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Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
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Inhalt
1. EINLEITUNG ............................................................................................................ 5
2. KOMMUNALE ALLIANZEN ALS ERFOLGSVORAUSSETZUNG ................................. 9
3. HANDLUNGSFELDER ............................................................................................ 11
3.1 Siedlungsstruktur ........................................................................................................... 11
3.1.1 Wohnen ..................................................................................................................................... 11
3.1.2 Nahversorgung ......................................................................................................................... 16
3.1.3 Mobilität, Erreichbarkeit, ÖPNV ............................................................................................. 18
3.1.4 Internetzugang (Breitband) ................................................................................................... 20
3.1.5 Technische Infrastruktur: Ver- und Entsorgungssysteme ................................................... 23
3.1.6 Feuerwehrwesen und Katastrophenschutz ........................................................................ 24
3.1.7 Rettungswesen ......................................................................................................................... 26
3.2 Bildungslandschaften und lebenslanges Lernen ..................................................... 29
3.2.1 Bildungskette mit Übergängen ............................................................................................. 29
3.2.2 Schulstandortplanung ............................................................................................................. 34
3.2.3 Kultur und außerschulische Lernorte .................................................................................... 37
3.3 Lebenswelten ............................................................................................................... 40
3.3.1 Kinder, Jugendliche und Familien ........................................................................................ 40
3.3.1.1 Kinderbetreuung ............................................................................................................... 40
3.3.1.2 Attraktiver Lebensraum für Kinder und Jugendliche ................................................. 42
3.3.1.3 Jugend und Armut ........................................................................................................... 47
3.3.2 Leben im Alter .......................................................................................................................... 50
3.3.3 Menschen mit Handicaps ...................................................................................................... 52
3.3.4 Menschen mit Migrationshintergrund .................................................................................. 55
3.4 Gesundheit und Soziales ............................................................................................. 58
3.4.1 Gesundheitswesen .................................................................................................................. 58
3.5.2 Pflege ......................................................................................................................................... 62
3.6 Arbeit und Wirtschaft ................................................................................................... 65
3.6.1 Fachkräftesicherung ............................................................................................................... 65
3.6.2 Unternehmensansiedlungen ................................................................................................. 68
4. UMSETZUNG DES HANDLUNGSKONZEPTES DEMOGRAFIE ................................. 71
4.1 Umsetzungsstrukturen im Kreisgebiet......................................................................... 72
4.2 Aufgaben der Kreisverwaltung .................................................................................. 73
4.2.1 Koordinierungsstelle in der Kreisverwaltung........................................................................ 73
4.2.2 Prozessorganisation in der Kreisverwaltung ........................................................................ 74
4.2.3 Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit .......................................................................... 75
4.2.4 Prozess-Monitoring ................................................................................................................... 75
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
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4.3 Bürgerschaftliches Engagement ................................................................................ 77
5. FAZIT ..................................................................................................................... 78
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
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Vorwort
Wir werden älter, weniger und bunter. Diese Aussage steht oft im Zusammenhang mit
dem demografischen Wandel geschrieben. Sie beschreibt plakativ, wie sich unsere
Gesellschaft durch höhere Lebenserwartung, Geburtenrückgang und Zuwanderung
künftig entwickeln wird. Fakt ist, dass der demografische Wandel bereits heute statt-
findet und das künftige Leben im Kreis Dithmarschen verändern wird. Bei der Frage,
wie wir diesem Veränderungsprozess begegnen wollen, liegt unser Hauptaugenmerk
darauf, dass Dithmarschen auch zukünftig eine lebens- und liebenswerte Region
bleibt. Das kann aus meiner Sicht aber nur dann gelingen, wenn wir den unaus-
weichlichen Wandel nicht einfach über uns ergehen lassen, sondern ihn aktiv gestal-
ten.
Schon im Jahr 2005 haben Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Verwaltung und Institutio-
nen in Dithmarschen gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung eine Präventionsstra-
tegie erarbeitet, die das Ziel verfolgt, die Auswirkungen des weniger und älter Wer-
dens abzudämpfen und die Chancen zu ergreifen, die sich durch den Wandel er-
geben. Diese Strategie gilt es nun weiterzuentwickeln. Entscheidend wird dabei sein,
dass wir gemeinsam die Potenziale der Region nutzen, um Dithmarschen als attrakti-
ven Lebens- und Wirtschaftsraum zu erhalten. Infrastrukturen, soziale Einrichtungen
und Bildungsstätten müssen demografiefest gemacht werden.
Die interkommunale Zusammenarbeit ist dabei eine zukunftsweisende Strategie mit
großem Potenzial. Es wäre aus meiner Sicht eine Illusion zu glauben, dass bei einem
fortschreitenden Einwohnerrückgang alle heutigen Infrastruktureinrichtungen auch in
der Zukunft unverändert bestehen bleiben können. Ein interkommunaler „Wettbe-
werb nach Kassenlage“ wäre nicht die richtige Antwort. In den verschiedensten
Handlungsbereichen wird es daher zukünftig vermehrt auf Zusammenarbeit ver-
schiedener Akteure ankommen. Dabei gilt es, auch für neue oder veränderte inter-
kommunale Kooperationen aufgeschlossen zu sein.
Das vorliegende Handlungskonzept Demografie verfolgt das Ziel, alle Akteure in Ge-
sellschaft, Politik und Verwaltung für die Herausforderungen des bereits stattfinden-
den Wandels zu sensibilisieren und zum aktiven abgestimmten Handeln zu animieren.
Denn nur wenn wir den Wandel als Chance begreifen und uns den Herausforderun-
gen stellen, können wir gemeinsam unsere Zukunft in einem lebens- und liebenswer-
ten Dithmarschen gestalten.
Machen Sie mit, lassen Sie uns unsere Zukunft und die Zukunft Dithmarschens gestal-
ten!
Dr. Jörn Klimant Landrat des Kreises Dithmarschen
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
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1. Einleitung
Der demografische Wandel ist seit mehr als zehn Jahren Thema im Kreis Dithmar-
schen. Die Auswirkungen sind bereits zu spüren und auch in den nächsten Jahrzehn-
ten wird der Wandel zunehmend die gesellschaftliche, wirtschaftliche und strukturelle
Entwicklung des Kreises beeinflussen.
Die Zahl der im Kreis lebenden Menschen nimmt seit 2005 deutlich ab. Wie sehr sich
der seit langem vorhergesagte Trend verstärkt, zeigt sich deutlich daran, dass 2009
die tatsächliche Einwohnerzahl schon erheblich unter der gerade einmal zwei Jahre
alten Prognosezahl lag. Die neueste Prognose vom Frühjahr 2011 sagt für den Zeit-
raum bis 2025 einen Bevölkerungsverlust von 7,2 % voraus. Gleichzeitig erfolgt ein
gravierender Umbau der Altersstrukturen. Der Anteil der Älteren (über 65 Jahre) an
der Gesamtbevölkerung wird bis zum Jahr 2025 von 22 % auf 30 % ansteigen. Im glei-
chen Zeitraum wird die Zahl junger Menschen (unter 20 Jahren) um 25 % abnehmen
und ihr Anteil an der Bevölkerung von 22 % auf 16 % zurückgehen.
Die Folgen der demografischen Veränderungen sind im ländlich strukturierten Kreis
Dithmarschen schon heute deutlich zu erkennen. Und künftig werden die heutigen
Standards an Umfang und Verbreitung in sämtlichen Infrastruktur- und Dienstleis-
tungsbereichen für viele Kommunen allein nicht mehr zu halten sein.
Die Abnahme der Bevölkerung insgesamt führt u.a. dazu, dass das Anbieten von Wa-
ren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs in vielen Ortschaften unwirtschaftlich
wird. Um sich zu versorgen, müssen die in ländlichen Räumen lebenden Personen
daher in Zukunft in verstärktem Maße mobil sein bzw. die Waren müssen mobil wer-
den. Der ÖPNV ist zudem stark durch die Abnahme der Schülerzahlen im ländlichen
Raum betroffen. Hier gilt es, weiterhin den ÖPNV eng mit dem Schülerverkehr zu ver-
Abbildung 1: Bevölkerungspyramide für Dithmarschen in grau das Jahr 2009 dargestellt
Quelle: Bertelsmann Stiftung 2014
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
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Veränderung ausgewählter Altersgruppen bei Kindern und
Jugendlichen
0 - 2
Jährige
3 - 5
Jährige
6 - 9
Jährige
10 - 15
Jährige
16 - 19
Jährige
0
2.000
4.000
6.000
8.000
10.000
12.000
Altersgruppen
An
za
hl
2006 2025
Veränderung der Zahl der Erwerbstätigen in ausgewählten
Altersgruppen
15 - 29
Jährige
30 - 39
Jährige
40 - 49
Jährige
50 - 59
Jährige
über 60
Jährige
0
5.000
10.000
15.000
20.000
Altersgruppen
An
zah
l
2006 2025
knüpfen, integrierte Konzepte zu erstellen und so den ÖPNV wirtschaftlicher für die
Betreiber zu gestalten.
Der Rückgang der Geburtenzahlen führt ohne vorausschauende Planung zur dauer-
haften Unterauslastung von Kindergärten und Schulen, folglich zur Unwirtschaftlich-
keit und letztlich zur Schließung von Standorten. Durch integrierte Planungen gilt es,
diesen Trend frühzeitig zu erkennen und darauf zu reagieren.
Der demografische Wandel führt zu einem Anstieg der Anzahl von älteren Menschen
im Kreis Dithmarschen. Dies führt unter anderem zu steigendem Pflegebedarf und
steigert die Nachfrage nach alternativen Pflege- und Wohnformen. Zudem steigt die
Nachfrage nach kleineren und barrierefreien Wohnungen, da die Zahl der Einperso-
nenhaushalte bei älteren Menschen zunimmt.
Auch die Wirtschaft hat sich auf die Folgen des demografischen Wandels einzustel-
len. Es ist bereits heute ein Rückgang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter zu er-
kennen. Dies führt langfristig zu einem Fachkräftemangel und einem Anstieg von äl-
teren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, worauf sich die Unternehmen einstel-
len müssen.
Abbildung 2: Veränderung der Zahl der Kinder und Jugendlichen
Quelle: Demografiebericht 2011
Abbildung 3: Veränderung der Zahl der Erwerbstätigen
Quelle: Demografiebericht 2011
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
7
Die unausweichlichen Veränderungen wurden in Dithmarschen bereits erkannt und
Handlungsansätze identifiziert. Diese gilt es nun weiterzuentwickeln und damit Dith-
marschen zukunftsfähig zu gestalten. Bei der Gestaltung des Prozesses sieht sich der
Kreis Dithmarschen in der Rolle des Impulsgebers, Moderators, Koordinators und Un-
terstützers. Die demografischen Herausforderungen werden in den Fokus des jeweili-
gen Verwaltungshandelns gestellt. Hierbei gilt es, auf die wesentlichen demografi-
schen Veränderungen aufmerksam zu machen und Anstöße für weitergehende Pla-
nungsprozesse zu geben. Städte und Gemeinden sowie weitere relevante lokale Ak-
teure sind zusammenzuführen, um in einer partnerschaftlichen Kooperation gemein-
sam Handlungsstrategien sowie Projektideen zu entwickeln und umzusetzen.
Der Kreis Dithmarschen hat bereits vor zehn Jahren die Signale der sich anbahnen-
den demografischen Veränderungen erkannt und mit der Gründung einer interdis-
ziplinären Arbeitsgruppe zur Identifizierung der auf den Kreis zukommenden Heraus-
forderungen reagiert. Ergebnis war, dass die Qualitäten des Kreises als Bildungs-
standort, als kinder-, jugend- und familienfreundlicher Standort sowie als senioren-
freundlicher Standort weiterzuentwickeln sind. Workshops, die Erstellung und Veröf-
fentlichung des Demografieberichts und die flächendeckende Befragung aller
Haushalte mit Kindern unter 18 Jahren nach der gefühlten Kinderfreundlichkeit in ihrer
Gemeinde bildeten eine breit angelegte Sensibilisierungsoffensive.
Das Erkennen der Tragweite der demografischen Veränderungen aus diesen ersten
Schritten war der Anlass für die Teilnahme an dem Modellvorhaben der Raumord-
nung (MORO) „Regionalplanerische Handlungsansätze zur Gewährleistung der öf-
fentlichen Daseinsvorsorge“ von 2005-2008. Im Rahmen dieses Projektes haben sich
verschiedene Akteure aus Verwaltung, Kreispolitik und Infrastruktureinrichtungen in
Arbeitsgruppen den Themenkomplexen Bildung, ÖPNV, Kindertagesbetreuung und
Pflege gewidmet. Zu diesen Kernthemen wurden Strategien und Ziele erarbeitet und
in einer Zielvereinbarung festgehalten. Diese in der regionalen Zielvereinbarung ver-
ankerten und durch den Kreistag beschlossenen Ziele finden seither ihren Nieder-
schlag in den relevanten Fachplanungen. Sich verändernde Rahmenbedingungen
und Rechtsgrundlagen machen Anpassungen laufend erforderlich. Dies gilt für das
bisher Geleistete, aber auch darüber hinaus müssen Strategien in verschiedensten
Handlungsfeldern laufend angepasst oder neu erarbeitet werden. Der demografi-
sche Wandel ist ein dynamischer Prozess, somit müssen auch die Strategien dyna-
misch und je nach Entwicklung anpassbar sein.
Die Bearbeitung aller Infrastrukturbereiche im Sinne eines Masterplans ist nur mit ei-
nem hohen personellen wie auch finanziellen Einsatz zu bewerkstelligen. Dem Kreis
Dithmarschen stehen diese Ressourcen als Haushaltskonsolidierungskreis nur in be-
grenztem Umfang zur Verfügung. Im Jahr 2011 hat sich der Kreis Dithmarschen für
eine Teilnahme beim Aktionsprogramm regionale Daseinsvorsorge des Bundes be-
worben, mit dem die Erstellung von Masterplänen finanziell gefördert wird. Während
der Vorbereitung des Wettbewerbsbeitrages wurden aufbauend auf den Zielverein-
barungen aus dem oben erläuterten MORO durch eine breit angelegte Beteiligung
interner und externer Akteure Handlungsfelder identifiziert, die in besonderem Maße
von den Auswirkungen des demografischen Wandels betroffen sind. Für eine Förde-
rung über das Aktionsprogramm zur Ausarbeitung eines Masterplans wurde der Kreis
Dithmarschen leider nicht ausgewählt.
Ohne Anpassungsstrategien würde der Kreis den Folgen des demografischen Wan-
dels in voller Kraft ausgesetzt sein und müsste entsprechend reaktiv den Fehlentwick-
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
8
lungen begegnen. Dies sind zumeist kostspielige Maßnahmen; zudem wird es im
Nachgang vielfach schwierig sein, Fehlentwicklungen wieder rückgängig zu ma-
chen. Da die Auswirkungen des demografischen Wandels auf den Kreis Dithmar-
schen zunehmend spürbar werden, hat sich der Kreis dazu entschieden, ein Hand-
lungskonzept Demografie zu erarbeiten.
Das Identifizieren von Handlungserfordernissen bildet auf der Basis oben genannter
Grundlagen den Schwerpunkt des vorliegenden Konzepts. Der Kreis Dithmarschen
setzt dabei auf eine umfassende Betrachtung. Entgegen vieler Demografie-Konzepte
in Schleswig-Holstein, die sich oft auf wenige Handlungsbereiche fokussieren, wird im
vorliegenden Konzept auf die Breite von infrastruktureller Versorgung über das soziale
Umfeld bis hin zu einem Umdenken in den Verwaltungen eingegangen. Das Konzept
umfasst damit folgende Themenbereiche:
Siedlungsstruktur,
Bildungslandschaften und lebenslanges Lernen,
Lebenswelten,
Gesundheit und Soziales,
Arbeit und Wirtschaft.
Zu den jeweiligen Handlungsfeldern wurden in Zusammenarbeit mit den zuständigen
Fachdiensten der Kreisverwaltung Steckbriefe erstellt, die die Ausgangssituation be-
schreiben, den Handlungsbedarf aufzeigen und Maßnahmen zur Anpassung bzw.
Bewältigung des demografischen Wandels definieren. Dieser ganzheitliche Ansatz
erlaubt eine Betrachtung der Wechselwirkungen, die die Entwicklungen in einzelnen
Bereichen auf andere Themenfelder haben.
Ein besonderer Fokus dieses Konzeptes liegt auf der Bildung kommunaler Allianzen.
Interkommunale Kooperation ist als Dach über der gesamten öffentlichen Daseins-
vorsorge zu verstehen, um auch künftig den ländlichen Raum lebensfähig und le-
benswert zu erhalten. Schon heute gibt es in Dithmarschen einzelne Städte und Ge-
meinden, die infrastrukturell schlechter ausgestattet sind. Um auch langfristig und
trotz rückläufiger Einwohnerzahlen und angespannter Haushaltslage der Kommunen
den ländlichen Raum lebensfähig zu erhalten, werden Kooperationen und eine Kon-
zentration der Entwicklungen auf Orte mit zentralörtlicher Funktion unumgänglich
sein.
Das vorliegende Handlungskonzept richtet sich an die Politik, die Verwaltungen des
Kreises, der Städte und Gemeinden sowie an die Öffentlichkeit im Kreis Dithmar-
schen. Es soll eine Orientierungshilfe und Entscheidungsgrundlage für künftige Hand-
lungsschritte sein und bildet gleichzeitig eine Grundlage für ein künftiges Demografie-
Monitoring in der Region. Nur wenn die Verwaltungen des Kreises, der Ämter, Städte
und Gemeinden sowie die Politik gemeinsam die Umsetzung des Handlungskonzep-
tes tragen, können der demografische Wandel als Chance verstanden und die Po-
tenziale der Region genutzt werden.
Das vorliegende Handlungskonzept Demografie hat der Kreistag auf Empfehlung der
Fachausschüsse am …. beschlossen.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
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2. Kommunale Allianzen als Erfolgsvoraussetzung
Rückläufige Einwohnerzahlen, eine veränderte Altersstruktur und angespannte kom-
munale Haushaltslagen stellen Städte und Gemeinden, insbesondere im ländlichen
Raum, künftig vor die Herausforderung, eine infrastrukturelle Mindestversorgung auf-
recht zu erhalten. Die Folge könnten u.a. die Schließung von Schulstandorten, Auf-
gabe von Einzelhandels- und Dienstleistungsbetrieben sowie die Abnahme der Dich-
te der medizinischen Versorgung sein.
Eine flächendeckende Sicherung der Daseinsvorsorge kann im ländlichen Raum nur
dann gelingen, wenn die Kommunen eng zusammenarbeiten und ihr Handeln ab-
stimmen statt zu konkurrieren. Zur Sicherung der Leistungs- und Handlungsfähigkeit
arbeiten bereits viele Kommunen in Deutschland partnerschaftlich zusammen. Ge-
meinsam lassen sich kommunale Aufgaben besser lösen, wenn Stärken gebündelt
werden, während die Eigenständigkeit und Identität der einzelnen Gemeinden ge-
wahrt bleibt. Positive Effekte einer Kooperation zeigen sich in mehrfacher Hinsicht, z.
B.:
wirtschaftlicherer Einsatz personeller und finanzieller Ressourcen,
Verringerung von Doppelstrukturen in der Aufgabenerfüllung,
Verantwortung in Finanzierungsfragen wird auf mehreren Schultern getragen,
verbessertes und/oder erweitertes Leistungsangebot,
Stärkung der regionalen Identität,
Abbau von Konkurrenzdenken steigert strategisches Gewicht der Region nach
außen,
schonender Einsatz von Ressourcen und somit Schutz der natürlichen Lebens-
grundlagen.
Die Herausforderung der interkommunalen Zusammenarbeit liegt darin, Selbstver-
antwortung für den eigenen Ort zu übernehmen und das Wirkungsgefüge des zent-
ralen Ortes zusammen mit seinem Umland zu betrachten – diese bilden eine Schick-
salsgemeinschaft. Kooperationsziel ist immer das Wohl der Einwohnerinnen und Ein-
wohner in den jeweiligen Städten und Gemeinden unter veränderten Rahmenbe-
dingungen. Interkommunale Kooperation erfordert allerdings auch einen gewissen
Umgang miteinander auf „Augenhöhe“: Jedes Dorf kann für die Region eine Aufga-
be übernehmen, die den Selbstwert erhält und stärkt. Die zentrale Rolle des Hauptor-
tes muss allerdings anerkannt werden. Von einer Kooperation zur Erfüllung kommuna-
ler Aufgaben profitieren die Bevölkerung und die Wirtschaft.
Bei einer rückläufigen Einwohnerzahl ist eine Konzentration auf leistungsfähige
Schwerpunkte immer wichtiger. Das Zentralörtliche System bietet bereits ein Gefüge
von Standorten, das Versorgungseinrichtungen in vertretbarer Entfernung vorhält.
Diese Schwerpunkte infrastruktureller Mindestversorgung gilt es, durch gemeinsames
Planen und Handeln zu stabilisieren und zu stärken.
Informelle und formelle Instrumente sowie Kooperationsformen für gemeinsame Pla-
nungen oder strategische Konzepte zur Sicherung der Daseinsvorsorge gibt es auf
verschiedenen Ebenen. Sie reichen von regionalen Entwicklungskonzepten über
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
10
Stadt-Umland-Konzepte und das Einrichten eines Regionalmanagements oder Küm-
merers bis hin zur gemeinsamen Bauleitplanung oder dem gemeinsamen Betrieb ei-
nes Bauhofs. Die Kooperationsmöglichkeiten sind zahllos. Vielen Kommunen ist aller-
dings noch nicht bewusst, dass es für den Erhalt lebensfähiger und lebenswerter Ge-
meinden im ländlichen Raum künftig kommunaler Bündnisse bedarf, die über punk-
tuelle Kooperationen weit hinausgehen.
„Kommunale Allianzen“, bei denen die Allianzpartner sich mitverantwortlich für die
Stärkung des Gesamtraumes fühlen und – im anzustrebenden Optimalzustand – alle
die Daseinsvorsorge betreffenden Belange im Allianzraum untereinander abge-
stimmt treffen, sind eine Antwort auf die großen Herausforderungen des demografi-
schen Wandels. Grundlage dafür sind gemeinsam erarbeitete fachübergreifende
Entwicklungsstrategien, mit denen die Kräfte in guter Nachbarschaft gebündelt,
aber die Eigenständigkeit und die Identität der einzelnen Gemeinden bewahrt wer-
den. So lassen sich auch Synergieeffekte erzielen, die gerade für kleinere ländliche
Gemeinden oft erst die Voraussetzungen dafür schaffen, geplante Projekte realisie-
ren zu können. Es gilt, die eigenen Stärken in ein Gesamtkonzept einzubringen und
somit den Ressourceneinsatz zu optimieren, Wertschöpfungspotenziale zu erschließen
und attraktive Standortqualitäten zu schaffen. Kommunale Allianzen sind somit ein
geeignetes Mittel, um wettbewerbsfähige Standortqualitäten durch attraktive Le-
bens-, Wohn- und Beschäftigungsperspektiven in den Kooperationsräumen zu schaf-
fen.
Das heute häufig noch fehlende Problembewusstsein erfordert zunächst die Sensibili-
sierung für ein Umdenken, für ein Ändern der Sichtweisen. Die Bildung kommunaler
Allianzen ist Grundvoraussetzung für das Aufrechterhalten von Mindestfunktionen der
öffentlichen Daseinsvorsorge und damit für den Erhalt der Lebensfähigkeit des ländli-
chen Raumes in Dithmarschen. Der Erhalt von Versorgungsfunktionen muss soweit im
Vordergrund stehen, dass im äußersten Fall auch die Abgabe einer Funktion an eine
leistungsstärkere Gemeinde nicht länger als „persönlicher“ Verlust, sondern als Ge-
winn für die kommunale Allianz empfunden wird.
Bei einer Errichtung von Teilräumen im Sinne von Funktionsräumen zur Bildung kom-
munaler Allianzen sind die unterschiedlichen strukturellen Ausgangsvoraussetzungen
der Teilräume des Kreises Dithmarschen zu beachten. Auf der einen Seite gibt es das
Mittelzentrum Heide mit einem städtischen Verdichtungsumfeld, auf der anderen
Seite stark ländlich geprägte Teilräume mit ihren jeweiligen Versorgungszentren.
Der Kreis steht den Kommunen bei der Bildung kommunaler Allianzen beratend und
unterstützend zur Seite, organisiert ggf. Auftaktveranstaltungen und Workshops zur
Initiierung des Prozesses.
Die Kooperationen müssen von den Kommunen selbst gewollt, initiiert und getragen
werden. Kommunale Allianzen sollten ein klares Ziel verfolgen und den Beteiligten
einen Mehrwert einbringen. Nur auf dieser Basis können kommunale Allianzen erfolg-
reich handeln und nachhaltig bestehen. Wenn als sinnvoll erachtet, bildet die Wahl
einer für die jeweilige Kooperation passenden Rechtsform schließlich die Grundlage
für eine Verstetigung und Institutionalisierung der kommunalen Allianz. Den Beteilig-
ten muss bewusst sein, dass es sich dabei um einen Entwicklungsprozess handelt, bei
dem Umfang und Verbindlichkeit der Kooperation stetig wachsen müssen.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
11
Im Kreis Dithmarschen gibt es bereits Ansätze zur kommunalen Kooperation auf ver-
schiedenen Ebenen. Diese Beispiele sind allerdings fachbezogene Einzelfälle bzw.
aufgrund äußerer Einflüsse entstanden.
Seit 2008 gehören alle Städte und Gemeinden des Kreises mit Ausnahme der Stadt
Heide einer Lokalen Aktionsgruppe (LAG) AktivRegion an, die des Amtes Kirchspiels-
landgemeinden (KLG) Eider der LAG AktivRegion Eider-Treene-Sorge e. V. und die
anderen Gemeinden der LAG AktivRegion Dithmarschen e. V. Ziel dieses Bündnisses
ist neben der Steigerung der Wirtschaftskraft und der Beschäftigung auch die Grund-
versorgung im ländlichen Raum zu sichern und die regionale Identität zu stärken. Im
Zeitraum 2007 – 2013 standen der AktivRegion Dithmarschen rund 2 Mio. € EU-
Fördermittel aus dem „Zukunftsprogramm ländlicher Raum“ zur Verfügung. In der
folgenden Förderperiode 2014 – 2020 bestehen die AktivRegionen weiter fort. Der
Erfolg der unterstützten Projekte und Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen
Raumes hängt aber auch hier im Wesentlichen von der Kooperationsbereitschaft der
beteiligten Kommunen ab.
Ein weiteres Beispiel für eine kommunale Allianz im Kreisgebiet ist die im Jahr 2012
durch eine Kooperationsvereinbarung institutionalisierte Stadt-Umland-Kooperation
der Region Heide-Umland. In über 2-jähriger Vorbereitungs- und Planungszeit ist die
seit 2000 bestehende Gebietsentwicklungsplanung GEP zu einem Stadt-Umland-
Konzept weiterentwickelt und fortgeschrieben worden. Besonderer Fokus der Ent-
wicklung der Stadt-Umland-Region wird sein, in den nächsten Jahren das Grundge-
rüst der wirtschaftlichen Aktivitäten zu stabilisieren und zugleich gezielt neue zukunfts-
trächtige Branchen und Erwerbsquellen zu etablieren. Außerdem sollen im Bereich
Wohnen der Wohnungsbau und die Siedlungsentwicklung zu einer neuen Prioritäten-
setzung hin zur Innenentwicklung und zur Bestandssanierung führen. Die Kommunen
wollen hier auf der Basis eines vereinbarten Rahmens verlässlich zusammenarbeiten
und schädliche wechselseitige Konkurrenzen vermeiden. Bei der Realisierung dieser
Entwicklungsziele gilt es vor allem, das „Kirchturmdenken“ zurück zu stellen und durch
gemeinsame Entwicklung den gesamten Kooperationsraum zu stärken.
Neben diesen Allianzen, die mittlerweile auch fest institutionalisiert sind, bestehen
kreisweit weitere punktuelle Kooperationen in verschiedenen Handlungsbereichen. In
Zukunft wird die Sicherung der Funktionsfähigkeit in den Teilräumen entscheidend
von der Motivation vor Ort abhängen, kommunale Allianzen zu schmieden.
3. Handlungsfelder
3.1 Siedlungsstruktur
3.1.1 Wohnen
Ausgangssituation
Zurzeit leben in Dithmarschen rund 133.000 Menschen in ca. 63.000 Haushalten. Das
entspricht einer durchschnittlichen Haushaltsgröße von 2,1 Personen pro Haushalt. Mit
der Altersstruktur der Bevölkerung ändert sich auch die Altersstruktur der Haushalte.
Zukünftig wird es immer mehr Haushalte mit älteren und immer weniger mit jungen
Menschen geben. Diese Veränderung muss vor allem beim Wohnungsbau berück-
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
12
sichtigt werden. Während der Bedarf an Einfamilienhäusern aufgrund der Altersstruk-
tur zurückgehen wird, wird die Nachfrage nach altengerechten Wohnungen in den
kommenden Jahren steigen. Die Entwicklung der Haushalte bestimmt wesentlich die
Nachfrage nach Wohnungen und ist somit eine wichtige Komponente für die Ab-
schätzung des zukünftigen Neubaubedarfes. Weitere Komponenten sind der Ersatz-
bedarf, damit der Wohnungsbestand durch Abriss oder Zusammenlegung von Woh-
nungen nicht abnimmt, sowie eine ausreichende Leerstands- bzw. Mobilitätsreserve,
damit der Wohnungsmarkt funktionieren kann.
Auf der Grundlage dieser drei Bedarfskomponenten ermittelte das Innenministerium
Schleswig-Holstein im Rahmen der Landesplanung für Dithmarschen einen Woh-
nungsneubaubedarf von insgesamt 1.550 Wohnungen für den Zeitraum 2010 bis
2025, der jedoch nur aus dem Ersatzbedarf und der Leerstandsreserve resultiert. Der
Neubaubedarf aufgrund der Entwicklung der Haushalte ist negativ.
Die Bestandsfortschreibung des Statistikamtes Nord von 2011 weist für Dithmarschen
einen Wohnungsbestand von knapp 66.000 Wohnungen aus. Davon ca. 50.000 in
Ein- und Zweifamilienhäusern und knapp 16.000 in Mehrfamilienhäusern.
Damit steht einem Wohnungsbedarf von derzeit 63.000 Wohnungen ein Angebot von
rund 66.000 Wohnungen gegenüber. Das entspricht einer Leerstandsreserve von 4,5
%, die damit deutlich über der für einen gesunden Wohnungsmarkt erforderlichen
Leerstandsreserve von 1 % liegt.
Abbildung 4: Wohnungsneubedarf 2010 bis 2025 in Schleswig- Holstein
Quelle: Wohnungsmarktprognose für Schleswig Holstein bis 2025
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
13
Eine besondere Problematik ergibt sich aus der bestehenden Siedlungsstruktur. In
Dithmarschen werden viele Außenbereichslagen (Splittersiedlungen und Einzellagen)
auch für eine Wohnnutzung in Anspruch genommen. Belastbare Informationen über
die Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt liegen hierzu nicht vor. Laut Aussage des
Gutachterausschusses ist die Nachfrage nach Immobilien im Außenbereich jedoch
deutlich zurückgegangen, so dass auch hier in den nächsten Jahren mit einem An-
stieg der Leerstände zu rechnen ist.
Handlungsbedarf
Eine bedarfsgerechte Wohnraumversorgung ist ein wesentlicher Bestandteil der Da-
seinsvorsorge, die in besonderem Maße auf die demografischen Veränderungen
reagieren muss.
Die steigende Zahl älterer Menschen mit sehr unterschiedlichen Wohnbedürfnissen,
Rückgang der Menschen im Alter zwischen 30 und 45 sowie veränderte Bedürfnisse
von jungen Familien mit Kindern bedeuten, dass im Vergleich zu den letzten Jahr-
zehnten zukünftig von einer quantitativ und qualitativ deutlich geänderten Nachfra-
ge auszugehen ist. Geänderte Lebensformen führen zu einem steigenden Bedarf an
Single-Wohnungen, sowohl bei älteren als auch bei jüngeren Menschen. Gleichzeitig
nimmt damit die Nachfrage nach dem typischen Einfamilienhaus im Wohnbauge-
biet auf der grünen Wiese ab.
Die steigende Zahl älterer Menschen erfordert in zunehmendem Maße neue und zu-
kunftstaugliche Wohn- und Lebensformen bis hin zu Wohnformen der ambulanten
Pflege. Im Heider Nahbereich hat eine Bestandserhebung der Wohngebäude im
Rahmen des Stadt-Umland-Konzeptes (SUK) gezeigt, dass auch die zentrumsnahen
Gemeinden bereits deutlich von Überalterung gezeichnet sind. In zentrumsfernen,
infrastrukturell schlecht ausgestatteten Gemeinden ist von einer deutlich größeren
Problemlage auszugehen. Sowohl die Wohnung als auch die Umgebung muss be-
stimmte Kriterien erfüllen, damit ältere Menschen auch dann noch weitgehend ohne
größere Einschränkungen in ihrer häuslichen Umgebung weiterleben können, wenn
ihre Mobilität ab- und ihre Hilfebedürftigkeit zunehmen.
Um altersgerechte, barrierefreie Wohnungen zu schaffen, bedarf es jedoch nicht
stets eines Neubaus. Auch bestehende Wohnungen lassen sich an geänderte Be-
dürfnisse anpassen. Mit dem Fahrstuhl erreichbare oder ebenerdig gelegene Woh-
nungen ohne Stufen und Schwellen und mit ausreichend breiten Türen ausgestattet
kommen zudem auch jungen Menschen mit Handicap und Familien mit kleinen Kin-
dern zu Gute.
Vor diesem Hintergrund gilt es, die Wohnungsbestände künftig stärker als bisher in die
Angebotsplanung einzubeziehen. Durch Instandsetzung, energetische Sanierung,
Umbau und Aufwertung sind sie an die sich ändernde Nachfrage anzupassen. Dies
gilt insbesondere für die Wohnungsbestände der 1950er, 60er und 70er Jahre, in de-
nen bereits jetzt ein hoher Altersdurchschnitt zu verzeichnen ist. Laut Wohnungs-
marktprognose für Schleswig-Holstein bis 2025 besteht im Kreis Dithmarschen selbst
bei niedriger Bautätigkeit in hohem Maß die Gefahr steigender Leerstände bzw. er-
höhten Abrissbedarfs.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
14
Die Weiterentwicklung des Wohnungsangebotes ist entsprechend dem Ziel des Lan-
desentwicklungsplanes und der gesetzlichen Maßgabe aber auch mit dem Ziel der
Stärkung der Städte und Gemeinden vorrangig auf die Innenentwicklung auszurich-
ten.
Das Wohnraumangebot ist auf demografiefeste Standorte mit hinreichender Infra-
struktur zu konzentrieren. Nur so kann das Ziel, ein für alle Altersgruppen attraktives
Wohnungsangebot und Lebensumfeld zu erhalten bzw. zu schaffen, erreicht werden.
Innenbereichslagen sind konsequent zu nutzen und bedarfsgerechte Neuausweisun-
gen von Wohngebieten bedürfen einer interkommunalen Abstimmung im Sinne
kommunaler Allianzen.
Insbesondere die Konzentration der Wohnfunktion auf demografiefeste Standorte
verlangt ein konsequentes Umdenken in den Gemeinden. Es muss für alle klar sein,
dass ein lebenswerter Fortbestand der kleinen Gemeinden ohne zentralörtliche Funk-
tion nur durch entschlossene Unterstützung der zentralen Orte gesichert werden
kann. Niemand darf sich dabei als Verlierer fühlen, sondern es muss sich ein Gefühl
der Zusammengehörigkeit entwickeln, durch das der scheinbare Verlust von Funktio-
nen einzelner Gemeinden als Gewinn für alle sichtbar wird.
Ein solch gravierendes Umdenken erfolgt jedoch nicht von allein. Vielmehr bedarf es
eines langwierigen Prozesses mit intensiver Auseinandersetzung über Chancen und
Risiken sowie der steten Sensibilisierung durch Denkanstöße und gute Beispiele.
Was wurde bereits getan?
Für eine bedarfsgerechte Anpassung des Wohnungsangebotes gibt es im Kreis Dith-
marschen bereits beispielhafte Ansätze.
Die AktivRegion Dithmarschen (siehe Seite 11) hat in Zusammenarbeit mit dem Kreis
ein Strategiepapier „Wohnen in Dithmarschen – Die Region Dithmarschen als Wohn-
standort bis 2025“ erarbeitet, das Entwicklungsziele, realisierbare Maßnahmen(-
bündel) und Handlungsempfehlungen für die weitere Umsetzung formuliert. Im Jahr
2012 hat der Kreistag das Papier beschlossen.
Im Stadt-Umland-Konzept Heide ist unter Berücksichtigung sowohl der Bevölkerungs-
entwicklung, der Innenentwicklung, der Bestandspflege als auch der Bedarfssituation
die regionale Verteilung und Schwerpunktsetzung durch die SUK-Partner zur Deckung
des regionalen Wohnbaubedarfs festgelegt worden. Zudem werden vor dem Hinter-
grund des sich verändernden Bedarfs flexible Wohnbaukonzepte entwickelt werden
müssen. Die aus den Ergebnissen entwickelte Schlussvereinbarung wurde 2012 von
allen Partnerkommunen unterzeichnet. Sie ist damit verbindlich und wird auch in die
anstehende Fortschreibung des Regionalplanes einfließen.
Um der Innenentwicklung den Vorrang vor der Ausweisung neuer Baugebiete zu ge-
ben, hat die Gemeinde Albersdorf ein Planungsbüro mit der Erfassung innerörtlicher
unbebauter Flächen, die eventuell für eine Bebauung zur Verfügung stehen, beauf-
tragt. Dabei wurden mögliche Freiflächen identifiziert, das Interesse der Eigentümer
zum Verkauf des Grundstücks abgefragt und Datenblätter zur öffentlichen Einsicht
über das Internet erstellt. Die Erfassung der unbebauten Flächen, die eventuell für
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
15
eine Bebauung zur Verfügung stehen, hat dazu geführt, dass Bewegung in die Ver-
marktung der Grundstücke in der Ortslage gekommen ist.
Im Rahmen des Modellprojektes LandZukunft (2012-2014) wurden zur Neubelebung
der Ortskerne zwei Maßnahmen als Leuchttürme der Innenentwicklung in Dithmar-
schen initiiert. Die Gemeinden Wesselburen und Lunden haben unter Inanspruch-
nahme von Fördermitteln innovative Projekte zur Revitalisierung der Ortskerne entwi-
ckelt. Mit der Umsetzung der Investitionsmaßnahmen wurde 2013 begonnen.
Maßnahmen
Die Attraktivität einer Stadt oder Gemeinde für ihre Einwohnerinnen und Einwohner
hängt wesentlich vom Wohnraumangebot und Wohnumfeld ab. Folgende Maß-
nahmen sind beabsichtigt:
Aufgabe Zuständigkeit Partner Priorität
Durchführung einer Ver-
anstaltung mit allen Städ-
ten und Gemeinden zur
Einleitung eines Um-
denkprozesses sowie als
Grundlage für die Erstel-
lung eines Handlungsleit-
fadens für die Beratung
zur künftigen Siedlungs-
entwicklung
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Bau,
Naturschutz und
Regionalentwick-
lung)
Land, externe Berater
(Moderator), Vertreter
aus Kommunen mit gu-
ten Beispielen
hoch
Bestandsaufnahme des
Wohnungsbestandes
(Gebäudetyp, Baujahr,
Sanierungsbedarf,
Standort)
Gemeinde/ Stadt/
Amt
Kreis Dithmarschen: Be-
ratung, Sensibilisierung,
Motivation
hoch
Ermittlung des Bedarfes
(Neubaubedarf, Ersatz-
bedarf, altengerecht, mit
und ohne Pflegeange-
bot, reduzierte Woh-
nungsgrößen für junge
und alte Singles)
Gemeinde/ Stadt/
Amt
Kreis Dithmarschen: Be-
ratung, Sensibilisierung,
Motivation, ggf. Bereit-
stellung von Bevölke-
rungsentwicklungsdaten
hoch
Ermittlung der Innenent-
wicklungspotenziale
(„Baulückenkataster“)
Gemeinde/ Stadt/
Amt
Kreis Dithmarschen: Be-
ratung, Sensibilisierung,
Motivation
hoch
Innenentwicklung (Stär-
kung der Ortskerne) hat
Vorrang vor Ausweisung
neuer Baugebiete
Gemeinde/ Stadt/
Amt
Kreis Dithmarschen: Be-
ratung, Sensibilisierung,
Motivation
hoch
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
16
3.1.2 Nahversorgung
Ausgangssituation
Zum Wohnumfeld gehört unter anderem die Nahversorgung. Das Angebot an Gü-
tern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs vor Ort trägt viel zum attraktiven Le-
bensraum bei.
Im Einzelhandel haben sich in der Vergangenheit die Angebotsformen stark verän-
dert. Als eine Folge des Strukturwandels ist die Zahl der Verkaufsstellen im Lebensmit-
teleinzelhandel in den letzten zehn bis 15 Jahren deutlich zurückgegangen. Insbe-
sondere kleinere, nahversorgungsorientierte Einzelhandelsbetriebe waren von der
Schließung betroffen. Der steigende Marktanteil von Verbrauchermärkten und Dis-
countern verschärft zunehmend die Anforderungen an die Standorte des Lebensmit-
teleinzelhandels. Ein intensiver Wettbewerb erfordert immer größere Einzugsgebiete
und größere Verkaufsflächen und führt zu einer Konzentration der Standorte, die im-
mer mehr auf die Erreichbarkeit mit dem PKW ausgerichtet sind.
Durch das veränderte Verbraucherverhalten – Fokussierung auf Billigangebote, On-
linekäufe und zunehmende Einkaufsmobilität – wird diese Entwicklung unterstützt.
Folgen sind unter anderem Kaufkraftabfluss und innerörtliche Leerstände.
Die Verschlechterung der Nahversorgung wirkt sich insbesondere auf die weniger
mobilen Bevölkerungsgruppen, auf die Älteren, auf Menschen mit Handicap und auf
einkommensschwache Menschen aus.
Der demografische Wandel verstärkt die Auswirkungen des Strukturwandels in den
Bereichen Einzelhandel und Dienstleistungen. Das Angebot von Waren des täglichen
Bedarfes in einzelnen kleinen Dörfern ist aufgrund rückläufiger Einwohnerzahlen nicht
mehr wirtschaftlich. Gleichzeitig steigt der Anteil der weniger mobilen Menschen.
Damit verschärft sich die unzureichende Versorgungssituation im ländlichen Raum
erheblich.
Handlungsbedarf
Die Nahversorgung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs ist ein
wichtiger Bestandteil der gesellschaftlichen Teilhabe. Die Sicherstellung der Nahver-
sorgung ist erforderlich, um die grundsätzlich geforderte „Gleichwertigkeit der Le-
bensverhältnisse“ zu gewährleisten.
Der Kreis Dithmarschen kann die Erhaltung der Strukturen nur mittelbar beeinflussen,
da in erster Linie die Kommunen zuständig sind. Diese befinden sich dabei in einem
Interessenskonflikt. Der Sicherung der Nahversorgung steht die Verbesserung der Ein-
nahmesituation der einzelnen Gemeinde durch die Ansiedlung eines großflächigen
Einzelhandels auf der grünen Wiese gegenüber.
Die vorhandenen planerischen Instrumente sind nicht geeignet, die Nahversorgung
sicherzustellen. Die gesetzliche Maßgabe, dass großflächige Einzelhandelsbetriebe
nur in Kern- und Sondergebieten zulässig sind, wirkt somit bestenfalls indirekt auf die
Nahversorgung.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
17
Die Öffentlichkeit und die örtliche Politik muss für die Problematik sensibilisiert werden.
Ferner ist die Erfassung und Aktualisierung von Daten zur Nahversorgungssituation
notwendig. Basierend darauf sind (ggf. im Rahmen von interkommunalen Kooperati-
onen) regionale Nahversorgungskonzepte zu entwickeln und zu verstetigen. Diese
Konzepte sollten sowohl die Mobilität der Verbraucher als auch alternative Ange-
botsformen wie z. B. Nachbarschaftsläden oder einen mobilen Handel im Blick ha-
ben. Um langfristig tragfähige Lösungen zu erhalten, werden eine regional abge-
stimmte Bündelung der Nahversorgungsangebote auf Versorgungszentren und
gleichzeitig die Verbesserung der Erreichbarkeit aus den Umlandgemeinden erfor-
derlich werden. Dabei wird allerdings ein gleichmäßiger Erhalt der Nahversorgung
nicht in allen Gebieten möglich sein. Teilweise ist diese schon nicht mehr vorhanden.
Was wurde bereits getan?
Im Kreis Dithmarschen beginnt das Umdenken und es entstehen erste Ansätze für
Richtlinien betreffend den Einzelhandel.
Das Stadt-Umland-Konzept (SUK) der Stadt Heide und der Umlandgemeinden bein-
haltet Regelungen zur Sicherung der Nahversorgung in der Region, die die zukünftige
Einzelhandelsentwicklungen bezüglich Neuansiedelungen, Verlagerungen oder Er-
weiterungen von Einzelhandelsbetrieben betreffen. Diese „Ansiedlungsregeln“ sollen
der Einordnung und Beurteilung von Einzelhandelsvorhaben dienen und durch ent-
sprechende politische Beschlüsse untermauert werden.
Maßnahmen
Die Gemeinden sind dahingehend zu sensibilisieren, dass die Sicherstellung der Nah-
versorgung als ein wichtiger Bestandteil der gesellschaftlichen Teilhabe einer abge-
stimmten Planung bedarf. Nur mit diesem Verständnis sind die weiter angeführten
Maßnahmen realisierbar.
Aufgabe Zuständigkeit Partner Priorität
Sensibilisierung der Ge-
meinden, die regionale
Versorgungssituation in
den Vordergrund zu stel-
len
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Bau,
Naturschutz und
Regionalentwick-
lung)
Städte, Ämter und Ge-
meinden: Sensibilisierung
durch Beratung in den
Bereichen Regionalent-
wicklung, Bauleitplanung
und Bauordnung
mittel
Entwicklung regionaler
Nahversorgungskonzepte
Städte, Ämter und
Gemeinden
Kreis Dithmarschen: Bera-
tung, Unterstützung
mittel
Entwicklung neuer Mobili-
täts- und Angebotskon-
zepte
Städte, Ämter,
Gemeinden, Ein-
zelhandel, ÖPNV
mittel
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
18
3.1.3 Mobilität, Erreichbarkeit, ÖPNV
Ausgangssituation
Mobilität ist für die Teilhabe am Arbeits- und Gesellschaftsleben von großer Bedeu-
tung. Die Sicherstellung von Mobilität durch eine nachhaltige Verkehrsinfrastruktur
und ein bedarfsgerechtes Verkehrsangebot gehören zu den zentralen Aufgaben der
Daseinsvorsorge.
Der Kreis Dithmarschen ist für die Planung und Steuerung des öffentlichen Personen-
nahverkehrs (ÖPNV) und somit für die Sicherstellung von öffentlicher Mobilität zu-
ständig.
Der Personennahverkehr in den ländlichen Regionen Schleswig-Holsteins besteht zu
80 % aus Schülerbeförderung. Durch den Rückgang der Schülerzahlen geht auch die
Nachfrage nach öffentlichem Personennahverkehr tendenziell zurück. Gleichzeitig
nehmen die Längen von Fahrstrecken aufgrund von Schließungen von Schulstandor-
ten oder anderen zentralen Versorgungseinrichtungen zu.
Die Mobilität und Erreichbarkeit hat viele Wechselwirkungen mit anderen Themen
dieses Konzeptes, wie der Schulstandortplanung, der Nahversorgung und dem Ge-
sundheitswesen. Da der öffentliche Personennahverkehr die Erreichbarkeit der
Standorte, auf die sich die soziale Infrastruktur, Verwaltung, Einzelhandel usw. zurück-
ziehen, sicherstellen muss, nimmt seine Bedeutung für die Attraktivität und die Le-
bensfähigkeit des ländlichen Raumes zu.
Handlungsbedarf
Die Auswirkungen des demografischen Wandels sind, mit regional unterschiedlichen
Ausprägungen, sehr komplex. Denn mit dem zu erwartenden Bevölkerungsrückgang
wird der Bedarf an Verkehrsdienstleistungen heterogener und erfordert eine Anpas-
sung der Angebote.
Der ÖPNV muss sich von einem Schülerbeförderungssystem zu einem flexiblen Nah-
versorgungssystem für alle Generationen entwickeln, das kreisweit Existenz sichernde
Infrastruktur, Nahversorgung, ärztliche Versorgung etc. ebenso bedient wie Kultur-
und Freizeitangebote.
Für eine effiziente Umstrukturierung des Schülerverkehrs ist eine Abstimmung mit der
Schulentwicklungsplanung bezüglich Linienführung und Fahrzeiten notwendig.
Für mobilitätseingeschränkte Personen hat der ÖPNV eine Schlüsselstellung in Fragen
der Mobilität und Erreichbarkeit. Kundenfreundlichkeit heißt in diesem Fall auch, dass
möglichst viele Institutionen und ihre Angebote zu den notwendigen Zeiten erreich-
bar sind und dass ein Höchstmaß an Barrierefreiheit geschaffen wird, z.B. durch den
Einsatz von Niederflurbussen mit Seitenabsenkung.
Mit einem verstärkten Einsatz flexibler Bedienformen sind räumliche und vor allem
zeitliche Angebotslücken zu schließen, insbesondere in Bereichen, in denen ein Li-
nienverkehr nicht mehr effizient betrieben werden kann.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
19
Was wurde bereits getan?
Im Rahmen des Modellvorhabens der Raumordnung „Regionalplanerische Hand-
lungsansätze zur Gewährleistung der öffentlichen Daseinsvorsorge“ (siehe Seite 7)
hat sich der Kreistag für den öffentlichen Personennahverkehr auf Ziele und Grunds-
ätze verständigt. Im Mittelpunkt steht dabei die langfristige Erreichbarkeit von Einrich-
tungen der öffentlichen und privaten Versorgungsstruktur. Bei einer Veränderung
oder Schließung eines Standortes sollen stets die Folgen für den ÖPNV mit bedacht
und ggf. die Linien des Flächenverkehrs entsprechend angepasst werden. Ein Netz
aus „starken Linien“, das die vorhandenen Bahnstrecken und zwei Regionalbuslinien
umfasst, soll die neue Basis für den ÖPNV sein. Durch dieses Netz wären alle zentralen
Orte in Dithmarschen verbunden. Bei geringer Nachfrage auf den restlichen Verbin-
dungen sollen flexible Bedienformen Berücksichtigung finden. Die Umsetzung der
Ziele und Grundsätze hat teilweise bereits begonnen.
Im Jahr 2010 erfolgte mit dem RUfbus DIthmarschen – kurz RUDI – die Einführung eines
flexiblen Angebots. Das öffentliche Verkehrsangebot im Kreis Dithmarschen wurde
dabei um eine alternative Bedienungsform des Linienverkehrs erweitert. Nur auf Be-
stellung befördert RUDI die Fahrgäste im Kreisgebiet innerhalb des Liniennetzes zwi-
schen den angegeben Haltestellen der jeweiligen Fahrpläne. Die Bestellung muss
etwa 45 Minuten vor Fahrtbeginn erfolgen. Die Zentrale nimmt dann den Fahrt-
wunsch auf, notiert die Ein- und Ausstiegshaltestelle, Abfahrtszeit und die Anzahl der
Personen. Zur angegeben Fahrplanzeit wird der Fahrgast an der vorgegeben Halte-
stelle abgeholt und zur gewünschten Zielhaltestelle befördert. Bei der Beförderung
werden nur Haltestellen mit Zu- oder Ausstiegen bedient. Die Ankunftszeit kann des-
halb vom Fahrplan abweichen. Die Beförderung wird nach den allgemeinen Bus-
fahrpreisen (SH-Tarif) zuzüglich eines Komfortzuschlags von 2 € pro Person und Fahrt
durchgeführt. RUDI ist als Angebot für die schwach besetzten Zeiten geschaffen
worden, in denen sich die ständige Beförderung mit einem Linienbus nicht lohnt. Im
Jahr 2013 wurden im Kreis Dithmarschen insgesamt 918.259 Rufbus-km angeboten;
tatsächlich in Anspruch genommen wurden 190.893 km.
Für eine effiziente Umstrukturierung der Schülerbeförderung zu einem flexiblen Nah-
versorgungssystem ist eine Abstimmung mit der Schulentwicklungsplanung bezüglich
Linienführung und Fahrzeiten notwendig. Der Kreis Dithmarschen ist im Rahmen der
Entwicklung des Leitprojektes „Demografie/ Daseinsfürsorge/ Anpassung der Infra-
struktur“ der Metropolregion Hamburg mit dem Teilprojekt „Verzahnung von Schule,
Schulentwicklungsplanung und ÖPNV“ beteiligt. In diesem Teilprojekt werden seit
Ende 2013 die entsprechenden Wechselwirkungen untersucht.
Maßnahmen
Die Sicherung von Mobilität und Erreichbarkeit öffentlicher und privater Einrichtungen
erfordert eine Anpassung des öffentlichen Personennahverkehrs an den Bedarf. Re-
gelmäßige Einschätzungen der sich verändernden Bedürfnisse und Nutzeranalysen
sind in die Planung einzubeziehen. Spezielle Angebote und Bedienformen für be-
stimmte Zielgruppen, wie z.B. Touristen, müssen geprüft und entwickelt werden.
Die Regionalen Nahverkehrspläne sind weiterhin fortzuschreiben und müssen auch
Perspektiven über den jeweiligen 5-Jahres-Zeitraum hinaus - zunächst bis 2020 - auf-
zeigen. Der erste Schritt bei der Umsetzung ist die Aufstellung eines Regionalen Nah-
verkehrsplanes 2014 – 2018. Ab dem Jahr 2020 bildet der Schülerverkehr kein eigenes
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
20
Netz innerhalb des öffentlichen Nahverkehrs mehr und muss von anderen Netzbe-
standteilen aufgefangen werden.
Aufgabe Zuständigkeit Partner Priorität
Aktualisierung des regiona-
len Nahverkehrsplanes
(RNVP)
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Ordnung
und Sicherheit)
Kommunen und
alle relevanten
Bevölkerungsteile
hoch
Einbeziehung der Schulent-
wicklungsplanung in den
ÖPNV
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Liegen-
schaften, Schulen
und Kommunalauf-
sicht und Fachdienst
Ordnung und Sicher-
heit)
Schulträger hoch
Fortentwicklung des Ange-
bots aufgrund regelmäßiger
Nutzeranalysen und Be-
darfseinschätzungen
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Ordnung
und Sicherheit)
Kommunen und
alle relevanten
Bevölkerungsteile
hoch
Beteiligung am Teilprojekt
der Metropolregion Ham-
burg „Flexible Bedienformen
im ÖPNV“
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Ordnung
und Sicherheit)
hoch
3.1.4 Internetzugang (Breitband)
Ausgangssituation
Der breitbandige Zugang zum Internet ist ein wichtiger Faktor für die regionale Wett-
bewerbsfähigkeit. Die Möglichkeit einer schnellen Datenübermittlung unterstützt zu-
dem die Aufgaben der Daseinsvorsorge. Digitale Dienste, wie E-Commerce, E-
Government, E-Health oder E-Learning können die vorhandenen Strukturen ergän-
zen.
Die Europäische Union hat für eine (gerade noch ausreichende) Breitbandversor-
gung einen Grenzwert von mindestens 2 MBit/s festgelegt. Deutschlandweit verfügen
95 Prozent aller Haushalte über einen Internetzugang mit dieser Geschwindigkeit. In
Dithmarschen sind nach diesem Grenzwert von 114 Kommunen 93 (81,6 %) Kommu-
nen nicht ausreichend mit Breitband versorgt (Stand 2010). Für die Städte Brunsbüttel
und Heide ergeben sich Defizite in den Randbereichen. Lücken weisen auch Ge-
werbe- und Industriegebiete auf, da für Handel, Gewerbe und Industrie bereits jetzt
wesentlich höhere Bandbreiten erforderlich sind.
Die bestehende Unterversorgung erweist sich in zunehmendem Maße als Standort-
nachteil für die Gemeinden und den Kreis bei der Ansiedlung neuer Unternehmen
und der Gewinnung neuer Einwohnerinnen und Einwohner.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
21
Handlungsbedarf
Um einem Bevölkerungsrückgang entgegenzuwirken, muss die Region Dithmarschen
ein attraktiver Standort für Unternehmen sowie ein ansprechender Lebensraum für
Menschen sein. Die Breitbandversorgung beeinflusst beides. Im Kreis Dithmarschen
bestehen erhebliche Nachteile durch das Fehlen einer leistungsfähigen Breitbandinf-
rastruktur mit einer sich verstärkenden Problematik für eine nachhaltige Entwicklung
im wirtschaftlichen und privaten Bereich. Eine leistungsfähige Breitbandversorgung ist
in der bestehenden Informationsgesellschaft mit lokaler, regionaler, überregionaler
und globaler Vernetzung unabdingbar. Ein Ausbau trägt zur Attraktivität Dithmar-
schens bei, verhindert Abwanderung und begünstigt Neuansiedlungen von Unter-
nehmen.
Ein stabiles Breitbandnetz ermöglicht auch eine Einführung von Diensten mit hoher
Datenkapazität und schnellen Zugriffszeiten, z. B. E-Government (digitale Verwal-
tungsangebote), E-Health (digitale Gesundheitsdienste), E-Learning (digitale Bil-
dungsangebote). Das Potenzial elektronischer Dienstleistungsangebote für private
Haushalte dürfte dabei heute bei weitem noch nicht überschaubar sein. Besonders
in den Bereichen Gesundheitswesen und Pflege kann ein leistungsfähiges Daten-
übertragungsnetz ein länger selbständiges Leben im Alter in der eigenen Wohnung
ermöglichen. Schon heute bieten verschiedene Onlineportale in diesen Bereichen
Beratung, Informationsaustausch, Schulungen und soziale Vernetzung. So werden
beispielsweise in dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten
Projekt „easyCare“ pflegende Angehörige durch Informationen und Anleitungen in
einem Internetportal unterstützt. Leicht verständliche Pflegeschulungen und Anlei-
tungsvideos bedürfen aber entsprechend hoher Datenübertragungsraten und damit
hochleistungsfähiger Datennetze. Die Potenziale der neuen Medien können somit
auch neue Antworten auf die Frage geben, wie Menschen im Alter länger unab-
hängig im Haus leben können. Das Beispiel zeigt, dass die Entwicklung digitaler An-
gebote in vielfältigen Lebensbereichen noch am Anfang steht; weitere Angebote
sind zukünftig zu erwarten. Von daher ist eine schnelle Verbesserung der Breitband-
versorgung unabdinglich.
In Gebieten, in denen ein Breitbandausbau in naher Zukunft nicht über den Markt
realisiert wird, erfolgen die Errichtung und der Betrieb des Next Generation Access
(NGA) Netzes unter Beachtung der Leitlinien der Europäischen Union für die Anwen-
dung der Vorschriften über staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit dem schnellen
Breitbandausbau (2013/C 25/01), beziehungsweise den jeweils geltenden nationalen
Regelungen hierzu.
Was wurde bereits getan?
Unter der Federführung der Kreisverwaltung des Kreises Dithmarschen wurden seit
2007 zunächst in den Ämtern und Städten Breitbandbeauftragte und eine Lenkungs-
gruppe installiert sowie Regionalkonferenzen durchgeführt. Die Bedürfnisse der
Kommunen wurden in Bedarfs- und Marktstudien ermittelt. Auf dieser Basis wurde im
Jahr 2010 eine kreisweite Wirtschaftlichkeitsstudie erstellt. Diese belegte, dass ein
kreisweiter FTTB/H-Ausbau (FTTB/H: „Fiber-to-the-building/home“ – Glasfaser bis zum
Gebäude/Haus) technisch und wirtschaftlich realisierbar ist mit einer kreisweiten Soli-
dargemeinschaft. Für den geplanten „Next Generation Access (NGA) Ausbau“ hat
eine Befragung den Bedarf an Bandbreiten von mindestens 25 MBit/s oder höher im
freiberuflichen, landwirtschaftlichen, gewerblichen, klein- und mittelständischer Un-
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
22
ternehmen (KMU) oder Industriebereich in nahezu allen Städten und Gemeinden
nachgewiesen.
Am 23.02.2012 haben 115 der 116 Kommunen des Kreises den Breitband-
Zweckverband Dithmarschen (BZV Dithmarschen) gegründet, der die flächende-
ckende Versorgung des Zweckverbandsgebietes mit hochleistungsfähigen Breit-
bandzugängen (NGA-Netz) zum Ziel hat.
Seit Mai 2013 bereitet der BZV Dithmarschen gemeinsam mit technischen und juristi-
schen Beratungsunternehmen die Vergabe des Breitband-Netzbetriebes im Ver-
bandsgebiet vor. Für die gesetzlich vorgegebene Genehmigung eines NGA-Ausbaus
durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) wurde unter anderem nachgewiesen, dass
kein Kommunikations-Netzbetreiber innerhalb der nächsten drei Jahre eine Kommu-
ne oder ein Gebiet mit leistungsfähigem Breitband im Wege des Eigenausbaus er-
schließen wird. Die zustimmende Stellungnahme der BNetzA zum NGA-Ausbau liegt
mit Datum 20.01.2014 vor.
Nachdem Ende März 2014 die erforderlichen grundsätzlichen Finanzierungszusagen
von Kreditinstituten in Höhe von insgesamt 130 Mio. € vorlagen, ist die EU-weite Aus-
schreibung des BZV Dithmarschen am 12.04.2014 im EU-Amtsblatt veröffentlicht wor-
den. Idealerweise wird die Auswahlentscheidung bis Ende 2014 getroffen.
Ausbauziel bleibt eine flächendeckende FTTB/H-Versorgung. Die Ausschreibung wur-
de allerdings um die Möglichkeit eines Mischmodells aus FTTC-Ausbau (FTTC: Fiber-to-
the-curb – Glasfaser bis zu den bestehenden Kabelverzweigern und Nutzung der be-
stehenden Kupferkabel von dort bis in die einzelnen Gebäude) als Zwischenschritt
und nachfolgendem FTTB/H-Ausbau erweitert, um auf diese Weise mehr potenzielle
Betreiber zu erreichen.
Maßnahmen
Die dringend erforderliche Verbesserung der Breitbandversorgung muss vom BZV
Dithmarschen durch die nachstehenden Maßnahmen realisiert werden. Die Band-
breitenanforderungen der Zukunft sind dabei nach derzeitigem technischen Stand
nur mit Glasfaserkabelnetzen zu gewährleisten.
Aufgabe Zuständigkeit Partner Priorität
Durchführung des
Vergabeverfahrens
mit wettbewerbli-
chem Dialog und
Vertragsschluss
Breitband-Zweckverband
Dithmarschen
Mitglieder des BZV
Dithmarschen, be-
auftragte Bera-
tungsunternehmen
hoch
Herstellung einer zu-
kunftsfähigen Breit-
bandversorgung im
Kreis Dithmarschen
(Glasfaserkabelnetz)
bis spätestens Ende
2020
Breitband-Zweckverband
Dithmarschen: Finanzierung
Leerrohr- und Glasfaserka-
belnetz, Breitband-Netzbe-
treiber (Pächter des Leerrohr-
und Glasfaserkabelnetzes):
Lieferung Aktive Technik und
Netzbetrieb, Provider
Mitglieder des BZV
Dithmarschen
hoch
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
23
3.1.5 Technische Infrastruktur: Ver- und Entsorgungssysteme
Ausgangssituation
Bei der technischen Infrastruktur kann sich der demografische Wandel vor allem auf
die Versorgung mit Trinkwasser und die Entsorgung des Abwassers auswirken. Gerade
im dünn besiedelten ländlichen Raum ist der Aufwand für die Bereitstellung von Ver-
und Entsorgungsanlagen relativ hoch und damit teuer.
In Dithmarschen erfolgt die Wasserversorgung durch die zwei Wasserverbände
Norderdithmarschen und Süderdithmarschen, die Stadtwerke Heide, drei Wasserge-
meinschaften in Albersdorf und Burg sowie den Zweckverband Wasserwerk Wacken.
Zurzeit ist die Versorgung mit Trinkwasser unproblematisch. Aber langfristig wird ein
Rückgang der Bevölkerung bei gleichbleibender Siedlungsstruktur hohe Kosten bei
der Erhaltung der technischen Infrastruktur verursachen. Technische Probleme, wie
die Verkeimung des Trinkwassers durch zu geringe Abnahme, sind allerdings erst bei
sehr starker Bevölkerungsabnahme zu erwarten, und dieses auch nur örtlich sehr be-
grenzt.
Die Entsorgung von Abwasser wird im Kreis Dithmarschen durch gemeindliche Kläran-
lagen und Hauskläranlagen sichergestellt. In der Vergangenheit ist bei einigen Ge-
meinden eine leichte Überlastung der Kläranlagen zurückgegangen. Durch den
Trend zum sparsamen Umgang mit Trinkwasser sinkt die Abwassermenge. Hauskläran-
lagen werden bei Aufgabe eines Hauses außer Betrieb genommen. Bei gemeindli-
chen Kläranlagen führt eine Verringerung der benutzenden Einwohner allenfalls zu
einer Unterlastung der Bakterien in der technischen Reinigungsstufe durch Nährstoff-
mangel. Zu geringe Abwassermengen können jedoch örtlich begrenzt zu einer Ver-
stopfung von Abwasserleitungen führen, größere Auswirkungen können sich aus dem
Schließen von Betrieben, Gaststätten oder gemeindlichen Einrichtungen ergeben.
Handlungsbedarf
Bei der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung sind zurzeit keine Anpassun-
gen notwendig. Allerdings sollte die Entwicklung der Auslastung örtlich differenziert
beobachtet werden, da hier auf lange Sicht Handlungsbedarf entstehen kann.
Was wurde bereits getan?
Eine Anpassung an die demografische Entwicklung war in den beschriebenen Berei-
chen bisher nicht notwendig.
Maßnahmen
Die Beobachtung der Ver- und Entsorgungssysteme ist im Hinblick auf den demogra-
fischen Wandel eine wichtige Aufgabe der Wasserverbände, die sich wie bisher die-
ser Aufgabe verantwortlich widmen werden, und bei Problemen rechtzeitig Gegen-
maßnahmen einleiten.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
24
Aufgabe Zuständigkeit Partner Priorität
Monitoring der Trink-
wasserversorgung
Wasserversorger Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Gesund-
heit, Betreuung und
Projektplanung)
mittel
Monitoring der Ab-
wasserbeseitigung
Städte und Gemeinden Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Wasser,
Boden und Abfall)
mittel
Monitoring der Ober-
flächenentwässerung
Wasser- und Bodenver-
bände
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Wasser,
Boden und Abfall)
mittel
3.1.6 Feuerwehrwesen und Katastrophenschutz
Ausgangssituation
Das Feuerwehrwesen und der Katastrophenschutz dienen der öffentlichen Sicherheit.
Die Sicherstellung eines flächendeckenden abwehrenden Brandschutzes ist eine ge-
setzliche Pflicht der kommunalen Ebenen (§§ 2 und 3 Brandschutzgesetz des Landes
Schleswig-Holstein). Beim Feuerwehrwesen ist der Kreis Dithmarschen für die Leitstelle
sowie die Ausbildung der Feuerwehrangehörigen zuständig. Für den abwehrenden
Brandschutz stehen die Freiwilligen Feuerwehren in kommunaler Trägerschaft zur Ver-
fügung.
Die Anzahl der aktiven Mitglieder in den Freiwilligen Feuerwehren sinkt kontinuierlich.
Zusätzlich fehlt der Nachwuchs im Feuerwehrbereich. Im Kreis Dithmarschen existie-
ren zwar aktuell 25 Jugendfeuerwehren mit einem Personalbestand von 435 Mitglie-
dern, jedoch erfolgt eine Personalübernahme in die Einsatzabteilungen nur bedingt.
Hier macht sich die Abwanderung unter anderem durch Schule und Berufsausbil-
dung deutlich bemerkbar.
Bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist eine Überalterung der Einsatzkräfte zu ver-
zeichnen. Diese Entwicklung könnte sich insoweit als besonders problematisch erwei-
sen, als die Einsatzzahlen aufgrund des demografischen Wandels voraussichtlich
nicht sinken werden. Vielmehr gehen aktuelle Studien davon aus, dass mit zuneh-
mendem Anteil älterer Menschen die Anzahl der Einsätze sogar ansteigen könnte.
Durch das begrenzte Angebot von Arbeitsplätzen im Kreis Dithmarschen ist ein hoher
Anteil berufsbedingter Pendler zu verzeichnen. Diese Pendler stehen den örtlichen
Feuerwehren an Werktagen nicht für Einsätze zur Verfügung, was sich negativ auf
Mannschaftsstärken auswirkt. Zusätzlich ist festzustellen, dass die Bereitschaft der Ar-
beitgeber, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Einsätze freizustellen, immer ge-
ringer wird.
Durch den demografischen Wandel wird die Anzahl der Mitglieder in der Freiwilligen
Feuerwehr weiter abnehmen und das durchschnittliche Alter der verbleibenden Ein-
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
25
satzkräfte zunehmen. Gleichzeitig müssen diese tendenziell mehr Einsätze bewälti-
gen.
In der Zuständigkeit des Kreises liegen der Katastrophenschutz und der Löschzug-
Gefahrgut (LZ-G). Dabei werden die Helferinnen und Helfer aus den Mitgliedern der
Freiwilligen Feuerwehren rekrutiert. Somit hat die Mitgliederentwicklung bei den Frei-
willigen Feuerwehren auch Auswirkungen auf diese Bereiche des Zivil- und Katastro-
phenschutzes.
Handlungsbedarf
Der flächendeckende abwehrende Brandschutz ist nur mit ausreichenden personel-
len und materiellen Ressourcen zu erfüllen. Eine besondere Herausforderung liegt
hierbei in der Sicherstellung einer ausreichenden Personalstärke in den jeweiligen
Einheiten bzw. am Einsatzort. Als Handlungsansätze kommen vor allem eine verstärk-
te Werbung für ein aktives ehrenamtliches Engagement in den Freiwilligen Feuerweh-
ren sowie kommunale Kooperationen in Betracht.
Gleichzeitig muss die Mitgliederzahl beim Katastrophenschutz und dem Löschzug-
Gefahrgut konstant gehalten werden. Hierbei ist zu vermeiden, dass zwischen den
Kommunen und dem Kreis Dithmarschen eine Konkurrenzsituation um die ehrenamt-
lichen Kräfte entsteht.
Was wurde bereits getan?
Erste Handlungsansätze in Dithmarschen waren bereits erfolgreich.
Durch gut ausgebildete Führungskräfte, moderne technische Ausrüstung und eine
gute Jugendarbeit ist es vielen Freiwilligen Feuerwehren gelungen, den Personalbe-
stand aufrechtzuerhalten. Als Beispiel seien die Freiwillige Feuerwehr Weddingstedt
und die Freiwillige Feuerwehr Meldorf genannt.
Kommunale Kooperationen haben in vielen Gemeinden zur Sicherstellung der Ver-
sorgungsqualität beim Brandschutz beigetragen. Dies betrifft solche Gemeinden, bei
denen die Personalstärke der ersteintreffenden Einheit nicht ausreicht. Sind für den
Einsatz nachrückende Einheiten erforderlich, so sind diese Gemeinden auf die Ge-
meindegrenzen überschreitende Zusammenarbeit angewiesen. Diese reicht von der
gleichzeitigen Alarmierung von mehreren Standorten durch die Leitstelle bis hin zur
Bildung von gemeindeübergreifenden Löschzügen, die so in der Alarm- und Aus-
rückeordnung in der Leitstelle hinterlegt sind.
Maßnahmen
Da die Städte, Ämter und Gemeinden Träger des abwehrenden Brandschutzes sind,
kann der Kreis Dithmarschen beim Feuerwehrwesen nur eine koordinierende und be-
ratende Funktion übernehmen. Für den Katastrophenschutz und den Löschzug-
Gefahrgut können dagegen konkrete Maßnahmen umgesetzt werden.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
26
Aufgabe Zuständigkeit Partner Priorität
Für das Feuerwehrwesen:
Einladung Runder Tisch
aus Kreisverwaltung, Kreis-
feuerwehrverband, Vertre-
tern der Gemeinde- und
Amtsverwaltungen und im
2. Schritt Arbeitgeberver-
tretern
Zu behandelnde Themen:
Mitgliederwerbung, Anrei-
ze für Mitgliedschaft,
technische Ausstattung,
Öffentlichkeitsarbeit
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Sicher-
heit und Ordnung)
und Kreisfeuerwehr-
verband: initiierend,
koordinierend und
unterstützend
Städte, Gemeinden
und Ämter als Träger
des Brandschutzes,
Landesfeuerwehrver-
band, Hanseatische
Feuerwehrunfallkasse
(HFUK)
hoch
Für den Katastrophen-
schutz:
Prüfen der Verpflichtung
von Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern der Kreisver-
waltung zur Mitarbeit beim
Katastrophenschutz
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Sicher-
heit und Ordnung)
hoch
Für den LZ-G:
Bereitstellung und Instand-
haltung angemessener
Räumlichkeiten, Bereitstel-
lung zeitgemäßer und be-
darfsgerechter Fahrzeug-
und Gerätetechnik (Fahr-
zeugbeschaffung für den
LZG)
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Sicher-
heit und Ordnung)
hoch
3.1.7 Rettungswesen
Ausgangssituation
Das Rettungswesen soll eine schnelle und kompetente Hilfe vor Ort bei medizinischen
Notfällen und eine qualifizierte Beförderung von Patientinnen und Patienten bei
Krankentransporten bieten. In Dithmarschen übernimmt dieses die Rettungsdienst-
Kooperation in Schleswig-Holstein (RKiSH) im Auftrag des Kreises.
Seit Jahren nehmen die Einsatzzahlen im Krankentransport sowie beim Rettungs- und
Notarztdienst im Kreis Dithmarschen stetig zu. Wurden 1973 im Kreis 5.023 Personen
transportiert, hat sich die Einsatzzahl bis 2010 bereits auf 19.356 nahezu vervierfacht.
2013 wurde der Rettungsdienst im Kreis Dithmarschen 23.560 mal alarmiert. Diese
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
27
Abbildung 5: Verteilung des Einsatzaufkommens nach Altersgruppen:
Krankentransportwagen(KTW), Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) und
Rettungswagen (RTW)
Quelle: RKiSH Jahresstatistik 2011 –VB Dithmarschen
Entwicklung entspricht dabei auch insgesamt dem Trend im Land Schleswig-Holstein.
Der Rettungsdienst ist nicht
mehr eine reine Transportdienst-
leistung, sondern stellt immer
mehr die erste notfallmedizini-
sche Versorgung der Bevölke-
rung dar. Dabei muss das Ret-
tungswesen Versorgungslücken
anderer Bereiche schließen.
Durch die schnelle Entwicklung
der medizinischen Notfallver-
sorgung werden dabei zusätzli-
che Anforderungen an die Ret-
tungsassistentinnen und Ret-
tungsassistenten gestellt. Zu-
dem stehen schon jetzt nicht
mehr genügend Notärztinnen
und Notärzte zur Verfügung, um
die bereits bestehenden Not-
arzt-Systeme zuverlässig zu be-
treiben.
Die fortschreitende Spezialisierung der Krankenhäuser führt ebenfalls zu einem an-
steigenden Transportaufkommen vorrangig beim Krankentransport, aber auch Inten-
siv-Verlegungen zwischen Kliniken nehmen stetig zu.
Die größte Nachfrage der verschiedenen Leistungen der Notfallrettung und Kranken-
transporte besteht bei den Menschen ab 65 Jahren. Durch den demografischen
Wandel werden das Einsatzaufkommen sowie der Anspruch an die Rettungsassisten-
tinnen und Rettungsassistenten bis zum Jahr 2025 in besonderem Maße steigen. Dann
werden die geburtsstarken Jahrgänge 1949-1965 (sog. „Babyboomer“) zwischen 60
und 75 Jahren alt sein und mehr Einsätze auslösen.
Handlungsbedarf
Um dem steigenden Einsatzaufkommen und dem zunehmenden Anspruch an die
Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten gerecht zu werden, ist frühzeitig mit
der Ausbildung neuer Fachkräfte zu beginnen. Für die präklinische Versorgung sind
neue Standards zu entwickeln und die Rettungsassistentinnen und Rettungsassisten-
ten darin zu schulen.
Die Rettungswachen sind der Entwicklung entsprechend anzupassen und ggf. neue
Standorte einzurichten. Zusätzlich müssen ausreichend materielle Ressourcen wie Ret-
tungswagen und sonstige weitere Spezialfahrzeuge (Schwerlast-, Intensivverlegung)
bereitgestellt werden.
Was wurde bereits getan?
Für die zukünftige Ausrichtung hat die RKiSH eine Strategie Rettungsdienst 2025 ent-
wickelt. Begleitend wurden im Rahmen einer Masterthesis „Strategisches Controlling
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
28
Abbildung 6: Einsatzraten in den Altersstufen 2009/ 2010 im Kreis
Dithmarschen
im Rettungsdienst - Untersuchung der langfristigen Veränderung der Kosten- und Leis-
tungsstruktur vor dem Hintergrund des demografischen Wandels am Beispiel der
RKiSH gGmbH“ das zu erwartende Einsatzaufkommen bis 2025, die notwendige Vor-
haltung an Rettungsmitteln und Personal sowie der Finanzbedarf untersucht.
Die Analyse zeigt, dass die Ein-
satzraten in den Personengrup-
pen ab 65 Jahren überproporti-
onal zunehmen. Basierend auf
Soll-, Plan- und tatsächlichen
Werten für das Einsatzaufkom-
men wurde die demografisch
und strukturell bedingte Zunah-
me ermittelt. Die demografgisch
bedingte Steigerungsrate lässt
sich durch eine Hochrechnung
der Einsatzraten je Altersstufe
von 2009/ 2010 bestimmen.
Entsprechend der Bevölkerungs-
prognosen des statistischen Lan-
desamtes lässt sich dieses Ein-
satzaufkommen hochrechnen.
Zudem wird eine strukturelle Ver-
änderung des Einsatzaufkom-
mens ermittelt. Wie eine Rück-
rechnung zeigt, hat sich die In-
anspruchnahme des Rettungs-
dienstes u.a. aufgrund der Sozi-
alstruktur, einer veränderten
hausärztlichen Versorgung usw.
ebenfalls verändert. Es wird da-
her davon ausgegangen, dass
die Einsatzzahlen jährlich um
weitere 1,2 % aus strukturellen
Gründen zunehmen.
Aus dem bis zum Jahr 2025 erwarteten Einsatzaufkommen ergibt sich im Vergleich
zum Jahr 2010 insgesamt eine Steigerung der Gesamtkosten des Rettungsdienstes
von ca. 75 %.
Für die frühzeitige Gewinnung und Qualifizierung von Personal wurde eine Rettungs-
dienst-Akademie gegründet. Dort werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf
neue Herausforderungen in der Notfallmedizin vorbereitet und entsprechend qualifi-
ziert.
Da die Bevölkerungsstruktur sowie die Einsatzzahlen sich kontinuierlich verändern,
überprüft die RKiSH turnusmäßig die Rettungsmittelvorhaltung und passt diese ggf.
an. Aus diesem Grund sind im Januar 2013 ein zusätzliches 12 Stunden Tagesfahrzeug
an der Wache Westerbüttel sowie im Januar 2014 zwei weitere Rettungswagen (Mo-
So im 12 Std. Betrieb) in Krumstedt und Westerdeichstrich in Dienst gestellt worden.
Entsprechend erforderliches Personal hat das Unternehmen bereits eingestellt.
Abbildung 7: Einsatzaufkommen bis 2025 in Dithmarschen
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
29
Maßnahmen
Ziel des Kreises ist es, im Kreisgebiet einen bedarfsgerechten, leistungsfähigen und
effizienten Rettungsdienst vorzuhalten. Eine regelmäßige Überprüfung der Einsatzah-
len und die weitere zeitnahe Anpassung der Ressourcen dienen der Sicherstellung
einer schnellen und kompetenten Hilfe vor Ort bei medizinischen Notfällen und zur
Deckung des wachsendes Bedarfs an qualifizierten Krankentransporten.
Aufgabe Zuständigkeit Partner Priorität
Bereitstellung kleinräumiger
Prognosedaten
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Bau, Na-
turschutz und Regio-
nalentwicklung)
Statistikamt Nord mittel
Bereitstellung aktueller Ein-
satzauswertungen und Statis-
tiken zur Einsatzentwicklung
RKiSH Rettungsdienst Kooperative Regi-
onalleitstelle West
(KRLS West)
hoch
Regelmäßige Überprüfung
und bedarfsgerechte Anpas-
sung der Personal- und
Sachmittelausstattung
RKiSH Rettungsdienst Externe Gutachter
im Rettungswesen
hoch
Bei Bedarf: Bereitstellung von
Bauflächen für eine Erweite-
rung bzw. Neuerrichtung von
Rettungswachen
RKiSH Rettungsdienst Kreis Dithmar-
schen: Beratung
der RKISH und der
Gemeinden
mittel
3.2 Bildungslandschaften und lebenslanges Lernen
3.2.1 Bildungskette mit Übergängen
Ausgangssituation
Der Begriff „Bildungskette“ stellt den Prozess des lebenslangen Lernens dar. Der konti-
nuierliche Erwerb von Kompetenzen und Wissen beginnt im Kleinkindalter und endet
erst im Seniorenalter. Dabei gibt es verschiedene Phasen mit den entsprechenden
Übergängen. Diese gehen von Kindertagesstätte über Schule, Ausbildung, berufliche
Weiterbildung bis zur privaten Weiterbildung im Seniorenalter. Für erfolgreiche Bil-
dungsbiografien ist eine gut ausgebaute bildungsrelevante Infrastruktur notwendig.
Den größten Anteil haben dabei die Schulen.
Im Kreis Dithmarschen ist die Schüleranzahl pro Schule als durchweg sehr gering zu
bezeichnen (durchschnittlich 400 Schülerinnen und Schüler im Sekundarbereich). Im
Vergleich zu den anderen Kreisen des Landes Schleswig-Holstein hat der Kreis Dith-
marschen die geringste Versorgung mit Ganztagsschulangeboten und Betreuungs-
plätzen für Kinder und Jugendliche. Dies ist ein Besorgnis erregender Zustand ange-
sichts der Bedeutung frühkindlicher Bildung für die Bildungsbiografie und des Potenzi-
als von Ganztagsschulangeboten in der Verbesserung der Bildungschancen für Kin-
der (siehe Kapitel 3.3.1.1 und 3.2.2).
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
30
Der wichtigste Übergang in einer Bildungsbiografie ist der Schritt aus der Schule in die
Arbeitswelt. Hier wird die Basis für den langen Lebensabschnitt „Berufsleben“ gelegt.
Die Übergangsgestaltung ist ein individueller Prozess. Doch es existieren signifikante
geschlechtsspezifische und herkunftsbezogene Unterschiede.
Betrachtet man die Ausgangslage der schulischen Qualifikationen, so bestätigen
regionale Erhebungen bundesweite Trends. Junge Frauen erreichen durchschnittlich
höhere Schulabschlüsse und entscheiden sich doppelt so oft für eine schulische Aus-
bildung wie ihre männlichen Altersgenossen. Sie planen auch häufiger ein freiwilliges
Jahr bzw. einen Auslandaufenthalt ein. Dagegen wechseln junge Männer überpro-
portional häufig in eine berufliche Ausbildung. Bei der Ausbildungswahl zeigt sich wei-
terhin ein starker Trend zu geschlechtstypischen Berufen (Agentur für Arbeit 2012).
Jugendliche mit Migrationshintergrund sind unter den Haupt- und Förderschülerinnen
bzw. -schülern stark überrepräsentiert, während nur sehr wenige Migrantinnen und
Migranten den Weg zum Abitur meistern. Nach der Schule streben sie seltener den
direkten Wechsel in eine berufliche Ausbildung an als ihre Altersgenossinnen und Al-
tersgenossen und entscheiden sich häufiger für den Besuch einer weiterführenden
Schule. Dieses hängt aber mit ihrem überdurchschnittlich hohen Anteil unter den
Schülerinnen und Schüler in Hauptschulbildungsgängen zusammen. Ferner sind Ju-
gendliche mit Migrationshintergrund oft weniger sicher in ihrer Zukunftsplanung.
In den letzten Jahren hat sich die Lage auf dem regionalen Ausbildungsmarkt deut-
lich entspannt. Im Jahr 2012 kamen auf 1.677 gemeldete Ausbildungsstellen rund
2.100 Bewerberinnen und Bewerber. Dies entspricht mit einer Quote von 0,80 einer
Verbesserung von 0,5 Punkten im Vergleich zum Vorjahr (Agentur für Arbeit 2012).
Auch der Anteil der Jugendlichen, die zu Schulende bereits eine Ausbildungszusage
haben, steigt stetig (Kreis Dithmarschen 2012). Deckungslücken zeigen sich bisher
bereits im Gastgewerbe, im Einzelhandel, im Handwerk sowie bei naturwissenschaft-
lich-technischen Berufen und im verarbeitenden Gewerbe. So konnten im August
2013 180 Ausbildungsstellen nicht besetzt werden (Agentur für Arbeit 2013). Diese
Entwicklung ist zum einen dem demographischen Wandel, zum anderen dem stei-
genden Fachkräftebedarf aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwunges zuzuschrei-
ben.
Dennoch hat ein erheblicher Teil der Dithmarscher Jugendlichen Probleme beim
Weg in die Ausbildung. Momentan münden etwa 30 Prozent der Schulabgängerin-
nen und -abgänger der Sekundarstufe I in eine Maßnahme der Berufsvorbereitung
ein. Junge Männer, Jugendliche mit Migrationshintergrund sowie Schulabgängerin-
nen und -abgänger mit niedrigem Schulabschluss sind hierbei überrepräsentiert. Je-
doch hatten auch rund 23 Prozent der Maßnahmeteilnehmenden einen mittlerem
Schulabschluss (Verbleibstatistik S.Ü.D. 2013).
Gelingt der Übergang an der ersten Schwelle nicht direkt, so droht langfristig die
Ausbildungslosigkeit. 70 Prozent der bei der Agentur für Arbeit im Jahr 2012 gemelde-
ten unversorgten Bewerbenden waren bereits seit mehr als einem Jahr auf der Suche
nach einem Ausbildungsplatz (Agentur für Arbeit 2012).
Dithmarschen weist eine überdurchschnittlich hohe Ausbildungsquote auf (9,4 im
Vergleich zu 5,7 bundesweit – Agentur für Arbeit 2012). Bei der Ausbildungsqualität
zeigt sich jedoch Entwicklungsbedarf.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
31
Bildung und Weiterbildung sind Grundlagen der wirtschaftlichen Entwicklung und
damit wichtige Voraussetzungen für den Wohlstand und die Lebensqualität insbe-
sondere im ländlichen Raum. Traditionell konzentriert sich die individuelle Bildungszeit
auf das Jugend- und junge Erwachsenenalter. Ausbildung und Studium gelten als
solide Fundamente für die berufliche Zukunft. Allerdings erfordern die technischen
und gesellschaftlichen Entwicklungen darüber hinaus immer mehr die Bereitschaft zur
Veränderung und zum lebenslangen Lernen. Vor diesem Hintergrund ist die Zunahme
des Bevölkerungsanteils älterer Menschen bei insgesamt zurückgehenden Einwoh-
nerzahlen von besonderer Bedeutung. Bis 2025 wird der Anteil der 50- bis unter 65-
Jährigen an der Erwerbsbevölkerung sukzessive steigen und 2025 einen Anteil von
38% gegenüber 29% im Jahr 2006 erreichen. Aufgrund der Veränderung der Alters-
strukturen ist der Renteneintritt der geburtsstarken Jahrgänge quantitativ nicht mehr
auszugleichen. Die Folgen sind ein längerer Verbleib der Beschäftigten im Erwerbsle-
ben und die Notwendigkeit, die Beschäftigungsfähigkeit der Menschen u.a. durch
Weiterbildung und lebenslanges Lernen zu erhöhen.
Handlungsbedarf
Durch den demografischen Wandel nimmt die Schüleranzahl und somit die Bewer-
berzahl für einen Ausbildungsplatz ab. Trotzdem wird auch zukünftig nicht jeder
Schulabsolvent sofort eine Ausbildung beginnen können, da die Ausbildungsreife
teilweise fehlt. Für einen reibungslosen Übergang Schule-Arbeitswelt muss diese ver-
bessert werden. Dafür sind eine gezielte Hinführung zum Schulabschluss und begleite-
te Praxisphasen durch externe Unterstützung von Fachkräften erforderlich. Im Über-
gangssystem sollen die Angebote besser auf die Bedürfnisse der Jugendlichen abge-
stimmt werden. Alle Schulabgängerinnen und –abgänger sollen eine qualifizierte
Ausbildung bekommen. Die Potenziale der Jugendlichen müssen genutzt werden,
um das aufkommende Defizit beim Arbeitskräfteangebot zu minimieren. Dabei kann
die Ausbildungsfähigkeit insbesondere von kleinen und mittelständischen Betrieben
unterstützt werden.
Das Herstellen der bestmöglichen Ausbildungsreife fußt auf Ganztagesangeboten im
vorschulischen sowie schulischen Bereich für jedes Kind. Diese ermöglichen eine frü-
hestmögliche Förderung und bauen Defizite ab. Neben der Schaffung solcher An-
gebote ist auch eine hohe Inanspruchnahme anzustreben.
Zur Sicherung des Arbeitskräfteangebotes im ländlichen Raum ist darüber hinaus der
Erhalt und Ausbau des Weiterbildungsangebotes von zentraler Bedeutung. Da der
Bereich Weiterbildung nur teilweise staatlich organisiert ist, ist eine enge Zusammen-
arbeit und Abstimmung der Akteure des Arbeitsmarktes erforderlich. Dazu zählen
neben den Unternehmen insbesondere die Weiterbildungsanbieter, die Kammern,
die Agentur für Arbeit, das Jobcenter, die Wirtschaftsförderung und das Berufsbil-
dungszentrum Dithmarschen.
Was wurde bereits getan?
Aufgrund eines Beschlusses des Kreistages vom 02.12.2010 übernimmt der Kreis Dith-
marschen seit 2010 eine koordinierende Funktion im Bereich Schule-Arbeitswelt. Dem
Beschluss entsprechend haben die regionalen Akteurinnen und Akteure der Über-
gangsgestaltung für ihre Zusammenarbeit zwei Steuerungsgremien gebildet:
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
32
Abbildung 8: Projektstruktur Jobstarter
Im Strategiekreis, dem Lenkungsgremium, werden strategische Zielsetzungen festge-
legt, finanzielle Aspekte geklärt und neue Projekte bewertet. Vertreten sind hier die
Regelinstitutionen der Übergangsgestaltung: Kreisverwaltung, Schulamt, Regionales
Berufsbildungszentrum, Agentur für Arbeit und Jobcenter.
Die Regionale Steuerungsgruppe als Forum aller Akteurinnen und Akteure der Über-
gangsgestaltung entscheidet auf Empfehlung des Strategiekreises endgültig über die
Gestaltung der Prozesse und Angebote im Übergang Schule-Arbeitswelt. Vertreten
sind hier zusätzlich zu den Institutionen des Strategiekreises u. a. Kammern (IHK), Bil-
dungsträger, Vertretungen aller Schulformen sowie der Kreiselternbeirat.
Zum Übergangsmanagement wurden bereits Projekte initiiert.
Das Projekt Jobstarter verbessert seit Februar 2014 die Ausbildungsfähigkeit kleinerer
und mittelständischer Unternehmen in Dithmarschen und vermittelt schwache Ju-
gendliche gezielt in die Ausbildung.
Die Einrichtung einer Koordinierungsstelle (Bildungsbüro) soll lokale Netzwerke im Be-
reich Schule-Arbeitswelt festigen. Für Ausbildungsbetriebe werden verbindliche Un-
terstützungsstrukturen mit Hilfe von Ausbildungslotsen aufgebaut.
Kampagnen sollen die Attraktivität der dualen Berufsausbildung für junge Frauen
steigern und gleichzeitig geschlechtsspezifisches Berufsverhalten aufbrechen. Zudem
sind die Ausbildungschancen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund durch
spezifische Ansprache der Zielgruppe und Sensibilisierung von Ausbildungsbetrieben
zu verbessern.
Übergangslotsen führten bisher die individuelle Beratung und Begleitung für Jugend-
liche, Eltern, Schulen und Betrieben durch. Seit Mai 2014 sind die Arbeitsinhalte von
Übergangslotsen und Ausbildungslotsen zusammengelegt, so dass ein Angebot
„Ausbildungslotsen“ vorgehalten wird.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
33
Im Rahmen des abgeschlossenen Projektes S.Ü.D. (Sozialraumorientierten Über-
gangsmanagements Dithmarschen) entstand ein abgestimmtes und transparentes
System der Übergangsgestaltung Schule-Arbeitswelt. Die wichtigsten Bestandteile
sind eine regionale Datenbasis (Bestands- und Bedarfsanalyse), regionale Netzwerke,
Systemtransparenz sowie Personal- und Systemqualifizierung.
Neben der institutionellen Verflechtung ist der Kreis Dithmarschen traditionell eng mit
der regionalen Wirtschaft verbunden. Mit dem Praktikumsnetzwerk Dithmarschen und
dem Dialog Schule-Wirtschaft baute der Kreis in den letzten Jahren auch im Bereich
Schule-Arbeitswelt branchenübergreifende Kontakte zu in der Region ansässigen
Betrieben im Bereich der Ausbildungsförderung auf.
In dem Modellvorhaben LandZukunft gibt es die Projekte Praxispool - Talenteförde-
rung, Wegweiser Übergang, Bildungsketten Inklusiv sowie Praktikumsnetzwerk Dith-
marschen. Diese unterstützen aktiv die Fachkräftesicherung. Dabei lernen Kinder und
Jugendliche frühzeitig die Arbeitswelt mit didaktischen Mitteln, z. B. Talentekompass,
kennen.
Maßnahmen
Durch den Bevölkerungsrückgang wird jede und jeder Heranwachsende zu einer
wertvollen Ressource für die lokale Wirtschaft und die Region. Für eine nachhaltige
Fachkräftesicherung muss die Beschäftigungsfähigkeit der Bürger und Bürgerinnen
vorhanden sein. Diese ist nur mit angemessener Qualifizierung sicherzustellen. Zur Ko-
ordination der verschiedenen kreisweiten Maßnahmen im Kontext des lebenslangen
Lernens und der Fachkräftesicherung müssen diese Aktivitäten eng mit den Maß-
nahmen zur Fachkräftesicherung (siehe Kapitel 3.6.1) im Rahmen einer Fachkräfteal-
lianz Dithmarschen abgestimmt werden.
Der Übergang Schule-Arbeitswelt dient als Basis für die weiterführende Qualifizierung
und ist einer der wichtigsten Schritte bei der Schaffung individueller und institutionel-
ler Bildungsketten. Im Kreis Dithmarschen findet das Übergangsmanagement in den
nächsten Jahren im Rahmen des Projektes Jobstarter statt.
Aufgabe Zuständigkeit Partner Priorität
Durchführung des Projek-
tes Jobstarter
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Ge-
sundheit, Betreu-
ung und Projekt-
planung)
Mitglieder der Regi-
onalen Steuerungs-
gruppe, Unterneh-
men, Aus-
bildungsbetriebe
hoch
Akquise von Fördermitteln
aus dem Projekt „Jugend
stärken im Quartier“
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Ge-
sundheit, Betreu-
ung und Projekt-
planung)
Mitglieder der Regi-
onalen Steuerungs-
gruppe, Unterneh-
men, Aus-
bildungsbetriebe
mittel
Konzeption und Realisie-
rung des Bildungsbüros
sowie Akquise von För-
dermitteln zur Finanzierung
des Bildungsbüros
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Ge-
sundheit, Betreu-
ung und Projekt-
planung)
Mitglieder der Regi-
onalen Steuerungs-
gruppe, Unterneh-
men, Aus-
bildungsbetriebe
hoch
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
34
Etablierung einer regiona-
len Bildungsberichterstat-
tung
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Ge-
sundheit, Betreu-
ung und Projekt-
planung)
Schulamt, Berufsbil-
dungszentrum
mittel
3.2.2 Schulstandortplanung
Ausgangssituation
Ein attraktives Bildungsangebot ist für die Region von zentraler Bedeutung, da die
Anziehungskraft von Städten und Gemeinden im Kreis Dithmarschen für Familien, Un-
ternehmen und qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in hohem Maße
von der vorgehaltenen Bildungsinfrastruktur abhängt. Dieses spiegelt sich größtenteils
in der Schulentwicklungsplanung wider.
Im Schuljahr 2011/2012 besuchten in Dithmarschen 15.580 Schülerinnen und Schüler
eine öffentliche allgemeinbildende Schule. Darunter waren 6.000 Fahrschülerinnen
und Fahrschüler. Durch den demografischen Wandel werden die Schülerzahlen im
Zeitraum bis 2025 deutlich sinken. Der prognostizierte Rückgang liegt in Dithmarschen
bei insgesamt knapp 30 %.
Der demografische Wandel wirkt sich auch auf das Berufsschulwesen aus. Hier ma-
chen sich nicht nur die sinkende Zahl junger Menschen, sondern ebenso die wach-
senden Anforderungen in der Arbeitswelt bemerkbar. Das BerufsBildungsZentrum
Dithmarschen (BBZ) mit derzeit etwa 4.300 Schülerinnen und Schülern befindet sich in
der Trägerschaft des Kreises.
Abbildung 9: Einwohnerzahlen in bildungsrelevanten Altersgruppen im
Kreis Dithmarschen bis 2025
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
35
Angesichts dieser starken Abnahme der Schülerzahlen ist die Qualität des Bildungs-
angebotes im ländlich geprägten Kreis Dithmarschen nur durch weitsichtige Stand-
ort- und Organisationsentscheidungen zu erhalten. Die Schulträger und der Kreis als
Träger der Schulentwicklungsplanung können durch bedachtes Handeln den de-
mografischen Wandel auch als Chance zur Verbesserung der Bildungslandschaft
nutzen.
Handlungsbedarf
Ziel des Kreises Dithmarschen ist die demografiefeste Gewährleistung eines gleich-
mäßigen, wohnortnahen und alle Schularten umfassenden Bildungsangebots von
hoher Ausbildungsqualität.
Aufgrund der sinkenden Schülerzahlen sind mehrere Schulstandorte, insbesondere
Außenstellen von Grundschulen, von einer Schließung bedroht, auch wenn die freie
Schulwahl die Prognose der Schülerzahlen und Schülerströme erschwert. Um die
Schulstandorte zukunftsfähig zu machen, müssen die Schulträger zwingend Attraktivi-
tätssteigerungen, Kooperationen und organisatorische Verbindungen entwickeln
und, soweit sinnvoll, umsetzen. Die Notwendigkeit für eine solche Zusammenarbeit
wird zukünftig weiter zunehmen.
Darüber hinaus muss die zeitnahe Erreichbarkeit der Schulen sichergestellt werden.
Hierfür bedarf es einer noch engeren Abstimmung von Schulentwicklungsplanung
und dem öffentlichem Personennahverkehr, da der Anteil der Fahrschülerinnen und
Fahrschüler hoch ist. Aufgrund der Wechselwirkungen ist eine integrierte Schul- und
Verkehrsplanung erforderlich (siehe Kapitel 3.1.3).
Was wurde bereits getan?
Im Rahmen des Modellvorhabens MORO „Regionalplanerische Handlungsansätze
zur Gewährleistung der öffentlichen Daseinsvorsorge“ (siehe S. 6) wurden im Bereich
Bildung durch Szenarienbetrachtung zukünftige Handlungsmöglichkeiten erarbeitet
und in einer Zielvereinbarung festgehalten. Dabei steht die sorgfältige Abwägung
zwischen Ortsnähe und Erreichbarkeit einerseits und der für eine hohe Ausbildungs-
qualität erforderlichen „kritischen Masse“ anderseits im Mittelpunkt. Im Primarbereich
sind die Aspekte Ortsnähe und Erreichbarkeit wichtiger und im Sekundarbereich ist
eine ausreichende Mindestschülerzahl von großer Bedeutung. Für eine eigenständi-
ge Grundschule sind 80 Schülerinnen und Schüler erforderlich. In der Sekundarstufe
beträgt die Untergrenze für die organisatorische Eigenständigkeit 240 Schülerinnen
und Schüler an Gemeinschaftsschulen, an G8-Gymnasien 250 und an G9-Gymnasien
300. In der Sekundarstufe II beträgt die Untergrenze 150 Schülerinnen und Schüler.
Die Realisierung der Ziele wurde mit dem Schulentwicklungsplan 2008 eingeleitet. Es
konnten zwar nicht alle Standorte gesichert werden, aber bei vielen wurde eine
Schließung vermieden. Die inhaltlichen Aussagen der Zielvereinbarung wurden für
die „Ziele und Grundsätze der Schulentwicklungsplanung 2012 -2018“ übernommen,
durch den Schul- und Kulturausschuss bestärkt und den geänderten rechtlichen
Rahmenbedingungen angepasst. Zudem wurden Kennzahlen für die Sicherung von
Schulstandorten festgelegt. Ein Unterschreiten dieser Kennzahlen erfordert ein Han-
deln durch den Kreis und/ oder den jeweiligen Schulträger.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
36
Der Kreistag hat den Schulentwicklungsplan 2012 – 2018 des Kreises Dithmarschen in
seiner Sitzung am 06.12.2012 beschlossen und gleichzeitig in einer Resolution an den
Landtag und die Schleswig-Holsteinische Landesregierung darum gebeten, die
Schulstandorte für Grundschulen im ländlichen Raum weitestgehend abzusichern.
Im Bereich des Berufsschulwesens hat der Kreis Dithmarschen unter der Überschrift
„Berufliche Schulen in Dithmarschen 2020“ ein Konzept zur Weiterentwicklung des
Berufsbildungsstandorts Dithmarschen beauftragt. Das Konzept soll die strategische
Handlungsgrundlage für eine Profilschärfung des BerufsBildungsZentrum Dithmar-
schen unter Berücksichtigung der Auswirkungen des demografischen Wandels und
der Wettbewerbssituation mit umliegenden Regionalen Berufsbildungszentren bilden
und seine Zukunftsfähigkeit sicherstellen. Nach zwischenzeitlicher Vorlage des exter-
nen Gutachtens wird das Konzept für eine abschließende Entscheidung aktuell um
weitere Aspekte, wie z. B. pädagogische Entwicklung des BBZ, schulorganisatorische
Auswirkungen, sozioökonomische Folgen einer möglichen Standortkonzentration,
ergänzt.
Maßnahmen
Die Schulstandorte müssen demografiefest gemacht werden, um ein flächende-
ckendes, möglichst wohnortnahes, qualitativ hochwertiges und alle Schularten um-
fassendes Bildungsangebot zukünftig zu gewährleisten. Dabei behindert die freie
Schulwahl massiv eine sorgfältige Planung. Folgende Maßnahmen wurden bisher
eingeleitet:
Aufgabe Zuständigkeit Partner Priorität
Teil-Fortschreibung des
Schulentwicklungsplans für
den Zeitraum 2012 – 2018
(nach Änderung des S-H
Schulgesetzes 2014)
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Liegen-
schaften, Schulen und
Kommunalaufsicht)
Schulamt (Schulrä-
tin), Lokale Schul-
träger,
Fachdienst Ord-
nung und Sicher-
heit,
(Jugendhilfe),
Ministerium für Bil-
dung und Wissen-
schaft
hoch
Bestandsaufnahme der
Schulstrukturen, langfristi-
ge Schülerzahlenprognose
vor dem Hintergrund der
freien Schulwahl, bewer-
tende Positionierung im
Hinblick auf die künftige
Entwicklung
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Liegen-
schaften, Schulen und
Kommunalaufsicht)
Schulamt (Schulrä-
tin),
lokale Schulträger,
Fachdienst Ord-
nung und Sicher-
heit,
hoch
Einbeziehung der Schul-
entwicklungsplanung in
den ÖPNV
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Liegen-
schaften, Schulen und
Kommunalaufsicht
und Fachdienst Ord-
nung und Sicherheit)
Schulträger hoch
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
37
Ausstattung der ALS und
der kreiseigenen Gymna-
sien mit Verwaltungs- und
Hilfspersonal, Sachbedarf
und Räumlichkeiten
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Liegen-
schaften, Schulen und
Kommunalaufsicht)
Schulkonferenzen,
Schulleitungen
mittel
Ausbau der Ganztagsan-
gebote, Fortsetzung der
Schulsozialarbeit
Schulen (Schulleitung
und -konferenz),
Schulträger
Schulaufsicht, Minis-
terium für Bildung
und Wissenschaft,
Träger der Jugend-
hilfe
hoch
3.2.3 Kultur und außerschulische Lernorte
Ausgangssituation
Kultur umfasst für eine Kommune nicht nur das Vorhalten von künstlerischen Aktivitä-
ten und kulturellen Angeboten, die Pflege und Präsentation der eigenen Geschichte,
die Verfassung von Chroniken oder die Unterhaltung von Denkmälern u.a.m., son-
dern auch die Initiierung, Förderung und Begleitung innovativer Projekte der kulturel-
len Bildung.
Vielfältige und breitgefächerte kulturelle Angebote tragen zur Lebensqualität bei
und sind somit eine Einflussgröße der Attraktivität eines Lebensraumes. Kultur leistet
einen wertvollen Beitrag zum Regionalmarketing sowie zur Standortqualität und zum
Selbstwertgefühl einer Kommune. Dies gilt insbesondere für einen Kreis wie Dithmar-
schen, in dem sich seine Einwohnerinnen und Einwohner in besonderer Weise mit ih-
rer Region verbunden fühlen.
In der Region Dithmarschen existieren verschiedene Einrichtungen für kulturelle und
außerschulische Bildung – wie z.B. die Dithmarscher Musikschule, die Volkshochschu-
len, die Büchereien und eine Vielzahl an Museen.
Da der Kreis Dithmarschen weder eine Musikschule noch eine Volkshochschule in
eigener Trägerschaft unterhält, wird die Arbeit dieser auf Initiative Dritter gegründeter
Institutionen aus Mitteln des Kreishaushaltes bezuschusst.
So erhält die hauptamtlich verwaltete Musikschule zurzeit einen jährlichen Zuschuss
von 110.000,00 € vom Kreis Dithmarschen. Daneben werden die Kosten für die Nut-
zung kreiseigener Räumlichkeiten übernommen.
Der Verein Volkshochschulen in Dithmarschen e. V. erhält u.a. für die Erwachsenen-
bildung und die Durchführung von Alphabetisierungsmaßnahmen einen Zuschuss
von jährlich 92.100,00 € vom Kreis Dithmarschen.
Die Büchereien werden durch den Kreis Dithmarschen jährlich mit 75.000,00 € bezu-
schusst. Daneben wird eine Fahrbücherei unterhalten, deren jährliche Garagenmiete
der Kreis übernimmt.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
38
Ferner ist der Kreis Dithmarschen Gesellschafter des Landestheaters Schleswig-
Holstein GmbH, das regelmäßig auch im Kreisgebiet gastiert, und zahlt dafür einen
Mitgliedsbeitrag/Zuschuss in Höhe von zurzeit 169.306,00 €.
Im Jahr 2005 wurde die Museumslandschaft Dithmarschen ins Leben gerufen. Es
handelt sich dabei um einen Zusammenschluss Dithmarscher Museen, die ihre An-
gebote unter einem Werbedach gemeinsam vermarkten und zusammen neue Per-
spektiven entwickeln. Sie gliedert sich in öffentliche und private Trägerschaften. Die
Museumslandschaft wird aktiv durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kreises
Dithmarschen betreut.
Das Dithmarscher Landesmuseum befindet sich in der Trägerschaft des Kreises Dith-
marschen. Das Museum zeigt in der ehemaligen und heute denkmalgeschützten
Meldorfer Gelehrtenschule vielfältige Sammlungen zur Landeskunde, Geschichte
und Kulturgeschichte Dithmarschens, die vom Mittelalter bis zur Gegenwart reichen.
Träger des Schleswig-Holsteinischen Landwirtschaftsmuseum in Meldorf ist der Verein
zur Förderung der Beschäftigung Jugendlicher und Behinderter e. V., der auf Initiative
des Kreises Dithmarschen gegründet wurde. Das Museum zeigt Veränderungen des
Landlebens und der Landarbeit im 19. und 20. Jahrhundert. Ein Schwerpunkt ist die
Dokumentation der Wandlung von Lebens- und Arbeitsbedingungen durch die In-
dustrialisierung, konkretisiert am Beispiel der Landwirtschaft.
Darüber hinaus werden teilweise auch in Kooperation mit den Städten, Ämtern und
Gemeinden des Kreises sowie einzelnen interessierten Vereinen Kultur- und Eventpro-
jekte als regionale Vorhaben organisiert, beispielsweise „Kunstgriff“, „Kulturpreis“ und
die „Dithmarscher Kohltage“.
Handlungsbedarf
Aufgrund des demografischen Wandels in unserer Gesellschaft steigt künftig der An-
teil älterer Bevölkerungsgruppen. Die Seniorinnen und Senioren mit sehr vielfältigen
kulturellen Interessen und Bedürfnissen werden eine bedeutsame Zielgruppe sein.
Zudem sind Bedürfnisse und kulturspezifische Verhalten der Jugendlichen zu berück-
sichtigen.
Älter – weniger – bunter trifft auch auf den Kulturbereich zu. Wachsende Konkurrenz
auf dem Freizeitmarkt wird sich ebenfalls auf dieses Handlungsfeld auswirken. Durch
diese Entwicklung gewinnt die Weiterbildung und das Vorhalten vielfältiger kultureller
Angebote im Kreis Dithmarschen immer mehr an Bedeutung.
Innerhalb des Kreises Dithmarschen soll daher den Einwohnerinnen und Einwohnern
aller Altersgruppen die Möglichkeit gegeben werden, Wissen, Talente und Fähigkei-
ten zu entwickeln. Ihre aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben der Region ist
wichtig und zu fördern. Die Bildungswege sind zu öffnen, damit jeder zu jedem Zeit-
punkt wieder in den Prozess des Lernens einsteigen kann. Beim Thema Bildung ist der
Blick deshalb nicht nur auf die Institution Schule zu richten, sondern auch auf den
Bereich der kulturellen und somit außerschulischen Bildung.
Die vorhandene Infrastruktur in den Bereichen Bildung und Kultur ist daher nicht nur
zu erhalten, sondern auch systematisch weiterzuentwickeln. Damit bleibt der Kreis
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
39
Dithmarschen gerade für junge Menschen attraktiv, die ihren Wohnsitz in Dithmar-
schen beibehalten oder auch neu begründen möchten. Die vorhandenen Einrich-
tungen sind u.a. durch Attraktivitätssteigerungen zukunftsfähig zu machen. Die kultu-
relle Infrastruktur gilt es, als weichen Standortfaktor zu stärken, um den demografi-
schen Wandel, speziell der Abwanderung junger Familien, zu begegnen. Kulturelle
Bildungsarbeit im Kinder-, Jugend- und Familienbereich wird trotz rückläufiger Gebur-
tenraten ein wichtiger Standortfaktor sein.
Der Kreis Dithmarschen ist Träger des Dithmarscher Landesmuseums und kann daher
nur hier direkten Einfluss auf Struktur und Inhalte ausüben. Mittelbar wirkt der Kreis auf
die Arbeit des Schleswig-Holsteinischen Landwirtschaftsmuseums ein, das sich in der
Trägerschaft des Vereins zur Beschäftigung Jugendlicher und Behinderter e. V. befin-
det. Dabei sowie bei der Museumslandschaft nutzt der Kreis Dithmarschen die Mög-
lichkeit, der Veränderung von Bevölkerungsstrukturen und den neunen Anforderun-
gen der Besuchergruppen mit vielfältigem und kreativem Angebot für Menschen
aller Altersgruppen zu begegnen. Im Verbund der Museumslandschaft wird auch
kleineren kulturellen Einrichtungen eine größere Aufmerksamkeit in einer breiten Öf-
fentlichkeit zuteil.
Was wurde bereits getan?
Im Jahr 2008 wurde mit Hilfe des Projektes „Seniorenakademie Dithmarschen“ für die
steigende Zahl an Ruheständlern im ländlichen Raum die Möglichkeit einer wissen-
schaftlich ausgerichteten Bildung entwickelt. Das Erstangebot wurde mit einer über
die Erwartung gehenden Nachfrage gestartet. Die langfristige Fortführung der Senio-
renakademie wird durch den Verein der Volkshochschulen Dithmarschen e. V. si-
chergestellt.
Sowohl für das Dithmarscher Landesmuseum als auch das Schleswig-Holsteinische
Landwirtschaftsmuseum wurde 2013 eine Studie zur Weiterentwicklung der Museen in
Auftrag gegeben. Im Fokus stand die Neukonzeptionierung der Museen. Als Fazit
wurden Möglichkeiten aufgezeigt, wie sich die Museen auch unter Berücksichtigung
des demografischen Wandels neu positionieren können. Über konkrete und zeitnah
umzusetzende Maßnahmen, die aus der Studie abzuleiten sind, wird aktuell in den
politischen Gremien des Kreises diskutiert.
Maßnahmen
Für die Attraktivität eines Lebensraumes sind Kultur sowie außerschulische Lernorte
von großer Bedeutung. Im Kreis Dithmarschen sollen die Einrichtungen in diesem Be-
reich erhalten und zukunftsfähig gemacht werden. Dabei stehen das Dithmarscher
Landesmuseum und das Landwirtschaftsmuseum aufgrund der Trägerschaft im Vor-
dergrund.
Aufgabe Zuständigkeit Partner Priorität
Umsetzung der Er-
kenntnisse aus der
Studie „Weiterentwick-
lung der Kreismuseen
in Meldorf“
Kreis Dithmarschen (Dithmar-
scher Landesmuseum, Land-
wirtschaftsmuseum)
Stiftung Mensch,
Kreisbauernver-
band, BUND
hoch
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
40
3.3 Lebenswelten
3.3.1 Kinder, Jugendliche und Familien
3.3.1.1 Kinderbetreuung
Ausgangssituation
Der Besuch einer Kindertagesstätte ist seit langem selbstverständlich für die kindliche
Entwicklung. Um sich zu sozialisieren und zu lernen, brauchen Kinder andere Kinder.
Die Bildungskette beginnt bereits in der Kindertagesstätte. Mit der dortigen Förderung
wird auch die Chancengleichheit für die schulische Bildung verbessert. Außerdem
dient eine verlässliche Kinderbetreuung der besseren Vereinbarkeit von Familie und
Beruf. Insgesamt ist eine hochwertige Kinderbetreuung notwendig, um einen attrakti-
ven Lebensraum für Familien zu schaffen, aber auch um zum frühestmöglichen Zeit-
punkt Defizite bei Kindern zu erkennen und zu bearbeiten.
Das Achte Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VIII) regelt u. a. die Förderung von Kin-
dern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege. Seit 1996 besteht ein
Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz in Kindertagesstätten für über dreijährige
Kinder. Ab dem 1. August 2013 haben auch ein- und zweijährige Kinder einen An-
spruch auf einen Betreuungsplatz. Dieser kann entweder in einer Kindertageseinrich-
tung oder in einer Kindertagespflegestelle in Anspruch genommen werden.
Nach dem Beschluss des Kreistages sollen in Kommunen mit bis zu 4.000 Einwohnerin-
nen und Einwohnern Betreuungsplätze für 25 % der ein- und zweijährigen Kinder zur
Verfügung stehen, in Kommunen mit mehr als 4.000 Einwohnerinnen und Einwohnern
für 40 %. Diese Plätze sind zu 70 % in Kindertagesstätten und zu 30 % in Tagespflege-
stellen vorzuhalten. Für Kinder unter einem Jahr sollen für 3 % des Jahrganges Plätze
vorgehalten werden.
Derzeit liegt der Versorgungsgrad für ein- und zweijährige Kinder in Kindertagesstät-
ten und Kindertagespflege bei 30 %. Bei den über 3 jährigen Kindern sind 81 % mit
einem Platz in einer Kindertagesstätte versorgt. Darüber hinaus stehen Plätze in Kin-
dertagespflegestellen bedarfsgerecht zur Verfügung.
Notfall- und Ferienbetreuung obliegen den Trägern der Kindertageseinrichtungen
und werden oft im Rahmen von Kindertagespflege geleistet.
Handlungsbedarf
Als Folge des demografischen Wandels gehen die Kinderzahlen zurück. Trotzdem ist
ein Ausbau der Kinderbetreuung notwendig, um insbesondere berufstätigen Eltern
bedarfsgerechte Betreuungsangebote in ausreichender Zahl anbieten zu können.
Unterstützung des Er-
halts vorhandener Kul-
tureinrichtungen/-
angebote
Kreis Dithmarschen (Stabstelle
Innerer Service)
hoch
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
41
Schwerpunkte sind der Ausbau von Plätzen für ein- und zweijährige Kinder, eine Er-
weiterung bedarfsgerechter Betreuungsangebote für Kinder unter einem Jahr, Aus-
dehnung der Ganztagsbetreuung sowie mehr flexible Betreuungsangebote speziell
in den Randzeiten.
Daneben schafft frühkindliche Bildung die Basis für eine erfolgreiche Bildungsbiogra-
fie und fördert die Potenziale der Kinder. Aufgrund von zurückgehenden Kinderzah-
len ist jedes Kind von großer Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit der Region Dithmar-
schen. Ein wesentliches Merkmal frühkindlicher Bildungsprozesse ist das Lernen durch
Erfahrungen. Die Aufgabe frühkindlicher Bildung besteht darin, dass junge Kinder sich
ein flexibles geistiges Instrument der Welt- und Selbsterschließung schaffen können
und die Lage gesetzt werden sich mit anderen Kindern auszuprobieren und einzufüh-
len. Betreuungsangebote im Ganztag bieten einen Raum dafür.
Mit der Veränderung der Altersstrukturen in der Bevölkerung ergibt sich eine Chance
für erforderliche Qualitätsverbesserungen in den Kindertagesstätten, z. B. durch Ver-
ringerung der tatsächlichen Gruppengrößen.
Was wurde bereits getan?
Unter dem Titel „KiTa-Region Dithmarschen“ hat der Fachdienst Sozialpädagogische
Hilfen in den Städten Brunsbüttel und Meldorf sowie in der Gemeinde Burg Workshops
durchgeführt. Die Ergebnisse mit Handlungsempfehlungen liegen in Form von Doku-
mentationen den Kommunen vor und wurden umgesetzt.
Bei dem Modellvorhaben der Raumordnung „Regionalplanerische Handlungsansät-
ze zur Gewährleistung der öffentlichen Daseinsvorsorge“ (siehe Seite 7) wurden Ziele
für den Bereich Kindertagesbetreuung formuliert. Basierend auf Modellrechnungen
und einer Qualitätsdiskussion hat die Arbeitsgruppe „Kindertagesbetreuung“
Grundsätze für die Entwicklung der Standorte und Qualitätssicherung von Kinderta-
geseinrichtungen unter der Berücksichtigung des Rückgangs in den relevanten Al-
tersgruppen entwickelt. Der Fokus lag dabei auf bedarfsgerechter Betreuung im
ländlichen Raum. Diese Zielsetzungen sind größtenteils erreicht. Die Vorhaltung der
Plätze für die Kindertagesbetreuung erfolgt in Form eines Kindertagesbetreuungs-
plans. Damit auch künftig eine bedarfsgerechte Kinderbetreuung realisierbar ist,
entwickeln die Zuständigen die implementierten Ziele weiter. Der Aufbau von Famili-
enzentren stellt einen solchen Fortschritt dar.
Die Schaffung von Plätzen für Kleinkinder, der anderweitige Ausbau von Kinderta-
geseinrichtungen und die verstärkte Qualifizierung von Tagespflegepersonal ermög-
lichen im Kreis Dithmarschen zunehmend eine hochwertige und bedarfsgerechte
Kinderbetreuung.
Maßnahmen
Für einen attraktiven Lebensraum für Familien und als Basis für eine an Chancen rei-
che Bildungsbiografie für jedes Kind muss eine hochwertige, bedarfsgerechte und
verlässliche Kinderbetreuung vorhanden sein. Durch die folgenden Maßnahmen soll
diese sichergestellt werden:
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
42
Aufgabe Zuständigkeit Partner Priorität
Fortschreibung des
Kindertagesbetreu-
ungsplans für den Zeit-
raum 2013 – 2018
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Sozial-
pädagogische Hil-
fen/Jugendamt)
Kindertagesstättenaufsicht,
Tagespflegebörse, Kom-
munen, Träger von Kinder-
tageseinrichtungen und
Kindertagespflegestellen,
Tagespflegepersonen, Kin-
dertagesstätten
mittel
Ausbau der Qualität
der bewährten Be-
treuungsangebote
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Sozial-
pädagogische Hil-
fen/Jugendamt)
Kindertagesstättenaufsicht,
Tagespflegebörse, Kom-
munen, Träger von Kinder-
tageseinrichtungen und
Kindertagespflegestellen,
Tagespflegepersonen, Kin-
dertagesstätten, Weiterbil-
dungsinstitutionen, Bera-
tungsstellen
hoch
Weiterentwicklung der
Kindertagesstätten zu
Familienzentren
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Sozial-
pädagogische Hil-
fen/Jugendamt)
Kindertagesstättenaufsicht,
Kommunen, Träger von
Kindertageseinrichtungen,
Kindertagesstätten, Kreispo-
litik
hoch
Verpflichtende jährli-
che Fortbildung für
Kindertagespflege-
personen
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Sozial-
pädagogische Hil-
fen/Jugendamt)
Tagespflegebörse, Weiter-
bildungsinstitutionen, Bera-
tungsstellen, Tagespflege-
personen
mittel
3.3.1.2 Attraktiver Lebensraum für Kinder und Jugendliche
Ausgangssituation
Der Kreis Dithmarschen soll für alle Bevölkerungsgruppen ein attraktiver Lebensraum
sein. Besonders Kinder und Jugendliche sollen sich in Dithmarschen wohlfühlen und
hier ihre Zukunft sehen. Dafür ist es erforderlich, ihnen eine ihren Bedürfnissen und In-
teressen entsprechende Umgebung zu bieten und sie an der Weiterentwicklung die-
ser Umgebung zu beteiligen.
Die offene Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) stellt Angebote zur Förderung der Ent-
wicklung von Kindern und Jugendlichen bereit. Unter Berücksichtigung der Interessen
junger Menschen soll die Jugendarbeit Heranwachsende zur Selbstbestimmung be-
fähigen sowie zum bürgerschaftlichen Engagement anregen und hinführen.
Die offene Kinder- und Jugendarbeit basiert auf den folgenden Prinzipien: Freiwillig-
keit der Teilnahme, Offenheit für alle, Orientierung an den Interessen und Bedürfnis-
sen von Kindern und Jugendlichen, Mitbestimmung und Chancengleichheit. Mit die-
sen Grundsätzen bietet die Jugendarbeit den Heranwachsenden Räume, in denen
sie sich ausprobieren können. Ferner betreibt die Jugendarbeit Lobbyarbeit für Kin-
der und Jugendliche zur Schaffung eines familienfreundlichen Klimas.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
43
In Schleswig-Holstein gibt es zurzeit ca. 300 Jugendzentren bzw. Jugendtreffs mit über
300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. In Dithmarschen sind es etwa 20 Einrichtun-
gen. Viele Jugendtreffs haben zeitlich begrenzte Angebote für Mädchen oder Jun-
gen in ihren Räumen. Träger der Offenen Einrichtungen sind Gemeinden, Städte,
Ämter, Verbände und Vereine. Zudem bieten freie Träger, Kirchen, Gruppen und
Jugendinitiativen Aktivitäten für Kinder und Jugendliche an.
In vielen kleinen Einrichtungen in den Dörfern ist nur eine Person, überwiegend in Teil-
zeit, hauptamtlich tätig. In den Städten finden sich etwas größere Einrichtungen, in
denen mehrere Hauptamtliche im Team arbeiten.
Etwa die Hälfte der Dithmarscher Jugendlichen ist Mitglied in einem Verein. Den
größten Anteil hieran haben die Sportvereine, gefolgt von kirchlichen Gruppen, Feu-
erwehr, Jugendrotkreuz und anderen.
Obwohl der Anteil der jungen Menschen an der Bevölkerung durch den demografi-
schen Wandel sinkt, müssen Angebote für Kinder und Jugendliche erhalten und ggf.
ausgebaut werden. Diese Angebote stellen nicht nur eine außerschulische Bildung
dar, sie tragen auch zur Stärkung der einzelnen Persönlichkeit bei. Mit einer gezielten
Freizeitgestaltung hat der Kreis Dithmarschen die Möglichkeit, Kinder und Jugendli-
che für die Region zu begeistern und so die Abwanderung von jungen qualifizierten
Menschen zu reduzieren.
Im Bereich Bildung werden soziale Schlüsselqualifikationen sowie Kompetenzen im
Umgang mit verschiedenen Personengruppen vermittelt. Im Rahmen der Lebensbe-
wältigung wird Präventionsarbeit geleistet, um die Kinder und Jugendlichen vor Ge-
fahren zu schützen. Zudem wird Beratung für Kinder und Jugendliche sowie ggf. Hilfe
in schwierigen Lebenslagen angeboten.
Die Jugendarbeit soll junge Menschen dazu befähigen, ihre persönlichen und sozia-
len Lebensbedingungen einschließlich ihrer regionalen und globalen Zusammen-
hänge zu erkennen. Sie soll zu eigenverantwortlichem gesellschaftlichem und politi-
schem Handeln befähigen und jugendspezifische Formen von Lebens- und Freizeit-
gestaltung ermöglichen (Auszüge aus einem Entwurf der Landesregierung).
Ein Mitspracherecht für Kinder und Jugendliche gibt den jungen Menschen eine
Möglichkeit sich an der Gestaltung ihres Lebensraumes zu beteiligen. Eine frühzeitige
gute Einbindung von Heranwachsenden in Planungsprozesse wird immer wichtiger,
um sie in den Städten und Gemeinden zu halten.
Es gibt auf internationaler, nationaler, Landesebene Rechtsvorschriften, die die Betei-
ligung von Kindern und Jugendlichen regeln. Bereiche, in denen eine Beteiligung
von Kindern und Jugendlichen stattfinden könnte, wären beispielhaft: Bauleitpla-
nung, Verkehrsplanung, Stadtsanierung, Grünflächengestaltung, Schülerbeförde-
rung, Schulerweiterung, Sportplätze, Schulhöfe, Jugendzentren und Kindertagesstät-
ten. Durch Mitbestimmung auf kommunaler Ebene können positive Lebensbedin-
gungen für Kinder, Jugendliche und junge Familien mit entsprechender Infrastruktur
geschaffen werden.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
44
Die Mitbestimmung sollte bereits im Alltag beginnen. Dabei haben Familie und Schu-
le eine große Bedeutung. Die dortige Beteiligung motiviert junge Menschen zu mehr
Mitbestimmung.
Handlungsbedarf
Durch die Veränderung der Altersstrukturen wird jede Heranwachsende und jeder
Heranwachsende zu einer wertvollen Ressource für Dithmarschen. Eine positive Ent-
wicklung der Kinder und Jugendlichen ist erforderlich, damit die jungen Menschen ihr
Potenzial entfalten können. Die Jugendhilfe setzt sich mit ihren Angeboten dafür ein.
Der Bereich Offene Kinder- und Jugendarbeit ist vermehrt in die Mitgestaltung der
Schulsozialarbeit und des offenen Ganztagsbetriebes einzubinden. Weiterhin hat die
Jugendarbeit auch künftig einen starken und wichtigen Anteil an der informellen Bil-
dung - insbesondere der sozial schwächeren Familien. Ab Schulschluss und in den
Abendstunden müssen alle Jugendlichen die Gelegenheit und damit die Räumlich-
keiten haben, um sich zu treffen, ihre Sozialkompetenzen und Fähigkeiten in einem
geschützten Rahmen zu entwickeln. An Wochenenden und späten Abendstunden
fehlen Angebote, was in direktem Zusammenhang mit überbordendem Medienkon-
sum steht.
Die Mädchenarbeit ist zu stärken, da es in diesem Bereich größere Mittelkürzungen
gibt. Gleichzeitig wird vermehrt in die Jungenpädagogik investiert, da die Jungen
momentan schulisch leistungsschwächer als die Mädchen sind. Um eine gesellschaft-
liche Gleichbehandlung und Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen, müssen
weitere Schritte im Kontext eines geschlechtergerechten Haushalts (sog. Gender
Budgeting) gemacht werden.
In den Vereinen und Verbänden werden sich künftig die Strukturen ändern. Junge
Menschen tendieren dahin, sich aufgrund beruflich geforderter Mobilität nicht lang-
fristig zu binden. Die Anzahl von Menschen, die als Jugendgruppenleiter zur Verfü-
gung stehen, nimmt ab.
Die Schulsozialarbeit im Rahmen der Jugendhilfe muss eine größere Rolle einnehmen,
da durch die zunehmende Diversifikation bei der Zusammensetzung der Klassen
vermehrt verschiedene Problemlagen entstehen. Das heutige Schulsystem ist weder
personell noch konzeptionell für eine steigende Anzahl von Multiproblemlagen der
Schülerinnen und Schüler ausgelegt. Auch im offenen Ganztagsbereich müssen An-
gebote ausgebaut werden. Lehrer werden auch im Nachmittagsbereich anwesend
sein müssen, da Ehrenamtliche schwer zu finden sind. Außerdem müssen ehrenamtli-
che Kräfte im Umgang mit verhaltensauffälligen Schülerinnen und Schülern und
schwierigen Situationen erst geschult werden.
Daneben ist die Schule gefordert, mehr präventive Angebote vorzuhalten (soziale
Gruppenarbeit, Projekte zu Präventionsthemen wie Mobbing, Konfliktlotsen, Sucht,
Medien). Ferner sollten auch Themen wie Vorbereitung auf Elternschaft und Umgang
mit eigenen Kindern in die Schulinhalte integriert werden, um die Elternkompetenz in
der Gesellschaft zu stärken.
Bei allen genannten Veränderungen und Entwicklungen muss die Beteiligungsidee
weiter verbreitet und mehr in politischen Gremien, wie z. B. Ausschüsse, Gemeinde-
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
45
vertretungen und Ratsversammlungen, vorgestellt werden. Eine gute Öffentlichkeits-
arbeit ist wichtig, um den Bekanntheitsgrad erfolgreicher Projekte in der Bevölkerung
und bei politischen Entscheidungsträgern zu erhöhen. Dazu gehört auch Informati-
onsmaterial, z. B. in Form eines Flyers, zum Thema Mitbestimmung speziell für den Kreis
Dithmarschen.
Damit bei allen Planungen (Spielplätze, Kindergärten, Schulen, Sportanlagen, Woh-
numfeldgestaltungen, Jugendzentren etc.) der Partizipationsgedanke berücksichtigt
wird, ist eine stärkere Kooperation zwischen Personen in Beteiligungsprojekten und
Planern förderlich.
Der Übergang von Schule in den Beruf wird ein weiterer Schwerpunkt in der Jugend-
hilfe werden, da in Dithmarschen zunehmend Schulabgängerinnen und -abgänger
keinen Schulabschluss aufweisen können (siehe Kapitel 3.2.1). Dabei sollen auch mit
Förder- und Hauptschülern berufliche Perspektiven entwickelt werden.
Was wurde bereits getan?
Im Kreis Dithmarschen existieren bereits Ansätze zum Erhalt und Ausbau von Angebo-
ten der Jugendhilfe. Die Schulsozialarbeit wurde gestärkt. Im Bereich der Mädchen-
arbeit wurden spezifische Workshops und Seminare durchgeführt.
Für den Erhalt einer hochwertigen Kinder- und Jugendarbeit sind qualifizierte Mitar-
beiterinnen und Mitarbeiter von großer Bedeutung. Deswegen wurden für das Perso-
nal der verschieden Träger Fortbildungen angeboten. Zur Qualifizierung und zum Er-
fahrungsaustausch wurden mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Jugend-
zentren Beratungen und regelmäßige Treffen durchgeführt.
Um ein transparentes und umfassendes Angebot der Freizeitgestaltung zu schaffen,
vernetzten sich regional die Offene Ganztagsschulen, die Schulsozialarbeiter, Verei-
ne, Verbände und die Offene Kinder- und Jugendarbeit.
Im Jahr 2000 führte der Kreis Dithmarschen eine Umfrage zur Kinderfreundlichkeit
durch, die Realitäten und Visionen umfasste. Zudem wurde die Kinderfreundlichkeit
auch in einzelnen Städten und Gemeinden, z.B. Brunsbüttel, weiter geprüft.
Für eine stärkere Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen arbeitete der Kreis in
einigen Projekten mit. Als Beispiele sind hier das Modellprojekt des Landes Schleswig-
Holstein „Vernetzte Präventionen“ in Hennstedt und „Spielland Nindorf“ zu nennen.
Zur Verbreitung der Beteiligungsidee wurden Ausstellungen „Planen und Phantasie“,
Regionalkonferenzen, ein Symposium sowie Informationsgespräche in Gemeindever-
tretungen und Ausschüssen durchgeführt.
In einigen Städten und Gemeinden hat sich bereits die Partizipation von Kindern und
Jugendlichen manifestiert. So gibt es einen Kinderbürgermeister in Albersdorf, und in
Wesselburen wurde ein Kinder- und Jugendbeirat eingerichtet.
Bei dem Übergang Schule-Arbeitswelt gibt es die Möglichkeit der Beratung durch
Ausbildungslotsen, um möglichst früh Perspektiven für die Berufsausbildung zu entwi-
ckeln (siehe Kapitel 3.2.1).
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
46
Maßnahmen
Kinder und Jugendliche sollen alle Möglichkeiten auf eine positive Entwicklung be-
kommen und an der Gestaltung ihres Lebensraums beteiligt werden. Die Jugendhilfe
unterstützt dies mit ihren Angeboten und trägt so auch zu Kinderfreundlichkeit in der
Region bei. Mit den folgenden Maßnahmen wird die Verstetigung der Kinder- und
Jugendhilfe fortgesetzt:
Aufgabe Zuständigkeit Partner Priorität
Sicherung der Schulso-
zialarbeit
Kreis Dithmarschen/
Schulamt (Kooperati-
onsvertrag)
Schulträger/ freie
Träger
hoch
Weiterführung der
Schulsozialarbeit im Be-
rufsbildungssektor (Aus-
bildungslotsen)
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Gesundheit,
Betreuung und Projekt-
planung)
Freie Träger hoch
Sicherung der offenen
Kinder- und Jugendar-
beit
Städte und Gemeinden Kreis Dithmarschen hoch
Qualitätsentwicklung in
der OKJA
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Sozialpä-
dagogische Hilfen/ Ju-
gendamt)
Städte und Gemein-
den
hoch
Geschlechtsspezifische
Angebote
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Sozialpä-
dagogische Hilfen/ Ju-
gendamt, Gleichstel-
lungbeauftragte), freie
Träger
NIMA, AG nach §78
SGB VIII
mittel
Vernetzung aller in der
Jugendarbeit Tätigen
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Sozialpä-
dagogische Hilfen/ Ju-
gendamt)
Jugendzentren, Ver-
eine und Verbände,
freie Träger
hoch
Fortbildungsangebote
zu aktuellen Themen
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Sozialpä-
dagogische Hilfen/ Ju-
gendamt)
Jugendzentren, Ver-
eine und Verbände,
freie Träger
mittel
Schaffung von außer-
schulischen Bildungsan-
geboten für 12-
18jährige
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Gesundheit,
Betreuung und Projekt-
planung)
Jugendzentren, Ver-
eine und Verbände,
freie Träger
hoch
Regionale Bildungskon-
ferenzen
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Sozialpä-
dagogische Hilfen/ Ju-
gendamt)
Gemeinden und
Städte
mittel
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
47
3.3.1.3 Jugend und Armut
Ausgangssituation
Die Kinder- und Jugendhilfe trägt heute wie selbstverständlich zum Gelingen des
Aufwachsens nahezu aller Kinder und Jugendlichen bei. Dieses sozialstaatliche Leis-
tungsangebot ist in der Mitte der Gesellschaft und damit in neuer Verantwortung
angekommen.
Die Verflechtung von öffentlicher und privater Verantwortung und Entwicklung mit
Blick auf die jeweiligen Herausforderungen und Aufgabenfelder ist ein notwendiger
Fokus im Kontext der Veränderungen der Sozialstrukturen des Aufwachsens gewor-
den. Kumulative Dynamiken im Aufwachsen beeinflussen die Gesellschaftsentwick-
lung. Dennoch bleibt die Familie für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen
das erste und wichtigste Instrument von gelingender Sozialisation.
Fast jeder dritte junge Mensch kommt aus einem Haushalt mit mindestens einer Risi-
kolage der Eltern, z. B. Armutsrisiko, Arbeitsuchend, Bildungsverluste. Bei einem Rück-
Elternkurse zur Förde-
rung der Erziehungs-
kompetenz
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Sozialpä-
dagogische Hilfen/ Ju-
gendamt)
Regionale soziale
Dienste
hoch
Ferienbetreuungsange-
bote für berufstätige
Eltern
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Sozialpä-
dagogische Hilfen/ Ju-
gendamt) (Audit Familie
und Beruf)
Schulen, Jugendzen-
tren, Vereine
mittel
Information und Bera-
tung der Gemeinde
und Städte über §47f.
GO bezüglich aller poli-
tischen Gremien
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Sozialpä-
dagogische Hilfen/ Ju-
gendamt)
Land Schleswig-
Holstein
mittel
Angebote z.B. Zu-
kunftswerkstätten zu
diversen Themen der
Kinder- und Jugendbe-
teiligung
Gemeinden, Städte,
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Sozialpä-
dagogische Hilfen/ Ju-
gendamt)
Moderatoren des
Landes Schleswig-
Holstein, u.a. beim
Kreis Dithmarschen
mittel
Hilfe beim Aufbau von
Jugendparlamenten
Gemeinden, Städte,
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Sozialpä-
dagogische Hilfen/ Ju-
gendamt)
Moderatoren des
Landes Schleswig-
Holstein
mittel
Ausbildung weiterer
Moderatoren
Land Schleswig-Holstein Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Sozial-
pädagogische Hilfen/
Jugendamt)
mittel
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
48
gang der Zahl junger Menschen in Dithmarschen ist es wichtig, die hier lebenden
Heranwachsenden zu stärken und an die Region zu binden, damit nicht nur benach-
teiligte Kinder und Jugendliche zukünftig in Dithmarschen bleiben.
Im Kreis Dithmarschen gelten 24,91 % der Schülerinnen und Schüler als „bedürftige
Kinder/Jugendliche aus Geringverdienerfamilien“. Grundlage für diese Ermittlung
sind die Schülerzahlen des Kreises sowie die Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) be-
rechtigten Kinder.
Expansion bei Fallzahlen und der Angebotsbreite von Leistungen sind seit Jahren zu
verzeichnen. Leistungen sind analog dazu viel selbstverständlicher und normaler ge-
worden.
Fallzahlenentwicklung im Allgemeinen Sozialen Dienst
Handlungsbedarf
Die Zunahme von ökonomischer Ungleichheit ist für einen nicht geringen Teil der jun-
gen Menschen prägend. Sie drohen, dauerhaft in schwierigen sozialen, kulturellen
und ökonomischen Verhältnissen zu verbleiben. Um diese jungen Menschen müssen
sich Staat, Zivilgesellschaft, Markt und Familien besonders kümmern.
Als Folge des demografischen Wandels nimmt der Anteil der Kinder und Jugendli-
chen an der Bevölkerung ab. Doch jede und jeder Heranwachsende ist eine wichti-
ge Ressource für die Region Dithmarschen. Hier muss das Potenzial genutzt werden.
Dies erfordert einen Abbau von Benachteiligungen, die Begrenzung von Gefährdun-
gen sowie Förderung der Selbstständigkeit. Das Bildungspotenzial muss aktiviert wer-
den, um so früh wie möglich die Teilhabechancen der jungen Menschen zu verbes-
sern.
Der Bedarf an Hilfen zur Erziehung orientiert sich zwar nicht an der Bevölkerungsent-
wicklung, sondern hängt tendenziell zusammen mit sozialstrukturellen Belastungsfak-
toren, wie z. B. Arbeitslosigkeit. Dennoch wird in Verbindung mit dem demografi-
schen Wandel ein Rückgang an sozialpädagogischer Hilfe erwartet. Die Jugendhil-
feplanung muss deshalb ein flexibles bedarfsgerechtes Angebot an Erziehungshilfe
vorhalten.
Abbildung 10: Fallzahlen Allgemeiner Sozialer Dienst
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
49
Die Kommunen als zentraler Ort der Kinder- und Jugendhilfe und als lokaler Bildungs-
ort sollten gestärkt werden. Hierfür müssen die sozialräumlich aufgestellten Beratungs-
zentren der Jugendhilfe zu strategischen Zentren für die Gestaltung des Aufwachsens
weiterentwickelt werden. Dabei muss die Kinder- und Jugendhilfe anpassungsfähig
bleiben.
Was wurde bereits getan?
Wichtigster Baustein war die Gründung der Regionalzentren für Familie, Arbeit und
Soziales. Mit diesem regionalisierten Konzept, im Sinne einer zentralen Ansprechbar-
keit, konnte die Dienstleistungsqualität erheblich gesteigert werden. Ergänzend hierzu
erfolgten die Umstellung des pädagogischen Konzeptes des Jugendamtes auf die
Sozialraumorientierung sowie der quantitative und qualitative Ausbau der Kinderta-
gesbetreuung.
Maßnahmen
Der Beitrag der Jugendhilfe zu positiven Lebensbedingungen für junge Menschen
wurde in den vorhergegangen Kapitel erörtert (siehe Kapitel 3.3.1.2 und 3.3.1.3). Die
Jugendhilfeplanung ist die Basis für diese Arbeit, damit die Unterstützung für junge
Menschen und Familien verstetigt wird.
Aufgabe Zuständigkeit Partner Priorität
Einrichtung von Familien-
zentren
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Sozialpäda-
gogische Hilfen/ Jugend-
amt), Kommunen
Kitaträger, Einrich-
tungen
hoch
Angebote zum Thema
„Ernährung“ (z. B. Projekt
Iss was)
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Gesundheit,
Betreuung und Projekt-
planung)
Kinder und Ju-
gendstiftung
mittel
Verselbständigungsgrup-
pe
Vorbereitung zur eigen-
ständigen Lebensführung
Träger der Jugendhilfe Kommunen,
Stadt Brunsbüttel
mittel
Veranstaltungen in den
Regionen zu Lebensla-
gen und Bewältigungs-
strategien von jungen
Menschen in prekären
Situationen.
Kreis Dithmarschen (Ju-
gendschutzbeauftragter),
Jugendpflege
Kommunen, Trä-
ger, Schulen
hoch
Bildung gegen Jugend-
armut, Gemeinsame Pro-
jekte Jugendhilfe – Schu-
le (Projekt Unterstützung
in der Grundschule)
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Sozialpäda-
gogische Hilfen/ Jugend-
amt), Träger Schule
mittel
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
50
Teilprojekte und Einzel-
maßnahmen zur Unter-
stützung bedürftiger Fa-
milien. Kostenfreie Sport
und Freizeitangebote,
Organisation von Fahr-
diensten. Sozialräumliche
Vernetzung (z.B. Wir ge-
winnt in Meldorf)
unterschiedliche
Akteure des Sozial-
raumes
hoch
3.3.2 Leben im Alter
Ausgangssituation
Ein wesentlicher Aspekt des demografischen Wandels ist die Zunahme des Anteils
von Menschen über 65 Jahren an der Bevölkerung. Zudem wird durch den Anstieg
der durchschnittlichen Lebenserwartung die Lebensphase „Alter“ immer länger und
heterogener. Zunehmend gibt es Menschen im „jungen Alter“, die nach Ende der
Berufstätigkeit gesund und aktiv sind. Diese Menschen haben hohe Erwartungen an
das Leben im Ruhestand und gleichzeitig großes Potenzial für bürgerschaftliches En-
gagement (siehe Seite 77). Ferner gibt es die Gruppe der Hochaltrigen, die verstärkt
auf Unterstützung und Pflege angewiesen sind. Neben den benannten Gruppen gibt
es weitere Ausdifferenzierungen.
Durch die Veränderung der Altersstrukturen verändern sich auch die Bedürfnisse der
Bevölkerung und die Anforderung an die Daseinsfürsorge. Mit zunehmendem Alter
nimmt die Mobilität ab und Hilfsbedürftigkeit zu. Die Handlungsfelder, wie Wohnen,
Mobilität oder Nahversorgung, beinhalten teilweise die Anforderung an das Leben
im Alter. Dieses Kapitel führt die Rahmenbedingungen zusammen.
Handlungsbedarf
Das Entscheidende beim Leben im Alter ist die Wohnsituation. Die Seniorinnen und
Senioren möchten lebenslang in ihrem Sozialraum und der eigenen Wohnung leben.
Dafür muss die Wohnung altengerecht sein. Im Rahmen einer bedarfsgerechten
Wohnraumversorgung sollen neue Wohnformen entwickelt werden (siehe Kapitel
3.1.1). Für ältere Menschen muss neben der Wohnung auch die Umgebung bestimm-
te Kriterien erfüllen. Deswegen muss auch das Wohnumfeld an die sich verändern-
den Bedürfnisse angepasst werden.
In einer ländlich geprägten Region wie Dithmarschen ist die Sicherstellung der Mobili-
tät essentiell, da die Daseinsfürsorge sich zunehmend auf zentrale Orte konzentriert.
Mit zunehmendem Alter müssen Seniorinnen und Senioren aus gesundheitlichen oder
finanziellen Gründen auf einen Pkw verzichten und sind dann auf den öffentlichen
Personennahverkehr angewiesen, der sich noch an die wachsende Zielgruppe an-
passen muss. Hierbei ist der Ausbau von Barrierefreiheit und mehr Flexibilität erforder-
lich (siehe Kapitel 3.1.3).
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
51
Bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs sind neue
Konzepte gefragt, die die altersgruppenspezifische Nachfrage berücksichtigen und
die Erreichbarkeit für ältere Konsumenten gewährleisten (siehe Kapitel 3.1.2). Die Si-
cherstellung der medizinischen Versorgung sowie die Möglichkeit der ambulanten
Pflege sind weitere wesentliche Bereiche beim Leben im Alter (siehe Kapitel 3.4.1 und
3.4.2). Ferner interessieren sich besonders die aktiven Seniorinnen und Senioren für die
Kulturangebote in Dithmarschen.
Was wurde bereits getan?
Im Kreis Dithmarschen wurde mit der bedarfsgerechten Anpassung des Wohnrau-
mangebots ansatzweise begonnen, wie z.B. in der Gemeinde Wesselburen (siehe
Seite 15).
Zudem können an verschiedenen Orten Seniorinnen und Senioren Dienstleistungen,
wie Wäscheservice, von umliegenden stationären Pflegeeinrichtungen nutzen (siehe
Seite 64). Zur Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung tragen einige
Gemeinden, z. B. Lunden, auch bei (siehe Seite 61).
Bei der Mobilität ist die alternative Bedienform des öffentlichen Personennahverkehrs
„Rufbus Dithmarschen“ (RUDI) zu nennen, bei der die Fahrgäste auf Anfrage im Li-
nienbetrieb befördert werden (siehe Seite 19). Die „Seniorenakademie Dithmar-
schen“ bietet wissenschaftliche Bildung für Ruheständler an (siehe Seite 39).
Maßnahmen
Die Basis für ein angenehmes Leben im Alter ist ein altengerechtes Wohnumfeld. Ne-
ben der Sicherung der Mobilität sowie medizinischer Versorgung sind folgende Maß-
nahmen in Zusammenhang mit den Themen „Wohnen“ und „Pflege“ vorgesehen:
Aufgabe Zuständigkeit Partner Priorität
Ermittlung des Bedarfes
(Neubaubedarf, Ersatzbe-
darf, altengerecht, mit
und ohne Pflegeangebot,
reduzierte Wohnungsgrö-
ßen für junge und alte Sin-
gles)
Gemeinde/
Stadt/Amt
Kreis Dithmarschen: Beratung,
Sensibilisierung, Motivation,
ggf. Bereitstellung von Bevöl-
kerungsentwicklungsdaten
hoch
Schaffung von im Sozial-
raum integrierten kombi-
nierten Wohn- und Pflege-
angeboten
Gemeinden,
Wohnungs-
wirtschaft
Kreis Dithmarschen: Beratung,
Sensibilisierung, Motivation
hoch
Schaffung altersgerechten
Wohnraums
Gemeinden,
Wohnungs-
wirtschaft
Kreis Dithmarschen: Beratung,
Sensibilisierung, Motivation
hoch
Gewährleistung der Er-
reichbarkeit von Angebo-
ten der ärztlichen Versor-
gung
Koordinator
ambulante
Versorgung,
ÖPNV
Städte, Gemeinden, Ämter hoch
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
52
Förderung bürgerschaftli-
ches Engagement
Agentur für
bürgerschaft-
liches Enga-
gement
Städte, Gemeinden, Ämter mittel
Erhalt der „Seniorenaka-
demie“
Volkshoch-
schulen e.V.
mittel
3.3.3 Menschen mit Handicaps
Ausgangssituation
In Kostenträgerschaft des Kreises Dithmarschen werden rund 600 Menschen mit Han-
dicaps mit Eingliederungshilfeleistungen im Lebensbereich Wohnen versorgt, davon
je die Hälfte mit seelischen sowie mit geistigen und/oder körperlichen Handicaps. Ein
Drittel wohnt mit ambulanter Betreuung eigenständig, zwei Drittel in stationären Ein-
richtungen. Dabei ist die Verteilung in den Gruppen unterschiedlich: Bei den Men-
schen mit seelischen Handicaps ist der Anteil der eigenständig wohnenden Men-
schen („Ambulantisierungsgrad“) mit rund 41% deutlich höher als bei den Menschen
mit geistigen und/oder körperlichen Handicaps mit rund 25 %. Die ambulante Ver-
sorgungsstruktur ist in Dithmarschen noch nicht ausreichend entwickelt, um alternati-
ve Betreuungsformen zur stationären Versorgung anbieten zu können.
Für 640 Menschen mit Handicaps trägt der Kreis die Kosten (Transfermittel aus Einglie-
derungshilfe) für den Besuch einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM). Der
regionale Bedarf wird größtenteils durch die Werkstätten der Stiftung Mensch in Hei-
de und Meldorf gedeckt. Ferner gibt es mit den Heider Werkstätten eine WfbM für
Menschen mit Sinnes-Handicaps mit 150 Plätzen und bundesweitem Einzugsgebiet.
Handlungsbedarf
Lediglich 38% der eingangs erwähnten Werkstattgänger erhalten parallel auch Leis-
tungen im Bereich Wohnen, während dieser Anteil landesweit bei über 50 % liegt.
Diese Kennzahl lässt prinzipiell zwei Rückschlüsse zu: Zum einen werden überdurch-
schnittlich viele Dithmarscher Einwohnerinnen und Einwohner mit Leistungen in WfbM
versorgt (7,8 pro 1.000 Einwohner gegenüber 5,8 im Landesschnitt), gleichzeitig leben
Menschen mit Handicaps häufiger als andernorts noch in ihren Familien. Im Hinblick
auf die alternde Elterngeneration (60+) und die bislang im familiären Umfeld versorg-
ten Menschen mit Handicap (40+) wird hier eine hohe Anzahl zukünftiger stationärer
Wohnstättenbewohnerinnen und -bewohner erwartet, wenn es nicht gelingt ambu-
lante und sozialräumliche Strukturen zu stärken.
Menschen mit Handicaps erreichen erstmals seit dem 2. Weltkrieg ein hohes Lebens-
alter. Daraus folgt eine erste „Seniorengeneration“ von Menschen mit angeborenen
– wesentlich geistigen - Handicaps, die im Anschluss an das Arbeitsleben Bedarf an
gleichberechtigter Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft haben werden und da-
mit neue Anforderungen an das Versorgungssystem stellen. Als Stichworte sind hier
die Tagesstrukturierung für „WfbM-Rentner“ oder die pflegerische Versorgung von
Menschen mit geistigen Handicaps zu nennen.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
53
Seniorinnen und Senioren, die bereits über viele Jahrzehnte in stationären Einrichtun-
gen leben, werden aufgrund des vorangeschrittenen Hospitalisierungsprozesses
wahrscheinlich bis zum Lebensende dort bleiben. Der Pflegebedarf der Menschen
mit Handicaps steigt, wie bei Menschen ohne Handicap, mit zunehmendem Alter.
Hierauf ausgerichtete Angebote fehlen bislang.
Auch die Zahl der Menschen mit psychischer Erkrankung wird in den nächsten Jah-
ren tendenziell steigen. Die Versorgung von Seniorinnen und Senioren mit psychischer
Erkrankung und Pflegebedarf ist in Dithmarschen lückenhaft. Hier sind zugleich
Wohnkonzepte zu entwickeln.
Menschen mit Handicap sollen ein weitgehend selbständiges Leben in einem Sozial-
raum führen können. Deswegen muss die Eingliederungshilfe die sozialräumlichen
Ansätze verstetigen. Damit ist eine Umstellung von Einzelfallregelungen auf ein
Budget verbunden.
Eine ambulante Betreuung im eigenen Wohnraum trägt zur Selbstständigkeit bei. Hier
muss ein Ausbau der schwachen ambulanten Versorgungsstrukturen in Dithmarschen
erfolgen. Dabei liegt ein Schwerpunkt auf dem Bereich Wohnen. Zudem dienen mo-
dulare Leistungsformen als Übergangslösung zwischen ambulanten und stationären
Wohnformen. Ein langfristiges Leben in der Familie ist nur mit einer Förderung der Her-
kunftsfamilien möglich. Präventivangebote für junge Erwachsene stellen eine zusätz-
liche Unterstützung dar.
Der zukünftig steigende Pflegebedarf erfordert eine Anpassung des Versorgungsan-
gebotes. Die Rahmenbedingungen für stationäre sowie ambulante Pflegedienstleis-
tungen müssen definiert werden. Neben der „Jungen Pflege“ sind die älteren Men-
schen mit Handicap zu berücksichtigen. Unter Einbeziehung der Leistungsanbieter ist
zu klären, welcher Anbieter (Pflege oder Eingliederungshilfe) diese „neuen Zielgrup-
pen“ bedient. Aus Sicht des Kreises ist eine Leistungserbringung aus einer Hand anzu-
streben, um durch Komplexleistungen Synergieeffekte zu erzielen. In einer stationären
Pflegeinrichtung, in der ergänzend Leistungen der Eingliederungshilfe erbracht wer-
den wäre bestmöglich sichergestellt, dass sowohl handicap- als auch pflegebedingt
erforderliche Leistungen unter Finanzierung und Qualitätssicherung durch die nach
SGB XI und XII zuständigen Leistungsträger erbracht werden.
Für weitgehend selbstständig lebende Menschen mit Handicaps sollen in den ersten
Arbeitsmarkt integrierte Arbeitsgelegenheiten („virtuelle Werkstatt“, Integrationsfir-
men und andere) als Alternative zur ausschließlichen Beschäftigung in WfbM-
Strukturen geschaffen werden.
Was wurde bereits getan?
Der Kreis Dithmarschen hat bereits einige Maßnahmen für den Ausbau ambulanter
Betreuung in eigenem Wohnraum eingeleitet. Beispiele dafür sind das Pilotprojekt
„Wohnen +“ in Brunsbüttel und das Konzept „Wohnschule“. Bei dem Projekt „Wohnen
+“ wurde in Zusammenarbeit mit den Wohnungsunternehmen Dithmarschen und der
Stiftung Mensch im Quartier integriertes ambulantes Wohnangebot für Menschen mit
Handicap und Pflegebedarf geschaffen. Das Konzept „Wohnschule“ umfasst Ange-
bote zur Unterstützung von Familien und dem Wohnen im familiären Umfeld. Zudem
werden modulare Leistungsformen als Übergangslösungen zwischen ambulanten
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
54
und stationären Wohnformen erarbeitet. In Zusammenarbeit mit der Stiftung Mensch
erstellte die Eingliederungshilfe ein Gesamtkonzept „Wohnen für Menschen mit geis-
tigem Handicap in Dithmarschen“.
Die vermehrt ambulanten Strukturen der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und
Psychosomatik des Westküstenklinikums (WKK) müssen auch für die Eingliederungshil-
feleistungen zugänglich sein, um den Ambulantisierungsprozess in Dithmarschen vo-
ranzubringen. Mit Erbringen von rechtskreisübergreifenden Komplexleistungen kön-
nen die Institutionen das gemeinsame Ziel, die psychisch erkrankten Menschen am-
bulant in ihrem Sozialraum zu versorgen, erreichen. Gleichzeitig sind die nied-
rigschwelligen Hilfen auszubauen und zu stärken.
In Kooperation mit verschiedenen Akteuren erfolgte die Realisierung unterschiedli-
cher Projektideen. So entstand auch das „Gemeindepsychiatrische Zentrum“, das zur
Vermeidung hochschwelliger Hilfen aus der gesetzlichen Krankenversicherung und
der Eingliederungshilfe (SGB V und SGB XII) beiträgt. Dabei arbeiten die Eingliede-
rungshilfe, die Brücke Dithmarschen e.V. und die psychiatrische Fachabteilung des
Westküstenklinikums zusammen. Das WKK und der Fachdienst Eingliederungshilfe ko-
ordinieren die Fallsteuerung gemeinsam, um diese wirtschaftlicher und anbieterneut-
ral erbringen zu können. Ein weiteres Beispiel für eine erfolgreiche Kooperation wird
das Projekt „Meentwark“. Im Rahmen dieses Projektes wird mit der Stiftung Mensch
die inklusive Arbeit für Menschen mit Handicaps gestaltet.
Eine Hilfeplanung zur Fall- und Systemsteuerung findet zunehmend auch für Men-
schen mit Handicaps und Pflegebedarf Anwendung. Ferner werden die nieder-
schwelligen Strukturen der Brücke Dithmarschen e.V., „Nervennahrung“ und der An-
laufstelle „Kiek in“ gesteuert. Mit der Brücke SH hat der Kreis ein Budget unter sozial-
räumlichen Aspekten vereinbart.
Maßnahmen
Durch das zunehmende Alter in der Bevölkerungsgruppe Menschen mit Handicaps
müssen auch die Rahmenbedingungen der Eingliederungshilfe angepasst werden.
Mit den folgenden Maßnahmen wird diese Anpassung umgesetzt.
Aufgabe Zuständigkeit Partner Priorität
Umsetzung des Konzeptes
„Wohnschule“
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Eingliede-
rungshilfe)
Stiftung Mensch hoch
Evaluierung des Konzeptes
Gemeindepsychiatrisches
Zentrum (GPZ)
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Eingliede-
rungshilfe)
WKK, Brücke
Dithmarschen
mittel
Entwicklung von Leistungs-
modulen zur Sicherstellung
der ambulanten Versorgung
(inkl. Pflegeleistungen)
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Eingliede-
rungshilfe)
Anbieter, Heim-
aufsicht, Koor-
dinierungsstelle
soziale Hilfen
der Schleswig-
Holsteinischen
Kreise (Kosoz)
hoch
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
55
Neuausrichtung der Brücke
Schleswig- Holstein für den
Lebensbereich Wohnen
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Eingliede-
rungshilfe), Brücke S-H
WKK, Heimauf-
sicht
mittel
Weiterer Ausbau der ambu-
lanten Betreuung im eigenen
Wohnraum
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Eingliede-
rungshilfe)
Anbieter hoch
Ausbau der Hilfeplanung und
Fallsteuerung für außerhalb
des Kreises lebende Leis-
tungsberechtigte
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Eingliede-
rungshilfe)
mittel
Ausbau der Hilfeplanung und
Fallsteuerung für Menschen
mit Handicaps und Pflege-
bedarf
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Eingliede-
rungshilfe)
hoch
Schaffung einer kombifinan-
zierten SGB XI-/ SGB XII-
Einrichtung für MmH mit Pfle-
gebedarf
Leistungsanbieter, z. B.
Stiftung Mensch
Heimaufsicht,
ggfs. weitere
Anbieter für
„Junge Pflege“,
Kosoz
hoch
3.3.4 Menschen mit Migrationshintergrund
Ausgangssituation
In Dithmarschen lebten am 31.12.2013 4.638 registrierte Ausländerinnen und Auslän-
der aus über 110 Nationen (3,5 % der Gesamtbevölkerung), vor allem in den größe-
ren Städten Heide, Brunsbüttel oder Meldorf. Die Ausländerbehörde ist meist die erste
Anlaufstelle für neu zugewanderte ausländische Staatsangehörige. Hierbei sind die
Startvoraussetzungen für jeden einzelnen Zuwanderer außerordentlich unterschied-
lich. So reisen beispielsweise Hochqualifizierte geplant und gut organisiert ins Bundes-
gebiet ein, während Flüchtlinge häufig unter schwierigen Bedingungen und unvorbe-
reitet eintreffen. Unabhängig davon, auf welche Weise die Zuwanderer hier eintref-
fen, soll sich bei jedem ein Gefühl des Willkommens einstellen.
Die Lebenslagen der Menschen mit Migrationshintergrund unterscheiden sich je
nach Herkunft, Aufenthaltsstatus, Zuzugszeitpunkt oder Qualifikation stark. Viele von
ihnen leben seit Langem in Dithmarschen oder sind hier geboren, andere sind noch
dabei sich einzuleben. Zudem gibt es Einwohnerinnen und Einwohner mit deutscher
Staatsangehörigkeit, die einen Migrationshintergrund haben.
Statistische Daten zeigen, dass in vielen Lebensbereichen, insbesondere bei Bildung,
Ausbildung und Erwerbstätigkeit signifikante herkunftsspezifische Unterschiede beste-
hen. Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund sehen sich aufgrund ihrer
häufig schlechteren sprachlichen und sozialen Ausgangsbedingungen in ihrer Schul-
laufbahn mit besonderen Herausforderungen konfrontiert (siehe Kapitel 3.2.1). Für
Menschen mit Migrationshintergrund ist der Zugang zum ersten Arbeitsmarkt schwie-
rig. So liegt die Arbeitslosenquote in dieser Bevölkerungsgruppe mit 17,9 % deutlich
über dem Durchschnitt in Dithmarschen (8,4 %).
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
56
Bei einem durchschnittlichen Ausländeranteil an Schulen von 2 % betrug dieser 3,8 %
in Hauptschulen, 2,3 % in Realschulen und 1,0 % in Gymnasium. Die Abiturientenquo-
te lag in Dithmarschen 2009 insgesamt bei 20,9 %, bei den Ausländerinnen und Aus-
ländern betrug diese nur 6,5 %. Dagegen verließen gleichzeitig 13 % von ihnen die
Schule ohne Abschluss gegenüber nur 2,9 % der deutschen Schulabgängerinnen
und -abgänger.
Handlungsbedarf
Der prognostizierte Bevölkerungsrückgang in Dithmarschen ist geprägt durch die ne-
gative natürliche Bevölkerungsentwicklung. Durch Zuwanderung können Bevölke-
rungsverluste reduziert werden. Folglich gewinnt Zuwanderung und Integration an
Bedeutung für den Kreis Dithmarschen. Die Zuwanderer sollen sich hier anerkannt
fühlen und in Dithmarschen ihre Zukunft sehen. Da die Bevölkerung in Dithmarschen
vielfältiger wird, sind auch Strukturen und Routinen an die gesellschaftliche Realität
anzupassen.
Die Einbindung der Menschen mit Migrationshintergrund in die Gesellschaft ist ein
wesentlicher Teil der Willkommenskultur. Staat und Politik sollen die Rahmenbedin-
gungen für eine erfolgreich gelebte Willkommens- und Anerkennungskultur schaffen.
Dabei ist auch die Integrationsarbeit ein wichtiges Instrument.
Die Willkommens- und Anerkennungsstrukturen in den Ausländerbehörden des Lan-
des Schleswig-Holstein sollen aufgebaut und weiter entwickelt werden. Durch die
Gestaltung von gesellschaftlichen, rechtlichen und verwaltungspraktischen Rah-
menbedingungen in vielfältigen Projekten und Initiativen ist eine gelebte Willkom-
mens- und Anerkennungsstruktur zu verdeutlichen. Dabei agiert die Ausländerbehör-
de als Schnittstelle zwischen Ordnungsrecht und Integrationsarbeit. Diese muss unter
Berücksichtigung der Diversität der Zuwanderer rechtmäßige, transparente und an-
gemessene Entscheidungen treffen und vermitteln.
Bildung ist der Schlüssel zu Chancengleichheit und sozialer Teilhabe. Besondere Be-
deutung für eine nachhaltig erfolgreiche Integration von Heranwachsenden mit Mig-
rationshintergrund kommt der frühkindlichen Bildung zu: Durch eine vorschulisch an-
setzende individuelle Förderung können herkunftsspezifische Benachteiligungen
rechtzeitig erkannt und abgebaut werden.
Menschen mit Migrationshintergrund bieten auch Potenziale für die Fachkräftesiche-
rung in Dithmarschen. Diese gilt es, auszubauen und besser zu nutzen (siehe Kapitel
3.5.1).
Was wurde bereits getan?
Der erste Handlungsansatz zur Schaffung der Willkommenskultur war die Durchfüh-
rung einer landesweiten Fragebogenaktion in allen Ausländerbehörden zur Ermitt-
lung der Ausgangslage. Die Ergebnisse wurden in vier regionalen Workshops unter
der Federführung des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein vorgestellt
und erörtert. Darauf basierend wurde in einem Konferenz-Workshop ein Maßnah-
menkatalog sowie ein Grundverständnis über die Aufgabenerledigung der Auslän-
derbehörden in Schleswig-Holstein erarbeitet und in einem „Leitbild für die Zuwande-
rungsverwaltung in Schleswig-Holstein“ festgehalten. Das Leitbild ist maßgebend für
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
57
die Aufgabenwahrnehmung und den Arbeitsalltag in einer gelebten Willkommens-
und Anerkennungsstruktur.
Für eine erfolgreiche Einbindung von Menschen mit Migrationshintergrund hat der
Kreistag im Juni 2011 ein Konzept verabschiedet. Damit strebt der Kreis Dithmarschen
langfristig mehr Chancengleichheit für Menschen mit Migrationshintergrund sowie
höhere Teilhabe dieser Personengruppe an Bildung, Ausbildung und Arbeitsmarkt an.
Mit der Teilnahme am Projektverbund „Xenos-Transfer“ (2012-2014) möchte der Kreis
eine Willkommenskultur schaffen, in der kulturelle Vielfalt zur Normalität gehört. Bei
der Koordination der Aktivitäten zur Integration von Menschen mit Migrationshinter-
grund stehen die Förderung der Netzwerkarbeit für und mit Menschen mit Migrati-
onshintergrund sowie die interkulturelle Öffnung der Verwaltung im Fokus.
Maßnahmen
Damit die Zuwanderer sich in Dithmarschen wohlfühlen, ist eine Willkommenskultur
von Beginn an wichtig. Die Integrationsarbeit im Kreis Dithmarschen soll die Willkom-
menskultur festigen und die erfolgreiche Einbindung der Menschen mit Migrationshin-
tergrund in der Gesellschaft voranbringen. Bis Ende 2014 findet die Integrationsarbeit
im Rahmen des Projektes „Xenos-Transfer“ statt. Eine stärkere Teilhabe dieser Bevölke-
rungsgruppe am gesellschaftlichen Leben in Dithmarschen kann ein großer Beitrag
für die Zukunftsfähigkeit Dithmarschen sein.
Aufgabe Zuständigkeit Partner Priorität
Laufende Fortent-
wicklung der Will-
kommens- und Aner-
kennungsstrukturen
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Sicherheit
und Ordnung)
Innenministerium und
Ausländerbehörden des
Landes Schleswig-
Holstein
mittel
Interkulturellen Dialog
fördern, etablieren
und praktizieren, z. B.
Koordinierung von
Runden Tischen zur
Integration von Men-
schen aus anderen
Kulturkreisen
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Gesundheit,
Betreuung und Projekt-
planung)
Lokales Bündnis für Fa-
milie Heide, Kommunal-
präventiver Rat Bruns-
büttel, Diakonisches
Werk Dithmarschen;
Gemeinden, Amtsver-
waltungen
hoch
Dolmetscherpool -
Brückenbauer
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Gesundheit,
Betreuung und Projekt-
planung)
Diakonie, VHS, Stadt
Heide, Stadt Brunsbüttel,
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Soziale Leis-
tungen)
hoch
Interkulturelle Öff-
nung der Verwaltung
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Gesundheit,
Betreuung und Projekt-
planung)
Kreis Dithmarschen (Aus-
länderbehörde, Ge-
schäftsbereich Familie,
Soziales und Gesund-
heit, Personalabteilung)
hoch
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
58
Interkulturelle Orien-
tierung der Behör-
den, Schulen, Kinder-
tagesstätten
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Gesundheit,
Betreuung und Projekt-
planung)
Jobcenter, Arbeitsagen-
tur,
hoch
Etablierung einer
Willkommenskultur
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Gesundheit,
Betreuung und Projekt-
planung)
Wirtschaftsakademie
Schleswig-Holstein
hoch
Förderung von Mig-
rantenselbstorganisa-
tionen und Interes-
senvertretungen (In-
terkulturelle Zentren)
Kreis Dithmarschen
(Fachdienst Gesundheit,
Betreuung und Projekt-
planung)
Runde Tische hoch
3.4 Gesundheit und Soziales
3.4.1 Gesundheitswesen
Ausgangssituation
Eine ausreichende medizinische Versorgung gehört zu den elementaren Versor-
gungsbedürfnissen der Bevölkerung und ist für die Städte und Gemeinden im Kreis-
gebiet eines der wichtigsten Standortmerkmale.
Im Rahmen der „Hildebrandt-Studie“ wurde 2010 die Entwicklung der ambulanten
Versorgung in Dithmarschen untersucht. In dieser Studie wird eine morbiditätsbezo-
gene Zunahme der Behandlungsfälle im Kreis Dithmarschen um 20,17 % bis zum Jahr
2025 sowie ein ruhestandsbedingter Rückgang besetzter Arztsitze um 40 % bis 2017
prognostiziert.
Im Kreis Dithmarschen sind zurzeit 176 Kassenarztsitze vorhanden. 92 Ärztinnen und
Ärzte nehmen an der hausärztlichen Versorgung teil. Nach der Regionalanalyse wür-
de sich die allgemeinmedizinische Versorgung im Kreis Dithmarschen bei Ausschei-
den der Praxisinhaber/innen wie folgt darstellen:
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
59
Es ist festzustellen, dass Teile des Kreises Dithmarschen hausärztlich (allgemein-
medizinisch) bereits heute teilweise unterversorgt sind. Dadurch entstehen lange
Wege für die Bevölkerung, lange Wartezeiten in den verbliebenen Praxen und eine
Zunahme der Krankenhauseinweisungen. Der größte Teil der derzeit vorhandenen
Praxen sind Einzelpraxen. Seit 2012 gibt es im Kreisgebiet fünf Facharzt-MVZ (davon
vier Medizinische Versorgungszentren der Westküstenkliniken Brunsbüttel und Heide
gGmbH). Das Medizinische Qualitätsnetz Westküste (MQW) mit ca. 90 Mitgliedern ist
eines der am besten organisierten Praxisnetze in Schleswig-Holstein.
Nach einem Bericht der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein aus dem
Jahr 2013 werden die westlichen Teile des Landes (einschl. Dithmarschen) unter an-
derem aufgrund der hohen (unattraktiven) Durchschnittsfallzahlen besonders Prob-
leme haben, die freiwerdenden Hausarztsitze wieder zu besetzen. Zudem schreitet
die Überalterung voran. Im Bereich Brunsbüttel liegt das Durchschnittsalter der Haus-
ärztinnen und Hausärzte schon jetzt knapp bei 60 Jahren. Die Problematik verschärft
sich zusätzlich, da die Zahl der jährlich ausgebildeten Allgemeinmedizinerinnen und
Allgemeinmediziner weit unter der Anzahl der noch zu besetzenden Sitze liegt.
Die Analyse zeigt, welches Wiederbesetzungsproblem vorhanden ist und dass nicht
alle Vertragsarztsitze zukünftig erhalten werden können. Die noch verbleibenden
niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte müssen immer mehr Patientinnen und Patien-
ten behandeln. Viele Patientinnen und Patienten werden aufgrund der Nachbeset-
zungsprobleme unterversorgt bleiben müssen, insbesondere wenn sie nicht mehr
mobil sind. Immer mehr Patientinnen und Patienten werden deshalb die Kliniken in
Brunsbüttel und Heide als letztes Glied der Versorgungskette aufsuchen.
Zuständig für die Aufrechterhaltung bzw. Verbesserung der ambulanten Versor-
gungssituation ist in erster Linie die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein als
Sicherstellungsträger für die kassenärztliche Versorgung. Der Kreis Dithmarschen hat
im Bereich der ambulanten Versorgung keine unmittelbare Steuerungsfunktion.
Die kreiseigene Trägerschaft der Kliniken ermöglicht dagegen eine bedarfsgerechte
Steuerung der Sicherstellung von klinischen Gesundheitsdienstleistungen. An den
Abbildung 11: Verteilung der Hausärzte/ Allgemeinmediziner in Dithmarschen
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
60
zwei Klinikstandorten Heide und Brunsbüttel befinden sich 20 Fachabteilungen mit
784 Betten. Die Klinikstandorte sind bei der weiteren Ausdünnung der ambulanten
Versorgungsstrukturen sowohl für die fach- als auch die allgemeinmedizinische Absi-
cherung der Einwohnerinnen und Einwohner im Kreisgebiet immer wichtiger. Der An-
stieg von ambulanten Behandlungen im Krankenhaus macht die zunehmende Be-
deutung der Klinken in der Region Dithmarschen deutlich.
Die Klinik in Brunsbüttel ist durch wirtschaftlichen Druck bedroht. Der Wegfall würde
im südlichen Kreisgebiet eine Versorgungslücke verursachen und die „Gleichwertig-
keit der Lebensverhältnisse“ gefährden.
Handlungsbedarf
Zur Verbesserung der Situation sollten folgende Möglichkeiten genutzt werden:
Bewusstmachung des Problems für die ländlichen Zentralorte und Schaffung
von guten Rahmenbedingungen für die niederlassungswilligen Ärztinnen und
Ärzte (zentrale Raumangebote für die Praxisgemeinschaften/ MVZ/ Ansied-
lungsanreize/ Schaffung von Eigenbetrieben der Gemeinden)
Verstärkte Zusammenarbeit der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, um die
verbleibenden Ressourcen im Kreisgebiet optimal zu nutzen
Nutzung politischer Einflussmöglichkeiten zur Organisation von alternativen
Angeboten
Gemeinsames Eintreten der im Kreis Dithmarschen Verantwortlichen für die
Aufrechterhaltung der Kliniken in Brunsbüttel und Heide als letzte „Versor-
gungsinstanz“ bei einer weiteren Verringerung der niedergelassenen Ärztinnen
und Ärzte
Abbildung 12: Versorgungslücken bei Wegfall einer Klinik
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
61
Was wurde bereits getan?
Aus der „Hildebrandt-Studie“ ist das Regionalkonzept zur Gesundheitsversorgung in
Dithmarschen hervorgegangen. Dieses wurde im März 2010 dem damaligen Ge-
sundheitsminister Herrn Dr. Heiner Garg sowie dem Kreistag vorgestellt.
Zur Verbesserung der ambulanten Versorgung werden neue Konzepte entwickelt. Mit
den Gemeinden Lunden, Büsum und St. Michaelisdonn laufen Gespräche, in denen
es um die Schaffung von Eigenbetrieben der Gemeinden geht. Durch Gemein-
schaftspraxen in eigener Trägerschaft (so genannte Eigeneinrichtungen nach § 105
Abs. 5 SGB V) mit entsprechenden Immobilien sollen die Hausarztsitze in zentralen
Orten attraktiver werden. Die Ärztegenossenschaft Schleswig-Holstein würde das
Management dieser Eigenbetriebe übernehmen. Drei Modellprojekte werden auf
Vorschlag des Kreises Dithmarschen von der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-
Holstein finanziell gefördert. Der Kreis Dithmarschen wird darüber hinaus für die Ge-
meinden einen „Koordinator ambulante Versorgung“ schaffen, der für Beratungen
zur Verbesserung der hausärztlichen Versorgung bereitstehen wird.
Für das Westküstenklinikum Brunsbüttel wurden Anträge auf Sicherstellungszuschläge
für die Versorgungsregion südliches Dithmarschen gestellt und vom Gesundheitsmi-
nisterium positiv beschieden. Noch finden Gespräche mit den Krankenkassen, Kas-
senärztlichen Vereinigung und dem Gesundheitsministerium statt, die darauf abzie-
len, für den Standort Brunsbüttel ein neues Versorgungskonzept zu entwickeln.
Maßnahmen
Für eine möglichst ortsnahe und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit
Gesundheitsdienstleistungen sind insbesondere folgende Maßnahmen erforderlich:
Aufgabe Zuständigkeit Partner Priorität
Information der Städte und Ge-
meinden zur Schaffung von Ärzte-
häusern/Immobilien und anderen
Angeboten für ansiedlungswillige
Ärztinnen/Ärzte sowie Schaffung
neuer Versorgungsstrukturen (Ei-
geneinrichtungen)
Landrat, Koordi-
nator ambulan-
te Versorgung,
Amtsverwaltun-
gen
Medizinisches
Qualitätsma-
nagement West-
küste (MQW),
Kreisstelle der
KVSH/ Ärztege-
nossenschaft
hoch
Förderung der Allgemeinmedizine-
rausbildung und Beratung bei der
Niederlassung
GF WKK gGmbH MQW, Kreisstelle
der KVSH
hoch
Dauerhafte Absicherung der Klinik-
standorte durch die Beantragung
und Durchsetzung von Sicherstel-
lungszuschlägen/Schaffung von
Modellkonzepten
Aufsichtsrat und
GF WKK gGmbH
Fördervereine der
beiden Kliniken
hoch
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
62
3.5.2 Pflege
Ausgangssituation
In Dithmarschen leben (Quelle: Pflegestatistik 2011) rund 1.500 Menschen mit Leis-
tungsansprüchen nach dem SGB XI in stationären Einrichtungen, 2.350 Menschen
werden von ambulanten Pflegediensten und privat organisiert in der eigenen Woh-
nung gepflegt. Hinzu kommt eine nicht bekannte Zahl von Menschen, die ohne Pfle-
gestufe Hilfebedarf haben, insbesondere Demenzkranke, für die es künftig wahr-
scheinlich ebenfalls Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung geben wird.
Die Steuerung des „Versorgungssystems Pflege“ erfolgt maßgeblich durch die Pfle-
gekassen, die Versorgungsverträge und Vergütungsvereinbarungen mit den Leis-
tungsanbietern abschließen. Eine Pflegebedarfsplanung durch den Kreis Dithmar-
schen hätte lediglich Markt beobachtenden Charakter und existiert momentan
nicht.
Wohnangebote für Seniorinnen und Senioren unterhalb vollstationärer Pflege gibt es
in Dithmarschen nur vereinzelt, so dass der Eintritt von Pflegebedürftigkeit sehr häufig
den Auszug aus der vertrauten Umgebung in ein Heim zur Folge hat. Dies spiegelt
sich wieder in einem –gegen den Bundestrend steigenden - Anteil von 36,8 % der
Pflegebedürftigen in stationärer Dauerpflege gegenüber einem Bundesdurchschnitt
von 29,7 %. Dabei ist die Möglichkeit, bei Pflegebedürftigkeit weiterhin in der eigenen
Wohnung zu leben nicht primär vom Ausmaß der Pflegebedürftigkeit abhängig.
Maßgeblich ist vielmehr einerseits das soziale Umfeld der Betroffenen, das Vorhan-
densein von Familienangehörigen, Freunden und Nachbarn. Andererseits ist die
Wohnung selbst („Barrierefreiheit“) und deren Lage und Umfeld, die Erreichbarkeit
insbesondere von Ärzten und Einkaufsmöglichkeiten von Bedeutung.
Handlungsbedarf
Der demografische Wandel wird zu einer Zunahme der Pflegebedürftigen, damit
auch zu einer steigenden Zahl der stationär versorgten Pflegebedürftigen führen.
Diese können in Folge eines zunehmenden Anteils von Menschen mit flexiblen Er-
werbsbiografien die Heimkosten weiniger durch eigene Mittel decken. Aufgrund der
fehlenden bzw. geringfügigen Anhebungen der Leistungen der gesetzlichen Pflege-
versicherung seit 1994 ist ein steigender Teil der Gesamtkosten der Pflege aus Sozial-
hilfemitteln zu finanzieren. Personalkosten, die bisher relativ zu anderen Berufszweigen
auf niedrigem Niveau liegen, dominieren die steigenden spezifischen Kosten. Eine
Reihe von Faktoren lässt also erwarten, dass ohne steuernde Eingriffe die finanzielle
Belastung des Kreises durch die Entwicklungen im Bereich Pflege erheblich zuneh-
men wird.
Neben dieses Finanzierungsproblem wird zunehmend eines der Sicherstellung treten,
das sich aus der Gegenläufigkeit der Entwicklungen in den Altersgruppen unter und
ab 65 Jahren ergibt. Während die Bevölkerungszahl in der Altersgruppe ab 65 Jah-
ren, aus der die Pflegebedürftigen stammen wächst, schrumpft die Bevölkerungs-
gruppe zwischen 20 und 65 Jahren (Arbeitsmarktpotenzial). Damit nimmt die Zahl
potenzieller Pflegefachkräfte als auch pflegender weiblicher Familienangehöriger
(das so genannte informelle Pflegepotenzial) ab.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
63
Die Aktivierung von Frauen, die nicht oder nicht vollzeitig arbeiten, für den Arbeits-
markt schwächt das informelle Pflegepotenzial und löst zusätzlichen Bedarf an Pfle-
gefachkräften aus.
Arbeitgeber in der Pflege berichten schon jetzt von Problemen, Arbeitsplätze zu be-
setzen. Der Grund dafür liegt in der körperlichen und psychischen anspruchsvollen
Arbeit in der Pflege mit eher schlechter Vergütung. Die Zahl der schulischen Ausbil-
dungsplätze für Pflegeberufe, die ohne Kosten für die Auszubildenden in Anspruch
genommen werden können, ist in Schleswig-Holstein stark begrenzt. Hieraus kann
kaum das demografisch bedingte Ausscheiden von Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmern ausgeglichen werden. An eine notwendige Gewinnung zusätzlicher Fach-
kräfte ist unter diesen Rahmenbedingungen nicht zu denken. Angesichts zunehmen-
der Konkurrenz zu anderen, attraktiveren und besser bezahlten Berufsbildern ist insge-
samt zu befürchten, dass die Pflege auf einen ernstzunehmenden Personalengpass
zusteuert.
Bei Betrachtung der Zahlen zum Personaleinsatz in ambulanter und stationärer Pflege
ergibt sich vielleicht ein Ansatzpunkt zur Verbesserung der jetzigen Situation. Voraus-
geschickt sei, dass die Verteilung der Pflegestufen in ambulanter Pflege zumindest
annähernd vergleichbar mit der in stationärer Pflege ist. Der Umfang der für eine
gleich große Gruppe von Menschen zu leistenden Pflege ist also in beiden Versor-
gungsformen etwa gleich. Das Verhältnis zwischen der Zahl der Pflegebedürftigen
und dem Pflegepersonal liegt bei der stationären Pflege bei 1:1. Zu bedenken ist,
dass es sich bei den Beschäftigtenzahlen um Köpfe und nicht um Vollzeitstellen han-
delt. In der Pflege, deren Inanspruchnahme sich auf die Morgen- und Abendstunden
sowie die Mittagszeit konzentriert, wird viel mit Teilzeit- und geringfügiger Beschäfti-
gung gearbeitet. Zudem wird seit Jahren beklagt, dass die – notwendige - Dokumen-
tation der Pflege Zeit beansprucht, die für Zuwendung an Pflegebedürftige fehlt.
Bei der ambulanten Pflege ergibt sich ein Verhältnis von zwei Pflegebedürftigen zu
einer Pflegekraft. Vermutlich ist bei ambulanter Pflege ein höherer Anteil des Perso-
nals in Teilzeit beschäftigt. Trotzdem ist die Relation zwischen eingesetztem Personal
und Pflegebedürftigen günstiger, da bei ambulanter Pflege nicht professionelle Un-
terstützung durch Angehörige, Freunde und Nachbarn geleistet wird. Diese Hilfe aus
dem Sozialraum macht ambulante Pflege nicht nur zu der Versorgungsform, die in
höherem Maße dem Wunsch der Betroffenen entspricht, in der eigenen Wohnung
leben zu können. Ambulante Pflege ist zudem die Versorgungsform, die schonender
mit der knapper werdenden Ressource „Pflegefachkraft“ umgeht. Je größer also der
Anteil ambulanter Pflege sein würde, desto größer würde auch die Wahrscheinlich-
keit, dass Pflege insgesamt dauerhaft sichergestellt werden kann.
Um vielen Pflegebedürftigen ein dauerhaftes Leben in der eigenen Wohnung zu er-
möglichen gibt es folgende Ansatzpunkte: Sozialräumliche Strukturen müssen ge-
stärkt und altersgerechter Wohnraum sowie im Sozialraum integrierter kombifinanzier-
ter Wohn- und Pflegeangebote geschaffen werden. Zudem sind ältere Menschen
dahingehend zu sensibilisieren, die eigene Wohnung früh auf „Barrierefreiheit“ zu prü-
fen. Damit eventuell ein Umbau oder ein Umzug rechtzeitig erfolgen kann.
Schließlich erreichen zunehmend Menschen mit Handicaps ein hohes Lebensalter
und werden Alters bedingt pflegebedürftig. Unter Einbeziehung der Leistungsanbie-
terinnen und -anbieter ist zu klären, welcher Sektor (Pflege oder Eingliederungshilfe)
diese „neuen Zielgruppen“ bedient (siehe Kapitel 3.3.3).
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
64
Was wurde bereits getan?
Das Themenfeld Pflege ist eng verzahnt mit dem Handlungsfeldfeld Wohnen, da z. B.
die Frage, ob stationär oder ambulant gepflegt wird oder werden kann wesentlich
auch von den Wohnverhältnissen und der wohnungsnahen Infrastruktur abhängt. In
diesem Zusammenhang ist die bedarfsgerechte Anpassung des Wohnraumes zu er-
wähnen (siehe Seite 15).
Der Kreis Dithmarschen betreibt zusammen mit den Pflegekassen einen Pflegestütz-
punkt, der Pflegebedürftigen und deren Angehörigen, aber auch ehrenamtlich Täti-
gen und Selbsthilfegruppen sowie Diensten, Institutionen und Trägern im Pflegebe-
reich Beratung in allen Fragen rund um die Themenbereiche Krankheit, Pflege, Ser-
vice und Wohnen anbietet.
Ansätze für die Ausweitung des Angebots an altersgerechtem Wohnraum gibt es
ebenfalls. Schon seit längerem und zunehmend bieten an verschiedenen Orten in
Dithmarschen Betreiber von stationären Pflegeeinrichtungen den Bewohnerinnen
und Bewohnern von Wohnungen in der Nähe ihrer Einrichtungen an, deren Dienstleis-
tungen (Verpflegung, Wäscheservice, u.a.) mit zu nutzen. Als konzeptionell neue Pro-
jekte sind zu nennen: „Wohnen +“ in Brunsbüttel als gemeinsames Projekt von Woh-
nungsunternehmen Dithmarschen, Stiftung Mensch und Kreis Dithmarschen und das
Senioren- und Bürgerzentrum Wesselburen.
In Brunsbüttel ersten ist ein Neubau im alten Brunsbüttelkooger Ortskern mit integrier-
tem Wohncafé und 14 barrierefreien Wohnungen für Seniorinnen und Senioren sowie
Menschen mit Handicap entstanden. Dort soll ein aktiver Sozialraum geschaffen
werden, in dem Menschen in allen Lebenslagen und -phasen einander begegnen
und sich gegenseitig unterstützen.
In Wesselburen sollen in zentraler Innenstadtlage neben einer neuen stationären
Pflegeeinrichtung auch 14 barrierefreie Servicewohnungen, eine ambulant betreute
Hausgemeinschaft für Seniorinnen und Senioren sowie eine Tagespflegeeinrichtung
entstehen und in Trägerschaft einer Sozialgenossenschaft realisiert werden.
Maßnahmen
Die Rolle des Kreises wird künftig darin bestehen, die Wirkung dieser und weiterer Pro-
jekte zu beobachten und auf verschiedenen Ebenen – Einwohnerinnen und Einwoh-
ner, Gemeinden, Wohnungswirtschaft, Pflege-Dienstleister – dafür zu werben, weitere
solcher Projekte zu realisieren und diese Projekte in der Realisierung beratend zu un-
terstützen.
Aufgabe Zuständigkeit Partner Priorität
Stärkung sozialräumli-
cher, nachbarschaftli-
cher Strukturen
Städte/ Gemein-
den/ Ämter
Kreis Dithmarschen: Bera-
tung, Sensibilisierung, Mo-
tivation
hoch
Schaffung altersge-
rechten Wohnraums
Gemeinden, Woh-
nungswirtschaft
Kreis Dithmarschen: Bera-
tung, Sensibilisierung, Mo-
tivation
hoch
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
65
Erhöhung der Zahl der
Ausbildungsplätze für
Pflegefachkräfte
Land Schleswig-
Holstein
Leistungsanbieter in der
Pflege
hoch
Schaffung von im Sozi-
alraum integrierten
kombinierten Wohn-
und Pflegeangeboten
Gemeinden, Woh-
nungswirtschaft
Kreis Dithmarschen: Bera-
tung, Sensibilisierung, Mo-
tivation
hoch
Schaffung einer kom-
bifinanzierten SGB XI-/
SGB XII-Einrichtung für
MmH mit Pflegebedarf
Leistungsanbieter
Heimaufsicht, ggfs. weite-
re Anbieter für „Junge
Pflege“, Koordinierungs-
stelle soziale Hilfen der
Schleswig-Holsteinischen
Kreise (Kosoz)
hoch
3.6 Arbeit und Wirtschaft
3.6.1 Fachkräftesicherung
Ausgangssituation
Aufgrund von Abwanderung, besonders von jungen Menschen, fehlen im Kreis Dith-
marschen in machen Branchen bereits heute qualifizierte Arbeitskräfte. Der Rück-
gang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter durch den demografischen Wandel
wird dieses Defizit verstärken. Der Fachkräftemangel hat bedeutende negative Aus-
wirkungen auf das Wirtschaftswachstum und die Wachstumsdynamik.
Der Kreis Dithmarschen kämpft wie viele ländliche Regionen mit den Folgen von Be-
völkerungsrückgang und Überalterung. Die Arbeitslosenquote ist mit 8,1 Prozent die
derzeit höchste der Landkreise Schleswig-Holsteins.
Im „Deutschen Lernatlas“ belegt der Kreis den Rang 59 von 75. Der Deutsche Lernat-
las verdeutlicht den Stellenwert des Lernens in allen deutschen Kreisen und kreisfreien
Städten und illustriert, inwieweit eine Kommune über die Lernvoraussetzungen ver-
fügt, um wirtschaftlich und sozial erfolgreich zu sein. Die vergleichsweise schlechte
Platzierung des Kreises Dithmarschen muss impulsgebend zur Weiterentwicklung der
Bildungspolitik sein.
Für die Region wird es zunehmend schwieriger, qualifizierte Arbeitskräfte zu gewinnen
und zu halten. Daher konzentriert sich die Strategie der Region auf die Förderung und
das Halten eigener Talente im Kreis.
Im Tourismus, der Gesundheits- und Pflegebranche sowie bei gewerblich-
technischen Berufen zeichnet sich für hoch qualifizierte Arbeitskräfte ein Fachkräfte-
mangel ab. Davon sind kleinere und mittlere Unternehmen besonders betroffen.
Während kurz- bis mittelfristig zunächst der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften
eintreten wird bzw. bereits eingetreten ist, ist zunehmend mit einem generellen Man-
gel an Arbeitskräften, auch bei den gering Qualifizierten, zu rechnen.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
66
Der demografische Wandel wird sich auch bei Unternehmensnachfolgen bemerkbar
machen, was vor allem kleine und mittelständische Unternehmen, die in Dithmar-
schen überproportional vertreten sind, besonders treffen wird. Hier drohen Betriebs-
schließungen mit negativen Folgen von Immobilienleerstand bis zu Arbeitslosigkeit.
Handlungsbedarf
Um die Region Dithmarschen zukunftsfähig zu gestalten, muss das vorhandene Ar-
beitskräftepotenzial der verschiedenen Personengruppen künftig besser genutzt
werden. Neben Frauen sollen ältere Arbeitnehmer, Langzeitarbeitslose und Men-
schen mit Handicap verstärkt mobilisiert werden.
Für eine weitere Mobilisierung von Frauen sind unter anderem der Ausbau der Kin-
derbetreuung, eine bessere Vereinbarkeit von Familie/Beruf, eine Anschlussqualifizie-
rung nach der Familienphase und verlässliche Schulzeiten erforderlich.
Bei jungen Menschen kann durch gezielte Unterstützung der Übergang von der Schu-
le in den Beruf erleichtert werden (siehe Kapitel 3.2.1). Diese Hilfe setzt erst bei der
fehlenden Ausbildungsreife ein. Jedoch sind Kinder und Jugendliche frühzeitig zu
fördern, um Defizite zu erkennen und abzubauen. Durch Förderung von Menschen
mit Migrationshintergrund und qualifizierte Zuwanderung kann die Zahl der Fachkräf-
te erhöht werden.
Für eine bessere Integration von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt muss das
Qualifikationsniveau gesteigert werden. Da systembedingt die Zuständigkeit für die
Vermittlung von Arbeit bei der Agentur für Arbeit liegt, wird im weiteren darauf nicht
eingegangen.
Um die verlängerten Lebensarbeitszeiten zu realisieren, sind alters- und alternsge-
rechte Arbeitsbedingungen sowie Strategien für die Erhaltung der Gesundheit von
Arbeitskräften notwendig.
Darüber hinaus ist ein hohes Bildungsniveau anzustreben, damit im Kreis vorhande-
nen Arbeitskräfte eine qualifizierte Ausbildung erhalten. Um eine konstante qualifizier-
te Weiterbildung bis ins hohe Alter zu gewährleisten, müssen Rahmenbedingungen
für ein lebenslanges Lernen geschaffen werden. Die gezielte Förderung von Nach-
wuchswissenschaftlern und Intensivierung der Forschungs- und Innovationsaktivitäten
sollen helfen, Dithmarschen zukunftsfähig zu machen.
Zur Nutzung der vorhandenen Potenziale sollten auch neue Arbeitsformen und deren
Organisation einbezogen werden. Hierdurch können vielfältige Möglichkeiten einer
Beschäftigung geschaffen werden.
Was wurde bereits getan?
Die Entwicklungsgesellschaft Brunsbüttel (egeb) betreibt in den Kreisen Dithmarschen
und Steinburg regionale Wirtschaftsförderung und bietet verschiedene Leistungen
an, wie Beratung bei Existenzgründungen sowie Beratungen zur Qualifizierung und
Weiterbildung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder Personalentwicklung. Im Jahr
2011 führte die egeb: Wirtschaftsförderung 312 Beratungsgespräche mit 142 Betrie-
ben. Zudem wurden zahlreiche Informationsveranstaltungen organsiert.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
67
Mit Fördermitteln der EU hat die egeb: Wirtschaftsförderung 2007 bis 2013 einige Pro-
jekte initiiert. Im Rahmen des Projektes Startbahn wird Arbeitslosen, die nicht auf dem
Arbeitsmarkt integriert werden können, ein strukturierter Aufbau einer Existenz ermög-
licht. Dadurch entstehen jährlich zwischen 60 und 80 neue Arbeitsplätze in Dithmar-
schen.
Das Projekt FRAU & BERUF setzt sich für die Verbesserung der Chancen von Frauen
auf dem Arbeitsmarkt ein. Die Beratungsstelle unterstützt Berufsrückkehrerinnen, ar-
beitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Frauen sowie Mini-Jobberinnen, die eine
existenzsichernde Beschäftigung suchen. Zudem werden Betriebe über frauen- und
familienfreundliche Maßnahmen beraten. Dabei sollen auch geschlechterspezifische
Berufsbilder aufgebrochen werden und Frauen für eine Beschäftigung im MINT-
Bereich (MINT=Innovationssektor in den Fachbereichen Mathematik, Informatik, Na-
turwissenschaft und Technik) gewonnen werden. In Kooperation mit dem Kreis Dith-
marschen der Agentur für Arbeit und der Fachhochschule Westküste wird seit 2010
eine MINT-Messe für Mädchen veranstaltet.
Mit der Förderung durch das Modellprojekt LandZukunft „Talenteküste Dithmarschen“
werden Talente in der Region Dithmarschen entwickelt. Diese soll Kindern und Unter-
nehmen eine Perspektive in der Region bieten und Fachkräfte halten. Mit vernetzten
Projekten in den Handlungsfeldern „Junge Küste“, „Innovationsküste“ und „Küstenle-
ben“ will die „Talenteküste Dithmarschen“ Menschen aus der Region für neue Lern-
und Veränderungsprozesse mobilisieren.
Im Bereich Weiterbildung koordiniert der Dithmarscher Weiterbildungsverbund in Trä-
gerschaft der egeb: Wirtschaftsförderung Fortbildungsangebote verschiedener Insti-
tutionen. Dadurch entsteht mehr Transparenz im regionalen Bildungsmarkt. Eine wei-
tere Aufgabe des Verbundes ist die Beratung von Einwohnerinnen und Einwohner
sowie der mittelständischen Unternehmen zu allen Fragen der Weiterbildung und Per-
sonalentwicklung. Die persönliche Beratung wird von jährlich über 500 Weiterbil-
dungsinteressierten und Betrieben in Anspruch genommen. Seit dem Jahr 2010 exis-
tiert der Runde Tisch zur Fachkräfteoffensive, der umfassende Informationen und
konkrete Hilfestellungen zu betrieblichen und überbetrieblichen Themen bietet. Um
Rahmen der neuen Förderperiode 2014 – 2020 steht die Zusage zur Fortführung dieser
Angebote allerdings noch aus.
Maßnahmen
Die Fachkräftesicherung ist ein wichtiges und komplexes Thema sowie ein laufender
Prozess an dem viele Akteure beteiligt sind. Hierbei sind unterschiedliche Herange-
hensweisen möglich und erforderlich. Von besonderer Bedeutung ist es jedoch, für
dieses wichtige Thema zu sensibilisieren und damit eine gemeinsame Basis für zielge-
richtet Initiativen und regionale Angebote zu schaffen.
Aufgabe Zuständigkeit Partner Priorität
Sensibilisierung, Information und
Beratung von Politik, Arbeitge-
bern und Arbeitnehmern
Politik, Verwaltung,
Wirtschaftsförderung
Agentur für
Arbeit
hoch
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
68
Förderstrukturen aktiv beeinflus-
sen und Ressourcen schaffen,
sichern, ausbauen
Politik, Verwaltung,
Wirtschaftsförderung
Kooperations-
partner
hoch
Entwicklung von Projektansätzen
zur Fachkräftesicherung
Wirtschaftsförderung hoch
Bestehende Angebote zur Fach-
kräftesicherung sichern und wei-
terentwickeln
Politik, Verwaltung,
Wirtschaftsförderung
hoch
3.6.2 Unternehmensansiedlungen
Ausgangssituation
Für die wirtschaftliche Entwicklung Dithmarschens ist die Ansiedlungs- und Bestands-
entwicklung in der Region von großer Bedeutung.
Ansiedlungen finden heute in ganz Deutschland hauptsächlich nur noch im Bereich
der „Nahverlagerungen“ statt, überregionale oder gar internationale Ansiedlungser-
folge sind selten und meist nur in den Metropolen bzw. dem urbanen Umfeld zu fin-
den. Internationale Unternehmen, z.B. auch aus dem Chemcoastpark Brunsbüttel,
halten ihre Hauptsitze in Hamburg bzw. im Hamburger Rand, allenfalls die Produktion
findet „als verlängerter Arm“ im Umland statt. Dort allerdings ist die Fachkräftesituati-
on schwierig zu lösen, so dass bereits heute Stellen für hochqualifizierte Ingenieurin-
nen und Ingenieure oft nicht adäquat besetzt werden können, da das Umland von
jungen Fachkräften als unattraktiv wahrgenommen wird und mit fortschreitender
Überalterung bzw. schlechter und veralteter Infrastruktur tatsächlich immer unattrak-
tiver auch für Familien wird.
Ansiedlungspolitik ist deshalb weit mehr als die Bereitstellung und Ausweisung von
Gewerbeflächen. Harte und weiche Standortfaktoren der im Wettbewerb stehenden
Regionen werden heute meist durch professionelle Projektentwicklungsgesellschaf-
ten in aufwändigen Verfahren bewertet.
Für eine Ansiedlungsentscheidung von Gewerbe und Industrie in einem struktur-
schwachen Raum spielen unter anderem Faktoren wie die Qualität der Verkehrsan-
bindung, die technische Infrastruktur einschließlich Breitbandverbindung, die beste-
henden Bildungseinrichtungen, die Überalterung der Bevölkerung und damit - quali-
tativ - fehlende Absatzmärkte bzw. - quantitativ - fehlende junge, dynamische und
gut ausgebildete Fachkräfte eine wichtige Rolle.
Nicht zu unterschätzen ist auch eine wirtschaftsfreundliche strategische Linie der in
der Region maßgeblichen Ansprechpartner und Genehmigungsbehörden. Eine sol-
che Grundhaltung, die in allen Kontakten und Verfahren zum Ausdruck kommt und
umgesetzt wird, kann zumindest im Bereich der kleinen und mittelständischen Unter-
nehmen (KMU) einen positiven Einfluss auf Unternehmensentscheidungen zugunsten
eines Standortes in Dithmarschen haben.
Regionen mit eindeutigen und teilweise oft auch nur „gefühlten“ Nachteilen schei-
den dabei schnell aus dem weiteren Verfahren zur Standortentscheidung aus.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
69
Vor diesem Hintergrund ist die Fachkräftesicherung in den für den Landkreis wichti-
gen Branchen und Wirtschaftszweigen (insbesondere in den Bereichen verarbeiten-
des Gewerbe, Industrie, Handwerk, Gesundheitswesen und Tourismus) eine prioritäre
Aufgabe. Hierbei sind allerdings regionale Unterschiede bei der Bevölkerungsent-
wicklung einzubeziehen.
In den Bereichen Handel und Dienstleistung könnten neue Schwerpunkte in der An-
siedlung bzw. Gründung von Unternehmen entstehen, welche sich auf die veränder-
ten Absatzmärkte - mehr „junge Alte“ (sog. Silver Ager) und damit mehr gesund-
heitsorientierte Branchen - fokussieren.
Handlungsbedarf
Der Kreis Dithmarschen mit den mit ihm verbundenen Institutionen muss die begrenz-
ten Möglichkeiten auf Standortentscheidungen Einfluss zu nehmen, konsequent nut-
zen.
Die geografische Lage an der Westküste und die Verkehrsferne zu den Ballungsräu-
men (selbst zur Hansestadt Hamburg) stellen besondere Herausforderungen dar. In-
soweit ist aber ein Ausbau der Verkehrsanbindung (einschl. des Baus der A 20) sowie
ein schneller Ausbau der Breitbandnetzes (siehe Kapitel 3.1.4) zu einer Verbesserung
der Standortentscheidungen zwingend.
Von ebenfalls hoher Bedeutung ist eine Verbesserung der sog. weichen Faktoren.
Hier sind vor allem die Fachkräftesicherung (siehe Kapitel 3.5.1), die Familienfreund-
lichkeit und die Umsetzung einer wirtschaftsfreundlichen strategischen Linie durch die
verantwortlichen Akteure zu nennen. Hier wird es darauf ankommen, die Standort-
faktoren und Rahmenbedingungen soweit möglich so zu gestalten, dass sowohl die
ansiedlungswilligen als auch die vorhandenen Unternehmen in der Region bestmög-
lich unterstützt und die wirtschaftlichen Potentiale damit optimal genutzt werden.
Eine Signalwirkung geht auch von Existenzgründungsangeboten aus. Hier gilt es, das
innovationsfreundliche Klima weiterzuentwickeln, welches als Markenzeichen der
Region bereits jetzt positiv wahrgenommen wird.
Im Bereich Handel und personennahe Dienstleistungen gilt es, attraktive Angebote
für einen wachsenden, meist zahlungskräftigen Markt vorzuhalten und damit einen
wachsenden und lukrativen Absatzmarkt auch für Ansiedlungen und Existenzgrün-
dungen zu gewährleisten. Der Tourismus bietet als wichtiger Wirtschaftsfaktor in Dith-
marschen zahlreiche Ansatzpunkte, um sich attraktiv für geändertes Urlauberverhal-
ten im demografischen Kontext aufzustellen. Als Beispiele sind nicht nur unter touristi-
schen Gesichtspunkten zu nennen:
Attraktive gastronomische und (private) kulturelle Angebote
Wellness- und gesundheitsorientierte Dienstleistungen
Spezialisierte Reiseangebote
Familien- und seniorengerechter Ausbau touristischer Angebote in der Region
Seniorengerechte, wohnortnahe Elektronikangebote inkl. Beratungsleistung
Lebensmittel, Post, Zeitschriften des täglichen Bedarfs mit kurzen Wegen
(Stichwort: Markttreff) und der Berücksichtigung von Singles im Handel (kleine-
re Packungsgrößen…)
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
70
Was wurde bereits getan?
Der Wettbewerb um Fach- und Führungskräfte, insbesondere um den Nachwuchs,
wird sich verstärken und der Wettbewerb um Fachkräfte und Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter in den Betrieben zunehmen. Um Betriebe fit für den wachsenden Wett-
bewerb zu machen, setzt der Kreis Dithmarschen durch die egeb: Wirtschaftsförde-
rung und deren Aufgabengebiete bereits heute auf folgende Instrumente:
Innovationsförderung, Veranstaltungen, Netzwerke, Förderung von Weiterbildung
und Lebenslangem Lernen, Maßnahmen zur Familienfreundlichkeit und Beratung von
Frauen, um das Potential zu aktivieren, Unterstützung von KMU bei Konzepten für al-
ternde Belegschaften und Personalentwicklung, Kooperationen Schule / Hochschule
/ Wirtschaft, Girlsday und MINT-Messen u.a.m. Gleichzeitig ist der Kreis Dithmarschen
Gesellschafter der beiden Technologiezentren CAT und mariCUBE. Dort entstehen
Start-ups und junge Unternehmen durch Beratung, Begleitung, Fortbildung sowie die
Bereitstellung von günstigem Mietraum. Durch Projekte wie Startbahn: Existenzgrün-
dung werden dort zukünftige Unternehmer qualifiziert und auf Markt und Wettbe-
werb durch Businessplanberatung bei der Gründung und dem Unternehmensaufbau
vorbereitet und begleitet. So wird die Basis zukünftiger Unternehmen und vielleicht
sogar mittelständischer Unternehmen, die zukünftig Marktführer in einem Nischen-
Markt werden (sog. Hidden Champions), gelegt.
Regionale und / oder integrierte Entwicklungskonzepte auf überregionaler, regiona-
ler oder teilregionaler Ebene befassen sich mit dem Thema Demografischer Wandel
unter verschiedenen Schwerpunkten (Verkehr, Energie, Bildung, Daseinsvorsorge,
Regionalmarketing. Im Rahmen der Regionalen Kooperation A23/B5 wird zum Bei-
spiel ein gemeinsames Gewerbeflächengutachten für die gesamte Westküste erstellt
und ein Wirtschaftskompass mit allen wichtigen Rahmendaten zur Entwicklung in Pin-
neberg, Steinburg, Dithmarschen und Nordfriesland ausgearbeitet. Die touristischen
Konzepte erfahren eine regelmäßige Fortschreibung.
Zur Umsetzung der strategischen Zielsetzung der Förderung sowohl bestehender als
auch ansiedlungswilliger Unternehmen hat sich die Kreisverwaltung im Jahre 2002
neu aufgestellt und zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen entwickelt. Un-
ter anderem wurden die Kommunikation mit den Unternehmen verbessert, um die
Anforderungen der Unternehmen in den relevanten Genehmigungsverfahren noch
stärker umzusetzen, und die Genehmigungsverfahren verkürzt.
Mit dem Beitritt zur RAL-Gütegemeinschaft mittelstandsorientierter Kommunalverwal-
tungen e.V. (als Gründungsmitglied) wurden ab dem Jahre 2006 Servicequalitäten
und Bearbeitungsstandards eingeführt. Unter anderem steht für gewerbliche Investo-
ren ein zentraler Ansprechpartner zur Verfügung, der in besonderen Fällen als Verfah-
renslotse tätig wird. Die RAL-Gütekriterien stellen insgesamt exakt auf die auch vom
Kreis Dithmarschen wahrgenommenen Wünsche insbesondere der mittelständischen
Unternehmen ab. Die Herangehensweise bei der Bearbeitung von Anträgen sowie
die kurzen Bearbeitungszeiten haben landesweit Maßstäbe gesetzt. Das zeigt sich z.
B. bei der Bearbeitungszeit bei der Genehmigung von Schwerlasttransporten. In den
letzten Jahren ist die Zahl der Unternehmen, die sich in Dithmarschen angesiedelt
haben, permanent gestiegen. Im Bereich der Bauaufsicht sind landesweit die nied-
rigsten durchschnittlichen Bearbeitungszeiten zu verzeichnen.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
71
Maßnahmen
Wenn auch Unternehmensansiedlungen vom Kreis Dithmarschen nicht direkt zu be-
einflussen sind, sind er und die zuständigen Institutionen dennoch gefordert, ansied-
lungsfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen bzw. auf der politischen Ebene
Einfluss darauf zu nehmen, dass sie auf den Weg gebracht werden. In den anderen
Handlungsfeldern, wie Fachkräftesicherung oder Breitbandinternetzugang, sind
ebenfalls Maßnahmen aufgeführt, die ihrerseits einen Beitrag für eine ansiedlungs-
freundliche Region leisten.
Aufgabe Zuständigkeit Partner Priorität
Gewerbeflä-
chenanalyse
Kreis Dithmarschen
über Regionale
Kooperation
A23/B5
egeb: Wirtschaftsförderung
und weitere regionale Akteure
hoch
Wirtschaftskom-
pass
Kreis Dithmarschen
über Regionale
Kooperation
A23/B5
egeb: Wirtschaftsförderung
und weitere regionale Partner
mittel
Leerstandsma-
nagement
Kommunen und
Vermieter
egeb: Wirtschaftsförderung
und weitere Partner
mittel
Fachkräfteallianz
Dithmarschen
Alle Akteure des
Arbeitsmarktes
egeb: Wirtschaftsförderung
und weitere Partner
mittel
4. Umsetzung des Handlungskonzeptes Demografie
Bereits seit über zehn Jahren befasst sich der Kreis Dithmarschen mit der Bewältigung
des demografischen Wandels. Im Laufe der letzten Jahre wurden Workshops, Pro-
jektwerkstätten, Arbeitsgruppen sowie eine Zukunftskonferenz zum demografischen
Wandel in Dithmarschen mit breiter Beteiligung durchgeführt. Neben der Verwaltung
und Politik waren u.a. Vertreter aus Wirtschaft, Vereinen, Verbänden und Privatper-
sonen beteiligt. Die Ergebnisse dieses langjährigen Prozesses bilden die Basis des
Handlungskonzeptes und der zukünftigen Umsetzung zur Bewältigung der Folgen des
demografischen Wandels in Dithmarschen.
Grundlegend für die Umsetzung des Konzepts in allen Handlungsfeldern ist die Bil-
dung kommunaler Allianzen im Kreis Dithmarschen (siehe Kapitel 2). Nur mit gemein-
samer Planung und Kooperationen in verschiedenen Leistungsfeldern wird es den
Kommunen gelingen den ländlichen Raum lebensfähig zu halten. Ein erster Schritt
wird die Festlegung von Funktionsräumen und entsprechend Teilräumen zur Bildung
von kommunalen Allianzen sein. Dabei steht die Einsicht der Städte und Gemeinden,
dass die Handlungsfähigkeit einer Kommune künftig von Kooperationen abhängen
wird, im Vordergrund. Nur wenn die einzelnen Kommunen die Kooperationen wollen
und aktiv leben, können diese nachhaltig und handlungsfähig sein.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
72
4.1 Umsetzungsstrukturen im Kreisgebiet
Die Bewältigung der Herausforderungen des demografischen Wandels ist „Chefsa-
che“. Entsprechend müssen auch die Umsetzung des Konzeptes sowie Fortschritte
und Erfolge innerhalb der Verwaltung und nach außen kommuniziert werden. Die
Umsetzung des Handlungskonzeptes muss zum Tagesgeschäft in Politik und Verwal-
tung werden. Um den langjährigen und dynamischen Prozess erfolgreich zu gestal-
ten, müssen die Strukturen sowie die Kommunikation klar definiert und unter den be-
teiligten Akteuren abgestimmt werden.
Die operative Umsetzung des Handlungskonzeptes auf Kreisebene muss unter Festle-
gung von zentralen und dezentralen Verantwortlichkeiten stattfinden. Die zentralen
Verantwortlichkeiten liegen auf der Ebene des Kreises und werden in den zuständi-
gen Fachdiensten in der Verwaltung bearbeitet. In der Prioritätenliste und den Kapi-
teln zu den jeweiligen Handlungsfeldern sind die Zuständigkeiten innerhalb der Ver-
waltung klar formuliert. Zur Organisation und Moderation des Gesamtprozesses wird
eine Koordinierungsstelle Demografie in der Kreisverwaltung eingerichtet. Die interne
Organisation sowie das Monitoring des Prozesses werden in Kapitel 4.2 dargestellt.
Dezentrale Verantwortlichkeiten
Demografischer Wandel ist ein komplexes Thema und bringt viele Aufgaben in unter-
schiedlichen Zuständigkeiten mit sich. Die Kreisverwaltung wird diese Herausforde-
rungen nicht alleine bewältigen können. Um den Kreis Dithmarschen zukunftsfähig zu
machen, ist eine Zusammenarbeit aller Akteure der Verwaltungsebenen sowie öf-
fentlicher und privater Institutionen sinnvoll. Die enge Einbeziehung der politischen
Entscheidungsgremien ist zwingend. Fachliche Partnerschaften können durch einen
aufgabenbezogenen Austausch, gegenseitige Unterstützung und, wo sinnvoll, durch
gemeinsame Maßnahmen einen wertvollen Beitrag zum Gelingen leisten. Dafür
schlägt der Kreis folgende Instrumente vor:
die Benennung von Demografie-Beauftragten in den Ämtern und Städten
sowie
die Einrichtung eines Demografie-Arbeitskreises auf Kreisebene.
Befassung der politischen Gremien mit dem Thema Demografie
Es wird vorgeschlagen, dass jedes Amt und jede Stadt eine/n Demografie-
Beauftragte/n als zentrale Ansprechperson für das Thema des demografischen
Wandels benennt. Die Demografie-Beauftragten werden im Rahmen des Demogra-
fie-Arbeitskreises maßgeblich an der strategischen Steuerung des Demografie-
Prozesses auf Kreisebene beteiligt. Des Weiteren sollten sich die Beauftragten mit den
Zielsetzungen und Maßnahmen ihres Zuständigkeitsbereichs einbringen und als Multi-
plikatoren im Prozess agieren. Das heißt auch, das Thema und die Notwendigkeit
zum frühzeitigen Handeln in die Gemeinden zu kommunizieren und somit den Prozess
auf lokaler Ebene aktiv anzustoßen. Die Demografie-Beauftragten sollten lokale Akti-
vitäten, die im Rahmen von Projekten zum demografischen Wandel stattfinden, be-
gleiten und in die strategische Steuerung z.B. in den Arbeitskreis einfließen lassen.
Der zentral vom Kreis organisierte und moderierte Demografie-Arbeitskreis setzt sich
zusammen aus den Demografie-Beauftragten der Ämter und Städte, dem Landrat
des Kreises Dithmarschen, den Leitungen der Geschäftsbereiche „Familie, Soziales,
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
73
Gesundheit“ (GB 1) und „Bau, Wirtschaft, Ordnung, Umwelt“ (GB 2) des Kreises Dith-
marschen sowie der Koordinierungsstelle Demografie. Schwerpunkt der Arbeit des
Arbeitskreises sind die strategische Ausrichtung des Prozesses und die Bündelung von
Aktivitäten und Projekten im Kreisgebiet sowie der regionale Austausch. Der Arbeits-
kreis tagt mindestens zwei Mal im Jahr, nach Bedarf können weitere Experten oder
Vertreter von Kommunen hinzugezogen werden.
Empfohlen wird zudem die Prüfung, ob mit einer Demografie-Vereinbarung öffent-
lichkeitswirksam eine Selbstverpflichtung der zuständigen Institutionen zur gemeinsa-
men Bewältigung des demografischen Wandels angestrebt werden soll.
Ein weiteres Instrument, das es im Laufe des Prozesses zu prüfen gilt, ist die Durchfüh-
rung eines jährlichen Demografie-Forums zur Einbindung der Öffentlichkeit und Unter-
streichung der Bedeutung des Prozesses. Im Rahmen eines Demografie-Forums wer-
den Öffentlichkeit, Politik und weitere Akteure über Ergebnisse und Projekte des De-
mografie-Prozesses im Kreis oder auch über neue Entwicklungen und Projekte der
Region, Schleswig-Holsteins oder der Bundesebene informiert. Zudem können neue
Kooperationen oder Projektideen im Rahmen der Veranstaltung entstehen. Im Laufe
der Umsetzung wird durch die Koordinierungsstelle beim Kreis die Einrichtung eines
solchen Forums geprüft werden, vor allem in Bezug auf Inhalt, Aufwand und Nutzen.
4.2 Aufgaben der Kreisverwaltung
4.2.1 Koordinierungsstelle in der Kreisverwaltung
Innerhalb der Kreisverwaltung wird eine Koordinierungsstelle Demografie eingerich-
tet. Die Koordinierungsstelle wird organisatorisch beim Fachdienst Bau, Naturschutz
und Regionalentwicklung angesiedelt. Der/die Demografie-Koordinator/in ist für das
Management und die Steuerung des Gesamtprozesses zuständig. In der Durchfüh-
Abbildung 13: Schematische Darstellung der Umsetzungsstruktur
(WKK: Westküstenklinikum, GB: Geschäftsbereich, FD: Fachdienst)
Quelle: eigene Darstellung
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
74
rung der Tätigkeiten zur Steuerung des Prozesses ist der „kurze Weg“ zum Landrat
wichtig, sodass hier eine direkte Abstimmung stattfinden kann. Zu den Aufgaben zäh-
len die regelmäßige Berichterstattung (jährlicher Bericht und Berichte in den Fach-
ausschüssen), die Moderation und Organisation des Arbeitskreises-Demografie und
der einzurichtenden internen Steuerungsgruppe sowie Prozessmanagement und Öf-
fentlichkeitsarbeit. Der Aufwand des/der Demografie-Koordinators/in beläuft sich auf
0,3 VK.
Die Koordinierungsstelle ist also maßgeblich für die Koordination und Moderation des
Gesamtprozesses zuständig, die Umsetzung und die fachliche Weiterentwicklung der
Maßnahmen liegen weiterhin in der Verantwortung der zuständigen Fachdienste und
Ämter und Städte (koordiniert von den jeweils zuständigen Demografie-Beauf-
tragten).
4.2.2 Prozessorganisation in der Kreisverwaltung
Um das Thema in das tägliche Handeln zu integrieren wird empfohlen, die in der
Kreisverwaltung erprobten Zielvereinbarungen als Instrumente zu nutzen, um die Be-
wältigung des demografischen Wandels als eine Schwerpunktaufgabe aufzuneh-
men. Die Umsetzung des Handlungskonzeptes kann nur dann erfolgreich sein, wenn
der Prozess von der Politik, der Verwaltungsleitung und allen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern der Kreisverwaltung getragen wird.
Zur strategischen Ausrichtung des Prozesses wird eine Steuerungsgruppe unter der
Leitung des Landrates eingerichtet. Sie setzt sich aus den Geschäftsbereichsleitun-
gen, der Gleichstellungsbeauftragten sowie eines Vertreters des WKK zusammen. Bei
Bedarf werden die zuständigen Fachdienstleiter/innen hinzugezogen. Die Steue-
rungsgruppe tagt mindestens zweimal im Jahr. Die Steuerungsgruppe ist maßgeblich
für die strategische Steuerung des Prozesses verantwortlich. In den Sitzungen werden
der Status Quo, Erfolge, Herausforderungen und das weitere Vorgehen erörtert. Die
Sitzungen dienen vor allem auch dazu, querschnittsorientierte Aufgaben zu vernet-
zen und handlungsfeldübergreifende Lösungen zu entwickeln. Der Gesamtprozess
wird durch die Steuerungsgruppe regelmäßig überprüft, die Prioritätenlisten und die
Zeitplanung können im Laufe des Prozesses angepasst werden. Zwischen dem De-
mografie-Arbeitskreis und der internen Steuerungsgruppe ist ein intensiver Informati-
onsaustausch unabdingbar. Dieser kann auch über die Koordinierungsstelle Demo-
grafie stattfinden.
Die regelmäßig stattfindenden Fachdienstleiterrunden dienen im Prozess vor allem
der Berichterstattung der Geschäftsbereichsleitungen über die Arbeit der Steue-
rungsgruppe sowie zum Status Quo der Umsetzung des Demografie Handlungskon-
zeptes. Es wird empfohlen, die Fachdienst-spezifischen Inhalte des Handlungskonzep-
tes und den Umsetzungsstand auch in jede Dienstbesprechung der jeweiligen Fach-
dienste zu tragen. Nur so findet die Anpassung an den demografischen Wandel Be-
rücksichtigung im täglichen Handeln aller Verwaltungsmitarbeiterinnen und Verwal-
tungsmitarbeiter.
Die regelmäßig stattfindende Führungskräftekonferenz sowie die Sitzungen des Vor-
standes bieten sich ebenfalls an, um den Status Quo der Umsetzung des Handlungs-
konzeptes Themen- sowie Geschäftsbereich übergreifend zu berichten und ggf.
Querschnittsthemen zu erörtern.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
75
4.2.3 Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Die Koordinierungsstelle berichtet regelmäßig der Verwaltungsleitung. Der jährliche
Bericht wird außerdem den Fachausschüssen und dem Kreistag vorgelegt.
Regelmäßig übermittelt der/die Demografie-Koordinator/in Neuigkeiten, Erfolge oder
Berichte über Umsetzungen von Maßnahmen aus dem Handlungskonzept an die
Stabsstelle für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Kreises. Diese gibt die Informatio-
nen über die üblichen Kommunikationswege weiter.
Auf der Internetseite des Kreises sind bereits Informationen zum demografischen
Wandel in Dithmarschen zu finden. Diese Informationen werden aktualisiert und das
Handlungskonzept zum Download bereitgestellt. Hier wird auch der/die Demografie-
Koordinator/in als Ansprechpartner/in genannt. Ebenso kann die Internetseite ge-
nutzt werden, um Erfolge zu kommunizieren oder aktuelle Veranstaltungen anzukün-
digen. Der/die Demografie-Koordinator/in ist für die Lieferung der Inhalte an die
Stabsstelle für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig, die die Inhalte in die Inter-
netseite des Kreises einpflegt.
Das zu prüfende Demografie-Forum bietet zudem eine weitere Möglichkeit öffent-
lichkeitswirksam weitere Akteure in den Prozess einzubinden (s.o.).
4.2.4 Prozess-Monitoring
Die Einführung eines Prozess-Monitorings heißt nicht, dass eine Kontrolle der beteilig-
ten Fachdienste stattfindet, sondern angestrebt wird, eine ergebnisorientierte Beglei-
tung des Prozesses unter Berücksichtigung der Erreichung der gesteckten Ziele und
ggf. Anpassung der Ziele und/oder der Vorgehensweisen einzuführen. Um ein solches
Monitoring durchzuführen, müssen Ziele formuliert und diese zeitlich eingeordnet
werden. Die im Handlungskonzept erstellten Prioritätenlisten dienen als Grundlage,
Abbildung 14: Schematische Darstellung der Prozessorganisation innerhalb der Kreisverwaltung
(GBL: Geschäftsbereichsleitung, FD: Fachdienste, St: Stabsstelle)
Quelle: eigene Darstellung
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
76
müssen aber zusätzlich mit einem Zeitplan hinterlegt werden. In der Steuerungsgrup-
pe werden regelmäßig die Zielstellungen und der Zeitplan überprüft und ggf. ange-
passt.
Die regelmäßige Berichterstattung liegt in der Verantwortung der zuständigen Fach-
dienste, der/die Demografie-Koordinator/in bündelt die Berichte der Fachdienste. In
jährlichen Abfragen werden Status Quo, Erfolge und ggf. Defizite der vorgesehen
Maßnahmen berichtet. Die zuständigen Fachdienste liefern bis zum 31.01. eines je-
den Jahres einen Demografie-Bericht aus dem Fachdienst. Berichtszeitraum ist jeweils
das vorangegangene Kalenderjahr. Der Bericht für das Jahr 2014 wird fällig zum
31.01.2015.
Als Vorlage zur Berichterstattung dient die in der Anlage beigefügte Tabelle. Der Be-
richt enthält entsprechend mindestens folgende Aussagen:
Handlungsfeld und Projektname
Sachstand der Umsetzung
Erfolge und Herausforderungen sowie ggf. notwendige Anpassungen der
Maßnahmen und/oder der Prioritätenliste
Status
Die Berichtspflicht bezieht sich ausschließlich auf die Projekte und Maßnahmen, für
die die jeweiligen Fachdienste des Kreises bzw. der am Handlungskonzept Beteiligten
auch zuständig sind.
Projekte, die in der Zuständigkeit von Gemeinden, Ämtern oder anderen Institutionen
liegen, können bei erfolgreicher Umsetzung als positive Beispiele herangezogen wer-
den.
Die Koordinierungsstelle erstellt auf Basis der eingereichten Tabellen einen Gesamt-
bericht, der in der Steuerungsgruppe abgestimmt wird. Die jährlichen Berichte wer-
den im Kreistag vorgestellt und darauf folgend auf der Internetseite des Kreises veröf-
fentlicht.
Ein weiteres Instrument, das es künftig zu prüfen gilt, ist das kreisweite Demografie-
Monitoring. Es beinhaltet u.a. die Fortschreibung der Bevölkerungsentwicklung im
Kreis Dithmarschen und die Fortschreibung der kleinräumigen Bevölkerungsprogno-
sen. Aufgrund der Haushaltskonsolidierung ist es dem Kreis Dithmarschen aktuell nicht
möglich die Kosten eines solchen Monitorings zu tragen. Mittelfristig wäre eine solche
Fortschreibung aber durchaus wünschenswert.
Zudem wäre die Fortschreibung des Demografie-Berichtes nicht nur unter Berücksich-
tigung der Auswirkungen der Umsetzung des Handlungskonzeptes erstrebenswert. Ein
solches Monitoring kann verschiedenen Fachdiensten als Arbeitsgrundlage dienen.
Die Fortschreibung wäre in einem Turnus von fünf Jahren denkbar.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
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4.3 Bürgerschaftliches Engagement
Das bürgerschaftliche Engagement ist ein weiteres Querschnittsthema, das für die
Bewältigung der Folgen des demografischen Wandels und die künftige strukturelle
Anpassung im Kreis Dithmarschen für alle Handlungsfelder bedeutend ist.
Ehrenamt und freiwillige Tätigkeiten erleben in Zeiten eines kulturellen und gesell-
schaftlichen Wertewandels und der Schnelllebigkeit der heutigen Gesellschaft eben-
falls einen Wandel. Dabei ist ein Trend weg von langfristigem Engagement in traditi-
onellen Vereinen, hin zu kurzfristigen, zweckgebundenen und flexiblen Formen des
freiwilligen Engagements zu erkennen. Immer mehr Menschen möchten in ihrer Frei-
zeit Sinnvolles tun und schätzen nachbarschaftliche Hilfe und ein engagiertes Umfeld
als positiven Standortfaktor. Diese veränderte, aber nach wie vor hohe Bereitschaft
zu bürgerschaftlichem Engagement müssen die Kommunen erkennen und die Po-
tenziale nutzen. Bürgerschaftliches Engagement kann, wenn aktiv eingebunden,
kommunales Handeln sinnvoll ergänzen.
Bedingt durch den demografischen Wandel wächst die Altersgruppe der aktiven
Seniorinnen und Senioren. Die Menschen werden älter, bleiben gesünder und erhal-
ten so einen längeren Zeitraum nach dem Erwerbsleben, den viele sinnvoll nutzen
möchten, z.B. um ihr Wissen und ihre Erfahrung an andere weitergeben zu können.
Besonderes Potenzial birgt dabei die Altersgruppe der 60 – 69 jährigen. Aber auch
die anderen Altersgruppen zeigen eine hohe Bereitschaft sich zu engagieren. Vo-
rausgesetzt interessierte Personen können sich informieren und auf eine Art Ehren-
amts-Infrastruktur zurückgreifen, z.B. in Form von Ehrenamtsbörsen, Freiwilligen-
Agenturen oder Seniorenbüros.
In Dithmarschen bestehen sowohl umfangreiche traditionelle Strukturen als auch jun-
ge Initiativen, die in den sozialen Bereichen, in Kultur, Sport und Umweltschutz als fes-
ter Bestandteil die öffentliche Arbeit mit ehrenamtlichem Engagement unterstützen.
Vereinzelt gibt es bereits lokale Initiativen, die im Sinne einer Freiwilligen-Agentur die
Angebote der Freiwilligen und die Nachfrageseite zusammenbringen.
Eine weitere Institution ist „seniorKompetenzteam Westküste“, das im Juni 2013 sein
10-jähriges Bestehen feiern konnte. Das Kompetenzteam Westküste ist aus dem Bun-
desmodellprogramm „Erfahrungswissen für Initiativen“ – kurz EFI genannt – entstan-
den. Menschen, die nicht mehr im Berufsleben stehen, wurden zum seniorTrainer bzw.
zur seniorTrainerin weitergebildet. Über 35 Personen haben in Dithmarschen diese
Qualifizierung durchlaufen. Mit zahlreichen Projekten wie z. B.
"Alter schafft Neues", ein Teamprojekt: Wanderwege rund um Meldorf,
Aufbau Kohlmuseum Wesselburen,
Neubürgerbegrüßung in Meldorf,
Besuchsdienst Albersdorf oder
Tauschring in Dithmarschen
hat sich das Kompetenzteam etabliert und ist aus der Ehrenamtslandschaft Dithmar-
schens nicht mehr wegzudenken.
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
78
Ziel muss es dennoch sein, diese Ressource weiter auszubauen. Der Grundstein für
Engagement wird bereits in der Kindheit gelegt. Untersuchungen haben ergeben,
dass Erwachsene, die sich engagieren, schon in der Kindheit und der Jugend Erfah-
rungen mit bürgerschaftlichem Engagement gesammelt haben.
Frühe Engagement-Förderung kann allerdings nicht allein der Familie zugeschrieben
werden. Vielmehr tragen Kindertagesstätten und Schulen die Verantwortung, soziale
Kompetenzen wie Kommunikations-, Kooperations- und Teamfähigkeit sowie soziales
Verantwortungsgefühl und Empathie, aber auch demokratische Kompetenzen wie
die Mitbestimmungsfähigkeit im Bildungsbereich zu verankern. Um bürgerschaftliches
Engagement zu etablieren, benötigt es entsprechender Netzwerke, die die regiona-
len Bildungseinrichtungen mit Vereinen, Verbänden, Kirchen und Jugendringen zu-
sammenführen. Ziel dieser Netzwerke oder auch einzurichtenden Freiwilligen-
Agenturen muss es sein, die verschiedenen Partner miteinander in Kontakt zu bringen
und Arbeitshilfen und Informationen über Kooperationen zwischen Bildungseinrich-
tungen und gesellschaftlichen Akteuren zur Verfügung zu stellen. Wichtig ist hier au-
ßerdem die weiterführende Beratung zu Risiken bzw. das Absichern von Freiwilligen
über Versicherungen und eventuell Zahlung von Aufwandsentschädigungen.
Grundsätzlich müssen allen Kindern und Jugendlichen alters- und bedarfsspezifische
Engagement-Angebote offenstehen. Zudem müssen professionelle Ansprechpartner
zur Verfügung stehen, die das Engagement der Kinder und Jugendlichen unterstüt-
zen und Handlungsrahmen eröffnen.
Bürgerschaftlich engagierte Menschen sind eine unschätzbare Ressource für die Ge-
sellschaft. Deshalb ist es unumgänglich, dass ihnen für ihr Engagement auch eine
angemessene Anerkennung entgegengebracht wird. Die Anerkennung kann dabei
in unterschiedlichster Form entgegengebracht werden: über Öffentlichkeitsarbeit,
Auszeichnungen und Preise bis hin zur Freistellung von der Arbeitszeit. Ein Ziel muss es
sein, angemessene Formen einer neuen Anerkennungskultur weiterzuentwickeln und
zu befördern.
5. Fazit
Aus dem Handlungskonzept und den hier dargestellten Themenfeldern wird deutlich,
dass die Bewältigung der Folgen des demografischen Wandels den Kreis Dithmar-
schen, die gesamte kommunale Familie aber auch viele weitere Akteure in den
nächsten Jahrzehnten vor besondere Herausforderungen stellen wird. Die zu erfül-
lenden Aufgaben liegen in unterschiedlichen Zuständigkeiten, so dass neben der
Kreisverwaltung die Ämter, Städte und Gemeinden eine zentrale Rolle spielen. Die
sich verändernden Anforderungen an die Daseinsfürsorge erfordern eine weitsichtige
Anpassung der bestehenden Strukturen auf der Basis von politischen Grundsatzent-
scheidungen kommunaler Gremien. Besonders im Bereich der Siedlungsstruktur gilt
es, gemeinsam neue Strategien und Konzepte zu erarbeiten und zu realisieren.
Von den vielen sehr unterschiedlichen Themenfeldern hat das Handlungsfeld Bildung
eine herausragende Bedeutung. In diesem Bereich werden besonders wichtige Wei-
chen gestellt für die Chancengleichheit der nächsten Generationen und die wirt-
schaftliche Entwicklung unserer Region. Maßnahmen, wie z.B. der Ausbau der Ganz-
Handlungskonzept Demografie – Kreis Dithmarschen
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tagsbetreuung für Kinder und Jugendliche, helfen Benachteiligungen abzubauen
und die Potenziale junger Menschen besser zu nutzen.
Aber auch in allen anderen Handlungsfeldern – von der Sicherung der Siedlungs-
struktur und der Gestaltung der Lebenswelten, über die Gewährleistung von gesund-
heitlicher Versorgung bis hin zur wirtschaftlichen Entwicklung und der Sicherung von
Fachkräften in der Region – wird deutlich, vor welch großen Herausforderungen der
Kreis Dithmarschen und seine Städte und Gemeinden in den kommenden Jahren
stehen.
Der Kreis Dithmarschen kann die Folgen des demografischen Wandels nicht alleine
bewältigen; hierfür sind weitreichende Kooperationen und Allianzen zu bilden. Die
interkommunale Zusammenarbeit ist ein bedeutender Faktor für die erfolgreiche Um-
setzung dieses Konzeptes. Die Bildung kommunaler Allianzen ist für den Erhalt der inf-
rastrukturellen Mindestversorgung im ländlichen Raum unabdingbar.
Die im Handlungskonzept angeführten Veränderungen werden unabwendbar
kommen. Sie werden in Teilbereichen eine Konzentration auf leistungsfähige Schwer-
punkte erforderlich machen. Kommunale Allianzen, bei denen die Allianzpartner sich
mitverantwortlich für die Stärkung des Gesamtraumes fühlen und – im anzustreben-
den Optimalzustand – alle die Daseinsvorsorge betreffenden Belange im Allianzraum
untereinander abgestimmt treffen, sind eine Antwort auf die großen Herausforderun-
gen des demografischen Wandels. Im Idealfall bündeln die Gemeinden einer kom-
munalen Allianz auf der Grundlage abgestimmter Entwicklungsstrategien ihre Kräfte
mit der Perspektive, einen attraktiven und wettbewerbsfähigen Kooperationsraum zu
erhalten und weiterzuentwickeln.
Alle Beteiligten stehen hier gegenüber den Einwohnerinnen und Einwohnern unseres
Kreises in einer gemeinsamen Verantwortung. Lassen Sie uns die gemeinsame Ver-
antwortung als große Chance begreifen und nutzen, um gemeinsam die Zukunftsfä-
higkeit unseres Kreises zu sichern.