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1 „Familien im Suchtproblem – Alkohol, Medien, Diagnostik, Rechtsfragen, Ausblick für die Präventionsarbeit“ anlässlich der Fortbildung „Schwangerschaft und Suchtmittel für Hebammen“ im Haus der Sozialen Dienste Erfurt am 29.03.2011 Blumenstraße 70 (Haus 1) 99092 Erfurt Tel: 0361-65496313 oder 0172-7913553 Fax: 0361-65496319 Internet :www.prae-venio.de Bernd Dembach (Projekt „Mediatorenberatung - Prävention - Monitoring“) Gefördert durch: Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit Träger: prae-venio e.V. Gesundheit, Prävention und Beratung – Verein zur Ent- wicklung und Unterstützung der Gesundheitsförderung. Gliederung Begrifflichkeiten Zahlen, Daten und Fakten Vertiefung am Beispiel Alkohol Exzessiver Medienkonsum Thüringen Diagnostik / Hinweise auf Suchtmittelkonsum Familien im Suchtproblem Schutzfaktoren / Widerstandskräfte (Resilienzen) Erste Gespräche, Beratung und Hilfe Umgangsregeln mit Betroffenen Rechtsfragen und Grundsätzliches Ausblick für die Präventionsarbeit

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„Familien im Suchtproblem – Alkohol, Medien, Diagnostik, Rechtsfragen, Ausblick für die

Präventionsarbeit“

anlässlich der Fortbildung „Schwangerschaft und Suchtmittel für Hebammen“ im Haus der Sozialen Dienste Erfurt am 29.03.2011

Blumenstraße 70 (Haus 1)

99092 Erfurt

Tel: 0361-65496313 oder 0172-7913553

Fax: 0361-65496319

Internet :www.prae-venio.de

Bernd Dembach(Projekt „Mediatorenberatung - Prävention - Monitoring“)

Gefördert durch: Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit

Träger: prae-venio e.V.

Gesundheit, Prävention und Beratung – Verein zur Ent-wicklung und Unterstützung der Gesundheitsförderung.

Gliederung

• Begrifflichkeiten• Zahlen, Daten und Fakten• Vertiefung am Beispiel Alkohol• Exzessiver Medienkonsum Thüringen• Diagnostik / Hinweise auf Suchtmittelkonsum • Familien im Suchtproblem• Schutzfaktoren / Widerstandskräfte (Resilienzen) • Erste Gespräche, Beratung und Hilfe • Umgangsregeln mit Betroffenen • Rechtsfragen und Grundsätzliches• Ausblick für die Präventionsarbeit

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Begrifflichkeiten

Konsumstadien

Abstinenz: Zwischen 5 und 10 Prozent der Gesamtbevölkerung enthaltensich jeglichenKonsums psychoaktiver Substanzen.

Der Gebrauch beschreibt die sinnvolle, notwendige und akzeptierte Verwendung bei-spielsweise eines Arzneimittels.

Beim Genusswird das entsprechende Mittel zwar nicht benötigt, dessen Gebrauch undWirkung aber als angenehm empfunden. Der Genuss geht bereits über die lebens-erhaltende Befriedigung der menschlichen Grundbedürfnisse hinaus.

Der Missbrauchbeschreibt eine Verwendung des entsprechenden Mittels über den vorge-schriebenen und zweckentsprechenden Gebrauch hinaus und beinhaltet bereits diequantitative und qualitative schädliche Verwendung (Zweckentfremdung).

Beim ausweichenden Verhaltenhat sich der Gebrauch eines Mittels dahingehend verfes-tigt, dass bestimmte Problemsituationen und Anforderungen nur unter Zuhilfenahmedieses Mittels bewältigt werden können.

Die Gewöhnungbeschreibt den Zustand der psychischen und physischen Bindung an die-ses Mittel (Dosissteigerung und Toleranzerhöhung).

Im Zustand derAbhängigkeitundSucht liegt bei den betreffenden Personen bereits einechronische Bindung an das Mittel ihrer Wahl vor mit den einhergehenden Folgeer-scheinungen (zwanghafter Gebrauch, Kontrollverlust, Entzugssymptome, Toleranz bzw.Dosissteigerung, psychische und/oder physische Abhängigkeit, Substanzkonsum trotzschädlicher Folgen, vgl. Gross 2002).

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Begrifflichkeiten: Sucht als Krise und Sucht als Symptom

• Jede bestehende Abhängigkeit bzw. Sucht sollte als eine bearbeitbare Kriseangesehen werden, die von allen Beteiligten eine eindeutige Verhaltensausrich-tung und –umorientierung verlangt. Das eigentliche Suchtverhalten wird zuneh-mend als Symptom verstanden, das auf tieferliegende Ursachenhinweist. An der Bearbeitung dieser Ursachen orientiert sich die Präventionsarbeit.

• Jede Droge, jedes Suchtmittel und jedes extrem einseitige Verhaltenversetzt die Konsumenten in eine spezifische Stimmungslage. Die Erfahrungen in der Sucht- und Drogenarbeit zeigen aber, dass nicht die Droge allein am Anfang einer Abhängigkeit steht. Ausschlaggebend ist die individuelle Einstellung, mit der Einnahme, einen bestimmten Zustand (`cool bleiben`, `Glücksgefühl` oder `total abschalten`) immer wieder zu erzielen und schließlich das ganze Leben nur noch darauf hin auszurichten.

• Die beabsichtigte Wirkungsweiseeiniger Suchtmittel muss darüber hinaus durch Selbsterfahrung und gegenseitigen Erfahrungsaustausch erst erlernt werden (Alkohol, Haschisch, Heroin). Deshalb ist es von besonderer Bedeu-tung, dass 93%der Jugendlichen den ersten Konsum von illegalen Drogenim unmittelbaren Freundeskreiserleben und 95%aller Jugendlichen zum ersten Mal legale Drogenin der Familie konsumieren.

Zahlen, Daten und Fakten

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Bundesweite Schätzzahlen 2009 zu Sucht- und Abhängigkeitsformen (1)

Suchtmittel/ AbhängigkeitsformenGeschätzte Zahl der

AbhängigenTodesfälle pro Jahr

Medikamente (1) 1.400.000

Tabak (2) (3) 3.800.000durch Passivrauchen:

111.0003.300

Alkoholmissbrauch (4)Alkoholabhängigkeit (5)

2.000.0001. 300.000

73.700

Schnüffelstoffe 100.000

Cannabis (Abhängigkeit) 220.000

Illegale harte Drogen (6) 300.000(in 2006) 1.296(in 2007) 1.394(in 2008) 1.449(in 2009) 1.331(in 2010) 1.237

Ess-/ Brechsucht 500.000

Magersucht 60.000 6.000

Ess-/Fettsucht 400.000

Spielsucht 200.000

(DHS: Jahrbuch Sucht 2010)

(1) Von den 1,4 Millionen Medikamentenabhängigensind 1,1 Millionen abhängig von Benzodia-zepinderivaten (wie Schlaf- und Beruhigungsmittel sowie Tranquilizer gegen Angststörungen)und 300.000 von anderen Arzneimitteln (beispielsweise Antidepressiva und Psychostimulan-tien).

(2) Zugrunde liegendes Konsumniveau: täglich mehr als 20Zigaretten. Bei einem zugrunde liegen-den Konsumniveau von täglich mehr als 1 Zigarette wäre von16,7 Millionen Rauchern auszu-gehen.

(3) Nach Petro beziehen sich von den 111.000tabakbedingten Todesfällen43.000 auf die DiagnoseKrebs, 37.000 auf Kreislauferkrankungenund 20.000 auf Atemwegserkrankungen.

(4) Missbrauch (fortgesetzter Gebrauch trotz des Wissens um ein ständigesoder wiederholtessoziales, berufliches, psychisches oder körperliches Problem, das durch den Gebrauch vonAlkohol verursacht wird)

(5) Abhängigkeit nach DSM-IV (Abhängigkeitssyndrom mit Kontrollverlust, I ntoxikations- und/oder Entzugsproblemen, Toleranzentwicklung, Dosissteigerung, sozialen, beruflichen undpsychischen Problemen)

(6) Rauschgifttodesfällein Thüringen: 2001 = 14; 2002 = 8; 2003 = 10, 2004 =8, 2005 = 4 , 2006 = 7,2007 = 5, 2008 = 15, 2009 = 12; 2010 = 7 (TLKA 2010)

Bundesweite Schätzzahlen 2009 zu Sucht- und Abhängigkeitsformen (2)

Bezogen auf dieMitbetroffenen heißt das: Etwa 2-4 Mio. Kinder und 7 Mio. Angehörigewerdenunmittelbar mit Sucht, süchtigem Verhalten, Wünschen nachAbstinenz, Rückfällen, Verspre-chungen und Enttäuschungen konfrontiert. Zwischen 30 und 60% der heute Abhängigen hattenmindestens ein abhängiges Elternteil(DHS: Jahrbuch Sucht 2010).

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Schwangere Frau

Klientenzahlen ambulante und stationäre Suchthilfe in Thüringen 1999 bis 2009 (in %)

0,0

10,0

20,0

30,0

40,0

50,0

60,0

70,0

80,0

90,0

Prozent

1999 (n = 4.452) 82,1 0,6 1,4 2,7 0,1 6,0 3,4 0,2 1,3 0,4 1,1 0,4 0,3

2000 (n = 5.236) 81,5 0,4 1,1 0,8 0,0 7,0 4,0 1,7 0,8 0,3 1,4 1,0 ?

2001 (n = 5.533) 80,9 0,3 1,8 0,9 0,1 6,7 4,2 2,1 0,9 0,2 1,1 0,8 ?

2002 (n = 5.237) 78,0 0,3 1,5 1,0 0,1 10,1 3,8 2,1 0,9 0,1 0,6 1,2 ?

2003 (n = 4.965) 77,0 0,6 1,6 0,5 0,1 9,5 4,0 2,5 0,8 0,1 0,9 1,9 ?

2004 (n = 4.316) 77,0 0,4 1,2 0,6 0,1 10,6 5,4 2,6 0,7 0,1 0,6 0,5 ?

2005 (n = 5.095) 76,0 0,8 0,9 0,4 0,0 11,2 5,3 3,0 0,8 0,1 0,6 0,6 ?

2006 (n = 5.596) 74,0 1,2 1,5 0,5 0,1 11,4 5,3 4,1 0,9 0,1 0,7 0,5 ?

2007 (n = 5.251) 76,2 0,8 1,3 0,3 0,1 11,0 4,1 3,9 1,1 0,1 0,4 0,7 ?

2008 (n = 4.431) 75,7 0,7 2,8 ? ? 11,7 2,8 4,3 0,7 0,0 0,6 0,2 ?

2009 (n = 5.165) 73,5 0,8 3 0.4 ? 12,3 3,8 4,7 1 0 0,4 0,2 ?

Alkohol TabakPatholog.

Spielen

Ess-

störung

Lösungs-

mittel

Canna-

bisOpiate

Stimu-

lantienKokain

Halluzi-

nogene

Sedativa/

Hypno-

tika

andere

Substanz

Subst. o.

Abhängg

. F 55

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Klientenzahlen ambulante und stationäre Suchthilfe in Thüringen 1999 bis 2009 nach ausgewählten Hauptdiagnosen (in %)

0,0

10,0

20,0

30,0

40,0

50,0

60,0

70,0

80,0

90,0

Prozent

1999 (n = 4.452) 82,1 6,0 3,4 0,2 1,1

2000 (n = 5.236) 81,5 7,0 4,0 1,7 1,4

2001 (n = 5.533) 80,9 6,7 4,2 2,1 1,1

2002 (n = 5.237) 78,0 10,1 3,8 2,1 0,6

2003 (n = 4.965) 77,0 9,5 4,0 2,5 0,9

2004 (n = 4.316) 77,0 10,6 5,4 2,6 0,6

2005 (n = 5.095) 76,0 11,2 5,3 3,0 0,6

2006 (n = 5.596) 74,0 11,4 5,3 4,1 0,7

2007 (n = 5.251) 76,2 11,0 4,1 3,9 0,4

2008 (n = 4.431) 75,7 11,7 2,8 4,3 0,6

2009 (n = 5.165) 73,5 12,3 3,8 4,7 0,4

Alkohol Cannabis Opiate Stimulantien Sedativa/ Hypnotika

Vertiefung am Beispiel Alkohol

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0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

18-20 21-24 25-29 30-39 40-49 50-59 60-64

38,9%46,3%

51,6%

66,5%73,0% 72,9%

76,4%

36,2%32,4% 33,5%

22,0%17,1% 17,0%

12,6%

24,9%21,3%

14,9%11,4%

0,0%

10,1% 11,0%

0/gar nicht 1 bis 3 mal 4 mal oder mehr

Das häufige Rauschtrinken (4 mal oder mehr in den letzten 30 Tagen) findet sich sowohl bei den jüngeren (18- bis 20-Jährige und 21- bis 24-Jährige) als auch bei den älteren Altersgruppen (50- bis 59-Jährige und 60- bis 64-Jährige).

Häufigkeiten des Rauschtrinkens der 18- bis 64-Jähri gen 2009 nach Altersgruppen und 30 Tage-Prävalenz

(Quelle: IFT: Epidemiologischer Suchtsurvey Deutsch land 2009)

Verteilung des Alkoholkonsums der 18- bis 64-Jährige n in Deutschland 2009 (Abstinenz und Kategorien durchschnittlicher Alkoho lmengen pro Tag)

(Quelle: IFT: Epidemiologischer Suchtsurvey Deutschl and 2009)

Konsumkategorien(n=7.795; in %) Gesamt

Geschlecht Altersgruppen

Männer Frauen 18-20 21-24 25-29 30-39 40-49 50-59 60-64

Konsumprävalenz 7.795 3.471 4.324 1.026 969 1.078 1.459 1.365 1.221 677

Lebenslang absti-nent

2,9% 2,2% 3,6% 6,0% 3,2% 3,1% 4,0% 2,4% 2,0% 1,7%

Nur letzte 12 Mo-nate abstinent

7,3% 6,1% 8,5% 3,6% 3,9% 5,8% 7,0% 6,5% 9,1% 12,7%

Nur letzte 30 Ta-ge abstinent

13,4% 9,2% 17,9% 16,1% 14,7% 15,6% 13,3% 12,6% 13,0% 12,5%

Risikoarmer Kon-sum 1)

59,9% 64,0% 55,7% 55,2% 61,7% 60,6% 62,5% 62,7% 57,0% 53,3%

Riskanter Konsum 2)

16,5% 18,5% 14,3% 19,1% 16,5% 14,9% 13,2% 15,7% 18,9% 19,9%

1) Risikoarmer Konsum (Männer: >0-24g und Frauen: >0-12g Reinalkohol pro Tag in den letzten 30 Tagen)2) Riskanter Konsum (Männer: >24g und Frauen: >12g Reinalkohol pro Tag in den letzten 30 Tagen)

Riskantes Konsumverhalten bei Jüngeren und Älteren !

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30-Tage-Prävalenz des Konsums von Alkohol bei den 1 8- bis 59-Jährigen 2003 bis 2009 ausdifferenziert nach Gesamt (G), Männer (M)

und Frauen (F)(Quelle: IFT: Epidemiologischer Suchtsurvey Deutsch land 2009)

2003 2006 2009

G M F G M F G M F

Alkohol (30 Tage) 7.553 3.413 4.140 6.738 2.984 3.754 7.118 3.158 3.960

- Abstinenz 16.8% 13,0% 20,9% 25,2% 20,2% 30,3% 23,3% 17,1% 29,8%

- Risikoarmer Konsum 64,7% 65,3% 64,0% 58,1% 60,6% 55,4% 60,5% 64,8% 56,1%

- Riskanter Konsum 18,5% 21,7% 15,1% 16,8% 19,2% 14,3% 16,1% 18,1% 14,1%

Rauschtrinken (30 Tage) 7.873 3.535 4.338 6.895 3.054 3.841 7.265 3.215 4.050

- Rauschtrinken 26,3% 39,1% 12,9% 25,9% 37,1% 14,4% 26,9% 39,6% 13,6%

Konsummuster im Verlauf : Während die Werte für Abstinenzverhalten gegenüber derVorerhebung eine leichte Reduzierung verdeutlichen, erfä hrt das risikoarme Kon-sumverhalten eine tendenzielle Steigerung. Der riskante A lkoholkonsum verbleibt aufeinem hohen Niveau.

Rauschtrinken bei Männern : Das Rauschtrinken verdeutlicht insgesamt für 2009gegenüber der Erhebung im Jahr 2006 insbesondere bei den Män nern eine leichteSteigerung.

Alkohol Langzeitnebenwirkungen 1

Alkohol ist ein Zellgift, das beim täglichen Konsum von ca. 20 – 60 g reinem Alko-hol (1 Liter Bier bzw. 0,5 Liter Wein) zur Zerstörung von Nervenzellen (Neuro-toxizität) führt. Ausdruck dieser Schädigung ist der Verlust von Hirngewebe (De-menz) und die Zerstörung peripherer Nerven (Polyneuropathie). Die geistige Leis-tungsfähigkeit und die intellektuellen Fähigkeiten lassen stark nach, ebenso wirdder Tastsinn (Sensibilität) stark in Mitleidenschaft gezogen.

Infolge des Absterbens von Zellen des Kleinhirns kann es zu Lähmungserschei-nungen in den Beinen und zu Gangunsicherheit kommen. Die häufigsten psychi-schen Störungen sind gekennzeichnet durch Stimmungsschwankungen , Angst-zustände, Depressionen und Suizidversuche. Des Weiteren können wahnhafteund psychoseähnliche Zustände wie Eifersuchts- oder Verfolgungswahn auftre-ten. Die Senkung von Hemmschwellen führt zu massiver Gewaltbereitschaft .

Anhaltender Alkoholmissbrauch schädigt die Leber (Leberzirrhose), den Magen-Darm-Trakt (Gastritis), das Herz (Kardiomyopathie) und die Bauchspeicheldrüse(Pankreatitis). Durch die Leberzirrhose kommt es zu Veränderungen der Blutge-fäße in der Speiseröhre (Krampfadern), deren Zerreißen eine tödliche Blutung zurFolge haben kann (www.tks-tkg.de�Broschüren-Lehrerbegleitheft 2010/2011).

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Alkohol Langzeitnebenwirkungen 2

Alkoholmissbrauch führt zur physischen und psychischen Abhängigkeit undendet immer im allgemeinen körperlichen Verfall. Bei abrupter Abstinenz könnengefährliche Entzugserscheinungen auftreten. Es kann zu Krampfanfällen undzum Delirium tremens kommen.

Dabei treten Orientierungsverlust und Bewusstseinsstörungen ein, die häufigvon beängstigenden Halluzinationen begleitet werden. Hinzu kommen starkevegetative Entzugserscheinungen wie Schwitzen, erhöhter Puls und Bluthoch-druck sowie Unruhe und Angstzustände. Das Delirium tremens kann ohne Be-handlung zum Tod führen.

Durch den chronischen Alkoholmissbrauch sind ständig alle Organe des Körpersseiner Wirkung ausgesetzt. Als Folge der chronischen Schleimhautreizung ist dasKrebsrisiko (Speiseröhren-, Mund-, Rachen-, Magen- und Darmkrebs) erheblicherhöht. Alkoholmissbrauch führt bei Männern häufiger zum Brustkrebs als beiFrauen (www.tks-tkg.de�Broschüren-Lehrerbegleitheft 2010/2011).

Tabak Horsc

ht Auto

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Exzessiver Medienkonsum Thüringen

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Diagnostik / Hinweise auf Suchtmittelkonsum

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Hinweise auf Suchtmittelkonsum und -missbrauch (1)

Sie als unmittelbare Bezugspersonen von Kindern, Jugendlichen und jungen Er-wachsenen, haben täglich intensiven Kontakt mit ihnen und können am ehesten Abweichungen von sonst gewohntem Verhalten feststellen. Wichtig ist ein konti-nuierliches Vertrauensverhältnis, das sich aber nicht scheut, Veränderungen offen anzusprechen. Auf der einen Seite lassen sich durchaus charakteristische Begleiterscheinungen von Suchtmittelkonsum und -mis sbrauch benennen:

Psychische Symptome:

• nervös, fahrig, gespannt, innerlich unruhig , • Jäher Umschwung von gelassener Ruhe zu reizbarer Reaktion bis hin zu • Erregungszuständen mit aggressiven Durchbrüchen, • schweißnasser Schlaf , nächtliches Aufschrecken, • dumpfes Vor-sich-Hinbrüten , ohne Reaktion auf Ansprache oder

Rededrang mit sprunghaft wechselndem Inhalt bzw. beharrlichem Haftenbleiben am begonnen Thema,

• Angstzustände, grundlose Panikreaktionen , • Bericht über optische, akustische Trugwahrnehmungen und • Realitätsverlust (Derealisation), Verlust der eigenen Mitte

(Depersonalisation).

Hinweise auf Suchtmittelkonsum und -missbrauch (2)

Körperliche Auffälligkeiten:

• charakteristische Hinweise neben Rauschzuständen mit starker Benommenheit, Unsicherheit, torkelnder Gang , lallende Sprache , glasig starrer Blick

• Einstichstellen, • zu enge (Heroin) oder zu weite Pupillen (Ecstasy), • Flimmern vor Augen, • Rötung der Augenbindehaut (Cannabis), • Spritzenabszesse und Furunkel und • Gebiss ungepflegt und schadhaft (Schleifspuren durch

Aufeinanderpressen oder Knirschen der Zähne im Drogenrausch etc.).

Psychosoziale Auffälligkeiten:

• zunehmende Interessenlosigkeit : beruflich und schulisch, • Desinteresse an früheren Hobbies, • Kontaktverlust : Elternhaus, Familienangehörige, Freundeskreis und • unbegründete Änderung früherer Gewohnheiten etc. (vgl. Faust u.a.

1981/ Aßfalg und Rothenbacher 1990).

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Familie im Suchtproblem

Kinder aus suchtbelasteten Familien - Zahlen, Daten und Fakten

In Deutschland leben ca. 4.3 Millionen Menschen, die vonAlkohol abhängig sind oder Alko-hol missbrauchen. In der Bundesrepublik Deutschland sind nach aktuellen Untersuchungen2,65 Millionen Kinder und Jugendliche im Alter bis zu 18 Jahren direkt von derSucht-erkrankung eines Elternteiles oder beider Elternteile betroffen, d.h. in jeder siebten Familieist ein Kind zeitweise, in jeder zwölften dauerhaft von der Alkoholstörung eines oder beiderElternteile betroffen. Hinzu kommen schätzungsweise40.000 bis 60.000 Kinder drogenab-hängiger Eltern (Klein 2008).

Jährlich werden ca.2.200 alkoholgeschädigte Kinder(Alkoholembryopathie) geboren. FürKinder aus suchtbelasteten Familien gibt es im Vergleich zuKindern nicht suchtkrankerEltern ein bis zu sechsfach größeres Risiko, später selbst abhängig zu werden oder Alkoholzu missbrauchen, d.h. rundein Drittel der Kinder aus suchtkranken bzw. über 700.000junge Menschen(Caspers-Merk 2003/ LSSH: Gemeinsam einsam - Suchtrisikenin derKinder- und Familienwelt einer Single-Gesellschaft, 2005). Eine umfassende Studie zurTransmission von Alkoholismus zeigte, dass von knapp 4.000alkoholabhängigen Personen30,8% ein abhängiges Elternteil aufwiesen(Cotton 1979 nach Klein 2003).Man kanndavon ausgehen, dass in 30% dieser Familien Kinder misshandelt werden(Arenz-Greiving2003).

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Familie heute: Lebenswelten und Problembereiche

Widersprüchliche Lebenswelten – Sozialisationsstörungen

Wertepluralismus und Werteinkonsistenz – Desorientierung

Individualisierung versus Pluralisierung von Lebensentwürfen

Kritische Lebensereignisse – Bruchstellen

Entwicklungsstörungen – Regression

Selbstabwertung - Traumatische Kindheitserlebnisse

Überforderung – Unterforderung

Pseudointegration – Entwicklungskonflikte

Funktionales broken-home und strukturelles broken-home

Symbiotische Verklammerung und gleichgültige Beziehungslosigkeit

Erziehungsstile (autoritär, verwöhnend, versagend, inkonsequent)

Übernahme elterlicher Problemverarbeitungsstrategien

Rollenübertragungen , Delegationen, Familienmythen (Dembach: Angehörigenarbeit 1997)

Familie im Suchtproblem - Pathogene Faktoren in Suchtfamilien

Bezogen auf die Situation von Kindern suchtkranker Eltern besteht ein wesentlicher Risikofaktor in der Familienumwelt der Kinder. Die Eltern können oft ihren Pflichten als Erzieher der Kinder nicht mehr in genügendem Maße nachkommen, da der Abhängige auf das Suchtmitt el fixiert ist und die Kinder kaum mehr wahrnimmt.

Die suchtbedingten intrafamilialen Veränderungen zeigen Wirkungen hin-sichtlich

1. einer negativen Familienatmosphäre ,

2. einer deutlich schwächeren oder stärkeren , d.h. extremeren Familien-kohäsion ,

3. sowie in Bezug auf die Frustration kindlicher Bedürfnisbefriedigungennach Sicherheit, Verlässlichkeit und Geborgenheit u nd

4. hinsichtlich der Qualität der Eltern-Kind-Bindungen , d.h. die Grenzen in der Familie ändern sich: schärfere oft rigide Abgrenzung nach außen, zur Um-welt, und diffuse, unklare Grenzen innerhalb der Familie (Klein 2003).

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Weitergehende Auswirkungen elterlicher Suchtstörung en

Für Kinder aus Suchtfamilien gelten besondere Regeln , beispielsweise dassGefühlskontrolle, Rigidität, Schweigen, Verleugnung und Isolation geeigneteProblembewältigungsverhaltensweisen sind.

Diese extremen Belastungssituationen sind dadurch g ekennzeichnet, dass1. sie mehr Streit, konflikthafte Auseinandersetzung en und Disharmonie

zwischen den Eltern erleben als andere Kinder ( Instabilität ),2. sie häufigere Trennungen und Scheidungen erleben, 3. sie extremen Stimmungsschwankungen im Elternverhalten ausgesetzt

sind ( Ambivaenzerfahrungen , d.h. manchmal übermäßig verwöhnt und manchmal übermäßig bestraft werden),

4. sie häufiger in Loyalitätskonflikte zwischen den Elternteilen gebracht werden,

5. Verlässlichkeiten und Klarheiten im familialen Ab lauf weniger gegeben sind sowie Versprechungen, Vorsätze und Ankündigung en eher gebrochen werden ( Unberechenbarkeit ) und

6. sie häufiger Opfer von Misshandlungen, Missbrauch und Vernachlässi-gung werden ( Gewalt, traumatische Kindheitserlebnisse ) (Klein 2003).

Grenzen setzen und Regeln akzeptieren als weitergehende Struktu-rierungs- und Orientie-rungshilfen .

Die Freiheit des Einzelnenendet da, wo die Freiheit der Anderen eingeschränkt wird (Grundgesetz Artikel 2).

Alle Gesellschaftsformen und Sozialsystemebenötigen eine notwendige Balance zwischen dem Ich-Prinzip und dem Sozial-Prinzip .

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Hamburger mit Anja

Schutzfaktoren / Resilienzen

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Schutzfaktoren

Die Freiheit des Einzelnen endet da, wo die Freiheit der Anderen eingeschränkt wird(Grundgesetz Artikel 2).

Eine gelungene Persönlichkeitsentwicklungschützt am ehesten vor Suchtmittelmissbrauchund –abhängigkeit. Zusammenfassend bestätigen die Erfahrungen der Präventionsfachkräfteund aller der in diesem Arbeitsfeld Tätigen sowie Präventions- und Langzeitstudiendie folgenden Aspekte als besten Schutz vor der Ausbildung abhängigerger Verhaltensweisen:

1) Einfühlende und sensible Erziehung. 2) Aufbau einer kindlichen Selbstachtung. 3) Gute Antworten auf schwere Fragen: "Wer bin ich?Was kann ich? Wozu bin ich da?

Was wird aus mir? Wohin gehöre ich?" 4) Offenheit und Interessenvielfalt. 5) Beziehungs- und Bindungsfähigkeit. 6) Eine gelungene Ablösungvom Elternhaus. 7) Ein persönliches mit anderen geteiltes Werte- und Normensystem. 8) Teilnahme an der aktiven Gestaltung/ Veränderung unserer Gesellschaft und

Übernahme von Verantwortung. 9) Einbindung und Engagement für bedeutungstragende Ziele. 10) Schul-bzw. Hochschulabschluss. 11) Die Wahl bzw. Gestaltung einer eigenen Berufsperspektiveund Eintritt in das

Berufsleben (Dembach, Hüllinghorst 1997).

Interne Widerstandskraftstützfaktoren (Resilienzen)

Zu den protektiven Faktoren im Kind zählen

• unter anderem ein angenehmes Temperament ,• die Fähigkeit, sich helfen zu lassen , • altersangemessene Kommunikationsfähigkeit ,• gut entwickelte Lesefähigkeit , • die Fähigkeit, Aufmerksamkeit zu fokussieren , • gute Impulskontrolle , • besondere Interessen und Hobbys,• positives Selbstkonzept ,• internale Kontrollüberzeugung und • hohe Bildungsaspiration (Opp 2003).

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Externe Widerstandskraftstützfaktoren

Zu den unterstützenden Lebenswelten zählen

1. eine umfassende Aufmerksamkeit , die dem Kind vor allem im ersten Lebensjahr zuteil wird,

2. das Vorhandensein zusätzlicher Fürsorgepersonen neben der Mutter,

3. emotionale Unterstützung durch andereFamilienangehörige oder Nachbarn,

4. klare Strukturen und Regeln im Haushalt,5. verfügbare Beratungsangebote (z.B. durch

Lehrer),6. geteilte Werte und 7. ein Sinn für Zusammengehörigkeit (Opp 2003).

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ÖGDPsychosoz. Dienste

ASD/ EZB/ Psychologen

Hebammen Ärzteschaft

Kindergarten

Jugendein-richtungen

Wohl des KindesSuchtkranke

Familie

Schule Betriebe

Öffentlich-keitsarbeit

AusbildungFH/ UNI

PsychosozialeBeratungsstellen

Prävention

Selbsthilfe

Arbeitsansatz Kooperation und Vernetzung

Erste Gespräche, Beratung und Hilfe

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Schulenübergreifende Grundelemente einer integrativ en Beratung und Psychotherapie

• Bewusstseinserweiterung durch Hinterfragen (Amplifizieren)• Unterbrechen von gewohnten Handlungsketten und Gedanken-

mustern• Vereinfachen von Problemkontexten• Konfrontieren mit Vermeidungsverhalten• Selbstaktivieren als Erhöhung der Eigenbeteiligung• Modellieren als beeinflussendes Aktivieren (Vorbilder, Rollenspiele)• Zuordnung und Kennzeichnung der Verhaltensweisen und

Erklärungsmuster des Klienten (Attribuieren)• Konstruktive und reflexive Rückmeldungen• Akzentuierung als Auswählen und Spezifizieren bestimmter Verhal-

tensaspekte und Sichtweisen (Bastine 1993)

Informieren Sie sich über Drogen und Hilfeangebote (vgl. zentrale An-sprechpartner).

Wenn Sie bei einemJugendlichen, der in Ihrer Gruppe ist, über einen längerenZeitraumVerhaltensweisen, Ausdruckformen,Gefühlszuständeund Reaktionenwahrnehmen, die Ihnenaußergewöhnlich erscheinen und so gar nicht zu demErscheinungsbild passen, das Sievorher von dem Jugendlichen erhalten haben,scheuen Sie sich nicht, ihn darauf hinanzusprechen.

Aber Vorsicht vor falschen Trugschlüssen. Drogenkonsum können Sie sowiesonicht nachweisen, das geht nur über Schweiß-, Urin- und Blutproben.Ausschlaggebend sind immer ihre eigenen Beobachtungen. Wenn sich ein erstesGespräch ergeben sollte, beschreiben Sie nachdrücklich nur die Veränderungen,die Ihnen vorher nicht aufgefallen sind. Verdeutlichen Sie aber auch in weiterenGesprächen, dass esDinge gibt, die Sie nicht akzeptieren könnenund wollen. Siehaben eineVerantwortung gegenüber den anderen. Machen Sie deutlich, dass Siesich ernsthaft Sorgen machen.

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Umgangsregeln mit Betroffenen

Einige Umgangsregeln mit Betroffenen aus der Angehörigenarbeit (1)

Wenn Sie alsLehrer oder Elternteile mit Menschen umgehen müssen, die Missbrauchsverhaltenoder abhängige Verhaltensweisen entwickelt haben, sollten einige allgemeine Verhaltensweisenund Regeln berücksichtigt werden, die sich in den letzten 40Jahren in der Angehörigenarbeitsehr bewährt haben:

1) Als oberste Verhaltensregel gilt:Unterlassensie alles, was die Abhängigkeit des Betroffenenverlängern kann.

2) Informieren sie sich über die Drogen, damit ihnen keine Märchen aufgetischt werdenkönnen.

3) Da sich das Verhalten von Eltern und Kindern immer wechselseitig beeinflusst, sollten siedem Kind gegenüber ein gutes Beispiel sein und sich etwas Gutes gönnen. Lassen sie sichdurch die Abhängigkeit nicht in den Teufelskreis hineinziehen. Tun sie etwas für sich.Nehmen sie sich wichtig.

4) Es gilt immer noch: Eltern sind auch nur Menschen und die materiellen und gefühlsmäßigenRessourcen derEltern sind begrenzt. Menschensind sterblich. Sie als Eltern können nichtewig für ihr Kind sorgen.

5) Eltern und Kinder stehen nicht auf der gleichen Stufe.6) In der Familie müssen sie einen Weg finden, der eineinheitliches, konsequentes und bestän-

diges Vorgehengegenüber dem abhängigen Kind ermöglicht. Führen sie Gespräche mit allenBezugspersonen.

7) Ohne es bewusst zu wollen, wählt der Abhängige immer denWeg des geringsten Wider-standes. Sein Interesse gilt der Droge.

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Einige Umgangsregeln mit Betroffenen aus der Angehörigenarbeit (2)

8) Lernen sie, nein zu sagen.Setzen sie Grenzen, auch wenn es weh tut, gerade weil es das eigeneKind ist. Lassen sie sich nicht erpressen. Ihre eigene Realität ist für sie am wichtigsten. Nichtseine Realität.

9) Konfrontieren sie als Lehrer oder Elternteile die Betroffenenmit den Veränderungen, die Siean deren Verhalten wahrnehmen.

10) Unterlassen sie gegenseitigeBeschuldigungen. Akzeptieren sie den Weg des Abhängigen, den erfür sich gewählt hat. Es ist nicht ihr Weg.

11) Lassen sie den Abhängigen dieAnforderungen des alltäglichen Lebenswieder spüren. Er isteine eigenständige Person, die für Tun und Nicht-Tun selbstverantwortlich ist. Für die Folgenseiner Handlungen sind nicht sie verantwortlich, dafür muss er gerade stehen.

12) Unser eigenerStandpunkt beschleunigt die Krise. Machen sie sich deutlich, dass eine Kriseauch eine Chance für etwas Neues darstellen kann. Eine kontrollierte Krise bewirkt einepositive Veränderung.

13) Wenn Sie ihr Kind aus dem Haus weisen, sprechen sie ihr Vorgehen mit der örtlichenDrogenberatung ab. Es gibt Hilfestellungen.

14) Holen sie sich inElternkreisen, in Beratungsstellen oder auch bei Personen Hilfe. Sie gehendiesen Weg für eine begrenzte Zeit.

15) Vergessen sie ihreSchuldgefühle. Sie helfen keinem weiter. Sie bewirken nurSelbstmitleid.Davon hat der Abhängige mehr als genug.

(Dembach, Bernd: „Angehörigenarbeit im Drogenbereich – Zwischen Selbsthilfe und Expertenorientierung“. Wiesbaden: Deutscher Universitätsverlag, 1990

Tabak Froschkönig

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Rechtsfragen und Grundsätzliches

Fürsorge-, Aufsichts- und Erziehungspflicht als Gara ntenstellung

Alle Mitarbeiter von Schulen, Erziehungseinrichtungen und Betrieben habeneine Garantenstellung , aus der sich im Regelfall eine Garantenpflicht ableitenlässt, was die durch sie übernommenen Fürsorge-, Aufsichts- undErziehungspflichten angeht. In diesem Sinne kann nach demBetäubungsmittelgesetz das bewusste „Darüber-Hinweg-Sehen“ alsfahrlässiges Gewährenlassen ausgelegt werden (Pädagogisches Zentrum1998, S. 31/ vgl. auch Dienstordnung für Lehrer an staatlichen Schulen inThüringen § 2).

Wer seine Fürsorge- oder Aufsichtspflicht gegenüber einer Person unter 16Jahren gröblich verletzt und dadurch den Schutzbefohlenen in die Gefahrbringt, in seiner körperlichen oder psychischen Entwicklung erheblichgeschädigt zu werden, einen kriminellen Lebenswandel zu führen oder derProstitution nachzugehen, wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren odermit Geldstrafe bestraft (StGB § 170 d).

Das beinhaltet auch, den Aufenthalt an jugendgefährdenden Orten an denenKindern und Jugendlichen eine unmittelbare Gefahr für ihr körperliches,geistiges oder seelisches Wohl droht, zu unterbinden, zum Verlassen desOrtes anzuhalten, einem Erziehungsberechtigten zuzuführen oder in dieObhut des Jugendamtes zu bringen (JöSchG § 1 und SGB VIII § 42).

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Schweigepflichten und Vertrauensschutz

Vertrauensschutz : Strafrechtlich ist es einem Amtsträger verboten,unbefugt ein ihm anvertrautes Geheimnis zu offenbaren, das ihm indieser Eigenschaft mitgeteilt worden ist (Verletzung von Privat-geheimnissen nach StGB § 203). Das gilt auch für den besonderenVertrauensschutz in der persönlichen und erzieherischen Hilfe (SGB VIII§ 65).

Die Offenbarung bzw. Mitteilung an Dritte ist nur dann möglich, wennder Betroffene bzw. dessen gesetzlicher Vertreter die Einwilligung dafürgegeben hat.

In Problemsituationen wird es immer auf die Einzelfallprüfung ankom-men, ob die Offenbarung bzw. Informationsweitergabe oder dieSchweigepflicht stärker gewichtet werden muss.

Rechtsgüterabwägung : Kriterium und Ausgangspunkt ist immer dasjeweilige Rechtsgut, das gegenüber der einen oder anderenVorgehensweise höher veranschlagt wird und dabei abzuwägen ist.

Rechtfertigender Notstand und Hilfspflicht

Ein rechtfertigender Notstand ist dann gegeben, wenn in einergegenwärtigen nicht anders abwendbaren Gefahr für Leib und Lebenoder ein anderes Rechtsgut eine Tat begangen wird, um die Gefahrvon sich oder einem anderen abzuwenden (StGB § 34).

Analog kann es als unterlassene Hilfeleistung gewertet werden, werbei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr nicht Hilfe leistet (StGB § 323c).

Bei Drogendelikten kann im Einzelfall auch ohne Einwilligung desBetreffenden aus dem Gesichtspunkt des rechtfertigenden Not-standes die Weitergabe von Informationen erfolgen.

Pädagogen und betriebliche Funktionsträger sind aufgrund ihrerGarantenstellung und daraus sich ergebender Garantenpflichten(Erziehungs- und Fürsorgeauftrag) gegenüber den ihnen anvertrautenJugendlichen und Heranwachsenden gehalten, Gelegenheiten zumVerbrauch und Konsum von Betäubungsmitteln zu unterbinden .

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Verkehrsgefährdung/ Entziehung der Fahrerlaubnis

Ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer unter erheblicherWirkung geistiger Getränke oder anderer berauschender Mittel am Verkehrteilgenommen oder sonst gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oderStrafgesetze erheblich verstoßen hat (StVZO § 15 b).

Jeder Fahrer begeht eine Ordnungswidrigkeit , in dessen Blut die aktiveSubstanz von Cannabis, Heroin, Morphin, Kokain, Amphetamin undDesigneramphetamin nachgewiesen wird. Es genügt wenn der Fahrerbeispielsweise gerötete Augenbindehaut und große reaktionsträge Pupillenaufweist, damit die Polizei wegen des Verdachts auf Cannabiskonsum eineBlutprobe anordnet und eine Ordnungswidrigkeit vorliegt (StVG § 24 a).

Wer im Straßenverkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genussesalkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lageist, das Fahrzeug sicher zu führen, und dadurch Leib und Leben einesanderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit einerFreiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (StGB § 315 c).

Ausblick für die Präventionsarbeit

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Eher personenbezogeneMaßnahmeebenen der Suchtprävention beziehen sich auf:

• EindeutigeBotschaften und einheitlicher Grundkonsens,

• Einbeziehung der Bezugspersonen,

• sachgerechtüber Drogen zu informieren,

• Problembewusstseinim Umgang mit Suchtmitteln zu stärken und für die Sucht und Drogenthematik zu sensibilisieren,

• Risikoverhaltenzu mindern und Schutzfaktorenzu fördern,

• die Zugangsschwellezu Hilfeangeboten zu senken,

• einen breiten gesellschaftlichen Konsensfür die Anliegen der Suchtprävention zu entwickeln (Vernetzung und Kooperation) und

• positive Leitfiguren und

• einen Beitrag zur Verhaltens- und Verhältnispräventionzu leisten.

Eher strukturelle bzw. restriktive Maßnahmenebenenbeziehen sich auf :

• Alkoholsteuer(Preiserhöhungen),• Senkung der Promillegrenze,• Altersbegrenzungen: Zugang für Tabak und Alkohol erst ab dem

18. Lebensjahr,• Kontrollmaßnahmen: Durchsetzung der bisherigen Regeln des

JuSchG und anderer Regelungen, • Verstärkte Verkehrskontrollen(Polizei), • Intensive Öffentlichkeitsarbeit(Fernsehen, Rundfunk, Presse), • Verkaufsbeschränkungenin Verkaufsstellen, • Einbeziehung der Gaststättenverbände, • Einbindung der Ärztekammer, Krankenkassen und • Berücksichtigung und Einbeziehung der Alkoholindustrie.

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Ausgewählte Präventionsprojekte in Thüringen

- Hausaufgaben- und Lehrerbegleitheft (Euratibor-Multimedia, Thüringer Koordinierungsstelle Suchtprävention und Amt für Soziales und Gesundheit Erfurt)

- BOB - Öffentlichkeitskampagne zu Alkohol im Straßenverkehr (Kompass gGmbH - Präventionsfachstelle Eisenach)

- Kassenkontrollsysteme zur Alkoholprävention und Jugend-schutz in Handel und Gewerbe (real, REWE, Netto, DI AGEO)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Blumenstraße 70 (Haus 1)99092 ErfurtTel: 0361-65496313 oder 0172-7913553Fax: 0361-65496319Internet :www.prae-venio.de

Bernd Dembach(Dipl. Theol., Dipl. Päd.)

Gefördert durch: Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit

Träger: prae-venio e.V.

Gesundheit, Prävention und Beratung – Verein zur Ent-wicklung und Unterstützung der Gesundheitsförderung.