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Research Collection Doctoral Thesis Reduktions-Potentialmessungen in Milch Author(s): Tobler, Fritz Rudolf Publication Date: 1955 Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000144114 Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection . For more information please consult the Terms of use . ETH Library

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Research Collection

Doctoral Thesis

Reduktions-Potentialmessungen in Milch

Author(s): Tobler, Fritz Rudolf

Publication Date: 1955

Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000144114

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Prom. Nr. 2500

Reduktions-Potentialmessungen

in Milch

VON DER

EIDGENÖSSISCHEN TECHNISCHEN

HOCHSCHULE IN ZÜRICH

ZUR ERLANGUNG

DER WÜRDE EINES DOKTORS

DER TECHNISCHEN WISSENSCHAFTEN

GENEHMIGTE

PROMOTIONSARBEIT

VORGELEGT VON

FRITZ RUDOLF TOBLER

VON KUSNACHT (ZU) UND LUTZENBERG (AR)

REFERENT: HERR PROF. DR. ED. ZOLLIKOFER

KORREFERENT: HERR PROF. DR. H. DEUEL

BRUNNER & BODMER ZÜRICH

19 5 5

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MEINEM LIEBEN VATER

MEINER VERSTORBENEN MUTTER

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EINLEITUNG

In wässrigen Lösungen mit reduzierenden oder oxydierenden Verbindungenkann mit Hilfe von Edelmetallelektroden ein bestimmtes elektrisches Potential

registriert werden.

Wird die Messung bei Zutritt von Luftsauerstoff vorgenommen, so erhalten

wir ein aerobes Potential. Wird in sauerstoffreiem Milieu gemessen, so sprechenwir von einem anaeroben Potential. Diese Potentiale sind jedoch, wie wir später

sehen werden, nicht immer wie Redox-Potentiale genau thermodynamisch defi¬

nierbar. Ihre Deutung ist komplex.In Milch können ebenfalls solche Potentiale bestimmt werden. Sie sind ein

Ausdruck für die Wechselbeziehungen von Oxydation und Reduktion, wie sie sich

in Milch abspielen können Sie geben auch einen Anhaltspunkt über den Oxyda¬tionswiderstand der Milch. Auch gelten sie als milieubeeinflussender Faktor für

das Bakterienwachstum.

Unsere Arbeit bezweckte vorerst die Aufstellung einer brauchbaren Messtech¬

nik zur Bestimmung elektrischer Potentiale für Milch und Milchprodukte. Im

weitern wurden sodann die für das Potential verantwortlichen Substanzen in Kuh¬

milch zu bestimmen versucht und verschieden behandelte Milchproben unter¬

einander verglichen.

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INHALTSÜBERSICHT

EINLEITUNG

I. THEORETISCHE GRUNDLAGEN

A. Einführung

B. Begriffe der Oxydation und der Reduktion

C. Entstehung und Deutung der Redox-Systeme

D. Entstehung und Deutung der Redox-Potentiale

1. Gasbeladungstheorie2. Elektronentheorie

E. Berechnung der Redox-Potentiale

F. Messung und Masstäbe von Redox-Potentialen

1. Für theoretische Messungen2. Für praktische Messungen3. Beziehung zwischen Redox-Potential, pH und Verhältnis

oxydierten zu reduzierten Substanzen in Redox-Systemen

G. Gemische und Beschwerung von Redox-Systemen

H. Irreversible Systeme und Grenzpotentiale

J. Oxydations-Reduktionskatalysatoren

II. ZUSAMMENSTELLUNG BISHERIGER ARBEITEN ÜBER

REDUKTIONSMESSUNGEN IN MILCH

III. METHODISCHER TEIL

A. Einführung

B . Messanlage1. Stickstoffgasreinigungsanlage2. Messgefäss

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3. Messgerät 32

4. Elektroden 33

5. Eichen der Apparatur 40

6. Gesamtbild der Messanlage 41

C. Durchführung anaerober Reduktions-Potentialmessungen 42

1. Arbeitsgang 42

2. Spezielle Bemerkungen 42

IV. EXPERIMENTELLER TEIL 44

A. Anaerobe Reduktions-Potentialkurven als Funktion

der Messtemperatur 44

B. Anaerobe Reduktions-Potentiale von aseptisch gefasster Milch

und von Vorzugsmilch 46

C. Anaerobes Reduktions-Potential von Kolostrummilch 54

D. Beeinflussung der anaeroben Reduktions-Potentiale in Milch

durch Anwendung von Hitze 55

1. Allgemeines 55

2. Einfluss der Pasteurisation und des Kochens 56

3. Einfluss des Sterilisierens und des Uperisierens 59

E. Zusammenhang zwischen anaerobem Reduktions-Potential und

Oxydationswiderstand der Milch 60

F .Einfluss verschiedener Milchbestandteile auf das anaerobe

Reduktions-Potential der Milch 61

1. Allgemeines 61

2. Einfluss des Fettes 62

3. Einfluss des Eiweisses (Kasein) 63

4. Einfluss des Albumins und des Globulins 64

5. Einflüsse der Sulfhydrilkörper, desBeta-Laktoglobulins,der Enzyme und der Vitamine 68

V. SCHLUSSBEMERKUNGEN 75

A. Zusammenfassung 75

B. Diskussion 77

Literaturverzeichnis 79

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I. THEORETISCHE GRUNDLAGEN

A. EINFÜHRUNG

Oxydationen und Reduktionen gehören zu den wichtigsten Prozessen in der

Biologie und Chemie. Fast alle Lebenserscheinungen beruhen auf diesen Vorgän¬

gen.

In physiologischen Lösungen (Gewebesäften, Blut, Milch etc. ) spielen sich

solche Prozesse ab, die am besten unter dem Sammelbegriff Oxydo-Reduktions-

vorgänge zusammengefasst werden können. Die Verhältnisse in Milch sind kom¬

plex, da neben den nativen Milchbestandteilen die Bakterien, sowie deren Stoff¬

wechsel- und Abbauprodukte an den Reaktionen beteiligt sein können. Wir haben

deshalb für unsere Untersuchungen versucht, die Wirkung der Bakterien möglichstauszuschliessen.

Alle Systeme, bei denen ein Potential an der indifferenten Elektrode auftritt,

weisen mindestens einen Prozess auf, der durch Elektronenübergang charakteri¬

siert ist. Es muss eine Oxydation oder Reduktion ohne Zwischenreaktion ablaufen.

Spielt sich aber ein Elektronenaustausch intramolekular ab, so hat die Elektrode

keine Gelegenheit, Elektronen abzufangen und zu registrieren.In Milch tritt an indifferenten Elektroden ein Potential auf. Es gibt mehrere

Methoden, die eine Potentialregistrierung erlauben. Wir kennen einerseits die

rein analytischen Titrationen und andrerseits elektrische oder kolorimetrische

Potentialbestimmungen. Eine Kombination der erwähnten Methoden ist ebenfalls

denkbar. Zu unserer Arbeit benützten wir die elektrische und nur gelegentlichdie kolorimetrische Messtechnik. Der Grund, dass wir der elektrischen Potential¬

bestimmung den Vorrang liessen, ergibt sich aus der Unzulänglichkeit der kolori-

metrischen Messtechnik. Gegen die alleinige Anwendung der Kolorimetrie spre¬

chen folgende Gründe :

1) Tab. 1, die die gebräuchlichsten Redox-Farbstoffe wiedergibt, zeigt, dass

die einzelnen Redox-Indikatoren ein ganzes Umschlagsintervall bedecken und

sich nicht momentan entfärben. Ihre Farbintensität nimmt deshalb mit Zu¬

nahme der Reduktion nur allmählich ab.

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Tabelle 1 : Einige Redox-Indikatoren zur Bestimmung des Redox-Potentials

und ihr Umschlagsgebiet (nach MERCK (1953))

IndikatorGebrauchst

Lösung

Farbumschlagox =" - red

En50%red.pH 7 und20°C in mV

Neutralrot 0.05% in 60%

Alkoholrot-färblos -320

Safranin T 0,05% in HÖH rot-färblos -290

Indigodisulfonat 0,05% In HÖH blau-gelbl. -110

Iiidigotrisulfonat 0.05% in HÖH blau-gelbl. - 70

Indigotetra sulfonat 0,05% in HÖH blau-gelbl. - 30

Methylenblau 0,05% in HÖH blau-farblos + 10

Thionin 0.05% in 60% violett-+ 60

Alkohol farblos

Toluylenblau 0,05% in 60%

Alkohol

blauviolett-

farblos+ 110

Thymol-jndo-

phenol

0.02% in 60%

Alkohol

blau*-

farblos+ 180

m - Kresol- 0,02% m 60% blau -

+ 210indophenol Alkohol farblos

2,6-Dichlorphenol- 0,02% in HÖH blau-farblos + 230

mdophenol

Ungef. Umschlagsgebiet in mV

+ mV

-300 -200 -100 100 »200 «300

* oberhalb pH 9, sonst rötlich oberhalb pH 8,5 sonst rötlich

2) Die Farbstoffe können wenig beschwerte Messlösungen derart "vergiften", dass

der Indikator der Lösung das Potential aufdrängt und nicht umgekehrt.

3) Die Redox-Indikatoren können die Messlösung chemisch beeinflussen und da¬

durch das Resultat verfälschen.

4) Grössere Farbstoffkonzentrationen wirken oft toxisch auf Bakterien und Zellen.

5) Das Festhalten des Farbstoffumschlag-Zeitpunktes ist besonders in Messlösun¬

gen mit starker Eigenfarbe erschwert (z.B. in Milch oder Blut).

6) Der Indikator muss der zu messender Lösung in möglichst kleiner Konzentration

zugegeben werden, doch muss diese noch so gross sein, dass die Messlösung

augenfällig gefärbt wird.

7) Das von einem Redox-Farbstoff bestimmbare Potential ist in einem relativ

kleinen Bereich verfolgbar (vgl. Tab. 1).

Bei der elektrischen Potentialmessung, die keine der eben erwähnten Nach¬

teile aufweist, werden die Elektroden so lange in die Messlösung gehalten, bis

das Potential stationär geworden ist. Die Reproduzierbarkeit eines solchen Po-

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tentiales hängt von den Bedingungen ab, unter welchen die Messung erfolgt. Die

Messung kann sowohl unter aeroben wie anaeroben Bedingungen durchgeführtwerden. Man kann somit von einem aeroben wie anaeroben Potential sprechen.

Da anaerobe Verhältnisse leichter konstant gehalten werden können als aerobe

und dadurch die Reproduzierbarkeit des Potentiales steigt, wählten wir diese Ver¬

suchsanordnung. Die unter Stickstoff erzeugte Anaerobie ist von der Reinheit des

Stickstoffes abhängig. Sie verhindert einerseits den störenden Einfluss des Luft¬

sauerstoffes, bewirkt aber andrerseits eine ausserordentlich langsame Potential¬

einstellung, die ihren Grund in der Trägheit der reduzierenden Systeme hat.

Die so erhaltenen Potentiale sind schwierig zu deuten. Physiologische Syste¬me wie Milch, die solche Potentiale ergeben, sind nach unserer Meinung nicht

mit reversiblen Redox-Systemen zu vergleichen. Selbst bei einer Mischung von

verschiedenen Redox-Systemen sollte man durch eine Titration in der Lage sein,

die einzelnen Systeme durch Potentialsprünge zu ermitteln. Dies ist aber in

Milch nicht möglich. Eine oxydometrische Titration von Milch mit 2,6-Dichlor-

phenolindophenol zeigte, dass durch Zugabe des Oxydans das Potential in positiveBereiche schnellte, nach einiger Zeit sich aber langsam wieder auf die ursprüng¬liche Potentialtiefe einstellte. Die Potentialeinstellung bei Milch erfolgt des¬

halb so langsam, weil höher molekulare Bestandteile daran beteiligt sind. Sie

ist zudem, wie wir noch sehen werden, stark temperaturabhängig. Für einfache

Redox-Systeme trifft dies nicht zu.

Die Potentiale physiologischer Systeme haben sicher keine einfache ther-

modynamische Bedeutung. Es wird sich viel eher um Potentiale handeln, die

kinetisch zu werten sind.

Aus diesem Grunde wählten wir für unsere unter anaeroben Bedingungen ge¬

messenen Potentiale in Milch nicht den Ausdruck "Redox-Potential", sondern

sprechen lieber von anaeroben Reduktions-Potentialen oder Grenzpotentialen.Dabei werden sämtliche Angaben auf die Normalwasserstoffelektrode bezogen

(Ejj- Werte).

B. BEGRIFFE DER OXYDATION UND DER REDUKTION

Mit der Entdeckung des Sauerstoffes im Jahre 1774 (PRIESTLEY) gewannen

die Begriffe Oxydation und Reduktion an Bedeutung. Diese Begriffe haben im Lau¬

fe der Zeit eine Wandlung durchgemacht. Ursprünglich verstand man unter Oxy¬dation eine Ueberführung einer sauerstoffärmeren in eine sauerstoffreichere Ver¬

bindung. Die Reduktion entsprach der sinngemässen Umkehrung dieser Formulie¬

rung.

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Doch bald erkannte man, dass diese Definition nicht genügte. Chemische

Prozesse lehrten, dass eine Erweiterung des Begriffes Oxydation unerlässlich ist.

Soll z.B. ein Leukofaibstoff seine Farbe wieder zurückgewinnen, muss er oxy¬

diert werden. Die Analyse aber zeigt, dass der Farbstoff keinen Sauerstoff ent¬

hält, sondern einen Wasserstoffverlust aufweist. Der Sauerstoff entreisst dem Leu-

kofarbstoff den Wasserstoff und verbindet sich mit diesem zu Wasser.

Die Definition von Oxydation und Reduktion ist somit zu erweitern. Oxyda¬tion bedeutet auch Ueberführung einer wasserstoffreicheren in eine wasserstoff¬

ärmere Verbindung. Sinngemäss umgekehrt gilt diese Formulierung für die Re¬

duktion.

Endlich kann man Cu in Cu++ oxydieren und zwar sowohl mit wie ohne

Sauerstoff.

Nach der heutigen Auffassung versteht man somit unter Oxydation:Aufnahme von Sauerstoff,

Abgabe von Wasserstoff,

Abgabe von Elektronen

und unter Reduktion :

Abgabe von Sauerstoff,

Aufnahme von Wasserstoff,

Aufnahme von Elektronen.

C. ENTSTEHUNG UND DEUTUNG DER REDOX-SYSTEME

Oxydationen und Reduktionen sind eng verknüpfte Vorgänge. Gibt ein Stoff

leicht Elektronen ab, unterliegt er leicht der Oxydation. Damit aber der Stoff

Elektronen abgeben kann, braucht es einen zweiten Stoff, der die Elektronen

aufnimmt bzw. dem ersteren die Elektronen entreisst. Der zweite Stoff aber er¬

leidet bei diesem Vorgang eine Reduktion. Solche Prozesse sind oft reversibel.

Bei spontan ablaufenden oxydativ-reduktiven Vorgängen wird in Form von Elektro¬

nenverschiebungen Energie geleistet. Elektronenverschiebungen finden nur in Lö¬

sungen statt, die mindestens zwei Stoffe enthalten, den einen in oxydierter, den

andern in reduzierter Form. Lösungen, die die reduzierte und die oxydierte Form

derselben Substanz enthalten, werden kurz Redox-Systeme genannt. Der

Elektronentransport kann an geeigneten Messeinrichtungen registriert werden.

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D. ENTSTEHUNG UND DEUTUNG DER REDOX-POTENTIALE

PETERS (1898) war der erste, der experimentell die Potentiale einfachster

Redox-Systeme mass. Er registrierte die Potentiale von zwei Lösungen, die Ferri-

und Ferro-Ionen in verschiedener Konzentration enthielten, mit indifferenten

Elektroden.

Ueber das Zustandekommen dieser Potentiale, genannt Redox-Potentiale, an

indifferenten Elektroden bestehen zwei Theorien:

1. Gasbeladungstheorie

Die oxydierenden bzw. reduzierenden Verbindungen eines wässrigen Redox-

Systemes bewirken an der indifferenten Elektrode eine Wasserstoff- bzw. Sauer¬

stoffbeladung. Diese Beladung kommt dem Drucke gleich, mit welchem das Re¬

dox-System bestrebt ist, die Gase (Wasserstoff bzw. Sauerstoff) in Freiheit zu

setzen. Bei der Beladung fungiert die Elektrode als Gaselektrode (Wasser¬

stoff-bzw. Sauerstoffelektrode).

2. Elektronentheorie

Nach dieser Auffassung drängt der reduzierende Teil der Lösung der indifferen¬

ten Elektrode seine Elektronen auf, während der oxydierende Teil dieselben der

Elektrode zu entreissen sucht. Aus diesem gegensätzlichen Bestreben resultiert an

den Elektroden ein Spannungszustand, der sich mit dem Redox-System im Gleich¬

gewicht befindet und dem jeweiligen Redox-Potential entspricht.

MICHAELIS (1933) hat diese beiden Theorien kombiniert und wie folgt for¬

muliert :

Die Oberfläche der Edelmetallelektrode belädt sich in Berührung mit dem

Redox-System mit einer oberflächlichen Schicht von Elektronen und Protonen.

Der Ueberschuss dieser oder jener bedingt Vorzeichen und Dichte der Ladung und

daher schliesslich auch das Potential. Die Summe der adsorbierten Protonen und

Elektronen, soweit sie in aequivalenten Mengen vorhanden sind, kann man auch

als adsorbierte H-Atome bezeichnen. Die Menge dieser H-Atome ist im Gleich¬

gewicht von solchem Betrag, dass das Potential der Elektrode, als Wasserstoff¬

elektrode betrachtet, identisch ist mit ihrem Potential in ihrer Eigenschaft als

indifferente Elektrode.

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E. BERECHNUNG DER REDOX-POTENTIALE

Die Berechnung der Redox-Potentiale beruht auf thermodynamischen Ueber-

legungen. Gehen wir von folgenden Daten aus:

Ein einfaches Redox-System enthalte Fe+++ und Fe*4--Ionen; dann spielt

sich folgender chemischer Prozess ab :

Fe+++ + e" ' Fe++ (1)

Dieser Prozess verläuft reversibel, d.h. die Reaktion kann sowohl von links

nach rechts (Reduktion) als auch von rechts nach links (Oxydation) stattfinden.

Taucht man eine blanke Platinelektrode in die Lösung, dann verläuft der

unter (1) beschriebene Prozess in Spuren und die Elektrode nimmt gegenüber der

Lösung ein definiertes Potential, das Redox-Potential, an.

Das Redox-Potential lässt sich nun mathematisch durch Anwendung des Nernst

sehen Gesetzes für Konzentrationsketten wie folgt ausdrücken:

+++RT (Fe )

E = E + —— In — '- (2)nF (Fe++ }

oder:

RT (Fe++ )

E = E -—— In

'(3)

o nF (Fe+++)

Bezeichnet man die Konzentration der oxydierten Form mit Ox und die Konzen¬

tration der reduzierten Form mit Re, berücksichtigt eine Temperatur von 20°C,rechnet den natürlichen Logarithmus in den dekadischen um (In x = 2,302 log x),und drückt das Potential in Millivolt ( = mV) aus, dann erhält man:

58,1,

OxE = E + log (4)

0n Re

Es bedeuten in den Formeln (2), (3) und (4) :

E = Elektrodenpotential gemessen gegen eine Lösung, die die oxydierte und

Oxreduzierte Form im Verhältnis enthält (=Red ox - P o te nti al. )

Re

E = Normalpotential des Redox-Systems. Potential für den Fall, dass das

OxVerhältnis = 1 ist, dann wird E = E„, da los von 1 = O.

Re o o

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58,1 = Faktor für 20° C. Er ändert sich mit der Temperatur, nämlich:

25°C = 59,12/30°C = 60,11/37°C = 61,50/40°C = 62,10/

50°C = 64,08 (vgl. KORDATZKI (1949)).

R = Gaskonstante (8,315 Joules)

T = Absolute Temperatur ( - 273,2°C)

F = Faraday*sehe Zahl = Elektrizitätsmenge, welche durch die Elektrode

einem Mol eines einwertigen Ions zugeführt werden muss, um es zu ent¬

laden. F = 96 500 Coulombs.

n = Anzahl Elektronen, die nötig sind, um ein Ion oder Molekel des Systemszu oxydieren bzw. zu reduzieren (= Wertigkeitsdifferenz). Oder H-Atome,

um welche sich die Reduktion und Oxydation unterscheidet.

Im Falle : Fe —» Fe++ ist n = 1

Im Falle : Sn » Sn ist n = 2 etc.

Am Beispiel des einfachen Redox-Systems Fe+++ -, Fe++ ist ersichtlich, dass

Oxydationen und Reduktionen als Elektronenverschiebungen zu deuten sind.

Neben diesen einfachen Redox-Vorgängen gibt es aber reversible Prozesse, bei

denen mit einer Elektronen- auch eine Protonenübertragung stattfindet. (Das Was¬

serstoffatom besteht ja bekanntlich aus einem Elektron und einem Proton. ) Der

Prozess der Reduktion aber ist mit der Aufnahme der Elektronen abgeschlossen,auch wenn noch eine Protonenanlagerung mitverläuft.

Einen weitern Weg, das Redox-Potential zu berechnen, gibt sich aus der Ueber-

legung, dass Sauerstoff und Wasserstoff Oxydations- bzw. Reduktionsmittel sind

und deren Aufnahme als Druck an einer indifferenten Elektrode registriert werden

kann (vgl. Gasbeladungstheorie). Es sei hier ein Beispiel gewählt, das die Ab¬

hängigkeit des Redox-Potentials vom Wasserstoffgasdruck zeigt. Dabei muss man

sich bewusst bleiben, dass sich auf ähnliche Weise die Abhängigkeit vom Sauer¬

stoffgasdruck ableiten lässt.

Wir gehen von einer Lösung aus, die Fe+++-Ionen enthält. In diese tauchen

wir eine blanke Platinelektrode und eine Wasserstoffelektrode (platinierte Platin¬

elektrode, die von Wasserstoff umspült wird) ein. Wasserstoff kann im Kontakt

mit einer platinierten Platinelektrode elektroaktiv gemacht werden.

In der Lösung spielt sich folgender Prozess ab :

Fe+++ + 1/2 H2-

. Fe++ + H+ (5)

Dieses Gleichgewicht zwischen Fe+++ -Ionen, Fe++-Ionen, H+-Ionen und Was¬

serstoffgas (H ), kann mathematisch wie folgt formuliert werden:

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RT Y H2, - _ ,„_

P„ = Druck des Wasserstoffgases (nicht zu verwechseln mit pH)

(H+) » Konzentration der Wasserstoffionen

Die vom-Wasserstoff umspülte Platinelektrode spricht somit nicht nur auf die

Wasserstoffionenkonzentration an, sondern sie hat auch eine reduzierende Wir¬

kung, weil der Wasserstoff mit fein verteiltem Platin in Berührung steht. Die Was¬

serstoffübertragung an einen wasserstoffaufnehmenden Körper wird daher um so

grösser sein, je höher der Druck des Wasserstoffgases ist. Ganz allgemein sagtuns Formel (6) weiter aus, dass das Redox-Potential vom Druck des Wasserstoff¬

gases und der H-Ionenkonzentration abhängt. Bei konstantem pH hängt das Re¬

dox-Potential nur vom Wasserstoffgasdruck ab.

Ueberwiegen die reduzierenden Eigenschaften, entspricht dies einem hohen

Wasserstoffgasdruck bzw. einem tiefen Potential; überwiegen die oxydierenden

Eigenschaften, entspricht dies einem niedrigen Wasserstoffgasdruck bzw. einem

hohen Potential.

F. MESSUNG UND MASSTÄBE VON REDOX-POTENTIALEN

Messen heisst praktisch nichts anderes als vergleichen. Ein unbekanntes Po¬

tential muss deshalb mit bekannten Standard-Potentialen verglichen werden, de¬

ren Eigenwerte entweder null oder von reproduzierbarer Grösse sind.

Vergleichs- oder Bezugselektroden, die gegen die blanke Platinelektrode ein¬

gesetzt werden, sind:

1. Für theoretische Messungen:

a) Die Normalwasserstoffelektrode, d.h. eine Elektrode von Wasserstoffgasvon 1 Atm. Druck in einer Lösung, deren pH-Wert gleich null ist.

b) Die Wasserstoffelektrode, welche in eine Lösung von gleichem pH-Werteintaucht, wie sie die Messlösung aufweist.

2. Für praktische Messungen:

a) Die KCl-Kalomelelektrode (die KCl entweder gesättigt oder in bestimm¬

ter Konzentration enthält, z.B. n/1, n/10 etc.).

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Entsprechend der Möglichkeit, verschiedene Bezugselektroden zur Messungzu verwenden, ist die Angabe der Messung in verschiedenen Werten möglich.

In Formel (6) wurde auf die pH- und Temperaturabhängigkeit des Redox-

Potentiales hingewiesen. Es sei erwähnt, dass eine Aenderung des pH-Wertes um

eine Einheit einer Spannungsänderung von 58,1 mV (bei 20° C) gleichkommt.Ueber einige Messketten und deren Zusammenhänge orientiert Fig. 1.

Figur 1 : Messketten für Redox-Messungen (20 C)

Blanke Platinelektrode

,n

Kai

ges. KCl-Kalomel-

h elektrode

E'

Normalwasserstoffelektrode

' 1

pH = O

248,8 mV

58,1 mV .pH

Wasserstoffelektrode pH = x

E = Potential einer blanken Platinelektrode eingetaucht in eine Messlösung

gegen eine Wasserstoffelektrode in einer Lösung gleichen pH-Wertes.

Ejj c Potential der blanken Platinelektrode gegen die Normalwasserstoffelektrode.

EKal = Potential der blanken Platinelektrode gegen die ges. KCl-Kalomelelektro-

de; dieses ist um 248,8 mV (bei 20°C) positiver als dasjenige der Nor¬

malwasserstoffelektrode.

Das Potential E, (= Potential bezogen auf die Normalwasserstoffelektrode) wird

in der Literatur auch mit dem Symbol Eu oder EHo bezeichnet. EHo soll darauf

hinweisen, dass die Normalwasserstoffelektrode auf den pH-Wert null bezogen ist.

Da praktische Messungen aber nie bei einem pH = O ausgeführt werden, findet

man gelegentlich auch das Symbol E^, d.h. das Redox-Potential bezieht sich

auf eine Wasserstoffelektrode mit einem pH der Lösung von 7 (vgl. KORDATZKI

(1949a)).

Der Zusammenhang von E und E^ wird aus Fig. 1 ersichtlich, nämlich:

(für 20° C)

Eh = E - pH . 58,1 mV

E = Eh + pH . 58,1 mV

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Weiter gilt:E = E - (pH . 58,1 mV) - 248,8 mVKai

E = K i+ (PH • 58,1mV) + 248.8 mV.Kell

Aus der Bestimmung von E kann folglich sehr einfach auf E geschlossenwerden, denn

Eu = Etr,

+ 248,8 mVn Kai

Die Reduktionsintensität eines Redox-Systems ist somit nur

dann durch das Potential E^ eindeutig charakterisiert, wenn

die Temperatur und das pH der Messlösung bekannt sind.

Die Idee, neben dem Redox-Potential eine andere Masseinheit für Redüktions-

intensität eines Redox-Systems einzuführen, die unabhängig vom pH sein sollte,

geht auf CLARK UND COHEN (1923) zurück. Diese Masseinheit erhielt das

Symbol rH und entspricht definitionsgemäss dem negativen Logarithmus des Was¬

serstoffgasdruckes in Atm.Der rH-Wert hat allerdings nur dann seine Berechtigung,wenn das Potential eines reversiblen Redox-Systems sich mit jeder pH-Einheit

um 58,1 mV (bei 20°C) ändert. Da dies mit Ausnahme des Systems von Chinon-

Hydrochinon im allgemeinen nicht zutrifft, ist der rH-Wert seinem ursprünglichbezweckten Sinn nicht nachgekommen.

Der rH-Wert findet deshalb heute in der physikalischen Chemie kaum mehr

Verwendung.

3. Beziehung zwischen Redox-Potential, pH und Verhältnis von oxydiertenzu reduzierten Substanzen in Redox-Systemen

Durch die Darstellung der Redox-Potentiale der Redox-Systeme von Chinon-

Hydrochinon und Methylenblau-Leukomethylenblau in halbreduziertem bzw.

halboxydiertem Zustand wird die funktionelle Abhängigkeit des Normalpotentialesvom pH ersichtlich (Fig. 2).

Die Kurve des Chinon-Hydrochinon-Systems zeigt von pH = 0 bis pH = 8

eine lineare Neigung von 60 mV pro pH-Einheit, während dies für das System

Methylenblau-Leukomethylenblau nicht der Fall ist.

Das Redox-System Chinon-Hydrochinon stellt insofern einen Spezialfall dar,

als das Potential nur vom pH und nicht auch vom Verhältnis der reduzierten

zur oxydierten Substanz abhängt. Auf dieser Tatsache beruht die Verwendung von

Chinon-Hydrochinon zur pH-Messung, allerdings nur für den pH-Bereich von

0 bis 8.

n

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Figur 2 : Normalpotentiale von Chinon-Hydrochinon und Methylenblau-Leuko-

methylenblau in wässriger Lösung als Funktion vom pH. ( Potentiale

bezögen auf die Normalwasserstoffelektrode ; Temperatur 30°C ;

nach MICHAELIS (1933).)

Um nun aber auch die Beziehung zwischen Redox-Potential und Verhältnis

von oxydierter zu reduzierter Substanz darzustellen, sei als Beispiel Methylen-

blau-Leukomethylenblau gewählt. In diesem Falle muss das pH konstant gehaltenwerden.

Aus Fig. 2 und 3 geht eindeutig hervor, dass das Redox-Potential sowohl vom

pH wie auch vom Verhältnis der oxydierten zu den reduzierten Substanzen ab¬

hängig ist. Sollen diese Beziehungen grafisch dargestellt werden, so erhält man

ein dreidimensionales Diagramm (vgl. DERIBERE (1949)).

Aus dieser Tatsache leitet sich nun die Technik der Redox-Messung ab. Da¬

bei muss eine der zwei funktionell abhängigen Variablen (pH oder Verhältnis

von Ox zu Re) konstant gehalten werden.

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Figur 3 : Potential als Funktion des Verhältnisses oxydierter zu reduzierter

Substanz im System Methylenblau-Leukomethylenblau bei pH = 7.

(Potential bezogen auf die Normalwasserstoffelektrode; Temperatur30°C: nach B.D.H. (1953).)

Eh+ mV

t60

SO

40

30

20

10

to-

,E0* NoimalpotenüM = 11 mV

90 70 50

10 30vollst, oxydiert= gefärbt halboxydiert

SO

halbreduziert

Verhïlmi»

Eh-mV

G. GEMISCHE UND BESCHWERUNG VON REDOX-SYSTEMEN

Die bis jetzt behandelten Probleme bezogen sich ausschliesslich auf einfache

Redox-Systeme, in welchen die oxydierte bzw. reduzierte Form den gleichenStoffen angehörte und deren Verhältnis zueinander in beliebigen Konzentrationen

(Verhältnissen) variierten.

Werden dagegen zwei oder mehrere einfache reversible Redox-Systeme

zusammengebracht, so streben sie einem Gleichgewicht zu. Nach MICHAELIS

(1933) bestimmt das im Ueberschuss vorliegende System das Potential.

Die Aenderung des Potentiales, die ein Redox-System erfährt, indem man es

mit einem Oxydations- bzw. Reduktionsmittel (Redox-System mit höherem bzw.

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tieferem Normalpotential) versetzt, nennen wir die Nachgiebigkeit eines Redox-

Systems. Der reziproke Wert der Nachgiebigkeit ist die Widerstandskraft oder nach

MICHAELIS (1933) die Beschwerung des Systems. Diese Beschwerung, d.h. die

Resistenz eines Redox-Systems, das Potential gegenüber Oxydations- bzw. Re¬

duktionsmitteln unverändert zu halten, lässt sich mit der Pufferung einer Lösung

vergleichen, die gegenüber Basen bzw. Säuren ihr pH beibehalten will.

Die Beschwerung eines Redox-Systems ist infolgedessen umso grösser und

stärker, je näher sich das Verhältnis der oxydierten zur reduzierten Stufe dem

Wert = 1 nähert. Je weiter sich der Quotient von 1 entfernt, umso schlechter ist

das System beschwert.

H. IRREVERSIBLE SYSTEME UND GRENZPOTENTIALE

Die bisherigen Ausführungen und behandelten Theorien bezogen sich aus¬

nahmslos auf reversible Vorgänge, wobei die oxydierte bzw. reduzierte Stufe

durch Oxydations- bzw. Reduktionsmittel direkt ineinander überführt werden

konnten.

Es gibt nun aber viele oxydative und reduktive Prozesse, insbesondere in der

organischen Chemie, die irreversibel verlaufen. Uns interessiert vor allem die

Frage, ob Substanzen, die zu einer irreversiblen Oxydation oder Reduktion be¬

fähigt sind, auch das Potential an der unangreifbaren Elektrode zu beeinflussen

vermögen.Solche Substanzen verhalten sich nach MICHAELIS (1933) an der

Elektrode entweder wirkungslos und beeinflussen gleichzeitig vorhandene rever¬

sible Redox-Systeme nicht, oder die irreversible Substanz hat selbst eine potential¬bestimmende Wirkung. Zwei physiologisch wichtige Vertreter für den letzteren

Fall sind Cystein (in schwermetallionenfreier Lösung) und Zuckerabbauprodukte

(in alkalischer Lösung).Potentiale, wie sie in wässerigen Cystein- oder Zuckerlösungen an indifferen¬

ten Elektroden registriert werden können, spielen in physiologischen Systemeneine hervorragende Rolle. Solche Potentiale, auch Grenzpotentiale ge¬

nannt, stellen eine interessante charakteristische Grösse dar, obwohl ihre Deu¬

tung nicht einem thermodynamisch definierten Gleichgewichtspotential gleich¬kommt. Grenzpotentiale, wie sie in physiologischen Flüssigkeiten (Gewebesäfte,

Zellsäfte, Blut, Milch etc. ) gemessen werden können, sind durchaus nicht

gleichwertig mit Potentialen reversibler Redox-Systeme. Wäre dies der Fall, so

müsste man in der Lage sein, das System nach Einstellung des endgültigen Po¬

tentials mit reversiblen Oxydationsmitteln zu titrieren und bestimmte Titrations¬

kurven zu erhalten. Nach beendeter Titration müsste jeder Punkt auf der Titra¬

tionskurve durch eine reduktive Titration zurückverfolgbar sein. Dies ist in physio

logischen Systemen nicht möglich. Sie verhalten sich wie irreversible Systeme.

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Die Messung solcher Grenzpotentiale unter aeroben Bedingungen ist ziem¬

lich wertlos, da nicht nur die Reproduzierbarkeit zu wünschen übrig lässt, sondern

die Art und Weise, wie Elektroden auf molekularen Sauerstoff ansprechen, ist indi¬

viduell stark unterschiedlich.

Bei der anaeroben Grenzpotentialmessung liegen die Verhältnisse bedeu¬

tend günstiger, da die störende Wirkung des Sauerstoffes ausbleibt. Die Einstellungdes anaeioben Gienzpotentiales erfordert jedoch, infolge Trägheit der reduzieren¬

den Systeme, einen grössern Zeitaufwand, und die Geschwindigkeit, mit welcher

sich das Potential pro Zeiteinheit senkt, wird immer kleiner. Aber auch hier darf

man an die Exaktheit der Messung nicht zu hohe Ansprüche stellen. Eine Repro¬

duzierbarkeit von t 20 mV kann schon als gut bezeichnet werden.

Diese Grenzpotentiale kommen nach Ansicht von WURMSER (1923) dadurch

zustande, dass er den Stillstand des Potentialfalles nicht als erlahmende Kinetik

deutet, sondern als Gegenreaktion, ausgelöst durch ein zweites, reversibles Sy¬

stem. Dieses zweite System wirke potentialbeschwerend. Die Annahme, dass in

physiologischen Systemen mehr als eine reduzierende Substanz vorliegt, bezwei¬

feln wir nicht. Willkürlich jedoch erscheint uns, dass gerade zwei Systeme vor¬

liegen sollen. Unbewiesen ist zudem die Reversibilität des zweiten Systems.MICHAELIS (1933) dagegen nimmt an, dass sich die verschiedenen reduzie¬

renden Substanzen, wie sie in physiologischen Flüssigkeiten vorliegen, durch

Elektronenabgabe schnell und irreversibel in stabilere Körper umlagern. Er glaubtdeshalb, dass die anaeroben Reduktions-Potentiale als Grenz¬

potentiale irreversibler, reduzierender Substanzen aufzu¬

fassen sind.Dies schliesst nicht aus, dass in physiologischen Lösungen auch

reversible Systeme vorhanden sind, doch können deren Eigenschaften nicht im

Gemisch mit irreversiblen Systemen studiert werden.

J. OXYDATIONS-REDUKTIONSKATALYSATOREN

Ein Katalysator ist ein Stoff, durch dessen Gegenwart eine mögliche Reaktion,

die an und für sich nur langsam abläuft, beschleunigt wird.

Der Katalysator ist somit an der Reaktion aktiv beteiligt, aber, wie bereits

WILHELM OSTWALD hervorgehoben hat, ohne selber im Endprodukt zu erschei¬

nen.

Der Katalysator löst keine Reaktionen aus, sondern beschleunigt eine an sich

schon ablaufende Reaktion.

Bei den Oxydoreduktionen ist der Uebergang von Elektronen das Wesentliche.

Der Elektronendonator wird oxydiert und der Elektronenacceptor reduziert.

Ein Oxydations-Reduktionskatalysator wird eine mögliche, ablaufende Reak¬

tion beschleunigen, wenn oxydierende und reduzierende Substanzen nebeneinander

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existieren können. Er wird das thermodynamische Gleichgewicht herstellen. Der

Katalysator muss nach MICHAELIS (1933) ein reversibles Redoxsystem darstellen,

welcher vom Oxydationsmittel spontan oxydiert und vom Reduktionsmittel spon¬

tan reduziert wird. Wäre der Katalysator kein reversibles System, so würde er

während seiner Tätigkeit verbraucht.

Die Bedeutung solcher Oxydations-Reduktionskatalysatoren ist unbestritten,

doch ist deren Wirkung für das Zustandekommen der uns interessierenden Grenz¬

potentiale praktisch unerforscht.

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II. ZUSAMMENSTELLUNG BISHERIGER ARBEITEN ÜBER

REDUKTIONSMESSUNGEN IN MILCH

Als DUCLAUX (1887) das Reduziervermögen von Milch gegenüber Redox-

Farbstoffen beobachtete und NEISSER UND WECHSBERG (1900) die Möglichkeiterkannten, dieses Reduziervermögen gegenüber Methylenblau für die Qualitäts¬

beurteilung der Milch heranzuziehen, erschienen unzählige Arbeiten, die dieses

Problem behandelten. SMIDT (1904, 1906) hat als einer der ersten auf den Zu¬

sammenhang zwischen Farbstoff-Reduktionszeit und Keimgehalt hingewiesen.Diese Feststellung führte zur bekannten Aufstellung von Reduktionszeit-Keimzahl-

Kategorien durch JENSEN (1923) und BARTHEL (1923), wodurch die bakteri¬

elle Reduktion der Milch erwiesen war. Von diesem Gedankengut ausge¬

hend wurde nun die Redox-Farbstoff-Reduktion durch Milch und ihre Bakterien

nach allen Richtungen gründlichst erforscht.

Arbeiten, wie sie von RAHN (1920), BARTHEL (1923), JENSEN (1923),

SOEP (1927), GRIMES (1929), STORCK (1936), HANUSCH (1949), TEWES

(1952) und TEWES UND MERTA (1953) durchgeführt wurden, beschäftigtensich vor allem mit dem Zusammenhang Reduktionszeit-Keimgehalt.

GELDER UND SERNER (1926), PESCHE UND SIMMERT (1929), FÖRG(1949)und ROEDER UND GOHRITZ (1952) bearbeiteten das Problem der Farbstoff-Re¬

duktion im Zusammenhang mit dem Säuregrad und dem pH der Milch.

Vergleichende Untersuchungen über verschiedene Redox-Farbstoffe fanden

eine Bearbeitung durch VIERTBAUER (1929), THORNTON (1929), KÄSTLI UND

BINZ (1950) und HEMPLER (1953).

Studien über Chemismus, Konzentration etc. von Methylenblau und dessen

Adsorption an Milch-Kolloiden machten EICHWALD (1919), RODRIGUES (1924),VIRTANEN (1923, 1925), CLARK, COHEN UND GIBBS (1925) und RITTER

(1951).Kinetische Betrachtungen über die Methylenblau-Reduktion machten die

Autoren SCHULZ, ROLAND UND VOSS (1952).

Eine Spezialarbeit von WHITEHEAD (1930) untersuchte den Einfluss des Son¬

nenlichts auf die Methylenblau-Reduktion in Milch.

Die Technik der Methylenblau-Reduktionsprobe wurde u.a. auch von BARTHEL

(1911), WILSON (1935) und ZEIL1NGER (1953) bearbeitet. SCHARDINGER(1902),

RÖMER UND SAMES (1910), LAGANE (1914), SCHWARZ (1929 a) und

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BURUIANA (1932,1950) untersuchten die Methylenblau-Reduktion im Zusam¬

menhang mit dem Schardinger-Enzym.Ein mehr wirtschaftliches Problem, nämlich die Methylenblau-Reduktion als

Masstab für die Qualitätsbeurteilung der Milch, war Gegenstand der Untersuchun¬

gen von NEISSER UND WECHSBERG (1900), HASTINGS, DAVENPORT UND

WRIGHT (1922), ROEDER (1951,1952,1952 a, 1953) und TEWES UND MERTA

(1953 a).

Der speziellen bakteriellen Redox-Farbstoff-Reduktion von Rein- und Misch¬

kulturen in Milch und andern Nährsubstraten widmeten sich folgende Forscher:

JENSEN (1907), FRED (1912), DONS (1914), WOLFF UND WEIGMANN (1916),RAHN (1919), HASTINGS, DAVENPORT UND WRIGHT (1922), HANKE (1925),MEHLHOSE (1928), VIERTBAUER (1929), FRAZIER UND WHITTIER (1931),

HENNEBERG (1933), WILSON (1935), STORCK (1936), JENSEN (1937),DAVIS (1938) und HOBBS (1939).

Von diesen 20 Autoren weisen 11 den Milchsäure-Streptokokken stärkste Re¬

duktionskraft zu, während 6 den Coli-Bakterien diesen ersten Rang zuerkennen.

Die übrigen Forscher finden, dass auch Sporenbildner und Mikrokokken äusserst

stark reduzierend wirken. Diese Rangordnung ist eher relativ als absolut aufzu¬

fassen. (Von den eben erwähnten Autoren bestimmten FRAZIER UND WHITTIER

(1931 ), WILSON (1935) und HOBBS (1939) die Reduktionskraft (Reduktions-

Potentiale) auch elektrometrisch. )

Einen Uebergang zu der Erkenntnis, dass neben der bakteriellen Reduktion auch

einzelne Milchbestandteile unter gewissen Voraussetzungen in der Lage sind, Re¬

dox-Farbstoffe zu entfärben, brachten die Arbeiten von BARTHEL (1908, 1917),RULLMANN (1910), BURRI UND KURSTEINER (1912) und JENSEN (1937). Sie

schalteten die bakterielle Reduktion in Milch durch Zugabe von Aseptika aus.

Das Reduziervermögen einzelner Milchbestandteile wurde schon recht früh

erkannt, bearbeiteten doch SMIDT (1904), BARTHEL (1927), SCHWARZ (1929),THORNTON UND HASTINGS (1930), JACKSON (1936), GOHRITZ (1951) und

SCHWARZ, CIBLIS UND LANGE (1953) die Redox-Farbstoff-Reduktion durch

Milchzucker, Eiweisse, Ascorbinsäure, Citronensäure', milcheigene Enzyme,

Cystein etc.

Die Literatur über elektrische Potentialmessungen in Milch ist dagegen recht

spärlich. Etliche Autoren beachteten dabei die klare Trennung bakterieller und

stofflicher Reduktion zu wenig. Zudem begnügten sich die meisten mit der Mes¬

sung der Potentiale selbst, ohne Versuch, dieselben zu deuten oder zu interpre¬tieren.

Vorerst sei nur eine Zusammenstellung der über dieses Gebiet existierenden.

Arbeiten gegeben. (Einzelheiten und Besprechungen dieser Arbeiten werden im

Text, zu gegebener Zeit, angeführt) :

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CLARK, COHEN UND GIBBS (1925), THORNTON UND HASTINGS (1929).FRAZIER UND WHITTIER (1931). BURUIANA (1932,1950), ROGERS (1935),

WILSON (1935), JACKSON (1936), TWIGG (1937), WEBB UND HILEMAN (1937),HOBBS (1939), GREENBANK (1940), JOHNS UND HOWSON (1940), SWANSON

UND SOMMER (1940), TYLER UND WEISER (1941). HARTMAN, GARRET UND

BUTTON (1943), SAAL UND HEUKELOM (1946), BELL (1948), DERIBERE (1949)und KRAUSS (1950).

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III. METHODISCHER TEIL

A. EINFÜHRUNG

Für eine elektrische Potentialbestimmung werden zwei geeignete Elektroden

(Platin- und KCl-Kalomelelektroden) zu einer Messkette verbunden und die

Pt-Elektrode in die zu messende Lösung getaucht. Mit Hilfe eines stromlos mes¬

senden Potentiometers (pH-Meter) kann ein gegen die Lösung auftretendes Po¬

tential registriert werden. Es ist von grundlegender Bedeutung, ob das Potential

unter aeroben oder anaeroben Bedingungen bestimmt wird. Mil man die reduzie¬

renden Eigenschaften einer Lösung studieren, gilt es bekannte Versuchsbedingun¬

gen zu schaffen. Dieselben werden nur unter vollständigem Ausschluss des Luft¬

sauerstoffes erreicht. In diesem Fall spricht man, im Gegensatz zu den aeroben

Potentialen, von anaeroben Reduktions-Potentialen. Wir waren be¬

strebt eine Methodik auszuarbeiten, die sowohl aerobe als auch anaerobe Reduk-

tions-Potentialmessungen zulässt.

In vielen Arbeiten fehlen oft die exakten Angaben über die Bedingungen, unter

welchen die Messungen durchgeführt wurden. Es ist deshalb oft schwierig oder un¬

möglich, diese Resultate miteinander zu vergleichen.Wir setzten uns deshalb zum Ziele, vorerst eine Messtechnik auszuarbeiten

und zu prüfen, die genau umschriebene Verhältnisse liefert.

B. MESSANLAGE

In Fig. 4 ist das Schema der von uns benutzten und zusammengestellten

Apparatur dargestellt. Um unter streng anaeroben Bedingungen messen zu können,

wählten wir die Stickstoff-Fremdbegasung.

1. Stickstoffgasreinigungsanlage (vgl. Fig. 4; II)

Die Anlage (Fig. 5) bezweckt den von der Firma Carba A.G. vorgereinigten,als rein deklarierten, käuflichen Bombenstickstoff, der noch etwa 0,2 bis 0,5°!o

fremde Gase, insbesondere Sauerstoff, enthält, von jeglichen Verunreinigungenzu befreien. Für deren Konstruktion lieferte uns die Arbeit von SOMMER (1942)

die Unterlagen, dessen Anlage wir für unsere Zwecke modifizierten.

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Figur 4 : Schema der Messanlage

Legende: I Stickstoff (in Gasflasche)

U Stickstoff-Reinigung

III luftdicht verschliessbares Gefäss

IV eingeschliffene Elektroden ( Messketten)V Thermostat mit Magnetrührer

VI pH- bzw. mV-Meter

a) ArbeitsgangUm die verunreinigenden Gase aus dem Stickstoff zu entfernen, lassen wir

den N2 durch die WaschflUssigkeit bei A durchströmen, in welcher COg durch

die 20% NaOH-Lösung absorbiert wird. Aj dient als Abblasventil, in Hg mün¬

dend, um die Apparatur vor Ueberdruck zu schützen. Bei vorsichtiger Manipu¬lation am Reduzierventil der Bombe und um Hg-Dämpfe zu vermeiden, kann das

Ventil weggelassen werden. Das Aufsteigrohr zu A, wird dann am besten mit

einem Stopfen geschlossen oder zugeschmolzen.Von A gelangt das Gas in den Trocknungsturm B/C, durchströmt diesen und

den Heizturm D. B enthält blaues Silikagel, C gekörnten Natronkalk. Die Fül¬

lung des Heizturmes D besteht aus fein zerteiltem CuClg mit Kieselgur als Trä¬

germasse.Erhitzt man die Füllung auf 200° C, so wird sie vom sauerstofführenden Ng

oxydiert und dieser vom Sauerstoff befreit. Vom Heizturm D wird der N„ in die

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Figur 5 : Schema der Stickstoffgasreinigungsanlage(Legende dazu im Text; Masstab ca. 1:10) *

Ej zum Messgefäss

dreifach tubulierte Flasche E geblasen, wo er in alkalischer Pyrogallollösung(6Teile60<7o KOH und 1 Teil 25% wässrige Pyrogallollösung) eine Nachreini¬

gung erfährt.

Die Pyrogallollösung adsorbiert die noch verbliebenen Sauerstoffreste. E..

leitet den gereinigten N„ zum Messgefäss, während E„ das Gas zum Kontroll-

gefäss F bringt.

b) Spezielle Hinweise

A ist ein gewöhnlicher Kolben von 1500 ml Inhalt. Die Verbindung A/B wird

mit Kugelschliff bewerkstelligt. B/C sind durch konische Schliffe zusammenge¬halten. Ebenso besteht eine doppelte Glasschliffverbindung zwischen C/D. Der

Wasserabscheider D-, ist mittelst einer Schliffhülse auf D aufgesetzt. Ein Kugel¬schliff verbindet D-, mit E. Der eingeschliffene Pfropfen der Flasche E (1500 ml

Inhalt) ist dreifach tubuliert. Die Verbindung E-, mit dem Messgefäss und En

mit dem Kontrollgefäss sind ebenfalls mit Kugelschliffen gesichert.

• Sämtliche Glasbläserarbeiten wurden von A. Dumas, Zürich, ausgeführt.

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Der Heizturm D besteht aus einem 4 cm weiten und 75 cm hohen Pyrexglas-rohr, das mit einem Nickelinwiderstandsdraht von ca. 10 m Länge und 0,2 mm

Dicke (15 Ohm pro m) zick-zack-förmig umwickelt wird (der Draht ist spiral¬

förmig aufgerollt). Zwischen dem Wechselstromnetz (220 V und ca. 0,8 bis

0,9 Amp.) und dem Draht schalten wir einen Schieberwiderstand D2 mit 350

Ohm ein, der uns erlaubt, die Temperatur im Heizturm von 150 bis 240 ° C zu

regulieren. Gearbeitet wurde mit einer Temperatur von 200 °C. Diese wird nach

dem Einschalten innerhalb einer halben Stunde erreicht. Um den Heizturm herum

legten wir ein zweites 6 cm weites Pyrexglasrohr, das mit zwei Asbestringen D3am ersteren festgehalten wird.

Die Adsorptionsmasse (nach MEYER UND RONGE (1939) ) :

250 g CuClg. 2HOH werden in 2000 ml Wasser gelöst, 250 g Kieselgur (Infu¬

sorienerde) zugegeben und unter starkem Rühren mit einer Lösung von 200 g

Natriumhydroxyd in 500 ml Wasser bei 60°C gefällt. Nach 10 Minuten wird die

Lösung in 10 Liter dest. Wasser gegossen. Nach dem Absetzen des Niederschlageswird das überstehende Wasser abgehebert. Der feuchte Niederschlag wird mit Hilfe

von Vakuum durch hydrophile Watte filtriert und der Filterrückstand in grosse Glas¬

schalen ca. 1 cm hoch verteilt. Die Masse wird nun bei ca. 100 °C vorgetrocknet,bis der "Kuchen" schnittfähig ist. Den "Kuchen" zerschneidet man nun mit Hilfe

eines Spatels in kleine Stücke von ca. 5x5 mm. Die Stücke werden bei 150 bis

160 °C nachgetrocknet bis sie einen bräunlichen Schimmer annehmen. Die so ge¬

trocknete Adsorptionsmasse wird nachträglich auf einem Drahtgeflecht vom Staube

befreit und nachher in den Heizturm eingefüllt.Reduktion der Adsorptionsmasse :

Durch den Heizturm D lassen wir gewöhnlichen Wasserstoff aus einer Bombe

in einer Menge von 2 bis 3 Blasen pro Sekunde strömen. Bei zu grossem Wasser¬

stoffstrom wird die CuCU-Kieselgurmasse überhitzt und leidet. Nach frühestens

10 Minuten wird der Heizdraht eingeschaltet (nicht vorher, um Knallgasexplosio¬nen zu vermeiden) und so lange in Betrieb belassen, bis sich die Masse dunkel¬

violett verfärbt. Die vollständige Reduktion dauert bis zu 8 Stunden und mehr.

Das bei der Reduktion entstehende Wasser kann beim Wasserabscheider Dj ab¬

gelassen werden.

Inbetriebnahme der Anlage :

Ist die Adsorptionsmasse genügend reduziert, so kann der Stickstoff durchge¬leitet werden. Die frisch reduzierte Masse genügt, um einen massigen Stickstoff¬

strom während 40 bis 50 Stunden zu reinigen. Eine gelbe Zone (oxydiertes Cu)kennzeichnet die Grenze zwischen oxydierter (verbrauchter) und reduzierter

(noch brauchbarer) Adsorptionsmasse.

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c) Kontrolle der Stickstoffreinheit (vgl. Fig. 5 und 6)

Es schien uns unumgänglich, das Stickstoffgas nach dem Verlassen der Appara¬

tur auf Sauerstoffreiheit zu prüfen. Die nachfolgende Einrichtung erlaubte uns

eine permanente Kontrolle auf Ab- bzw. Anwesenheit von Sauerstoffspuren im

Stickstoff. Der Nachweis auf Sauerstoff erfolgt direkt nachdem der N2 die Pyro-

gallollösung verlassen hat in einem Gärverschlussröhrchen F (Fig. 6), das sensi¬

bilisierte Methylenblaulösung enthält. Dieser Gasfluss wird dadurch erreicht, dass

man dem Gas den Weg zum Messgefäss bei Ej sperrt, ihm dafür E„ öffnet, der

nach F führt.

Figur 6 : Gärverschlussröhrchen F (ca. 3/8 nat. Grösse)

(nach WIKÉN & RICHARD (1954))

Als Testlösung wurde die sensibilisierte Methylenblaulösung nach FILDES UND

McINTOSH (siehe MEYER UND PIETSCHMANN (1939, S. 1538) verwendet.

Sie setzt sich wie folgt zusammen :

Methylenblau-Stammlösung : O.blo wässrige Methylenblaulösung "Merck"

Lösung A : 3 ml Methylenblaulösung (Stammlösung) + aqua dest. ad 100 ml

Lösung B : 3 ml n/10 NaOH + aqua dest. ad 100 ml

Lösung C : 6 g Glukose "Merck" + aqua dest. ad 100 ml + 1 Thymolkristallzur Konservierung.

(Ausgangslösungen sind kühl und dunkel aufzubewahren.)

Die Mischung gleicher Teile der Lösungen A, B und C ergibt die gebrauchs¬

fertige sensibilisierte Methylenblaulösung, von der etwa 2 bis 3 ml in das Gär¬

verschlussröhrchen F gebracht werden. (Die Mischung ist stets frisch herzustellen.)

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Während man den Stickstoff durch das Gärverschlussröhrchen bzw. durch die Me¬

thylenblaulösung blasen lässt, erhitzt man von aussen her die Methylenblaulösungmit einem Glycerinbad auf 150 °C. Wir ersetzten später das Glycerinbad durch

einen Bunsenbrenner. Nach 1 bis 2 Minuten entfärbt sich die Methylenblaulösungin "farbloses" Leukomethylenblau, als Folge der durch Alkali aktivierten reduk-

tiven Wirkung der Glukose. Das Glycerinbad bzw. der Bunsenbrenner wird ent¬

fernt und das Leukomethylenblau wird durch minimste Spuren Sauerstoff, die im

Stickstoff noch vorhanden sein könnten, reoxydiert, d.h. es wird wieder blau. Bei

Abwesenheit von Sauerstoff bleibt die Leukomethylenblaulösung hell, klar und

farblos. Eine gleiche Kontrollanordnung schlössen wir am Messgefäss an, um den

Grad der Sauerstoffreiheit der fremdbegasten, zu messenden Lösung (Milch) zu

eruieren.

2. Messgefäss (vgl. Fig. 4; III)

Das Messgefäss muss die zu messende Lösung aufnehmen, den luftdichten Ein¬

bau von Elektroden, Thermometer, Gasein- und -austrittstutzen gewährleisten.Um all diesen Anforderungen zu genügen, konstruierten wir ein zweiteiliges, run¬

des Gefäss aus Pyrexglas mit 7 Normalschliffhülsen im Gefässkopf. Der Gefäss-

rumpf weist einen Totalinhalt von 250 ml auf.

Figur 7: Das Messgefäss (ca. 1/4 nat. Grösse)

Schliffhülse { Schliffkern

Gefässkopf mit

7 Normalschliffen

Gefässrumpf

Die absolut dichte Verbindung zwischen Gefässkopf und Gefässrumpf wird durch

einen konischen Normalschliff gewährleistet.Sämtliche Teile, Elektroden (Messketten), Thermometer, Stutzen für den

N2- Ein- bzw. Austritt, verfügen über Glasschliffkerne, die mit den Glasschliff-

hülsen des Gefässkopfes gasdicht abschliessen. Fig. 8 zeigt das messbereite Ge¬

fäss schematisch, im Schnitt.

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Figur 8: Schema des messbereiten Messgefässes (Längsschnitt)

Messkette 1

Messkette 2

in Glas einge¬schmolzener Rühret

Gärverschlussröhrchen

mit sensibilisierter MB-

Lösung ( zugleich Blasen¬

anzeiger )

Um die Messtemperatur konstant halten bzw. variieren zu können, stellten

wir das Messgefäss in ein doppelwandiges Wasserbad, welches von einem Umlauf¬

thermostaten reguliert wird. Dieser Umlaufthermostat mit Kontaktthermometer

erreicht eine Temperaturkonstanz von mindestens t 0,5°C.Mit Hilfe eines elektrischen Magnetrührers, dessen Motor stufenlos regulier¬

bar ist, liess sich das Messgut rühren. Das Messgefäss, im Wasserbad stehend, wurde

auf den Magnetrührer aufgesetzt. Als RUhrer dienten 50 mm lange, 4 mm dicke

in Glas eingeschmolzene Eisenstäbchen.

3. Messgerät (Potentiometer, pH- Meter; vgl. Fig. 4; VI)

Das Messgerät für Potentialbestimmungen muss erhöhten Anforderungen ge¬

nügen, indem es neben pH-Werten auch Millivolte registrieren kann. Um Polari¬

sationen zu vermeiden, hat die Messung möglichst stromlos zu geschehen.Das für unsere Messungen in Betrieb genommene pH-Meter wurde von der

Firma Polymetron A.G. in Zürich geliefert (Typ 41). Der Typ 41 ist ein modernes,

direktanzeigendes Quadrantinstrument, ausgerüstet mit einer Doppelskala mit pH -

und mV- Einteilung. Der Apparat misst praktisch stromlos, beträgt doch der Git¬

terstrom nur max. 10"12 Amp.. Das Instrument ist gegen die oft im Stromnetz

auftretenden Frequenzschwankungen recht gut stabilisiert. Die garantierte Mess¬

genauigkeit beträgt t 0,05 pH-Einheiten und t 5 mV, was der Genauigkeit

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des Weston-Elementes entspricht. Am Instrument lassen sich zwei Messketten an-

schliessen. Eine einfache Umschaltung ermöglicht eine Simultanmessung. Durch

diese Mehrleistung erhält man auf elegante Art und Weise eine Doppelbestim¬

mung, die eine Sicherung der gemessenen Werte bedeutet.

4. Elektroden (vgl. Fig. 4; IV)

Unter dem Reduktions-Potential verstehen wir das Potential, das zwischen

dem System und einer unangreifbaren Elektrode auftritt. Die Messung ist nur dann

möglich, wenn wir eine Bezugselektrode mit unveränderlichem Potential zu Hil¬

fe nehmen.

Für unsere Messungen benutzten wir nicht die sehr empfindliche Wasserstoff¬

elektrode, sondern eine blanke Platinelektrode als unangreifbare Elektrode und

als Bezugselektrode eine KCl-Kalomelelektrode. Die Vereinigung dieser beiden

Elektroden zu einer stromleitenden Messkette geschah in unserm Falle durch

Zwischenschalten von gesättigter KCl-Lösung unter Verwendung feinster poröser

Scheidewände. Dank dieser Scheidewände (Diaphragmen) können die sonst üb¬

lichen und in altern Arbeiten stets erwähnten KCl-Agar-Heber-Brücken umgangen

werden.

a) KCl-Kalomelelektrode (Bezugselektrode)Wir wählten die sich in der Praxis bestens bewährte gesättigte KCl-Ka¬

lomelelektrode. *

Die Trennung der Messlösung und der KCl-Kalomellösung wird durch ein

Diaphragma erreicht. Dieses besteht bei den einen Elektroden aus porösen Ton¬

pfropfen, bei den andern aus Asbestfäden.

Diese KCl-Kalomel-Bezugselektrode zeigt gegen die Normalwasserstoffelek-

trode ein nur von der Temperatur abhängiges Potential (E„ ). Da Hg edler als

Wasserstoff ist, resultiert eine positive Potentialdifferenz, die umso kleiner wird,

je grösser die Konzentration der KCl-Lösung ist.

E beträgt bei 18°C für:

n/10 KCl-Kalomelelektrode : + 338,0 mV

n/1 " " "

s + 286,5 mV

ges." " "

: + 250,3 mV

Die folgende Tabelle orientiert über die Temperaturabhängigkeit des Potentiales

der gesättigten KCl-Kalomelelektrode gegen die Normalwasserstoffelektrode ge¬

messen.

* Lieferanten der KCl-Kalomelelektroden:

Polymetron A.G. Zürich und Metrohm A.G. Herisau

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Tabelle 2: EK * als Funktion der Temperatur

(nach DOLE (1947) und KORDATZKI (1949))

Temp. EKal Temp. EKal Temp. EKal

in C in mV in °C in mV in °C in mV

10 256,0 18 250,3 37 242,0

11 255,3 19 249,5 40 233,4

12 254,6 20 248,8 50 226,3

13 253,9 21 248,2 60 219,8

14 253,2 22 247,5 70 212,3

15 252,5 23 246,8 80 204,6

16 251,7 24 246,3 90 196,6

17 250,9 25 245,8 100 188,4

Bei Messungen bis zu etwa 25 °C bleibt das System Hg^Clp/KCl der Bezugs¬elektrode unbeschränkt lange stabil und sein Potential ist demnach gleichbleibendund reproduzierbar.

Bei Messungen bei erhöhter Temperatur, 50°C und darüber, beobachteten wir

im Laufe der Zeit eine positive Potentialzunahme der KCl-Kalomelelektrode. Die

Ursache dieser Erscheinung ist uns nicht bekannt. In der Literatur findet man über

dieses Phänomen keine Angaben. In einer noch unveröffentlichten Studie machte

INGOLD (1955) eine ähnliche Beobachtung. Um solche Unsicherheiten auszu-

schliessen, sind wiederholte Messungen in Eichlösungen durchzuführen (vgl. Ab¬

schnitt Eichung).Die Reinigung der KCl-Kalomelelektrode, vor jeder Messung, erfolgte gründ¬

lichst mit dest. Wasser und Watte.

Wichtig ist, dass die Elektrode gesättigte KCl-Lösung enthält und zwar auch

dann, wenn bei höheren Temperaturen gemessen wird. Die KCl-Kalomelelektrode

wird, um Konzentrationsverluste zu vermeiden, zwischen den Messungen am

besten mit der Spitze in gesättigte KCl-Lösung getaucht.

b) Platinelektrode

Als klassische Redox-Elektrode gilt die blanke Platinelektrode. Daneben kön¬

nen aber auch für praktische Messungen Goldelektroden Verwendung finden.

FRAZIER UND WHITTIER (1931), LONGSWORTH UND MAC INNES (1936),DAVIS (1938), BELL (1948) und andere benutzten mit Erfolg für ihre Potential¬

messungen in Milch und andern Nährsubstraten Goldelektroden. WILSON (1935)

untersuchte für Milch beide Edelmetallelektroden (Au und Pt) und fand die Platin-

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elektrode geeigneter. Zum gleichen Resultat gelangten SAAL UND HEUKELOM

(1946).

Wir arbeiteten nur mit der b 1 anken Platinelektrode und vernach¬

lässigten bewusst die Goldelektrode und die platinierte (mit Platinmohr überzo¬

gene) Metallelektrode.

Für die Messung einfacher, klar definierter Redox-Systeme spielen Material,Form, Grösse und Vorgeschichte der Elektroden kaum eine Rolle. In

Fällen dagegen, wo sich die Potentiale schlecht oder nur sehr langsam einstellen,

wie z.B. in physiologischen Lösungen, sind diese Angaben von ausserordentlich

grosser Wichtigkeit. Wir versuchten deshalb diese schwer verständliche Tatsache

abzuklären. Um die Beschreibung zu vereinfachen, sollen vorerst die in der Praxis

gebräuchlichsten Platinelektroden schematisch dargestellt werden.

Figur 9: Platinelektroden, Aufbau und Typen (ca. 3/8 nat. Grösse)

~fe

P

=5"/

Legende:

A = Kontaktkabel a * Plättchen-Elektrode

B = Glasschliffkern b = Draht-Elektrode

C = Cu-Draht c = Spiraldraht-ElektrodeD = Lötstelle d = Netz-oder Gitter-Elek

E = Einschmelzstelle trode

G = Glasmantel

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Da die Platinelektroden in den aus der Literatur bekannten Arbeiten in Grösse

und Form stark variieren, sei vorerst eine tabellarische Uebersicht dieser Daten

gegeben. Es handelt sich dabei nur um Platinelektroden, die zu Potentialmes¬

sungen in biologischen Lösungen Verwendung fanden.

Tabelle 3 : Grösse und Form der zu Potentialmessungen in biologischenLösungen verwendeten Platinelektroden

Autoren Platinelektroden-Typen Ausmass, Oberfläche

Martini (1933) Draht-Elektrode ca. 5 cm lang, 0 0,35 mm

Wilson (1935) Draht-Elektrode ca. 5 cm lang, 0 0,5 mm

Longsworth und

Mac Innes (1936)Plättchen-Elektrode 1 qcm

Webb und Kombinierte Draht- 5 cm langer Draht,

Hileman (1937)'

Plättchen-Elektrode Plättchen : 7 qcm

Swanson und Analog Webb und Analog Webb und

Sommer (1940) Hileman Hileman

Reed und Orr (1943) Draht-Elektrode ca. 3 cm lang, 0 0,4 mm

Krauss (1950) Spiraldraht-Elektrode ca. 3 cm lang, 0 0,6 mm

Aus dieser Mannigfaltigkeit geht hervor, dass es scheinbar keine nach Form

und Grösse definierte Optimal-Platinelektrode gibt. Wir prüften vorerst eine Draht-

Elektrode und verschiedene Plättchen-Elektroden (vgl. Fig. 9; a undb), die

wir mit den gesättigten KCl-Kalomel-Bezugselektroden zu Messketten verbanden,

um-in Milch Vergleichsmessungen durchzuführen.

Ueber Form und Grösse der von uns geprüften Platinelektroden orientiert

Tabelle 4.

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Tabelle 4 : Grösse und Form der Platinelektroden für die

Vergleichsmessungen in Milch

Pt-Elektroden- Durchm. Länge Seite Wirksame Ober¬

Typen in mm in mm in mm fläche in mm

Draht-Elektrode 0.8 5 - 13

Plättch.-El. 1 - 7 3 42

Plättch.-El. 2 - - 8,5 145

Plättch.-El. 3 - - 12,2 290

Diese Prüfung ergab, dass die Plättchen-Elektrode 2 die Potentiale gegenübersämtlichen andern Elektroden am raschesten registrierte. Am langsamsten rea¬

gierte die Draht-Elektrode. Interessant war, dass die Plättchenelektrode 3 die

Endpotentiale um einige mV negativer lieferte als die übrigen Elektroden. Die

Plättchen-Elektioden 2 und 3 registrierten die Endpotentiale auf 1 3 mV ge¬nau übereinstimmend. Die Betonung liegt auf Endpotential, denn die Werte zwei¬

er Messketten können, wie auch WILSON (1935) beobachtete, im Anfang der

Messung um einige mV (20 bis 40) auseinanderliegen, gleichen sich aber gegenEnde der Messung wieder an.

Wir benutzten deshalb für unsere Hauptversuche nur noch Platinelektroden mit

einer minimalen wirksamen Oberfläche von 145 qmm, d.h. quadratische Plätt¬

chen mit einer Seite von mindestens 8,5 mm. KORDATZKI (1949) schlägt in

diesem Zusammenhang ganz allgemein Platinelektroden vor, die mindestens 100

qmm wirksame Oberfläche aufweisen. Noch grössere Oberflächen sollen das Po¬

tential zuverlässiger registrieren. Eine Polarisation trete weniger leicht auf.

WARD (1938) machte Vergleichsmessungen in bakteriologischen Nährlösungenmit Platinelektroden in Federspitz-, Spiraldraht-, Netz-und Plattchenform, wo¬

bei sich die Potentiale verschiedener Elektroden in gleicher Lösung über 100 mV

unterschieden.

Weiter stellte er mit uns fest, dass alle Elektroden, unabhängig von Form und

Grösse, in einfachen, klar definierten Redox-Systemen das Potential sehr genau

übereinstimmend registrieren.Ein weiterer wichtiger Faktor stellt die Reinigung der Platinelektroden dar.

Die Reinigung der Platinelektroden kann entweder chemisch, physikalisch oder

chemisch-physikalisch (kombiniert) durchgeführt werden.

Bei der chemischen Reinigung wird die Platinelektrode in geeignete kalte,heisse oder kochende Lösungen von dest. Wasser, Alkohol, Aether, Laugen oder

Säuren etc. eingetaucht.

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Unter physikalischer Reinigung kommt praktisch nur das Ausglühen der'Platin¬

elektrode in Frage. Es ist aber nicht gleichgültig, mit was für einer Flamme das

Ausglühen vorgenommen wird. Bei der Verwendung einer Leuchtgasflamme (re¬

duzierende Flamme) können im Platingitter Punkte unüberprüfbar aktiviert wer¬

den, die nachträglich oxydieren und die Messung fälschen. Weniger gefährlichsind oxydierende Flammen (Alkoholflamme).

Me die nachfolgende Tabelle zu zeigen vermag, existiert auch in der Lite¬

ratur in Bezug auf Elektrodenreinigung keine einheitliche Methode, jeder Forscher

reinigte seine Platinelektroden nach seinem Gutdünken.

Unter die chemisch-physikalische Reinigung fallen alle möglichen Kombina¬

tionen der beiden oben erwähnten Reinigungsarten. •

Tabelle 5 : Reinigungsarten von Platinelektroden, die nachträglichzu Potentialmessungen in Milch benutzt wurden, nach

Angaben verschiedener Autoren

Autoren Hauptreinigung NachreinigungZusätzliche

Reinigung

Martini (1933) Kochendes dest. Glühen in Al¬ keine

Wasser koholflamme

Wilson (1935) Heisse Chrom-

Schwefelsäure

Dest. Wasser keine

Webb und Chrom - Dest. Wasser keine

Hileman(1937) Schwefelsäure

Swanson und Kochende Tri- Heisse Chrom - Dest.

Sommer (1940) natriumphosph.-

Lösung

Schwefelsäure Wasser

Hartman, Garret Kochende 1:1 Dest. Wasser keine

und Button (1943) verd. HNCLO

Krauss (1950) Heisse Chrom- Dest. Wasser, VerbringenSchwefelsäure glühen in Al¬ in Alkohol-

koholflamme Luft-Atmos-

phäre

Mr sind an Hand von Versuchen (vgl. Tab. 6) und Beobachtungen zur Ueber-

zeugung gekommen, dass eine rein chemische Reinigungsmethode den übrigen

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Reinigungsarten vorzuziehen ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass unkontrollierbare

Veränderungen im Platin auftreten, ist bei der chemischen Reinigung am klein¬

sten.

Tabelle 6 : Zusammenstellung der von uns durchgeführten Reinigungsartender Platinelektroden

Reini¬

gungs-

art

Dest. HÖH HNOn-Bad Alkohol- Chrom-Heiss-

luft-

trock-

tiung

Glühen in

(65%) Bad(967o) H2S04-Bad* Alkohol-

flamme

Gas¬

flammekalt koch. kalt koch kalt koch. kalt heiss

A 1 - - - - - - - 2 - -

B 1 - - - -• - - - 2 - 3

C 1 4 - - - - - - 2 - 3

D 1 - - - 4 - - - 2 - 3

E - 1/3 - - - - - - - - 2

F 1 - - - - - - - 2 3 -

G 2 - - - - - - - 3 4 -

H 2 - - - 1 - - - 3 - 4

I 1 - - - - 2 - - 3 - -

K 1 3 - 2 - - - - 4 - -

L 2 - 1 - - - - - 3 - -

M 2 - - 1 - -- - 3 - -

N 1/5 - - - - - 2/4 3 - - -

Bemerkungen: Die Zahlen in der Kolonne geben die Reihenfolge der Reini¬

gungsprozesse wieder ; z.B.: Reinigungsart E = Die Platin¬

elektrode wurde vorerst in kochendes dest. Wasser gestellt,dann in der Gasflamme geglüht und nochmals in kochendes

dest. Wasser gestellt.* Chromschwefelsäure: Schwefelsäure pro analysi,

d = 1,84 = 95-97<7° Schwefel¬

säure mit Kaliumbichromat warm

gesättigt (8 - 10<7o K2Cr 07)

Die besten Resultate, d.h. Potentialwerte, die sich in ihrer Reproduzierbar¬keit in zulässigen Grenzen bewegten, erreichten wir nur mit den chemischen

Reinigungsmethoden der Platinelektroden. Nach zahlreichen Vorversuchen rei¬

nigten wir die Platinelektroden vor der Messung wie folgt:Die Platinelektrode wird bis zu 2/3 ihrer Gesamtlänge in das kalte Chrom-

Schwefelsäurebad (Zusammensetzung s. Tab. 6 unten) getaucht. Die Lösung

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wird nun langsam mit einem Bunsenbrenner auf 150 C erhitzt und anschlies¬

send auf 50 °C heruntergekühlt. Darauf wird die Elektrode mit kaltem dest. Was¬

ser abgespritzt und während mindestens 15 Minuten in kaltem, frisch dest. Wasser

gewässert. Nunmehr ist die Platinelektrode zur Messung bereit.

Zwischen den Messungen stellten wir die Platineleknoden in dest. Wasser.

Im Zusammenhang mit der Reinigung der Platinelektroden sei auf eine weite¬

re Fehlerquelle hingewiesen. Es betrifft dies die Konstruktion der Platinelektrode

(vgl. Fig. 9). Der Platindraht wird durch den Glasmantel nach aussen geführt.An der Durchführungsstelle (Einschmelzstelle) Platin/Glas entstehen gerne mik¬

roskopisch kleine Risse, wo sich Lösungen und Lösungsmittel aller Art ansammeln

können. Elektroden mit solchen, oft unsichtbaren Defekten, liefern Resultate aus

ein und derselben Messlösung, die bis zu 200 mV auseinanderliegen können.

Solche Elektroden sind unbrauchbar und durch neue zu ersetzen. WEBB UND

HILEMAN (1937), BÖTTGER (1939), KORDATZKI (1949) und HEWITT (1950)

erwähnen ebenfalls diese Erscheinung.

5. Eichen der Apparatur

Bevor wir mit Messversuchen in Milch begannen, galt es die Elektroden und

das Potentiometer mit Hilfe von 5 Pufferlösungen (pH-Werte: 4,00 / 5,00 /

6,00/7,20/8,00), die mit Chinhydron gesättigt wurden, zu prüfen. Das Po¬

tential dieser Messlösung bestimmten wir mit den speziell gereinigten Platin- und

KCl-Kalomelelektroden. Das so gemessene Potential einer Chin-

hydronelektrode stellt das Redox-Potential von Chinhydronin Abhängigkeit vom pH der Messlösung dar.

Die gemessenen Werte wurden mit den theoretischen, die sich auf Grund der

u454,1 - 0,03(t - 18°C) - E

Formel : pH=

57 7 + 0 2 (t - 18°C)errechnen lassen, verglichen.

(Siehe Tabellensammlung KORDATZKI (1949) und CHEMISTRY AND PHYSICS

(1952).)

Die Resultate der ersten Eichversuche waren unbefriedigend. Wir fanden den

Fehler bei den Elektroden. Eine einfache Kontrolle, wie sie auch RENTSCHLER

UND TANNER (1952) vorschlagen, erlaubte uns, künftig die brauchbaren Elek¬

troden von den fehlerhaften zu unterscheiden. Zwei Platinelektroden werden zu

einer Messkette verbunden und in ein und dieselbe Messlösung eingetaucht. Bei

dieser Schaltung darf natürlich kein Strom fliessen. Fliesst dennoch ein Strom,

so sind die Elektroden von neuem zu reinigen oder zu ersetzen, bis kein Potential

mehr auftritt. Analog verfährt man mit den KCl-Kalomelelektroden. Bei diesen

liegt oft der Fehler in der ungenügenden Sättigung der KCl-Lösung. Es ist deshalb

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empfehlenswert, einen kleinen Ueberschuss (Bodenkörper) an festem KCl in die

Elektrode einzubringen.Tab. 7 zeigt die Gegenüberstellung der gemessenen mit den theoretischen

Werten, die wir mit einwandfreier Messkette und Apparatur erhielten.

Tabelle 7 : Potentiale der Chinhydronelektrode in Abhängigkeit vom pH

(Theoretische und gemessene Werte (Eichwerte))

pH der Mess¬

lösung (25 °C)

Theoret.

Wert in mV

Gemessener

Wert m mVJ mV

4,00 + 217,4 + 219,0 + 1,6

5,00 + 158,3 + 165,0 + 6,7

6,00 + 99,2 + 100,0 + 0,8

7,20 + 28,3 + 29,0 + 0,7

8.00 - 19,0 - 19,0 t 0,0

Solche Eichmessungen müssen von Zeit zu Zeit unbedingt wiederholt

werden; denn sie sind das alleinige Mittel, Potentiometer und Elektroden-Mess¬

ketten unter Kontrolle zu bringen.

6. Gesamtbild der Messanlage

Figur 10: Foto der von uns konstruierten Messanlage

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C. DURCHFÜHRUNG ANAEROBER REDUKTIONS-POTENTIALMESSUNGEN

1. Arbeitsgang

Nach langen Vorversuchen gelangten wir schlussendlich zu folgendem Ver¬

fahren :

Das gut vorgereinigte Messgefäss wird mit 68% Alkohol und sterilem Wasser

gründlich nachgereinigt. Mit einer kleinen Menge Messlösung wird das Gefäss

ausgespült. Jetzt werden 100 bis 120 ml des Messgutes in das Gefäss eingegossen,der Rührstab eingelegt, der Gefässrumpf mit dem Gefässkopf geschlossen, und das

Ganze wird ins Wasserbad zu gewünschter Temperatur gestellt. Das elektromagne¬tische Rührwerk wird sofort in Betrieb genommen. Nun werden die gereinigtenKCl-Kalomelelektroden, die Stickstoff- Ein- und -Ausleitung und das Thermo¬

meter eingesetzt. Sämtliche Glasschliffe werden mit Silikon-Fett behandelt.

Hat die zu messende Lösung die gewünschte Temperatur erreicht, so führt

man die gereinigten Platinelektroden in das Messgefäss ein und schliesst sie mit

den KCl-Kalomelelektroden am Potentiometer an. Nach genau drei Minuten

bestimmten wir einen ersten Wert, den wir Nullwert oder aerober Wert

nennen. Sofort nach dem Ablesen des Nullwertes lassen wir das Messgut mit dem

absolut reinen, vorgeprUften Stickstoff durchblasen und schliessen das Gärverschluss-

röhrchen mit der sensibilisierten Methylenblaulösung ans Messgefäss an. Nach fünf

Minuten, dann alle zehn Minuten, vom Beginn der Fremdbegasung an gerechnet

(nach 8-12 Minuten streng anaerobe Verhältnisse), lesen wir die Werte am Potentio¬

meter ab, bis eine Potentialkonstanz eintritt, die sich über mindestens 40 Minuten

erhält. Die beiden Daten, Potential und Zeit, ergeben grafisch dargestellt ein für

das Messgut charakteristisches Diagramm (anaerobe Reduktions-Potentialkurve).

Wohl richtiger wäre die Bestimmung des ersten Wertes unter anaeroben Be¬

dingungen, doch ist der Moment der vollständigen Anaerobie messtechnisch

nicht genügend genau realisierbar. An der Bestimmung des Nullwertes wurde auch

deshalb festgehalten, weil dadurch ein Startpunkt für die Reduktions-Potentialkur-

ven von reproduzierbarer Grösse gewonnen wird. Zudem ist der Nullwert ein in

der Literatur oft angeführter Wert.

Um photodynamische Effekte, wie sie insbesondere WHITEHEAD (1930) und

MARTINI (1933) beobachteten, auszuschliessen, deckten wir während den Mess¬

ungen das Messgefäss mit einem lichtundurchlässigen Tuch zu.

2. Spezielle Bemerkungen

Bei den Elektroden ist darauf zu achten, dass Plättchen und Einschmelzstell,e

vollständig in das Messgut eingetaucht werden. Um die Fremdbegasung unter

Kontrolle zu bringen, wurde ein "Wohlgroth" 4-Kammer-Gasometer (Umlauf-

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kapazität 1000 ml) zwischengeschaltet. 60 bis 80 ml Stickstoff pro Minute be¬

freite Messgut und Messgefäss innert 8 bis 12 Minuten vollständig vom Sauerstoff.

Nachher drosselten wir den N2-Strom auf etwa 30 bis 40 ml pro Minute.

WILSON (1935) arbeitete mit 300 ml pro Minute während der ersten halben

Stunde der Messung und reduzierte dann auf 120 bis 140 ml pro Minute. KRAUSS

(1950) liess während der ganzen Messung 10 ml pro Minute durchblasen. Diese

Mengen sind untereinander nicht streng vergleichbar, da in jedem Fall die Mess¬

gutmengen und die Grösse der Messgefässe verschieden waren.

Die von uns gewählte Gasmenge ergab sich aus zahlreichen Vorversuchen.

Die Zeitspanne, die vom ersten abgelesenen Wert (Nullwert) bis zur

vollständigen Anaerobie verstreicht, wird in den folgenden Kurvenbildern als

gestrichelte Linie wiedergegeben.In der Folge werden nachstehende Abkürzungen verwendet:

RP = Reduktions-Potential (e)

RPK s Reduktions-Potentialkurve (n)

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IV. EXPERIMENTELLER TEIL

A. ANAEROBE REDUKTIONS-POTENTIALKURVEN ALS FUNKTION

DER MESSTEMPERATUR

Für die ersten Vorversuche wählten wir eine bakterienarme Milch und später

aseptisch gefasste Milch mit Keimzahlen unter 50 je ml.

Bei einer Messtemperatur von 25°C zeigte sich ein äusserst schleichender

Potentialabfall. Die Erhöhung der Messtemperatur auf 37 °, 45°und 50° C hatte

folgenden, in Fig. 11 dargestellten Effekt.

Aus Fig. 11 geht hervor, dass anaerobe RPK nur unter sich verglichen werden

können, wenn sie unter gleichen Temperaturbedingungen entstanden sind. Die

bei 50 °C gemessenen Kurven zeigen einen Fall recht guter Reproduzierbarkeit.

Gelegentlich liegen die Kurven zu Beginn der Messung, wie bereits früher er¬

wähnt, stärker auseinander, gleichen sich aber gegen das Messende wieder an.

Diese Abhängigkeit des Potentialabfalles in Milch von der Messtemperaturwurde auch von CLARK, COHEN UND GIBBS (1925) und BURUIANA (1932,

1950) beobachtet. Andere Forscher fanden diesen Einfluss auf kolorimetrischem

Weg.Werden die Werte aus der Literatur mit den unsrigen verglichen, stellt man

eine recht gute Uebereinstimmung fest. BURTON (1955) fand bei 20°C nach

300 Minuten noch keine Potentialkonstanz, THORNTON UND HASTINGS (1929),

WILSON (1935), TWIGG (1937) und HOBBS (1939) fanden eine solche bei 37

bis 38° C nach 120 bis 210 Minuten. BURUIANA (1932) erreichte bei seinen

Messungen bei 42 C nach 90 Minuten, bei 65 C nach 75 Minuten und SAAL

UND HEUKELOM (1946) bei 40°C nach 120 Minuten den Endwert, d.h. eine

Potentialkonstanz. Nur KRAUSS (1950) macht keine Temperaturangaben.Diesen Thermoeffekt versuchten wir auszunützen, denn je schneller eine

Messung, in einer labilen Lösung wie Milch, zu Ende geführt werden kann, umso

leichter lässt sich die bakterielle Reduktion ausschalten. Eine Bakterienvermehrunginnert 2 bis 3 Stunden bei einer Temperatur von 50 °C ist nicht feststellbar. Da

zudem diese Temperatur die Milchbestandteile nicht beeinflusst, wählten wir

als Messtemperatur für unsere künftigen Versuche 50° C.

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Figur 11 : Anaerobe RPK als Funktion der Messtemperatur.

( Aseptisch gefasste Milch aus ein und demselben

Euterviertel; Keimgehalt unter 50/ml)

mV

Legende :

37 °C

*• Min.

50

NoMess-

temp.pH

Fett-

001 10° 6.55 2.*8

1 u 25° 6,55 2,6- mv III 37° 6,55 2.1E

,IV 45° 6,50 3,2

V 50° 6.50 2,9

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B. ANAEROBE REDUKTIONS-POTENTIALE VON ASEPTISCH GEFASSTER

MILCH UND VORZUGSMILCH

Wir waren bestrebt, die Untersuchungen mit möglichst keimarmer Milch

durchzuführen.

WILSON (1935) arbeitete mit Milch, die weniger Keime als 100/ml ent¬

hielt, und HOBBS (1939) machte Potentialmessungen mit Milch von durch¬

schnittlich 280 Keimen/ml.

Für unsere Untersuchungen gelangte die Milch zweier Kühe, die der schweize¬

rischen Braunviehrasse angehören und die in voller Laktation stunden, zur An¬

wendung.Die aseptische Milchgewinnung erfolgte stets an ein und demselben Euterviertel,

das vor der Milchentnahme mit 6870 Alkohol äusserlich desinfiziert wurde. Mit

einem sterilen Katheter, welcher in Verbindung mit einer sterilen Flasche stund,

konnten jeweils 400 bis 500 ml Milch entnommen werden.

Die Potentialmessungen wurden innerhalb 120 Minuten nach der Gewinnung

durchgeführt.Die Gesamtkeimzahlen dieser aseptisch gefassten Milchproben bewegten sich

in folgenden Grössenordnungen :

Tabelle 8 : Gesamtkeimzahlen aseptisch gefasster Milchproben

KuhEuter¬

viertelAnz. Proben

Gesamtkeimzahlen / ml

Mittel Max. Min.

Gräfin

Spiegel

h.r.

h.r.

18

23

14

196

25

400

5

45

Von den aseptisch gefassten Milchproben gelangten deren 6 der Kuh "Gräfin"

und deren 14 der Kuh "Spiegel" zur anaeroben RP-Messung.Die wichtigsten Daten sind in den Tabellen 9 und 10 zusammengefasst.

46

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Tabelle 9: Nullwerte und anaerobe RP aseptisch gefasster Milch (Milch der

Kuh "Gräfin", roh, mini. Keimgehalt ; 15/ml; Messtemp. ; 50 C)

En- Werte in mV

pH Fett-"7cNullwert

(aerob. Wert)

anaerob. RP

(Grenzpotential)

+ 261

+ 271

+ 278

+ 274

+ 316

+ 196

- 176

- 172

- 169

- 170

- 182

- 189

6,50

6,50

6,50

6,45

6,55

6,50

2,30

3,60

3,60

2,90

3,50

8,30

Mittel: + 266 - 176 6,45-6,55 2,30-8,30

Tabelle 10: Nullwerte und anaerobe RP aseptisch gefasster Milch (Milch der Kuh

"Spiegel", roh, mittl. Keimgehalt: 185/ml; Messtemp.: 50°C)

E.- Werte in mV

pH Fett-<7°Nullwert anaerob. RP

+ 226

+ 266

+ 290

+ 290

+ 288

+ 296

+ 300

+ 330

+ 340

+ 320*

+ 340

+ 330

+ 310

+ 300

- 189

- 177

- 169

- 207

- 190

- 190

- 194

- 202

- 201

- 192

- 202

- 175

- 199

- 187

6,50

6,60

6,60

6,55

6.50

6,55

6,55

6,50

6,50

6,55

6,55

6,55

6,50

6,55

2,30

3,60

2,40

6,00

3,65

3,85

4,10

4,10

4,10

3,00

3,00

3,15

3,15

3,15

Mittel: + 302 - 191 6,56-6,60 2,30-6,00

Die Mittel der Nullwerte und der anaeroben RP der beiden aseptisch gefassten

Milchproben, grafisch gegen die Zeit dargestellt, ergeben die anaeroben RPK in

Fig. 12.

47

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Figur 12 : Nullwerte und anaerobe RPK aseptisch gefasster Milch

(Mittelwerte; Messtemp. : 50°C)

+ nIV

+ 300t

+ 250 A \

\ *

\ »

= Milch der Kuh "Gräfin"

,= Milch der Kuh "Spiegel"

+ 200

+ 150

+ 100.

+ 50.

+0

30 \ \ 60 90 120 150 180

- 50

- 100.

- 150.

\r

—.

pH = 6.50

- 200.

pH = 6,55

->. Min.

- mV

E

Die beiden Milchproben unterscheiden sich praktisch nur darin, dass die

anaeroben RP um 15 mV auseinanderliegen. Dieser Unterschied ist als klein zu

bewerten, liegen doch die anaeroben RP der zu verschiedenen Zeiten gewonnenenMilchproben aus ein und demselben Euterviertel z.T. weiter auseinander.

Aehnliche Schwankungen von Kuh zu Kuh und von Melkakt zu Melkakt werden

auch von HOBBS (1939) erwähnt.

Die anaeroben RP aseptisch gefasster Milchproben werden von BURUIANA (1932)mit ca. - 180 mV, von WILSON (1935) mit ca. -200 mV und HOBBS (1939) mit

ca. -190 mV angegeben. Unsere Untersuchungen ergaben Werte von im Mittel

-176 bis - 191 mV. Das anaerobe RP keimarmer roher Kuhmilch

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kann demnach mit einem E, -Wert von - 180 t 20 mV cha¬

rakterisiert werden. E. - Werte anderer Milcharten sind uns nicht bekannt.

Das tiefe anaerobe RP macht es verständlich, dass aseptisch gefasste Milch unter

anaeroben Bedingungen in der Lage ist, Methylenblau zu entfärben; liegt doch

der Farbumschlag von Methylenblau bei pH 6,6 im Bereich von etwa E, + 20 mV.

Nach dem Kurvenverlauf in Fig. 12, müsste sich somit zugesetztes Methylenblaunach ca. 40 Minuten entfärbt haben. Nach unsern Beobachtungen trat die Ent¬

färbung nach 53 Minuten ein. Die Verzögerung dürfte auf die Ueberdosierung des

Farbstoffes zurückzuführen sein, da wir ihn nicht in Minimalkonzentration, son¬

dern in einer Menge, wie er für die Reduktaseprobe vorgeschrieben'ist, zusetzten.

(Nach RITTER (1951) 3,2 Gamma Methylenblau-Chlorid pro ml Milch.)

BURRI UND KÜRSTEINER (1912) und BARTHEL (1917) entdeckten als erste

diese "anaerobe" Reduktionskraft der Milch. BURRI UND KÜRSTEINER formu¬

lierten aber ihre Beobachtungen nicht sehr konkret. Sie stellten zudem eine der

Milch eigene Reduktase, wie auch die Existenz von nicht zu den Enzymen ge¬

hörenden reduzierenden Milchbestandteilen in Abrede. Diese Theorie wird aber

nicht mit aller Schärfe aufrechterhalten, indem sie gewissen Zellen eine reduzie¬

rende Wirkung zusprechen. Da ihnen keine aseptisch gefasste Milch zur Verfügungstand, versetzten sie gewöhnliche, offene rohe Milch mit mehr oder weniger ge¬

eigneten Aseptika und untersuchten die nun so keimfrei gemachten Milchprobenauf ihr Reduziervermögen mit Methylenblau.

Trotzdem unsere Milchproben äusserst keimarm waren, interessierte es uns,

ob eventuell doch ein Einfluss der Bakterien auf das anaerobe RP feststellbar sei.

Um diese Frage abzuklären, gingen wir von zwei Ueberlegungen aus:

a) Wenn die von uns bestimmten Bakterienmengen keinen Einfluss auf das anaero¬

be RP der Milch ausüben, so müssen sich diese keimarmen Milchproben gleichverhalten, wie Milchproben die mit pH - und redoxneutralen Aseptika ver¬

setzt wurden.

b) Beeinflussen diese Bakterienmengen das anaerobe RP, so müssen keimreichere

Milchproben gegenüber keimarmen bzw. keimfreien einen andern Potential¬

verlauf zeigen.

Um die unter a) gemachte Ueberlegung möglichst umfassend zu prüfen, be¬

nützten wir für den Vorversuch die kolorimetrische Potentialbestimmung. Zur An¬

wendung gelangte Methylenblau in einer Menge von 3,2 Gamma Methylenblau-Chlorid pro ml Milch.

Wir konstruierten ein vergrössertes Modell des auf Fig. 6 abgebildeten Gär-

verschlussröhrchens mit einem Totalinhalt von 15 ml. Das Röhrchen wurde bei

E„ (s. Fig. 5) an die Stickstoffreinigungsanlage mittelst eines Kugelschliffes an-

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gehängt und in ein Wasserbad von gewünschter Temperatur gestellt. Es wurden

jeweils 10 ml Milch mit 0,25 ml Standard-Methylenblaulösung versetzt, den

vorgereinigten, sauerstoffreien Stickstoff durchgeblasen und die Entfärbungszeit

festgehalten. Diese Messtechnik unterscheidet sich von der potentiometrischen

dadurch, dass die Zeit festgehalten wird, bis eine bestimmte Potentialstufe er¬

reicht ist. Es wird nicht zugewartet, bis sich ein konstantes Potential einstellt.

Für die Keimfreimachung der Milchproben fielen von vorne herein Aseptikawie Kaliumbichromat, Quecksilberchlorid wegen ihrer oxydierenden Wirkung,

Formaldehyd (Formalin) wegen der Schardinger-Reaktion, Perhydrol wegen der

Katalase, Säuren und Basen wegen ihrer pH-Beeinflussung ausser Betracht. In

engere Wahl kamen deshalb nur noch Thymol, Phenol und Chloroform. Da sich

Thymol neben andern Lösungsmitteln nur in Chloroform gut löst (360 g pro 100

ml bei 20°C), dagegen in Milch und Wasser ausserordentlich schlecht (0,08 g

pro 100 ml bei 20°C), zogen wir das reine Chloroform einer Thymol-Chloro¬

form-Mischung vor.

Um die Milch vollständig keimfrei zu kriegen, waren Dosen von 4 bis 5%

Phenol oder 10% Chloroform nötig. Diese Konzentrationen beeinflussten das pHder Milch kaum registrierbar, bewirkten aber nach längerer Einwirkungsdauereine Eiweissflockung.

Aseptisch gefasste Milch, mit einem Keimgehalt von 150 Keimen/ml,

einem pH von 6,50 und einem Fettgehalt von 3,8% wurde mit verschiedenen

Aseptika behandelt (Tab. 11).

Tabelle 11 : Methylenblau-Reduktion verschieden behandelter,

aseptisch gefasster Milch

Atmosph.

Bedingungen

Milch

in ml

MB in

mlAseptika

Messtemp.in °C

MB- Entfärbungszeit

Aerob

Aerob

Anaerob

Anaerob

Anaerob

10

10

10

10

10

0,25

0,25

0,25

0,25

0,25

Chlorof.

10%

Phenol

1%

Chlorof.

10%

37,5

37,5

50,0

50,0

50,0

nach 22-24h +

50 Tagen -

nach 50-70 Min.+

240"

+

"

60-105 Min.+

MB = Methylenblau

50

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Tab. .11 zeigt, dass durch Zusatz von Chloroform zu roher Milch die Me¬

thylenblau-Reduktion eine Verzögerung erfährt. Dieselbe verdoppelt sich bei

Zusatz von Phenol. Die Feststellung aber, dass Milch mit Phenol und Chloroform

keimfrei gemacht noch in der Lage ist, Methylenblau unter anaeroben Bedingungenzu entfärben, steht im Widerspruch mit der Behauptung von JENSEN (1937). Nach

seiner Ansicht zeigt eine mit Phenol oder Chloroform behandelte Milch unter

anaeroben Bedingungen bei 38 °C keine Methylenblau-Reduktion mehr.

Wir versetzten deshalb eine aseptisch gefasste Milchprobe mit 10 "Jo Chloro¬

form, fügten Methylenblau zu und beobachteten unter anaeroben Bedingungenbei 37,5°C eine Entfärbungszeit von 105 Minuten. Die Ursache dés scheinbaren

Widerspruchs liegt nach unserer Meinung bei der ungenügenden Reinigung des von

JENSEN zur Fremdbegasung verwandten Wasserstoffs. Dieser enthält nach der Rei¬

nigung noch soviel Sauerstoff, dass eine Methylenblau-Reduktion gar nicht ein¬

treten kann.

Aus diesem Versuch geht hervor, dass bei unsern Messbe¬

dingungen und bei keimarmen Milchen die Bakterien das der

Milch eigene Reduktions-Vermögen nicht beeinflussen.

Zu dieser Ansicht gelangte auch WILSON (1935), obwohl er dies nur aus der

anaeroben Methylenblau-Reduktion keimarmer Milch schloss. In diesem Zu¬

sammenhang sei auf die Arbeit von JACKSON (1936) hingewiesen, der beobach¬

tete, dass eine anaerob, aseptisch gefasste Milch in der Lage ist, zuge¬

setztes Methylenblau innert weniger Minuten zu entfärben. Aus JACKSON's und

unserer Beobachtung liesse sich folgender Gedanke, der uns später noch beschäfti¬

gen wird, ableiten: Das der Milch eigene (originäre oder native) Reduzier-Ver-

mögen ist im Euter vermutlich sehr wirksam, wird dann aber durch den Kontakt

mit dem Luftsauerstoff beim Melken und beim nachträglichen Transport durch

irreversible Oxydation teilweise geschwächt.In Ergänzung zu diesen Versuchen soll nun noch abgeklärt werden, wie unter

b) statuiert, ob ein höherer Keimgehalt in der Lage ist, das anaerobe RP der

Milch zu beeinflussen.

Zu diesem Zweck wählten wir eine Mischmilch (Vorzugsmilch), deren Keim¬

gehalt zwischen 500 und 8000 Keimen/ml schwankte. Die zur Messung gelangtenMilchproben waren durchschnittlich 12 bis 18 Stunden alt. Für diese Versuchserie

wurde die potentiometrische Untersuchungstechnik angewandt. Als Vergleich und

Kontrolle wurde eine Milchprobe mit 10% Chloroform versetzt und in ihr eben¬

falls das anaerobe RP bestimmt.

Die Resultate von 18 Vorzugsmilchproben finden sich in Tab. 12.

51

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Tabelle 12: Nullwerte und anaerobe RP in Vorzugsmilch (Milch roh,

mittl. Keimgehalt: 815/ml; Messtemp. : 50°C)

E. - Werte in mV

pH Fett'!-I/oi

ilNullwert anaerob. RP

+ 280

+ 300

+ 300

+ 286

+ 286

+ 283

+ 281

+ 286

+ 280

+ 291

+ 291

+ 288

+ 296

+ 300

+ 285

+ 290

+ 286

+ 290

- 174

- 168

- 180

- 164

- 170

- 170

- 170

- 174

- 167

- 168

- 170

- 160

- 154

- 164

- 160

- 170

- 174

- 160

6,55

6,55

6,58

6,55

6,60

6,60

6,60

6,58

6,58

6,59

6,58

6,60

6.50

6,53

6,54

6,53

6,51

6,65

4,10

2,80

4,00

4,20ii

4,40

4,10

4,10

3,80

3,95

3,95

4,io3,90

3,90

3.90

3,85

3,60

3,75

3,60

Mittel: + 289 - 168 6,51-6,65 2,80jU,40

'

Die Mittelwerte aller Messungen der 18 Vorzugsmilchproben, der 20 aseptisch

gefassten Milchproben und der Vorzugsmilchprobe mit 10% Chloroform ergeben

folgende Kurvenbilder (Fig. 13).

Die drei Kurven unterscheiden sich in ihren Endpotentialen nicht nennenswert.

Dagegen sind die Potentialabläufe bis zum Erreichen der Grenzpotentiale zeitlich

verschoben. Eine Tatsache, die bereits mit der kolorimetrischen Methode für ein

ganz bestimmtes Potential (Potential der Methylenblau-Reduktion) zu beobachten

war. Auch an diesem Beispiel zeigt sich deutlich, dass das Chloroform auf den

Potentialablauf hemmend wirkt. Trotzdem wird aber ungefähr das gleich tiefe

Grenzpotential der übrigen Milchproben erreicht. Daraus geht hervor, dass der

Einfluss der Keimgehalte, wie sie die Vorzugsmilchproben laufwiesen, bei be¬

schriebener Messanordnung kaum erkennbar ist.

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Figur 13 : Nullwerte und anaerobe RPK aseptisch gefasster Milch,

Vorzugsmilch und Vorzugsmilch mit 10% Chloroform

(Mittelwerte; Messtemp. : 50 C)

*->—•—• = A sept, gefasste Milch ( Mittel aus Flg. 12 )

» Vorzugsmilch-• = Vorzugsmilch + lO^ Chloroform

».Min.

Vergleichen wir die Vorzugsmilch (enthält ca. 6 mal mehr Keime) mit der

aseptisch gefassten Milch, so weist die Erstere einen flacheren Potentialkurven¬

verlauf auf als die Letztere. Der Grund dafür liegt nach unserer Meinung im in¬

tensiveren Kontakt der Milch mit dem Luftsauerstoff, was einen flacheren anaero¬

ben RPK-Verlauf zur Folge hat. Diese Behauptung wurde durch weitere Versuche

erhärtet: Aseptisch gefasste Milch wurde innerhalb 2 Stunden und nach Ablauf

von 18 Stunden nach der Gewinnung untersucht. Die älteren Milchproben zeigten

gegenüber den frisch untersuchten Proben stets weniger steile anaerobe RPK.

Der Vergleich unserer anaeroben RP der Vorzugsmilch mit denjenigen aus der

Literatur zeigt z.T. eine recht gute Uebereinstimmung. THORNTON UND

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HASTINGS (1929), TWIGG (1937) und SAAL UND HEUKELOM (1946) stellten

in roher Vollmilch anaerobe RP fest, die zwischen - 180 und - 190 mV liegen.Die beiden letztgenannten Autoren untersuchten vor allem die aeroben RP

in Milch. Ihre Nullwerte variieren von + 180 bis + 380 mV (im Mittel: +270

mV) und stimmen ebenfalls mit den unsem recht gut überein. Nur KRAUSS (1950)

findet, dass der anaerobe Potentialabfall direkt im Zusammenhang mit der Bak¬

terienzahl stehe. Er bestimmte in Milch mit 500 bis 1500 Keimen/ ml eine Po¬

tentialkonstanz bei E, + 300 mV. Dieses Potential wäre für aerobe Bedingungenrecht glaubhaft, doch schreibt KRAUSS wortlich: "Bei solchen Proben (mit 500

bis 1500 Keimen/ml) ändert sich das Potential auch nicht,1' wenn nach der Ein¬

stelldauer von 10 Minuten durch Einleiten von Stickstoff der Sauerstoff aus der

Milch verdrangt wurde." Erst Milchproben mit 50 000 bis 300 000 Keimen/ ml

zeigen nach KRAUSS den uns bekannten Potentialabfall, der bei - 190 mV endet.

Unsere Versuche ergaben im Gegensatz zu KRAUSS, dass auch in den

keimreicheren Vorzugsmilchproben das anaerobe RP bei vor¬

liegender Untersuchungstechnik von den originären Milch¬

bestandteilen gebildet wird.

C. ANAEROBES REDUKTIONS-POTENTIAL VON KOLOSTRUMMILCH

Da sich die Kolostrummilch in ihrer Zusammensetzung .von der Normalmilch

stark unterscheidet, interessierte es uns, das anaerobe RP der Kolostrummilch zu

bestimmen.

Eine Gegenüberstellung von Normalmilch und Kolostrummilch zeigt Tabelle

13.

Tabelle 13 : Zusammensetzung von Normal - und Kolostrummilch

(Mittelwerte des Kolostrums nach SCHULZ (1952) )li

Normale Vollmilchii

Kolostrummilch

Dichte 1,032 j1,044Wasser 87,5 °/o 79,6 <#>

Trockenmasse 12,5 <7o 20,4 <y0

Fett 3.8 <7o 6,8 %

Zucker 4.8 °Jo 2.7 °!o

Kasein 2,5 % 3,5 %

Albumin und Globulin 0,7 % 6,5 %

Asche 0,7 °]o 0,9 %

pH 6,4-6,8 6,2 - 6,4

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Die untersuchten Kolostrummilchproben wurden 18 und 90 Stunden nach dem

Kalben aseptisch gewonnen. Der Fettgehalt betrug Q,^. Diese Milch entfärbte

die Standardkonzentration von Methylenblau (10 ml Milch + 0,25 ml Methylen¬blau) unter anaeroben Bedingungen bei 50 °C innerhalb von 5 Minuten. (Nor¬

male aseptisch gefasste Milch benötigt dazu 50 - 70 Minuten.)

Die Milch enthielt 600 Keime/ml und wies einen pH-Wert von 6,30 auf. Der

Potentialablauf war äusserst steil und blieb bei - 220 mV stehen, einer Potential-

tiefe, wie wir sie in normaler Milch noch nie registrierten.Kolostrummilch unterscheidet sich somit im anaeroben

RP von reifer Milch deutlich.

D. BEEINFLUSSUNG DER ANAEROBEN REDUKTIONS-POTENTIALE IN MILCH

DURCH ANWENDUNG VON HITZE

1. Allgemeines

Da durch Hitzeeinwirkung auf Milch sich reduzierende Substanzen bilden kön¬

nen, wurde festzustellen versucht, ob sich dieselben im anaeroben RP auswirken.

In der Literatur findet man zahlreiche Arbeiten, die sich mit der Bildung von

reduzierenden Substanzen in Milch auseinandersetzen. Die allerwenigsten be¬

nützen als Nachweis eine potentiometrische Methode.

SCHULZ (1954) erwähnt 18 Autoren, die den Nachweis hitzegebildeter, re¬

duzierender Substanzen mit Nitroprussid, Dichlorphenolindophenol, Thiamin-

disulfid, Ferricyanid und Porphyrexid erbringen. Schon BURRI UND KÜRSTEINER

(1912) befassten sich mit solchen Erscheinungen. SCHWARZ (1929) fasst das

Reduziervermögen sterilisierter Milch gegenüber Methylenblau wie folgt zusam¬

men: An der Reduktion sind Spaltungsprodukte des Milchzuckers von aldehyd¬

artigem Charakter sowie Zersetzungsprodukte von Milcheiweisskörpern und unter

denen vor allem der Schwefelwasserstoff beteiligt.Nach TAMMISTO (1949) erhält erhitzte Milch einen Kochgeschmack, der

von der Zersetzung schwefelhaltiger Verbindungen herrührt. Diese Schwefelver¬

bindungen enthalten die charakteristischen -SH- Gruppen, die reduzierende Eigen¬schaften besitzen. Beim Pasteurisieren der Milch im Plattenpasteur sollen umso

mehr reduzierende Stoffe gebildet werden, je höher die angewandte Temperaturund je länger die Verweildauer ist. TAMMISTO pasteurisierte bei 80 bis 92 °C

während 3 und 20 Sekunden.

TOWNLEY UND GOULD (1943) bestimmten quantitativ die durch Hitze aus

Milch entstandenen flüchtigen Schwefelverbindungen. Temperaturen zwischen

90 und 95° C und Verweilzeiten von 60 Minuten sollen eine maximale Bildung

flüchtiger Schwefelverbindungen bewirken. Wird die Temperatur über 100° C

55

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gesteigert, so nimmt die Bildung ab und bei 126, 3 °C während 30 Minuten sind

flüchtige S-Verbindungen nicht mehr nachweisbar.

SAAL UND HEUKELOM (1946) beschäftigten sich ebenfalls mit diesem

Problem. Sie bestimmten die reduzierenden, durch Hitze gebildeten Substanzen

mit Hilfe aerober Potentiale auf potentiometrischem Weg.

2. Einfluss der Pasteurisation und des Kochens

Da keine wesentlichen Unterschiede in Bezug auf das anaerobe RP zwischen

aseptisch gefasster und Vorzugsmilch bestehen, wählten wir für künftige Versuche

die Vorzugsmilch.Für die ersten Versuche wurde die Milch in offenen Bechergläsern erhitzt und

mit einem Glasstab gerührt. Nach Erreichen der gewünschten Erhitzungstemperaturund Verweildauer wurde die Milch mit kaltem Wasser bis auf 30 bis 40° C abge¬kühlt und anschliessend im Messgefäss auf die bereits beschriebene Art und Weise

auf ihr anaerobes RP untersucht. Wir waren uns bewusst, dass die originären wie

die eventuell gebildeten, reduzierenden Substanzen durch den Kontakt mit dem

Luftsauerstoff teilweise der Oxydation anheim fallen könnten.

Ausgedehntere Messungen dieser Art findet man in der Literatur nicht. Nur

WILSON (1935) und TWIGG (1937) machten einige Angaben darüber. Eine Dar¬

stellung der in der Literatur gefundenen Werte mit den unsrigen enthält Tabelle 14.

Tabelle 14 : Nullwerte und anaerobe RP pasteurisierter und gekochterVorzugsmilch (Literatur-Werte und eigene)

Autoren

Mess-

temp.

in°C

Erhitzungsd.

pHFett

in%

MB-Entfärb.

anaer. Beding.in Min.

Zeit

in Min.

Temp.in°C

Nullw. anaer. RP

Wilson 37 30 63 + 300 + 100 6.4 3.6 nach 420

(1935)37 30 85 f 125 t 30 6,4 3.6 nach 420

37 30 100 - - 6,4 3.6 nach 90 +

Twigg 37 30 63 + 280 + 100 -- -- keine vollst.

(1937)bis

+ 150

Reduktion

Eigene 50 30 63 + 281 - 160 6,5-6.6 4,0-4.1 90-150 +

Ver¬ 50 1/4 72 284 - 168 6,5-6,6 3,8-3,9 90-150 +

suche 50 1 86 + 284 - 70 6,5-6,6 3.9-4,4 150-160 +

50 30 85 + 270 - 63 6.5-6,6 4.4 --

50 1-10 100 + 275 - 76 6,5-6,6 4.1-4,3 105-125 +

50* 1/2 84 + 206 - 112 6,48 3.9-4,1 .-

50« bis.85*

+ 210 - 110 bis

6,50

3,9-4.1 --

37" 30 63 + 300 - 60 6.45 4,0 nach 215 +

*) Die Erhitzungen erfolgten unter anaeroben Bedingungen") Hier wurde das anaerobe RP nach einer Messzeit von 330 Minuten

bestimmt, da sich das Potential noch nicht konstant verhielt.

56

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Das RPK-Bild, wie es WILSON (1935) wiedergibt, zeigt für pasteurisierteMilch (30 '/63°C) nach 5 Stunden Messzeit bei 37 C noch kein konstantes

Potential. Auch wir fanden bei gleich behandelter Milch unter gleichen Bedin¬

gungen einen ausserordentlich langsamen Potentialabfall, der aber nach 51/2

Stunden ein negatives Potential annahm. Eine Potentialkonstanz trat auch bei

uns nicht ein. Dagegen entfärbte sich das Methylenblau, was WILSON nicht

beobachten konnte. Es ist wahrscheinlich, dass er nach Ausdehnung der Messzeit

tiefere Potentiale gefunden hätte (vgl. Fig. 14).

Figur 14 : .Nullwerte und anaerobe RPK pasteurisierter Vollmilch

(Pasteurisierungsdaten: 30 Minuten bei 63°C)

Kurve nach WILSON (1035); Messtemp. : 37 C

Unsere Kurve s Messtemp. : 37° C

Unsere Kurve; deiche Milch wie oben;

Messtemp. : 50 C

Min.

mV

Auch hier wirkt sich die höhere Messtemperatur von 50 C beschleunigendaus. Aus diesem Grunde können die Kurven nicht miteinander verglichen werden.

57

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Das der frischen, rohen Milch eigene tiefe anaerobe RP wird durch die Pasteu¬

risierung geschwächt, indem die Erhitzung unter Luftzutritt reduzierende Substan¬

zen zerstört oder deren Oxydation fördert, so dass diese nicht mehr voll und ganz

zur Wirkung gelangen. Das anaerobe RP wird später erreicht und hat nicht die

Tiefe von unbehandelter Milch.

Erhitzt man Milch über 80 C, so tritt dieser Effekt deutlicher in Erscheinung.Das anaerobe RP liegt um 80 bis 100 mV höher als dasjenige unerhitzter oder un¬

ter 80 C erhitzter Milch. An diesem Potentialanstieg scheint sich die Zerstörung

des originären Reduktions-Systems und die Oxydation reduzierender Substanzen

in ungefähr gleichem Masse zu beteiligen. Um dies zu zeigen, erhitzten wir Vor¬

zugsmilchproben in 0„-freier Atmosphäre. Die Milch wurde unter N_ -Fremdbe¬

gasung im Messgefäss mit Hilfe des Wasserbades auf 84 bis 85 °C erhitzt, augen¬

blicklich abgekühlt und gemessen. Eine Oxydation war somit ausgeschlossen. Das

anaerobe RP lag um nur 40 bis 50 mV höher als in roher Milch (vgl. Fig. 14).

Dieser geringere Potentialanstieg ist somit die Folge einer Teilzerstörung redu¬

zierender Substanzen.

Eine Gegenüberstellung dieser Erscheinungen zeigt Tabelle 15.

Tabelle 15: Anaerobe RP roher und erhitzter Milchproben,

sowie deren Differenzen zueinander.

Erhitzungsdatenanaerob. RP

in mV

A zum anaerob. RP

roher Milch in

mV

Frische, rohe Milch (unerhitzt)

Milch unter aeroben Bedingungen

(02-Zutritt) über 80 °C erhitzt

Milch unter anaeroben Bedingun¬

gen (O -Ausschluss) über 80°C

erhitzt

ca. - 170

ca. - 70

ca. - 115

+ 0

ca. - 100

ca. - 55

58

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3. Einfluss des Sterilisierens und des Uperisierens•

Unter dem Einfluss hoher Temperaturen auf die Milch, insbesondere beim

Sterilisieren, bilden sich reduzierende Substanzen. Wie stark sich diese Bildungauf das anaerobe RP auswirkt, sei hier näher untersucht.

Wir autoklavierten ca. 400 ml Vorzugsmilch in Pyrex-Steilbrustflaschen. Zur

genauen Temperaturkontrolle setzten wir den Probeflaschen Maxima-Minima-

Thermometer ein. Die gleichzeitig untersuchte, uperisierte Milch (UP-Milch)stellte uns die Herstellerfirma (Berner Alpenmilchgesellschaft) zur Verfügung.

Die Resultate sind in Tabelle 16 festgehalten.

Tabelle 16 : Nullwerte und anaerobe RP sterilisierter und uperisierter

Vorzugsmilch (Literatur-Werte und eigene)

Autoren

Mess-

temp.

in°C

Erhitzungsdat.Eh -Werte in mV

pHFett

in%

MB-Entf.

anaer. Be -

dingung.in Min.

Bemer¬

kungenZeit

In Min.

Temp,in°C Nullw. anaer. RP

Wilson 37 30 120 -- - 50 6,22 3,6 innert •

(1935) 30 +

Eigene 50 15 106 + 300 - 76 6,40 3,9 135 +

Ver¬ 50 30 108 + 310 - 74 6,40 4,0 145 + ••

suche 50 15 112 + 305 - 84 6,40 3,3 135 +

50 12 116 + 301 - 120 6,40 3,8 6 +

50 15 133 + 290 - 100 6,38 3,9 10 +

50 30 133 + 290 - 113 6,35 4,5 3 +

50 15 137 + 290 - 104 6-, 33 3,3 6 +

50 30 137 + 290 - 105 6,35 2.9 3 +

50 - 80/150 + 226 - 95 6.50 2,8 --

SO -- 80/150 + 230 - 100 6.50 2.6 100

* Milch braun verfärbt, karamelisiert** Starker Kochgeschmack der Milch, keine Bräunung*** Milch unansehlich braun verfärbt, karamelisiert

S Uperisierte Milch

* Definition der Uperisation: Uperisation ist ein kontinuierliches

Kurzzeit-Hocherhitzungs-Verfahren, wobei die Milch durch direkte Injektionvon gereinigtem Dampf unter hohem Druck sterilisiert wird.

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Die Grenzpotentiale verhalten sich im Temperaturbereich von 80 bis 112 C

oder allgemeiner gesagt von 80 °C bis zur augenfälligen Bräunung der Milch

ziemlich gleich (vgl. Tab. 14 und 16). Wird die Milch bis zur Bräunung er¬

hitzt, so tritt sprunghaft ein um 20 bis 40 mV tieferes Potential auf. Dieser Sprungerkennt man noch deutlicher an der plötzlichen, ausserordentlichen Verkürzungder Methylenblau-Reduktionszeit. Diese Erscheinung ist nicht anders zu deuten,

als dass zusätzlich gebildete reduzierende Substanzen das Potential erniedrigen.Es spielen sich zwei gegeneinander gerichtete Prozesse ab. Die Hocherhitzung(über 112 C) der Milch bewirkt einerseits eine Teilzerstörung oder Oxydationder ursprünglich reduzierenden Substanzen, andrerseits eine Neubildung solcher.

Der erste Prozess hat die Tendenz das Potential zu erhöhen, während der zweite

das Potential erniedrigt. Möglicherweise spielen sich diese Prozesse auch bei

tieferen Temperaturen (80 bis 112°C) ab, jedoch ist der potentialerhöhendeFaktor (Zerstörung, Oxydation reduzierender Substanzen) gegenüber dem po¬

tentialerniedrigenden Faktor (Neubildung reduzierender Substanzen) in grösseremMasse an der Gesamtpotentialbildung beteiligt.

Die UP-Milch zeigt ein weniger tiefes anaerobes RP als die durch Hitze ge¬

bräunte Milch. Es liegt jedoch tiefer als dasjenige der auf 80 bis 112 °C erhitzten

Milch.

Summarisch sei über die Beeinflussung des anaeroben RP der Milch durch Hitze¬

einwirkung festgehalten, dass unsere Resultate z.T. in einem Widerspruch mit den¬

jenigen aus der Literatur stehen. Wohl bilden sich durch Anwendung höherer Tem¬

peraturen in Milch reduzierende Substanzen, die aber die teilweise Zerstörung des

originären Reduktions-Vermögens, durch die Erhitzung, nicht ausgleichen.

E. ZUSAMMENHANG ZWISCHEN ANAEROBEM REDUKTIONS-POTENTIAL

UND OXYDATIONSWIDERSTAND DER MILCH

Werden die verschieden behandelten Milchproben nach ihren anaeroben RP

eingeteilt, so erhält man folgende Rangordnung:

mittl. anaerobe RP

in mV

1 ) Rohe Milch - 180

2) Pasteurisierte Milch

(30V63°C ; 15"/72°C) - 160

3) Sterilisierte Milch (gebräunteMilch; über 112°C erhitzt) - 110

4) Uperisierte Milch - 96

5) Gekochte Milch und Milch von

80 °C bis zur Bräunung erhitzt - 76

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Wenn man nun annimmt, dass das tiefste anaerobe RP der Milch den grössten

Oxydationswiderstand verleiht, so stehen diese Angaben in einem Widerspruchzu denjenigen von RITTER (1949). WALSER (1954) stellt eine nach Oxydations¬widerstand geordnete Rangliste auf, die wie folgt aussieht:

Oxydationswiderstand

1 ) Rohe Milch sehr stark

2 ) Uperisierte Milch stark

3) Pasteurisierte Milch (30V63-65°C) schwach

4) Gekochte Milch sehr schwach

( Sterilisierte Milch hat WALSER nicht untersucht)

Die beiden Aufstellungen unterscheiden sich lediglich in der Rangfolge von

uperisierter und pasteurisierter Milch. Da jedoch die uperisierte Milch homo¬

genisiert ist, pasteurisierte dagegen nicht, und die Homogenisation nach WALSER

(1954), ROSS (1937) und THURSTON, BROWN UND DUSTMAN (1936) den

Oxydationswiderstand wesentlich verstärkt, ist ein Vergleich nicht statthaft, zu¬

mal wir den Einfluss der Homogenisation auf das anaerobe RP nicht kennen.

Möglicherweise ist der Homogenisationseffekt stärker ins Gewicht fallend als der¬

jenige der Erhitzung.

F. EINFLUSS VERSCHIEDENER MILCHBESTANDTEILE AUF DAS ANAEROBE

REDUKTIONS-POTENTIAL DER MILCH

1. Allgemeines

Es wurde versucht, einzelne Milchfraktionen herzustellen, um daraus wo¬

möglich zu ersehen, welche Faktoren das anaerobe RP der Milch bedingen.Bei dieser Fraktionierung musste vor allem darauf geachtet werden, dass die

Abtrennung der Substanzen möglichst auf mechanisch-physikalischem Wege er¬

folgte, um nicht durch Chemikalien das Potential zu beeinflussen. Insbesondere

war auch der Kontakt mit oxydierenden oder katalytisch aktiv wirkenden Metallen

(Cu, Fe etc. ) zu vermeiden.

Es gelangten im Vergleich zu Vollmilch folgende Milchfraktionen zur Unter¬

suchung :

1) Magermilch2) Molke

3) Fettfreie Molke

4) Milchserum

61

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Zudem wurde der Einfluss nachstehender Einzelbestandteile im Besonderen

geprüft :

1) Cystein

2) Beta-Laktoglobulin

3) Vitamin C

4) Vitamin B25) Enzyme (Schardinger-Enzym, Katalase, Peroxydase)

2. Einfluss des Fettes

Wir entrahmten sowohl aseptisch gefasste Milch wie Vorzugsmilch. (Je 4 Pro¬

begläser mit 15 ml Milch wurden während 10 Minuten bei 3000 bis 5000 T/Mi¬

nute in einer Klein-Winkelzentrifuge geschleudert, und die Magermilch wurde

unterhalb dem verdichteten Rahmpfropfen herauspipettiert. )

Die anaeroben RP so gewonnener Magermilchproben werden in Tabelle 17

mit denjenigen aus der Literatur verglichen.

Tabelle 17 : Nullwerte und anaerobe RP verschiedener Magermilchproben(Literatur-Werte und eigene)

Autoren

Mess-

temp.

in°C

Fett

In*

E^ - Werte in mV

pH

MB-Entfärb.

anaer. Bedin¬

gung, in h

BemerkungenNullw. anaer. RP

WÏ hon

(1935)

37 0,05 + 300 - 130 6,40 nach 12 - Magermilch aus

asept. gef. Milch

Twigg(1937)

37 0.1 •» 300 - 130 - -- -

Krauss

(1950)•- -- + 320 - 180 -- -- Wahrscheinl. st.

infiz. Ma-Milch

EigeneVersuche

50

50

50

50«

0.03

0,05

0,05

Spur.

+ 286

+ 293

+ 288

+ 298

- 144

- 142

- 146

- 144

6.35

6,56

6,51

6.47

nach 5 -

Magermilch aus

asept. gef. Milch

Magermilch aus

Vorzugsmilch; Keim-

gehalt: 500-1000/ml

* Diese Vorzugsmilch wurde ultrazentnfugiert

62

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Der Potentialablauf der Magermilch ist demjenigen der Vollmilch nicht sehr

verschieden, doch wird das Grenzpotential zeitlich später erreicht. Was die

Tiefe des anaeroben RP anbetrifft, so ist zu sagen, dass

dieses gegenüber der Vollmilch um durchschnittlich 30-40

mV höher liegt. WILSON (1935) und TWIGG (1937) finden hier ähnliche

Werte.

Interessant ist die Tatsache, dass Magermilch nicht mehr in der Lage ist, die

bekannte Standardkonzentration an Methylenblau innert nützlicher Frist unter

anaeroben Bedingungen zu entfärben. Diese Beobachtung machte auch WILSON

(1935). Ob die Ursache auf Faktoren zurückzuführen ist, die ans Fett oder an

die Fetthülle gebunden sind /Schardinger-Enzym (vgl. SCHWARZ (1929a),

WILSON (1935) und BURUIANA (1950)), FetthUlleneiweiss (vgl. WILSON (1935)

und HEWITT (1950))/ soll später noch geprüft werden. Durch kurzes Aufkochen

der Magermilch in offenen Gefässen steigt das anaerobe RP, ähnlich wie bei der

Vollmilch, um rund 80 mV an, d.h. auf einen Eß-Wert von - 64 mV. Die unter

Vollmilch angeführten Ursachen für einen Potentialanstieg beim Erhitzen scheinen

auch hier Gültigkeit zu haben.

3. Einfluss des Eiweisses (Kasein)

Um den Einfluss des Kaseins auf das anaerobe RP kennen zu lernen, musste

Molke gewonnen werden.

Nach verschiedenen Vorversuchen entschlossen wir uns für die Fällung des

Kaseins mit Lab.

Die Herstellung der Molke gestaltete sich wie folgt :

Ca. 800 ml der Vorzugsmilchproben wurden in einem Becherglas auf 33°C er¬

wärmt und mit 1 ml Labextrakt (pH = 6,48; Grenzpotential bei pH 6,48 und

50°C = + 6 mV) zum Gerinnen gebracht. Die Gallerte wurde mit einem Glas¬

stab zerschnitten und die austretende Molke durch sterile, hydrophile Watte fil¬

triert und sofort gemessen.

Die Resultate enthält Tabelle 18.

Die anaeroben RPK wie die Grenzpotentiale der Molke sind mit denjenigender Vollmilch als gleichwertig zu bezeichnen. Auch entfärbt die Molke die

Standarkonzentration an Methylenblau unter anaeroben Verhältnissen innert 90

Minuten. Aus diesen Daten folgt der Schluss, dass das Kasein am anaero¬

ben RP nicht beteiligt ist.

Die Literatur liefert nur einen Anhaltspunkt. KRAUSS (1950) bestimmte für

Molke einen ähnlichen Potentialverlauf. Er zieht daraus den Schluss, dass der

Verlauf des Reduktions-Potentials vom absoluten Fett- und Eiweissgehalt der Milch

unabhängig ist. Wir teilen diese Auffassung, soweit es das Kasein betrifft. Erhitzt

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Tabelle 18: Nullwerte und anaerobe RP von Molke

(Messtemp. : 50°C)

Eu- Werte in mV

Fett-% pH BemerkungenNullw. anaerob. RP

+ 273

+ 283

+ 276

+ 282

+ 278

+ 296

+ 261

+ 260

- 175

- 172

- 168

- 174

- 164

- 163

- 174

- 174

0,40

0,35

0,35

0,35

0,30

0,35

0,60

0,50

6,50

6,50

6,51

6,53

6,41

6,35

6,48

6,50

Keimgehalt aller

Proben: 500-2000/ml;

MB -Entfärbungszeit :

Anaerob. Bedingungen,

Messtemp.: 50 C :

durchschnittlich

nach 90 Minuten +

Mittel:+ 276 - 171 0,35-0,60 6,35-6,53

man Molke auf Kochtemperatur, so steigt ihr nachträglich gemessenes, anaerobes

RP auf einen E,-Wert von rund - 50 mV. Auch hier ist eine Analogie zur Voll-

und Magermilch festzustellen.

Die untersuchten Molkenproben wiesen einen Fettgehalt von 0,35 bis 0,60°/o

auf. Wurde nunmehr fettfreie Molke (Fett-°/o: 0,02 bis 0,05) aus aseptisch ge-fasster "Magermilch" hergestellt, so zeigte diese praktisch das gleiche Grenz¬

potential wie Magermilch. Methylenblau wird von fettfreier Molke unter anaero¬

ben Bedingungen bei 50 C innert 300 Minuten nicht entfärbt.

Wir fassen zusammen:

Molke verhält sich im anaeroben RP gleich wie Vollmilch,

fettfreie Molke ähnlich wie Magermilch.

4. Einfluss des Albumins und des Globulins

Wir versuchten nun Albumin und Globulin aus der Molke zu entfernen. An eine

Fällung mit Chemikalien war wegen unkontrollierbaren Aenderungen des Systemsnicht zu denken. Die Ausscheidung dieser Eiweisstoffe hatte somit auf physika¬lischem Wege zu erfolgen. Es fehlte uns ein Dialysierapparat, so dass wir uns an

die Filtration halten mussten.

SCHLAEPPI (1928) gelang es, mit Hilfe eines selbst konstruierten Kieselgur¬filters, aus Magermilch ein klares Milchserum herzustellen. ALLEMANN (1938)arbeitete mit Seitz-Filtern und erhielt nach wiederholter Filtration ein vollständigdurchsichtiges Milchserum mit folgender chemischer Zusammensetzung:Fett: O^o; Laktose: 4,5<7o; N2: 0,0670; Asche: 1,10<7<>. In der Folgehielten wir

uns ebenfalls an diese Methode.

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Figur 15: Seitz-Laboratoriums-Filtneranlage

Wir arbeiteten mit der auf Fig. 15 abgebildeten Filtneranlage, die der Typ-Grosse 14 (Nutzfilterflache 120 qcm) angehört. Wir prüften vorerst verschiedene

Cellulose-Asbestfilter (einfache Klarschichten bis zu den äusserst scharf filtrieren¬

den Entkeimungsschichten).Die ersten Vor versuche liessen erkennen, dass eine Vollmilchfiltration nicht

in Frage kommt. Das Fett verschlammt die Filterporen ausserordentlich rasch und

verunmoglicht eine weitere Filtration. Auch mit Magermilch war die Herstellungeines klaren Milchserums nicht möglich. Der einzige Weg, der zum Ziele führte,

war die Filtration von Molke durch EKS-2 Schichten, mit denen ein leicht grün¬

gelb opahszierendes, vollständig klar durchsichtiges Filtrat gewonnen werden

konnte. Dasselbe war trotz des vollständig hellen Aussehens nicht ganz eiweiss-

frei. Alkoholzusatz und Erhitzung riefen noch eine Trübung hervor. (Analysesiehe Tabelle 19).

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Tabelle 19: Analyse der Vorzugsmilch, der daraus hergestellten Molke

und des Milchserums

Vorzugsmilch MolkeMilchserum

(Filtrat der Molke)

Fett-<7o 3,25 0,4 0

Gesamt-N in mg% 674,5 190,5 145,5

Rest-N in mg°7o 50,8 52,2 49,2

Eiweiss-N in mg^o 623,7 138,3 96,3

Zucker in °]o 4,6 4,9 4,95

Säuregrad 7,2 4,4 3,5

pH 6,50 6,45 6,35

Das in seiner Zusammensetzung recht konstante Milchserum unterwarfen wir

der anaeroben RP-Messung. In Tabelle 20 sind die Resultate zusammengestellt.

Tabelle 20 : Nullwerte und anaerobe RP von Milchserum

(Mittl. Keimgehalt: 120/ml; Messtemp.: 50°C; Fett-^o: 0)

Ejj- Werte in mV

pH BemerkungenNullwert anaerob. RP

+ 266

+ 280

+ 276

+ 280

+ 264

+ 260

+ 52

+ 73

+ 56

+ 50

+ 46

+ 46

6,30

6,30

6,26

6,32

6,38

6,39

Keine MB-Entfärbg.weder unter aerob.

noch anaeroben

Bedingungen

Mittel: + 271 + 54 6,26-6,39

Eine Gegenüberstellung der anaeroben RPK von Vorzugsmilch und Milchserum

illustriert den Unterschied noch besser (Fig. 16).

Die erhaltenen Werte sind insofern interessant, als das Grenzpotential von

Milchserum um ca. 200 mV höher liegt als dasjenige von Milch. Der grösste Teil

der reduzierenden Substanzen muss somit bei der Filtration auf der EKS-2 Schicht

zurückgehalten werden. Die in Tab. 19 angeführten Daten, in Verbindung mit

denjenigen auf Tab. 20 und Fig. 16, gestatten uns folgende Schlüsse zu ziehen:

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Figur 16 : Nullwerte und anaerobe RPK von Vorzugsmilch und Milchserum

(Mittelwerte; Messtemp. : 50°C)

« « « « = Milchserum

= Vorzugsmilch

«- Min.

Da eine Potentialdifferenz zwischen Vollmilch und Milchserum besteht

(ca. 200 mV), der Zuckergehalt aber unverändert bleibt, so ist er an der anaero¬

ben RP-Bildung unbeteiligt. BURUIANA (1932) und andeie Foischei sind zum

Teil nicht dieser Ansicht. JACKSON (1936) teilt unsere Auffassung. Diese Fest¬

stellung gilt nur für den pH-Bereich bis etwa 6,7, da Laktose bzw. ihre Abbau¬

produkte in alkalischer Lösung reduzierend wirken.

Die kleine pH-Differenz zwischen Milchserum und Vorzugsmilch verursacht

praktisch keine Potentialänderung. Ein mit NaOH auf pH-Gleichheit mit Vor¬

zugsmilch eingestelltes Milchserum zeigte ein anaerobes RP von + 30 mV.

Der Fettausfall bewirkt eine kleine Potentialveischiebung.Kasein ist ohne Einfluss.

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Der Hauptanteil am Potentialanstieg musste der Ausfall an

Albumin und Globulin oder Faktoren, die an diese Eiweisse

gebunden sind, bewirkt haben.

Auch das Milchserum besitzt noch eine wenn auch deutlich herabgesetzteReduktionskraft. Durch Kochen des Serums unter normalen atmosphärischen Ver¬

hältnissen wird das Grenzpotential analog demjenigen von gekochter Milch, Ma¬

germilch und Molke verschoben.

5. Einflüsse der Sulfhydrilkörper, des Beta-Laktoglobulins, der Enzymeund der Vitamine

a) Sulfhydrilkörper und B eta-Laktoglobulin

Schwefelhaltige Verbindungen, welche die charakteristischen -SH-Gruppen

(Sulfhydrilgruppen) aufweisen und bekanntlich reduzierende Eigenschaften be¬

sitzen, sind in Form von Aminosäuren am Aufbau der Milcheiweisse beteiligt.Von diesen Aminosäuren enthalten nur Methionin und Cystein Schwefel. Die

-SH-Gruppen finden wir bei Cystein. Diese Aminosäure ist im Albumin etwa

fünfmal stärker vertreten als in Kasein. Der Cystein-Gehalt des Globulins ist

nicht bekannt.

Aus einem Molekül Cystin entstehen durch Reduktion 2 Moleküle Cystein.

Cystein ist kräftig reduzierend. Ob in Milch Cystein aus Cystin entstehen kann,

ist fraglich.Wir untersuchten im Modellversuch die Wirkung eines Cystein-Zusatzes, ob¬

wohl bekannt ist, dass das Grenzpotential reiner Cystein-Lösungen nur von der

Konzentration des Cysteins bestimmt wird. Es wird vom Cystin nicht beeinflusst

(vgl. MICHAELIS (1933) und HEWITT (1950)).

Es wurde gekochter Vorzugsmilch, welche ein durchschnittliches Grenzpo¬

tential von - 76 mV zeigt, 4 mg°Jo und 40 mg^o L(-) Cystein-Hydrochlorid

(C3H702NS .HCl /158/) zugesetzt und das anaerobe RP bestimmt. Die 4 mg^owaren nicht in der Lage das Potential zu beeinflussen, dagegen wirkte sich die

zehnfache Dosis (40 mg°Jo) so aus, dass das Potential auf - 164 mV absank.

Aehnliche Versuche führten THORNTON UND HASTINGS (1929) und

JACKSON (1936) durch. Erstere setzten der Milch 100 mg%, letzterer 50 mg<7oCystein zu und fanden, unter aeroben Bedingungen, einen uns analogen Potential¬

verlauf.

LARSON UND JENNESS (1950) untersuchten die Reduktions-Kraft (Reduktions-

Kapazität = RK) verschiedener Milchproben mit Hilfe einer jodometrischen

Titration. Sie trennten die Milch in eine Fett-Phase, in einen dialysierbaren und

in einen nichtdialysierbaren Teil. Sie glauben, dass die Fetthüllen in der Fett-

Phase, die Ascorbinsäure in der dialysierbaren Fraktion und die Serum-Proteine

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(Sulfhydrilkörper), insbesondere das Beta-Laktoglobulin, in der nichtdialysier-baren Fraktion für die RK verantwortlich sind. Das Beta-Lakroglobulin soll nach

den genannten Autoren in der Lage sein, in "kristallisierter" Form, pro Gramm

0,104 bis 0,110 Milliaequivalente Jod zu reduzieren.

Es war deshalb naheliegend das Beta-Laktoglobulin in unsere Versuche ein-

zubeziehen. Die Substanz wurde uns von der Firma Bios* geliefert.Die mit "Beta-Laktoglobulin Bios" angestellten Versuche,

vermochten das anaerobe RP von Milchserum nur um 15 bis

20 mV zu senken. (Zugesetzte Dosen: 100 und 500 mg<7o. )

b) EnzymeDa bei der Filtration mit Entkeimungsschichten (EKS-2) nicht nur ein Gross¬

teil der Milchproteine, sondern auch Enzyme zurückgehalten werden, prüften wir

deren Einfluss auf das anaerobe RP. Neben der Abtrennung durch Filtration (Milch¬

serum enthält weder Schardinger-Enzym, Katalase noch Peroxydase) können die

Enzyme auch durch Hitze inaktiviert oder zerstört werden. So fragten wir uns, ob

eventuelle Zusammenhänge zwischen den Potentialrückgängen durch Filtration

und durch Erhitzung bestehen. Die Enzyme werden ja gerade in dem Temperatur-Bereich inaktiviert (80°C), bei welchem wir einen respektablen RP-Anstiegnotierten (Tab. 14).

Das Schardinger-Enzym wurde mit Formalin-Methylen-Blau (FMB) ( 5 ml

in Alkohol ges. Methylenblaulösung + 5 ml 40<7° Formalinlösung + 190 ml Was¬

ser) nachgewiesen. Zu 10 ml Probelösung werden 0,5 ml FMB zugefügt und die

Entfärbungszeit bei 45 bis 50 °C verfolgt. Den Peroxydase-Nachweis führten wir

mit einigen Tropfen 5°/o Guajakollösung (in Aceton) und einigen Tropfen 3°}o

H„02 durch. Eine positive Reaktion äussert sich durch Rotfärbung.Wir führten in der Folge nachstehende Kontrolluntersuchungen durch (vgl.

Tab.21).

Man nimmt heute allgemein an, dass das Schardinger-Enzym an die Fett-

kügelchenhüllen gebunden ist. Diese Bindung ist eine lockere, gelang es doch

SCHWARZ (1929 a) das Enzym aus Buttermilch zu gewinnen. DIXON UND

THURLOW (1924) isolierten es aus Milch, DIXON UND KODAMA (1926) aus

Molke, WILSON (1935) aus Rahm und BURUIANA (1950) aus Milch.

In diesem Zusammenhang sei auf die Arbeit von BURUIANA (1950) hinge¬wiesen, der bei frischer, keimarmer Milch unter anaeroben Bedingungen bei

40 °C keinen Potentialabfall beobachtete. Das anaerobe RP soll bei etwa + 175 mV

stehen geblieben sein. Hier scheint ein Widerspruch zu seiner im Jahre 1932 durch¬

geführten Arbeit vorzuliegen. BURUIANA fand damals bei 42 °C ein anaerobes

RP frischer Milch von - 180 mV.

* Bios Laboratories, Inc. Manufactering Chemists, New York 23, N.Y.

69

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Tabelle 21 : Nachweis von Schardinger-Enzym und Peroxydase in

verschiedenen Milchproben

FMB-Entfärbg.in Minuten ; Fett

Peroxy¬

Schardinger- in 1odase-

ReaktionReaktion

Aseptisch gef. Vollmilch nach 4-7 + 4,0 +

Magermilch aus asept.

gef. Vollmilch 90 - 0,03 +

Gleiche Magermilch 12 Std.

bei 30 °C 7 + 0,03 +

Molke aus asept. gef. Milch 15 + 0,35 +

Fettfr. Molke"

150 - 0,03 +

Milchserum aus asept. gef.Milch

"

240 - 0,0 -

Vorzugsmilch nach 3-4 + 3,8 +

Magermilch aus Vorzugsmilch 8 + 0,04 +

Molke aus Vorzugsmilch"

4-5 + 0,35 +

Fettfreie Molke aus Vorzugsm."

5-6 + 0,02 +

Milchserum aus Vorzugsmilch" 240 - 0,0 -

Pasteuris. Vorzugsmilch (30"/72 ) +• 3,8 +

Pasteuris. Vorzugsmilch (30" /82°) + 3,8 -

Weiter macht BURUIANA (1950) folgende Beobachtung und zieht daraus

nachstehende Schlüsse:

Wird eine keimarme Milch bei 40 C gemessen, dann rasch auf 60 °C erwärmt,

so zeigt sie plötzlich einen Potentialabfall, der bei E^ - 185 mV stehen bleibt.

Diesen sog. "Thermoeffekt" soll gekochte Milch nicht zeigen. Da die anaeroben

RPK ähnlich denjenigen von frischer Milch mit Aldehydzusatz verlaufen, bei

welchen das Schardinger-Enzym für den Potentialabfall verantwortlich gemachtwird, glaubt BURUIANA, dass sein "Thermoeffekt" (plötzlicher Abfall beim Er¬

wärmen auf 60 °C) auch auf die Wirkung des Schardinger-Enzyms zurückzuführen

sei. Die notwendigen aldehydähnlichen Verbindungen sollen aus Aminosäuren ent¬

stehen.

An dieser Theorie bezweifeln wir, dass der "Thermoeffekt" das auslösende

Moment des Potentialfalles sein soll. Die Erhöhung der Temperatur führt lediglich

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zu einem steileren Potentialabfall. Wir haben dies im ersten Kapitel unseres

experimentellen Teiles dargelegt.Wir glauben eher, dass die eiweissartige HUllsubstanz der Fettkügelchen als

Ganzes, und nicht nur das Schardinger-Enzym allein potentialerniedrigend wirkt.

(Ebenso spielen ja diese Hüllsubstanzen bei der Methylenblau-Reduktion eine

wichtige Rolle; vgl. WILSON (1935). ) Zu dieser Annahme führten uns folgende

Ueberlegungen :

Aus Tab. 21 geht hervor, dass Magermilch aus aseptisch gefasster Vollmilch keine,

dagegen Magermilch aus Vorzugsmilch eine positive Schardinger-Reaktion zeigt.Die Magermilch ohne Schardinger-Enzym und solche mit Schardinger-Enzym ha¬

ben praktisch das genau gleiche anaerobe RP (vgl. Tab. 17). ( Stellt man Ma¬

germilch aus aseptisch gefasster Milch für einige Stunden zu 30°C, so erlangtsie wieder eine positive Schardinger-Reaktion.

SCHWARZ (1929 a) glaubt deshalb, dass neben dem originären Schardinger-

Enzym noch ein bakterielles, ähnlich wirkendes Ferment existiert bzw. gebildetwird. )

Peroxydase ist in über 80 C erhitzter Milch und in Milchserum nicht nach¬

weisbar (vgl. Tab. 21). Ein Zusatz von 5 und 9mg<7<> Meerrettich-Per-

oxydase zu gekochter Vorzugsmilch hatte auf das anaerobe RP der Milch keinen

Einfluss.

Veisuchshalber setzten wir dem Milchserum auch abgestufte Mengen Katalase

zu, ohne eine Aenderung des Potentialablaufes zu beobachten (vgl. HEWITT

(1950)).

Aus diesen Versuchen ziehen wir folgende Schlussfolgerungen:Das tiefe anaerobe RP in Milch ist nicht vom Schardinger-

Enzym oder seiner Reaktion allein abhängig. Meerrettich-

Peroxydase und Katalase beeinflussen das anaerobe RP der

Milch nicht wesentlich.

c) Vitamine

Ascorbinsäure zählt zu den stärksten organischen Reduktionsmitteln. Durch

Oxydation entsteht aus der Ascorbinsäure Dehydroascorbinsäure und bildet wahr¬

scheinlich, eih reversibles Redox-System, das wie folgt schematisch formuliert

werden kann:+ 2H

Ascorbinsäure » Dehydroascorbinsäure- 2 H

Da diese Oxydation bzw. Reduktion von vielen Milieueinflüssen abhängig ist,

gibt es heute keinen festen Wert für das Normalpotential (E - Wert) dieses Systems.DOLDER (1950) gibt 10 Autoren an, welche für dieses System EQ-Werte be¬

stimmten. Diese variieren von + 390 bis - 553 mV ! !

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DOLDER selbst fand einen solchen von - 35,2 mV bei 15 °C und pH 5,2.

Entscheidend für die Reduktionskraft der Ascorbinsäure ist das Lösungsmittel

(vgl. SEITZ (1941)). Die Stärke der reduzierenden Wirkung des Vitamin C in

verschiedenen Lösungsmitteln ist nicht vergleichbar. Nach HEWITT (1950) soll

das Grenzpotential der Ascorbinsäure, ähnlich demjenigen von Cystein-Cystin,nur von der reduzierten Form abhängen.

In kleinen Vorversuchen (Tab. 22) versetzten wir einerseits Leitungswasser,andrerseits Vorzugsmilch mit gleichen Dosen Ascorbinsäure und hielten das Re¬

duziervermögen mit Hilfe von Methylenblau fest.

Tabelle 22 : Reduktion von Methylenblau durch Ascorbinsäure

in Leitungswasser und in Vorzugsmilch

10 ml Lösungsmittel+ 0,5 ml Methylenbl.

Ascorbinsäurezusätze

in mg<7o

Methylenblau-Redukt.

Entfärbungszeit

A. Aerobe Bedingungen; Temp.: 45 °C

Leitungswasserii ti

ii ti

Vorzugsmilchti ii

ii ii

200

20

2

200

20

2

0

nach 22 Min. +

4 Std. -

5 Std. -

nach 1-2 Min. +

4 Std. +

5 Std. -

6 Std. -

B. Anaerobe Bedingung. ; Temp. 45 °C

Leitungswasserii ii

Vorzugsmilch

20

2

20

2

0

nach 50 Min. +

6 Std. -

nach 25 Min. +

55 Min. +

70 Min. +

Unter aeroben Bedingungen sind 20 mg"?» Ascorbinsäure in Leitungswasserbereits nicht mehr in der Lage, die Standardkonzentration an Methylenblau

(3,2 Gamma Methylenblau-Chlorid/ml Probelösung) zu entfärben, wohl aber

unter anaeroben. 2 mg^o Vitamin C in Leitungswasser bewirken weder unter

aeroben noch anaeroben Verhältnissen eine Methylenblau-Reduktion. In Vorzugs-

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milch wirkt der Ascorbinsäurezusatz auf die Methylenblau-Reduktion beschleuni¬

gend ; doch entfärbt die Milch unter anaeroben Bedingungen das zugesetzte Me¬

thylenblau auch ohne Vitamin C - Zusatz.

Trotzdem die frisch ermolkene Milch etwa 1,7 bis 2,6 mg^o Ascorbinsäure

enthält, wovon nach ZOLLIKOFER (1940) durch Einwirkung von Licht und Luft

rasch 15 bis 20<7<> zerstört werden, dürfte die Ascorbinsäure kaum die alleinigeUrsache sein, die zur Entfärbung des Methylenblaus führt.

Wir setzten gekochter Vorzugsmilch (nach RANDOIN UND PERROTEAU (1950)

gehen dabei etwa 33% des Ascorbinsäuregehaltes zu Grunde) 2 bzw. 20 mg"7oAscorbinsäure zu und bestimmten das anaerobe RP. 2 mg°/o beeinflussten das Po¬

tential in keiner Weise, dagegen bewirkten 20mg% einen ausserordentlich tiefen

aeroben Wert (Nullwert) von + 186 mV (normal +260 mV) und erniedrigtendas Grenzpotential um 10 bis 20 mV. Aehnliche Beobachtungen, was das aerobe

Potential anbetrifft, machten HARTMAN, GARRET UND BUTTON (1943) und

SAAL UND HEUKELOM (1946).

Der Zusatz von 2 mg^o Ascorbinsäure zu Milchserum erniedrigte den aeroben

Wert um ca. 60 mV und das Grenzpotential von durchschnittlich + 54 mV auf

+ 15 mV.

Aus der Tatsache heraus, dass Ascorbinsäure das anaerobe RP der Milch nicht

wesentlich zu erniedrigen vermag, ist es fraglich, ob Ascorbinsäure in der Milch

in der Lage ist, Oxydationen, z.B. Fettoxydationen, zu verhindern. Vielleicht

handelt es sich um andere Milchbestandteile, die den Oxydationsschutz über¬

nehmen. Vielfach wird an die Wirkung der Ascorbinsäure geglaubt. WALSER(1954)ist einer der wenigen, der dies bezweifelt.

Schlussfolgerung :

Ascorbinsäure wirkt reduzierend, ist aber des kleinen Ge¬

haltes wegen am anaeroben RP der Milch nicht stark betei¬

ligt.In frischer Milch finden wir noch ein weiteres Redox-System, nämlich Lakto¬

flavin-Leukolaktoflavin.

Laktoflavin oder Vitamin B2 wird durch Reduktion farblos (Leukolaktoflavin).Das Normalpotential von Laktoflavin-Leukolaktoflavin wurde von WURMSER(1932)bestimmt und zwar mit einem E0 -Wert von - 185mV. Das Leukolaktoflavin

wirkt ausserordentlich stark reduzierend, Laktoflavin dagegen nicht. Eine wässrigeLösung mit 200 mg<7<> Laktoflavin reduziert die Standardkonzentration an Methy¬lenblau unter aeroben Bedingungen bei 45 °C nicht.

Trotzdem fand JACKSON (1936), der aus Molke Laktoflavin isolierte, aller¬

dings verunreinigt mit Laktose und "uric acid", dass diese Substanz in der Lagesei, die Methylenblau-Reduktionszeit wesentlich zu verkürzen. Nach kurzer Zeit

soll aber diese Substanz ihre reduzierende Kraft verloren haben. Leider fehlen

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darüber potentiometrische Angaben (vgl. auch HEWITT (1950)).

Obwohl wir nicht glaubten, dass Laktoflavin das anaerobe

RP der Milch beeinflusse, machten wir dennoch einige Versuche damit.

Der Nachweis von Laktoflavin gestaltet sich mit Hilfe einer UV-Analysenlampeäusserst einfach, da Laktoflavin unter UV-Licht gelb fluoresziert, Leukolakto-

flavin dagegen blau (vgl. SCHULZ (1947)). Auf diese Weise erkennt man Men¬

gen von 0,1 Gamma und weniger pro ml ohne weiteres.

Da das Milchserum kein Laktoflavin mehr enthält ( Laktoflavin-Phosphorsäureist an ein Protein gebunden), versetzten wir dieses mit Mengen von 0,2 bis

2,5 mg<7o.Mit diesen Dosen wurde weder am aeroben Wert (Nullwert) noch am Grenz¬

potential eine Wirkung beobachtet.

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V. SCHLUSSBEMERKUNGEN

A. ZUSAMMENFASSUNG

1. In einem allgemeinen theoretischen Teil werden die Begriffe von Oxydation,Reduktion, Redox-Potential, Grenzpotential sowie deren Bedeutung, Ent¬

stehung, Berechnung und Messung erläutert.

2. Der methodische Teil der Arbeit enthält eine genaue Anleitung und Beschrei¬

bung der benutzten Apparatur, um anaerobe Potentialmessungen in Lösungendurchzuführen.

3. Aus eigenen Versuchen ergibt sich der Schluss, dass die in der Milch vor¬

kommenden Redox-Systeme nicht nebeneinander studiert werden können,

und dass sich die Resultierende ( von uns anaerobes Reduktions-Potential ge¬

nannt) wie ein Grenzpotential verhält.

4. Hohe Messtemperaturen führen rascher zum definitiven Grenzpotential als

niedere. Aus diesem Grunde wurden die Messungen bei 50 °C durchgeführt.

5. Das anaerobe Reduktions-Potential ist reproduzierbar, wenn bei seiner Mes¬

sung konstante Verhältnisse und eine streng überwachte Anaerobie eingehaltenwerden.

6. Das anaerobe Reduktions-Potential beträgt für aseptisch gefasste und für Vor¬

zugsmilch - 180 t 20 mV, bezogen auf die Normalwasserstoffelektrode.

Dieses Potential kommt einzig und allein durch die in der Milch vorhandenen,

eigenen, originären Milchbestandteile ohne Mitwirkung der Bakterien zu¬

stande. Keimarme Vorzugsmilchproben, durch Aseptika keimfrei gemacht,zeigen ebenfalls ein anaerobes Reduktions-Potential, das um - 180 mV

herumliegt.

7. Kolostrummilch zeigt ein anaerobes Reduktions-Potential von - 220 mV

und liegt bedeutend tiefer als das der normalen Milch.

8. Keimarme und durch Aseptika keimfrei gemachte Milch ist in der Lage, bei

50 °C unter anaeroben Bedingungen eine Standardkonzentration an Methylen¬blau, wie sie für die Reduktase-Probe Verwendung findet, innert 40 - 105

Minuten zu entfärben.

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9. Dauerpasteurisation (30'/63 C) und Kurzzeiterhitzung (15"/72 C) von

Vorzugsmilch beeinträchtigen das anaerobe Reduktions-Potential praktischnicht.

Temperaturen von über 80 bis 112 C wirken sich stark potentialerhöhendauf das anaerobe Reduktions-Potential aus. Temperaturen von über 112 °C,

die eine Bräunung der Milch zur Folge haben, wirken weniger stark potential¬erhöhend. Diese Erscheinung ist nicht ohne weiteres verständlich, werden

doch bei Temperaturen von über 112 °C reduzierende Substanzen in Milch

gebildet. Wir glauben feststellen zu können, dass gleichzeitig durch Hitze

und Oxydation reduzierende Substanzen vernichtet werden. So besteht die

Möglichkeit, dass die neugebildeten reduzierenden Substanzen den Ausfall

der gleichzeitig zerstörten nur zu einem kleinen Teil ausgleichen.

10. Erhitzt man Milchproben unter anaeroben Verhältnissen, so ist der Potential¬

anstieg des anaeroben Reduktions-Potentials wesentlich kleiner als unter

aeroben Bedingungen (Ausbleiben der Oxydation).

11. Aus vergleichenden Prüfungen von Milch, Magermilch, Molke, fettfreier

Molke und Milchserum hat sich ergeben, dass:

a) Kasein keinen Einfluss auf das anaerobe Reduktions-Potential der Milch

hat

b) das Fett (vermutlich HUUsubstanzen) in bescheidenem Umfang das

anaerobe Reduktions-Potential der Milch beeinflusst

c) Globulin und Albumin mit den an sie gebundenen Faktoren den wesentlich¬

sten Teil des anaeroben Reduktions-Po'tentials der Milch darstellen

d) der Milchzucker an der anaeroben Reduktions-Potential-Bildung der Milch

nicht beteiligt ist.

12. Der Zusatz von:

a) Beta-Laktoglobulin zu Milchserum vermochte das anaerobe Reduktions-

Potential praktisch nicht zu ändern

b) Vitamin C - Gaben erzeugten in gekochten Milchproben eine gering¬

fügige Beeinflussung des anaeroben Reduktions-Potentials

c) Vitamin B2 in Milchserum blieb ohne Wirkungd) Katalase und Peroxydase (Meerrettich-Peroxydase) in gekochter Milch

blieben ohne Effekt auf das anaerobe Reduktions-Potential. Ebenso zeig¬ten Milchfraktionen mit und ohne Schardinger-Reaktion (Schardinger-

Enzym) gleiche anaerobe Reduktions-Potentiale.

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B. DISKUSSION

Das in Milch an einer Edelmetallelektrode registrierbare anaerobe Potential

gleicht dem von MICHAELIS für physiologische Systeme definierten anaeroben

Reduktions-Potential oder Grenzpotential. Dass in Milch reversible Systeme vor¬

liegen, ist nicht ausgeschlossen, doch sind diese in Gegenwart grenzpotential-bildender Systeme mit den sonst üblichen Titriermethoden weder erfassbar noch

abklärbar. Die Milch ist zudem von so heterogener Zusammensetzung, dass bei

Zugabe von Titrierlösungen unkontrollierbare Umsetzungen stattfinden können,

die den weitern Ueberblick verweigern. Trotzdem ist das Grenzpoten¬

tial oder das anaerobe Reduktions-Potential eine definierte

Grösse und charakterisiert die Milch in Form ihres Reduk¬

tions-Vermögens .

Grenzpotentiale, wie sie in physiologischen Systemen auftreten, sind auf

etwa t 20 mV reproduzierbar. Diese Reproduzierbarkeit erreicht man denn auch

bei der Bestimmung von anaeroben Reduktions-Potentialkurven, während das

anaerobe Reduktions-Potential auf mindestens*

15 mV reproduzierbar ist.

Die durchgeführten Untersuchungen beschränkten sich auf Kuhmilch. Grenz¬

potentialmessungen an andern Milcharten, die in ihrer Zusammensetzung von der

Kuhmilch stark abweichen, würde interessantes Vergleichsmaterial liefern. In

solche Messungen sollten auch euterkranke Milchen einbezogen werden. Z.B.

ergaben Messungen an Kolostrum ein anaerobes Reduktions-Potential, das 30-40

mV tiefer lag als dasjenige reifer Milch. Me weit diese Potential-Erniedrigungauf die veränderte Zusammensetzung, insbesondere der Eiweissfraktionen zurück¬

zuführen ist, ist noch unabgeklärt.Das anaerobe Reduktions-Potential von Milchproben, die einerseits unter Stick¬

stoff, andererseits unter Sauerstoff erhitzt wurden, ergab einige Anhaltspunkteüber die Oxydierbarkeit einzelner Milchbestandteile. Diese Versuche sollten, im

Zusammenhang mit Oxydationswiderstandsmessungen in Milch, ausgebaut werden.

Dazu gehörten auch Vergleichsmessungen homogenisierter mit nichthomogeni-sierter Milch. Bei der Eruierung der potentialerniedrigenden Substanzen beobach¬

teten wir, dass die kaseinfreien Milcheiweisse für das anaerobe Reduktions-Potential

von grosser Bedeutung sind. Die Möglichkeit, dass die Makromolekeln der Proteine

auch die Langsamkeit der Potentialeinstellung bedingen, ist nicht ausgeschlos¬sen.

Eine elektrophoretische Trennung der Milchproteine wäre der Filtration vorzu¬

ziehen gewesen. Die in diesem Zusammenhang käuflich erworbenen und der Milch

und dem Milchserum künstlich zugesetzten Substanzen sind oft in ihrer Wirkungs¬weise mit den originären nicht identisch. Vielleicht würden anaerobe Reduktions-

Potentialmessungen an reinen Lösungen von Albumin, Globulin etc. im Vergleich

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zu den anaeroben Reduktions-Potentialmessungen in Milch einen Schritt weiter¬

führen.

Die Bedeutung der Vitamine auf das anaerobe Reduktions-Potential ist noch

umstritten. Vitamin E (Tocopherol), das reduzierende Eigenschaften aufweisen

soll, wäre auch in die Versuche einzubeziehen.

Ein weiteres, noch wenig abgeklärtes Problem bleiben die Enzyme. Sie er¬

füllen sehr wahrscheinlich redox-katalytische Funktionen, doch ist die Fest¬

stellung ihrer Wirkung ausserordentlich schwierig.

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LEBENSLAUF

1925

1932 - 1942

1942 - 1943

Sommer 1943

Winter 1943/44

1944 - 1945

Herbst 1945

Herbst 1950

1951

Oktober 1951

bis jetzt

in Heiden (AR) am 7. September geboren.Bürger von Lutzenberg (AR) und Küsnacht (ZH).

Eltern: Jakob Ernst Tobler und Hedwig geb. Niederer.

Primär- und Sekundärschule in Bern

Jahreskurs an der landwirtschaftlichen Schule Marcelin

s. Morges (VD)

Landwirtschaftliche Praxis in Bière (VD)

Winterkurs an der landwirtschaftlichen Schule Rütti (BE)

mit Diplomabschluss

Institut Humboldtianum in Bern

Aufnahmeprüfung an die Abt. VII der EidgenössischenTechnischen Hochschule

Diplom als Ing.-Agr. ETH

Praxis in der Käserei Bundtels (FR), Verbandsmolkerei

Bern, Express Dairy Ltd., Bromley (Kent) England

Assistent am Milchtechn. Institut der ETH, wo auch die

vorliegende Arbeit ausgeführt wurde.

Es ist mir ein Bedürfnis, meinem lieben Lehrer, Herrn Prof. Dr. E. ZoUikofer,

Vorstand des Milchtechnischen Institutes der E.T.H., von Herzen zu danken für

das Interesse, das er stets meiner Arbeit entgegenbrachte.Die Anregungen, die mir von Seiten der Herren Prof. Dr. H. Deuel, Prof.

Dr. F. Almasy und Dr. W. Ingold zuteil wurden, seien hiemit bestens verdankt.

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