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Gesundheitspolitik, Gesundheitsreform und soziale Ungleichheit Memorandum-Sommerschule, Buntes Haus, Sennestadt 05.09.2007 Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt Institut für Medizinische Soziologie Prof. Dr. Dr. Thomas Gerlinger/Dipl. Pol. Kai Mosebach/Dr. Rolf Schmucker

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Gesundheitspolitik, Gesundheitsreform und soziale Ungleichheit

Memorandum-Sommerschule, Buntes Haus, Sennestadt

05.09.2007

Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt

Institut für Medizinische Soziologie

Prof. Dr. Dr. Thomas Gerlinger/Dipl. Pol. Kai Mosebach/Dr. Rolf Schmucker

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Inhalt

1. Probleme der gesetzlichen Krankenversicherung

2. Wesentliche Inhalte der Gesundheitsreform

3. Fazit

4. Alternativen

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Stationen auf dem Weg zur Gesundheitsreform 2007

• Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD (11.11.2005)• Eckpunkte für die Gesundheitsreform 2006 (4.7.2006)• Erklärung der Vorsitzenden von CDU, CSU und SPD zur

Gesundheitsreform 2006 (5.10.2006)• Verabschiedung des Gesetzentwurfs durch die Bundesregierung

(24.10.2006)• Anhörungen im Deutschen Bundestag (November/Dezember

2006)• Verständigung der Koalition auf den endgültigen Gesetzesinhalt

(12.1.2007)• Beschlussfassung im Bundestag und Bundesrat im Februar/März

2007• Inkrafttreten des Gesetzes zum 1.4.2007

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1.

Strukturprobleme der Gesetzlichen Krankenversicherung

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Problem 1:Schwächung der Finanzierungsgrundlagen

• Finanzierung der GKV aus bruttolohnbezogenen Beiträgen (Arbeitnehmer + Arbeitgeber)

• Rückgang des Anteils der Löhne und Gehälter am Volkseinkommen (Lohnquote)

• Gründe:• Arbeitslosigkeit• unterproportionaler Anstieg von Löhnen und Gehältern

(soziale Umverteilung)

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Bereinigte Lohnquote (1975-2005)

60,0

62,0

64,0

66,0

68,0

70,0

72,0

74,0

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Problem 1:Schwächung der Finanzierungsgrundlagen

• Folge: Anstieg der Beitragssätze zur GKV 1975: 10,5 % 2005: 14,6 %

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Durchschnittlicher Beitragssatz der GKV (1975-2005)

10

10,5

11

11,5

12

12,5

13

13,5

14

14,5

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Problem 2:Gerechtigkeitsdefizite

a) Trennung in GKV und PKV

b) Zuzahlungen und Leistungsausgliederungen

c) Beseitigung der paritätischen Finanzierung

d) Beschränkung der Beitragsbemessung

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a) Trennung in GKV und PKV

• Wechselmöglichkeit in die PKV für:• besser verdienende Arbeitnehmer (ab:

Bruttoeinkommen von monatlich 3.975 Euro)• Selbständige• Beamte

• Tendenz: Abwanderung in die PKV• Anteil der Privatversicherten: rund 10 % (8,4

Mio. Personen)• Wanderungsverlust für die GKV seit 1975:

rund 5 Mio. Personen)

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Warum ist diese Trennung ungerecht?

• PKV-Mitglieder entziehen sich dem Solidarausgleich• PKV-Mitglieder sind zumeist Besserverdienende• PKV-Mitglieder haben ein geringeres Krankheitsrisiko

• Trennung GKV/PKV + verstärkte Abwanderung in die PKV bedeuten:

• Der GKV gehen Mitglieder verloren, die durchschnittlich

• hohe Beiträge zahlen und • geringe Kosten hervorrufen würden

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b) Zuzahlungen und Leistungsausgliederungen

• Kontinuierlicher Anstieg der Zuzahlungen seit den 1980er Jahren• Praxisgebühr, Arzneimittel, Krankenhausaufenthalt, zahn-

ärztliche Behandlung, Zahnersatz, Heilmittel, Hilfsmittel etc.

• Gesamtumfang der Zuzahlungen zu GKV-Leistungen 2002: 9,9 Mrd. Euro (Gesamtausgaben GKV: rund 140 Mrd. Euro)

• Verschlechterung von Härtefall- und Überforderungsregelungen

• außerdem: Leistungsausgliederungen (z.B. nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel)

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c) Beseitigung der paritätischen Finanzierung

• Zuzahlungen (s.o.)• seit 1.7.2005: Sonderbeitrag der Versicherten in Höhe

von 0,9 Prozentpunkten (für Zahnersatz und Krankengeld)

• reale Verteilungslast: in Richtung auf 60:40

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d) Beschränkung der Beitragsbemessung

• ausschließliche Berücksichtigung von Löhnen und Gehältern

• Nicht-Berücksichtigung sonstiger Einkunftsarten• Existenz einer Beitragsbemessungsgrenze (3.562,50

Euro)• Bei einem Beitragssatz von 14,6 % zahlt

ein Pflichtversicherter bis zur Beitragsbemessungsgrenze: eben diese 14,6 %

ein freiwillig Versicherter mit einem Bruttoeinkommen von 6.000 Euro real nur 8,3 %

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Problem 3:Mangelnde Effizienz des Gesundheitssystems

• hohe Kosten (im internationalen Vergleich)• Gesundheitsausgaben als Anteil am

Bruttoinlandsprodukt: 10,9 % (Platz 3 in der Welt)• Gesundheitsausgaben pro Kopf der Bevölkerung:

3.005 $ (Platz 5 in der Welt)• bei vielen Volkskrankheiten nur durchschnittliche

Versorgungsqualität und viele Mängel, z.B.:• hohe Zahl an Erblindungen/Amputationen bei Diabetikern• Brustbrebs: wahrscheinlich nur etwa jede zweite Patientin

erhält eine leitliniengerechte Therapie • Geringere Überlebensraten bei verschiedenen Krebsformen

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2.

Wesentliche Inhalte der Gesundheitsreform 2007

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Ausgangspunkt: Alternative Finanzierungskonzepte

• Kopfpauschale• Bürgerversicherung

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Kopfpauschale

• Abschaffung des Arbeitgeberbeitrags• Abschaffung einkommensbezogener Beiträge• Abschaffung der paritätischen Finanzierung• pauschaler Versicherungsbeitrag für alle Versicherten

(etwa 200 Euro)• steuerliche Subventionen für sozial Schwache

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Bürgerversicherung

• Pflichtversicherung für alle Bürgerinnen und Bürger• Erweiterung der Beitragsbemessungskriterien auf

weitere Einkunftsarten• Kapitaleinkünfte• Zinseinkünfte• evtl. auch Mieteinnahmen

• Unterschiedliche Konzepte von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und PDS/Linkspartei

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„Quadratur des Kreises“: Gesundheitsfonds

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Der Gesundheitsfonds (1/4)

• Versicherten- und Arbeitgeberbeiträge• 0,90 %-Punkte Versicherte (Zahnersatz,

Krankengeld)• Rest: paritätische Finanzierung durch Versicherte

und Arbeitgeber• bei derzeitigem durchschnittlichen Beitragssatz:

- 6,65 %-Punkte Versicherte- 6,65 %-Punkte Arbeitgeber

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Der Gesundheitsfonds (2/4)

• Steuerzuschuss für gesamtgesellschaftliche Aufgaben:• 2007: 2,5 Mrd. Euro• 2008: + weitere 2,5 Mrd. Euro• 2009-2014: jährlich + 1,5 Mrd. Euro

• Gesamtsumme 2014: 14 Mrd. Euro (= rund 10 % der heutigen GKV-Ausgaben)

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Der Gesundheitsfonds (3/4)

Krankenkassen erhalten• Kopfpauschale je Versicherten• risikoadjustierten Zuschlag

• Alter• Geschlecht• Krankheitsmerkmale (50 bis 80 Krankheiten, deren

Kosten je GKV-Versicherten um mindestens 50 % höher sind als die durchschnittlichen pro-Kopf-Leistungsausgaben für alle Versicherten)

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Der Gesundheitsfonds (4/4)

• Festsetzung eines einheitlichen Beitragssatzes durch das Bundesministerium für Gesundheit

• nicht mehr durch die einzelne Krankenkasse• Gesundheitsfonds soll zum Zeitpunkt des

Inkrafttretens (1.1.2009) 100 % der GKV-Ausgaben decken

• bis dahin: komplette Entschuldung der Krankenkassen

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Der Zusatzbeitrag

• Krankenkassen können einen Zusatzbeitrag erheben• Gesamtumfang: bis zu 5 % der GKV-Gesamtausgaben• individuelle Begrenzung auf 1 % des beitragspflichtigen

Bruttoeinkommens (2006: 35,63 Euro)• bis zu 8 Euro ohne Einkommensprüfung• Erhebungsmodus: prozentual oder pauschal• bei Sozialhilfeempfängern Übernahme des Zusatzbeitrags

durch das Sozialamt• Erhöhung des Beitragssatzes erst, wenn die Summe der

Zusatzbeiträge 5 % der GKV-Gesamtausgaben erreicht hat

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Versicherungspflicht

• Einführung einer generellen Versicherungspflicht für alle Bürgerinnen und Bürger

• für derzeit Nicht-Versicherte: Rückkehrrecht in das System, in dem man zuletzt versichert war (bei PKV: Rückkehrrecht in den Basistarif)

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Leistungsansprüche der Versicherten

• Umwandlung bestimmter Satzungsleistungen in Pflichtleistungen• ambulante und stationäre Rehabilitations-maßnahmen für

ältere und pflegebedürftige Menschen• empfohlene Impfungen• Mutter-Kind-Kuren und Vater-Kind-Kuren

• Verbesserung der palliativmedizinischen Versorgung

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Zuzahlungen

• Reduzierung der Zuzahlung auf 1 % der beitragspflichtigen Einnahmen für chronisch Kranke entfällt, wenn• der Patient angebotene Vorsorgeuntersuchungen für eine

Erkrankung nicht wahrnimmt und später an dieser erkrankt (durch Intervention des G-BA abgeschwächt: nun „nur“ Pflicht zu einem Beratungsgespräch hinsichtlich der Vorsorge

• der Patient sich nicht therapiegerecht verhält

• in diesem Fall müssen chronisch Kranke (wie andere Versicherte auch) Zuzahlungen in Höhe von bis zu 2 % der beitragspflichtigen Einnahmen leisten

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Weitere Bestimmungen zur GKV

• Pflicht der Kassen zur Einführung von Wahltarifen für besondere Versorgungsformen (z.B. hausärztliche Versorgung)

• Möglichkeit für die Kassen zur Einführung von Wahltarifen bei• Übernahme der Kosten bis zu einer bestimmten

Grenze (Selbstbehalttarife)• Nichtinanspruchnahme von Leistungen

(Rückerstattungstarife)

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Bestimmungen zur PKV (1/4)

• Einführung eines Basistarifs in der PKV (2009)• Leistungsumfang wie in der GKV

• keine Risikoprüfung• Kontrahierungszwang• Kriterien der Prämienberechnung

- Merkmale „Alter“ und „Geschlecht“- nicht: individuelles Krankheitsrisiko

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Bestimmungen zur PKV (2/4)

• Begrenzung der Prämienhöhe im Basistarif auf die maximale Höhe des Beitrags in der GKV (2006: rund 500 Euro)

• bei finanzieller Überforderung: Senkung der Prämie auf bis zu 50 % der ursprünglichen Prämienhöhe (Finanzierung durch PKV)

• bei weiterhin gegebener finanzieller Überforderung: Zuschuss des Sozialhilfeträgers (bis zu weiteren 25 %)

• ärztliche Vergütung im Basistarif:• max. 1,8facher Satz gemäß Gebührenordnung Ärzte (GOÄ)

• max. 2,0facher Satz gemäß Gebührenordnung Zahnärzte (GOZ)

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Bestimmungen zur PKV (3/4)

• Zugangsrecht zum Basistarif haben• alle freiwillig in der GKV-Versicherten• alle neu in die PKV eintretenden Versicherten• alle bisher in der PKV Versicherten (nur im ersten

Halbjahr 2009)• generell (d.h. auch nach dem 30.6.2009)

diejenigen bisherigen PKV-Versicherten, die• älter als 55 Jahre sind• bedürftig sind (Empfänger von Hartz IV und Sozialhilfe)

• der Beitragsrabatt für Eheleute entfällt

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Bestimmungen zur PKV (4/4)

• Portabilität der Altersrückstellungen beim Wechsel innerhalb der PKV (ab 2009)

• Grundlage der Portabilität: Leistungen im Basistarif• 5-jährige Übergangsfrist

• bei Wechslern unter 40 Jahre: Abschlag von 10 %• bei Wechslern über 40 Jahre: Mitnahme nur derjenigen

Rückstellungen, die ab dem Alter von 40 angefallen sind

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Zwischenfazit: GKV und PKV (1/2)

• Fortbestehen der Versicherungspflichtgrenze für Arbeitnehmer

• Fortbestehen der Sonderrechte für Selbständige und Beamte

• Rückkehrkehrrecht für Nicht-Versicherte in das System, in dem diese zuletzt versichert waren (bei PKV: Rückkehrrecht in den Basistarif)

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Zwischenfazit: GKV und PKV (2/2)

• Wechselmöglichkeit von der GKV zur PKV nur, wenn der Versicherte die Jahresarbeitsentgeltgrenze an drei aufeinander folgenden Jahren überschritten hat

• bisher: Wechsel möglich wenn,• Jahresarbeitsentgeltgrenze im abgelaufenen überschritten

wurde und• im folgenden Jahr ebenfalls überschritten wird

• kein Risikostrukturausgleich zwischen PKV zur GKV• keine Portabilität von Altersrückstellungen beim

Wechsel von der PKV in die GKV

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Reform der vertragsärztlichen Vergütung

• Pauschalvergütung nach Morbiditätskriterien• Umstellung der Gebührenordnung auf feste

Euro-Beträge• Mengensteuerung• Abstaffelung der Vergütung ab einer bestimmten

Leistungsmenge

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Arzneimittelversorgung

• Apotheker sind verpflichtet, ein qualitativ gleichwertiges und wirkstoffgleiches, aber rabattiertes Medikament abzugeben, wenn der Arzt auf dem Rezept nicht ausdrücklich ein ganz bestimmtes Präparat verordnet hat

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Modernisierung der Versorgungsstrukturen

• Weiterförderung der Integrierten (sektorenübergreifenden) Versorgung

• Verpflichtung für jede Krankenkasse, flächendeckend Hausarzttarife für ihre Versicherten anzubieten

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Regelungsstruktur (1/3)

• Schaffung eines Spitzenverbandes Bund (der Krankenkassen)• Beschränkung seiner Kompetenz auf „wettbewerbsneutrale“

Felder

• Möglichkeit zur Abweichung von kollektivvertraglichen Vereinbarungen auch in der Regelversorgung

• Möglichkeit von Einzelverträgen zwischen Krankenkassen und niedergelassenen Ärzten

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Regelungsstruktur (2/3)

• Professionalisierung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA)• Unparteiische Mitglieder werden hauptamtliche Angestellte des

(G-BA)

• Vertreter der Verbände bleiben de iure Verbandsfunktionäre, es wird aber erwartet, dass sie für die G-BA-Tätigkeit freigestellt werden

• Straffung der Organisation des G-BA• nur noch 1 Entscheidungsgremium

• Verringerung der Zahl der Mitglieder (3 unabhängige Mitglieder und je 5 Mitglieder von Kassen und Leistungserbringern)

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Regelungsstruktur (3/3)

• Straffung von Entscheidungsabläufen im G-BA• z.B. automatische Aufnahme von Leistungen in den GKV-

Katalog bei Überscheitung bestimmter Fristen

• künftig i.d.R. öffentliche Sitzungen des G-BA

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3.

Fazit

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Finanzierungsproblematik

• keine Schaffung einer nachhaltigen Finanzierungs-grundlage für die Gesetzliche Krankenversicherung

• keine Beseitigung der Gerechtigkeitsdefizite (s.o.)• weitere Verlagerung von Kosten auf die Versicherten• unzureichende Maßnahmen zur Effizienzsteigerung

des Systems

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Strukturreformen

• nur wenige Verbesserungen:• Bewertung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses bei

Arzneimitteln• obligatorisches Angebot von besonderen

Versorgungsformen durch Krankenkassen (z.B. hausarztzentrierte Versorgung)

• Erleichterung des Abschlusses von Einzelverträgen zwischen Krankenkassen und Ärzten

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Rücknahme/Verwässerung anfänglicher Reformvorhaben

• Umwandlung der Arzneimittelpreise von Festpreisen in Höchstpreise (Preisverhandlungen!) – gestrichen

• Mitnahme der Altersrückstellungen beim Wechsel von der PKV in die GKV – gestrichen

• Angleichung der Vergütung von Ärzten bei privat und gesetzlich Krankenversicherten – gestrichen

• Arzneimittelrabatt der Apotheken für Krankenkassen – von 500 auf rund 180 Millionen Euro gekürzt

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4.

Alternativen

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a) Bürgerversicherung

• Pflichtversicherung für alle Bürgerinnen und Bürger• Erweiterung der Beitragsbemessungskriterien auf

weitere Einkunftsarten• Kapitaleinkünfte• Zinseinkünfte

• Anhebung der Versicherungspflichtgrenze und der Beitragsbemessungsgrenze auf das Niveau der Rentenversicherung

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b) Strukturreformen im Versorgungssystem

• Stärkung der integrierten Versorgung (bessere Koordination und Kooperation)

• Generelle Einführung ambulanter Behandlungsmöglichkeiten am Krankenhaus

• Einführung einer Positivliste• staatliche Einflussnahme auf die Preise von

Originalpräparaten (bei Arzneimitteln)• Anstieg der GKV-Ausgaben für Arzneimittel im Jahr 2005

(gegenüber dem Vorjahr): 16,3 %

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