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Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form Auszug aus: Das komplette Material finden Sie hier: © Copyright school-scout.de / e-learning-academy AG – Urheberrechtshinweis Alle Inhalte dieser Material-Vorschau sind urheberrechtlich geschützt. Das Urheberrecht liegt, soweit nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet, bei school-scout.de / e- learning-academy AG. Wer diese Vorschauseiten unerlaubt kopiert oder verbreitet, macht sich gem. §§ 106 ff UrhG strafbar. Guter Unterricht: Praxishandbuch School-Scout.de

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Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form

Auszug aus:

Das komplette Material finden Sie hier:

© Copyright school-scout.de / e-learning-academy AG – UrheberrechtshinweisAlle Inhalte dieser Material-Vorschau sind urheberrechtlich geschützt. Das Urheberrecht liegt, soweit nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet, bei school-scout.de / e-

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Guter Unterricht: Praxishandbuch

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Guter Unterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

Die drei Grundelemente guten Unterrichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Konstruktive Atmosphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

Zum erzieherischen Einfl uss von Lehrern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

Unterrichtsphasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

Unterrichtseinstiege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

Selbstständig lernen – individualisierter Unterricht. . . . . . . . . . . . . . . . 60

Lernen mit Computer und Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

Unterrichtsgespräche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

Von komplexen Aufgaben bis zu selbst gestellten Aufgaben . . . . . . . . 97

Lehrer-Infos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

Ergebnisse präsentieren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

Feedback . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

Rituale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136

Das Ende von Stunden oder Arbeitsphasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

Lernen lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148

Außerschulische Lernorte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

Allgemeinbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

Unterricht weiterentwickeln durch gemeinsame, Kriterien gestützte Beobachtung & Refl exion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

Checkliste Guter Unterricht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

Unterrichtsvideos (Video-DVD). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199

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Guter Unterricht

Guter Unterricht

„Es kommt auf den Unterricht an!“, schrieb DIE ZEIT (50/2001) nach der Veröffentlichung der ersten PISA-Studie in Deutschland im Dezember 2001 und brachte das Dilemma, das die deutsche Bildungslandschaft nachhaltig erschütterte, auf den Punkt. Fast zehn Jahre nach dem ersten Erscheinen von „Guter Unterricht“ ist es en vogue, über die Qualität und Professionalität von Unterricht zu sprechen und zu schreiben, sich über Standards für guten Unterricht zu verständigen und diese als Grundlage der Lehreraus- und -fort-bildung zu verwenden. In vielen Bundesländern gibt es in diesem Zusam-menhang konkrete Initiativen zur Verbesserung der Unterrichtsqualität durch „Fortbildungsoffensiven“ (Hamburg) und Maßnahmen zur Verbesserung der Lehrerausbildung. Hierbei geht es aktuell vor allem darum, Lehrer und zu-künftige Lehrer zu befähigen, ihren Unterricht stärker „individualisieren“ zu können und „kompetenzorientiert“ zu gestalten.

In diesem Buch geht es darum, an Beispielen zu zeigen, wie Lehrer die Qua-lität ihres Unterrichts spürbar verbessern können, gestandene „Schulmeis-ter“ ebenso wie Studierende und Referendare. Es geht uns dabei weder um die „reine Lehre“ noch um den Anspruch, ein allein selig machendes Kon-zept gefunden zu haben. Unser Anliegen ist pragmatisch: Was ist nützlich? Guter Unterricht trägt dazu bei, dass Schüler mehr und besser lernen, und führt „nebenbei“ dazu, dass Lehrer sich dauerhaft in ihrem Beruf wohlfühlen. Wir möchten Anregungen geben und konkrete Vorschläge machen, wie man den Teufelskreis – unmotivierte Schüler → schlechte Leistungen → unzufrie-dene Lehrer → noch unmotiviertere Schüler usw. – durchbrechen und in sein Gegenteil verkehren kann.

Die Vorschläge sind vielfach praxiserprobt. Sie basieren hauptsächlich auf den didaktischen und methodischen Konzepten von Jochen und Monika Grell, Hilbert Meyer und Heinz Klippert sowie den kommunikationstheoreti-schen Ansätzen von Friedemann Schulz von Thun, Thomas Gordon und der individualpsychologischen „Denke“ von Rudolf Dreikurs. Wir haben auf der Grundlage der Ausführungen der genannten Autoren ein eigenes Konzept entwickelt und erprobt. Alle Ansätze und Vorschläge dieses Buches sind

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dem Gedanken verpfl ichtet, dass sie praktisch nachvollziehbar und trainier-bar sein sollen. Wir wollen mit dem vorliegenden Material einen Beitrag dazu leisten, pro-fessionelle Methoden im Lehrerberuf, die – basierend auf Erkenntnissen der lerntheoretischen und psychologischen Forschung – in der unterrichts- und erziehungswissenschaftlichen Diskussion derzeit weitgehend konsensual als „state of the art“ akzeptiert sind, „salonfähig“ zu machen und damit so-wohl zur Verbesserung und Erleichterung der Arbeit als auch zu einer klare-ren Verständigung über Standards guten Unterrichts beitragen.Aktuelle Ergänzungen, Links und Unterrichtsbeispiele werden laufend auf der Website www.guterunterricht.de veröffentlicht. Zusätzlich zu den auf der Video-DVD in diesem Buch enthaltenen Videos gibt es dort zahlreiche wei-tere Unterrichtsvideos als Anregung für vielfältigen Austausch über guten Unterricht.

Wir wünschen viel Erfolg und viel Spaß beim Erproben des Handwerks-zeugs für guten Unterricht!

Anmerkung: Nach intensiven Diskussionen über die Frage der „politisch korrekten“ Bezeichnung der Geschlechterrollen haben wir uns hier für fol-gende Lösung entschieden: Das wiederholte Aufzählen von Lehrerinnen und Lehrern, Schülerinnen und Schülern usw. macht den Text nach un-serer Auffassung schwer lesbar – auch weil in der Kürze die Würze liegt. Das große I – wie in LehrerIn – ist eine sprachliche, weil nicht lesbare und grammatische „Kunstform“, die inzwischen nur noch im Rahmen des akademisch-bürokratischen Jargons existiert, im realen Leben dagegen – auch in Zeitungstexten – nicht vorkommt.Wir haben uns deshalb für den neutralen „Gattungsbegriff“ entschieden, der insbesondere in der Pluralform („die Schüler“) keinen Zweifel entste-hen lassen soll, dass es sich dabei, genau wie bei Lehrern, Referendaren und Kollegen, um Menschen beiderlei Geschlechts handelt.

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Die drei Grundelemente guten Unterrichts

Die drei Grundelemente guten Unterrichts

Können wir uns heutzutage den Luxus überhaupt leisten, über die Quali-tät von Unterricht nachzudenken? Geht es nicht in der Wirklichkeit unserer Schulen um etwas ganz anderes? Heißt die Devise nicht: Überleben un-ter schwierigsten Bedingungen? Einigermaßen unbeschädigt – im wahrsten Sinne des Wortes! – über die Runden kommen? Der Dienstpfl icht nachkom-men bei sich permanent verschlechternden materiellen Rahmenbedingun-gen? Die Belastungen sind in den letzten Jahren überdurchschnittlich ge-wachsen und haben für viele Lehrer die Grenze des Ertragbaren erreicht: Nicht nur Belastungen beispielsweise durch Korrekturen, zunehmend wer-den Lehrer durch ministeriellen Reformeifer und ständig neue Projekte zur Schulentwicklung belastet und in Atem gehalten. Kann man sich das Enga-gement für „guten Unterricht“ dann überhaupt noch leisten? „Guter Unter-richt“ – ein Thema bestenfalls für die Lehrerausbildung, nicht für das „wahre Leben“ in der Schule?

Natürlich ist es zunächst ein professionelles Interesse, das uns als Lehrer-bildner umtreibt, wenn wir versuchen, Klarheit darüber herzustellen, was wir unter „gutem Unterricht“ verstehen. Wer sich diesbezüglich festlegt, sieht sich allerdings leicht dem Vorwurf der „Rezeptologie“ ausgesetzt. Jochen und Monika Grell hatten anfangs Mühe, mit ihrem immer noch inspirieren-den Buch mit dem bewusst provozierenden Titel „Unterrichtsrezepte“ ernst genommen zu werden. Dabei wird gerade in diesem wichtigen Grundlagen-werk auf das entscheidende Faktum hingewiesen: Alle Lehrer verfahren de facto nach Rezepten! Allerdings werden diese implizit entsprechend unbe-wusster Überzeugungen und Alltagstheorien angewendet. Ob ich eher fron-tal unterrichte oder Schüler viel selbstständig arbeiten und entdecken lasse, ob ich im Unterricht Computer, Tafel oder Arbeitsblätter bevorzuge – dahin-ter stecken immer Annahmen über die Wirksamkeit der jeweiligen Methoden oder Zugangsweisen. Das Bewusstmachen dieser Annahmen kann dazu beitragen, ihre tatsächliche Richtigkeit zu überprüfen.

Doch es geht um mehr als um die „Grundausbildung“ von Lehrern: Die zahl-reichen wissenschaftlichen Schulleistungsuntersuchungen der letzten Jahre

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Die drei Grundelemente guten Unterrichts

haben schmerzlich bewusst gemacht, dass derzeitige Ergebnisse des Un-terrichts in Deutschland noch immer viel zu wünschen übrig lassen. In die-sem Zusammenhang ist die Frage der Qualität von Unterricht wieder ins Be-wusstsein gerückt. „Guter Unterricht“ ist also Thema – auch für Lehrer, deren Ausbildung schon viele Jahre zurückliegt. Sie erhalten in der Lehrerfortbil-dung nur sehr selten konkrete Angebote zu den Grundlagen, dem Hand-werkszeug guten Unterrichts, weil dieses als „bekannt“ vorausgesetzt wird.Die Entwicklung von Grundelementen guten Unterrichts ist der Versuch, un-ser Verständnis von gutem Unterricht auf der Grundlage der aktuellen erzie-hungs- und unterrichtswissenschaftlichen Literatur deutlich zu machen und nachvollziehbar auf den Punkt zu bringen. Die Grundelemente sollen jungen und gestandenen Lehrern Hilfen und Ideen für die (Weiter-)Entwicklung der eigenen Professionalität geben. Sie helfen bei der Unterrichtsvorbereitung und stellen eine schnell vermittelbare Grundlage für Gespräche über Unter-richt dar, beispielsweise nach Hospitationen.

Die Grundelemente sollen einfach und praktikabel sein. Das ist der Grund, weshalb wir uns auf nur drei Elemente beschränken, aus denen sich jedoch eine Vielzahl konkreter und differenzierter Fragen ableiten. Die Grundele-mente beschreiben vor allem Haltungen und weniger Techniken, Methoden oder Verhaltensweisen. Letzteres, das „Handwerkszeug“ des Unterrichts, ist Gegenstand dieses Buches.

Erstes Grundelement: das relevante Thema

Viele Schüler haben im Laufe ihrer bisherigen Schulzeit regelrecht verlernt, wozu es gut, wichtig und sinnvoll ist, etwas zu lernen. Die Frage nach der Relevanz der Lerninhalte ist (übrigens ebenso wie die Frage nach der Ange-messenheit der Methoden) „unschicklich“. Man hat halt zu lernen, weil etwas „dran“ ist, es wird schon für irgendetwas wichtig sein! Die allermeisten Schü-ler fügen sich ergeben in ihr Schicksal und stellen die Frage nach der Rele-vanz der Lerninhalte nicht mehr. Auch Lehrer haben manchmal Mühe, diese Frage zu beantworten. Das Nachdenken über Didaktik (und um nichts ande-res handelt es sich bei der Frage nach der Relevanz!) gehört in den Bereich der Lehrerausbildung. Dazu fehlt gestandenen Lehrern schlicht die Zeit.

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Die drei Grundelemente guten Unterrichts

Für die Ergebnisse des Unterrichts hat die oft ungenügende Klärung der Relevanzfrage weitreichende Folgen: Die meisten Schüler pauken Gram-matik, Vokabeln, Rechtschreibregeln, mathematische, geografi sche, histori-sche Fakten und „Merksätze“ mehr oder weniger ohne Anwendungsbezug als abstrakte, sinnentleerte Formeln. So ist es nicht verwunderlich, dass vie-le Schüler in der Oberstufe anspruchsvolle Texte interpretieren oder kompli-zierte grammatische Strukturen reproduzieren können und zugleich in simp-len kommunikativen Situationen versagen – im Deutschen ebenso wie in den Fremdsprachen. Echtes Lernen, das von Entdeckerfreude, Motivation und Durchhaltevermögen gekennzeichnet ist und auch auf lange Sicht blei-bende Erkenntnisse, Fähigkeiten und Wissen vermittelt, fi ndet nur dann statt, wenn es als sinnvoll erlebt wird. Deshalb brauchen wir eine Unterrichtskultur, in der es selbstverständlich ist, dass Lehrer ihren Schülern in jeder Un-terrichtsstunde sagen, was genau das Thema des Unterrichts ist, was sie in dieser Stunde lernen können und warum das für sie wichtig ist. Das heißt, dass sich die Unterrichtenden bei der Planung ihres Unterrichts über den genauen Inhalt und die Relevanz des Themas sorgfältig Gedanken gemacht haben müssen. Ein solcher Prozess kann dann zu erstaunlichen, vielleicht sogar beängstigenden Ergebnissen führen. Wurden bis eben noch vermeintliche Vorgaben unrefl ektiert übernommen, kann sich plötzlich sehr drastisch die Frage stellen, ob der Unterrichtsgegenstand, der „eigentlich dran“ ist, für eben diese Schüler zu eben diesem Zeitpunkt wirklich relevant ist, ob er für sie „wirklich dran“ ist! Wir wollen damit keineswegs zu einem sorglosen Ignorieren von Lehrplanvorgaben oder Absprachen im Rahmen der Jahrgangskoordination raten. Nach unseren Erfahrungen bieten aber die meisten Lehrpläne sehr wohl genügend Spielräume, auch individuelle di-daktisch begründbare Entscheidungen zu treffen. Das gilt umso mehr, seit es in aktuellen Bildungs- und Rahmenplänen stärker um die Vermittlung von Standards und Kompetenzen geht, als um das „Durchnehmen“ von Themen. Dennoch lebt auch kompetenzorientierter Unterricht von guten, von relevan-ten Themen. Er eröffnet aber größere Spielräume hinsichtlich der Auswahl von Themen. Und so manche schulinterne Absprache entpuppt sich bei ge-nauerem Hinsehen leicht als „Feigenblatt“, hinter dem sich der eine oder andere Kollege gern versteckt, um sich damit zu entschuldigen: Man müsse das halt „durchnehmen“, weil es „dran“ sei. Dass genau diese Einstellung zu dem bei Schülern immer weiter um sich greifenden Desinteresse und Er-

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löschen jeden Lerneifers führt (was andererseits vehement beklagt wird!), wurde oben bereits ausgeführt.

Im Zusammenhang mit dem Lernen mit digitalen Medien (siehe Kapitel „Lernen mit Computer und Internet“) erhält die Frage nach der Relevanz des Themas bzw. des Inhalts eine besondere Bedeutung. Die Faszination, die multimediale Präsentationen gerade auf Schüler, häufi g auch auf Leh-rer ausüben (z. B. PowerPoint-Präsentationen), trägt nur zu häufi g dazu bei, dass die Frage nach der inhaltlichen Relevanz aus dem Blick verloren wird. Jeder Lehrer kennt die Klassen, die aufgeregt und begeistert durch „hands-on“-Museen und Ausstellungen laufen, von einem Knöpfchen zum nächs-ten schalten und kaum etwas inhaltlich Relevantes verstanden, geschweige denn mitgenommen haben. Dafür waren die vielen Multimedia-Präsentatio-nen in den Augen der Schüler „richtig geil“ – worum es dabei genau ging, war nicht so wichtig. Auf der anderen Seite sind professionelle Präsentati-onsmittel, wie beispielsweise PowerPoint, geradezu ein Segen für effi zientes und nachhaltiges Lernen. Endlich ist Schluss mit unverständlichen Bleiwüs-ten-Texten, mit unleserlichen kleinen Folien, mit Präsentationen ohne Bil-der oder Visualisierungen, trocken, ausschweifend und häufi g einschläfernd langweilig dargeboten. Da nützt dann auch der beste und „relevanteste“ In-halt nichts! Die Präsentation hat eine unterstützende Funktion für den Inhalt. Form ohne Inhalt ist nichts. Aufwändige Verpackung mit wenig inhaltlicher Substanz hat nichts mit gutem Unterricht zu tun. Und andersherum gilt: Um erfolgreiches, lebendiges Lernen zu ermöglichen, müssen relevante The-men und Inhalte professionell präsentiert werden (siehe die Kapitel „Lehrer-Infos“ und „Ergebnisse präsentieren“). Guter Inhalt allein macht noch kei-nen guten Unterricht. Gleichzeitig ist in der Praxis einiger Schulen, die zu-nehmend Formen des individualisierten Lernens praktizieren, eine Tendenz zu beobachten, nämlich dass die Schüler in hohem Maße individualisiert – beispielsweise in „Lernbüros“ und mit „Kompetenzrastern“ arbeiten – lernen, dass dabei aber zuweilen die nachhaltige Refl exion und der Austausch über Inhalte auf der Strecke bleiben.

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Zweites Grundelement: die konsequente Schülerorientierung

© AAP Lehrerfachverlage GmbH

Konsequente Schülerorientierung des Unterrichts ist kein bloßes Modewort oder überzogener Anspruch der Lehrerausbildung. Die Folgen eines Unter-richts, der über die Köpfe hinweggeht, der Schüler nicht wirklich als lernende Individuen ernst nimmt, sind allerorten zu beobachten: Kinder und Jugend-liche verweigern sich zunehmend dem Zwangslernen, dem pädagogischen Zeigefi nger, der Belehrung. Sie verweigern sich der Besserwisserei man-cher Lehrer, die immer meinen, besser als die Jugendlichen selbst zu wis-sen, was für sie richtig und wichtig ist, die aber oftmals keine Vorstellung da-von haben, was die Jugendlichen wirklich berührt und umtreibt. Auf abfällige oder ironische Bemerkungen über gerade angesagte Musikgruppen, -stile, Kleidung, Filme, Computerspiele, soziale Netzwerke oder TV-Serien kön-

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nen diese gut verzichten. Besonders unglaubwürdig wird die pädagogische Kritik dann, wenn diejenigen, die warnend den Zeigefi nger heben, von dem Kritisierten nur wenig oder gar keine Ahnung haben. Das gilt beispielsweise immer noch für den Umgang mit dem Computer. Eine wachsende Zahl von Schülern verweigert sich angesichts dessen zu-nehmend gegenüber dem schulischen Lernen. Dabei fi ndet die Verweige-rung sowohl in der aktiven Form – durch oftmals massive Störungen des Unterrichts – als auch – vielleicht viel öfter – passiv statt: ein freundlich-auf-merksames Gesicht aufsetzen und die Ohren „auf Durchzug“ stellen, nach dem Motto: „Wenn alles schläft und einer spricht …“Wir alle wissen aus eigener Erfahrung, dass wir am besten das lernen, was uns wirklich interessiert und unseren Lernvoraussetzungen entspricht. Und wir alle wissen, dass Schüler oftmals zu erstaunlichen Leistungen in der Lage sind, über einen Schatz individueller Kenntnisse, Erfahrungen und Kompe-tenzen verfügen, der manchmal verblüffend ist. Anknüpfen an vorhandene Kompetenzen – das ist der vielleicht wichtigste Gesichtspunkt eines Unter-richts, der konsequente Schülerorientierung zum Dreh- und Angelpunkt der Unterrichtsplanung und -gestaltung macht: Was wissen die Schüler be-reits über die Sache, die Gegenstand des Unterrichts werden soll? Was wollen sie wissen? Wer kann welche Kompetenzen wie in den Unter-richt einbringen? Wenn es beispielsweise um das Erklären von Sachver-halten geht, sind Schüler dem Lehrer oftmals überlegen, weil sie sich intui-tiv viel besser in die Denkstrukturen ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler einfühlen können und von diesen besser verstanden werden. Konsequente Schülerorientierung heißt vor allem, die Schüler ernst zu nehmen in ihren In-teressen, ihren Wünschen und Vorstellungen – auch denen, die uns Lehrern zunächst fremd, vielleicht sogar „unheimlich“ sind. Konsequente Schülerori-entierung bedeutet weiterhin, die unterschiedlichen Bedürfnisse und indivi-duellen Leistungsvoraussetzungen innerhalb einer Klasse durch Angebote und Möglichkeiten der inneren Differenzierung zu berücksichtigen. Lehrer aller Schulformen konstatieren heute die enorme Heterogenität ihrer Klas-sen. Dennoch werden im Unterricht in der Regel – selbst an Gesamtschulen, die die Heterogenität zum Programm erheben! – alle Schüler einer Klasse oder einer Lerngruppe über einen Kamm geschoren, indem alle zur glei-chen Zeit das Gleiche tun (müssen): in der Regel zuhören oder schreiben. Schülerorientierung heißt deshalb auch, Konsequenzen aus der Erkennt-

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nis zu ziehen, dass es Rahmenbedingungen gibt, unter denen alle Men-schen – erwachsene Lehrer ebenso wie Kinder und Jugendliche – besser lernen:

• Wir alle lernen besser, wenn wir das genaue Thema des Unterrichts ken-nen und wissen, warum dieses wichtig ist. Dies gilt nicht nur für Unter-richtseinheiten oder Stunden, sondern sogar für einzelne Phasen des Un-terrichts!

• Wir alle lernen besser, wenn wir wenigstens teilweise nach unserem in-dividuellen Tempo lernen können, wenn wir entscheiden dürfen, mit wem wir lernen wollen, und mitentscheiden können, was und wie viel wir lernen wollen.

• Wir alle lernen besser, wenn wir beim Lernen nicht überwiegend zuhören müssen, sondern regelmäßig Gelegenheit haben, uns mit anderen im Ge-spräch auszutauschen.

• Wir alle lernen besser, wenn das zu Lernende in einer Form dargeboten wird, die unseren individuellen Lernvoraussetzungen entspricht, d. h. vor allem unterschiedliche Sinne („Lernkanäle“) einbezieht.

• Wir alle lernen besser, wenn wir beim Lernen nicht immer nur still sitzen müssen; wenn spürbar ist, dass Lernen nicht immer nur eine „todernste“ Angelegenheit ist, sondern dass Lachen, Entspannung und Fröhlichkeit unverzichtbare Bestandteile erfolgreichen Lernens sind.

Eine so verstandene Schülerorientiertung ist eine wesentliche Vorausset-zung für einen erfolgreichen „individualisierten Unterricht“.

Drittes Grundelement: die konstruktive Atmosphäre

Guter Unterricht kann nur in einer konstruktiven Lern- und Arbeitsatmosphä-re stattfi nden. Eine solche ist dadurch gekennzeichnet, dass

• intensives Lernen und gemeinsames Arbeiten stattfi ndet;• ein Klima des gegenseitigen Respekts herrscht, und zwar sowohl der

Schüler untereinander als auch zwischen der Lehrkraft und den Kindern oder Jugendlichen;

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Die drei Grundelemente guten Unterrichts

© Susanne Petersen

• Rücksichtnahme gegenüber langsamen Lernern und Schwächeren ge-übt wird;

• es selbstverständlich ist, sich gegenseitig zu fragen und zu helfen;• auch Schüler Verantwortung übernehmen;• es okay ist, Fehler zu machen. (Nur wer bereit ist, Fehler zu machen, kann

lernen. Wer versucht, Fehler zu vermeiden, kann nicht lernen.)• Regeln verbindlich sind und für alle gelten, auch für Lehrer;• die Nichteinhaltung von Regeln Konsequenzen hat.

Verantwortlich für die konstruktive Atmosphäre im Klassenraum ist der Lehrer. Er muss bereit und in der Lage sein, die schwierige Doppelrolle von „Partner“ und „Chef“ einzunehmen. Wer nur Partner der Schüler im Sinne von Berater und Coach ist, läuft Gefahr, dass Regeln unverbindlich bleiben; wer nur als Leiter, als Chef agiert, degeneriert schnell zum „Herrscher“. Der „Partner“ be-teiligt sich gleichberechtigt an der Aufstellung von sinnvollen Regeln, die für ihn genauso gelten wie für alle anderen. Er ist wirklich in Kontakt mit seinen Schülern und gewährleistet durch seine Person, dass sich alle Schüler an-genommen und in der Klassengemeinschaft wohlfühlen. Der „Chef“ ist letzt-lich verantwortlich dafür, dass einmal gemeinsam beschlossene Regeln auch für alle durchgesetzt werden und dass die Nichteinhaltung tatsächlich Kon-sequenzen hat, dass, wenn es sein muss, auch mal „Schluss mit lustig“ ist.

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Die drei Grundelemente guten Unterrichts / Konstruktive Atmosphäre

Die drei Grundelemente guten Unterrichts

Erstes Grundelement: Das relevante Thema

Zweites Grundelement: Die konsequente Schü-lerorientierung

Drittes Grundelement: Die konstruktive Atmo-sphäre

Transparenz über Inhalt und Rahmen des Unter-richts:

Was genau ist Thema des Unterrichts und der Unter-richtsphasen?

Was kann gelernt wer-den?

Warum ist das wichtig?

Was wissen die Schüler?

Was können die Schüler?

Was wollen sie wissen bzw. können?

Lehrer ist „Partner“ und „Chef“

Lehrer ist verantwortlich für:• gegenseitigen Respekt• Regeln• Konsequenz• Klarheit• Rücksichtnahme• Kooperation• Lachen!

Literaturtipps:Jochen und Monika Grell: Unterrichtsrezepte, Beltz 1999, 11. Aufl .Hilbert Meyer: Unterrichtsmethoden, Band 1 & 2, Cornelsen 1994 & 1997Heinz Klippert: Methodentraining, Beltz 2000Friedemann Schulz von Thun: Miteinander reden, Band 1–3; Rowohlt 2001Thomas Gordon: Lehrer-Schüler-Konferenz, Heyne 1989Hilbert Meyer: Was ist guter Unterricht?, Cornelsen 2004Andreas Helmke: Unterrichtsqualität. Erfassen, Bewerten, Verbessern, Kallme yer 2007, 5. Aufl .

Konstruktive Atmosphäre

Weit mehr als die Frage nach gutem Unterricht beschäftigt viele und insbe-sondere junge Lehrer das Thema: Wie gelingt es, im Klassenraum eine At-mosphäre des gegenseitigen Respekts herzustellen, ein Klima zu schaffen, in dem gut und erfolgreich gelernt werden kann? Wie kann man es schaffen, dass sich die Schüler an Regeln halten, dass sie zuhören, den Lehrer ernst nehmen, sich für die Unterrichtsthemen interessieren und – wenn’s sein muss – auch einfach bloß mal „parieren“? Gerade dann, wenn Unterricht zunehmend individualisiert und kompetenzorientiert gestaltet wird, braucht es eine konstruktive Atmosphäre, in der allein, zu zweit und in Gruppen kon-

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Konstruktive Atmosphäre

struktiv gleichzeitig an unterschiedlichen Themen gearbeitet werden kann. Kein anderes Thema trägt mehr dazu bei, dass sich viele Lehrer schon früh ausgebrannt fühlen, als das Thema „mangelnde Disziplin im Unterricht“. Vie-le Unterrichtsstunden – von der ersten Klasse bis in die gymnasiale Oberstu-fe hinein – bestehen oft zum großen Teil aus Disziplinierungsmaßnahmen, die häufi g erfolglos bleiben. Bevor überhaupt ein Wort zur Sache (dem „Un-terrichtsgegenstand“) gefallen ist, vergehen manchmal zehn Minuten und mehr: Die Schüler trudeln nach und nach ein, betreten lautstark den Klas-senraum, unterhalten sich, beschimpfen sich gegenseitig, werden manch-mal gar handgreifl ich, laufen im Klassenraum umher und ignorieren völlig die Versuche des Lehrers, Ruhe herzustellen, um endlich mit dem Unterricht beginnen zu können. Viele Schüler begegnen einander und manchmal so-gar dem Lehrer ohne Respekt. Ihr Wortschatz ist häufi g verletzend, ernied-rigend, sexistisch. Manche Lehrer wissen sich angesichts einer derart de-struktiven Atmosphäre nicht anders zu helfen, als ihren Anspruch an guten Unterricht aufzugeben.

Sie agieren dann nur noch zwischen einer Mischung aus Strafen und „Still-arbeit“, sprich: Sie lassen die Schüler etwas abschreiben oder Arbeitsblät-ter schriftlich beantworten; dann herrscht wenigstens mal Ruhe! Anderer-seits gibt es viele Klassen, in denen eine konstruktive Atmosphäre herrscht. Klassen, in denen junge wie alte Lehrer gern unterrichten und in denen sich die meisten Schüler wohlfühlen. Klassen, in denen nicht etwa ein Klima der Unterdrückung oder der Duckmäuserei herrscht: Klassen, in denen gelacht

© Susanne Petersen

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Konstruktive Atmosphäre

und gleichzeitig ernsthaft gearbeitet und gelernt wird. Solche Klassen gibt es nicht nur an Gymnasien in „guten Gegenden“, sondern ebenso an Grund-, Haupt- oder Gesamtschulen mit einer Schülerschaft aus „bildungsfernen“ Elternhäusern. Sicherlich erfordert die Arbeit an einer solchen Schule mehr Ideen, mehr Durchhaltevermögen und manchmal auch mehr Engagement. Die vielen Lehrer aber, die bereit sind, solches aufzubringen, können fast immer reiche Ernte einfahren! Das Schaffen einer konstruktiven Atmosphäre ist ein hartes Geschäft. Doch von dieser Arbeit profi tieren alle – nicht zuletzt die Lehrer! Guter, professionell gestalteter Unterricht ist ein zentraler Aspekt, der dazu beiträgt, auch „schwierige“ Schüler zu erreichen. Doch zusätzlich bedarf es oft besonderer „Arbeit an der Atmosphäre“ – unabhängig von Un-terrichtsthemen.

Respekt – die Grundlage der konstruktiven Atmosphäre

Fragt man Schüler danach, was einen „guten Lehrer“ ausmacht, stehen die Aspekte der „Autorität“ und des „Respekts“ ganz oben an. Das hat nichts da-mit zu tun, dass sich Schüler besonders autoritäre Lehrer wünschen, denn autoritär hat bekanntlich nichts mit Autorität zu tun! Allerdings wollen Schü-ler wissen, woran sie sind; sie erwarten Klarheit und die Fähigkeit, Grenzen zu setzen. Wenig Respekt haben Schüler vor Lehrern, die viel „labern“, aber nicht bereit oder in der Lage sind, deutliche Konsequenzen aus Regelüber-schreitungen zu ziehen. Ebenso wenig Respekt haben sie vor Lehrern, die nur so tun, als hätten sie Ahnung von den Dingen, die sie unterrichten, in Wirklichkeit aber gerade eine Lektion weiter als die Schüler sind. Den we-nigsten Respekt aber haben sie vor Lehrern, die keinen Respekt vor ihnen haben; die immer nur auf ihre Fehler schauen statt auf ihre Kompetenzen, die sie für „blöde“ und „verhaltensgestört“ erklären, die sie vor der Klasse bloßstellen, die rumschreien und sich der gleichen Fäkalsprache bedienen, die sie ihren Schülern vorwerfen. Das Grundgesetz des Respekts heißt nun einmal: Wer Respekt von anderen erwartet und wünscht, muss selbst an-deren aufrichtigen Respekt vermitteln können; nicht gespielt als Mittel zum Zweck, sondern aus ehrlichem Interesse am anderen. Diese zugrunde lie-gende Haltung hat niemand besser formuliert als der Transaktionsanalytiker Thomas Harris: „Ich bin o.k., du bist o.k.“ Das Geheimnis dieser Formel liegt

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Konstruktive Atmosphäre

in dem gleichberechtigten „o.k.“: Weder „Ich bin der Beste und du kannst nichts, weißt nichts, bist nichts“, noch „Ich bin ja nur ein kleines Würstchen und du sooo toll.“ Ich bin o.k. – ein ganz normaler Mensch mit Stärken und mit Schwächen – genau wie du auch. Diese Haltung an den Tag zu legen, fällt vielen Menschen sehr schwer. Dies liegt häufi g an mangelndem Selbst-vertrauen, das dazu führt, entweder das eigene Licht unter den Scheffel zu stellen oder aber letztlich sich selbst immer wieder „beweisen“ zu müssen, dass man doch auch o.k. ist, indem man es übertrieben laut in die Welt hin-ausposaunt. Diese Haltung, die die Grundvoraussetzung des Respekts ist, erfordert deshalb Mut, sich mit dem „Eingemachten“ der eigenen Persönlich-keit auseinanderzusetzen, vor allem mit der Frage: Respektiere ich mich ei-gentlich selbst, so wie ich bin, mit allen Stärken und Schwächen? Finde ich mich selbst eigentlich o.k.?

Literaturtipps:Thomas Harris: Ich bin o.k. – du bist o.k., Rowohlt 1975Thomas Unruh: Der Lehrer-Coach, AOL-Verlag 2007

Wer Respekt von seinen Schülern erwartet, sollte viel über sie wissen, zum Beispiel:

• Was machen meine Schüler in der Freizeit?• Welche Themen interessieren sie, welche Themen bewegen sie?• Wie wohnen, wie leben sie?• Welche Sendungen sehen sie im Fernsehen? Wie lange sehen sie fern?

Welche Videospiele spielen sie? Welche Musik hören sie? Wie kommuni-zieren sie online?

• Was können sie besonders gut? Von welchen Themen haben sie beson-ders viel Ahnung?

Sich für seine Schüler wirklich zu interessieren hat weder etwas mit unan-gebrachter Neugier zu tun noch mit Anbiederei, sondern es ist die notwen-dige Voraussetzung für eine respektvolle, konstruktive Lernatmosphäre und erfolgreiches Lernen. Wer mit seinen Schülern fast ausschließlich über den Stoff oder disziplinierend kommuniziert, signalisiert damit Desinteresse an der anderen Person. Gelegenheiten, seine Schüler kennenzulernen, gibt es genug: auf dem Weg vom Lehrerzimmer zum Klassenraum, in der Pause,

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