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2 der dachauer regiestuhl Im Gespräch... mit Denkern und Lenkern, Künstlern und Originalen kurier-dachau.de »Ich war öfter beim ASV als im Kinderzimmer« Die Bayerische Meisterin im Siebenkampf, Andrea Sedlbauer, über ihren Verein, ihren Sport und ihre Zukunft n DACHAU · Andrea Sedlbauer vom ASV Dachau ist die amtierende Baye- rische Meisterin im Siebenkampf in der Leichtathletik, bei dem man Hür- denlauf, 200 Meterlauf, 800 Meter- lauf, Hochsprung, Weitsprung, Kugel- stoßen und Speerwerfen absolvieren muss. Die junge Dachauerin ist prak- tisch in den ASV »hineingeboren« und ihrem Verein sehr verbunden. Wir ha- ben unseren dachauer regiestuhl auf die Laufbahn gestellt und Andrea Sedlbauer gebeten für ein Interview Platz zu nehmen. KURIER: Bist du auf dem Weg an die Deutsche Spitze? Sedlbauer: Glaube ich nicht, nein. Also letztes Jahr wurde ich zweite bei den Deutschen Meisterschaften, aber es ist schon noch ein gewaltiger Sprung an die Spitze. Momentan bin ich auf Platz 23 in Deutschland, an der Spitze sind die Profis, denn da muss man noch viel mehr Zeit investieren. KURIER: Wie kommt man auf Siebenkampf – weil man alles gut oder nix gut genug kann? Sedlbauer: Wir sagen immer, »wir können nix g’scheid«. Aber tatsächlich ist es so, dass man eine Disziplin hat, in der man besonders gut ist und auf der man aufbauen kann. Bei mir ist das der Hürdenlauf gewesen oder der Sprint im Allgemeinen. In dieser Dis- ziplin komme ich auch noch am nächsten an die Spezialisten ran. Ganz früher hatte ich mal alles trai- niert, während einer zweijährigen Verletzungspause konnte ich weder Springen noch Laufen, da hab ich mit dem Kugelstoßen angefangen. Das al- lein war mir dann zu langweilig und darum bin ich, nachdem ich wieder fit war, auf den Siebenkampf umge- stiegen. KURIER: Unser Foto wurde beim ASV aufgenommen, seit wann bist Du Mitglied? Sedlbauer: Von Kindesbeinen an – ge- boren bin ich 1992, in den ASV einge- treten (worden) 1993. Ich war öfter im Verein als im Kinderzimmer, ich wohne da auch mehr oder weniger und es gibt keinen Tag, an dem ich nicht im ASV bin. KURIER: Sind alle Sedlbauers sportlich? Sedlbauer: Ja, angefangen bei den beiden Opas, von denen der eine Fuß- baller, der andere Handballer war. Meine Schwester und ich machen Leichtathletik, Bruder und Papa spie- len Fußball und die Mama macht alles – da konnte ich gar nicht auskommen und keine Sportlerin werden. KURIER: Ist Turniersport in der Leichtathletik teuer? Selbauer: Es ist natürlich ein Unter- schied, ob du an einem Wald- und Wiesenwettkampf oder zum Beispiel den Bayerischen Meisterschaften teil- nimmst. Da hat man dann Fahrkos- ten, beim Siebenkampf musst du auch übernachten. Aber ich hab da große Unterstützung von der ASV-Ab- teilung, die Startgelder, Fahrt- und Übernachtungskosten übernehmen. Aber im Allgemeinen ist Leichtathletik kein teurer Sport, du brauchst nur deine Schuhe, Sportkleidung und ei- nen Verein, das war‘s. KURIER: Wie schaut es mit Sportför- derung aus, gibt es Unterstützung? Sedlbauer: Leider gar nix von staatli- cher Seite. In der Leichtathletik ist es auch sehr schwer Sponsoren zu finden. KURIER: Was machst du beruflich? Sedlbauer: Ich wollte früher etwas mit Tieren machen, dann doch lieber mit Sport und vielleicht in einem Fit- nessstudio arbeiten. Da hat mir der ASV-Geschäftsführer angeboten, eine Ausbildung als Sport- und Fitness- Kauffrau im Verein zu machen und es war die richtige Entscheidung, das anzunehmen. Ich bin jetzt froh, dass ich meine Berufsausbildung geschafft habe, was nicht immer einfach war neben meinen Sportaktivitäten. Ich will natürlich auch vermehrt in die Praxis einsteigen, habe deswegen ge- rade meinen Übungsleiterschein für Kinder gemacht. Um als Leichtathle- tiktrainer, was mir gefallen würde, zu arbeiten, muss ich aber noch eine Zu- satzausbildung machen. Solange ich selbst aktiv bin, schaffe ich das zeit- lich aber nicht. KURIER: Hast du noch andere Hobbys oder Passionen? Sedlbauer: Früher hab ich Klarinette ge- spielt, da war ich auch gut dabei, aber irgendwann musste das zugunsten des Sports auf der Strecke bleiben. Ich trai- niere jeden Tag und geh am Wochen- ende auf Wettkämpfe, einen Freund hab ich auch noch nebenbei, da bleibt keine Zeit mehr für andere Hobbys. KURIER: Ist Doping beim Sieben- kampf ein Thema? Sedlbauer: Letztes Jahr auf den Deut- schen Meisterschaften war ich selber überrascht, dass die Doping-Kontrolle gekommen ist. Der Gewinner wird immer kontrolliert, dazu noch zwei oder drei Stichproben gemacht. Ich wurde nicht kontrolliert, habe das aber zum ersten Mal miterlebt. KURIER: Macht Doping auch Deinen Sport unglaubwürdig? Sedlbauer: Beim Siebenkampf ist das nicht so extrem, da sind die Unter- schiede nicht so groß. Aber bei den Einzeldisziplinen fragt man sich schon manchmal, wie man solche Leistun- gen erbringen kann. Wir überlegen uns, wenn‘s mal wo zwickt, ob wir überhaupt zum Arzt gehen und wenn wir gehen, überlegen wir nochmal und nochmal ob wir was nehmen sol- len. Mir ist meine Gesundheit wichti- ger als der nächste Wettkampf, auch wenn er noch so bedeutend ist. KURIER: Welche Frage hättest Du gerne noch beantwortet? Sedlbauer: Vielleicht wie es in Zu- kunft weitergeht – ich werde ja im- merhin schon 24 Jahre alt. KURIER: Also wie geht es weiter im Angesicht dieses hohen Alters? Sedlbauer: Es ist tatsächlich so, dass ich eine der Ältesten im Team bin. Lei- der fallen die Deutschen Meister- schaften 2015 aus, aber der Plan ist, dass ich nächstes Jahr nochmal bei den Bayerischen und Deutschen Meis- terschaften antrete. Liebe Andrea, vielen Dank für das nette und interessante Gespräch. Weiterhin viel Erfolg im Sport, im Beruf und Privat. Interview: Christl Horner-Kreisl Foto: Sessner Dachau Die Bayerische Meisterin Andrea Sedlbauer. FOTO: Foto Sessner

»Ich war öfter beim ASV als im Kinderzimmer« - BVDA»und aus den Wiesen steiget, der weiße Neger Wumbaba«. Das ist eine vollkommen surreale und auch zu-tiefst sympathische Figur,

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Page 1: »Ich war öfter beim ASV als im Kinderzimmer« - BVDA»und aus den Wiesen steiget, der weiße Neger Wumbaba«. Das ist eine vollkommen surreale und auch zu-tiefst sympathische Figur,

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der dachauer regiestuhl Im Gespräch...mit Denkern und Lenkern,Künstlern und Originalen

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»Ich war öfter beim ASV als im Kinderzimmer«Die Bayerische Meisterin im Siebenkampf, Andrea Sedlbauer, über ihren Verein, ihren Sport und ihre Zukunft

n DACHAU · Andrea Sedlbauer vomASV Dachau ist die amtierende Baye-rische Meisterin im Siebenkampf inder Leichtathletik, bei dem man Hür-denlauf, 200 Meterlauf, 800 Meter-lauf, Hochsprung, Weitsprung, Kugel-stoßen und Speerwerfen absolvierenmuss. Die junge Dachauerin ist prak-tisch in den ASV »hineingeboren« undihrem Verein sehr verbunden. Wir ha-ben unseren dachauer regiestuhl aufdie Laufbahn gestellt und AndreaSedlbauer gebeten für ein InterviewPlatz zu nehmen.

KURIER: Bist du auf dem Wegan die Deutsche Spitze?Sedlbauer: Glaube ich nicht, nein. Alsoletztes Jahr wurde ich zweite bei denDeutschen Meisterschaften, aber es istschon noch ein gewaltiger Sprung andie Spitze. Momentan bin ich auf Platz23 in Deutschland, an der Spitze sinddie Profis, denn da muss man nochviel mehr Zeit investieren.

KURIER: Wie kommt man aufSiebenkampf – weil man alles gutoder nix gut genug kann?Sedlbauer: Wir sagen immer, »wirkönnen nix g’scheid«. Aber tatsächlichist es so, dass man eine Disziplin hat,in der man besonders gut ist und aufder man aufbauen kann. Bei mir istdas der Hürdenlauf gewesen oder derSprint im Allgemeinen. In dieser Dis-ziplin komme ich auch noch amnächsten an die Spezialisten ran.Ganz früher hatte ich mal alles trai-niert, während einer zweijährigenVerletzungspause konnte ich wederSpringen noch Laufen, da hab ich mitdem Kugelstoßen angefangen. Das al-lein war mir dann zu langweilig unddarum bin ich, nachdem ich wiederfit war, auf den Siebenkampf umge-stiegen.

KURIER: Unser Foto wurde beimASV aufgenommen, seit wann bistDu Mitglied?Sedlbauer: Von Kindesbeinen an – ge-boren bin ich 1992, in den ASV einge-treten (worden) 1993. Ich war öfterim Verein als im Kinderzimmer, ichwohne da auch mehr oder wenigerund es gibt keinen Tag, an dem ichnicht im ASV bin.

KURIER: Sind alle Sedlbauerssportlich?Sedlbauer: Ja, angefangen bei denbeiden Opas, von denen der eine Fuß-baller, der andere Handballer war.Meine Schwester und ich machenLeichtathletik, Bruder und Papa spie-len Fußball und die Mama macht alles– da konnte ich gar nicht auskommenund keine Sportlerin werden.

KURIER: Ist Turniersport in derLeichtathletik teuer?Selbauer: Es ist natürlich ein Unter-schied, ob du an einem Wald- undWiesenwettkampf oder zum Beispielden Bayerischen Meisterschaften teil-nimmst. Da hat man dann Fahrkos-ten, beim Siebenkampf musst duauch übernachten. Aber ich hab dagroße Unterstützung von der ASV-Ab-teilung, die Startgelder, Fahrt- und

Übernachtungskosten übernehmen.Aber im Allgemeinen ist Leichtathletikkein teurer Sport, du brauchst nurdeine Schuhe, Sportkleidung und ei-nen Verein, das war‘s.

KURIER: Wie schaut es mit Sportför-derung aus, gibt es Unterstützung?Sedlbauer: Leider gar nix von staatli-cher Seite. In der Leichtathletik ist esauch sehr schwer Sponsoren zu finden.

KURIER: Was machst du beruflich?Sedlbauer: Ich wollte früher etwasmit Tieren machen, dann doch liebermit Sport und vielleicht in einem Fit-nessstudio arbeiten. Da hat mir derASV-Geschäftsführer angeboten, eineAusbildung als Sport- und Fitness-Kauffrau im Verein zu machen undes war die richtige Entscheidung, dasanzunehmen. Ich bin jetzt froh, dassich meine Berufsausbildung geschaffthabe, was nicht immer einfach warneben meinen Sportaktivitäten. Ichwill natürlich auch vermehrt in diePraxis einsteigen, habe deswegen ge-rade meinen Übungsleiterschein fürKinder gemacht. Um als Leichtathle-tiktrainer, was mir gefallen würde, zu

arbeiten, muss ich aber noch eine Zu-satzausbildung machen. Solange ichselbst aktiv bin, schaffe ich das zeit-lich aber nicht.

KURIER: Hast du noch andereHobbys oder Passionen?Sedlbauer: Früher hab ich Klarinette ge-spielt, da war ich auch gut dabei, aberirgendwann musste das zugunsten desSports auf der Strecke bleiben. Ich trai-niere jeden Tag und geh am Wochen-ende auf Wettkämpfe, einen Freundhab ich auch noch nebenbei, da bleibtkeine Zeit mehr für andere Hobbys.

KURIER: Ist Doping beim Sieben-kampf ein Thema?Sedlbauer: Letztes Jahr auf den Deut-schen Meisterschaften war ich selberüberrascht, dass die Doping-Kontrollegekommen ist. Der Gewinner wirdimmer kontrolliert, dazu noch zweioder drei Stichproben gemacht. Ichwurde nicht kontrolliert, habe dasaber zum ersten Mal miterlebt.

KURIER: Macht Doping auch DeinenSport unglaubwürdig?Sedlbauer: Beim Siebenkampf ist dasnicht so extrem, da sind die Unter-schiede nicht so groß. Aber bei denEinzeldisziplinen fragt man sich schonmanchmal, wie man solche Leistun-gen erbringen kann. Wir überlegenuns, wenn‘s mal wo zwickt, ob wirüberhaupt zum Arzt gehen und wennwir gehen, überlegen wir nochmalund nochmal ob wir was nehmen sol-len. Mir ist meine Gesundheit wichti-ger als der nächste Wettkampf, auchwenn er noch so bedeutend ist.

KURIER: Welche Frage hättest Dugerne noch beantwortet?Sedlbauer: Vielleicht wie es in Zu-kunft weitergeht – ich werde ja im-merhin schon 24 Jahre alt.

KURIER: Also wie geht es weiter imAngesicht dieses hohen Alters?Sedlbauer: Es ist tatsächlich so, dassich eine der Ältesten im Team bin. Lei-der fallen die Deutschen Meister-schaften 2015 aus, aber der Plan ist,dass ich nächstes Jahr nochmal beiden Bayerischen und Deutschen Meis-terschaften antrete.

Liebe Andrea, vielen Dank für dasnette und interessante Gespräch.Weiterhin viel Erfolg im Sport, imBeruf und Privat.

Interview: Christl Horner-KreislFoto: Sessner Dachau

Die Bayerische Meisterin Andrea Sedlbauer. FOTO: Foto Sessner

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»Eigentlich ist es immer ziemlich lustig«Das verspricht Axel Hacke, der am 10. Dezember auf der Bühne im Ludwig-Thoma-Haus stehen wird

n DACHAU · Mit seinem Programm»Alle Jahre schon wieder« über dasstets und oft überraschend wiederkeh-rende Weihnachtsfest, will Hacke seinDachauer Publikum bestens unterhal-ten, im Vorfeld durften wir mit ihmsprechen, als er auf dem »dachauer re-giestuhl« Platz genommen hatte.

KURIER: Ist Harmonie unterm Christ-baum wirklich der oberste Weih-nachtswert oder darf der eine oderandere Seitenhieb gegen Freunde,Kollegen und Anverwandte sein?Hacke: Nein, ich finde dieses Bemü-hen der Menschen um das Weih-nachtsfest schon sehr anrührend undauch sehr wichtig, auch wenn es be-kanntermaßen oft schiefgeht. Aber soist das nun mal, wenn man sich be-müht, es klappt nicht immer. Bemü-hen sollte man sich trotzdem.

KURIER: Lieder, auch Weihnachts-lieder, werden oft missverstanden.In Ihrem Programm werden einigesehr einfühlsam vom »weißen NegerWumbaba« vorgetragen. Dürfen Siedas überhaupt noch sagen, müssenSie Ihre Buchtitel mit selbigemWumbaba umbenennen?Hacke: Sie meinen wegen des Wortes»Neger«? Das ist hier leider unver-meidlich, denn es handelt sich umein Missverständnis bei MatthiasClaudius’ berühmtem Abendlied, indem es heißt »Der Wald stehtschwarz und schweiget, und aus denWiesen steiget, der weiße Nebel wun-derbar«. Da hat jemand verstanden»und aus den Wiesen steiget, derweiße Neger Wumbaba«. Das ist einevollkommen surreale und auch zu-tiefst sympathische Figur, weil sie dieFehlerhaftigkeit des Menschen perso-nifiziert. Und das Wort »Neger« lässtsich hier auch nicht durch »Afroame-rikaner« oder so ersetzen. Ansonstengilt: Jemanden im Alltag oder sonst-wann als »Neger« zu bezeichnen, isteine Beleidigung.

KURIER: Worauf können, müssenoder dürfen sich die Dachauer beiIhrem Auftritt im Ludwig-Thoma-Haus gefasst machen?Hacke: Wir werden Weihnachten alsSchwerpunkt nehmen, aber dabei

wird es nicht bleiben, es geht sicherauch zum Beispiel um mein neuestesBuch »Das kolumnistische Manifest«und um den Wumbaba. Und da ichbei meinen Lesungen immer daraufachte, dass das Publikum seinen Spaßhat, wird es den auch bekommen. Ei-gentlich ist es immer ziemlich lustig.

KURIER: Anfang der 90er Jahre warich als junge Mutter begeistert vonIhren Erziehungsratschlägen, diezwei Jahre später als »Der kleineErziehungsberater« ein Beststeller

wurden. Ist aus Ihren Kinderneigentlich was geworden?Hacke: Natürlich, ich freue mich anallen. Die drei aus dem Erziehungs-berater sind Physiotherapeutin, Archi-tekt, Schauspielerin. Und meine jün-geren Kinder studieren oder gehennoch zur Schule. Aber viel mehr nochals über die Berufe und das alles binich stolz darauf, dass sie alle anstän-dige, interessante und warmherzigeMenschen sind. Ich habe wahnsinnigviel Freude an ihnen.

KURIER: Und wie geht’s Bosch, demsprechenden Kühlschrank, mit demSie sich viele schlaflose Nächte ver-trieben haben?Hacke: Was soll’s schon Neues voneinem alten Kühlschrank geben, manist ja froh, dass er gesund ist undweiterhin gut kühlt. Er ist und bleibt

ein cooler Typ, auch im fortgeschrit-tenen Alter. Aber ich schreibe nichtmehr über ihn, das ist vorbei, alleshat seine Zeit.

KURIER: Auf Ihrer Homepage gibt esmehrere Lebenslauf-Variationen:der »mitleiderregende« gefällt miram besten. Worüber freuen Sie sichheute mehr, dass Sie kein fettes Kindmehr sind oder dass Sie doch nocheine Frau gefunden haben?Hacke: Ach, das hängt doch eng zu-sammen, ich glaube, wenn ich immernoch ein fettes Kind wäre, hätte sichmeine Frau nicht so richtig für michinteressiert.

KURIER: In der Süddeutschen Zei-tung* stellen Sie Gemeinsamkeitenzwischen IS und Pegida fest, nämlichdie »blanke, unverhüllte Rohheit derBeteiligten«. Schon Ärger bekommendeswegen?Hacke: Ja, da haben sich einige mäch-tig aufgeregt, aber genau so viele fan-den es auch richtig. Hier im Interviewklingt das jetzt etwas verkürzt, es warin der Kolumne nur ein Satz, weil esum das Wesen der Dummheit ging.Ich habe natürlich nicht geschrieben,dass die genau gleich sind, das wäreja auch absurd.

KURIER: Ist es nicht mühsam undfrustrierend, immer wieder gegenallgegenwärtige Dummheit undblanken Hass anzuschreiben?Hacke: Das ist nun wirklich nur einkleiner Teil dessen, was ich tue. MeineBücher und Kolumnen haben einziemlich breites Spektrum, Politikspielt da nur eine untergeordnete Rol-le, und wenn, dann oft in einer sehrspezifischen, eher spielerischen Wei-se, so wie es mir halt Spaß macht.Aber manchmal muss es halt raus,dann kann es auch ernst werden. Ichschreibe dann aber nicht einen Kom-mentar über den IS-Terror, sondernich mache daraus ein Gespräch mitGott. Oder ich mache mir Gedankenüber den Begriff der Dummheit undwie sie in Dresden bisweilen Gestaltannimmt.

* Heft 45/2015-Das Beste aus aller Welt

Herzlichen Dank, dass Sie für dasInterview extra nach Dachau gekom-men sind, ich freue mich schon aufIhr Programm am Donnerstag imLudwig-Thoma-Haus.

Interview: Christl Horner-KreislFoto: Sessner Dachau

Axel Hacke im KURIER-Verlag, am Donnerstag tritt er in Dachau auf.FOTO: Sessner Dachau

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»Medizin – lebenslange Leidenschaft und wunderbarer Beruf«Dr. Marianne Koch über Leben und Berufung und das Thema des Abends: Krebstherapie

n DACHAU · Viele Menschen kennenMarianne Koch – als Schauspielerin,als Moderatorin und Showmasterinoder auch als Werbe-Ikone. Vielen fälltzu Marianne Koch auch die Ärztin ein,die jeden Samstagmittag in Bayern2das »Gesundheitsgespräch« führt, alsAutorin allein seit 2001 sechs Gesund-heitsbücher (aktuell erschien das»Herz-Buch« in der Taschenbuchaus-gabe) verfasste und nicht zuletzt rundzwanzig Jahre lang als Internistin inKlinik und eigener Praxis arbeitete.

Auf dem »dachauer regiestuhl« hat Dr.Marianne Koch anlässlich einer Podi-umsdiskussion im HELIOS Amper-Kli-nikum, die sie ebenso kompetent wiecharmant moderierte, Platz genom-men. Die über 120 Besucher der Ver-anstaltung haben es ihr gedankt undwaren begeistert.

KURIER: Ist der Arztberuf IhreBerufung, war es die Schauspielkunstoder ist ihr »Lieblingsberuf« Mutterihrer beiden Söhne?Koch: Meine Kinder, meine Familiesind das Wichtigste – aber dannkommt sofort die Medizin, eine lebens-lange Leidenschaft und ein wunder-barer Beruf, an dem ich wissenschaft-liche Arbeit und intensive Kommuni-kation mit Menschen am meistenschätze. Filmemachen war für michimmer nur ein interessantes Hobby.

KURIER: Wären Sie als Ärztinmanchmal gerne ins Rampenlichtzurückgekehrt?Koch: Auf diese Frage gibt es eine sehreinfache Antwort: Nein. Nie.

KURIER: Sie sehen 20 Jahre jüngeraus als sie tatsächlich sind, nämlich84 Jahre. Gute Gene, ultimativeKosmetik-Tipps oder sind Botox & Co.im Spiel?Koch: Ich verdanke meiner Mutter gu-te Gene und habe offensichtlichGlück. Aber ich hätte in jedem Fall fürmich sowohl Botox als auch Schön-heitschirurgie abgelehnt. Was mei-nen Sie? – sollte man sich als ältererMensch nicht durch andere Eigen-schaften definieren, als durch einkünstlich glattes Gesicht oder einenhochgezurrten Busen?

KURIER: Haben Sie grundsätzlicheRatschläge für ältere Menschen?Koch: Die gelten auch für jüngere: Be-weglich bleiben - körperlich und geis-tig. Regelmäßig Sport oder zumindestSpazierengehen, vernünftige Ernäh-rung, viele Interessen, viele sozialeKontakte. Und vor allem: Neugierigsein und immer wieder Neues lernen.

KURIER: Es gibt unglaublich viel medi-zinische Literatur, Ratgeber und Fach-bücher. Warum machten Sie sich ansVerfassen Ihrer Gesundheitsbücher?Koch: Wenn Sie meine Bücher lesen,

dann werden Sie merken, dass sie et-was anders sind als die üblichen »Rat-geber«. Es sind Dialoge mit den Lesern,und sie versuchen, die ja oft sehr kom-plexen medizinischen Fakten so bild-haft darzustellen, dass sie von jeder-mann verstanden werden. Ich habedas bei meinen Patienten gelernt, dieunbedingt verstehen sollten, warumich ihnen eine Behandlung vorschlug.Schließlich gibt es viele Studien, diezeigen, dass Selbstheilungskräfte undTherapieerfolge durch die aktive Mit-arbeit der Patienten wesentlich geför-dert werden.

KURIER: In Ihrer wöchentlichen Radio-sendung »Gesundheitsgespräch«können die Zuhörer anrufen und Ih-nen Fragen stellen. Ist das ein wenigso wie eine »richtige« Sprechstunde?Koch: Kein Internet und keine Sen-dung können den persönlichen Kon-

takt zu einem Arzt ersetzen. Wir kön-nen aber Patienten Mut machen, sichnicht mit einer »5-Minuten-Medizin«abzufinden. Und wir können ihnen ge-wisse grundlegende Informationen zuihren Krankheiten geben, sodass sieihren Ärzten die richtigen Fragen stel-len können. Dass man Zuwendungund Empathie auch via Telefon undMikrofon vermitteln kann, macht das»Gesundheitsgespräch« zu einer soviel gehörten Sendung, denke ich.

KURIER: Sie erwähnen die »5-Minuten-Medizin«. Weshalb haben Ärzte heutenicht mehr Zeit für ihre Patienten?Koch: Weil unser sonst so gutes Ge-sundheitssystem die »sprechende Me-dizin« nicht honoriert und damit prak-tisch abgeschafft oder zu einem»Hobby« der Ärzte gemacht hat. Einevöllig idiotische Politik: Wir habengroßartige technische Verfahren in derMedizin. Aber genauso wichtig - undäußerst billig - wäre das ausführlicheGespräch, die Erfassung der psychoso-zialen Situation eines Patienten unddie Hinwendung zu ihm als ganzheit-licher Person. Damit könnte man vieleteure Maßnahmen sparen.

KURIER: Warum soll man sich der»Diagnose Krebs« nicht schicksalhaftergeben?Koch: „Weil es heute so viele hervorra-gende neue Therapien gibt und weilStudien zeigen, dass Menschen, diesich aktiv gegen so eine Krankheitwehren, die alles tun um wieder ge-sund zu werden, bessere Chancen ha-ben geheilt zu werden, als andere, dieresignieren.

KURIER: Sportliche Aktivität undBewegung wird sowohl bei der Krebs-behandlung als auch Vorbeugungempfohlen. Bringt »Spazierengehengegen Krebs« wirklich was?Koch: Es ist mittlerweile erwiesen, dassmäßiger Ausdauersport sehr wichtigist. Offensichtlich stärkt die Bewegungdas Immunsystem, das man dringendbraucht, um den Krebs zu bekämpfen,aber sie belebt auch den ganzen Kör-per und stärkt ihn dadurch.

Herzlichen Dank, dass Sie sich Zeitgenommen haben für unser Inter-view. Wir wünschen Ihnen weiterhinviel Freude, Erfolg und Gesundheit.

Interview: Christl Horner-KreislFoto: Sessner Dachau

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Dr. Marianne Koch vor der Diskussionsveranstaltung im HELIOS Amper-Klini-kum Dachau. FOTO: Sessner Dachau

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»Die Radiomacher haben ihre Eier verloren«Sänger Sven und Trommler Hont von Jupiter Jones über Kitsch, Kunst, Kommerz und den FC Köln

nAnfang Juli rüstete sich der DachauerRathausplatz für das Musiksommer-Konzert mit Jupiter Jones. Die ECHO-Preisträger schwitzten beim Sound-check, tropische Temperaturen verspra-chen eine, nicht nur musikalisch, heißeNacht. Für unser Interview haben sichJupiter Jones-Schlagzeuger Marco (Hont)Hontheim und der neue Sänger SvenLauer uns im KURIER-Verlag besucht.

KURIER: Wer von Euch ist ???-Fanoder warum habt ihr die Namen ausder beliebten Kinderserie im Band-namen verwendet?Hont: Wir sind alle drei ???-Fans undals wir einen Bandnamen suchten, wa-ren die Fragezeichen Kult. Und sie sindes immer noch. Unsere Generation, diedamit aufgewachsen ist, gibt die ???schon an die eigenen Kindern weiter.

KURIER: Mit dem ersten Album »Ju-piter Jones« das bei Columbia Berlin(Sony) veröffentlicht wurde, kam dergroße Erfolg mit der Singleauskopp-lung »Still«. Braucht man einen Glo-bal Player als Partner oder wäre»Still« so oder so durchgestartetHont: Nein, man braucht das Major-Label. Wir hatten auf den Alben vorherauch Songs, die im Nachhinein be-trachtet super im Radio funktionierthätten und sind damit auch immer zuden Radiostationen gegangen. So einLabel wie Sony kann dann auch maldie Daumenschrauben andrehen undeine Single mit ganz anderen Schubvorstellen und präsentieren. Im Laufeder Jahre sind den Radiomachern einbisschen die Eier abgefallen. Und daswird immer schlimmer, sie haben kei-nen Mut mehr, mal Bands zu featuren,die nicht bei einem großen Label ist.Sven: Wobei man auch sagen muss,dass »Still« nicht nur Radiostationen,sondern auch allen anderen Majorfir-men vorgestellt wurde und keine ein-zige hat das als Single gesehen. DerProdukt-Manager von Columbia Ber-lin, einem Sublabel von Sony, war dereinzige, der gesagt hat, das wird was,das funktioniert – alle anderen hattenwohl Tomaten auf den Ohren.

KURIER: »Still« wurde im April 2011zum meistgespielten deutschspra-chigen Lied im deutschen Radio und

mit einem ECHO ausgezeichnet. Hatman mit einem Hit ausgesorgt?Sven: Also wenn man einmal einen gro-ßen internationalen Hit hatte, der im-mer wieder gecovert wird, dann glaubich schon, dass die Rente gesichert ist.Mit einem deutschen Hit ganz klar Nein.Hont: Es kommt auch immer noch da-rauf an, ob man als Band oder Solo-künstler unterwegs ist, ob man die Tan-tiemen teilen muss oder nicht. Und ummit nur einem Hit ausgesorgt zu haben,müsste es schon ein fettes Ding sein.

KURIER: 2011 und 2014 trat JJ beimBundesvision Song Contest an. Wa-rum wollen ernstzunehmende Musi-ker immer öfter beim Song Contestsmitmachen?Hont: Das hat ja nix mit dem Eurovi-sion Song Contest, mit »ein bisschenFrieden« und so zu tun. Da muss manfür den Raab eine Lanze brechen: dasist unserer Meinung nach die einzigeMusiksendung im Deutschen Fernse-hen, in der die Musiker genauso seindürfen wie sie sind und sein wollen.Der Raab bietet da auch unbekanntenBands eine unglaublich tolle Platt-

form, das ist der Gegenentwurf zumEurovision Song Contest.Sven: Raab präsentiert absolut unbe-kannte Künstler und Bands auf einemunglaublich hohen Niveau. Was zeigt,dass es in dieser Republik viel mehrgute Musiker gibt, als die Leute wahr-nehmen. Und da sind wir wiederbeim Thema Radio – wenn das dannkeine Major-Label-Band ist, wird derSong nicht gespielt und keiner kenntund kauft ihn.

KURIER: Für den Eurovision Songcontestwollt ihr euch also nicht qualifizieren?Beide (wie aus der Pistole geschossen):Nein! Das werden wir niemals tun. Dasist tatsächlich was, wo wir sagen, daspasst überhaupt nicht zu uns.

KURIER: Warum driften geradedeutschsprachige Bands oft insSchlager-Banale ab? Revolverheldhat schon argen Kitsch verfassenund ganz böse abgestürzt aus demGothic-Himmel ist Unheilig. Mussman sich zwischen Kommerz undHerz entscheiden?Hont: Schwieriges Thema. Man kannsich fürs Herz entscheiden und kom-merziell sein, was aber in der deut-schen Sprache sehr schwierig ist. Es istein ganz schmaler Grat zwischen Kitschund Kunst. Bei Schlagern ist schnell dasBanale da und es wird mit den immergleichen Plattitüden gearbeitet. Unddie Deutschen stehen auch nicht zu ih-

rer Schlagerkultur, die Amis tragen ihreCountry-Music stolz vor sich her.Sven: Auch bei uns gehen die Texte zuHerzen, aber auf eine andere Art undWeise, ohne dabei kitschig zu sein –das muss man treffen. Für uns wäre eskeine Option, zehnmal einen ähnlichenTitel zu schreiben, weil wir wissen, da-mit machen wir jetzt große Kasse.Aber manche wollen eben Schlagermachen und das hat auch seine Be-rechtigung. Unheilig ist für mich auchSchlager, Schlager mit Rockgitarre.Aber der Graf erreicht die Menschenmit dem was er macht und der Erfolggibt ihm Recht, er ist seine Bestäti-gung dafür. Es ist ganz schwer, Künst-ler von außen zu beurteilen, ob siesich nur angebiedern oder tatsächlichin eine andere Richtung entwickelthaben und darum ihre alten Fansnicht mehr bedienen. Man sollteKünstler nicht zu schnell aburteilen.

KURIER: Beim Konzert heute wirdSven dem Dachauer Publikum alsneuer Sänger präsentiert. Warumwarst du, als Kindergartenfreund vonSascha, nicht von Anfang an dabei?Sven: Ich hatte mit 14 Jahren zusam-men mit Sascha die erste Band. Aberwie das so geht, ich bin mit 19 nach Kielstudieren gegangen und er ist in der Ei-fel geblieben. Erst hatte er eine Metall-band, daraus ist Jupiter Jones entstan-den – und ich war halt woanders.

KURIER: Welche Frage hättet ihr nochgerne beantwortet?Hont: Spielt der FC wieder international?

KURIER: Der FC was?Sven: Der Hont ist doch FC Köln-Fan!

KURIER: Na gut: Spielt der FC Kölnwieder international?Hont: Also, die haben ja gut einge-kauft und werden sich wahrscheinlichmittel- oder langfristig noch mal inder Bundesliga etablieren – dann hof-fentlich oben in der Tabelle.

Mit diesem frommen Wunsch habich die Jungs wieder auf den tro-pisch-heißen Rathausplatz entlas-sen, auf dem sie nur ein paar Stun-den später Dachau rockten. Dankefür den Blick hinter die Jupiter Jones-und Musikbusiness-Kulissen undweiterhin viel Spaß und Erfolg.

Mehr Fragen und Antworten aufwww.kurier-dachau.de.

Interview: Christl Horner-KreislFoto: Sessner Dachau

Sven und Hont von Jupiter Jones vor ihrem Konzert. FOTO: Sessner Dachau