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Nummer 2 2010 Sankt Martin von Tours: Der Schutzheiliger der Kriegsdienstverweigerer. – Seite 3 • Krieg und Frieden... –Seite 4 •Neues von Soldaten: Seite 5 • Wie man gibt und wie man bekommt: Kontakt und Spendeninformationen des MCN Büros –Seite 6 Von Daniel Hershberger* MCN ist ein Arbeitzweig des Deutschen Mennonitischen Friedenskomitees Als sich der junge Mann zum Abendessen hinsetzt, sieht ihn seine Mutter freundlich an, froh ihren Sohn zu sehen. „War heute ein guter Tag?“, will sie wissen. „Ich habe jemanden gefunden, der mir ein Studium bezahlt“, antwortet er ein bisschen ver legen, während seine Augen sagen: „Es hört sich zu gut an, um wahr zu sein, es kann doch nicht wahr sein, aber ich muss es einfach glauben.“ „Erzähl weiter“, sagt seine Mutter ein wenig reserviert. Auch sie scheint zu glauben, dass dieses Angebot zu gut ist, um wahr zu sein. Der Sohn, stolz, fast schon erwach sen, tut sein Bestes, um seine Mutter zu überzeugen. Er hat sich alles bereits gut angeschaut, versichert er, und er weiß, worauf er sich einlässt. Die Vorzüge dieses Angebots sind einfach zu groß, um darauf zu verzichten. Eine bezahlte Bildung, eine Ausbildung in jedem Beruf, den er anstrebt … Doch der wichtigste aller dieser Vorteile ist etwas Immaterielles: „Außerdem“, sagt er mit wachsendem Selbstbewusstsein, „ist es an der Zeit, dass ich ein Mann werde.“ So weit die Werbung. Sie wird lang sam ausgeblendet, und falls sie „funk tioniert“, wird der Zuschauer nun glauben, dass der junge Mann eine in formierte, verantwortungsbewusste Entscheidung getroffen hat und nun sein Leben in die Hand nimmt. Da dies ein Werbespot für die Armee in Zeiten des Krieges ist, ist es kein Wunder, dass die Wirklichkeit eines Lebens in der Armee und des Krieges selbst unberührt bleiben. Keine Gewehre, kein Blut, kein Trauma. Kein Video über das Herum fahren in einem stickig heißen gepan zerten StrykerFahrzeug, bis plötzlich eine Explosion das Fahrzeug erschüt tert und das Leben der Insassen völlig verändert oder sogar beendet. Nichts davon in dieser Werbung! Tatsächlich erscheint erst in den letzten drei Sekunden des Werbespots das Logo der USArmee, das dem Zuschauer die kleine, aber wichtige Information liefert, dass es hier um sehr viel mehr geht als um eine Ausbildung oder ein en Arbeitsplatz. In Zeiten, in denen das Militär aus Freiwilligen besteht, ist es wichtig, dass der Beruf des Soldaten gut verkauft wird. Damit das geschieht, muss er attraktiv erscheinen. Deshalb werden Werbespots und Anzeigen produziert, die die finanziellen, „moralischen“ und persönlichen Vorteile eines Armeebeitritts anpreis en. Manche machen sich die Aben teuer und Risikolust von Menschen zunutze, andere zeigen alltägliche Ge spräche beim Abendessen oder im Garten, und dann dreht sich die Unter haltung um Studiengebühren und die eigene Zukunft, und spricht dabei einen gewissen Familienstolz, Verant wortungsbereitschaft und das Erwach senwerden an. Auf jeden Fall ist es dabei wichtig, die wahren Kosten des Krieges zu verschleiern. Die Soldaten, mit denen wir ...Fortsetzung auf Seite 6 Seit der letzten Ausgabe...* S O D N U F O F F N

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Nummer 2 2010M i l i t a r y C o u n s e l i n g N e tw o r k

Inhalt:• Sankt Martin von Tours:Der Schutzheiliger derKriegsdienstverweigerer.– Seite 3• Krieg und Frieden...–Seite 4•Neues von Soldaten:­ Seite 5• Wie man gibt und wieman bekommt: Kontakt­und Spendeninformationendes MCN Büros–Seite 6

Das Angebot an den Mann bringen.Von Daniel Hershberger*

MCN ist ein Arbeitzweig des Deutschen Mennonitischen Friedenskomitees

Als sich der junge Mann zumAbendessen hinsetzt, sieht ihn seineMutter freundlich an, froh ihren Sohnzu sehen. „War heute ein guter Tag?“,will sie wissen. „Ich habe jemandengefunden, der mir ein Studiumbezahlt“, antwortet er ein bisschen ver­legen, während seine Augen sagen: „Eshört sich zu gut an, um wahr zu sein, eskann doch nicht wahr sein, aber ichmuss es einfach glauben.“

„Erzähl weiter“, sagt seine Mutter einwenig reserviert. Auch sie scheint zuglauben, dass dieses Angebot zu gutist, um wahr zu sein.

Der Sohn, stolz, fast schon erwach­sen, tut sein Bestes, um seine Mutterzu überzeugen. Er hat sich alles bereitsgut angeschaut, versichert er, und erweiß, worauf er sich einlässt. DieVorzüge dieses Angebots sind einfachzu groß, um darauf zu verzichten. Einebezahlte Bildung, eine Ausbildung injedem Beruf, den er anstrebt … Dochder wichtigste aller dieser Vorteile istetwas Immaterielles: „Außerdem“, sagter mit wachsendem Selbstbewusstsein,„ist es an der Zeit, dass ich ein Mannwerde.“

So weit die Werbung. Sie wird lang­sam ausgeblendet, und falls sie „funk­tioniert“, wird der Zuschauer nunglauben, dass der junge Mann eine in­

formierte, verantwortungsbewussteEntscheidung getroffen hat und nunsein Leben in die Hand nimmt.

Da dies ein Werbespot für dieArmee in Zeiten des Krieges ist, ist eskein Wunder, dass die Wirklichkeiteines Lebens in der Armee und desKrieges selbst unberührt bleiben.Keine Gewehre, kein Blut, keinTrauma. Kein Video über das Herum­fahren in einem stickig heißen gepan­zerten Stryker­Fahrzeug, bis plötzlicheine Explosion das Fahrzeug erschüt­tert und das Leben der Insassen völligverändert oder sogar beendet. Nichtsdavon in dieser Werbung! Tatsächlicherscheint erst in den letzten dreiSekunden des Werbespots das Logoder US­Armee, das dem Zuschauerdie kleine, aber wichtige Informationliefert, dass es hier um sehr viel mehrgeht als um eine Ausbildung oder ein­en Arbeitsplatz.

In Zeiten, in denen das Militär ausFreiwilligen besteht, ist es wichtig,dass der Beruf des Soldaten gutverkauft wird. Damit das geschieht,muss er attraktiv erscheinen. Deshalbwerden Werbespots und Anzeigenproduziert, die die finanziellen,„moralischen“ und persönlichenVorteile eines Armeebeitritts anpreis­en. Manche machen sich die Aben­teuer­ und Risikolust von Menschenzunutze, andere zeigen alltägliche Ge­spräche beim Abendessen oder imGarten, und dann dreht sich die Unter­haltung um Studiengebühren und dieeigene Zukunft, und spricht dabeieinen gewissen Familienstolz, Verant­wortungsbereitschaft und das Erwach­senwerden an. Auf jeden Fall ist esdabei wichtig, die wahren Kosten desKrieges zu verschleiern.

Die Soldaten, mit denen wir...Fortsetzung auf Seite 6

Seit der letztenAusgabe...*

...13 neue anfragen.

...1 ehrenhafte entlassung.

...10 vortragstermine.

...neues infomaterial gedruckt.

...MCN webseite neu gestaltet.

...mehr als 30 cm³ Vorschriften des

Militärs auf den neuesten Stand

gebracht.

S ODNU FO FFFNN

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MILITARY COUNSELING NETWORK2*

1,000,000$Die Kosten für die Stationnierung eines US­Soldaten in Afghanistan fürein Jahr, laut Todd Harrison, Budgetbeauftragter am Center forStrategic and Budgetary Assesment in Washington.http://www.defensenews.com/story.php?i=4406846

Im J ahr 2009 wurden Matt Harj u und Ri ch Si ems aus

Gewi ssensgründen ehrenhaft aus dem Mi l i tär entlassen.

44,000$Laut Pentagon die Kosten, die pro Sunde bezahlt werden müssen, um dasbeste Kampfflugzeug der USA, den Lockheed Martin F­22, in der Luft zuhalten. http://www.washingtonpost.com

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3MILITARY COUNSELING NETWORK

Als ich klein war, mochte ich denAnfang des Monats November.Nicht nur, weil ich dann bald Ge­burtstag hatte, sondern auch weilwir im Kindergarten – und in derVorschule Laternen bastelten undschmückten. Am 11. November tru­gen wir diese Laternen in einemgroßen Umzug mit vielen Kinderndurch die Dunkelheit, angeführtvon einem Mann auf einem Pferd:Martin von Tours oder Sankt Mar­tin. Nach diesem Umzug gingen wirvon Tür zu Tür und sangen ein oderzwei Lieder, wofür man uns mitSüßigkeiten belohnte. Ja, genau:kein faules amerikanisches „Trickor treat“! Wir sangen für unsereSüßigkeiten!

In der Schule erklärte man unsdann, wer Sankt Martin war: einrömischer Soldat, der einem Bettlerdie Hälfte seines Mantels gab.(Mein Vater mochte daran beson­ders, dass er seinen halben Mantelgab.) Letztens habe ich allerdingsetwas mehr über diese Geschichteerfahren.

Als Sohn eines römischenKavallerieoffiziers wurde Martinim Alter von fünfzehn Jahren zumMilitär eingezogen. Sein Interesseam Christentum war da schoneinige Zeit gewachsen, was damalssehr ungewöhnlich für Leute ausder Oberschicht war. Nachdem er,der Überlieferung zufolge, einemspärlich bekleideten Bettler vor denToren Amiens seinen halben Mantelgegeben hatte, hatte er nachts eineVision. Jesus erschien ihm und trugden halben Mantel, den Martin

weggegeben hatte, und sagte: „Hierist Martin, der römische Soldat … erhat mich gekleidet.“ Am nächstenMorgen fand Martin den Mantelwieder ganz vor.

Ich habe gehört, dass es nicht vielbringt, nächtliche Jesusvisionen inAnträgen auf Entlassung aus Gewis­sensgründen zu zitieren, aber fürMartin war dies auf alle Fälle einWendepunkt in seinem Glauben.Dennoch dauerte es zwei Jahre, biser die Entlassung aus dem Militärbeantragte, und kurz vor einerSchlacht mit den Galliern weigerteer sich zu kämpfen, wobei er sagte:„Ich bin ein Soldat Christi. Ich kannnicht kämpfen.“

Seine Vorgesetzten fanden diesenZeitpunkt verdächtig (also die üb­liche, allgemeine und viel zu oft ben­utzte Begründung von Vorgesetztenfür die Ablehnung eines Antrags aufKriegsdienstverweigerung ausGewissensgründen) und bezichtigtenihn der Feigheit. Um diese An­schuldigung zu widerlegen, bot eran, unbewaffnet den Truppen voran­zugehen. (Wir glauben, dass dies fürdiejenigen, die heute aus dem Militärentlassen werden wollen, nicht nötigist.) Wie für so viele Kriegsdien­stverweigerer im Laufe derGeschichte hätte dies für Martin mitdem Märtyrertod enden können ­aber die Gallier boten einenFriedensvertrag an, die Schlachtwurde abgesagt und Martin erhieltseine Entlassung.

Martin wurde dann Priester undspäter Bischof. Er gründete einigeKloster und zog sich schließlich ausder Welt zurück und wurde Eremit.

Nach seinem Tod wurde er derSchutzheilige Frankreichs und derSoldaten.

Die Könige der Franken be­wahrten Martins Mantel alsReliquie auf und trugen ihn mitsich, besonders in Schlachten. DerPriester, der sich um den Mantel(lateinisch: cappa) kümmerte,wurde „cappellanu“ genannt.Schließlich wurden alle Priester,die im Militär dienten, „cappellani“genannt, was im Französischen zu„chapelains“, und im Englischentatsächlich zu „chaplain“ (imDeutschen „Kaplan“ (Anm. d. Ü.)wurde. Die Ironie des Ganzen gehtwahrscheinlich über die Köpfeheutiger Militärs und seiner Ka­planen hinweg, wie dies auch beiden Königen er Franken der Fallwar.Quelle. www.wikipedia.com

Sankt Martin von Tours:

By Marius van Hoogstraten*

St. Martin von Tours

Der Schutzheilige der KriegsdienstverweigererEine herzerquickende Geschichte davon, wie sich Glaubensüberzeugungen herausbilden; eine Geschichteüber die vorsätzliche Zerstörung von Militäreigentum und einer beinahe verordneten unehrenhaftenEntlassung aus dem Militär mit anschließender Haft, die dann aber mit einer Auflösung des Arbeitsver­hältnisses endete.

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Nach seinem Tod wurde er derSchutzheilige Frankreichs und derSoldaten.

Die Könige der Franken be­wahrten Martins Mantel alsReliquie auf und trugen ihn mitsich, besonders in Schlachten. DerPriester, der sich um den Mantel(lateinisch: cappa) kümmerte,wurde „cappellanu“ genannt.Schließlich wurden alle Priester,die im Militär dienten, „cappellani“genannt, was im Französischen zu„chapelains“, und im Englischentatsächlich zu „chaplain“ (imDeutschen „Kaplan“ (Anm. d. Ü.)wurde. Die Ironie des Ganzen gehtwahrscheinlich über die Köpfeheutiger Militärs und seiner Ka­planen hinweg, wie dies auch beiden Königen er Franken der Fallwar.Quelle. www.wikipedia.com

MILITARY COUNSELING NETWORKKrieg und Frieden, und unsere Bemühungen, dass eine

durch das andere zu ersetzen, indem man zuerst das ganzeLand mit dem einen füllt und dann weggeht.

Natürlich wird das andere dann logischerweise folgen.Konservative mögen das, Liberale akzeptieren das, ich denke, es ist Unfug.

Nachdem er fast ein Jahr lang un­sere Hoffnung auf Wandel„zusammengeschlagen“, sie „aus­geraubt“ und dann weinend ineiner Gasse hat stehen lassen, hattePräsident Obamas Rede in Oslomeiner Meinung nach die gleicheWirkung, wie wenn er ihr „insGesicht gespuckt“ und „böseDinge über ihre Mutter gesagt“hätte.

Natürlich wussten wir immer,dass er kein Pazifist ist. Natürlichwussten wir, dass er den Krieg inAfghanistan für einen „gutenKrieg“ hält.Also hätte es uns nicht so sehrüberraschen sollen, dass er Gandhiund King zitierte und ihreGedanken dann als bloße moralis­che Wahrheiten abtat, als er sagte,dass er als Präsident offensichtlich„nicht nur von ihren Prinzipiengeleitet werden könne“; dass eraußerdem die Plattheit hinzufügte,eine gewaltfreie Bewegung hätteHitler nicht aufhalten können, der,wie wir auch erfuhren mit BinLaden vergleichbar ist. Das hatteich schon länger nicht mehr ge­hört.

Na gut, in Ordnung, denken wir ­er ist eben ein Realist. Er ist einpragmatischer Mann, der inseinem Herzen hohe Idealeherumträgt, aber auch mit „derWelt, wie sie ist“ konfrontiert ist.Er weiß, dass, wenn es hart aufhart kommt, im Schmutz derSchützengräben, weit entfernt voneindeutigen absoluten Wahrheiten,schwierige Entscheidungen getrof­fen werden müssen. Obama erklärt

uns, dass es im Falle eines Kriegesnicht um „gut“ gegen „böse“ geht. Soeinfach ist es dann doch nicht. Eigent­lich ziemlich erfrischend.

„Täuscht euch nicht: Das Böseexistiert tatsächlich in dieser Welt.“Oh.Ich schrecke gewöhnlich ein wenig

zurück, wenn der Mann, der über dasmächtigste Militär der Welt befiehlt,anfängt den Feind „das Böse“ zunennen.

Nicht unbedingt deshalb, weil ichnicht glaube, dass das Böse existiert.Auch nicht deshalb, weil ich immernoch nicht ganz sicher bin, wer derFeind in Afghanistan ist, warum sie soböse sind und wie die Ausweitung desMilitäreinsatzes sie „gut werden“ lässt.Ich denke, mein Zurückschrecken hatmit der Unterscheidung zu tun, die ichzuvor getroffen habe, nämlich zwis­chen klaren absoluten Wahrheiten undTatsachen auf der einen und demChaos der Welt auf der anderen Seite.Ich kann es zwar akzeptieren, wennMenschen sagen, dass die brachialeGewalt dieser Welt es unmöglichmacht, an den hohen Grundsätzen derMoral festzuhalten. Es ist aber etwasanderes, wenn man diese hohen ethis­chen Grundsätze benutzt, um die Ge­walt in dieser Welt zu rechtfertigen.Wenn man auf moralische Wahrheitzurückgreift, um eine Machtpositionzu rechtfertigen wie auch den damitverknüpften Gebrauch tötlicher Ge­walt, heißt das, dass man eine moralis­che Eindeutigkeit und Klarheit für sichin Anspruch nimmt, über die wie ichglaube, kein Mensch verfügt.

Neben „Gut und Böse“ und unsererFähigkeit, diese zu kennen und zuerkennen, werden wir mit sehr viel

http://th03.deviantart.net/fs41/300W/i/2009/061/1/2/Obama___Luther_King_by_BenHeine.jpg

Von Marius van Hoogstraten*

menschlicher Unvollkommenheitkonfrontiert. Kann der Präsidentwirklich „die Wahrheit“ klar genugerkennen, dass sein Urteil überLeben und Tode in so vielen Fällenberechtigt ist? Oder nimmt er esnicht doch eher selbst in die Handund verfügt über „die Wahrheit“, in­dem er sie in einzelne „Wahrheiten“aufspaltet, auf die man nach Be­lieben zurückgreifen kann?

Ehrlich gesagt würde ich in einerPosition, die über so viele Waffenbefehligt, einen Realisten bevorzu­gen. „Gut“ und „Böse“ überlässtman am besten den Aktivisten, diediese Kriterien verwenden können,um die Gleichgültigkeit der Mächtegegenüber menschlichem Leiden zukritisieren, ­ aber, um der LiebeGottes willen, lasst die Mächtediese Begriffe nicht selbst benutzen.Das ist zynisch. Das ist gefährlich.Und deshalb sind US­Präsidentenimmer so furchterregend ­ unddieser ist offensichtlich keine Aus­nahme.

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5MILITARY COUNSELING NETWORK

Es kann schon schwer genug sein, wenn man auf et­was warten muss, für das es einen festen Termin gibt.André Shepherd musste jedoch die Kunst des unbe­fristeten Wartens lernen. Das einjährige Jubiläum vonAndrés Asylantrag in Deutschland ist vorübergegangen,und es gibt immer noch keine klare Information, wanneine Entscheidung gefällt werden wird. DieEntscheidung, diesen Weg zu wählen, war keine leichte,was leicht zu verstehen ist. Eine solche Entscheidunghat vielerlei Konsequenzen und verlangt nach Ant­worten auf Fragen, über die viele von uns nie nachden­ken müssen: Werde ich jemals meine Familie wiedersehen? Werde ich mein Heimatland wieder sehen?Werde ich es schaffen, mich an das neue Land, die neueSprache zu gewöhnen? Aber obwohl die Entscheidung,Asyl zu beantragen und alles hinter sich zu lassen, nichteinfach war, war sie für André jedoch die richtige.

Nachdem er das College besucht und dann versuchthatte, eine Arbeitsstelle zu finden, und nachdem ereinige Monate in seinem Auto gelebt hatte, wurde An­dré von einem Anwerber der Armee davon überzeugt,dass Erfüllung und Sinn im Militär gefunden werdenkönnten. Nach der Grund­ und einer Spezialausbildungwurde André mit seiner Einheit im Irak stationiert, woer die tödlichen Apache Angriffshubschrauber reparierteund damit gewährleistete, dass diese einsatzfähig undgefährlich blieben. Im Laufe der Zeit begann er aufGrund von Begegnungen mit irakischen Zivilisten aufdem Stützpunkt, die Gewalt und Zerstörung, zu den ereinen wesentlichen Teil beitrug, zu hinterfragen: Warumsind wir hier? Wie viele Leben habe ich geholfen aus­zulöschen? Welches Recht haben wir hier zu sein? DieAntworten, die er auf diese Fragen fand, rechtfertigtendie Anwesenheit der USA im Irak nicht.

Wie es bei Überzeugungen oft der Fall ist, wuchsensein Unbehagen und seine Unsicherheit allmählich im­mer mehr und mündeten schließlich in Ablehnung unddem Gefühl, dass er nicht mehr am Irakkrieg teilneh­men konnte. Da er nicht der Definition eines Kriegs­dienstverweigerers aus Sicht des US­Militärs entsprach,die verlangt, dass der Verweigerer gegen jegliche Artvon Krieg ist und nicht gegen einen spezifischen Krieg,war André in einer schwierigen Situation: Sollte er dieStimme seines Gewissens ignorieren und weiter dazubeizutragen, dass die Feinde der Vereinigten Staatenaufgespürt und vernichtet werden, was auch den Todund Leiden von Zivilisten zur Folge hat, oder sollte erauf sein Gewissen hören, auch wenn das eine Haft­

strafe, Diskriminierung und den Verzicht auf dasLeben, wie er es einst kannte, bedeuten könnte.Letztendlich beschloss André, dass das Unterzeichneneines Vertrags mit dem Militär nicht bedeuten darf,dass er sein Gewissens ignoriert. Aufgrund dieserÜberzeugung entfernte sich André 2007 unerlaubt vonder Truppe. Im November 2008 stellte André einenAsylantrag an die deutsche Regierung.

Es ist schon mehr ein Jahr her, seit André seineAsylsuche in Deutschland begann. Für André war esein Jahr voller Vortragstermine und der Not­wendigkeit sich anzupassen. Er hat in Deutschland, inden USA und auf der ganzen Welt viele Unterstützerfür sein Anliegen gefunden. Wie es nicht anders zu er­warten war, steht die Entscheidung seines Falles nochaus. Die Folgen dieser Entscheidung sind bedeutsam.Eine negative Entscheidung stellt die Ernsthaftigkeitder deutschen Kritik am Irakkrieg in Frage. Einepositive Entscheidung könnte andere Soldaten ermuti­gen, sich von Militärstützpunkten in Deutschland zuentfernen und ihrem Gewissen zu folgen, ein Gewis­sen, das oft in der „Alles oder Nichts“­Definition deramerikanischen Kriegsdienstverweigerung gefangenist.

Neues von Soldaten: A n d r é S h e p h e r dVon Daniel Hershberger*

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strafe, Diskriminierung und den Verzicht auf dasLeben, wie er es einst kannte, bedeuten könnte.Letztendlich beschloss André, dass das Unterzeichneneines Vertrags mit dem Militär nicht bedeuten darf,dass er sein Gewissens ignoriert. Aufgrund dieserÜberzeugung entfernte sich André 2007 unerlaubt vonder Truppe. Im November 2008 stellte André einenAsylantrag an die deutsche Regierung.

Es ist schon mehr ein Jahr her, seit André seineAsylsuche in Deutschland begann. Für André war esein Jahr voller Vortragstermine und der Not­wendigkeit sich anzupassen. Er hat in Deutschland, inden USA und auf der ganzen Welt viele Unterstützerfür sein Anliegen gefunden. Wie es nicht anders zu er­warten war, steht die Entscheidung seines Falles nochaus. Die Folgen dieser Entscheidung sind bedeutsam.Eine negative Entscheidung stellt die Ernsthaftigkeitder deutschen Kritik am Irakkrieg in Frage. Einepositive Entscheidung könnte andere Soldaten ermuti­gen, sich von Militärstützpunkten in Deutschland zuentfernen und ihrem Gewissen zu folgen, ein Gewis­sen, das oft in der „Alles oder Nichts“­Definition deramerikanischen Kriegsdienstverweigerung gefangenist.

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arbeiten, erzählen oft, dass ihre Erwar­tungen bzw. das, was ihnen an­gekündigt worden war, nichts mit derWirklichkeit zu tun hat. Junge Männerund Frauen, denen man gesagt hatte,dass sie im Militär finden könnten, wassie vom Leben erwarteten, kommen zuuns mit ihren Problemen, ihren Sorgen,ihrer Lebenswirklichkeit. Diese Wirk­lichkeit besteht oft aus Albträumen,Zerbrochenheit, Einschüchterung undFrustration. Nicht selten sieht die Wirk­lichkeit so aus, dass die schwerenkörperlichen und seelischen Problemeeines verwunderten Soldaten von den­en, die für ihn sorgen sollten und letzt­lich für sein Leben verantwortlich sind,ignoriert oder gar verspottet werden.Auch wird einigen bewusst, dass sieTeil einer Organisation sind, die An­wendung von Gewalt und dieeffektivsten Arten des Tötens zu erkun­den sucht. Diese Erkenntnis lastetschwer auf ihren Gewissen. Auf den er­sten Blick wirkt Geld für das Studium,ein Beruf und Abenteuer angeboten ­doch was ist, wenn man in Wirklichkeitdann Zivilisten sterben sehen muss?Oder wenn man durch eine Autobombeein Bein verliert?

...von Seite 1Woher hätten diese jungen

AmerikanerInnen wissen sollen, wassie tatsächlich erwartet? Das Militär„empfiehlt“ sich, indem es einePrämie von $10.000 bei der erfol­greichen Anwerbung eines Soldatenzahlt und Geld für das Studium wieauch einen Arbeitsplatz verspricht.Die Medien berichten recht wenigüber das tatsächliche Kriegsgeschehenund die Gesellschaft betont den Wertund die Ehrenhaftigkeit desMilitärdienstes. Wie sollen unterdiesen Umständen junge Menschenwissen, dass sie nach der Wirklichkeithinter der Fassade Ausschau haltenmüssen? Wir hoffen, durch unsereArbeit und mit Hilfe dieses Mit­teilungsblatts diejenigen zu in­formieren, die darüber nachdenken,ob sie ins Militär eintreten sollen.Darüber hinaus wollen wir denen, diegenau das getan haben und nun dasMilitär verlassen wollen, aufzeigen,dass ihnen einige Wege offen stehen –auch wenn sie das bislang nichtwussten.*Ubersetzung aus dem

Englischen: Benni Krauss,Jürgen u. Elisabeth Moser,Jakob Fehr, Heiko Prasse.