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TIROLER TAGESZEITUNG Nr. 126-AB Sonntag, 8. Mai 2011 12 „Keine Organisation hat der Welt und den Menschen so geholfen wie das Rote Kreuz“, sagt Udo Jürgens. Mit Christina Stürmer, Paul Young, Julian Rachlin, Bobby McFerrin u. a. hat er den Song „The Greatest Stories are never told“ für das Rote Kreuz aufge- nommen. Der Reinerlös der CD geht an das Rote Kreuz. Erhältlich ist sie bei Media- markt, Libro, Saturn oder im Internet unter www.greateststories.com. Foto: ÖRK Die Kosten für Integration sind eine Investition in die Zukunft. Dass dabei mehr zu gewinnen als zu bezahlen ist, zeigt ein neues Buch von Robert Dempfer. Fritz Eller sprach mit dem Autor. Wozu noch ein Buch über Ausländer? Robert Dempfer: Jeder kennt die gängigsten Vor- urteile gegenüber Zuwan- derern. Aber in dieser Form hat bisher niemand darge- stellt, was tatsächlich hin- ter ihnen steckt: auf empi- rischer Basis, umfassend und verständlich. Das ist doch erstaunlich bei die- sem Thema, oder? Auf das Ganze blicken Sie behaupten, Integra- tion sei besser als ihr Ruf. Robert Dempfer: Auch ich kenne Zuwanderer, deren Integration keine Erfolgsgeschichte ist. Das Buch baut aber nicht auf Einzelfällen auf, sondern auf empirischen Befun- den. Nur so kommt man zu einem Gesamtbild. Und das zeigt: Integration funk- tioniert weit besser als ge- meinhin dargestellt. Also gibt es keine Integ- rationsdefizite? Robert Dempfer: Doch, natürlich! Aber es bringt nichts, auf ihnen herum- zureiten oder auf ihrer Grundlage einen Feind zu konstruieren. Die Fähigkei- ten aller Leute in diesem Land werden gebraucht, wenn wir weiterhin in ei- nem komfortablen Sozi- alstaat leben wollen. Wir müssen die brachliegen- den Potenziale heben. Wir haben kein „Auslän- der-Problem“, sondern ein Bildungsproblem? Robert Dempfer: Ge- nau. Davon kommt aber Integration ist Gemeinsam arbeiten und helfen, ein Team bilden – im Roten Nachgefragt 23 Betreuer für insgesamt 23.000 Hilfesuchende Die Insel Lampedu- sa ist gerade einmal 20 km² groß. Seit Wo- chen bringen schrottrei- fe Boote Tausende aus Afrika hierher: Men- schen, die nichts ha- ben, außer dem, was sie am Leib tragen. Die Flüchtlingslager auf der Insel sind überfüllt. Seit Anfang April leben fast drei Mal so viele Menschen in den La- gern wie vorgesehen. Jene, die dort nicht un- terkommen, leben und schlafen unter freiem Himmel, ohne Schutz und Verpflegung. Das Italienische Ro- te Kreuz hat die medi- zinische Betreuung der Flüchtlinge übernom- men. Im Hafen steht die Hilfsstation zur Ver- sorgung der Migranten. Ein Team von sechs Ärzten, sechs Kranken- schwestern und zwei Dolmetschern arbeitet rund um die Uhr. Für das gesamte Gesund- heits- und Logistikser- vice gibt es 23 Mitar- beiter – 23 Personen für bisher 23.000 Hilfe- suchende. „Das ist hier wirklich ein schwieriger Einsatz“, erzählt eine freiwillige Mitarbeiterin des Roten Kreuzes. „Gestern mussten wir für über 600 Personen erste Hilfe leisten. So geht das Tag für Tag und der Gesundheits- zustand der Menschen verschlechtert sich lau- fend. Wir versorgen sie medizinisch, aber wir können nicht sicher- stellen, dass sie aus- reichend zu essen und einen Platz zum Schla- fen bekommen. Sie werden wiederkommen und in noch schlechte- rem Zustand sein.“ FLÜCHTLINGSCHAOS AUF LAMPEDUSA [email protected] Sonntag, 8. Mai 2011 TIROLER TAGESZEITUNG Nr. 126-AB 13 alles andere: ob man Ar- beit hat, kriminell wird, in der Lage ist, zum Sozial- system beizutragen und nicht nur daraus zu ent- nehmen. Die Probleme, die Sie in Ihrem Buch anspre- chen, findet man vor allem unter türkischstämmigen Migranten. Robert Dempfer: Un- ter einigen türkischstäm- migen Migranten. Wir ten- dieren zur Verallgemeine- rung. Andererseits haben wir die Probleme jahrelang schöngeredet. So werden wir aber nicht weiter kom- men. Muslime sind öfter ar- beitslos? Robert Dempfer: Vor al- lem, weil so wenige mus- limische Frauen arbeiten. Ein Familienbild, in dem die Frau an den Herd ge- hört, haben wir schon lan- ge abgelegt. Ausländer sind kriminel- ler, heißt es oft. Robert Dempfer: Integ- rierte Ausländer sind so- gar etwas angepasster, die meisten Zuwanderer leben ein ganz normales Durchschnittsleben. Im Übrigen sind das alles Probleme, gegen die wir etwas unternehmen kön- nen und müssen. Ihr Argument: Um den Sozialstaat zu erhalten. Robert Dempfer: Ja. Wegen sinkender Gebur- tenraten gibt es immer weniger Erwerbstätige. Deshalb brauchen wir wei- terhin Zuwanderung. Vor allem aber: Alle, die schon hier sind, müssen besser ausgebildet sein. Höhe- re Produktivität kann eine niedrigere Anzahl Erwerbs- tätiger ausgleichen. Zukunfts-Investition Solange es genug pro- duktive Menschen gibt, können wir uns den Sozial- staat leisten? Robert Dempfer: Ge- nau. Die beiden größten Risiken für Österreich sind die mangelnde Integration mancher Zuwanderer und dass zu wenig für Bildung, Forschung und Entwick- lung getan wird. Deshalb sind die Kosten für Integ- ration eine Investition in die Zukunft. Fürchten Sie, dass Ihr Buch politisch vereinnahmt werden könnte? Robert Dempfer: Das weiß ich nicht. Sein The- ma gehört jedenfalls in die Mitte der Gesellschaft und nicht an einen ihrer Ränder. besser als ihr Ruf Kreuz steht der Mensch im Vordergrund und nicht seine Herkunft. Fotos: Irene Baumgartner/RK-Tirol Experte für humanitäre Diplomatie Robert Dempfer liest aus sei- nem Buch am Montag, 16. Mai, um 19 Uhr in der Wagner- schen/Thalia-Buchhandlung in Innsbruck. Foto: Nadja Meister/ÖRK Bücher zu gewinnen Robert Dempfer, ge- boren 1967, studierte in Wien und war Journa- list und Chefre- dak- teur meh- rerer Zeit- schriften, bevor er zum Roten Kreuz kam. Er ar- beitete auch jahrelang für das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK). Heute leitet er die Abteilung für Gesellschaftspolitik und humanitäre Diplo- matie beim Österrei- chischen Roten Kreuz in Wien. Gewinnen Sie eines von drei signierten Ex- emplaren von Robert Dempfers neuem Buch „Wozu Ausländer? Ei- ne Chance für unsere Gesellschaft“ (Ueber- reuter-Verlag). Die Fra- ge: Aus welchem Land kommt bereits seit Jah- ren der Großteil der Zu- wanderung nach Öster- reich? Senden Sie die Antwort bis 20. Mai per Mail an gewinnen@t. roteskreuz.at oder auf einer Postkarte an das Rote Kreuz Tirol, Ge- winnspiel, Steinbockal- lee 13, 6063 Rum. Bitte Ihre Anschrift nicht vergessen! (Der Rechtsweg ist ausge- schlossen!) ZUR PERSON GEWINNSPIEL Bücher zu g ewinnen / ÖRK Gewinnen Sie eines reich? Senden Sie die von drei signierten Ex - x x Antwort bis 20. Mai per emplaren von Robert Mail an gewinnen@t. Dempfers neuem Buch roteskreuz.at oder auf Wozu Ausländer? Ei - einer Postkarte an das ne Chance für unsere Rote Kreuz Tirol, Ge - Gesellschaft“ (Ueber - r r winnspiel, Steinbockal - reuter-Verlag). Die Fra - lee 13, 6063 Rum. ge: Aus welchem Land Bitte Ihre Anschrift kommt bereits seit Jah - nicht vergessen! (Der ren der Großteil der Zu - Rechtsweg ist ausge - wanderung nach Öster - r r schlossen!)

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Zeichen 13 vom 08.Mai 2011, Zeitschrift für das Rote Kreuz Tirol, Rettungsdienst, Freiwilligenarbeit, Weltweit, Aus- und Fortbildung, Zivildienst, Rotkreuz-Angebote, Blutspende, Gewinnspiel

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TIROLER TAGESZEITUNG Nr. 126-AB Sonntag, 8. Mai 201112

„Keine Organisation hat der Welt und den Menschen so geholfen wie das Rote Kreuz“, sagt Udo Jürgens. Mit Christina Stürmer, Paul Young, Julian Rachlin, Bobby McFerrin u. a. hat er den Song „The Greatest Stories are never told“ für das Rote Kreuz aufge-nommen. Der Reinerlös der CD geht an das Rote Kreuz. Erhältlich ist sie bei Media-markt, Libro, Saturn oder im Internet unter www.greateststories.com. Foto: ÖRK

Die Kosten für Integration sind eine Investition in die Zukunft.

Dass dabei mehr zu gewinnen als zu bezahlen ist, zeigt ein neues Buch von Robert Dempfer. Fritz Eller sprach mit dem Autor.

Wozu noch ein Buch über Ausländer?

Robert Dempfer: Jeder kennt die gängigsten Vor-urteile gegenüber Zuwan-derern. Aber in dieser Form hat bisher niemand darge-stellt, was tatsächlich hin-ter ihnen steckt: auf empi-rischer Basis, umfassend und verständlich. Das ist doch erstaunlich bei die-sem Thema, oder?

Auf das Ganze blickenSie behaupten, Integra-

tion sei besser als ihr Ruf.Robert Dempfer: Auch

ich kenne Zuwanderer, deren Integration keine Erfolgsgeschichte ist. Das Buch baut aber nicht auf Einzelfällen auf, sondern auf empirischen Befun-den. Nur so kommt man zu einem Gesamtbild. Und das zeigt: Integration funk-tioniert weit besser als ge-meinhin dargestellt.

Also gibt es keine Integ-rationsdefizite?

Robert Dempfer: Doch, natürlich! Aber es bringt nichts, auf ihnen herum-zureiten oder auf ihrer Grundlage einen Feind zu konstruieren. Die Fähigkei-ten aller Leute in diesem Land werden gebraucht,

wenn wir weiterhin in ei-nem komfortablen Sozi-alstaat leben wollen. Wir müssen die brachliegen-den Potenziale heben.

Wir haben kein „Auslän-der-Problem“, sondern ein Bildungsproblem?

Robert Dempfer: Ge-nau. Davon kommt aber

Integration ist

Gemeinsam arbeiten und helfen, ein Team bilden – im Roten

Nachgefragt

23 Betreuer für insgesamt 23.000 HilfesuchendeDie Insel Lampedu-

sa ist gerade einmal 20 km² groß. Seit Wo-chen bringen schrottrei-fe Boote Tausende aus Afrika hierher: Men-schen, die nichts ha-ben, außer dem, was sie am Leib tragen. Die Flüchtlingslager auf der Insel sind überfüllt. Seit Anfang April leben

fast drei Mal so viele Menschen in den La-gern wie vorgesehen. Jene, die dort nicht un-terkommen, leben und schlafen unter freiem Himmel, ohne Schutz und Verpflegung.

Das Italienische Ro-te Kreuz hat die medi-zinische Betreuung der Flüchtlinge übernom-

men. Im Hafen steht die Hilfsstation zur Ver-sorgung der Migranten. Ein Team von sechs Ärzten, sechs Kranken-schwestern und zwei Dolmetschern arbeitet rund um die Uhr. Für das gesamte Gesund-heits- und Logistikser-vice gibt es 23 Mitar-beiter – 23 Personen

für bisher 23.000 Hilfe-suchende. „Das ist hier wirklich ein schwieriger Einsatz“, erzählt eine freiwillige Mitarbeiterin des Roten Kreuzes. „Gestern mussten wir für über 600 Personen erste Hilfe leisten. So geht das Tag für Tag und der Gesundheits-zustand der Menschen

verschlechtert sich lau-fend. Wir versorgen sie medizinisch, aber wir können nicht sicher-stellen, dass sie aus-reichend zu essen und einen Platz zum Schla-fen bekommen. Sie werden wiederkommen und in noch schlechte-rem Zustand sein.“

FLÜCHTLINGSCHAOS AUF LAMPEDUSA

[email protected]

Sonntag, 8. Mai 2011 TIROLER TAGESZEITUNG Nr. 126-AB 13

alles andere: ob man Ar-beit hat, kriminell wird, in der Lage ist, zum Sozial-system beizutragen und nicht nur daraus zu ent-nehmen.

Die Probleme, die Sie in Ihrem Buch anspre-chen, findet man vor allem unter türkischstämmigen

Migranten.Robert Dempfer: Un-

ter einigen türkischstäm-migen Migranten. Wir ten-dieren zur Verallgemeine-rung. Andererseits haben wir die Probleme jahrelang schöngeredet. So werden wir aber nicht weiter kom-men.

Muslime sind öfter ar-beitslos?

Robert Dempfer: Vor al-lem, weil so wenige mus-limische Frauen arbeiten. Ein Familienbild, in dem die Frau an den Herd ge-hört, haben wir schon lan-ge abgelegt.

Ausländer sind kriminel-

ler, heißt es oft.Robert Dempfer: Integ-

rierte Ausländer sind so-gar etwas angepasster, die meisten Zuwanderer leben ein ganz normales Durchschnittsleben. Im Übrigen sind das alles Probleme, gegen die wir etwas unternehmen kön-

nen und müssen. Ihr Argument: Um den

Sozialstaat zu erhalten.Robert Dempfer: Ja.

Wegen sinkender Gebur-tenraten gibt es immer weniger Erwerbstätige. Deshalb brauchen wir wei-terhin Zuwanderung. Vor allem aber: Alle, die schon hier sind, müssen besser ausgebildet sein. Höhe-re Produktivität kann eine niedrigere Anzahl Erwerbs-tätiger ausgleichen.

Zukunfts-InvestitionSolange es genug pro-

duktive Menschen gibt, können wir uns den Sozial-staat leisten?

Robert Dempfer: Ge-nau. Die beiden größten Risiken für Österreich sind die mangelnde Integration mancher Zuwanderer und dass zu wenig für Bildung, Forschung und Entwick-lung getan wird. Deshalb sind die Kosten für Integ- ration eine Investition in die Zukunft.

Fürchten Sie, dass Ihr Buch politisch vereinnahmt werden könnte?

Robert Dempfer: Das weiß ich nicht. Sein The-ma gehört jedenfalls in die Mitte der Gesellschaft und nicht an einen ihrer Ränder.

besser als ihr Ruf

Kreuz steht der Mensch im Vordergrund und nicht seine Herkunft. Fotos: Irene Baumgartner/RK-Tirol

Experte für humanitäre Diplomatie

Robert Dempfer liest aus sei-nem Buch am Montag, 16. Mai, um 19 Uhr in der Wagner-schen/Thalia-Buchhandlung in Innsbruck. Foto: Nadja Meister/ÖRK

Bücher zu gewinnenRobert Dempfer, ge-

boren 1967, studierte in Wien und war Journa-list und Chefre-

d a k -t e u r meh-rerer Zeit-

schriften, bevor er zum Roten Kreuz kam. Er ar-beitete auch jahrelang für das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK). Heute leitet er die Abteilung für Gesellschaftspolitik und humanitäre Diplo-matie beim Österrei-chischen Roten Kreuz in Wien.

Gewinnen Sie eines von drei signierten Ex-emplaren von Robert Dempfers neuem Buch „Wozu Ausländer? Ei-ne Chance für unsere Gesellschaft“ (Ueber-reuter-Verlag). Die Fra-ge: Aus welchem Land kommt bereits seit Jah-ren der Großteil der Zu-wanderung nach Öster-

reich? Senden Sie die Antwort bis 20. Mai per Mail an [email protected] oder auf einer Postkarte an das Rote Kreuz Tirol, Ge-winnspiel, Steinbockal-lee 13, 6063 Rum. Bitte Ihre Anschrift nicht vergessen! (Der Rechtsweg ist ausge-schlossen!)

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