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Hauptseminar: Strukturerhaltende Zeitintegratoren f¨ ur Anfangswertprobleme Molekulardynamik Franziska Dilger Technische Universit¨ at M¨ unchen 27. Januar 2011

Hauptseminar: Strukturerhaltende Zeitintegratoren fur ... · 1 Einleitung, Historisches und Motivation Was ist Molekulardynamik? Bewegungsgleichungen und Hamiltonsches System 2 Potentiale

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Hauptseminar: Strukturerhaltende Zeitintegratoren furAnfangswertprobleme

Molekulardynamik

Franziska Dilger

Technische Universitat Munchen

27. Januar 2011

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1 Einleitung, Historisches und MotivationWas ist Molekulardynamik?Bewegungsgleichungen undHamiltonsches System

2 Potentiale / Kraftauswertungkurzreichweitige Potentialelangreichweitige PotenitaleAlgorithmen zur effizienten Berechnung

3 ZeitintegrationsverfahrenAnforderungenIn MD-Simulationen verwendeteVerfahrenFehler der Zeitintegration

4 Zusammenfassung und AusblickParallelisierung

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Was ist Molekulardynamik?

Einfuhrung in die klassische MD :

• Computersimulationen imMolekulardesign

• interagierende Teilchen als Partikelmodelliert; im einfachsten Fall alsPunktmassen

• Wechselwirkungen zwischen den Partikeln→ Newtonsche Bewegungsgleichung →Krafteberechnung

• Bestimmung der Zeitentwicklung mittelszeitdiskreter Integration

• Einsatzmoglichkeiten undAnwendungsgebiete : Biologie, Chemie,Physik, Astrophysik undMaterialwissenschaften

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Historisches

• 1957 Einfuhrung der MD-Methode fur die Wechselwirkung von hartenKugeln als Modell von Flussigkeiten (Alder, Wainwright)

• 1964 erste Simulation mit realistischem Potential (Lennard-Jones) furflussiges Argon (Rahman)

• 1967 Verlet: effiziente Datenverwaltung mittels Nachbarschaftslisten,Entwicklung eines Zeitintegrationsverfahrens

• 1974 erste MD-Simulation von Wasser (Stillinger, Rahman)

• 1977 SHAKE-Algorithmus

• 1986 Entwicklung einer Methode fur Kraftberechnunglangreichweitiger Potentiale: Barnes-Hut Methode (Josh Barnes, PietHut)

• 90er Jahre: MD-Simulation auf parallelen Prozessoren → großereSysteme , langere Simulationszeiten

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Hard-Sphere-Model

Modell harter Kugeln :

• Vereinfachung der Teilchen als• ” schwebende runde Kreise ” im zweidimensionalen Raum• ” schwebende runde Kugeln ” im dreidimensionalen Raum

!

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Bewegungsgleichungen und Hamiltonsches System

N-Teilchen-System

Geg.: N Partikel mit jeweiligen Anfangeswerten (Massemi , Ort xi , Geschwindigkeit vi , Impuls pi )

• Newtonsche Bewegungsgleichung:

mi xi = Fi i = 1, ...,N

mit Fi = −∇xiV (x1, ..., xN)

• im Hamilton-Formalismus:

xi = ∇piH, pi = −∇xiH, i = 1, ...,N

mitH(x1, ..., xN , p1, ...pN) =

∑Ni=1

p2i2mi

+ V (x1, ..., xN)

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Bewegungsgleichungen und Hamiltonsches System

• System von Differentialgleichungen erster Ordnung:

xi = m−1i pi , pi = −∇xiV (x1, ..., xN)

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Potentiale

des Kraftfeldes.jpg

Vtot = Vbond + Vangle + ...+ VvdW

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Potentiale

Einige einfache Potentiale

Potentielle Energie:

V (x1, ...xN) =N∑i=1

N∑j=1,j>i

U(rij) rij := ‖xj − xi‖

• van der Waals-Potential:

U(rij) = −a(

1

rij

)6

• Lennard-Jones-Potential:

U(rij) = αε

((σ

r ij

)n

−(σ

r ij

)m)

m < n α =1

n −m

(nn

mm

) 1n−m

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Potentiale

Einige einfache Potentiale

LJ-(12,6)-Potential: Gravitationspotential:

U(rij) = −GGravmimj

rij

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Potentiale

• Ziel: schnellere Auswertung der Potentiale ( naiv Aufwand O(N2) )

Unterschiede zwischen:• kurzreichweitigen Potentialen:

• Linked-Cell-Verfahren

• langreichweitigen Potentialen:• Gitterbasierte Methoden:

Smooth-Particle-Mesh-Ewald-Methode(SPME)• Baumverfahren: Barnes-Hut-Verfahren, Schnelles Multipolverfahren

Definition: kurzreichweitig/langreichweitiges Potential

Ein Potential heißt kurzreichweitig, wenn es fur d > 2 mit zunehmendem rschneller als r−d abfallt, andernfalls heißt das Potential langreichweitig.

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Effiziente Kraftauswertung

Linked-Cell-Verfahren fur kurzreichweitige Krafte:

• Idee: Zerlegung des Simulationsraums Ω in uniforme Teilgebiete(Zellen)

• kurzreichweitige Wechselwirkungen → Abschneideradius rcut

• wahle Seitenlange der Zellen ≥ rcut → Interaktionen auf Partikelbenachtbarter Zellen beschrankt

• Fi ≈∑

Zelle kc,kc∈N (ic)

∑j∈Partikel der Zelle kc

j 6=iFij → Aufwand O(N)

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Effiziente Kraftauswertung

Barnes-Hut-Verfahren:

• Aufbau des Baumes, Quadtree/Octtree• rekursive Zerlegung des Simulationsgebiets in gleich große Teilgebiete

(Zellen), pro Zelle hochstens ein Partikel = Blatter des Quadtrees/Octtrees

• Berechnung der Masseverteilung• Pseudopartikel = innere Knoten des Octtrees, reprasentieren Zellen mit

mehreren Partikeln• geometr. Koord = massengewichtete Mittelung uber Koord. aller

Partikeln in der jeweiligen Zelle• Masse = Gesamtmasse aller Partikel der Zelle

• Berechnung der Krafte

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Effiziente Kraftauswertung

Barnes-Hut-Verfahren:• Berechnung der Krafte

• Idee: Approximation der Kraft von mehreren Teilchen j auf Teilchen idurch Kraft des Pseudopartikels (Zelle in dem Teilchen j liegen) auf dasTeilchen i

• Naherung zulassig, falls gilt:

Θ ≤ d

rmit Θ < 1

d = Seitenlange Große der Zeller = Entfernung des Teilchens vom Massenschwerpunkt des Knotens

• Iteration uber Knoten des Baumes, prufe Wert von Θ• Θ > Schwellwert erneute Unterteilung des Quadranten und

Uberprufung, andernfalls Kraftauswertung

→ Aufwand O(N logN)

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Effiziente Kraftauswertung

Schnelles Multipolverfahren:

• Erweiterung des Barnes-Hut-Verfahrens

• anstatt Partikel-Cluster-Wechselwirkungen betrachte nun nur nochCluster-Cluster Wechselwirkungen

→ Aufwand O(N)

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Zeitintegrationsverfahren

Anforderungen an den Algorithmus

• Exaktheit

• Stabilitat

• Energieerhaltung

• Symplektizitat

• Reversibilitat

• rechnerische Effizienz

• soll große Schrittweiten ermoglichen, trotzdem Stabilitat

• nur eine Kraftauswertung pro Zeitschritt → implizite Verfahren sindausgeschlossen

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Zeitintegrationsverfahren

Moglichkeiten um Zeitintegrationsverfahren zu beschleunigen:

• Integrationsverfahren hoherer Ordnung → bessereKonvergenzordnung → Fehler der Simulation verkleinert , verbesserterStabilitatsbereich → großere Zeitschritte

• Multiple Zeitschrittverfahren bei molekularen Problemen verschiedeneZeitskalen durch Verschiedenheit der Langenskala derBindungs-,Winkel-,Torsionswinkel-, Lennard-Jones undCoulombanteile der Gesamtpotentialfunktion im Problem vorhanden

• Fixieren hochfrequenter Moden durch das Erfullen zusatzlicherNebenbedingungen: Bsp. Shake- und Rattleverfahren

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Zeitintegrationsverfahren

Symplektische Verfahren fur die Zeitintegration

• Stormer-Verlet Verfahren / Geschwindigkeits-Stormer-VerletVerfahren

• Mehrschrittverfahren (Ruckwartsdifferenzenverfahren (BDF) )→ nachste Woche

• Splittingverfahren

• Kompositionsverfahren

• partitionierte Runge-Kutta-Verfahren

Multiple Zeitschrittverfahren - das Impuls-Verfahren

→ Vortrag Hochoszillierende Probleme vom 20.01.2011 Landskron,Richard

Zwangsbedingungen - der Rattle Algorithmus

→ Vortrag SHAKE-und RATTLE vom 16.12.2010 Hofmann, Tobias

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Zeitintegrationsverfahren

Fehler der Zeitintegration fur Einschrittverfahren:

lokaler Fehler in einem Zeitschritt fur ein Verfahren der Ordnung p:

‖ xn+1 − x(h + tn) ‖= O(hp+1)

‖ pn+1 − p(h + tn) ‖= O(hp+1)

globaler Fehler fur ein Verfahren der Ordnung p

‖ xn − x(tend) ‖≤ C · hp · eM(tend−t0) − 1

M

‖ pn − p(tend) ‖≤ C · hp · eM(tend−t0) − 1

M

fur festes Zeitintervall (t0, tend), tend = t0 + n · h mit Zeitschritt h

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Zeitintegrationsverfahren

Experiment chaotisches Verhalten

• zur Untersuchung des exponentiellen Fehlerwachstums betrachte zweieinfach Simulationen mit jeweils tausend Partikeln undunterschiedlichen Anfangsbedingungen zweier Partikel

• Erwartung: diese kleine Storung der Anfangsbedingungen verstarktsich exponentiell in der Zeit

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Zusammenfassung

MD-Simulation ist eine etablierte und mittlerweile sehr robusteSimulationstechnik.

Standig neue Anwendungsgebiete durch:

• Beschleunigung der Algorithmen

• Zunahme der Prozessorgeschwindigkeit

• Parallelisierung der Programme

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Ende

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Ende

Quellen• Numerische Simulation in der Molekuldynamik, Griebel · Knapek ·

Zumbusch · Caglar

• Numerische Mathematik 2, Peter Deuflhard · Folkmar Bornemann

• www5.in.tum.de · Algorithms of Scientific Computing II - Winter 10→ Arbeitsgruppe Lehrstuhl Info 5