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Gefahrenhinweiskarte Gefahrenhinweiskarte vonvon
Mecklenburg-VorpommernMecklenburg-Vorpommern
1:10 000
Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie
- Massenbewegungen auf Jasmund / Rügen -
GHK 10 Jasmund Güstrow 2011
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Teilkarte AJasmund Bereich Fahrnitzer Ufer bis Lohme mit
Kreide-Komplexen IXb - XXV undPleistozän-Streifen 10 - 26
2011
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Teilkarte A
Teilkarte B
Teilkarte BJasmund Bereich nördlich Sassnitz bis Fahrnitzer Ufer mit
Kreide-Komplexen I - XI undPleistozän-Streifen 0 - 11
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Lenzer Bach
Wissower Bach
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Leescher Bach
Tipper Bach
Steinbach
Teilkarte BJasmund Bereich nördlich Sassnitz bis Fahrnitzer Ufer mit
Kreide-Komplexen I - XI undPleistozän-Streifen 0 - 10
Brisnitzer Bach
Fahr
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Kieler
Bach
Kollicker Ort
Kol
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Kollicker Bach
Hankenufer
Hankenufer
Stubbenhörn
Große Stubbenkammer
Kleine Stubbenkammer
Äser Ort
Mönchsteig
Vervielfältigungen sind nur mit Erlaubnis des Herausgebers zulässig. Als Vervielfältigung gelten z.B. Nachdruck, Fotokopie, Mikroverfilmung, Digitalisierung, scannen sowie die Speicherung auf Datenträgern.
Landesamt für Umwelt, Naturschutz und GeologieMecklenburg-VorpommernGoldberger Str. 12, 18273 Güstrow
Herausgeber:
Druck: Landesdruckerei Mecklenburg-Vorpommern
Titelfoto: Rutschung zwischen Lenzer Bach im Bereich des Kreide-Komplexes III und Pleistozän-Streifen 4,Frühjahr 2011, Foto: K. Schütze 2011.
Rutschungsempfindlichkeits-abschätzung:
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR),Arbeitsbereich Ingenieurgeologische Gefährdungsanalysenim Fachbereich Gefährdungsanalysen, Fernerkundung
Geologische Kartengrundlage: Geologische Karte von Mecklenburg-Vorpommern 1:25 000,Blatt 1447 Sassnitz, ©Landesamt für Umwelt, Naturschutz undGeologie Mecklenburg-Vorpommern (LUNG)
Topographische Kartengrundlage:Topographische Karte 1:10 000, Ausgabe für staatliche Aufgaben,© Landesamt für innere Verwaltung Mecklenburg-Vorpommern(LAiV),2003
Kartierung der Massen-bewegungen:
Lange, C. (2007); Thiel, C. (2007); Wahle, M. (2008) undRutschungskataster von Mecklenburg-Vorpommern (LUNG)
Koordinatensystem: DHDN_3_Degree_Gauss_Zone_4
Projektion: Gauss-Krüger
Redaktion: K. Schütze, K. Obst (LUNG M-V);AG Projekt "Georisiko Steilküste Rügen"
Legende
Rutschungsempfindlichkeit
Pleistozän: niedrig
Pleistozän: erhöht
Pleistozän: hoch
Pleistozän: sehr hoch Kreideabbrüche
[ Jahr
Gewässer
Bäche
Abbruchsneigung
Kreide: niedrig
Kreide: erhöht
Kreide: hoch
Kreide: sehr hoch
Pleistozänrutschungen
vor 2000
nach 2000
Geogefahren
Geogefahren sind Naturerscheinungen, welche durch geologi-sche Prozesse ausgelöst und z.T. auch durch menschlicheEinwirkungen verstärkt werden. Sie können beträchtliche Schä-den verursachen. Zu den geologisch bedingten Naturgefahrengehören in Mecklenburg-Vorpommern nachweislich:
! Massenbewegungen (-verlagerungen)
Abbrüche
Anfällig für Massenbewegungen sind in Mecklenburg-Vorpom-mern stark geklüftete Gesteine, wie z.B. die eistektonisch be-anspruchten Schollen aus Rügener Schreibkreide an den Küs-ten der Halbinseln Jasmund und Wittow. Eine verwitterungsbe-dingte Auflockerung des Gefüges kann unter Einwirkung vonKluftwässern und einem häufigen Wechsel von Frost- und Tau-
Keilausbruch Kippung
! Massenbewegungen (-verlagerungen)! Subrosion/Verkarstung! Hochwasser! Setzungen/Hebungen! Artesisches Grundwasser! Grundwasserversalzung! Erdbeben
Zusätzlich sind Bergbaufolgen (z.B. Erdfälle) zu berücksichti-gen, die in ihren Auswirkungen mit Naturgefahren vergleichbarsein können.
Kluftwässern und einem häufigen Wechsel von Frost- und Tau-perioden zu Abbrüchen führen. Dabei wird je nach Orientierungder Abrissflächen zu vorhandenen Schicht- oder Kluftflächenzwischen einem flächigen Versagen, einem Keilausbruch odereiner Kippung unterschieden.
Abbrüche kreidezeitlicher Sedimente sind zwischen Sassnitzund Lohme seit langem bekannt. Sie sind an aktive und hoheKliffabschnitte mit steil gestellten Schichten gebunden und füh-ren häufig zu Block- oder Felsstürzen. Eindrucksvolle Beispielestellen die Ereignisse aus den Jahren 1914, 1958 (Tipper Ort),
Massenbewegungen
Massenbewegungen, darunter Abbrüche und Rutschungen,entstehen an Steilhängen, wenn die Gravitationskraft (bzw. dieSchwerkraft) die Festigkeit und Kohäsion des Hangmaterialsüberschreitet. Je höher die innere Reibung (bzw. die Scher-kraft) ist, desto größer ist die Hangstabilität. Änderung derHangneigung, Schwächung des Materials durch Verwitterung,Erhöhung des Wasseranteils in den Gesteinsschichten sowieVeränderung der Vegetationsbedeckung können das Potenzial
stellen die Ereignisse aus den Jahren 1914, 1958 (Tipper Ort),1981 (Ernst-Moritz-Arndt-Sicht), 2005 (Wissower Klinken),2007, 2011 (Kieler Bach) dar. Danach können die Abbruch-massen den Klifffuß mehrere Monate oder Jahre vor weitererAbtragung durch die Brandung schützen.
Flächiges Versagen
Beispiele für einen Keilausbruch (links) und eine bevorstehende
Kippung (rechts) am Wissower Ufer (Fotos: K. Obst, 2007).Veränderung der Vegetationsbedeckung können das Potenzialvon Massenbewegungen beeinflussen. Diese lassen sich nachMaterial, Dimension, Geschwindigkeit, Aktivitätsgrad und Be-wegungstyp unterscheiden. Basierend auf dem Bewegungsme-chanismus können sie als Kriechen, Fließen, Gleiten, Kippenoder Fallen klassifiziert werden.
Kippung (rechts) am Wissower Ufer (Fotos: K. Obst, 2007).
Kreideabbrüche treten bevorzugt im Übergang vom Winter zumFrühjahr auf, denn das Gestein wird durch Ausdehnung desWassers beim Gefrieren gelockert und ist nach dem Auftauengelöst. Infolge extremer Niederschlagsereignisse können sieaber auch in den Sommermonaten vorkommen.
Fließen Gleiten Fallen
Beispiele für Massenbewegungen (Dikau et al. 1996).
Massenbewegungen sind an den Steilküsten Mecklenburg-Vor-pommerns keine Seltenheit, sondern landschaftsprägend. AlsUrsachen sind seeseitige (Küstenerosion) und landseitigeFaktoren (Küstenzerfall) zu unterscheiden. Zu letzteren gehö-ren neben dem geologisch-geomorphologischen Bau auch hy-drologische und hydrogeologische Bedingungen wie ober- undunterirdischer Wasserabfluss. Die Hangstabilität an den Steil-küsten wird durch äußere Einflüsse, z.B. Wellenschlag, Stark-regen oder Frost vermindert. Wechselnde Temperaturen undWassergehalte führen zu Spannungsveränderungen in denHängen. Aber auch anthropogene Eingriffe, u.a. die Rodungdes Küstenschutzwaldes, können sich negativ auswirken.
Nach den Abbrüchen im Winter 2005 deutlich sichtbar:
Steile Abbruchflächen an den Wissower Klinken folgen teil-
weise dem Verlauf von Feuersteinlagen (Foto: K. Obst, 2005).
Kreideabbrüche südlich des Kieler Baches
(Foto: K. Schütze, 2011).
Projekt „Georisiko Steilküste Rügen“
Aufgrund der Abbruch- und Rutschungsereignisse an denKüsten Rügens im Jahr 2005 wurde zwischen 2006 und 2009ein Projekt der wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeitzwischen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Roh-stoffe Hannover, dem Geologischen Dienst im Landesamt fürUmwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern
Flächenhafte kinematische Tests des Kreide-Kliffs basieren aufder Orientierung eines Hangs und der statistisch ermitteltenRaumlage möglicher Abrissflächen (Schicht- und Kluftflächen)für einen Kreide-Komplex. Mittels GIS-gestützter Analysenlassen sich für jeden Punkt im Untersuchungsgebiet die Anzahlder Versagensmöglichkeiten ermitteln. Hohe Werte wurden u.a.für die Bereiche südlich des Kollicker Baches und südlich desKieler Baches ermittelt.
Das Geogefahrenkataster Mecklenburg-Vorpommern
Seit dem Jahr 2006 wird im Geologischen Dienst ein Geogefah-renkataster aufgebaut. Basis dafür bilden vorliegende Karten-werke, insbesondere geologische und topographische Karten,Baugrundkarten, ingenieurgeologische Spezialkarten etc. sowiezahlreiche Berichte und Veröffentlichungen zum Thema Steil-küsten und Massenbewegungen. Nach der digitalen Aufberei-Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern
und dem Staatlichen Amt für Umwelt und Natur Rostock durch-geführt.
Ziel des Projektes war es, Hangstabilitätsuntersuchungen zwi-schen Sassnitz und Lohme zur Erstellung einer Rutschungs-empfindlichkeitskarte (= Suszeptibilitätskarte) durchzuführen,um die relativen Eintrittswahrscheinlichkeiten von Massenbewe-gungen anzuzeigen und kritische Hangbereiche zu identifizie-ren. Dafür wurden sämtliche verfügbaren geologischen Kar-
Kieler Baches ermittelt.
Bei den Kliffabschnitten aus pleistozänen Sedimenten tretenüberwiegend flache Translationsrutschungen auf. Zur flächen-haften Bestimmung der Rutschungsempfindlichkeit wurdenverschiedene Modellansätze verwendet. Am aussagekräftigstenerwiesen sich ein kombiniertes Modell aus einem Rutschungs-inventarbasierten statistischen Verfahren (LSI = Land SlideIndex) und ein auf physikalischen Parametern basierter Ansatz(FS = Factor of Safety).
küsten und Massenbewegungen. Nach der digitalen Aufberei-tung können diese Daten in ein Geographisches Informations-system (GIS) überführt werden. Weiterhin werdenUntersuchungsergebnisse der Geofernerkundundung (z.B.hochauflösende digitale Geländemodelle, Luft- und Satelliten-bilder) in das GIS eingepflegt.
An den Steilküstenabschnitten Mecklenburg-Vorpommernswerden systematische Geländeuntersuchungen zur Inventari-sierung des Rutschungsinventars durchgeführt. Dabei sindPosition, Dimension und Zeitpunkt von Einzelereignissen zuten/Schnitte und digitalen Geländemodelle in eine GIS-kompa-
tible Form überführt. Mittels neuer Luftbilder und Laserscanner-aufnahmen wurde die Datenbasis aktualisiert.
Position, Dimension und Zeitpunkt von Einzelereignissen zuerfassen. Zusätzlich werden Angaben zum abgerutschten Ma-terial (Gesteinszusammensetzung), zum Prozessraum (Hang-abrisskanten, Akkumulationsflächen etc.) und zur Dauer derBewegungen (ein- oder mehrmalige Ereignisse, relatives Alteranhand des Bewuchses) aufgenommen. Parallel dazu erfolgtdie Fotodokumentation der Rutschungsereignisse. Alle dieseDaten fließen in ein sogenanntes Ereigniskataster ein.
Luftbild und Laserscanneraufnahme im Bereich des Kieler Verschiedene Modelle zur Beschreibung der
Luftbild und Laserscanneraufnahme im Bereich des Kieler
Baches aus dem Jahr 2006 (Milan GmbH; www.milan-flug.de).
Im Rahmen von Diplom- und Bachelorarbeiten der Universitä-ten Greifswald und Tübingen erfolgten zudem geomorphologi-sche Kartierungen des Kliffs im Maßstab 1 : 5.000. Historischeund rezente Rutschungen wurden dabei inventarisiert, klassifi-ziert und in das Geogefahrenkataster des GeologischenDienstes aufgenommen. Material- und Gefügeuntersuchungen(Korngrößenverteilung, Plastizität, Wassersättigung, Schicht-einfallen, Klüftigkeit etc.) dienten der Charakterisierung struktu-
Verschiedene Modelle zur Beschreibung der
Rutschungsempfindlichkeit von pleistozänen Sedimenten im
Nordteil von Jasmund (Günther & Thiel, 2009).
Abschließend wurde für die Halbinsel Jasmund (Steilküste zwi-schen Sassnitz und Lohme) eine integrierte Suszeptibili-tätskarte erstellt, in der sowohl Hanginstabilitäten der Kreide-Komplexe als auch die Rutschungsempfindlichkeit im Bereichder Pleistozän-Streifen ausgewiesen sind (siehe umseitigeGefahrenhinweiskarte). Sie kann der Nationalparkverwaltung,den Behörden von Landkreis und Kommunen sowie politisch
Steilküsten mit nachgewiesenen Hanginstabilitäten in
Mecklenburg-Vorpommern (Stand 2011).
Im Ereigniskataster werden die Sachdaten entsprechend denbundesweit abgestimmten Empfehlungen der StaatlichenGeologischen Dienste dokumentiert (PK Geogefahren 2007).Sie definieren die Mindestanforderungen in Abhängigkeit vonder geogenen Gefahr. Hierbei wird unterschieden zwischen:! Titeldaten der Massenbewegungen mit Angaben zur
Lage im Raum, zur Koordinatenermittlung etc., einfallen, Klüftigkeit etc.) dienten der Charakterisierung struktu-rell unterschiedlicher Kliffabschnitte.Aufgrund des unterschiedlichen rheologischen Verhaltens vonKreide- und Pleistozänsedimenten wurden die entsprechendenKliffabschnitte getrennt untersucht und mittels unterschiedlicherMethoden hinsichtlich ihrer Versagenswahrscheinlichkeit bzw.Rutschungsempfindlichkeit bewertet.
den Behörden von Landkreis und Kommunen sowie politischVerantwortlichen als Entscheidungsgrundlage dienen, umgefährdete Kliffabschnitte verstärkt zu beobachten und recht-zeitig Maßnahmen zur Vermeidung von Schäden zu treffen.
Die Gefahrenhinweiskarte unterstützt auch die Planung vonBauprojekten im Steilküstenbereich. Sie ersetzt aber nicht Bau-grunduntersuchungen an konkreten Standorten.
Lage im Raum, zur Koordinatenermittlung etc., ! Allgemeinen Fachdaten der Massenbewegungen
mit Angaben zur Entstehungszeit, zur Geländenutzung,zu Schäden etc.,
! Spezifischen Fachdaten, z.B. Lithologie, Wasserdurch-lässigkeit in den Massenbewegungen.
Rutschungen
Die heterogen zusammengesetzten, oft deformierten pleistozä-nen Schichten sind an den Steilküsten Mecklenburg-Vorpom-merns weit verbreitet und häufig kommt es zum Abgleiten derteilweise nur gering verfestigten Sedimente. In den eiszeitlichenAbfolgen wechseln Wasser stauende (Geschiebemergel, Ton)mit Wasser durchlässigen Schichten (Sande, Schluffe), so dass
Geologie der Steilküste Jasmunds
Die Halbinsel Jasmund gehört zu einer Stauchmoräne mitintensiv gestörter Abfolge. Infolge der stauchenden Wirkungdes aus nordöstlicher Richtung vorrückenden skandinavischenInlandeises kam es zur Abscherung, Faltung und Aufschup-pung von Kreide- und auflagernden älteren Pleistozän-Sedi-menten. Am aktiven Kliff an der Ostküste sind die komplizierten
Im Hangenden der gestörten Abfolge lagert diskordant der starksandige, teilweise grobkiesige M3-Deckkomplex, der Schmelz-rückstände des Pommerschen Vorstoßes sowie spätpleisto-zäne bis frühholozäne Solifluktionsschuttdecken beinhaltet undin unterschiedlicher Mächtigkeit verbreitet ist.
mit Wasser durchlässigen Schichten (Sande, Schluffe), so dassdie Gesteinsgrenzen als Gleitbahnen wirken können. DieserProzess des Gleitens wird auch als Rutschen und somit dieresultierende Massenverlagerung als Rutschung bezeichnet.
Rutschungen sind gravitativ bedingte, hangabwärts gerichteteund unterschiedlich schnell verlaufende Verlagerungen vonGesteins- oder Bodenmaterial. Sie erfolgen durch eine relativungestörte Bewegung von zusammenhängenden Fels- oderBodenmassen auf einer bzw. mehreren Gleitflächen oder einerdünnen Zone intensiver Scherverformung. Je nach Anordnung
menten. Am aktiven Kliff an der Ostküste sind die kompliziertenLagerungsverhältnisse durch eine wiederkehrende Abfolge vonKreide-Komplexen und dazwischen liegenden Pleistozän-Streifen gekennzeichnet.
dünnen Zone intensiver Scherverformung. Je nach Anordnungder Rutschflächen und Dauer der Bewegung kann zwischenTranslationsrutschungen, Rotationsrutschungen, kombiniertenRutschungen sowie Serienrutschungen unterschieden werden.
Typische Lagerungsverhältnisse und stratigraphische Abfolge
an der Steilküste Jasmunds: Situation nördlich der Wissower
Klinken nach den Abbrüchen 2005 (aus Obst & Schütze 2006).
Stauchmoränenkomplex der Halbinsel Jasmund (Satellitenbild
von Euromap Neustrelitz aus Obst & Schütze 2006).
Im Zuge der Ostsee-Entstehung hatte die Littorina-Transgres-sion einen prägenden Einfluss auf die Bildung und Entwicklungder Halbinsel Jasmund. Das Meer erreichte Rügen vor ca.7.200 Jahren und formte aufgrund des raschen initialenMeeresspiegelanstieges aus den Stauchmoränenkomplexenvon Wittow, Jasmund u.a. Hochgebieten Inseln mit entspre-chenden Steilküsten. Im weiteren Verlauf kam es zur Erosionder Kliffs und durch Küstenausgleichsprozesse zum Zusam-menwachsen von Jasmund mit den benachbarten Inselkernen.
Rutschung vom 19. April 2005 in Lohme
(Foto: K. Grabowski; www.luftbildruegen.de).
Rutschmassen bewegen sich häufig nur langsam, aber ihreGeschwindigkeit kann auch bis zu 1 m pro Sekunde betragen.Bei Lockergesteinsrutschungen bildet sich die Gleitfläche ent-weder entlang einer Schichtgrenze aus oder sie entsteht unab-hängig von vorhandenen Schichtflächen neu. Das Volumen
von Euromap Neustrelitz aus Obst & Schütze 2006).
Die am Kliff aufgeschlossene Abfolge beginnt im Liegenden mitder Rügener Schreibkreide (ca. 70 Mio. Jahre alt). Darauf folgtquasi konkordant ein erster Geschiebemergelhorizont M1 mitbasalem Geschiebepflaster, der vermutlich zwei Eisvorstößewährend der Saale-Vereisung repräsentiert. Er wird von den I1-Zwischensedimenten überlagert, die glazifluviatile Sande undTone umfassen. Darüber lagert ein weiterer GeschiebemergelM2, der dem Brandenburg-/Frankfurter-Vorstoß (vor etwa21.000 Jahren) zugeordnet wird. Im Anschluss an die Überfah-
Diese Prozesse setzen sich auch in der Gegenwart fort. FürJasmund ergibt sich dabei ein mittlerer Küstenrückgang von ca.25 cm pro Jahr.
Schematische
Küstenentwicklung
Nordost-Rügens
(Wagenbreth &
Steiner 1982).hängig von vorhandenen Schichtflächen neu. Das Volumeneiner Rutschung kann von wenigen bis zu einigen Hunderttau-send Kubikmetern betragen.
Beispiele für große Rutschungen sind ebenfalls von der InselRügen bekannt. Unter den jüngeren Ereignissen sind dieRutschungen in Lohme im Jahr 2005 (ca. 100.000 m3), am KapArkona im Jahr 2008 (ca. 25.000 m3) und in Sassnitz(Wedding) im Jahr 2011 (ca. 15.000 m3) zu nennen.
21.000 Jahren) zugeordnet wird. Im Anschluss an die Überfah-rung Jasmunds durch diesen Vorstoß bildete sich kurzzeitigeine Toteislandschaft, welche wiederum von dem aus demOstseeraum kommenden Pommerschen Vorstoß (vor etwa18.000 Jahren) überfahren wurde. Dieser führte zur Stauchungder älteren Sedimente einschließlich seiner Vorschüttbildungen,die als sandig-schluffige bis tonig-sandige I2-Zwischensedi-mente in Muldenpositionen erhalten sind.
wirksamste
Windrichtung
vorherrschende Richtung der
küstennahen Meeresströmung
und des Materialtransports
Richtung der Wanderung von
Sandhaken (Nehrungen)
Sandhaken(Nehrungen)
Sämtliche erfassten Geometrien (Punktdaten/Flächendaten)werden im GIS mit anderen Datensätzen, z.B. geologischeFlächen, Gewässernetze, Vegetationseinheiten etc. verschnit-ten. Zudem erfolgt die Verlinkung mit zusätzlichen Informatio-nen, beispielsweise von historischen Textzitaten, Zeichnungenund Fotos der einzelnen Rutschungsereignisse. Mittels unter-schiedlicher Auswertemethoden können so Areale verstärkterRutschungsanfälligkeit abgegrenzt werden. Dabei lassen sich
Vorsorge und Gegenmaßnahmen
Die aktiven Steilküsten des Landes unterliegen teilweise seitJahrtausenden der Erosion und Abtragung. Diese natürlichenProzesse des Küstenrückschritts lassen sich zwar temporärdurch ingenieurtechnische Baumaßnahmen verlangsamen,aber langfristig nicht verhindern. Bebauungen nahe derKliffkante sind daher auf längere Sicht unweigerlich vom
Weiterführende Literatur (Auswahl)
DIKAU, R., BRUNSDEN, D., SCHROTT, L. & IBSEN, M.-L.[eds] (1996): Landslide Recognition - Identifcation,Movement and Causes. – 251 S.; Chichester (Wiley &Sons Ltd.).
GENSKE, D. D. (2006): Ingenieurgeologie - Grundlagen undAnwendungen. – 588 S.; Berlin, Heidelberg (Springer).Rutschungsanfälligkeit abgegrenzt werden. Dabei lassen sich
ausgewählte Kliffabschnitte sowohl anhand der Einzelparame-ter der Rutschungen als auch nach Kategorien klassifiziert dar-stellen.
Kliffkante sind daher auf längere Sicht unweigerlich vomAbbruch bedroht. Dieses Wissen sollte Grundlage bei dernachhaltigen Entwicklung von Küstenorten sein. GesetzlicheBeschränkungen zur Errichtung von Neubauten bis 200 mEntfernung von der Küstenlinie sind einzuhalten (§ 89 LWaG, §10 LBodSchG).Welche Möglichkeiten bestehen an Steilküsten hinsichtlich derSicherung bestehender Bauten gegen potenzielle Massenbe-wegungen? Hangrutschungen lassen sich kaum verhindern,aber in ihrer Wirkung mildern. Dafür gibt es unterschiedliche
Anwendungen. – 588 S.; Berlin, Heidelberg (Springer).GÜNTHER, A., THIEL, C. LANGE, C., SCHÜTZE, K., KUHN,
D., OBST, K. & BALZER, D. (2007): An integratedapproach to assess slope stability and landslidesusceptibility of the Jasmund cliff (Rügen, Germany).–Joint Meeting PTG - DGG Geo-Pomerania Szczecin2007, SDGG 53: 113.
GÜNTHER, A. & THIEL, C. (2009): Combined rock slope stabi-lity and landslide susceptibility assessment of theJasmund cliff area (Rügen Island, Germany). – Natural
Möglichkeiten, wobei entscheidend ist, überschüssiges Wasseraus dem Hang zu entfernen und abzuleiten:
! Einbauen von Drainagen, entweder oberflächenhaftoder tief in den Untergrund hineinreichend (z.B. Drai-nageanker, Schlitzdrain),
! kurzfristige Stabilisierung bewegter Hänge durch Beton-und Stahlbewehrung.
! Zusätzlich kann die Standsicherheit durch Errichtungvon Bermen erhöht werden.
Hazards and Earth System Sciences 9: 687-698.KATZUNG, G. [Hrsg.] (2004): Geologie von Mecklenburg-
Vorpommern. – 580 S., Stuttgart (E. Schweizerbart)KEILHACK, K. (1912): Die Lagerungsverhältnisse des
Diluviums in der Steilküste von Jasmund auf Rügen. –Jahrb. der königlich preußischen geologischenLandesanstalt zu Berlin, 33 (1): 1-158.
MÜLLER, U. & OBST, K. (2006): Lithostratigraphie undLagerungsverhältnisse der pleistozänen Schichten imGebiet von Lohme (Jasmund/Rügen). – Z. geol. Wiss.Auszug aus dem Geogefahrenkataster im LUNG M-V mit
Die gewonnenen Daten werden seitens des GeologischenDienstes für Auskünfte und Beratungen der Öffentlichkeit undvon Behörden genutzt. Basierend auf den vorliegenden Er-kenntnissen ergingen beispielsweise bereits im Jahr 2007Warnhinweise an die Stadt Sassnitz über die Rutschungsge-fährdung im Bereich des nördlichen Stadtteils Wedding.
Gebiet von Lohme (Jasmund/Rügen). – Z. geol. Wiss.34 (1/2): 39-54.
NIEDERMEYER, R.-O., LAMPE, R., JANKE, W., SCHWAR-ZER, K., DUPHORN, K., KLIEWE, H. & WERNER, F. (2011): Die deutsche Ostseeküste.- Sammlg. Geol. Führer, 105: 370 S., Stuttgart (Borntaeger).
OBST, K. & SCHÜTZE, K. (2006): Ursachenanalyse derAbbrüche an der Steilküste von Jasmund/Rügen 2005.Z. geol. Wiss. 34 (1/2):11-37.
PRINZ, H. & STRAUSS, R. (2011): Ingenieurgeologie. – 5.Aufl., 778 S.; Heidelberg (Spektrum).
Auszug aus dem Geogefahrenkataster im LUNG M-V mit
Darstellung von Eingabemaske, topographischer Karte und Foto.
Der Küstenhang in Lohme nach der Sanierung und dem Einbau
von Sicherungsmaßnahmen (Foto: K. Schütze, 2011).
Aufl., 778 S.; Heidelberg (Spektrum).STEINICH, G. (1972): Endogene Tektonik in den Unter-
Maastricht-Vorkommen auf Jasmund (Rügen). –Geologie, Beih. 21/22: 1-207.
Regelwerke / Gesetze
Gesetz über den Schutz des Bodens im Land Mecklenburg-Vorpommern (Landesbodenschutzgesetz – LBodSchGM-V) 4. Juli 2011
Küstenabbrüche in Sassnitz (Wedding) im Februar 2011
(Foto: Polizei Stralsund).
von Sicherungsmaßnahmen (Foto: K. Schütze, 2011).
Die vorliegende Hinweiskarte liefert auch Informationen zurWegeplanführung im Nationalpark Jasmund. Durch die Auswei-sung rutschungsgefährdeter Bereiche kann der zukünftigeVerlauf des Hochuferweges besser geplant werden. Außerdemsind bei entsprechenden Wetterlagen und zunehmendenAbbruchrisikos Hinweis- oder Warnschilder aufzustellen undggf. lokale Absperrungen zu errichten.
M-V) 4. Juli 2011Wassergesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern (LWaG)
vom 30. November 1992, in der Fassung vom 1. März2010.
Regelwerk Küstenschutz Mecklenburg-Vorpommern,Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern, 2009.