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T E S T:
T e c h n i s c h e M e r k m a l e ■ deutsche Fichtendecke
■ Boden und Zargen aus gefl ammtem Ahorn
■ Ahorn/Buche/Ahorn (´62: 2-teilig Ahorn)
■ Palisander-Griffbrett mit Perlmuttdots
■ Ebenholzsteg
■ zwei „Staple Humbucking“-Tonabnehmer;
H511B
■ zwei Lautstärkeregler, zwei Ein-/Ausschalter,
Rhythm/Solo-Schalter für Lautstärke-Boost
■ vernickelte Hardware
■ Antikbraun-Sunburst Nitrolackierung
K o n s t r u k t i o n /V e r a r b e i t u n gKaum ein Instrument ist mit einem Spieler so ver-
bunden wie – ihr habt es längst gemerkt – Paul
McCartney mit dem Höfner 500/1, der seit den
60ern fast eher unter dem Namen „Beatle Bass“
als unter seiner tatsächlichen Modellbezeichnung
geläufi g ist. In Pauls Händen wurde das Instru-
ment, das er wegen seines geringen Gewichts
und der symmetrischen Form gewählt hatte, zur
Ikone und für Höfner ein Hit, der nun schon seit
über 50 Jahren (die ersten gab es ja schon, bevor
Paule sich seiner annahm) im Programm ist. Zum
Test habe ich hier zwei 500/1, nämlich die ´62er-
Version, wie sie Paul spielte (zuerst hatte er eine
ältere Version dieses Modells, Beatles-Kenner
werden die Ungenauigkeit in der Einleitung schon
mit Entrüstung bemerkt haben, aber der ´62er ist
der Beatle-Bass, der zu ihm gehört „wie der Geh-
stock zu Chaplin“, wie Sir Paul bemerkte) und
den subtil davon abweichenden 500/1 ´63.
Direkt aus dem Karton zeigt sich schon der
erste Unterschied zwischen den beiden Bässen:
Kommt der ´63er in einem stabilen Alu-Recht-
eckkoffer, liegt der ´62er in einem stilechten
schwarzbezogenen Vintage-Formkoffer samt
Ledergriff. Beide Koffer haben ihre Eigenheiten:
Lässt sich der Alukoffer nur mit beiden Händen
öffnen, weil die stabilen Verschlüsse sich nur ganz
wenig ausklappen lassen, geht beim Vintagekof-
fer der Verschluss unterhalb des Griffs gerne von
selbst auf und gibt mir einen Klaps auf die Fin-
ger… Vielleicht bittet er so darum, abgeschlossen
zu werden?
Aus dem Koffer pelle ich zwei auf den ersten
Blick sehr ähnliche Bässe, aber Höfner zelebriert
hier die kleinen, feinen Unterschiede! Das fängt
mit dem Blick auf die Rückseite der Kopfplatte an,
die mir stolz mitteilt, ich hätte ein „Genuine Höf-
ner Original – Made in Germany“ in der Hand.
Hat der ´62er hier je zwei Mechaniken auf einem
Streifen, besitzt der ́ 63er hingegen vier Einzelme-
chaniken. Auch die Mechanikfl ügel sind leicht un-
terschiedlich, in der Funktion sind beide Varianten
gleich und laufen für eine offene Mechanik mit
kleiner Wickelachse sehr angenehm. Ist der Hals
des ´62ers aus zwei mittig geleimten Teilen Ahorn
zusammengesetzt, hat der ´63er einen Mittel-
streifen aus Buche mit Ahornseitenteilen.
Beiden gemeinsam ist wieder das aufgeleimte
Palisandergriffbrett mit Perlmuttdots, auf dem
sich jeweils 22 mittelgroße Bünde plus ein Null-
bund tummeln. Ein dreischichtiger Plastiksattel
sorgt für die Saitenführung zur Kopfplatte, die ein
schwarzes Facing über einer hellen Zwischenlage
hat und unter einem Plastikplättchen Zugang
zum Stahlstab bietet. Eine Fräsung an diese Stelle
schwächt den Hals immer, daher haben die Höf-
ners rückseitig einen verstärkenden Kragen am
Übergang vom Hals zur Kopfplatte. Wie schon
bei den Mechaniken, sind die Abdeckplättchen
beim ´63er mit Kreuzschlitz-Schrauben befes-
tigt, beim ´62er mit Schlitzschrauben – so ist es
historisch richtig! Das gilt auch für alle weiteren
Schräubchen, die sich an den Bässen noch fi nden.
Die Hälse sind eingeleimt; wie bei klassischen
Streichinstrumenten schweben dabei die letzten
Lagen über dem Korpus. Dieser ist bei beiden als
Vollresonanzbody ohne Sustainblock oder ähn-
liches aus Ahornboden und -zargen mit unter-
schiedlich stark ausgeprägter Flamme und ausge-
sucht fein gewachsener Fichtendecke gebaut.
Die braun schattierte Nitrolackierung punktet
beim 500/1 ´62 wie beim 500/1 ´63 mit einem
schönen Farbverlauf mit tollen Übergängen.
Beide Bässe haben eine Korpuseinfassung, ein-
schichtig am Boden und zum Hals hin, dreischich-
tig an der Decke, wobei sie beim ´63er weiß ist,
beim ´62er dagegen cremefarben. Beide Bässe
teilen sich das gleiche Zelluloidpickguard, das
mit zwei Nägeln in Brücke und Hals eingehängt
ist und mit einem verchromten Bügel in der Zarge
fi xiert wird, wie auch den verchromten langen
Saitenhalter, in den die Saiten von unten einge-
hängt werden. Davor laufen die Saiten über einen
H Ö F N E RV i o l i n B a s s 5 0 0 / 1 ’ 6 2 u n d ’ 6 3
Es war einmal ein junger Gitarrist, der musste zum Bass wechseln, weil der
Bassist keine Lust mehr hatte, Musik zu machen. Alles Wehklagen half nicht,
der Sologitarrist war einfach besser als er, und der andere Rhythmusgitarrist
hatte sich gerade eine schöne neue Gitarre gekauft und dachte nicht daran, den
Tieftöner zu geben. Also ging der junge Mann hin, kaufte sich einen Bass, und er
wurde berühmt und reich. Und da er nicht gestorben ist, spielt er den Bass noch
immer!
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lose auf der Decke stehenden zweiteiligen Steg
aus Ebenholz, der mit zwei Rändelschrauben in
Höhe und Neigung verstellt werden kann. Jede
Saite läuft über ein Stückchen Bunddraht, was
zur seitlichen Führung leicht gekerbt ist und in
einem eigenen durchgehenden Schlitz läuft.
Diese Schlitze sind zu den Seiten hin sauber mit
hellen Plastikstreifen verschlossen, außerdem ist
der obere Teil von einer Diagonalen ausgehend,
die bei der E-Saite hinten anfängt und zur G-Saite
nach vorne läuft, zu den Abnehmern und zur Sai-
tenhalterung abgeschrägt, wodurch die Saiten
zur Halterung hin nicht hinter der Metalleinlage
auf dem Steg aufl iegen – man sieht, dass Höfner
sich solcher Details liebevoll annimmt! Die Ton-
abnehmer, die den Namen Hals- und Stegabneh-
mer mit ihrer Position hier wirklich mal verdient
haben, sind wiederum historisch korrekt vom
Typ H511B, Humbucker mit vier justierbaren Pol-
schrauben (die immer zum Hals zeigen) und vier
festen Polepieces, die mit ca. 10 kOhm im mittle-
ren Bereich liegen.
Schönes, leicht eingefärbtes Zelluloid fi ndet
sich außer als Kappe am Halsfuß auch noch als
Montageplatte für die Schalter und Regler der
Elektrik wieder.
Die Höfner-Elektronik erfordert von Neulingen
ein bisschen Eingewöhnung, funktioniert sie doch
etwas anders, als man erwarten würde. Die bei-
den Volumenregler sind normal belegt, Steg- und
Halsabnehmer lassen sich jeweils getrennt in der
Lautstärke einstellen. Der Rhythmus/Solo-Schal-
ter bringt laut Beschreibung einen Solo-Boost,
tatsächlich wird in der Rhythmuseinstellung
der Ausgangspegel abgesenkt, in der Solostel-
lung steht also die volle Leistung zur Verfügung.
Schaltet man dann Bass on und Treble on beide
auf „on“, so kommt – äh, nichts! Des Rätsels Lö-
sung: Sind beide Volumenregler aufgedreht und
beide Tonabnehmerschalter in der unbeschrifte-
ten Stellung, sind beide Abnehmer an ohne wei-
tere Filterung. Wird jetzt „Bass on“ geschaltet,
ist der Stegtonabnehmer aus und die Höhen des
Halstonabnehmers werden beschnitten. Bass on
wieder retour und „Treble on“ geschaltet, und
der Halsabnehmer ist aus und die Bässe des Steg-
tonabnehmers werden etwas gekappt. „Bass on“
heißt also: der Klang wird bassiger, „Treble on“:
der Klang wird höhenlastiger. Ganz einfach, wenn
mans weiß… Möchte man einen Pickup ohne Fil-
ter solo spielen, dreht man einfach den anderen
Volumenregler runter und lässt die Filterschalter
in der Off-Stellung.
F a z i tSauberstens verarbeitet präsentieren sich die
beiden Fast-Zwillinge in liebevoller historischer
Korrektheit bestens gerüstet für die nächsten
Jahrzehnte.
K o m f o r t /B e s p i e l b a r k e i t / S e r v i c e f r e u n d l i c h k e i tDie Werkeinstellung beider Bässe war schon mal
sehr gut, mit den geschliffenen Höfner-eigenen
Saiten spielt es sich sehr locker – kein Wunder
bei einer kurzen Mensur. Überhaupt liegt alles
etwas enger zusammen, als die meisten gewöhnt
sein dürften. Am Nullbund fi ndet sich mit 42 mm
zwar eine normale Breite, aber der Hals wird
kaum breiter und auch kaum dicker, wobei das
in Zahlen ausgedrückt recht massig wirkende
C-Profi l in der Praxis einfach nur gut in der Hand
liegt und keineswegs schwer zu spielen ist! Am
Steg angekommen beträgt das Stringspacing
gerade mal 15 mm, für mich kein Problem, da
meine Höfner-Bässe exakt so gebaut sind, der
eine oder andere wird sicher erstmal zum Plek-
trum greifen, um der Enge Herr zu werden. Die
Brücke lässt im Prinzip dabei eine Justierung der
Abstände zu, aber viel breiter geht es vom Hals
her nicht, und weniger wird keiner wollen… Mit
2,2 kg beim ´62er resp. knapp 2,3 kg beim ´63er
kommen Rückenprobleme ganz bestimmt nicht
auf, einen leichteren E-Bass wird man kaum
fi nden. Eine leichte Kopfl astigkeit am Gurt ist
angesichts des kleinen Korpusses und der leich-
ten Bauweise unausweichlich. Wenn man den
rechten Arm zum Plektrumspiel aufl egt, ist jedoch
alles im Lot, ansonsten ist der 500/1 wirklich so
leicht, dass die linke Hand es nicht mal als zusätz-
liche Belastung wahrnimmt, den Hals etwas zu
stützen. Apropos Gurt:
Hat der ´63er einen Plastikgurtknopf, wo die
über dem Korpus frei schwebende Saitenhalte-
rung mit der Zarge verschraubt ist und einen am
Halsfuß, liegt letzterer beim ´62er unmontiert im
Koffer. Dafür ist im Lieferumfang ein Ledergurt
samt Anleitung enthalten, dessen vorderes Ende
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B A S S P R O F E S S O R 55
M a ß e / D a t e nHersteller/Made in Höfner/Deutschland
Modell 500/1 ´62(500/1 ´63)
Mensur 76cm
Bünde 22 + Nullbund
Halsbreite Nullbund 42 mm12. Bund 48 mm
Halsdicke 1. Bund 25 mm (24 mm)12. Bund 27,5 mm
Stringspacing Steg 15 mm
Spulenabstand von Brücke 33 mm / 180 mm
Gewicht 2.207 g (2.285 g)
Preis ca. EUR 2.180,–(ca. EUR 1885,–)
Lieferumfang Koffer, Gurt, Werkzeug(Flightcase, Werkzeug)
man sich wie weiland Macca am Halsansatz an-
knoten kann. Leider scheint mein Gurt nicht
komplett zu sein, ein normaler Gurt mit Schnür-
senkel angebracht gab auch das gewünschte
Spiel feeling.
Bis in die 14. Lage sind die beiden 500/1 dabei
gut zu spielen, die letzten Bünde sind nur mit
Mühe erreichbar, wenn man nicht Kontrabass-
mäßig den Daumen mit nach vorne nimmt.
Bevor es an den Amp geht, müssen die Ton-
abnehmer beider Bässe noch nachjustiert werden,
unter anderem, weil Steg- und Halsabnehmer
exakt gleich gebaut sind und also der vordere
weiter von den Saiten entfernt sein muss, um
ausgewogene Verhältnisse zu erzielen. Die Ton-
abnehmerbefestigung ist dabei ein ganz eigenes
Ding: Die Rähmchen sind mit innen liegenden
Schrauben auf dem Korpus montiert, die Ton-
abnehmer werden von oben eingesetzt und mit
jeweils zwei Schräubchen links und rechts fi xiert.
Ergebnis ist ein sehr schmaler und eleganter Pick-
uprahmen, allerdings muss man, um an die un-
teren Schräubchen zu kommen, zunächst das
Schlagbrett demontieren. Außerdem sollte man
größte Vorsicht walten lassen, ich habe schon alte
Höfner-Instrumente gesehen, bei denen Tonab-
nehmer defekt waren, weil jemand diese Schrau-
ben zu fest angezogen und damit in die Spule ge-
dreht hatte – also nicht übertreiben!
F a z i tLeichter als der Höfner 500/1 ist kaum ein E-Bass,
trotzdem ist er bekanntermaßen in der Lage,
richtig schweren Bass zu zaubern – ab an den
Verstärker mit den beiden!
K l a n gMit beiden Volumenreglern voll auf, den Filtern
aus und dem Ausgang auf Solo geschaltet, gehe
ich mit den 500/1 an den Amp. Mit leicht pöh-
liger Note drückt der Bass seinen holzigen Ton
raus. Der ´62er klingt dabei ein wenig stupsiger
als sein „jüngerer“ Bruder und stellt den Anschlag
etwas mehr heraus. Vor allem in den höheren
Lagen macht der Ton schnell der nächsten Note
Platz, während der ´63er hier stärker anfängt zu
singen. Der „Treble on“-Ton mit bassreduziertem
Stegabnehmer ist sehr speziell, hat der Pickup bei
dieser Position doch ohnehin nicht die größten
Bassanteile. Dagegen ist die fest eingestellte
Höhenabsenkung beim Hals-PU in der „Bass
on“-Stellung als betont bassige Begleiteinstellung
absolut brauchbar. Gerade mit geschliffenen
Saiten muss man sich kaum Sorgen machen,
dass der Ton dabei schwammig oder dröhnig
wird. Ohne die Filter kann ich mit beiden Vo-
lumenreglern schöne Mischsounds bekommen,
die entweder die bassige Halsposition oder die
drahtigere Stegposition betonen. Wer es moder-
ner mag, kann auf den 500/1 natürlich auch un-
geschliffene Saiten aufziehen. Der ´62er dankt es
mir mit deutlichem Sustainzuwachs, klingelnden
Präsenzen und drahtigen Bässen, die trotzdem
die typische Höfner-Note einfangen und anders
klingen, als man das aus irgendeinem Solidbody
je rausholen könnte.
Beiden 500/1 ist leider gemeinsam, dass die
Saitenhalterung bei manchen Tönen mitsingt.
Über den Verstärker ist das nicht hörbar, aber da
die beiden sich auch wunderbar eignen, um am
Küchentisch mit gutem Ton ohne Verstärker zu
spielen und zu üben, wäre es schön, wenn dieses
Phänomen abzustellen wäre. Verglichen mit mei-
nem End-Sechziger 500/1 lässt sich feststellen,
dass älter nicht besser sein muss. Die Saitenlage
ist bei beiden fl acher einzustellen, während mein
Oldie in den hohen Lagen mittlerweile durch
einen welligen Griffbrettverlauf zum Scheppern
neigt, genau in dem Bereich, wo es mir vor allem
der ´63er mit seinem singenden Ton angetan hat.
Die beiden Reissues klingen im besten Sinne auch
keinesfalls „neu“, der holzige Höfner-Ton ist
schon voll da.
F a z i tInspirierende Sounds aus kleinen Bässen, die mit
ihren Vintage-Ahnen locker mithalten können
und sie sogar übertreffen!
K o m m e n t a rNatürlich wird dieser Bass auf ewig mit Paul Mc-
Cartney verbunden bleiben, aber den 500/1, egal
ob nun in der ´62er-Paule-Ausführung oder als
´63er, auf diesen Ton festzulegen, verkennt das
volle Potential. Um von der Gleichung Höfner
Beatle Bass = Bass für Beatmusik wegzukommen,
empfehle ich mal ein paar Tracks, die zeigen, dass
der 500/1 mehr drauf hat und auch moderne
Pop/Rockmusik mit Fundament versorgen kann:
„No End in Sight“, der letzte Track auf der letzten
Toto-Scheibe „Falling in Between“ von 2006 fea-
tured Mike Porcaros wie immer geschmackvolle
Linien auf einem Höfner, genau wie Sashas Hit-
single „Slowly“ aus demselben Jahr unüberhör-
bar von einem Höfner Violinbass vorangetrieben
wird. Auch Tesla, die 1991 mit dem „Five Man
Acoustical Jam“ die Unplugged-Welle voraus-
nahmen, verlassen sich dabei seit jeher auf einen
500/1. Und wer hätte gedacht, dass zehn Jahre
vorher sogar Bob Daisley auf dem Titeltrack von
Ozzys „Flying high again“ ebenfalls einen 1963er
Violin Bass gespielt hat? Wer sich also in Sachen
Bass mal abseits gängiger Solidbody-Pfade be-
wegen möchte, fi ndet in den 500/1 Bässen tolle
und hochwertig gemachte Instrumente, die zu
ganz neuen Ansätzen inspirieren können. Für
den „Paul“ in der Beatles-Coverkapelle muss es
natürlich der 500/1 ´62 sein, der „seinem“ Bass
so nah wie möglich kommt, allen anderen steht es
frei, auch den 500/1 ´63 einem persönlichen Test
zu unterziehen!
J o g i S w e e r s