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Zur Konstruktion des „Endless House“
Anlässlich der Ausstellung ‚From Chicken Wire to Wire Frame’ der
Friedrich und Lillian Kiesler-Privatstiftung in Wien, Juni 2010
Friedrich Kieslers ‚Endless House’ gilt, wohl gerade aus dem Umstand heraus, dass es nie realisiert
wurde, als eines der radikalsten Konzepte der Architekturgeschichte des 20. Jahrhunderts. Obwohl
schon Walter Gropius meinte, dass es ganz wesentlich wäre, Kieslers Architektur in die Realität zu
übersetzen1, blieb es bislang bei den bekannten Zeichnungen, Plänen und Modellen. Es stellt sich
jedoch immer wieder (und wie bei vielen anderen Projekten) die Frage, ob die Verwirklichung des
‚Endless House’ der Vision mehr geschadet als Gutes getan hätte. Hätte man, frei nach Robert
Musil, in der Umsetzung zwar den streng wissenschaftlichen Nachweis gewonnen, dafür aber den
Traum verloren und somit den poetischen Mythos ruiniert? Ist es überhaupt legitim, sich mit den
heute zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten über die Architekturgeschichte her zu
machen, um die visionären Ansätze dahingehend zu legalisieren indem man sie der ‚Baubarkeit’ nahe
bringt?
Vor einigen Jahren hat sich ein Verein um den Berliner Galeristen Rudolf Springer der tatsächlichen
Realisierung Vladimir Tatlins ‚Monument der III. Internationalen’ auf dem Gelände des 2008
eingestellten Flughafens Tempelhof verschrieben. Die Unternehmung war durchaus ernsthaft
geführt worden (Vorstatik, Kostenschätzung etc.) und hätte, wie Springer meinte, unter günstigeren,
politischen und wirtschaftlichen Vorzeichen tatsächliche Realisierungschancen gehabt2. Was aber
wäre es letztlich geworden, wenn …? Nachdem Rudolf Springer 2009 100-jährig verstarb, eine
zumindest für den Moment müßige, jedoch gleichsam reizvolle Vorstellung: Tatlin am Tempelhof!
Vergleichsweise stelle man sich vor, Friedrich Kiesler hätte den Nachweis seiner räumlichen
Theorien im Maßstab 1:1 tatsächlich erfüllen können beziehungsweise müssen (1958, im Garten des
MoMA). Man darf beruhigt davon ausgehen, dass die Rezeption des Projekts heute wesentlich
eindimensionaler und somit lapidarer geführt werden würde. Better let the sleeping Beauties sleep?!
Und so bleibt das ‚Endless House’ vorerst ein signifikantes Glied in der langen und sich stets
verlängernden Kette von Projekten, die durch ihre Nicht-Realisierung zum manifesten Dasein
verdammt und durch einen mythischen Nimbus der Unbaubarkeit gekennzeichnet sind. Doch das
1 In: Friedrich Kiesler Architekt, Hg.: Peter Weirmair, Allerheiligen Presse Innsbruck, 1975, S. 85. 2 Rudolf Springer im Gespräch mit Florian Medicus, Berlin, Juni 2008.
2
ideenreiche „Prinzip Hoffnung“, im Sinne utopischen Träumens ist der Menschheitsgeschichte
immanent und erfährt seine jeweilige und unmittelbare Ausprägung bekanntlich durch die aktuell
vorherrschende Kultur- und Wirtschaftsform. Und so stellen vielleicht die ungebauten Beiträge der
Geschichte im Sinne hoffnungsvoller Gegenmodelle die authentischeren Bilder einer Epoche dar, als
die tatsächlich Realisierten. Was wäre die russische Avantgarde ohne ihren kollektiven Anspruch,
einer neuen Gesellschaftsform auch neue Lebens- und somit Bauformen beizustellen? Die wenigen
wichtigen Bauten aus dieser Zeit zerbröseln unter tragischen Umständen, während zur gleichen Zeit
die phantastischen Entwürfe Tatlins, Melnikovs, Leonidovs, Wesnins, Rodtchenkos und der vielen
anderen weltweit die Ausstellungshäuser füllen.
Abb. 1) Friedrich Kiesler mit dem Modell des ‚Endless House’, 1959
Es ist tatsächlich bemerkenswert, dass sich Friedrich Kiesler mit seinem ‚Endless House’ einem für
visionäre Strukturen eher bescheidenen Maßstab zuwendet. Das ist umso überraschender, als seine
persönliche Nähe zur Avantgarde in der jungen Sowjetunion und später zu De Stijl eher groß-
maßstäbliche Interventionen nahe gelegt hätte. Aber ebenso wie etwas früher bei Buckminster Fuller,
wird von Kiesler das Einfamilienhaus als radikalste Zelle, als viel versprechender Baustein der
Zukunft definiert. Dieter Bogner hat in seinem Essay „Inside the Endless House“ bereits auf diesen
Umstand hingewiesen3. [auch in letzter Zeit wurde immer wieder der verhältnismäßig kleine Maßstab
für die Verdichtung experimenteller Tendenzen herangezogen, man denke nur an Coop Himmelblaus
‚Open House’, Lebbeus Woods’ ‚Solo House’, Greg Lynn’s ‚Embyological House’ oder NOX’ Son-O-House
und die diversen Pavillon-Architekturen!] Und so konnte Kiesler auch einige seiner bereits 1925
3 Dieter Bogner, Inside the Endless House, In: F. Kiesler, Endless Space, (MAK) Hatje Cantz, Ostfildern, 2001. (Kat. MAK)
3
formulierten Thesen in eine „neue Architektur“ übersetzen, die ursprünglich bei seiner ‚City in
Space’ (1925) Anwendung gefunden hatten:
[...] wir wollen:
1. Umwandlung des sphärischen Raumes in Städte
2. Uns von der Erde loslösen, Aufgabe der statischen Achse
3. Keine Mauern, keine Fundamente
4. Ein System von Spannungen (Tension) im freien Raume
5. Schaffung neuer Lebensmöglichkeiten und durch sie Bedürfnisse, die die Gesellschaft umbilden [...] 4
Hier findet sich auch eine mögliche Erklärung, warum Kiesler die organische Großform des Hauses
auf Stützen, eher sogar massiven Kernen auflagert: Kiesler konnte oder wollte sich dem
bodenflüchtigen „Schwebesyndrom“ der Moderne (nach Adolf Max Vogt) nicht entziehen,
wenngleich dieser Umstand auch entscheidende funktionale Einschränkungen für die flexible
Konzeption mit sich brachte. Heute wie damals, als der Internationale Stil mit seiner kühlen,
konstruktiven Logik des Schopenhauer’schen ‚Tragens und Lastens’ die Bauwirtschaft antrieb, bleibt
Bodenbesetzung und Bodenflüchtigkeit ein streitbarer Topos, bedenkt man die letzten Kommentare
zu Herzog & de Meuron’s ‚Vitra Design Museums’ oder Steven Holl’s ‚horizontalem
Wolkenkratzer’ (sic!!) in Shenzen („Give a building legs and something magical happens.“)5 - was aber
an dieser Stelle nicht weiter ausgebreitet werden soll.
Abb. 2) F. Kiesler, Erste Version des ‚Endless House’ ca. 1950
4 Friedrich Kiesler, Vitalbau - Raumstadt - Funktionelle Architektur, Typoskript, Kiesler Stiftung Wien. 5 Femke Bijlsma in MARK Magazine 26, Juni/Juli 2010; S.108
4
Die erste Darstellung des ‚Endless House’ (1950) – dem ‚Universal Theater’ und dem ‚Space House’
formal noch nahe stehend – beschreibt eine sphärische Schalenkonstruktion, die über die folgenden
Jahre kontinuierlich zu einer biomorphen Großform verändert und vor allem hinsichtlich der
zunehmenden Bedeutung des Innenraumes präzisiert wurde. Die Form sollte (nach Außen) weder
ästhetischen noch symbolischen Vermittlungsmerkmalen unterliegen. Durch den Einsatz neuer
Materialien und (Verarbeitungs-)Techniken – Plastik, Glas und vorgespanntem Beton – versucht
Kiesler einen einheitlichen, monumentalen Raum ohne (!) Fundierungen zu schaffen. Begrenzende
Elemente wie Boden, Wand und Decke schaffen zumindest optisch kontinuierliche Übergänge, die
den Forderungen nach höchster Flexibilität des Innenraums Rechnung tragen sollen.6
Es ist hierbei zu bemerken, dass sowohl dem Projekt an sich wie auch seiner zu Grunde liegenden
Gedankenwelt wenig profunde Kritik (höchstens hinter vorgehaltener Hand und abseits der gut
beleuchteten Tische), dafür bis heute aber umso mehr Bewunderung entgegengebracht wird. Denn
für den programmatischen Ernstfall, nämlich den der tatsächlichen Umsetzung, hätten sich recht
handfeste Schwierigkeiten ergeben und empfindliche Adaptierungen der Planung von 1958 kaum
vermeiden lassen.
Nachdem Kiesler über seine vielfältigen Tätigkeiten und Netzwerke recht gut informiert gewesen
sein dürfte, darf und sollte man auch davon ausgehen, dass er die leichten Schalentragwerke von
Eduardo Torroja in Spanien (z.B.: Hipódromo de la Zarzuela, 1941) ebenso kannte wie die Bauten
von Felix Candela in Mexiko. Letzterer hatte 1950 die auf die Herstellung dünner Betonschalen
spezialisierte ‚Cubiertas Ala’ gegründet, deren Bauten auch Kiesler’s und Bartos’ ‚Shrine of the Book’
nachhaltig geprägt haben dürften (z.B.: Basílica de Nuestra Señora de Guadalupe von 1959). Und
natürlich hatte Pier Luigi Nervi ab etwa 1930 in Italien gezeigt, welche Möglichkeiten Beton bei
entsprechender Verwendung eröffnet (inkl. der Bauten für die Olympischen Sommerspiele in Rom,
1960). Lebbeus Woods hat bereits auf diese „Ingenieur-Spuren“ hingewiesen7, wenngleich er in
seinen Schilderungen eine generelle Architektur-Entwicklung der 1950er Jahre ausspart: Le
Corbusier wurde in diesen Jahren nahezu organisch (Philips, Brüssel 1958), Niemeyer entwarf seine
wunderbaren Raumkurven, endlose Kurven auch bei Luciano Baldessari in Mailand (1952),
Saarinen baute quasi vor Kieslers Haustüre (mit L. Woods als Projektarchitekt!) den ‚Trans World
Airline Terminal’ (1956-62) und Giovanni Michelucci bastelte ab 1960 an seiner ‚Chiesa
6 Siehe dazu auch: Dieter Bogner, Inside the Endless House, In: F. Kiesler, Endless Space, Hatje Cantz, Ostfildern, 2001. (Kat. MAK) 7 Lebbeus Woods: F.K. Out of time, In: F. Kiesler, Endless Space; Hatje Cantz, Ostfildern, 2001. (Kat. MAK)
5
dell'Autostrada del Sole’. [In dem schönen Buch von Ulrich Conrads und Hans G. Sperlich
‚Phantastische Architektur’, Hatje, 1960 findet man die organische Fülle, den optimistischen
Überschwang dieser Zeitspanne sehr gut dokumentiert. Interessant am Rande: in der deutschen
Erstausgabe kommt Kieslers ‚Endless House’ noch nicht vor; dafür umso prominenter im französischen
Nachdruck aus dem gleichen Jahr (Delpire éditeur)!]
Abb. 3) Pier Luigi Nervi, Flugzeughalle, Orvieto 1936 und Abb. 4) Felix Candela, Restaurant Los Manantiales, Mexico City 1958
Es ist also ganz offensichtlich, dass dem Baustoff Beton nicht nur eine gänzlich neue Rolle
zugedacht, sondern mit ihm im Sinne organischer Formgebung auch umgesetzt wurde. Bisweilen
erscheint es müßig darüber nachzudenken wer, wann, von wem und in welchem Ausmaß beeinflusst
wurde. [man könnte im Zusammenhang mit dem ‚Endless House’ natürlich auch spekulieren, Kiesler
hätte 1923 in Berlin mit der Geisteswelt von Finsterlin und Mendelsohn nachhaltige Bekanntschaft
machen können, diese Einflüsse aber erst Jahre später verarbeitet!] Aber dass zu diesem Zeitpunkt der
Geschichte ein Projekt wie das ‚Endless House’ nicht nur prinzipiell angedacht, sondern auch über
Jahre und durch viele Entwicklungsstadien konkret bearbeitet wurde, ist vor dem Spiegel der Zeit
und seinen vielen schillernden Protagonisten fast nahe liegend und weit weniger von dieser
exklusiven Virtuosität gezeichnet, die man umseits so gerne transportiert.
Abb. 5) Johannes Spalt, Blasenhäuser, 1951 und Abb. 6) Luciano Baldessari, Breda-Pavillon, Mailand, 1952
6
[Sogar der Österreicher Johannes Spalt hatte zu Beginn der 1950er-Jahre mit Blasenhäusern
experimentiert!] Mythenbildung im Sinne der Alleinvermittlung der Avantgarde war schon ein
Kennzeichen Vladimir Tatlins, derer sich Kiesler auch im Bezug auf seine Wiener Wurzeln gern
bediente. Denn wie auch schon in seinen früheren, zweifellos beeindruckenden Projekten orientierte
sich Friedrich Kiesler auch im Falle des ‚Endless House’ sehr feinfühlig an einer durchaus modischen
Gegenströmung, formulierte in ihrem Rahmen sehr geschickt eine eigenständige, unanfechtbare
Position, die ihm bis heute Aufmerksamkeit und Bewunderung zuteil werden lässt.
Kiesler schrieb in Zusammenhang mit der Materialisierung des ‚Endless House’ von vorgespanntem
Beton als neuem Baumaterial, von Plastik und Glas (s. oben). Beton ist als Baustoff wegen seiner
freien Formbarkeit, der Fugenlosigkeit (Monolithizität) und seiner Verbundwirkung mit Faser-
stoffen oder Bewehrungen bis heute beliebt (abgesehen von den pragmatischen Faktoren wie hohe
Beständigkeit gegenüber allerlei Einwirkungen oder der allgemeinen Wirtschaftlichkeit). Gerade die
beiden ersten Eigenschaften (freie Formbarkeit und Fugenlosigkeit) kämen dem Konzept Kieslers
wohl sehr entgegen; weniger bis gar nicht eignet sich Beton jedoch für Flexibilitäten aller Art; schon
verhältnismäßig kleine Eingriffe ziehen in den meisten Fällen grobe Maßnahmen nach sich, was in
Bezug auf das ‚Endless House’ und seine ‚weiche Programmierbarkeit’ auch für eine alternative
Materialwahl sprechen sollte. [auch die Idee Kieslers, man könnte mit Vorspannung künftig
Erleichterungen im Freiformbereich erzielen, klingt erst mal gut, bleibt dann aber wenig überzeugend:
eine derart unregelmäßige und in sich weitestgehend geschlossene Oberfläche lässt die bekannte Analogie
mit einem Speichenrad eher unwahrscheinlich wirken!] Ganz nebenbei hätte ja auch noch irgend-
jemand eine Schalung bauen müssen …
Verständlicher ist Kieslers Hinweis auf ‚Kunststoff’ zu Beginn des amerikanischen ‚Plastic Age’.
[Immerhin hatte ja auch El Lissitzky im Zusammenhang mit seinem ‚Wolkenbügel’ von 1925
Materialien beschrieben, die noch nicht erfunden waren, heute jedoch zum weltweiten Baustandard
gehören.] Diese teils aberwitzige Gedankenwelt des inflationären ‚Home of Tomorrow’ wird
beispielsweise durch die zeitgenössischen Cartoons von Tex Avery (MGM 1942-1955) bis in die
wunderbarsten Details parodiert; und doch haben sich gewisse technokratische Facetten in den
heutigen Planungs- und Produktionsumständen nicht nur etabliert, sondern geben vielerorts Anlass
zu immer kühneren Materialisierungskonzepten. Bezogen auf das ‚Endless House’ wäre es durchaus
vorstellbar, eine Kleinserie davon in einer der riesigen Fräs- und Werkshallen internationaler
Werften anfertigen zu lassen; quasi aus einem Guss!
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Eine etwas banalere, aber gleichsam reizvolle Variante könnte eine Primärkonstruktion aus Stahl
sein, die auf Stahlbeton kernen auflagert. Eine zwangsläufig irreguläre Struktur ließe auch gewisse
Freiheiten der Gestaltung und möglicher (weiterführender) Ab- und Anschlüsse offen, die den
spärlichen Aussagen Kieslers zu ‚Fenstern und Türen’ oder ‚Erschließung’ sehr entgegen kommen
sollte. Formale Architekturanalogien wie das Kunsthaus Graz (Cook/Fournier) oder die Stationen
der Innsbrucker Hungerburgbahn (Zaha Hadid) zeigen wie sehr aktuelle Planungs- und Fertigungs-
techniken der Realisierung derartiger Projekte Vorschub leisten, ihren räumlichen Nachweis
förmlich einfordern. Und so wäre es uns heute, abseits aller eingangs erwähnten inhaltlichen
Bedenken durchaus möglich, das ‚Endless House’ zu bauen, wenngleich fraglich bleiben muss, ob
das im Sinne Friedrich Kieslers und seines so gut gepflegten Mythos überhaupt jemals geschehen
sollte.
Florian Medicus, Mai/Juni 2010
F.M. unterrichtet Tragkonstruktionen am Institut für Architektur (Prof. Klaus Bollinger)
an der Universität für angewandte Kunst in Wien und Architekturtheorie am
Institut von Prof. Bart Lootsma an der Leopold-Franzens-Universität in Innsbruck.
Der hier vorliegende Text erschien in einer früheren Fassung in ‚From Chicken Wire to Wire Frame’ - Kiesler’s Endless House (07-2010)
anlässlich der Ausstellung mit demselben Titel in der Friedrich und Lillian Kielser-Privatstiftung in Wien
Zum Seminar „Friedrich Kiesler’s Endless House“ am Institut für Architektur – Tragkonstruktionen
der Universität für angewandte Kunst in Wien, Studienjahr 2009/10
Seit einigen Jahren beschäftigt sich das Seminar aus „Tragkonstruktionen 3“ mit signifikanten,
ungebauten Projekten der verschiedenen Avantgardebewegungen in der Architektur des 20.
Jahrhunderts. Angefangen mit Vladimir Tatlin’s ‚Monument der III. Internationalen’ (1919)
wurden über die vergangenen Studienjahre El Lissitzky’s ‚Wolkenbügel’ (1925), Konstantin
Melnikov’s Entwurf für die ‚Leningradskaja Prawda’ (1924) und Mies van der Rohes ‚Glashochhaus’
in Berlin (1922) eingehend untersucht und konstruktiv bearbeitet. Die Analyse der prinzipiellen
Baubarkeit zum Zeitpunkt der eigentlichen Projektierung und der heutigen Möglichkeiten ergeben
stets spannende Diskurse hinsichtlich der Problemstellungen von Tragstruktur und Materialisierung.
Vor allem sollen konstruktive Lösungen erarbeitet werden, die der Intention des Urhebers und
seinem räumlichen Verständnis Rechnung tragen.
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Abb. 7,8) digitale Rekonstruktion ‚Endless House’, WS 2009/10
Im Zusammenhang mit Kieslers ‚Endless House’, das der Entwurfsauffassung des Instituts für
Architektur der Universität für Angewandte Kunst ohnehin sehr nahe steht, konnte ein neues, an
unserem Institut entwickeltes Werkzeug zum Einsatz gebracht werden, das (vereinfacht dargestellt)
in der Lage ist, räumliche Stabwerke algorithmisch zu generieren und zu optimieren und somit in
weiterer Folge effizientere und wirtschaftlichere Tragstrukturen ermöglicht.
Abb. 9,10) triangulierte (reguläre) und optimierte Stabstruktur, SS 2010
Neben der (nahezu trivial erscheinenden) Tragwerks- und Materialvariante aus Stahl war auch
Kieslers Vorstellung einer Konstruktion aus Kunststoff von Interesse. Daher wurde der Idee der
StudentInnen, dass Gelatine oder ein gelatine-ähnlicher Baustoff in diesem Maßstab Verwendung
finden könnte, im Zuge des Seminars besondere Aufmerksamkeit gewidmet.
Abb. 11,12) Modellversuche mit Gelatine, SS 2010
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Studentinnen und Studenten:
Anna Kokowka, Katarina Barunica, Sille Pihlak, Oliver Lösser, Christoph Pehnelt, Martin
Kleindienst, Thomas Milly, Gregor Schindler, Florian Fend, Markus Willeke, Kourosh Asgar-Irani,
Josip Bajcer, Jan Gronkiewicz, Julian Fors, Mi-Chen Lu, Dana Saffarian, Matthew Tan, Daniela
Kröhner, Martina Lesjak, Galo Moncayo und Anutorn Polphong
Betreut von:
Klaus Bollinger, Wilfried Braumüller, Florian Medicus, Arne Hofmann und Clemens Preisinger
Verwendete und weiterführende Literatur:
Bogner, Dieter und Noever, Peter (Hg.), Frederick J. Kiesler – Endless Space,
Hatje Cantz, Ostfildern-Ruit, 2001 (Katalog MAK)
Bogner, Dieter (Hg.), Friedrich Kiesler – inside the endless house
Böhlau, Wien, Köln, Weimar, 1997 (Katalog Historisches Museum der Stadt Wien)
Weirmair, Peter (Hg.), Frederick Kiesler Architekt
Allerheiligen Presse, Innsbruck, 1975 (Katalog Galerie nächst St. Stephan)
Conrads, Ulrich und Sperlich, Hans, Phantastische Architektur
Verlag Gerd Hatje, Stuttgart, 1960 (auch architecturefantastique bei Delpire éditeur, 1960)
Mayor, Maté, Pier Luigi Nervi
Henschelverlag, Berlin, 1970
Merkel, Jayne, Eero Saarinen
Phaidon Press Ltd., London, 2005
Marti, Peter (Hg.) Ingenieur-Betonbau
vdf (ETH), Zürich, 2005
Spalt, Johannes
Böhlau, Wien, Köln, Weimar, 1993
Feuerstein, Günther, Biomorphic Architecture
Edition Axel Menges, Stuttgart/London, 2002
Bildnachweise:
Abb. 1) in Bogner/Noever (Hg.), F.K. Endless Space; Hatje Cantz, Ostfildern-Ruit, 2001 (Kat. MAK); S. 10
Abb. 2) in Bogner, inside the endless house; Böhlau, Wien, Köln, Weimar, 1997 (Kat. Hist. Museum); S. 131
Abb. 3) in Maté Mayor, Pier Luigi Nervi; Henschelverlag, Berlin 1970; S. 32
Abb. 4) in Peter Marti (Hg.), Ingenieur-Betonbau; vdf (ETH), Zürich, 2005; S. 104
Abb. 5) in Johannes Spalt, Böhlau, Wien, Köln, Weimar, 1993; S. 19
Abb. 6) in Conrads/Sperlich, Phantstische Architektur; Gerd Hatje, Stuttgart, 1960; S. 71
Abb. 7-12) StudentInnen des Seminars ‚Kieslers Endless House’, Tragkonstruktionen 3, WS09/10 und SS10