). Tau-wasser (= 100 % rel. F.)entsteht jedoch weder ander Alufolie noch an derGrenzschicht zur altenWand der Heizkörperni-schen.

Ein erstes FazitAufgrund von Langzeitun-tersuchungen an Innen-dämmungen im e.u.[z.],Springe, konnte in der Pra-xis nachgewiesen werden,dass auch diffusionsoffeneInnendämmungen feuchte-sicher funktionieren kön-nen, wenn Standort, Nut-zung sowie Strahlungsab-sorption der Fassaden gün-stige Randbedingungenschaffen.

Die beispielhaft durchge-führten Simulationsrech-nungen zeigen aber auch,dass bei wohnüblichem(„normalem“ nach WTA)Raumklima kritische Situa-

tionen nicht völlig ausge-schlossen werden können.Insofern sind Mindest- sd,i -Werte von 0,5 bis 0,7 m,die sich aus der DIN 4108-3 ergeben, nach wie voreine sinnvolle Empfehlung,um auf der sicheren Seitezu liegen. Hiervon kannabgewichen werden:● wenn die innere Feuch-

telast niedrig ist (geringeFeuchtequellen und/oderkontrollierte Wohnungs-lüftung)

● oder die Dämmstoffenachweislich über „kapil-laraktive“ Eigenschaftenverfügen.Die Vielzahl der Stell-

schrauben, die den Feuch-tegehalt innerhalb von dif-fusionsoffenen Innendäm-mungen beeinflussen, erfor-dert zwingend einen rech-nerischen Nachweis übereine hygrothermische Simu-lation mit standortspezifi-schen Daten.

Die Messergebnisse unddie Simulationen stimmenam ehesten mit den Aussa-gen der Glaser-Berechnung

überein, wenn Konstruktio-nen mit Dampfbremseuntersucht werden. Diesgilt jedoch nur solange, wieSchlagregenbelastungen fürdie betreffenden Wändenicht oder nur im geringenMaße auftreten. Auch indiesen Fällen ist eine hygro-thermische Simulationempfehlenswert, wenn essich bei der betreffendenFassade um die Wetterseitehandelt.

Im folgenden zweiten Teildieser feuchtetechnischenUntersuchung aus der Pra-xis werden wir über neueVersuchflächen und – räu-me berichten, die im Rah-men des Aplus- Bauwork-shops 2007 aufgebaut wur-den und derzeit mit mess-technischer Unterstützungder TU Dresden begleitetwerden. ■

Literaturverweise[DIN 4108-3:2001-07]

Wärmeschutz und Energie-Ein-sparung in Gebäuden, Teil 3:Klimabedingter Feuchteschutz,Berlin (Beuth Verlag), 2001-07

[DIN EN 15026:2007]Wärme- und feuchtetechnischesVerhalten von Bauteilen undBauelementen - Bewertung derFeuchteübertragung durchnumerische Simulation, Berlin(Beuth Verlag), 2007-07

[WTA 2001] Wissen-schaftlich-Technische Arbeitsge-meinschaft für Bauwerkserhal-tung und Denkmalpflege e.V.(WTA): WTA-Merkblatt 6-2-01. Simulation wärme- undfeuchtetechnischer Prozesse.München, 2001

Abb. 9:Dicke Innendämmung (200mm) aus Naturkorkschrot imBereich der Heizkörperni-schen.Hygrothermische Simulationdargestellt als „WUFI®-Film“(oberer Bereich: Temperatur-verlauf, unterer Bereich: relati-ve Porenluftfeuchte (grün) undWassergehalt in den Konstruk-tionsschichten (blau)

Tabelle 3: Innendämmung Heizkörpernischen (Darrproben), Angaben in Masse-%

Dämmstoff Innenseite AußenseiteKorkplatte

(außen)Naturkorkschrot 7,5% 8,6% 4,7%Expand. Dämmkorkplatten 3,4% 3,0% –Zellulose- Dämmplatten 7,7% 9,5% 6,7%

Querschnitt [cm]