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Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

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Zh. Zhang

Freistrahlturbinen

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Zh. Zhang

Freistrahlturbinen

Hydromechanik und Auslegung

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Dr.-Ing. Zhengji ZhangGrimsel HydroKraftwerke Oberhasli AG3862 [email protected]

ISBN 978-3-540-70771-4

DOI 10.1007/978-3-540-70772-1

e-ISBN 978-3-540-70772-1

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Satz und Herstellung: le-tex publishing services oHG, LeipzigEinband: WMXDesign, Heidelberg

Gedruckt auf säurefreiem Papier

9 8 7 6 5 4 3 2 1

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Geleitwort

Die Wasserkraft gehört zu den ältesten Energiequellen der Menschheit. Ihre Nut-zung lässt sich bis in das Altertum zurückverfolgen. Schon vor mehr als 3000 Jah-ren haben Bauern hydromechanische Energie zum Antrieb von Schöpfrädern fürBewässerungen in der Landwirtschaft verwendet. Noch heute drehen sich in Ha-ma/Syrien altertümliche Wasserräder, so genannte Norias, die aus Holz gefertigtsind und Durchmesser von mehr als 20 m erreichen. Die Technologie zur Stromer-zeugung aus Wasserkraft hat ihre Ursprünge in den Anfängen der Industrialisierung.Forschungen auf diesem Gebiet haben bis heute nichts von ihrer Aktualität einge-büßt.

Die in dem vorliegenden Buch behandelte Pelton-Turbine findet ihren bevor-zugten Einsatzbereich bei Fallhöhen von ca. 200 m bis 2000 m. Bereits bei einerFallhöhe von 1000 m erreicht der in die Turbine eintretende Wasserfreistrahl ei-ne Strömungsgeschwindigkeit von 500 km/h. Diese Zahl verdeutlicht, welch ho-hen Belastungen Turbinenbauteile ausgesetzt sind und kennzeichnet zugleich diegroße Bandbreite der ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen, die zur zuverlässi-gen Auslegung von Freistrahlturbinen herangezogen werden müssen: die Festkör-permechanik, die Schwingungslehre, die Werkstofftechnik, die Hydromechanik, dieStrömungstechnik und die Messtechnik sind einige der klassischen Disziplinen desMaschinenbaus.

Bislang liegt in der Literatur noch kein zusammenfassendes Werk zum Themen-komplex der Freistrahlturbine vor. Es ist ein großes Verdienst von Herrn Dr. Zhang,dass die vorliegende Monographie diese wichtige Informations- und Wissenslückeschließt. Das vorliegende Buch enthält umfassende analytische Betrachtungen zuStrömungsvorgängen in realen Pelton-Turbinen.

Die Strömungsvorgänge vom Injektor bis zum Schaufelaustritt werden systema-tisch erfasst und mit Hilfe experimenteller Befunde analytisch dargestellt. Auf die-ser Basis lassen sich Wirkungsgrade der hydraulischen Anlagen ermitteln und inKenntnis der Zusammenhänge gezielt verbessern. Es ist bemerkenswert, dass HerrDr. Zhang seine analytischen Darstellungen zu den hydromechanischen Vorgängendurch eigene laseroptische Untersuchungsergebnisse an Freistrahlen von Pelton-Turbinen ergänzt.

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vi Geleitwort

Die vorliegende Monografie enthält viel Wissenswertes und darüber hinaus vieleAnsatzpunkte für weitere Forschungsarbeiten. Ich bin überzeugt, dass dieses Buchvon Ingenieuren, die in der Hydromechanik und Energietechnik arbeiten, dankbarbegrüßt wird.

Rostock, im Mai 2008 Prof. Dr.-Ing. Alfred Leder

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Vorwort

Freistrahlturbinen, auch als Pelton-Turbinen bezeichnet, werden seit über 100 Jah-ren zur Umwandlung hydraulischer Energie in mechanische Arbeit sowie zur Erzeu-gung von Elektrizität eingesetzt. Obwohl die über diese lange Zeit gesammelten Er-fahrungen dazu beigetragen haben, dass Pelton-Turbinen heute sehr leistungsfähigund effizient sind, fehlten bisher fundierte physikalische Erklärungen zur Hydrome-chanik dieses Turbinentyps. Um das allgemeine Fachwissen über Pelton-Turbinenzu erweitern, wurden bei den Kraftwerken Oberhasli AG (KWO) im Rahmen vonForschungs- und Entwicklungsarbeiten gezielte Untersuchungen zur Hydromecha-nik von Pelton-Turbinen durchgeführt. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse bildenden Hauptbestandteil des vorliegenden Buches.

Der Autor stellt die wesentlichen Erkenntnisse der Hydromechanik von Pelton-Turbinen aus ingenieurwissenschaftlicher Sicht dar und stützt sich dabei sowohl aufeigene Untersuchungen als auch auf die jahrzehntelange Erfahrung mit dem Betriebvon Pelton-Turbinen bei der KWO ab. Im Sinne eines Nachschlagewerks werdendie Strömungsprozesse und alle relevanten hydromechanischen Aspekte der Pelton-Turbine möglichst vollständig wiedergegeben. In der Praxis finden diese theoreti-schen und hydromechanischen Grundlagen sowohl bei der Auslegung als auch beimBetrieb von Pelton-Turbinen Anwendung.

Das vorliegende Fachbuch unterstützt die gezielte Weiterentwicklung der Pelton-Turbine sowie deren hydraulische Optimierung und mechanischen Dimensionie-rung. Es richtet sich an Entwicklungs- und Design-Ingenieure der Turbinen-Her-steller, an die Kraftwerksbetreiber und an Interessierte aus dem Bereich der Lehreund Forschung im Fachbereich „Strömungsmaschinen“. Die im Buch dargestelltenBeispiele können im Fach „Allgemeine Strömungsmechanik“ zur Studentenausbil-dung verwendet werden.

Der Autor dankt Herrn Dr. G. Biasiutti, Direktor der KWO, der KWO-Geschäfts-leitung sowie der Leitung von Grimsel Hydro für die großzügige Unterstützung beider Erstellung und Herausgabe dieses Fachbuchs. Ein besonderer Dank gilt auchHerrn J. Müller von Grimsel Hydro für die wertvollen Diskussionen und Beiträge

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viii Vorwort

aus seiner langjährigen Erfahrung aus dem Betrieb und in der Instandhaltung vonPelton-Turbinen. Ein großes Dankschön gilt auch Herrn Prof. Dr.-Ing. A. Leder vonder Universität Rostock für seine fachliche Beratung und Herrn Dipl.-Ing. A. Paulusvon der KWO für die sprachliche Berichtigung des Textes.

Innertkirchen, im Mai 2008 Dr.-Ing. Zh. Zhang

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

1 Arbeitsprinzip von Pelton-Turbinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111.1 Umwandlung von hydraulischer Energie in mechanische Energie . . 111.2 Pelton-Turbinen und ihre Spezifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

1.2.1 Geometrische Spezifikation des Pelton-Rades . . . . . . . . . . . . 151.2.2 Hydromechanische Kennzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171.2.3 Hydromechanische Spezifikation der Pelton-Turbine . . . . . . 211.2.4 Bauform von Pelton-Turbinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231.2.5 Parameterbezeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

2 Injektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252.1 Strömungsbeschleunigung in der Düse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262.2 Durchflusszahl ϕD0 und die Düsenkennlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282.3 Durchflusszahl ϕDe und Gesetzmäßigkeit der Düsenkennlinie . . . . . . 312.4 Reynoldszahl-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322.5 Strömungskräfte und Gleichgewichtszustand in der Düse . . . . . . . . . 33

2.5.1 Außenregelnder Servomotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342.5.2 Innenregelnder Servomotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

3 Wasserstrahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433.1 Laser-Doppler-Anemometrie (LDA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443.2 Axial-symmetrischer Wasserstrahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453.3 Strahlerweiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483.4 Sekundärströmungen im Wasserstrahl und Strahlqualität . . . . . . . . . . 49

4 Interaktion zwischen Wasserstrahl und Pelton-Rad . . . . . . . . . . . . . . . . 534.1 Aufprallen runden Wasserstrahls auf ebene Platte . . . . . . . . . . . . . . . . 534.2 Mindestschaufelzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544.3 Wasserstrahl-Schaufel-Interaktion und ihre Spezifikation . . . . . . . . . 564.4 Koinzidenz- und Symmetriebedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

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x Inhaltsverzeichnis

4.5 Schaufelzahl des Pelton-Rades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 614.6 Relativlaufbahn des Wasserstrahls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 644.7 Strömungsablösung beim Eintritt am Schaufelausschnitt . . . . . . . . . . 664.8 Stoßfreie Bedingung am Schaufelrücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 674.9 Stoßkraft und ihre Leistung beim Eintritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

4.9.1 Ablenkung der Strömung an der Schaufelmittelschneide . . . 704.9.2 Ablenkung der Strömung an der Ausschnittsschneide . . . . . . 73

5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 775.1 Grundgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

5.1.1 Bewegungsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 775.1.2 Wasserfilmrotation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

5.2 Relativströmung und Invarianzgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 805.2.1 Einfluss des Druckgradienten

infolge der Oberflächenkrümmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 835.2.2 Strahlschichtverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 835.2.3 Invarianzgleichung und Euler-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . 865.2.4 Beispiel: Relativströmung in einer Halbkreisschaufel . . . . . . 87

5.3 Kraftwirksamkeit und die Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 905.3.1 Zentrifugalkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 915.3.2 Coriolis-Kraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 965.3.3 Impulskraft aus Änderung der Strömungsrichtung . . . . . . . . . 995.3.4 Gesamte Wirkung von Impuls-, Zentrifugal-

und Coriolis-Kraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1015.3.5 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

6 Wasserausbreitung in der Schaufel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1076.1 Relativdurchfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1076.2 Breite und Höhe des Wasserfilms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1106.3 Überdruck unter dem Wasserfilm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

7 Austrittsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1137.1 Geschwindigkeitsverhältnis am Schaufelaustritt . . . . . . . . . . . . . . . . . 1137.2 Allgemeine Austrittsbedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1147.3 Austrittsbedingung für Vertikalturbinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

7.3.1 Bedingung für die Austrittsströmung in der Wurzelzone . . . . 1187.3.2 Bedingung für die Austrittsströmung im Ausschnittsbereich 1237.3.3 Auswirkung des Spritzwassers im Fall km > km,max . . . . . . . 124

8 Austrittsverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1278.1 Drallverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

8.1.1 Einfluss der Austrittsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1298.1.2 Einfluss des Austrittswinkels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1308.1.3 Einfluss der Strahlschichtlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1318.1.4 Drallverlust des gesamten Wasserstrahls . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

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8.2 Reibungseffekt am Schaufelrücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1338.3 Ablenkungseffekt am Schaufelrücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134

9 Reibungseffekte und FFT-Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1379.1 Reibungszahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1379.2 Direkte Reibungseffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1419.3 Reibungseffekte durch Änderung der Druckverteilung . . . . . . . . . . . . 1439.4 Gesamte Reibungseffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1459.5 Das Theorem der Strömungsreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

10 Reibungsbehaftete Querströmung durch die Schaufel . . . . . . . . . . . . . . 14910.1 Kombinierte hydraulische Verluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14910.2 Reale Drallverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15010.3 Hydraulische Dissipation und Energiebilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15310.4 Beispiel zum Einfluss von Reibungseffekten auf den Wirkungsgrad 154

11 Reibungsbehaftete Längsströmung durch die Schaufel . . . . . . . . . . . . . 15711.1 Kinematische Gleichung der Strömung in der rotierenden Schaufel 15711.2 Dynamische Gleichungen und Leistungsberechnungen . . . . . . . . . . . 16111.3 Auswirkungen von Strömungskräften

und die hydraulische Dissipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16211.3.1 Stoßkraft am Schaufeleintritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16311.3.2 Impulskraft in der Schaufel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16311.3.3 Zentrifugal-Kraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16411.3.4 Coriolis-Kraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16411.3.5 Direkte Reibungskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16511.3.6 Hydraulische Dissipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16611.3.7 Gesamtwirkungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

11.4 Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

12 Ventilations- und Radreibungsverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17112.1 Pelton-Turbinen mit horizontaler Achse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17212.2 Pelton-Turbinen mit vertikaler Achse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17512.3 Auslaufversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

13 Leistungsverlust durch Lagerreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179

14 Hydraulischer und mechanischer Wirkungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18314.1 Hydraulischer Wirkungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18314.2 Mechanischer Wirkungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

15 Reale hydraulische Wirkungsgradkennlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18515.1 Kritische Laufzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18515.2 Reaktionsgrad des Wasserstrahls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188

15.2.1 Reaktionsgrad im kritischen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18915.2.2 Reaktionsgrad im überkritischen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . 191

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15.2.3 Beispiel zum Reaktionsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19115.3 Reale hydraulische Wirkungsgradkennlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192

16 Durchgangsdrehzahl und Beschleunigungsverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . 19516.1 Theoretische Durchgangsdrehzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19516.2 Reale Durchgangsdrehzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

16.2.1 Mechanische Verlustkennlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19816.2.2 Effektive hydraulische Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19916.2.3 Reale Durchgangsdrehzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199

16.3 Beschleunigungsverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20116.3.1 Unterkritischer Bereich: n < nc . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20216.3.2 Überkritischer Bereich: n > nc . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20216.3.3 Gesamter Beschleunigungsverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

17 Hydraulische Auslegung von Pelton-Turbinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20517.1 Dimensionierung des Pelton-Rades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20517.2 Ellipsenförmiges Schaufelprofil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208

18 Mehrdüsige Pelton-Turbinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21518.1 Mindestversatzwinkel zwischen Wasserstrahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . 21518.2 Düsenschutzdach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217

19 Geometrische und hydraulische Ähnlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21919.1 Geometrische Ähnlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22019.2 Hydraulische Ähnlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220

20 Modellversuch und Wirkungsgradaufwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22520.1 Wirkungsgradaufwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22620.2 Reynolds-Zahl und Strahlkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227

21 Schaufelfestigkeit und Ähnlichkeitsgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22921.1 Dynamische Spannung im Schaufelwurzelbereich . . . . . . . . . . . . . . . 22921.2 Ähnlichkeitsgesetze in der Schaufelbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233

Anhang 1: Parameterbezeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237

Anhang 2: Definitionen der abgeleiteten Größen und Kennzahlen . . . . . . . . 241

Anhang 3: Spezifische Drehzahl und ihre Anwendung in Pelton-Turbinen 243

Anhang 4: Spezifikation des Strahlstücks für eine Schaufel . . . . . . . . . . . . . . 245

Anhang 5: Spezifikation der Schaufelstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253

Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257

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Einleitung

In der Natur ist die hydraulische Energie eine für die Umwandlung in mechani-sche Arbeit direkt nutzbare Energieform. Sie wird heutzutage vorwiegend zur Er-zeugung von Elektrizität genutzt. Im ökologischen Aspekt stellt die hydraulischeEnergie wegen ihrer Erneuerbarkeit eine sehr breite Perspektive für die Zukunftdar. Weltweit werden auch in Zukunft weitere Wasserkraftanlagen gebaut werden.Die hydraulische Energie stellt bereits in vielen Ländern die Hauptform der nutz-baren Energie dar. In Norwegen z. B. besteht fast die gesamte Stromproduktion ausWasserkraft. Nach Angaben des Bundesamtes für Energie (BFE 2004) stammt inder Schweiz ca. 60% der gesamten Stromproduktion aus Wasserkraft. In diesemSinne kann man die Wasserkraft als einen Reichtum der Menschheit bezeichnen.Die hydraulische Energie in der Natur existiert hauptsächlich in zwei Formen: alsFließwasser in Flüssen und als Speicherwasser in Stauseen. Dementsprechend wer-den zur Erzeugung der Elektrizität verschiedene Arte hydraulischer Turbinen ver-wendet.

Von den verschiedenen hydraulischen Turbinen zählen die Freistrahlturbinen,die auch als Gleichdruckturbinen oder Pelton-Turbinen bezeichnet werden, zu denwichtigsten und wohl am weitesten verbreiteten Turbinen (siehe Abbildung). Dieerste Pelton-Turbine wurde von Lester Allan Pelton im Jahr 1879 erfunden underfolgreich getestet. Die Turbine wird hauptsächlich in Berggebieten eingesetzt,wo der Wasserbestand, z. B. in Form eines Stausees, einige hundert Meter bis zu1800 Meter über den Maschinen liegt. Die Leistungen reichen von weniger kWbis zu über 400 MW (Angehrn 2000). In der Schweiz kommen in den Alpen-gebieten vorwiegend Pelton-Turbinen zum Einsatz, zum Teil bereits seit über 80Jahren.

Pelton-Turbinen bestehen im Wesentlichen aus einem Laufrad mit becherför-migen Schaufeln und einem oder mehreren Düsen/Injektoren, die die Frei- bzw.Wasserstrahlen erzeugen. Die Energieübertragungvom Wasserstrahl auf das Pelton-Rad geschieht durch die Interaktion zwischen dem energetischen Wasserstrahlund den rotierenden Schaufeln, die auch als Pelton-Schaufeln bezeichnet wer-

Z. Zhang, Freistrahlturbinen 1DOI: 10.1007/978-3-540-70772-1, © Springer 2009

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2 Einleitung

Abb. 1 Zweidüsige Pelton-Turbine der Kraftwerke Oberhasli (KWO)Fallhöhe H = 670 m, Durchfluss Q = 8.25 m3/s, Drehzahl n = 428.6 U/min, Leistung P =48.6 MW

den. Aufgrund derartiger hydraulischer und mechanischer Interaktionen lässt sichdie Technologie von Pelton-Turbinen in Hydraulik und Strukturmechanik auftei-len. Beide Kategorien repräsentieren ein breites Technologiespektrum und um-fassen die gesamten Aspekte (Wirkungsgrad, Zuverlässigkeit, Lebensdauer usw.)und Komponenten eines Turbinensystems, die vielfach untereinander zu berück-sichtigen sind. So liegt beispielsweise einerseits bei der Auslegung von Schaufel-profilen das Ziel vor, den maximalen hydraulischen Wirkungsgrad zu erreichen,andererseits muss die Materialsicherheit inklusive der Lebensdauer gewährleistetwerden.

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Einleitung 3

A Hydraulik von Pelton-Turbinen

A1 Allgemeines

Bei Pelton-Turbinen gilt die Hydraulik als Kerntechnologie, die die Art und denUmfang zur Ausnutzung der hydraulischen Energie beschreibt. Die Hydraulik vonPelton-Turbinen befasst sich demzufolge mit der Erzeugung des Wasserstrahls unddem Verfahren des Leistungsaustausches zwischen dem Wasserstrahl und demPelton-Rad, wobei hierbei das Ziel ist, die maximal zur Verfügung stehende hy-draulische Energie auszunutzen. Betrachtet man den aktuellen Stand der Technik,sowohl im Neubau als auch in der Erneuerung von Pelton-Turbinen, so wird beiPelton-Turbinen heutzutage ein hydraulischer Wirkungsgrad von 90% erreicht. DasErreichen dieser relativ hohen Wirkungsgrade von Pelton-Turbinen geht vor al-lem auf die praxisnahe Verbesserung der Wasserstrahlbeschaffenheit sowie expe-rimentelle und betriebliche Optimierungen der Interaktion zwischen Wasserstrahlenund Pelton-Schaufeln zurück. In zahlreicher Fachliteratur zu Strömungsmaschinen,wie z. B. Thomann (1931), Pfleiderer und Petermann (1986), Quantz und Meer-warth (1963), Bohl (2004, 2005), Menny (2005), Giesecke und Mosonyi (2005)und Sigloch (2006) sind allgemeine Betriebsbedingungen und Auslegungsregelnfür Pelton-Turbinen zu finden. Trotz der Bedeutung und der langen Geschichte vonPelton-Turbinen hat die allgemeine Hydromechanik offenbar noch keine eingehen-de Anwendung in diesem ingenieurwissenschaftlichen Gebiet gefunden. Zumindestsind physikalische Strömungsvorgänge in Pelton-Turbinen noch nicht so gut ver-standen worden wie es bei anderen Strömungsmaschinen, beispielsweise Pumpenund Francis-Turbinen, der Fall ist. Bei der hydraulischen Auslegung einer Pelton-Turbine haben somit zusätzlich zu den allgemeinen Regeln die Erfahrungen bezüg-lich verschiedener hydraulischer Aspekte immer eine große Rolle gespielt. Selbstdie Schaufelzahl einer Pelton-Turbine wird z. B. nur aus Erfahrungen bzw. aus Ver-suchen bestimmt, ohne dafür grundlegende theoretische Erkenntnisse zu geben. DieHauptgründe für die bemerkbare Wissenslücke bezüglich der Hydromechanik vonPelton-Turbinen sind nach Zhang und Casey (2007c) die komplexen Strömungsver-hältnisse sowohl im Wasserstrahl als auch in der instationären Interaktion zwischender Wasserströmung mit freier Oberfläche und den rotierenden Pelton-Schaufeln.Diese Strömungseigenschaften unterscheiden sich grundsätzlich von denjenigen inanderen Strömungsmaschinen und zeigen zugleich den Schwierigkeitsgrad in deranalytischen Beschreibung der Strömungsvorgänge, insbesondere wenn aus insta-tionären Strömungsvorgängen die mittlere Leistung ermittelt werden soll.

A2 Entwicklungen aus experimentellen Methoden

Die hydraulische Optimierung von Pelton-Turbinen hat in erster Linie die Er-zielung eines maximalen Wirkungsgrades zum Ziel. Wegen der Schwierigkeiten

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4 Einleitung

bei der Berechnung von Strömungsprozessen sind bisherige Untersuchungen anPelton-Turbinen fast ausschließlich auf experimentelle Methoden und Modellver-suche beschränkt. Dabei beziehen sich experimentelle Untersuchungen vor allemauf den Wasserstrahl und die Strömungen in den Schaufeln, während Modellver-suche hauptsächlich zu Strömungsvisualisierungen und Wirkungsgradmessungendienen.

In experimentellen Untersuchungen von Wasserstrahlen haben seit langem kon-ventionelle Methoden unter Anwendung von Pitot-Rohren und Techniken zur Vi-sualisierung von Strömungen eine wichtige Rolle gespielt. Die Pitot-Rohre wer-den zur Messungen von Strömungsverteilungen in Wasserstrahlen verwendet. Manfindet entsprechende Anwendungen in Forschungsarbeiten u. a. von Berntsen et al.(2001) und Brekke (2005). Die Fotografien und ähnlichen Methoden zur Strömungs-visualisierung werden sehr oft verwendet, vor allem um die Beschaffenheit und Sta-bilität des Wasserstrahls zu untersuchen. An einer im Betrieb befindlichen Pelton-Turbine haben Staubli und Hauser (2004) z. B. die fotografische Methode zur Be-stimmung der Strahlerweiterung direkt angewendet, obwohl die erkennbare Strah-lerweiterung nur ein scheinbares Phänomen darstellt. Sowohl Messtechnik auf derBasis von Pitot-Rohren als auch die Fotografie liefern keine Aussagen mit hinrei-chender Genauigkeit und liefern somit kaum Erkenntnisse zur Strahldynamik. Neueweiterführende Erkenntnisse über Wasserstrahlen konnten unter Anwendung einesLaser-Doppler-Anemometers (LDA), das eine störungsfreie optische Messung er-möglicht, von Zhang et al. (2000a, 2000b, 2001, 2003b) erzielt werden. Insbesonde-re konnten die gegen Null gehenden Sekundärströmungen in einem Wasserstrahl ausder Dual-Messmethode (DMM) nach Zhang (2002, 2005a) exakt bestimmt werden.Das aus Messungen bestätigte Vorhandensein von Sekundärströmungen in einemWasserstrahl erklärt grundsätzlich die Beobachtungen von Strahlinstabilität und-störungen. Wesentliche Eigenschaften von Wasserstrahlen und ihre experimentelleUntersuchung mittels LDA-Messtechnik sind von Zhang und Casey (2007c) zusam-mengefasst worden.

Experimentelle Messungen von Strömungen in den Pelton-Schaufeln sind mitgroßen Schwierigkeiten verbunden, da die Strömungen dort schwer zugänglich sind.Es sind daher vor allem Strömungsvisualisierungen zur Interaktion von Wasser-strahl und rotierenden Pelton-Schaufeln sowie vom Abströmen des Wassers aus denSchaufeln bekannt. Die instationäre dynamische Ausbreitung des Wasserfilms ineiner rotierenden Schaufel konnte bisher jedoch noch nicht messtechnisch erfasstwerden. Sehr oft wurde deswegen davon ausgegangen, dass die Relativgeschwindig-keit in einer rotierenden Schaufel konstant bleibt. Dies entspricht der reibungsfreienStrömung und dem Fall mit Vernachlässigung der Zentrifugalkraft. Unter Umstän-den ist diese Annahme jedoch nur bedingt gültig, wenn es um die qualitative Aus-sage über die Strömungsausbreitung in einer rotierenden Schaufel geht. Im Gegen-satz dazu muss auch klar gestellt werden, wann und wofür die genaue quantitativeKenntnis über die Wasserausbreitung in der rotierenden Schaufel gebraucht wird.Zur Bestimmung der hydraulischen Leistung der Wasserströmung in der Schaufelgenügt im Prinzip die Betrachtung von Strömungen jeweils am Schaufelein- undaustritt.

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Einleitung 5

Seit Beginn dieses Jahrhunderts sind neben Strömungsmessungen hauptsäch-lich Messungen von Druckverteilungen auf den Schaufeloberflächen von Modell-turbinen durchgeführt worden. Die entsprechenden Druckmessungen in rotierendenPelton-Schaufeln wurden z. B. von Angehrn (2000), Kvicinsky et al. (2002) undPerrig et al. (2006) veröffentlicht. Die Druckmessungen in einer auf den Bodendes Labors fixierten Pelton-Schaufel wurden von Zoppé (2006) durchgeführt. Ex-akterweise dürften Messergebnisse zu einer fixierten Pelton-Schaufel nicht auf einerotierende Schaufel übertragen werden, da die Kraftverhältnisse, die die Strömungin der Schaufel bestimmen, nicht gleich sind.

Die meisten Messungen an Pelton-Turbinen sind bei Modellversuchen durchge-führt worden. Da es keine hinreichend analytische Kenntnisse zu Strömungsver-hältnissen in Pelton-Turbinen gegeben hat, sind Modellversuche der einzige Weg,um die hydraulische Auslegung einer Prototyp-Pelton-Turbine zu überprüfen undhinsichtlich des größtmöglichen Wirkungsgrades zu optimieren.

Aus experimentellen Untersuchungen an verschiedenen Pelton-Rädern konnteTaygun (1946) z. B. die optimale Schaufelzahl eines Pelton-Rades in Abhängig-keit von der Radgeometrie ermitteln. Die jahrzehntelangen und im großen Um-fang durchgeführten Modellversuche haben dazu beigetragen, dass Pelton-Turbinenheutzutage vielfach einen hydraulischen Wirkungsgrad von 90% aufweisen können.Die weitere Optimierung des Wirkungsgrades durch Modellversuche scheint jedochschwierig zu sein, da das mögliche Verbesserungspotential weder aus Strömungsvi-sualisierung noch aus Messungen des Systemwirkungsgrades aufgeklärt bzw. iden-tifiziert und quantifiziert werden kann. Wegen der mit Modellversuchen verbunde-nen hohen Kosten und vor allem wegen der Fortschritte bei analytischen Berechnun-gen sowie computergestützten Simulationen verlieren Modellversuche zunehmendihre ursprüngliche Bedeutung.

A3 Entwicklungen aus numerischen CFD-Methoden

Eine andere aktuelle Methode zur Untersuchung von Strömungen in Pelton-Turbinenist die numerische Simulation, basierend auf rechnergestützten Verfahren, auch als„Computational Fluid Dynamics (CFD)“ bezeichnet. Die Anwendung der CFD-Methode in den hydraulischen Berechnungen von Pelton-Turbinen begann gegenEnde der 90ger Jahre des letzten Jahrhunderts und gewinnt zunehmend an Bedeu-tung. Auf die entsprechenden Untersuchungen, z. B. von Kubota et al. (1998), Par-kinson et al. (2002, 2005), Muggli et al. (2000, 2003), Mack und Moser (2002),wird hiermit verwiesen. Haupteinsatzbereiche der numerischen Berechnungen stel-len Interaktionen zwischen Wasserstrahl und rotierenden Pelton-Schaufeln sowiedie Ausbreitung des Wasserfilms in den rotierenden Schaufeln dar. Dies sind dieGebiete, die für experimentelle Messungen bisher schwer zugänglich sind. Die nu-merischen Berechnungen dürften somit als eine nützliche Alternative für die Un-tersuchung von Strömungen in Pelton-Turbinen betrachtet werden, vorausgesetzt,dass die Berechnungen zuverlässig sind und zur klaren Aussage über Wirkungs-

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6 Einleitung

gradverbesserung als Zielaufgabe führen können. Bis zur Erfüllung dieser Anforde-rungen liegt jedoch noch ein langer Weg vor uns. Da es zu den Strömungsvorgängenin rotierenden Pelton-Schaufeln keine direkten Vergleichsmessungen gibt, könnennumerische Berechnungen nicht ohne weiteres validiert werden. Die oben erwähn-ten Druckmessungen an der Innenseite einer Pelton-Schaufel von Kvicinsky et al.(2002), Perrig et al. (2006) und Zoppe et al. (2006) wurden alle zum Zweck derValidierung numerischer Berechnungen durchgeführt. Die Genauigkeit von CFD-Berechnungen ist vor allem dadurch gefährdet, dass zusätzlich zum angenommenenTurbulenzmodell die freien Oberflächen des Wasserstrahls und -films in der Schau-fel immer als finite Bereiche mit homogener Zwei-Phasen-Strömung angenommenwerden müssen. Ferner können mit CFD-Methoden zwar die Strömungen, z. B. inder Schaufel, berechnet werden, jedoch die physikalischen Zusammenhänge nichterklärt werden. Dies hat zur Folge, dass zu jeder Änderung der Betriebs- oder Aus-legungsparameter eine neue CFD-Berechnung absolviert werden muss.

A4 Entwicklungen aus analytischen Methoden

Aufgrund der Tatsache, dass Pelton-Turbinen aus ihrer langen Geschichte mit stän-digen hydraulischen Optimierungen heutzutage einen recht hohen Wirkungsgradaufweisen können, ist eine weitere Erhöhung des Wirkungsgrades fast nur mög-lich, wenn man aus der grundlegenden Analyse von Strömungsvorgängen in Pelton-Turbinen das mögliche Verbesserungspotential aufzeigen kann. Das bedeutet nichtsanderes als dass man alle möglichen Verlustquellen in einer Pelton-Turbine zunächstaufspüren und die entsprechenden Verluste möglichst genau abschätzen muss. Diedazu notwendigen analytischen Ausarbeitungen und die daraus folgenden Ergebnis-se, auch wenn unter bestimmten Annahmen hergeleitet, gelten im Sinne der zielge-richteten hydraulischen Optimierung als wegweisend.

Zur analytischen Beschreibung der physikalischen Strömungsvorgänge in einerPelton-Turbine sollen im Grund genommen die Euler- und Lagrange-Methodenkombiniert verwendet werden. Das ist dadurch begründet, dass die instationäre Aus-breitung des Wasserfilms mit freier Oberfläche in erster Näherung durch Verfolgungder Bewegung eines Wasserteilchens in einer rotierenden Schaufel beschrieben wer-den kann. In der Tat stellt die Lagrange-Methode in diesem Fall eine vergleichbareMethode wie in der allgemeinen Mechanik dar, denn die Bewegung eines Was-serteilchens im Wasserfilm mit freier Oberfläche erfolgt bei annähernd konstan-tem Druck. Wie bei einer festen Partikel spielen lediglich Zentrifugal-, Coriolis-und Trägheitskräfte eine Rolle, die Druckkraft ist von untergeordneter Bedeutung.Die entsprechenden Bewegungsgleichungen konnten zwar allgemein erstellt wer-den, sind jedoch für lange Zeit nicht weitergehend betrachtet worden.

Kishioka und Osawa (1972) können als eine der wenigen Forschergruppen be-zeichnet werden, die mit analytischen Untersuchungen versucht haben, Strömungs-vorgänge in einer rotierenden Pelton-Schaufel zu beschreiben und den Verlust inZusammenhang mit verschiedenen Strömungsformen in der betrachteten Schaufel

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Einleitung 7

zu bestimmen. Offenbar wurde wegen des komplexen Zusammenhangs in der Strö-mungsmechanik sowie der damit verbundenen Schwierigkeiten bei den Berechnun-gen die Analyse nicht weiter verfolgt.

Zur Beschreibung von Wasserströmungen in rotierenden Schaufeln sind neueanalytische Untersuchungen von Zhang und Müller (2005b, 2006b, 2007d) sowieZhang (2007a, 2007b) durchgeführt worden. Die aus Untersuchungen abgeleite-te Strahlschichtmethode in Verbindung mit der sogenannten Invarianzgleichungerleichtert massiv die Strömungsberechnungen in Pelton-Schaufeln. Insbesondereging aus den Untersuchungen hervor, dass die Reibung zwischen Wasserströmungund Schaufeloberfläche die größte Verlustquelle in einer Pelton-Turbine darstellt.Der entsprechende Zusammenhang mit dem Reibungseffekt ist als Gesetz der Strö-mungsreibung in Pelton-Turbinen, in Englisch als Flow Friction Theorem (FFT),bezeichnet worden. Das FFT-Gesetz liefert erstmalig die physikalische Bestätigung,dass zu Gunsten des Wirkungsgrades die Schaufeloberfläche so glatt wie möglichbeschaffen sein soll. Darin kann gegenwärtig auch das größte Potential zur Erhö-hung des Systemwirkungsgrades gesehen werden.

A5 Weitere hydraulische Aspekte

Weitere hydraulische Aspekte für Pelton-Turbinen stellen Regulierungen des Was-serdurchflusses der Injektoren durch Servomotoren dar, sowie die Bestimmungder Stellkraft des Servomotors, die Interaktion zwischen Wasserstrahl und Pelton-Schaufeln am Schaufeleintritt, die hydraulische Strahlkraft beim Impulsaustausch,die Austrittsbedingung des Wassers aus den Schaufeln, der minimale Versatzwin-kel zwischen zwei benachbarten Düsen (Injektoren) bei einer mehrdüsigen Pelton-Turbine, die Schaufelform, das Spritzwasser, die Gestaltung des Turbinengehäu-ses sowie die Durchgangsdrehzahl des Pelton-Rades beim Lastabwurf auf der Seitedes Generators. Alle genannten Aspekte sind bei der hydraulischen Auslegung vonPelton-Turbinen relevant. Manche von ihnen können einfach berechnet werden, beianderen sind nach wie vor Erfahrungswerte von hoher Bedeutung. Erwähnenswertist unter diesen Punkten die von Zhang und Müller (2007d) abgeleitete genaue Be-stimmung der Durchgangsdrehzahl des Pelton-Rades im Fall der Lastabwurf. Dabeikann auch der gesamte Beschleunigungsprozess des Pelton-Rades bis zum Errei-chen der Durchgangsdrehzahl genau berechnet werden.

B Strukturmechanik von Pelton-Turbinen

Parallel zur hydraulischen Auslegung von Pelton-Turbinen ist das mechanische De-sign ein wichtiger Sektor bezüglich der Funktionalität und der Zuverlässigkeit al-ler Maschinenkomponenten einschließlich Verteiler, Injektor, Laufrad, Turbinenge-häuse und so weiter. Insbesondere erfordert die periodische Belastung der Pelton-

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8 Einleitung

Schaufeln rationale mechanische Auslegung und Anwendung des geeigneten Ma-terials sowie Fehlerfreiheit in der Fertigung. Als Peripherien müssen alle mechani-schen Komponenten wie Servomotor, Kupplung und Ablenker in Übereinstimmungmit den entsprechenden hydraulischen Beanspruchungen entworfen werden.

Von besonderer Bedeutung bei der mechanischen Auslegung von Pelton-Turbi-nen ist die Berechnung der mechanischen Festigkeit der Pelton-Schaufeln, die un-ter periodischer und extrem hoher mechanischer Belastung stehen. Zu den größtenProblemen im Betrieb von Pelton-Turbinen zählen Rissbildungen, Materialermü-dung und Sandabrasionen bei den Pelton-Schaufeln. Die letzteren sind stark vonder Sandhaltigkeit im Triebwasser und der hydraulischen Fallhöhe abhängig. Inkritischen Fällen muss man mit der Verkürzung der Wartungsperiode der Pelton-Schaufeln rechnen. Als sehr wirksam gegen Abrasion hat sich die Verschleißbe-schichtung der Schaufelinnenfläche mit harten Materialien gezeigt, welche heutzu-tage zunehmend in die Praxis angewandt werden. Es muss darauf geachtet werden,dass die Verschleißbeschichtung oft eine rauhe Oberflächenstruktur hinterlässt, diezur Erhöhung des hydraulischen Wirkungsgrades, wenn immer möglich, geglättetwerden sollte. Die Verschleißbeschichtung wird heute vielmehr auch bei der Nadel-oberflächen und den Oberflächen der Düsenmundstücke angewendet, da die eben-falls sehr häufig von den Abrasionsvorgängen betroffen sind.

Rissbildung und Materialermüdung treten am häufigsten im Bereich der Schau-felwurzel auf, wo die größte Materialbeanspruchung infolge des größten Biegmo-mentes der Schaufel zu verzeichnen ist. Zur Materialfestigkeit von Pelton-Schaufelngibt es zahlreiche Untersuchungen. Darunter sind z. B. Untersuchungen von Greinet al. (1984, 1986a). Aus den gesammelten Erfahrungen im Betrieb von Pelton-Turbinen kennt man mittlerweile die obere Grenze der Materialbeanspruchung. Sieist offenbar vom verwendeten Material sowie dem Fertigungsverfahren abhängig.Während früher Pelton-Räder fast nur aus Stahlguss gefertigt oder die Schaufelnmit Schrauben an einer Grundscheibe befestigt wurden, werden Pelton-Räder heut-zutage oft aus Schmiedscheiben rostfreien Stahls gefräst, sodass die Belastbarkeitder Pelton-Schaufeln und daher die Lebensdauer deutlich gestiegen sind.

In Zusammengang mit der Entwicklung der Finite-Elemente-Methode (FEM)zur Berechnung von Materialbeanspruchungen können heutzutage die Schaufelfes-tigkeiten unter jeder Belastung sehr genau berechnet werden. FEM-Berechnungensind somit zur Vorhersage der Schaufelbelastbarkeit bereits in der Auslegungsphaseunentbehrlich geworden.

C Zielsetzung dieses Fachbuches

Das vorliegende Fachbuch befasst sich mit der Funktionsweise und den Auslegungs-kriterien von Pelton-Turbinen auf einem breiten Spektrum der Hydromechanik, umweitgehend ein vollständiges Bild dieser Hydro-Technologie darzustellen und diewichtigsten Fachkenntnisse zusammenzufassen. Auf der hydraulischen Seite einerPelton-Turbine werden, ausgehend von den Wasserstrahlen, sämtliche Prozesse bis

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Einleitung 9

zur Leistungsabgabe systematisch beschrieben. Dies bildet den Schwerpunkt diesesBuches. Die detaillierten mathematischen Beschreibungen hydraulischer Prozessedienen zum einen zu quantitativen Angaben von Einflüssen verschiedener Betriebs-und Auslegungsparameter auf das Betriebsverhalten und zum anderen zum Auf-zeigen der Zusammenhänge zwischen verschiedenen physikalischen Vorgängen ineiner Pelton-Turbine. Da sehr viele Strömungsvorgänge in Pelton-Turbinen und ihreWirkung auf den Leistungsaustausch explizit und genau dargestellt werden können,sollen die entsprechenden Gesetze zur genauen Spezifizierung der Erfahrungsdatenin der hydraulischen Auslegung einer Pelton-Turbine dienen. Insbesondere könnensie zur Vereinfachung und Leistungsverbesserung der numerischen Simulationenbeitragen. Zumindest können direkte Rechenergebnisse unter bestimmten Randbe-dingungen zur Validierung der herkömmlichen numerischen Berechnungen heran-gezogen werden. Aus Sicht des Autors dieses Buches sowie aus bisherigen erfolg-reichen Versuchen des Verfassers besteht ferner die Perspektive, numerische Be-rechnungsmethoden unter Berücksichtigung ausgearbeiteter Strömungsgesetze fürPelton-Turbinen direkt und speziell weiter zu entwickeln, anstatt wie bisher immervon den Navier-Stokes-Gleichungen ausgehen zu müssen. Da ungenaue Turbulenz-modellierungen und unrealistische Zwei-Phasen-Strömungsmodelle an den freienOberflächen des Wassers (Freistrahl und Wasserfilm) nicht benötigt werden, kön-nen daher wesentlich hochwertigere Berechnungsergebnisse erwartet werden.

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Kapitel 1Arbeitsprinzip von Pelton-Turbinen

1.1 Umwandlung von hydraulischer Energiein mechanische Energie

In Wasserkraftwerken mit Pelton-Turbinen liegt die hydraulische Energie in Formvon Potentialenergie vor, die aus der geodätischen Höhendifferenz zwischen deroberen Lage der Wasserquellen und den tiefer liegenden Turbinen zur Verfügungsteht. Diese Höhendifferenz wird in der Terminologie der Wasserkraftmaschinen alsFallhöhe H bezeichnet. Die Umwandlung dieser Potentialenergie in Nutzleistungüber Pelton-Turbinen geschieht zuerst durch Umwandlung der Potentialenergie inkinetische Energie in Form von Wasserstrahlen auf Höhe der Pelton-Turbinen. UnterVernachlässigung von Verlusten im Injektor errechnet sich die Strahlgeschwindig-keit nach der Bernoulli-Gleichung zu

C0 =√

2gH (1.1)

mit H als Nettofallhöhe am Eintritt des Injektors.Die Umwandlung der kinetischen Energie des Wasserstrahls in mechanische

Energie geschieht durch Interaktion zwischen dem Wasserstrahl und den rotieren-den Schaufeln der Pelton-Turbine. Der Einfachheit halber wird zuerst eine gerad-linige Schaufelbewegung bei einer konstanten Geschwindigkeit U angenommen(Abb. 1.1). Diese Vereinfachung hat zur Folge, dass im System nur die Kraft ausImpulsänderung resultiert.

Die Interaktion zwischen Wasserstrahl und Schaufel wird im bewegten Systemdirekt betrachtet. Für das Strömungsverhältnis am Eintritt der Schaufel (Index 1) istmit C1 = C0 die Relativgeschwindigkeit gegeben durch

W1 = C1 −U (1.2)

Der Wasserstrahl breitet sich in der Schaufel aus. Die Änderung der Strömungsrich-tung des Wassers längs der Schaufeloberfläche bewirkt nach dem Impulssatz eineDruckzunahme unter dem Wasserfilm. Gemäß der Bernoulli-Gleichung mit kon-

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12 1 Arbeitsprinzip von Pelton-Turbinen

Abb. 1.1 Interaktion undLeistungsaustausch zwischeneinem Wasserstrahl und derlinear bewegten Schaufel

stanter Totalenergie verringert sich bei Zunahme der Wasserfilmdicke die entspre-chende Geschwindigkeit. An der Oberfläche des Wasserfilms herrscht stets Atmo-sphärendruck und daher stellt sich unter Voraussetzung einer reibungsfreien Strö-mung auch eine konstante Geschwindigkeit ein, die aus Gl. (1.2) hervorgeht. DieDruckverteilung und daher die Geschwindigkeitsverteilung im Wasserfilm werdenin Abschnitt 5.1.2 sowie Abschnitt 6.3 genauer betrachtet.

Sobald das Wasser den Schaufelaustritt (Index 2) erreicht, bzw. die Schaufel un-ter dem Winkel β2 erlässt, steht es unter dem Umgebungsdruck. Die Relativge-schwindigkeit des Wassers stellt sich wieder auf den Anfangswert nach Gl. (1.2)ein (W2 = W1 = W ). Die Absolutgeschwindigkeit kann durch vektorielle Additionausgedrückt werden:

C22 = U2 + W 2 +2UW cosβ2 (1.3)

Nach dem Impulssatz steht die Richtungsänderung innerhalb der Strömung stetsmit einer entsprechenden Kraft in Verbindung. Diese Kraft ist nichts anderes als dieDruckkraft unter dem Wasserfilm. Wird die Strömung zwischen Ein- und Austrittder bewegten Schaufel betrachtet, so berechnet sich die summierende Kraftkompo-nente in der Richtung der Schaufelbewegung nach dem Impulssatz zu

FSch = mw · (W1 − W2 · cosβ2)= mw · W (1− cosβ2) (1.4)

Der Index bei FSch bezieht sich auf die Schaufel. Der Massenstrom des Wassersin der Schaufel wird durch die Relativgeschwindigkeit (W ) bestimmt und mit mwbezeichnet.

Dieser Massenstrom steht mit dem Massenstrom des Absolutsystems (mc) imfolgenden Zusammenhang:

mw = W/C0 · mc (1.5)

Die Gleichung zeigt, dass der Wasserstrahl im Relativsystem um den Faktor κ =C0/W > 1 längs ausgedehnt wird. Das heißt, dass ein Strahlstück, welches inner-halb einer Sekunde aus der Düse austritt, κ Sekunden braucht, um komplett in dieSchaufel einzutreten. Der Faktor κ kann daher auch als ein Zeitfaktor angesehen

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1.1 Umwandlung von hydraulischer Energie in mechanische Energie 13

werden. Dementsprechend ist nach Gl. (1.4) die Wechselwirkungskraft zwischenWasserstrahl und Schaufel auszudrücken durch

FSch = mc · W 2/C0 · (1− cosβ2) (1.6)

Die Arbeitsleistung im Relativsystem errechnet sich zu

Pw = FSch ·U = mc · W 2/C0 · (1− cosβ2) ·U (1.7)

Die Bedingung für maximale Arbeitsleistung kann zwar aus dPw/dU = 0 zuU/C0 = 1/3 berechnet werden, diese Bedingung ist jedoch nicht die Bedingungfür eine maximale Umwandlung der im Wasserstrahl vorhandenen Energie. Zur Be-rechnung der Arbeitsleistung wird daher die spezifische Arbeit (J/kg) aus der Inter-aktion zwischen Wasserstrahl und Schaufel betrachtet. Aus der Düse tritt eine Ein-heitsmasse des Wassers (1 kg) innerhalb der Zeit tc = 1/mc aus. Das gleiche Wasserbraucht eine Zeitdauer von tcκ , um komplett in die Schaufel einzutreten. Die durchInteraktion zwischen Wasserstrahl und Schaufel geleistete spezifische Arbeit ergibtsich aus der Multiplikation der Arbeitsleistung mit der Zeit:

e = Pwtcκ (1.8)

Unter der Betrachtung der Gl. (1.7) sowie κ = C0/W und mctc = 1 errechnet sichdie geleistete spezifische Arbeit

e = UW (1− cosβ2) (1.9)

Die maximal geleistete spezifische Arbeit ergibt sich aus der Bedingung de/dU = 0mit W = C0 −U zu:

U = 0.5C0 (1.10)

Unter dieser Bedingung beträgt die geleistete spezifische Arbeit aus Gl. (1.9)

e = 1

4C2

0 (1− cosβ2) (1.11)

Die Austrittsgeschwindigkeit des Wassers aus der Schaufel ergibt sich aus Gl. (1.3):

C22 = 1

2C2

0 (1+ cosβ2) (1.12)

Aus Gl. (1.11) ist zu erkennen, dass die maximal geleistete spezifische Arbeit sichergibt, wenn für den Austrittswinkel am Schaufelaustritt β2 = 180◦ gilt:

e = 1

2C2

0 (1.13)

Sie ist gleich der im Wasserstrahl vorhandenen spezifischen kinetischen Energie.Dementsprechend ist aus Gl. (1.12)

C2 = 0 (1.14)

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14 1 Arbeitsprinzip von Pelton-Turbinen

die so sein muss, wenn die im Wasserstrahl vorhandene kinetische Energie an diebewegte Schaufel gänzlich abgegeben wird.

Bei der praktischen Auslegung von Pelton-Turbinen kann die Austrittsgeschwin-digkeit C2 nicht Null werden, da das Wasser von der Schaufel wegströmen muss,um den Weg für die nachkommende Schaufel frei zu machen. Dementsprechendist der Austrittswinkel oft mit β2 ≈ 170◦ festgelegt. Die mit C2 �= 0 verbundenekinetische Energie des wegströmenden Wassers muss daher als ungenutzt bzw. alsVerlust betrachtet werden. Dieser Verlust wird in der Praxis oft als Austrittsverlustbezeichnet.

Das in Abb. 1.1 dargestellte Modell ist ein hydraulisches Modell, bei dem füreine reibungsfreie Strömung der Austrittsverlust als einziger Verlust auftritt. Derhydraulische Wirkungsgrad ist definiert als das Verhältnis der geleisteten spezifi-schen Arbeit zur spezifischen kinetischen Energie im Wasserstrahl. Aus Gl. (1.9)mit W = C0 −U wird dieser berechnet zu

ηh = e

C20/2

= 2 ·(

1− U

C0

)U

C0(1− cosβ2) (1.15)

bzw. mit k = U/C0 zu

ηh = 2k (1− k)(1− cosβ2) (1.16)

In Abb. 1.2 ist der hydraulische Wirkungsgrad gemäß Gl. (1.16) in Abhängigkeitvom Geschwindigkeitsverhältnis k dargestellt, wobei der Austrittswinkel zum β2 =180◦ angenommen wurde. Der maximale hydraulische Wirkungsgrad ergibt sicherwartungsgemäß bei k = 0.5 zu

ηh,max = 0.5 (1− cosβ2) (1.17)

Kann der hydraulische Reibungsverlust in der Wasserfilmströmung nicht vernach-lässigt werden, muss die Berechnung des hydraulischen Wirkungsgrades entspre-chend abgeändert werden. Dies wird in den Kapiteln 9, 10 und 14 ausführlich be-schrieben.

Abb. 1.2 Wirkungsgradkennliniedes Bewegungssystems nachAbb. 1.1 mit β2 = 180◦

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1.2 Pelton-Turbinen und ihre Spezifikation 15

1.2 Pelton-Turbinen und ihre Spezifikation

Eine Pelton-Turbine besteht im Wesentlichen aus einem oder mehreren Injekto-ren (Düsen) zur Generierung des Wasserstrahls sowie einem Laufrad mit Schau-feln (auch als Becher bezeichnet) zur Übertragung der Wasserkraft (Abb. 1.3). DieInjektoren haben zweierlei Aufgaben auszuführen. Zum einen wandelt das Düsen-mundstück eines Injektors die Druckenergie des Wassers in kinetische Energie um.Zum anderen reguliert der Injektor über einen zugehörigen Servomotor den Durch-fluss. Der Leistungsaustausch schließlich geschieht zwischen dem Wasserstrahl unddem Pelton-Rad. Da das Pelton-Rad rotiert, treten in der Strömung Zentrifugal-und Coriolis-Kräfte auf. Das Strömungsverhalten innerhalb der Schaufel unterschei-det sich daher von demjenigen der geradlinigen Schaufelbewegung. Die in Ab-schnitt 1.1 eingeführten Grundlagen zur Energieumwandlung gelten jedoch ohneweiteres auch für die Pelton-Turbine. Zusätzlich werden Pelton-Turbinen durch fol-gende Spezifikationen von Parametern und Kennzahlen beschrieben.

1.2.1 Geometrische Spezifikation des Pelton-Rades

Gemäß Abb. 1.4 wird ein Pelton-Rad hauptsächlich durch folgende Parameter di-mensioniert:

Strahlkreisdurchmesser Dm = 2Rm,

Radinnendurchmesser Db = 2Rb,

Radaußendurchmesser Da = 2Ra,

Spitzenkreisdurchmesser Ds = 2Rs,

Durchmesser des Nebenschneidekreises Dc = 2Rc,

Schaufelzahl N ,

Schaufelbreite B ,

Schaufelaustrittswinkel β2,

Grundkreisradius der Schaufelmittelschneide (auch als Hauptschneide bezeich-net) rs.

Die Auslegung eines Pelton-Rades hängt von der hydraulischen Spezifikation derTurbinenanlage ab. Ausgehend von den allgemeinen Anhaltspunkten in der Ausle-gung, welche durch hydraulische Kennzahlen (Abschnitt 1.2.2) festgelegt sind, wirddas Pelton-Rad zusätzlich unter der Berücksichtigung des Generators und dessenDrehzahl dimensioniert. Mehr dazu ist in Kapitel 17 zu finden. Der Austrittswin-kel β2 wird unter Umständen durch die Austrittsbedingung (Kapitel 7) festgelegt,während die Optima von Schaufelzahl aus Koinzidenz- und Symmetriebedingungen(Kapitel 4) hergeleitet wird.

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16 1 Arbeitsprinzip von Pelton-Turbinen

Abb. 1.3 Pelton-Turbine mit zwei Injektoren, Kraftwerk Kleintal

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1.2 Pelton-Turbinen und ihre Spezifikation 17

Abb. 1.4 Parameterbezeichnung eines Pelton-Rades

1.2.2 Hydromechanische Kennzahlen

Im Strömungsmaschinenbau verwendet man diverse Kennzahlen, um die Maschi-nen zu dimensionieren und deren Leistungen zu quantifizieren. Bei Pelton-Turbinenverwendet man jedoch nur wenige Kennzahlen, die für die geometrische und hy-draulische Auslegung sowie für die Berechnung der Turbinenleistung ausreichendsind. Die wichtigsten Kennzahlen sind hier zusammengestellt.

A Laufzahl km

Die Laufzahl wird auch als spezifische Umfangsgeschwindigkeit des Pelton-Radesbezeichnet. Sie ist definiert als Verhältnis der Umfangsgeschwindigkeit Um auf demStrahlkreis (Rm in Abb. 1.4) zur Strahlgeschwindigkeit C0

km = Um

C0= Um√

2gH(1.18)

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18 1 Arbeitsprinzip von Pelton-Turbinen

Die Laufzahl stellt einen der wichtigsten Parameter bei der Auslegung von Pelton-Turbinen dar. Sie hat die gleiche Bedeutung wie der k-Wert in Gl. (1.16) und re-präsentiert den Wirkungsgrad in ähnlicher Form wie in Abb. 1.2 dargestellt. In derPraxis ist die Laufzahl bisher immer im Bereich zwischen 0.45 und 0.48 festgelegtworden, wodurch der maximal mögliche hydraulische Wirkungsgrad erzielt werdenkann.

Bei allgemeiner Betrachtung von Strömungsmaschinen wird oft die Druckzahlin der Form ψ = Y/(U2

m/2) verwendet, wobei Y = gH als Stutzenarbeit bezeichnetwird. Die Ableitung ergibt, dass zwischen der Laufzahl und der Druckzahl folgenderZusammenhang besteht:

km =√

1/ψ (1.19)

Aus diesem Grund wird zur Beschreibung einer Pelton-Turbine auf die Verwendungder Druckzahl verzichtet.

B Schaufelauslastung ϕB

Die Schaufelauslastung repräsentiert den Wasserdurchfluss bezogen auf eine Düse(QD) und somit die hydraulische Auslastung jeder einzelnen Pelton-Schaufel. DieSchaufelauslastung ist als dimensionslose Kennzahl definiert durch

ϕB = QD

π/4 · B2√

2gH(1.20)

mit B als Innenbreite der Schaufel.Da der aus einer Düse austretende Durchfluss QD = π/4 · d2

0

√2gH (mit d0 als

Strahldurchmesser) ist, berechnet sich die Schaufelauslastung zu

ϕB =(

d0

B

)2

(1.21)

Die Schaufelauslastung in dieser Form repräsentiert ein geometrisches Verhältniszwischen dem Wasserstrahl und der Schaufeldimension. In dieser Form lässt sichdurch Gl. (1.21), im Unterschied zu Gl. (1.20), direkt eine Aussage über die Schau-felauslastung treffen. Aus diesem Grund wird im vorliegenden Buch die vorteilhaf-tere Definition der Schaufelauslastung ϕB nach Gl. (1.21) bevorzugt.

Die Schaufelauslastung dient zum einen zur Darstellung des Durchflusses indimensionsloser Form und zum anderen zur Festlegung der Schaufelbreite. DieSchaufelbreite wird meistens dadurch festgelegt, dass beim Nenn- bzw. Maximal-durchfluss der Strahldurchmesser d0 etwa 1/3 der Schaufelbreite B beträgt. Darausergibt sich das Auslegungskriterium der Schaufellbreite zu ϕB = 0.09 bis 0.11.

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1.2 Pelton-Turbinen und ihre Spezifikation 19

C Spezifische Drehzahl nq

Ein weiterer Parameter zur Auslegung des Pelton-Rades ist die spezifische Dreh-zahl, die hier direkt aus der Fachliteratur, z. B. von Pfleiderer und Petermann (1986),übernommen wird. Sie ist definiert durch

nq = n

√QD

H 3/4(1.22)

Nach dieser Definition ist die spezifische Drehzahl weder dimensionslos noch ent-spricht sie der Dimension der Drehzahl (1/min oder 1/s). Um Missverständnisse zuvermeiden, werden mit QD und H bei der spezifischen Drehzahl diejenigen dimen-sionslosen Größen bezeichnet, die jeweils auf den Volumenstrom QD = 1 m3/s unddie Fallhöhe H = 1 m bezogen sind. Somit haben n und nq die gleiche Einheit, ent-weder 1/s oder 1/min. In der vorliegenden Arbeit wird die spezifische Drehzahl nqvorwiegend mit der Einheit 1/s verwendet.

Als Alternative zur spezifischen Drehzahl wird in der Fachliteratur die Schnell-läufigkeit verwendet, die definiert ist durch

ny = n

√QD

(gH)3/4= n

√QD

Y 3/4 (1.23)

Damit die Schnellläufigkeit dimensionslos bleibt, muss die Drehzahl in 1/s gegebensein.

Zwischen der spezifischen Drehzahl nq und der Schnellläufigkeit ny ergibt sichaus Gln. (1.22) und (1.23) folgender Zusammenhang

nq = g3/4ny = 5.54ny (1/s) (1.24)

oder davon ausgehend

nq = 333ny (1/min) (1.25)

Die spezifische Drehzahl oder die Schnellläufigkeit wird hauptsächlich dort ver-wendet, wo bei gegebenem Durchfluss und gegebener Fallhöhe eine Pelton-Turbinebezüglich der Düsenzahl, Drehzahl und Raddimension ausgelegt werden soll. Diegenaue Vorgehensweise bei der Auslegung einer Pelton-Turbine mittels der spezifi-schen Drehzahl wird in Kapitel 17 ausführlich beschrieben. In Anbetracht ingenieur-wissenschaftlicher Anwendungen wird im Rahmen dieses Buches ausschließlich diespezifische Drehzahl nach Gl. (1.22) verwendet.

Es soll hier vermerkt werden, dass die spezifische Drehzahl gleichzeitig dasDurchmesserverhältnis δ = Dm/d0, auch Durchmesserzahl genannt (Sigloch 2006),darstellt. Dies kann aus Gl. (1.22) abgeleitet werden, indem der Durchfluss durchQD = 1

4πd20

√2gH ersetzt wird und die Laufzahl nach Gl. (1.18) verwendet wird:

nq = g3/4 km

21/4√πd0

Dm= 2.63km

d0

Dm(1/s) (1.26)

Page 33: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

20 1 Arbeitsprinzip von Pelton-Turbinen

Hierdurch wird die Bedeutung der spezifischen Drehzahl veranschaulicht. Da dieLaufzahl quasi eine Konstante ist, repräsentiert die spezifische Drehzahl ausschließ-lich das Durchmesserverhältnis Dm/d0. Unter der Betrachtung der Schaufelauslas-tung nach Gl. (1.21) kann die spezifische Drehzahl auch angegeben werden durch

nq = (2g)3/4

2√π

km√ϕB

B

Dm= 2.63km

√ϕB

B

Dm(1.27)

Unter dem Nennbetrieb, bei dem auch ϕB ≈ 0.11 gilt, repräsentiert die spezifischeDrehzahl nach Gl. (1.27) die geometrische Auslegung des Pelton-Rades durch dasgeometrische Verhältnis B/Dm.

Da die spezifische Drehzahl gemäß ihrer Definition nach Gl. (1.22) direkt ausdem Durchfluss und der Nettofallhöhe berechnet wird, ist sie für die Auslegungvon Pelton-Turbinen durch die Angaben von QD und H besonders geeignet. Ausdiesem Grund wird die Durchmesserzahl δ = Dm/d0 im vorliegenden Buch nichtverwendet.

D Charakteristischer Schaufelstellungswinkel αo

Der Schaufelstellungswinkel αo gemäß Abb. 1.5 stellt einen Winkel dar, bei dem dieNebenschneide der Schaufel die Strahlschicht auf der Strahlachse schneidet. DieserWinkel hat eine spezielle Bedeutung, da von ihm die sogenannte Durchgangsdreh-zahl einer Pelton-Turbine abhängt. Während die Berechnung der Durchgangsdreh-zahl erst in Kapitel 16 behandelt wird, sollen die Eigenschaften dieses Winkels unddessen Zusammenhang mit der spezifischen Drehzahl bereits hier erläutert werden.

Bei Pelton-Turbinen sind die Schaufelgeometrien oft ähnlich. Insbesondere liegtdas Verhältnis der Schaufellänge zur Schaufelbreite zwischen 0.8 und 0.9. Wirddemzufolge die Differenz Dc − Dm = 0.85B angenommen, dann ist nach Abb. 1.5:

cosαo = Rm/Rc = 1

1+0.85B/Dm(1.28)

Abb. 1.5 GeometrischerZusammenhang des Schaufel-stellungswinkels αo

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1.2 Pelton-Turbinen und ihre Spezifikation 21

Zum Ersetzen von B/Dm wird Gl. (1.27) eingesetzt. Daraus ergibt sich

cosαo = km√ϕB

km√ϕB +0.32nq

(1.29)

bzw. bei mittlerem Nennbetrieb mit km = 0.47 und ϕB = 0.11

cosαo = 1

1+2nq(1.30)

Die Anwendung des charakteristischen Schaufelstellungswinkels αo wird in Ka-pitel 15 zur Berechnung der realen Wirkungsgradkennlinie und in Kapitel 16 zurBestimmung der Durchgangsdrehzahl ausführlich erläutert.

E Umfangsgeschwindigkeit der Ausschnittsschneide

Eine andere häufig gebrauchte Geschwindigkeit bei den Strömungsberechnungenist die Umfangsgeschwindigkeit der Nebenschneide des Ausschnitts. Dazu erhältman zuerst aus Gln. (1.28) und (1.30) eine weitere Beziehung zum Durchmesserdes Nebenschneidekreises:

Dc/Dm = 1+2nq (1.31)

Das Verhältnis der entsprechenden Umfangsgeschwindigkeit zur Strahlgeschwin-digkeit ist gegeben durch

Uc

C0= Um

C0

Uc

Um= km

Dc

Dm(1.32)

bzw. infolge Gl. (1.31)

Uc

C0= km

(1+2nq

)(1.33)

1.2.3 Hydromechanische Spezifikation der Pelton-Turbine

Die wichtigsten Betriebsparameter einer Pelton-Turbine sind die Laufzahl km unddie Schaufelauslastung ϕB, während die spezifische Drehzahl nur die Form desPelton-Rades angibt. Zum einen beschreiben die Laufzahl und Schaufelauslastungdie hydraulische Ähnlichkeit zwischen zwei Pelton-Rädern mit geometrischer Ähn-lichkeit und somit gleicher spezifischer Drehzahl (siehe Kapitel 19). Zum anderenbestimmen die Laufzahl und Schaufelauslastung zusammen den hydraulischen Wir-kungsgrad einer Pelton-Turbine. In Hinsicht auf den maximalen Wirkungsgrad wer-

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22 1 Arbeitsprinzip von Pelton-Turbinen

den Betriebspunkte einer Pelton-Turbine durch die Laufzahl zu km = 0.45 ∼ 0.48und die Schaufelauslastung zu ϕB = 0.09 ∼ 0.11 festgelegt.

Zur Beschreibung der hydraulischen Interaktion zwischen dem Wasserstrahl undden Schaufeln in einer Pelton-Turbine wird grundsätzlich der gleiche Formalismusverwendet, wie er in Abschnitt 1.1 für die geradlinige Schaufelbewegung beschrie-ben wurde. Die Relativgeschwindigkeit am Schaufeleintritt wird mit W1 = C0 −Umangenommen. Analog zu Gl. (1.6) ist die Wechselwirkungskraft auf einer Schaufelgegeben durch

FSch = mcC0 (1− km)2 (1− cosβ2) (1.34)

Im Gegensatz zur geradlinigen Bewegung einer Schaufel wird bei Pelton-Turbinenzu jedem Wasserstrahl nicht nur eine Schaufel beaufschlagt. Da die Leistung desPelton-Rades der Leistung des Wasserstrahls entsprechen soll, berechnet sich dieZahl der Schaufeln, die unter einem Wasserstrahl stehen, aus

2λ= mc

mw= C0

W1(1.35)

Dabei bezeichnet man λ als Multischaufelziffer. Diese wird in Kapitel 4 ausführ-lich behandelt. Dementsprechend ist zu einem Wasserstrahl die Strahlkraft auf dasPelton-Rad gegeben durch:

FT = 2λFSch = mcC2

0

W1(1− km)

2 (1− cosβ2) (1.36)

Wegen W1 = (C0 −Um)= C0(1− km) ist dann

FT = mcC0 (1− km)(1− cosβ2) (1.37)

Die Leistung, die der Wasserströmung aus einer Düse entspricht, wird berechnet aus

P = FT ·Um = mcC20km (1− km)(1− cosβ2) (1.38)

Die maximale Leistung ergibt sich aus der Bedingung dP/dkm = 0:

km = 0.5 (1.39)

Der hydraulische Wirkungsgrad ergibt sich somit als

ηh = P12 mcC2

0

= 2km (1− km)(1− cosβ2) (1.40)

Formelmäßig entspricht dieser Ausdruck der Gl. (1.16). Der Grund dafür ist, dassunter der Beziehung W1 = C0 −Um der senkrechte Eintritt des Wasserstrahls in dieSchaufeln angenommen wurde. Daher kann Gl. (1.40) auch als direkt von Gl. (1.16)

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1.2 Pelton-Turbinen und ihre Spezifikation 23

übernommen angesehen werden. Wegen der Annahme W1 = C0 −Um gilt Gl. (1.40)somit nur für die Darstellung des Arbeitsprinzips einer Pelton-Turbine und für diegrobe Aussage über den hydraulischen Wirkungsgrad. Insbesondere gibt das Ge-schwindigkeitsverhältnis κ = C0/W1, das in Gl. (1.5) auch als Zeitfaktor bezeichnetwurde, die Anzahl der Schaufeln an, die gleichzeitig von einem Wasserstrahl beauf-schlagt sind. In Kapitel 4 und 6 wird dieser Faktor durch die Multischaufelzifferλ= κ/2 ersetzt, die aus unterschiedlichen Aspekten berechnet wird.

In der Tat stellen die Gleichungen für FT, P und ηh lediglich das Arbeitsprinzipeiner Pelton-Turbine dar. Sowohl die Strahlkraft als auch der Leistungsaustausch ineiner Pelton-Turbine mit rotierenden Schaufeln verhalten sich etwas anders als innicht rotierenden Schaufeln. Die Interaktion zwischen dem Wasserstrahl und denSchaufeln ist nun nicht mehr konstant, sondern ändert sich mit der Zeit. Aus der Be-trachtung einer geradlinig bewegten Schaufel in Abschnitt 1.1 ist hervorgegangen,dass zum Erzielen der maximalen Leistung das Geschwindigkeitsverhältnis U

/C0

bei 0.5 zu finden ist. Im praktischen Betrieb von Pelton-Turbinen liegt die Laufzahlkm für maximale Wirkungsgrade jedoch zwischen 0.45 und 0.48. Es wird bewusstdarauf geachtet, dass das Wasser nach dem Energieaustausch mit den rotierendenSchaufeln noch genügend kinetische Energie besitzt, um aus den Schaufeln austre-ten zu können. Der damit verbundene Verlust wird als Drallverlust bezeichnet. Dervollständige Ausdruck des hydraulischen Wirkungsgrades wird in Kapitel 14 dar-gestellt, nachdem die einzelnen hydraulischen Verluste inklusive Reibungsverlustenbehandelt wurden.

1.2.4 Bauform von Pelton-Turbinen

Die in der Praxis vorkommenden Ausführungsformen von Pelton-Turbinen charak-terisieren sich durch die Ausrichtung der Turbinenachse. Turbinen mit horizonta-len Achsen werden als Horizontalturbinen (Abb. 1.6a) und solche mit vertikalenAchsen als Vertikalturbinen (Abb. 1.6b) bezeichnet. Eine horizontale Ausrichtungist nur für Turbinen mit maximal zwei Düsen geeignet. Vertikalturbinen könnenmit bis zu sechs Düsen betrieben werden. Der größte Vorteil der vertikalen Anord-nung besteht darin, dass die Düsen symmetrisch über den Umfang verteilt werdenkönnen. Dadurch wird eine einseitige Lagerbelastung vermieden, die bei nur einerDüse oder bei horizontaler Lage der Turbine unvermeidlich ist. Bei Turbinen mitzwei oder mehr Düsen ist jedoch zu beachten, dass keine Kollisionen zwischen denWasserstrahlen in derselben Schaufel stattfinden. Der Versatz zwischen zwei be-nachbarten Injektoren muss groß genug sein, um störungsfreie Interaktion zwischendem Wasserstrahl und den Schaufeln sowie störungsfreien Abfluss des Wassers ausden Schaufeln zu gewährleisten. Das entsprechende Kriterium wird in Kapitel 18erarbeitet. Bei der Auslegung von Vertikalturbinen muss außerdem darauf geachtetwerden, dass das Wasser nach dem Austritt aus den oberen Schaufelhälften nichtwieder auf dem Rad landet. Das entsprechende Kriterium wird in Kapitel 7 ausge-arbeitet.

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24 1 Arbeitsprinzip von Pelton-Turbinen

Abb. 1.6 Anordnung von Pelton-Turbinen im Kraftwerk Oberhasli (KWO)

1.2.5 Parameterbezeichnung

Neben den in Abb. 1.4 dargestellten geometrischen Parametern eines Pelton-Radessind sämtliche geometrische und hydraulische Parameter von Injektoren und Lauf-rädern in Anhang 1 zusammengestellt. Alle anderen abgeleiteten Größen und Kenn-zahlen sind in Anhang 2 zusammengefasst.

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Kapitel 2Injektor

Der Injektor in einer Pelton-Turbine stellt die wichtigste Komponente dar, die dieDruckenergie des Triebwassers in die kinetische Energie in der Form des Wasser-strahls mit hoher Qualität umwandelt und den Durchfluss reguliert. Abb. 2.1 zeigtdas Grundprinzip eines Injektors, der vor allem aus dem Düsenmundstück und derRegelnadel in Verbindung mit einem Servomotor besteht. Beim Großteil der Pelton-Turbinen liegt der Servomotor außerhalb der Druckleitung. Aufgrund der hydrauli-schen Optimierung werden die Düsen vielfach mit einem Steigungswinkel von ca.42◦ bis 45◦ konstruiert. Die Regelnadeln weisen normalerweise einen Steigungs-winkel von ca. 25◦ auf. Der Strömungsverlust des Injektors liegt gewöhnlich in derGrößenordnung von 1% bis 2%. Er wird nur berücksichtigt, wenn der Systemwir-kungsgrad betrachtet wird.

Die Umwandlung der Druckenergie in die kinetische Energie wird durch dieBernoulli-Gleichung ausgedrückt, nach der die Geschwindigkeit des Wasserstrahlseine Funktion der Nettofallhöhe am Eintritt des Injektors ist:

C0 =√

2gH (2.1)

Abb. 2.1 Dimensionierung und Parameterbezeichnung eines Pelton-Injektors mit außenregelndemServomotor

Z. Zhang, Freistrahlturbinen 25DOI: 10.1007/978-3-540-70772-1, © Springer 2009

Page 39: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

26 2 Injektor

Ein idealer Wasserstrahl besitzt eine gleichmäßige Geschwindigkeitsverteilung injedem Querschnitt und weist einen konstanten Querschnittsverlauf ohne Strahler-weiterung auf. Im Allgemeinen weicht ein realer Wasserstrahl in einer Pelton-Turbine von diesen idealen Merkmalen ab. Dies konnte allein aus der Beobach-tung des Wasserstrahls bestätigt werden. Die eingehenden Untersuchungen unddie ausführliche Charakterisierung von Wasserstrahlen wurden unter der Anwen-dung von Lasermethoden systematisch durchgeführt und bereits von Zhang und Ca-sey (2007c) zusammengefasst. Die wichtigsten Eigenschaften eines realen Wasser-strahls werden in Kapitel 3 beschrieben.

2.1 Strömungsbeschleunigung in der Düse

Die Düse des Injektors dient zur Beschleunigung des Wassers bzw. zur Umwand-lung von Druckenergie in kinetische Energie. Aus dem konstanten Durchfluss durchdie Düse Q = cm A = const ergibt sich die Beschleunigung der mittleren Geschwin-digkeit längs der Düse im inkompressiblen Fall als Funktion der Düsengeometrieund der Geschwindigkeit selbst:

dcm

dx= −cm

A

dA

dx(2.2)

In der Tat ist die Strömungsbeschleunigung in der Düse nach Abb. 2.2 nicht gleich-mäßig, was zur Stromlinienkrümmung führt. Die Strömung im Querschnitt A kannals gleichmäßig und daher als Potentialströmung angenommen werden. Am Dü-senaustritt im unmittelbaren Bereich der Gehäuseoberfläche B herrscht der Um-gebungsdruck. Dort erreicht die Strahlgeschwindigkeit den maximalen Wert vonC0 = √

2gH , wenn die Wirkung der Grenzschicht vorerst vernachlässigt wird. Da

Abb. 2.2 Beschleunigungen der Strömung und die Stromlinienkrümmung in der Pelton-Düse

Page 40: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

2.1 Strömungsbeschleunigung in der Düse 27

entlang der Nadeloberfläche die Strömung noch weiter beschleunigt und daher dieGeschwindigkeit kleiner als C0 ist, ist die Geschwindigkeitsverteilung am Düsen-austritt nicht gleichmäßig. Die Beschleunigung der Strömung vom Querschnitt Azum Querschnitt B ist daher in Richtung senkrecht zur Nadeloberfläche unregelmä-ßig. Entlang der Nadeloberfläche ist die Beschleunigung geringer als auf der Ge-häuseseite der Düse. Bezogen auf das lokale Koordinatensystem in Abb. 2.2 ist dieStromliniengleichung gegeben durch

dy

dx= cy

cx(2.3)

Es wird hier zuerst der allgemeine Fall betrachtet, wobei sich das Geschwindig-keitsverhältnis cy/cx in der Strömung von Ort zu Ort ändert, d. h. cy/cx = f (x, y).Davon ausgehend ergibt sich aus Gl. (2.3) die folgende Ableitung:

d2y

dx2 = 1

c2x

(cx∂cy

∂x+ cx

∂cy

∂y

dy

dx− cy

∂cx

∂x− cy

∂cx

∂y

dy

dx

)(2.4)

Nun wird eine Stromlinie betrachtet, für die Gl. (2.3) wieder gilt. Zusätzlich wirddie Potentialströmung mit ∂cy/∂x = ∂cx/∂y angenommen. Unter diesen Bedingun-gen sowie der allgemeinen Kontinuitätsbedingung ∂cx/∂x +∂cy/∂y = 0 vereinfachtsich Gl. (2.4) zu

cxd2y

dx2=(

1− c2y

c2x

)∂cx

∂y−2

cy

cx

∂cx

∂x(2.5)

Es wird nun ein Koordinatensystem ξ − η festgelegt, bei dem die ξ -Achse mit derTangente der Stromlinie zusammenfällt. Das ist äquivalent zu einem mitbewegtenKoordinatensystem. Wegen cη = cy = 0 und cξ = cx = c ergibt sich aus Gl. (2.5)

d2η

dξ2 = 1

c

dc

dη(2.6)

Diese Gleichung gilt nur für die Betrachtung längs einer Stromlinie, denn sie isterhalten worden aus Gl. (2.4), wobei für eine Stromlinie wieder Gl. (2.3) betrachtetwurde und die Bedingung längs der Stromlinie mit cη = 0 verwendet worden ist.

Wegen der ungleichmäßigen Strömungsverteilung in der Düse, d. h. dc/dη �= 0,ist aus obiger Gleichung zu schließen, dass im Bereich zwischen Querschnitten Aund B alle Stromlinien gekrümmt sind (d2η/dξ2 �= 0).

Die obige Betrachtung kann erweitert werden, um die Strömung unter dem Ein-fluss von Reibung an der Düsenwand zu berechnen. Detaillierte Berechnungen wur-den durchgeführt und veröffentlicht (Zhang 2003a), als der sogenannte Fallhöhen-effekt (head effect) untersucht wurde.

Page 41: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

28 2 Injektor

2.2 Durchflusszahl ϕD0 und die Düsenkennlinie

Der Injektor der Pelton-Turbine generiert einerseits einen Wasserstrahl mit hoherGeschwindigkeit gemäß Gl. (2.1) und reguliert den Durchfluss andererseits. DieRegulierung des Durchflusses geschieht durch die Verstellung der Regelnadel inder Düse. Zur Beschreibung des Durchflusses (QD) durch eine Düse wird die sog.Durchflusszahl verwendet, die häufig folgendermaßen definiert ist

ϕD0 = 4QD

π · D20

√2gH

(2.7)

Dabei ist D0 der konstante Durchmesser des Düsenmundes. Die Nettofallhöhe wirdmit H bezeichnet.

Die physikalische Bedeutung der Definition in Gl. (2.7) wird nachfolgend ver-anschaulicht. Der Wasserstrahl weist seinen engsten Querschnitt dort auf, wo alleStromlinien parallel laufen und daher konstanter Druck herrscht. An diesem engstenQuerschnitt, der auch als Einschnürstelle des Wasserstrahls bezeichnet wird, kanndie Bernoulli-Gleichung für die Geschwindigkeitsberechnung verwendet werden.Der Durchfluss eines Wasserstrahls wird somit berechnet aus

QD = 1

4πd2

0

√2g (H −hv) (2.8)

Dabei wird der Fallhöhenverlust im Injektor durch hv angegeben, d0 bezeichnet denStrahldurchmesser an der Strahleinschnürstelle.

Der Fallhöhenverlust im Injektor ist gegenüber der Nettofallhöhe ein sehr kleinerWert, d. h. hv/H � 1. Unter dieser Bedingung lässt sich Gl. (2.8) umformen zu

QD = 1

4πd2

0

(1− 1

2

hv

H

)√2gH (2.9)

Durch Einsetzen in Gl. (2.7) ergibt sich dann

ϕD0 = d20

D20

(1− 1

2

hv

H

)(2.10)

Bei der Vernachlässigung des Fallhöhenverlustes im Injektor stellt die Durchfluss-zahl in der Tat das Querschnittsverhältnis vom Wasserstrahl zum Düsenmund dar.Als bezogener Durchfluss ist die Durchflusszahl offensichtlich eine Funktion desNadelhubs. Ferner ist zu erwarten, dass die Durchflusszahl auch von der Düsen-geometrie abhängt. Abb. 2.3a zeigt die aus Kalibrierungen erhaltenen Durchfluss-zahlen von einer Düse in Abhängigkeit vom Nadelhub, wobei drei Nadeln mit je-weils verschiedenen Steigungswinkeln in die Düse eingebaut wurden. Bei gleichemNadelhub weist die Düse mit Stumpfnadel (großer Steigungswinkel) den größerenDurchfluss auf. Dies ist darauf zurückzuführen, dass für gleiche Nadelhübe die ef-fektive Öffnungsfläche am Düsenaustritt entsprechend größer ist (Abb. 2.3b). Derar-

Page 42: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

2.2 Durchflusszahl ϕD0 und die Düsenkennlinie 29

Abb. 2.3 Durchflusskurvenals Funktion des Nadelhubs.Vergleich zwischen drei ver-schiedenen Nadelwinkelnnach Zhang (2003a)

tige effektive Öffnungsflächen können gemäß Abb. 2.3b folgendermaßen berechnetwerden:

ADe = π

(1− s

2D0· sin2αN

)D0s · sinαN (2.11)

Diese Gleichung kombiniert den Nadelhub und den Nadelsteigungswinkel. Werdendie in Abb. 2.3a dargestellten Durchflusszahlen gegenüber der effektiven Öffnungs-fläche (ADe/AD0) aufgetragen, so ergibt sich eine vereinigte Durchlasskurve, wiesie in Abb. 2.4 veranschaulicht ist. Die Einflüsse von Nadelsteigungswinkel αN undNadelhub s auf den Durchfluss sind dadurch als Einfluss der effektiven Öffnungs-fläche der Düse erfasst worden. Damit wurde gezeigt, dass die effektive Öffnungs-fläche einen charakteristischen Parameter für den effektiven Durchfluss darstelltϕD0 = f (ADe). Mit anderen Worten heißt das, dass allein die effektive Düsenöff-nung nicht aber der Nadelsteigungswinkel den Durchfluss bestimmt. Zu beachtenist, dass dabei der Düsenwinkel konstant bleibt.

Wie allgemein bei Düsen ist der Strahlquerschnitt und somit die Durchflusszahlnach Gl. (2.7) praktisch unabhängig vom wirksamen Druck bzw. von der am In-jektoreintritt herrschenden Fallhöhe. Im praktischen Betrieb von Pelton-Turbinen

Page 43: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

30 2 Injektor

Abb. 2.4 Darstellung derDurchflusskurven ausAbb. 2.3a als Funktion dereffektiven Öffnungsfläche derDüsen nach Zhang (2003a)

wurde jedoch eine kleine Abhängigkeit der Durchflusszahl von der Fallhöhe fest-gestellt, die man als Fallhöheneffekt bezeichnet hat. Wie in Abschnitt 2.4 gezeigtwird, handelt es sich dabei um einen von der Reynolds-Zahl abhängigen Effekt.

Für einen konkreten Injektor ist die oben definierte Durchflusszahl lediglich vomNadelhub s abhängig. Wie bereits in Abb. 2.3a gezeigt wurde, lässt sich diese Ab-hängigkeit aus Messungen bestimmen. Mit hinreichender Genauigkeit lässt sichdie Durchflusszahl in Abhängigkeit vom Nadelhub (als Düsenkennlinie bezeichnet)durch eine quadratische Funktion annähern:

ϕD0 = as

D0+b

(s

D0

)2

(2.12)

wobei D0 der Durchmesser des Düsenmundes ist. Die Konstanten a und b sinddurch Kalibrierung zu bestimmen.

Häufig ist die Düsenkennlinie für eine Prototypturbine direkt aus dem Durch-flussverhältnis gegeben

QD

QD,N= s

smax

(k1 + k2

s

smax

)√H

HN(2.13)

Dabei beziehen sich HN und QD,N auf den Nennbetriebspunkt.Zwischen Gln. (2.12) und (2.13) kann gewechselt werden, da die Konstanten a,

b, k1 und k2 in folgenden Beziehungen zueinander stehen:

k1 = 1

ϕD0,N

smax

D0·a (2.14)

k2 = 1

ϕD0,N

(smax

D0

)2

·b (2.15)

Page 44: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

2.3 Durchflusszahl ϕDe und Gesetzmäßigkeit der Düsenkennlinie 31

Dabei ist die Nenndurchflusszahl ϕD0,N nach Gl. (2.7) zu berechnen. Offensichtlichhängen beide Konstanten k1 und k2 von der Angabe der Nenndurchflusszahl unddaher des Nenndurchflusses ab.

Eine weitere Darstellung der Düsenkennlinie ist gegeben durch

Q1 = QD√H

= m1 · s

smax+m2

(s

smax

)2

(2.16)

Der Vergleich mit Gl. (2.13) liefert die folgenden Zusammenhänge:

m1 = k1QD,N√

HN(2.17)

m2 = k2QD,N√

HN(2.18)

Die durch Gl. (2.16) dargestellte Düsenkennlinie hat den Nachteil, dass für geome-trische ähnliche Düsen die Konstanten m1 und m2 nicht konstant bleiben. Dies liegtdaran, dass m1 und m2 nicht dimensionslos sind.

2.3 Durchflusszahl ϕDe und Gesetzmäßigkeit der Düsenkennlinie

Aus dem Beispiel, das in Abb. 2.4 gezeigt wurde, geht hervor, dass die Durchfluss-kurven bei einer Düse mit verschiedenen Nadeln durch die Benutzung der effektivenÖffnungsfläche am Düsenaustritt eindeutig dargestellt werden können. Aus diesemGrund kann die Durchflusszahl auch in Bezug auf die effektive Öffnungsfläche de-finiert werden:

ϕDe = QD

ADe√

2gH(2.19)

Unter der Annahme kleiner Strömungsverluste im Injektor, d. h. hv/H � 1, undanalog zu Gl. (2.10) lässt sich Gl. (2.19) umformen zu

ϕDe = πd20

4ADe

(1− 1

2

hv

H

)(2.20)

Sie stellt das Verhältnis des Strahlquerschnitts zur effektiven Öffnungsfläche derDüse dar, da die Wirkung des Fallhöhenverlustes vernachlässigbar klein ist.

Der Vergleich mit Gl. (2.10) zeigt den Zusammenhang zwischen den beiden De-finitionen der Durchflusszahl:

ϕD0

ϕDe= 4ADe

π · D20

= ADe

AD0(2.21)

Page 45: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

32 2 Injektor

Es handelt sich um einen geometrischen Umrechungsfaktor. Die praktische Bedeu-tung dieser Umrechnung soll genauer erläutert werden. Es wird eine Düse betrach-tet, in der eine Nadel mit einem Steigungswinkel von αN1 eingebaut ist. Für die-se Düse wird angenommen, dass die Düsenkennlinie ϕD0,1 = f (s/D0,αN1) ausKalibrierungen bekannt ist. Davon ausgehend kann die Düsenkennlinie ϕD0,2 =f (s/D0,αN2) der gleichen Düse jedoch mit einer anderen Nadel (Steigungswin-kel αN2) unmittelbar berechnet werden. Die bekannte Düsenkennlinie ϕD0,1 wirdnach Gl. (2.21) zuerst auf ϕDe umgerechnet:

ϕDe = ϕD0,1AD0

ADe,1(2.22)

Nachdem die Kennlinie in dieser Darstellung unabhängig von der Nadel bzw. dessenSteigungswinkel ist, gilt sie auch für die Düse, in der eine Regelnadel mit demSteigungswinkel αN2 eingebaut ist. Ausgehend von Gl. (2.22) wird die Kennliniewieder in die Form ϕD0,2 für die Düse mit einer zweiten Nadel umgerechnet:

ϕD0,2 = ϕDeADe,2

AD0= ϕD0,1

ADe,2

ADe,1(2.23)

Diese Gleichung stellt die Gesetzmäßigkeit der Düsenkennlinie dar. Der Umrech-nungsfaktor ist lediglich eine geometrische Größe, die nach Gl. (2.11) leicht be-stimmt werden kann.

2.4 Reynoldszahl-Effekt

Der Durchfluss durch einen Injektor wird aus der Durchflusszahl nach Gl. (2.7)oder mit dem Diagramm (Abb. 2.3a) bestimmt. Theoretisch gelten die Durchfluss-zahl und ihre grafische Darstellung nach Abb. 2.3 sowohl für die Modellturbine beiniedrigen Fallhöhen als auch für ihren Prototyp bei großen Fallhöhen. Im prakti-schen Betrieb von Pelton-Turbinen wurde jedoch ein Unterschied von bis zu 5%zwischen den Düsenkennlinien der Modellturbinen und den jeweiligen Prototypenfestgestellt (Keck 2000). Konkret heißt das, dass bei gleichem Düsenöffnungsver-hältnis die Durchflusszahl bei größeren Fallhöhen abnimmt. Dieses Phänomen wur-de früher als Fallhöheneffekt bezeichnet. Die Ursache für diesen Effekt war langeZeit unbekannt. Nach Gl. (2.10) ist der Unterschied in der Durchflusszahl sicher-lich nicht einfach auf den Fallhöhenverlust im Injektor zurückzuführen, denn die-ser Verlust liegt in der Größenordnung von nur etwa 1%. Der Unterschied mussim Strahlquerschnitt liegen. Das heißt, dass das Verhältnis von Strahlquerschnittzur Düsenmundfläche von der Fallhöhe abhängen muss, wenn die Fallhöhe vorerstals einzige Variable betrachtet wird. Dies bedeutet wiederum, dass die Stromlini-en zwischen dem Düsenmund und dem engsten Querschnitt (Einschnürstelle) desWasserstrahls nicht ähnlich verlaufen. Die Ursache dieses nicht-ähnlichen Strom-linienverlaufes liegt somit in der Düse. In einer Untersuchung nach Zhang et al.

Page 46: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

2.5 Strömungskräfte und Gleichgewichtszustand in der Düse 33

(2000b) wurde darauf hingewiesen, dass die Grenzschicht auf der Seite des Düsen-gehäuses dafür verantwortlich ist. Davon ausgehend wurde von Zhang (2003a) einedetaillierte Analyse zum sogenannten Fallhöheneffekt gemacht. Die Analyse zeig-te, dass nicht allein die Fallhöhe bei einer gegebenen Düse die gesuchte Ursache ist,sondern auch der Dimensionsunterschied zwischen einer Modelldüse und der Proto-typdüse wirksam wird. Aus diesem Grund soll der sogenannte Fallhöheneffekt alsReynoldszahleffekt interpretiert werden.

Die Analyse von Zhang (2003a) konnte mittels Laser-Doppler-Messverfahrensexperimentell bestätigt werden.

2.5 Strömungskräfte und Gleichgewichtszustand in der Düse

Die Regelnadel in der Düse dient dazu, die Öffnung der Düse und somit den Durch-fluss zu regulieren. Weil die Nadel beim Wasserdurchfluss unter der Wirkung derStrömung steht, erfolgt die Regulierung stets gegen die Strömungskraft. Diese Kraft,die von der Nadelstellung abhängig ist, hat je nach Hub eine Schließ- oder Öffnungs-tendenz. Aus Sicherheitsgründen muss sich die Düse in jeder Situation selbsttätigschließen können. Die Verstellung der Nadel in der Düse erfolgt meist durch einenServomotor, der z. B. durch Öldruck betrieben wird. Zur Auslegung des Servomo-tors sowie aus Sicherheitsgründen muss das Kraftverhältnis rund um die Nadel zujeder Nadelposition bekannt sein. Von der Strömung her erfährt die Nadel sowohleine Kraft zum Düsenöffnen als auch zum Düsenschließen. Zur Erleichterung derNadelverstellung, vor allem bei einem großen Nadelhub, baut man fast immer eineDruckfeder in den Servomotor ein. Die gesamte Strömungskraft muss stets mit derStellkraft des Servomotors und der Federkraft in Gleichgewicht stehen.

Die Strömungskraft, die auf die Nadel wirkt, ist die integrierte Druckkraft an dergesamten Nadeloberfläche. Die exakte Berechnung dieser Strömungskraft ist rech-nerisch sehr aufwendig. Auf der einen Seite führt die Strömungsbeschleunigung inder Düse zum Abbau des statischen Druckes in Richtung des Düsenaustritts. Auf deranderen Seite ist aufgrund der Stromlinienkrümmung im Zwischenraum zwischendem Düsengehäuse und der Nadel der statische Druck quer zur Strömung nichtkonstant. Der Einfachheit halber kann an jedem Strömungsquerschnitt der mittle-re Druck verwendet werden, der aus der Bernoulli-Gleichung bestimmt wird. DieAnwendung der Bernoulli-Gleichung setzt voraus, dass der Strömungsquerschnittlängs des Strömungskanals zur jeder Nadelstellung bekannt sein muss.

Die Totalkraft auf die Nadel besteht aus mehreren Teilkräften, die einzeln be-trachtet werden müssen. Dabei ist zwischen innen- und außenregelnden Servomo-toren zu unterscheiden.

Page 47: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

34 2 Injektor

2.5.1 Außenregelnder Servomotor

Die Injektoren von Pelton-Turbinen sind überwiegend mit Servomotoren ausgestat-tet, die außerhalb der Druckleitung liegen (Abb. 2.1). Der Vorteil dieser Bauart istdie leichtere Zugänglichkeit für Reparatur- und Wartungsarbeiten am Servomotor.Es muss jedoch damit gerechnet werden, dass die Druckleitung vor jedem Injektor-einlauf gekrümmt sein muss. Wie noch in Kapitel 3 gezeigt werden wird, beeinflussteine derartige Druckleitungskrümmung stark die Strahlqualität.

Die auf die Nadeloberfläche wirkende Strömungskraft wird als Nadelkraft be-zeichnet. Zu jeder Düsenöffnung befinden sich die Nadelkraft, die Kraft am Aus-gleichskolben sowie die Federkraft und die Stellkraft auf der Seite des Servomotorsim Gleichgewicht. Ziel der Berechung der Kräfteverhältnisse in einer Pelton-Düseist es, die notwendige Stellkraft beim Servomotor aus dem Kräftegleichgewicht zuermitteln.

A Nadelkraft

Zur Bestimmung der Nadelkraft muss die Strömungskraft, d. h. der statische Drucküber dem Nadelkopf integriert werden. Die Integration kann mit numerischen Me-thoden leicht durchgeführt werden, indem längs des Strömungskanals die Nadel-oberfläche in etwa 50 bis 100 Querschnittszonen aufgeteilt wird.

(1) Nadelkraft aus dem Innendruck der Düse

Der auf die Nadeloberfläche wirkende statische Druck hängt von der lokalen Strö-mungsgeschwindigkeit und somit vom Strömungsquerschnitt in der Düse ab. ZurBerechnung dieses Strömungsquerschnitts wird nach Abb. 2.5 der Querschnitt senk-recht zur Mittellinie (in der Tat die mittlere Mantelfläche) des Strömungskanals be-

Abb. 2.5 Bestimmung des Strömungsquerschnittes und des Druckes in der Düse

Page 48: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

2.5 Strömungskräfte und Gleichgewichtszustand in der Düse 35

trachtet. Als Mittellinie gilt die Linie, die den Strömungsquerschnitt in Innen- undAußenringquerschnitten mit gleichem Inhalt teilt. Der Einfachheit halber kann diejenige Linie als Mittellinie betrachtet werden, die an jeder Stelle den gleichen Ab-stand jeweils zu Nadeloberfläche und Düsengehäuse hat. Nach Abb. 2.5 ist es dieStrecke oc = od . Mit dem Steigungswinkel ϕ der Mittellinie wird der Strömungs-querschnitt an der Stelle o berechnet aus

A = π(

y2c − y2

d

)/cosϕ (2.24)

Der Ursprung der y-Koordinate liegt auf der Düsenachse.Der mittlere statische Druck an diesem Querschnitt ergibt sich entsprechend der

Bernoulli-Gleichung als:

p = ptot + p0 − 1

(QD

A

)2

(2.25)

Dabei ist ptot der Totalüberdruck, der der Nettofallhöhe am Eintritt des Injektorsentspricht. Es ist zu erwähnen, dass der Atmosphärendruck einbezogen werden soll,denn bei der Anwendung des Impulssatzes entfällt der vorhandene Atmosphären-druck nicht automatisch. Der Durchfluss QD ist eine Funktion der Nadelstellung.Zur Berechnung der Nadelkraft muss daher zu jeder Nadelstellung der entsprechen-de Durchfluss aus der Düsenkennlinie (Abschnitt 2.2 und 2.3) bekannt sein.

Der statische Druck nach Gl. (2.25) gilt bei der Nadel jedoch für die Stelle d undnicht für den Punkt a. Die entsprechende Lageverschiebung ist

�x = od · sinϕ (2.26)

Die Berechnung des statischen Druckes kann schrittweise längs der Nadeloberflä-che durchgeführt werden. Abb. 2.6 zeigt beispielhaft den Verlauf des gerechnetenstatischen Druckes in der Düse für eine bestimmte Nadelstellung. Die Anströmungbewirkt auf die Nadel zuerst eine Schließtendenz. Nach dem Überströmen der Stel-le des größten Nadeldurchmessers bis zum Düsenaustritt erzeugt die Druckkraft aufder Nadel dagegen eine Öffnungstendenz. Es wird hier vereinbart, dass für die vor-liegende Berechnung die resultierende Kraft als positive betrachtet wird, wenn siezu einer Schließtendenz bei der Nadel führt.

Die gesamte Druckkraft, die innerhalb der Düse auf der Nadel angreift, ergibtsich aus der Summe aller elementaren Kräfte:

FN,In = −m∑

i=1

pi Ai sinαi (2.27)

Dabei wird angenommen, dass die Nadeloberfläche in Längsrichtung in m elemen-tare ringförmige Flächen Ai unterteilt ist. Der Steigungswinkel der jeweiligen ele-mentaren Fläche ist αi . Weil der positive Steigungswinkel αi nach Abb. 2.5 eineelementare Kraft mit Öffnungstendenz zeigt und diese Kraft nach der Vereinbarungnegativ sein soll, ist in Gl. (2.27) ein Minuszeichen vor der Summation verwendetworden.

Page 49: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

36 2 Injektor

Die Berechnung nach Gl. (2.27) gilt für eine Nadelstellung. Für den ganzen Öff-nungsbereich, d. h. für die Nadelstellung von Null bis Maximum, muss die Be-rechnung wiederholt werden, wobei der Nadelhub als Parameter zu variieren ist.Die entsprechende Berechnung kann z. B. mit Hilfe der Tabellenkalkulation leichtdurchgeführt werden. Als Beispiel ist in Abb. 2.7 die Nadelkraft als Schließkraft(Kurve 1) aus Berechnungen nach Gl. (2.27) gegenüber der Nadelstellung darge-stellt. Im gesamten Öffnungsbereich der Düse stellt die integrierte Nadelkraft diepositive Schließkraft dar.

Abb. 2.6 Druckverlauf in der Düse bei einer bestimmten Öffnung

Abb. 2.7 Beispiel zum Kraftverhältnis in einem Injektor mit außenregelndem Servomotor1 Innere Nadelkraft (Schließtendenz)2 Rückstoßkraft (Öffnungstendenz)3 Ausgleichskolbenkraft (Öffnungstendenz)4 Federkraft (Schließtendenz, ohne Vorspannung)5 Stellkraft des Servomotors

Page 50: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

2.5 Strömungskräfte und Gleichgewichtszustand in der Düse 37

(2) Rückstoßkraft

Eine weitere Kraft auf der Nadel ist die Kraft rund um den Außenteil der Nadel in-folge der Strömungseinschnürung. Dass diese Kraft tatsächlich existiert, lässt sichmit dem Impulssatz zeigen. Dazu wird nach Abb. 2.8 ein Kontrollraum zwischendem ringförmigen Düsenaustritt (Index 1) und der Einschnürstelle des Wasserstrahls(Index 0) festgelegt. Der ringförmige Austrittsquerschnitt wird nach Gl. (2.11) be-rechnet aus:

A1 = π

(1− s

2D0· sin2αN

)D0s · sinαN (2.28)

Zwischen Querschnitt 0 und 1 wird der Impulssatz angewendet. Die von der Nadelauf die Strömung wirkende Kraft, die nach Abb. 2.8 in die Strömrichtung gerichtetist, ergibt sich nach dem Impulssatz als

FR = p0 AD0 +ρA0C20 − p1 A1 cosαN −ρ QDC1 cosαN (2.29)

Dabei bezeichnet A0 den Strahlquerschnitt an der Einschnürstelle.Mit der mittleren Geschwindigkeit im Querschnitt 1 C1 = QD/A1 berechnet sich

der statische Druck nach Gl. (2.25) zu

p1 = ptot + p0 − 1

2ρC2

1 (2.30)

An der Einschnürstelle 0 wird die Strahlgeschwindigkeit aus der Bernoulli-Glei-chung berechnet:

C20 = 2

ρptot (2.31)

Werden die Gl. (2.30) und (2.31) in Gl. (2.29) eingesetzt, so ergibt sich daraus

FR = (2A0 − A1 cosαN) ptot + (AD0 − A1 cosαN) p0 − 1

Q2D

A1cosαN (2.32)

Abb. 2.8 Bestimmung derRückstoßkraft FR

Page 51: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

38 2 Injektor

Weil sowohl der Querschnitt A1 als auch der Durchfluss QD und somit der Strahl-querschnitt A0 = QD/C0 sich mit dem Nadelhub ändern, ist die Kraft FR ebenfallsvom Nadelhub abhängig. Diese Kraft ist gleich der Kraft, die von der Strömung aufdie Nadel mit einer Öffnungstendenz wirkt. Sie wird daher als Rückstoßkraft be-zeichnet. Im betrachteten Beispiel nach Abb. 2.7 ist diese Kraft durch die Kurve 2dargestellt. Im geschlossenen Zustand der Düse (QD = 0, A1 = 0, A0 = 0) ist dieentsprechende Kraft:

FR = p0 AD0 (2.33)

Aus Gl. (2.32) ist zu erkennen, dass die Wirkung des Atmosphärendrucks nicht auto-matisch entfällt. Im Rechenbeispiel nach Abb. 2.7 erkennt man die Größenordnungder Wirkung des Atmosphärendrucks, indem die Rückstoßkraft FR im geschlosse-nen Zustand der Düse größer als Null ist. Sie ist jedoch meistens wegen p0 � ptotvernachlässigbar.

(3) Gesamte Nadelkraft

Die gesamte Nadelkraft setzt sich aus der integrierten Nadelkraft in der Düse(Schließtendenz) und der Rückstoßkraft am Düsenaustritt (Öffnungstendenz) zu-sammen:

FN = FN,In − FR (2.34)

Die Nadelkraft bei der geschlossenen Düse kann auf einfache Weise bestimmt wer-den. Im geschlossenen Zustand herrscht in der Düse konstanter Druck, der gleichdem Totaldruck ptot ist, von dem aus eine Schließkraft resultiert. Gemäß Abb. 2.9und mit R0 = D0/2 wird diese Schließkraft berechnet aus

FN,0 = (ptot + p0)π(

R20 − r2

S

)− p0πR2

0 = ptotπ(

R20 − r2

S

)− p0πr2

S (2.35)

Der zweite Term auf der rechten Seite der Gleichung ist gegenüber dem ersten Termzwar vernachlässigbar, deutet jedoch darauf hin, dass die Wirkung des Atmosphä-rendrucks in der Kraftberechnung auch hier nicht automatisch wegfällt. Das ist derGrund, warum zum Totalüberdruck (entspricht der Nettofallhöhe) in der Düse derAtmosphärendruck theoretisch stets mitberechnet werden muss. Weil der Wasser-druck bei einer Pelton-Turbine meistens mehrere hundert bis über tausend Meter

Abb. 2.9 Geschlossener Zu-stand der Düse

Page 52: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

2.5 Strömungskräfte und Gleichgewichtszustand in der Düse 39

Abb. 2.10 KD-Werte aus Be-rechnungen der Nadelkraft imInjektor mit außenregelndemServomotor

200

300

400

500

600

700

0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 s/D0

KD

Wassersäule beträgt, kann die Wirkung des Atmosphärendrucks hinsichtlich der Na-delkraft gegenüber diesem hohen Totaldruck und der daraus resultierenden Druck-kraft vernachlässigt werden.

Die Kraft, die aus Gl. (2.35) berechnet wurde, gilt zugleich als die Asymptoteder Integrationsberechnungen, wenn die Nadel sich schrittweise auf die Schließstel-lung der Düse bewegt. Sie kann daher verwendet werden, um die Genauigkeit derIntegration zu überprüfen.

Für die Abschätzung der Nadelkraft, die im Grund genommen nach Gl. (2.34) zuberechnen ist, kann der folgende allgemeine Ansatz verwendet werden (Bohl 2005):

FN = KD

(D2

0 −d2S

)gH (2.36)

Dabei handelt es sich bei KD um eine geometrische Konstante. Aus Berechnungennach Gl. (2.34), die beide Teile der Gesamtnadelkraft beinhaltet, wurden die KD-Werte ermittelt, wie sie in Abb. 2.10 dargestellt sind. Mit dS in Gl. (2.36) ist derDurchmesser der Nadelstange nach Abb. 2.9 bezeichnet worden (dS = 2rS).

B Ausgleichskolbenkraft

Nach Abb. 2.1 wirkt der Wasserdruck direkt auf eine Seite des Ausgleichskolbens.Der wirksame Druck ist der statische Druck in der Strömung. Die Kraft auf denAusgleichskolben wirkt sich somit als eine Öffnungskraft bei der Nadel aus undwird entsprechend Abb. 2.1 berechnet aus:

FK = π

4

(D2

K −d2S

)(ptot − 1

2ρc2)

(2.37)

Dabei wird 1/2ρc2 als der dynamische Druck in der Strömung bezeichnet. Er istdirekt vom Durchfluss und daher von der Nadelstellung abhängig. Weil dieser dy-namische Druck gegenüber dem Totaldruck sehr klein ist, ist die Kraft FK in der obi-

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40 2 Injektor

gen Gleichung fast unabhängig von der Nadelstellung. Dies ist auch aus Abb. 2.7,Kurve 3 ersichtlich.

C Federkraft

Aus den vorhergehenden Betrachtungen und zusammen mit Abb. 2.7 ist ersichtlich,dass die gesamte Wirkung von Nadelkraft, Rückstoßkraft und Ausgleichskolben-kraft nicht in allen Fällen eine resultierende Kraftkomponente in Schließrichtungergibt, vor allem im Bereich mit großer Düsenöffnung. Um die Düsen in jedem Be-triebszustand gegenüber der Strömungskraft sicher schließen zu können, sind fastbei allen Servomotoren von Pelton-Turbinen Druckfedern eingebaut, die vor allembei großer Düsenöffnung die Regulierung bzw. das Schließen der Düse sicherstellensollen. Je nach der erforderlichen Federkraft wird die Druckfeder oft bereits im Zu-stand der geschlossenen Düse um s0 vorgespannt. Nach dem Hookschen Federsatzberechnet sich die Federkraft zu jeder Nadelstellung s aus

FF = R · (s0 + s) (2.38)

Dabei ist die Federrate mit R (N/mm) bezeichnet worden.Die daraus gerechnete Kraft in Abhängigkeit vom Nadelhub am bereits betrach-

teten Beispiel ist als Kurve 4 in Abb. 2.7 dargestellt worden.

D Stellkraft

Die aus Nadelkraft, Ausgleichskolbenkraft und Federkraft zusammengesetzte Kraftmuss eine Schließtendenz im ganzen Öffnungsbereich der Düse aufweisen, damitsich die Düse in jeder Situation selbst schließen kann. Die Gesamtschließkraft be-rechnet sich somit als

F = FN,In − FR − FK + FF (2.39)

Sie gilt zugleich als Stellkraft, die der Servomotor aufbringen muss. In Abb. 2.7 istdiese Kraft als Kurve 5 dargestellt. Sie bewirkt im ganzen Bereich des Nadelhubseine Schließkraft. Bei großen Öffnungen der Düse ist die resultierende Schließkraftdeutlich kleiner. Würde diese Kraft negativ, so müsste eine stärkere Druckfeder ver-wendet werden.

2.5.2 Innenregelnder Servomotor

Bei der Auslegung des Injektors wird der Servomotor gelegentlich in die Druck-leitung eingebaut. Der Vorteil einer derartigen Auslegung besteht darin, dass dieDruckleitung am Injektoreinlauf nicht zwingend gekrümmt werden muss. Die Zu-

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2.5 Strömungskräfte und Gleichgewichtszustand in der Düse 41

strömung zum Injektor bleibt somit ungestört. Der Nachteil ist jedoch die schlechteZugänglichkeit für Wartungsarbeiten und Revisionen.

Ein Injektor mit innenregelndem Servomotor ist in Abb. 2.11 skizziert. Zur Be-stimmung der erforderlichen Stellkraft muss die Nadelkraft wie auch die Federkraftgegeben sein. Die Bedingung, dass sich die Düse in jeder Situation selbstständigschließen können muss, gilt auch hier. Bei der Nadelkraft handelt es sich vor allemum eine integrierte Kraft, die eine Öffnungstendenz aufweist, und eine Kraft amRücken der Nadel, die eine Schließtendenz bewirkt. Die Bestimmung der Öffnungs-kraft aus der Integration der Druckkraft erfolgt nach dem gleichen Verfahren, wie esim Abschnitt 2.5.1 für die Injektoren mit außenregelnden Servomotoren beschrie-ben wurde. An einem zweiten Rechenbeispiel ist die daraus gerechnete Nadelkraftin Abb. 2.12 als Kurve 1 dargestellt (Öffnungstendenz). Die Rückstoßkraft kann aus

Abb. 2.11 Injektor mit innenregelndem Servomotor

Abb. 2.12 Beispiel zum Kraftverhältnis in einem Injektor mit innenregelndem Servomotor1 Innere Nadelkraft (Öffnungstendenz)2 Rückstoßkraft (Öffnungstendenz)3 Nadelrückenkraft (Schliesstendenz)4 Federkraft (Schliesstendenz, ohne Vorspannung)5 Stellkraft des Servomotors

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42 2 Injektor

Gl. (2.32) berechnet werden, wie sie in Abb. 2.12 als Kurve 2 gezeigt ist. Die Kraftam Rücken der Nadel bewirkt eine Schließtendenz. Infolge des dort vorliegendenkonstanten statischen Drucks (p) wird diese Kraft berechnet aus

FB =(

ptot + p0 − 1

2ρc2)

1

4π(

D2N − D2

S

)(2.40)

Die Geschwindigkeit muss aus dem Durchfluss und dem konstanten Strömungs-querschnitt an der entsprechenden Stelle berechnet werden.

Die Gesamtschließkraft berechnet sich aus

F = −FN,In − FR + FB + FF (2.41)

In Abb. 2.12 ist diese Kraft durch Kurve 5 bezeichnet. Sie gilt auch als die Stellkraft,die der Servomotor aufbringen muss.

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Kapitel 3Wasserstrahl

Der Wasserstrahl aus der Düse eines Injektors ist hoch dynamisch und unterliegt ei-nem intensiven Austausch mit der Umgebungsluft, sodass die Wasserstrahlströmungin der Regel auch hoch turbulent ist. Die Kenntnisse über den Wasserstrahl sind fastausschließlich aus experimentellen Messungen gewonnen worden. Die Messung derGeschwindigkeitsverteilung im Wasserstrahl geschah nahezu ausschließlich durchAnwendung von Pitot-Rohren (Berntsen 2001, Brekke 2005). Die Genauigkeit die-ser Messmethode ist sehr beschränkt. So ist man damit z. B. nicht in der Lage, dieGeschwindigkeit vor der engsten Stelle (Einschnürstelle) des Wasserstrahls zu mes-sen, wo die Stromlinien gekrümmt sind. Die fotografische Methode diente vor allemdazu, die Strahlerweiterung und die Instabilität des Wasserstrahls zu untersuchen.Sowohl Messungen mit Pitot-Rohren als auch Visualisierungen durch fotografischeAufnahmen sind nicht in der Lage, die hydrodynamischen Eigenschaften des Was-serstrahls vollständig darzustellen.

Ein entscheidender Fortschritt bei experimentellen Messungen von Wasserstrah-len konnte durch Lasermessmethoden, namentlich der Laser-Doppler-Anemometrie(LDA) verzeichnet werden (Zhang 2000a, 2000b, 2001, 2003b). Eine Zusammen-fassung der wichtigsten Kenntnisse aus den Messungen findet man bei Zhang undCasey (2007c). Die Untersuchungen haben dazu beigetragen, dass die hydraulischenEigenschaften des Wasserstrahls systematisch aufgeklärt werden können.

Die folgenden Abschnitte befassen sich nach einer kurzen Erläuterung in dieLDA-Technik mit der allgemeinen Charakterisierung des Wasserstrahls und dessenEigenschaften, die ursprünglich aus experimentellen Untersuchungen an einer Mo-delldüse festgestellt wurden. Weil es sich vor allem um allgemeine Eigenschaftenvon Wasserstrahlen handelt, ist es nicht nötig, zwischen Modellturbinen und ihrenPrototypen zu unterscheiden.

Z. Zhang, Freistrahlturbinen 43DOI: 10.1007/978-3-540-70772-1, © Springer 2009

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44 3 Wasserstrahl

3.1 Laser-Doppler-Anemometrie (LDA)

Die LDA-Methode ist eine weit verbreitete Methode zur Strömungsuntersuchung.Sie ist sehr genau, störungsfrei und zeitlich hoch auflösend. Detaillierte Beschrei-bungen zum Prinzip und Anwendung der LDA-Methode findet man z. B. bei Durstet al. (1987), Albrecht et al. (2003) und Ruck (1987). Die Entwicklung der LDA-Methode in den letzten drei Dekaden umfasst einerseits Hard- und Softwareentwick-lungen, andererseits die Entwicklungen, die auf Anwendungsmethoden spezifiziertsind (Zhang 2002, 2004a, 2004b, 2005a). Zur Messung eines Wasserstrahls im Was-ser verwendeten Richter und Leder (2006) sowie Hüttmann et al. (2007) tauchba-re LDA-Systeme. Die Anwendung der LDA-Methode bei Wasserstrahlmessungenim Rahmen der Pelton-Turbinen geschieht durch das Anbringen eines durchsichti-gen Keilstückes auf dem Wasserstrahl nach Abb. 3.1, wodurch die rauhe und tur-bulente Oberfläche des Wasserstrahls geglättet wird. Das störungsfreie Eindringender Laserstrahlen in den Wasserstrahl wird dadurch gewährleistet. Die Störung derStrömung durch das Keilstück beschränkt sich auf die turbulente Grenzschicht imBereich des Keilstückes, deren Dicke weniger als 0.1 mm beträgt. Wie aus Unter-suchungen hervorgeht, ermöglicht die LDA-Methode höchstgenaue Messungen imWasserstrahl, auch in Bereichen mit Stromlinienkrümmungen. Ferner zeichnet sichdie LDA-Methode als die einzige effektive Methode aus, um Sekundärströmungenim Wasserstrahl exakt messen zu können. Dazu ist die Dual-Mess-Methode (DMM)speziell entwickelt (Zhang 2001, 2002) und allgemein erweitert (Zhang 2005a) wor-den.

Basierend auf LDA-Messungen an Wasserstrahlen aus einer Modelldüse werdenim Folgenden die wichtigsten Eigenschaften eines Wasserstrahls erläutert.

Abb. 3.1 Wasserstrahlund Anordnung der LDA-Messungen (Zhang 2000b)

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3.2 Axial-symmetrischer Wasserstrahl 45

3.2 Axial-symmetrischer Wasserstrahl

Obwohl die strömungstechnischen Eigenschaften des Wasserstrahls in einer Pelton-Turbine stark von der Zuströmung am Injektoreintritt abhängen, wird hier zuerstdie einfachste Zuströmung betrachtet, und zwar jene, die sich in einem geradenKreisrohr ausbildet. Die Zuströmung ist daher axial-symmetrisch. In Abb. 3.2 sindGeschwindigkeitsverteilungen an verschiedenen Querschnitten längs des Wasser-strahls dargestellt worden, wobei die axialen Geschwindigkeiten durch den theore-tischen Wert von

√2gH normiert sind. Daraus können folgende allgemeine Eigen-

schaften eines Wasserstrahls festgestellt werden:

1. Im Zentrum des Wasserstrahls ist ein klar getrenntes Geschwindigkeitsdefizit(Delle) zu erkennen, das auf die Grenzschichtentwicklung an der Nadelober-fläche zurückzuführen ist. Dieses Geschwindigkeitsdefizit gleicht sich zwar imVerlauf des Wasserstrahls größtenteils aus, beeinflusst jedoch die Interaktionmit Pelton-Schaufeln spürbar. Die mit dem Geschwindigkeitsdefizit verbunde-nen hydraulischen Verluste können aus Messungen am zweiten Messquerschnitt(2D0) bestimmt werden, wo die Stromlinien gerade und parallel sind. Berech-nungen zufolge beträgt dieser Verlust ca. 0.3%. Da die Düsenöffnung im be-trachteten Fall dem Nennbetrieb entspricht, gilt dieser Verlust in der Größen-ordnung allgemein für den Düsenbetrieb mit dem Nenndurchfluss.Die ungleichmäßige Geschwindigkeitsverteilung im Strahlquerschnitt bedeutetzugleich auch, dass für die Berechnungen von Massenstrom, Impuls und Ener-gie jeweils die mittleren Geschwindigkeiten gemäß folgender Berechnungen

Abb. 3.2 Geschwindigkeitsverteilung in einem Freistrahl aus einem Injektor mit geradem Einlauf

Page 59: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

46 3 Wasserstrahl

verwendet werden müssen:

CM = 8

d20

d0/2∫

0

c·r ·dr (3.1)

CI = 8

d20 CM

d0/2∫

0

c2·r ·dr (3.2)

C2E = 8

d20 CM

d0/2∫

0

c3·r ·dr (3.3)

Die entsprechenden Berechnungen am zweiten Messquereschnitt gemäß Abb. 3.2zeigen, dass der Unterschied zwischen drei mittleren Geschwindigkeiten sehr

klein ist (CI/CM = 1.0001, C2E/C

2M = 1.0004). Aus diesem Grund ist es prak-

tisch nicht notwendig, zwischen drei mittleren Geschwindigkeiten zu unter-scheiden.

2. Im ersten Messquerschnitt nimmt der Geschwindigkeitsverlauf von der Del-le zum Strahlrand linear zu. Die veränderliche Geschwindigkeit deutet daraufhin, dass das Einschnüren des Wasserstrahls bis auf dieser Messstelle nochnicht abgeschlossen ist. Da die Stromlinien wegen des Strahleinschnürens ge-krümmt sind, nimmt der Druck zum Inneren des Wasserstrahls zu. Folglichnimmt die Geschwindigkeit ab, da die Totalenergie konstant bleibt. Das ist auchder Grund, warum die normierte mittlere Geschwindigkeit an diesem Strahl-querschnitt sichtbar kleiner als Eins ist. Es soll hier erwähnt werden, dass einederartige Geschwindigkeitsverteilung am Querschnitt mit der Strahleinschnü-rung nicht mit einem Pitot-Rohr gemessen werden kann. Die Anwendung einesPitot-Rohrs setzt voraus, dass die Stromlinien dort gerade und parallel sind. Dieaus der LDA-Methode gewonnenen genaueren Ergebnisse im Wasserstrahl zei-gen zugleich, dass aus solchen Messungen die Stelle, an der der engste Strahl-querschnitt liegt, identifiziert werden kann.

3. Der in Abb. 3.2 am ersten Messquerschnitt dargestellte lineare Verlauf der Ge-schwindigkeitsverteilung im Außenbereich außerhalb des Strahlkerns ist nach 2)ein Beweis dafür, dass die Stromlinien dort gekrümmt sind. Es wird hier gezeigt,dass auf eine derartige Stromlinienkrümmung aus Messungen zurückgerechnetwerden kann, ähnlich wie in Abschnitt 2.1 bei der Betrachtung der Stromlini-enkrümmung in der Düse.Der Wasserstrahl wird in einem zylindrischen Koordinatensystem betrachtet.Da der Wasserstrahl keine Umfangsgeschwindigkeit besitzt, ist die Stromliniegegeben durch

r ′ = dr

dz= cr

cz(3.4)

Page 60: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

3.2 Axial-symmetrischer Wasserstrahl 47

Unter der Berücksichtigung, dass die Geschwindigkeiten cr und cz im Allge-meinen Funktionen des Ortes, d. h. r ′ = f (r, z) sind, ergibt sich aus Gl. (3.4)

r ′′ = d2r

dz2= 1

c2z

[cz

(∂cr

∂z+ ∂cr

∂r

dr

dz

)− cr

(∂cz

∂z+ ∂cz

∂r

dr

dz

)](3.5)

Um sich auf die Stromlinien zu beschränken, wird die Beziehung dr/dz = cr/cz

aus Gl. (3.4) in die obige Gleichung eingesetzt. Ferner wird eine Potentialströ-mung angenommen, für die dann ∂cr/∂z = ∂cz/∂r gilt. Unter diesen Bedingun-gen reduziert sich Gl. (3.5) mit cr/cz � 1 zu

r ′′ = 1

cz

∂cz

∂r(3.6)

Der Krümmungsradius der Stromlinien errechnet sich dann aus

1

R= r ′′(1+ r ′2)3/2

≈ r ′′ = 1

cz

∂cz

∂r(3.7)

Da der Geschwindigkeitsgradient ∂cz/∂r aus Messungen nach Abb. 3.2 be-stimmt werden kann, lässt sich der Krümmungsradius der Stromlinien direktberechnen. Tabelle 3.1 zeigte die aus Messungen berechneten Krümmungsradi-en der Stromlinien am ersten Messquerschnitt, wobei die Fallhöhe jeweils 10,20, und 30 Meter beträgt.

Tabelle 3.1 Krümmungsradius der Stromlinien am ersten Messquerschnitt in Abb. 3.2.

Fallhöhe Nadelhub s = 16 mm∂cz/∂r Krümmungsradius R (m)

10 m 37.7 0.3720 m 55.0 0.3730 m 61.1 0.39

Es ist ersichtlich, dass aufgrund des fast gleichen Krümmungsradius die Strom-linien bei verschiedenen Fallhöhen unverändert bleiben. Die Strahlströmungensind daher ähnlich.Die Krümmung der Stromlinie hat außerdem zur Folge, dass der Druck zurStrahlachse hin zunimmt. Der entsprechende Druckgradient kann aus der Im-pulsgleichung bestimmt werden. Die Euler-Gleichung in radialer Richtung istin diesem Fall

− 1

ρ

dp

dr= cr

∂cr

∂r+ cz

∂cr

∂z(3.8)

Der Wasserstrahl gilt als Potentialströmung und ist damit drehungsfrei. Dieentsprechende Bedingung ist gegeben durch ∂cr

∂z − ∂cz∂r = 0. Da aus Gl. (3.7)

Page 61: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

48 3 Wasserstrahl

∂cz∂r = cz

R gilt, erhält man somit

∂cr

∂z= cz

R(3.9)

Der Druckgradient im Wasserstrahl an der beschriebenen Messstelle errechnetsich aus Gl. (3.8) mit cr ≈ 0 zu

1

ρ

dp

dr= −cz

∂cz

∂r= −c2

z

R(3.10)

Dieser Druckgradient wirkt analog zum Strömungsfeld in einem Potentialwir-bel (siehe auch Abschnitt 5.1.2).

4. Abgesehen von der Geschwindigkeit im Randbereich des Wasserstrahls bleibtdie Geschwindigkeit im Wasserstrahl bis zu 7D0 konstant. Aus dem Massen-erhaltungssatz geht hervor, dass der Strahldurchmesser nahezu unverändertbleiben sollte. Dass dies auch der Realität entspricht, zeigt der nächste Ab-schnitt.

Durch Messungen am Wasserstrahl für die einfachste Einlaufbedingung am Injektorkonnten in diesem Abschnitt die wichtigsten Eigenschaften von Strahlströmungenerläutert werden.

3.3 Strahlerweiterung

Durch Messungen (Abb. 3.2) konnte festgestellt werden, dass die Strahlgeschwin-digkeit und daher der Strahldurchmesser über die Messlänge fast unverändert ge-blieben sind. Aufgrund von Beobachtungen und fotografischen Aufnahmen sprichtman jedoch häufig von einer Strahlerweiterung um ca. 0.2◦ bis 0.5◦. Eine derartigeStrahlerweiterung kann in dieser Größenordnung nicht vorliegen. Wird angenom-men, dass die Strahlerweiterung nach Abb. 3.3 durch α beschrieben wird, so ergibtsich aus dem konstanten Durchfluss Q = AC die Änderung der mittleren Geschwin-digkeit längs des Wasserstrahls mit

dC

dz= − C

A

dA

dz(3.11)

Abb. 3.3 Definition derStrahlerweiterung

Page 62: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

3.4 Sekundärströmungen im Wasserstrahl und Strahlqualität 49

Der Strahlquerschnitt wird aus A = π · r2 berechnet. Daraus ergibt sich

dA

dz= 2π · r dr

dz= 2π · r tanα (3.12)

Die spezifische kinetische Energie des Wasserstrahls ist gegeben durch e = C2/2.Ihre Änderung längs des Wasserstrahls berechnet sich aus

de

edz= 2

dC

Cdz(3.13)

Durch Einsetzen der Gln. (3.11) und (3.12) in Gl. (3.13) und mit d0 = 2r0 als Strahl-durchmesser erhält man schließlich die Änderung der kinetischen Energie längs desWasserstrahls in folgender Form:

�e

e= −8tanα · �z

d0(3.14)

Für eine typische Lauflänge des Wasserstrahls von �z/d0 = 4 und einen Strahler-weiterungswinkel von 0.2◦ errechnet sich somit der Energieverlust gemäß Gl. (3.14)zu 11%. Dieser Verlust ist in der Tat unrealistisch. Ein Verlust an kinetischer Energievon 1% auf einer Strecke von �z/d0 = 4 setzt nach Gl. (3.14) eine Strahlerweite-rung von lediglich 0.02◦ voraus. Aus dieser Abschätzung lässt sich schließen, dassdie in der Praxis beobachtete Strahlerweiterung sich nur auf die Strahloberfläche be-schränkt und daher im Hinblick auf den Energieverlust unbedeutend ist. Vielmehrkommt diese scheinbare Strahlerweiterung durch turbulenten Impulsaustausch mitder Umgebungsluft Zustande.

3.4 Sekundärströmungen im Wasserstrahl und Strahlqualität

In der Praxis befinden sich Injektoren von Pelton-Turbinen meist nach stark ge-krümmten Rohrbogen (Abb. 1.3). Bei Vertikalturbinen mit mehreren Injektoren istdies wegen der notwendigen Verteilleitung immer der Fall. Die Zuströmung zu je-dem Injektor wird von der individuellen Rohrkrümmung stark beeinflusst. Sie istnicht mehr rotationssymmetrisch, sondern weist Sekundärstruktur mit Vordrallzel-len auf. Vom Prinzip her werden alle axialen Unregelmäßigkeiten oder Störungen inder Strömung durch die Strömungsbeschleunigung in der Düse wirksam abgebaut.Dies konnte dadurch bestätigt werden, dass Störungen durch Rippen bzw. künst-lich verstärkte Störungen im Injektor keine Spuren im Wasserstrahl hinterlassen ha-ben (Zhang 2000b). Die in der Strömung vorhandenen Vordrallzellen zeigen jedochein anderes Verhalten. Nach dem Drallerhaltungssatz für reibungsfreie Strömun-gen bleibt die damit verbundene Strömungsrotation auch im Wasserstrahl erhalten.Abb. 3.4 zeigt die entsprechenden Sekundärströmungen an den Querschnitten je-weils direkt nach der Krümmung und im Wasserstrahl, die für eine 90◦-Krümmung

Page 63: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

50 3 Wasserstrahl

Abb. 3.4 Sekundärströmung in der Strömung vor dem Injektor nach einem 90◦-Rohrbogen undim Freistrahl, nach Zhang und Casey (2007c)

vor dem gleichen Modellinjektor gültig sind, wie er für die Versuche in Abb. 3.2 ver-wendet wurde. Die hohe Auflösung sehr geringer Geschwindigkeiten in der Sekun-därströmung im betrachteten Strahlquerschnitt wurde durch die von Zhang (2001,2002, 2005a) entwickelte Dual-Mess-Methode (DMM) erzielt.

In Abb. 3.4 sind zwei strukturierte Strömungsrotationen im Wasserstrahl zu er-kennen, die mit der Struktur der Sekundärströmung am Injektoreintritt identischsind. Obwohl die Sekundärbewegung des Wassers im Wasserstrahl sehr schwachist, kann sie die Strahlqualität entscheidend beeinflussen. Die Sekundärbewegun-gen des Wassers im Wasserstrahl sind so orientiert, dass diese Strömungen auf derSeite des Wasserstrahls aufeinander treffen, die der Innenseite des Rohrbogens ent-spricht. Aufgrund der freien Oberfläche des Wasserstrahls tendiert das Wasser beimZusammentreffen dazu, dem Wasserstrahl lokal zu entweichen. Dadurch wird an derOberfläche des Wasserstrahls eine visuell gut erkennbare und stabile Längssträhneaus Wassertropfen gebildet. Derartige Längssträhnen gelten vor allem als Störfak-tor für die mechanischen Teile der Maschinen. Trifft die Strähne auf die Schaufel,so können lokale Beschädigungen am Material hervorgerufen werden. Bei mehrdü-sigen Pelton-Turbinen müssen die Düsen jeweils vor Tropfenschlag durch andere

Page 64: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

3.4 Sekundärströmungen im Wasserstrahl und Strahlqualität 51

Abb. 3.5 Schutzdachbeschädigung durch Tropfenschlag

Düsen geschützt werden. Das in der Praxis häufig verwendete Schutzdach leidetdirekt unter dem starken Tropfenschlag und trägt Schäden davon (Abb. 3.5).

Zur Verbesserung der Strahlqualität in Pelton-Turbinen ist vor allem die Bildungvon Strähnen an der Strahloberfläche zu unterdrücken. Da die Ursache der Strähnen-bildung stromauf am Einlauf des Injektors liegt, sollte die Anwendung von Rohr-bögen mit scharfen Krümmungen möglichst vermieden werden. Der Einbau einesdichten Gitters vor dem Injektoreintritt bzw. in diesem, zum Abbau des Dralls, istnicht immer realistisch, da dadurch zusätzliche Verluste verursacht werden und dieGefahr der Düsenverstopfung erhöht wird. Aus diesem Grund ist die drallbehafteteStrömungsstruktur im Wasserstrahl schwer zu eliminieren.

Page 65: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

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Kapitel 4Interaktion zwischen Wasserstrahlund Pelton-Rad

4.1 Aufprallen runden Wasserstrahls auf ebene Platte

Das Aufprallen eines runden Wasserstrahls auf eine ebene Platte unter einem Win-kel θ stellt ein grundlegendes Modell der Wasserstrahltechnik dar (Abb. 4.1). Umdie Ausbreitung des Wasserfilms längs der Platte zu berechnen, sind der Masse-,Impuls- und Energieerhaltungssatz zu verwenden. Für die reibungsfreie Ablenkungund Verbreitung des Wasserfilms lässt sich aus dem Energiesatz schließen, dass dieFließgeschwindigkeit des Wassers auf der Platte gleich der Strahlgeschwindigkeit

Abb. 4.1 Aufprallen einesRundstrahls auf eine ebenePlatte und die Ausbreitungdes Wasserfilms

Z. Zhang, Freistrahlturbinen 53DOI: 10.1007/978-3-540-70772-1, © Springer 2009

Page 67: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

54 4 Interaktion zwischen Wasserstrahl und Pelton-Rad

ist. Die Strömungsverteilung über den Umfang sowie in der radialen Ausbreitung istnach dem Impulssatz zu berechnen, wobei die Integration des Massenstromes längseines beliebigen Kreises den Massenstrom des Rundstrahls wiedergeben muss. Dieerste exakte Berechnung wurde von Hasson und Peck (1964) aufgestellt. Die Ver-teilung der Filmhöhe auf einem zentrischen Kreis ist gegeben durch

2r ·hR2

= sin3 θ

(1− cosθ cosϕ)2(4.1)

Der Mittelpunkt des Kreises ist zugleich der Staupunkt des Wasserstrahls auf derPlatte und liegt exzentrisch zur Strahlachse mit einer Distanz s, die folgendermaßenzu berechnen ist:

s

R= cosθ (4.2)

Die Kraft, die der Wasserstrahl mit einer Geschwindigkeit C auf die Platte ausübt,kann durch den Impulssatz bestimmt werden. Da die Strömung als reibungsfrei an-genommen wird und daher keine Kraftkomponente in der Ebene der Platte existiert,steht die resultierende Kraft senkrecht zur ebenen Platte. Unter Anwendung des Im-pulssatzes in der Richtung senkrecht zur ebenen Platte errechnet sich die Strahlkraftzu

FSt = πR2 ·ρC2 sinθ (4.3)

Diese Kraft wird auch als Stoßkraft bezeichnet. In der Nähe des Staupunktesherrscht unter dem Wasserfilm ein Überdruck, dessen Integration über der Plattegleich der Strahlkraft nach Gl. (4.3) sein muss. Zur Bestimmung der Druckvertei-lung in unmittelbarer Nähe des Staupunkts sei auf die Untersuchung von Taylor(1960) hingewiesen.

4.2 Mindestschaufelzahl

Eine grundlegende Frage bei der Auslegung von Pelton-Turbinen ist, wie vieleSchaufeln mindestens verwendet werden müssen, damit kein Wasser des Wasser-strahls ungenutzt das Schaufelrad durchströmen kann. Die Vorbedingung zur Be-stimmung der Mindestschaufelzahl ist, dass die Turbine im Normalbetrieb läuft.Nach Abb. 4.2 soll die äußerste Strahlschicht die möglichste sein, in der das Wasserzum Teil die Schaufeln durchschleusen wird. Somit wird die Mindestschaufelzahlmit dieser Strahlschicht bestimmt. Der letzte Wassertropfen (am Punkt b), der vonder Schaufel B noch entweicht, muss die voreilende Schaufel A spätestens bei derenStellung A′ erreichen. Die dazu benötigte Zeit beträgt

2t = 2 · Rc · sinαb

C0(4.4)

Page 68: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

4.2 Mindestschaufelzahl 55

Abb. 4.2 Bestimmung derkleinsten Schaufelzahl ausBetrachtung der äußerstenStrahlschicht

Da diese Zeit die maximal erlaubte Zeit darstellt, muss die entsprechende Drehungder Schaufel A nach Abb. 4.2 die folgende Bedingung erfüllen:

2t ·ω < 2αb −αs (4.5)

bzw. mit αs = 2π/N als Schaufelteilungswinkel:

2t ·ω < 2αb − 2π

N(4.6)

Zusammen mit Gl. (4.4) und wegen ωRc = Uc wird die minimal erforderlicheSchaufelzahl bestimmt durch

Nmin = π

αb −Uc/C0 · sinαb(4.7)

Unter der Bedingung 2Uc ≈ C0 für den Normalbetrieb wird dies vereinfacht zu

Nmin = 2π

2αb − sinαb≈ 2πRc/t (4.8)

Dabei wurden zur Vereinfachung 2αb ≈ 2t/Rc und sinαb = t/Rc verwendet.Eine ähnliche Berechnung findet man auch bei Raabe (1989). In der Praxis

ist die verwendete Schaufelzahl viel höher als nach Gl. (4.8) minimal notwendig.Liegt z. B. bei einer Pelton-Turbine die Mindestschaufelzahl nach obiger Gleichungbei 14, ist die verwendete Schaufelzahl oft bei 20 oder 21. Die optimale Schaufel-zahl bei einer Pelton-Turbine richtet sich stets nach dem maximalen Wirkungsgradund ist von mehr Betriebsparametern als nur der oben gezeigten Bedingung abhän-gig. Ein aus der Praxis sehr gut bewährtes Kriterium zur Bestimmung der optimalenSchaufelzahl wird in Abschnitt 4.5 beschrieben.

Page 69: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

56 4 Interaktion zwischen Wasserstrahl und Pelton-Rad

4.3 Wasserstrahl-Schaufel-Interaktion und ihre Spezifikation

Die Schaufeln einer Pelton-Turbine unterliegen einer periodischen Beaufschlagungdurch den Wasserstrahl. Zur Auslegung der Schaufeln und Optimierung des Be-triebes soll das entsprechende Strahlstück für eine einmalige Beaufschlagung ei-ner Schaufel bestimmt werden. Zu diesem Zweck wird der Schaufeleintritt nachAbb. 4.3 durch eine gerade Kante angenähert, deren Kreisdurchmesser Dc gering-fügig kleiner als der Spitzkreisdurchmesser ist (siehe auch Abb. 1.4).

Die Schaufel beginnt mit dem Schneiden des Wasserstrahls an der Stelle a aufder oberen Seite des Strahls. Die entsprechende Schaufelstellung ist durch αa ge-kennzeichnet und wird berechnet aus

cosαa = Rm −d0/2

Rc= Dm −d0

Dc(4.9)

Analog zur Gl. (1.30) in Kapitel 1 kann die Schaufelstellung αa in obiger Gleichungunter den Betriebsbedingungen km = 0.47 und ϕB = 0.11 auch als Funktion derspezifischen Drehzahl ausgedrückt werden:

cosαa = 1−0.81nq

1+2nq(4.10)

Nachfolgend und zu der Zeit tb schneidet die gleiche Schaufel den Wasserstrahl ander Stelle b auf der unteren Seite des Strahls. Das heißt, dass das Wasserteilchen,das sich zur Zeit t = 0 an der Stelle b befindet, die Schaufelschneide zur Zeit t = tberreichen wird. Die entsprechende Schaufelstellung berechnet sich zu

cosαb = Dm +d0

Dc(4.11)

Abb. 4.3 Definition des Strahlstückes abcd und Schaufelstellungen

Page 70: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

4.3 Wasserstrahl-Schaufel-Interaktion und ihre Spezifikation 57

bzw. in Funktion der spezifischen Drehzahl mit

cosαb = 1+0.81nq

1+2nq(4.12)

Die Schaufelstellung αo1, bei der die Schaufel die Strahlachse schneidet, wurdebereits in Kapitel 1 als eine spezielle Schaufelstellung angegeben, siehe Gl. (1.30).

Abb. 4.4 zeigt die gerechneten speziellen Schaufelstellungen αa, αo1 und αb inAbhängigkeit der spezifischen Drehzahl. Bei Pelton-Turbinen mit hoher spezifischerDrehzahl beginnt das Eintreten des Wasserstrahls in die Schaufel deutlich früher alsbei Pelton-Turbinen mit niedriger spezifischer Drehzahl. Die sich daraus ergebenenProbleme beim Wassereintritt in die Schaufel werden in den Abschnitten 4.7 und4.8 behandelt.

Das Strahlstück, das in eine Schaufel eintritt, ist in Abb. 4.3 durch das Parallelo-gramm abcd bezeichnet. Die Schnittlinie ab kann als eine gerade Linie angesehenwerden (Anhang 4). Die Form dieses Strahlstücks ist durch die Längen s1 und s2 de-finiert. Mittels der Berechnungen aus Anhang 4 sind diese Längen jeweils gegebendurch

s1

Dm= d0

Dm

1√(Dc/Dm)

2 −1

(1

km−1

)(4.13)

und

s2

Dm= 1

km· π

N(4.14)

Das Längenverhältnis s1/s2 berechnet sich nach Anhang 4 aus

s1

s2≈ 0.5

1+nq(4.15)

und beträgt im Allgemeinen zwischen 0.43 und 0.46.

Abb. 4.4 Spezielle Schau-felstellungswinkel in Ab-hängigkeit von der spezifi-schen Drehzahl (km = 0.47,ϕB = 0.11)

Page 71: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

58 4 Interaktion zwischen Wasserstrahl und Pelton-Rad

Weiterhin ist es noch von Bedeutung, die Schaufelstellungswinkel αc und αd zuberechnen, bei denen jeweils die letzten Wasserteilchen der Stellen c und d desStrahlstücks abcd in die Schaufel eintreten. Aus Berechnungen in Anhang 5 sinddiese Schaufelstellungswinkel jeweils gegeben durch

αc = αa − km (tanαo1 −αo1)+2π/N

1− km(4.16)

und

αd = αb − km (tanαo1 −αo1)+2π/N

1− km(4.17)

Abb. 4.5 zeigt die für eine Pelton-Turbine (nq = 0.1 1/s) gerechneten 4 Schaufel-stellungen. Während der Winkel αa nach Abb. 4.4 zwischen 30◦ und 45◦ variiert,sind die letzten zwei Schaufelstellungen (αc und αd) praktisch annähernd symme-trisch zur 0-Stellung (α = 0). Dieser Sachverhalt deutet darauf hin, dass der Eintrittder mittleren Strahlschicht (auf der Strahlachse) etwa bei der senkrechten Schaufel-stellung (α = 0) endet. Diese Kenntnis wird noch gebraucht, um die Schaufelzahleines Pelton-Rades in Abhängigkeit von der spezifischen Drehzahl zu bestimmen(Abschnitt 4.5).

Während des Eintritts des Wasserstrahls in die Schaufel durchläuft die Schaufeleinen Winkelbereich von�α = αd −αa. Diesem Winkelbereich muss eine besonde-re Beachtung beigemessen werden, wenn eine Pelton-Turbine mit zwei oder meh-reren Injektoren ausgelegt werden soll. Damit es zu keiner gegenseitigen Störungzwischen zwei Wasserstrahlen kommt, muss der Versatzwinkel zwischen zwei In-

Abb. 4.5 Spezielle Schaufel-stellungen, bei denen Wasser-teilchen jeweils an den Stellena, b, c und d auf dem Strahl(vgl. Abb. 4.3) in die Schaufeleintreten, nq = 0.1 1/s

Page 72: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

4.4 Koinzidenz- und Symmetriebedingungen 59

jektoren deutlich größer als �α sein. Die Verweilzeit des Wassers in der Schaufelkann ignoriert werden, da das Wasser die Schaufel größten Teils seitlich verlässt.Normalerweise beträgt der Winkelbereich �α für den störungsfreien Betrieb einenWert zwischen 40◦ bis 55◦. Bei 6-düsigen Maschinen ist daher immer Vorsicht an-gebracht. Die gegenseitige Störung zweier Wasserstrahlen würde einerseits einenzusätzlichen Wirkungsgradverlust bewirken, und andererseits lokale mechanischeSchäden verursachen. Die Kriterien zur Bestimmung des kleinsten Versatzwinkelszwischen zwei Injektoren werden in Kapitel 18 ausführlich behandelt.

Nach Abb. 4.3 und 4.5 erhält die Schaufel den kompletten Wasserstrahl nur imWinkelbereich von αb bis αc. Der mittlere Winkel (αb +αc)/2 kann herangezo-gen werden, wenn die Strahl-Schaufel-Interaktion bewertet werden soll. Die idealeStrahl-Schaufel-Interaktion wird erzielt, wenn der Wasserstrahl zum größten Teilsenkrecht in die Schaufel eintritt (Abb. 4.6). Dadurch wird die optimale Ausbrei-tung des Wasserstrahls in der Schaufel erreicht. Die Strömung verläuft dann längsder Schaufeloberfläche mit nahezu konstanter Umfangsgeschwindigkeit. Dies ent-spricht der Bedingung zur Erzielung eines maximalen hydraulischen Wirkungsgra-des.

Abb. 4.6 Ausbreitung desWassers in der Schaufel

4.4 Koinzidenz- und Symmetriebedingungen

In der praktischen Anwendung von Pelton-Turbinen liegt die Laufzahl km im Be-reich zwischen 0.45 und 0.48, wodurch maximale Wirkungsgrade erzielt werdenkönnen. Um den möglichen Hintergrund dieser Praxis darzustellen, wird eine dün-ne Strahlschicht betrachtet, die auf der Strahlachse liegt (Abb. 4.7).

In Anhang 5 sind die Schaufelstellungswinkel αo1 und αo2 sowie ihre Differenzabgeleitet. Nach Gl. (a5.9) gilt

αo1 −αo2 = 2π

N+ km (tanαo1 − tanαo2) (4.18)

Page 73: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

60 4 Interaktion zwischen Wasserstrahl und Pelton-Rad

Abb. 4.7 Koinzidenzbedingungzur Interaktion zwischendem Wasserstrahl und denrotierenden Schaufeln

Um eine stabile Interaktion zwischen einem Wasserstrahl und den rotierendenSchaufeln zu erreichen, sollten durchschnittlich zwei Schaufeln unter der Vollbe-aufschlagung eines Wasserstrahls stehen (Abb. 4.7). Mit anderen Worten: beginnteine Schaufel eine bestimmte Strahlschicht zu schneiden, muss die andere Schau-fel, die um zwei Schaufelteilungen voreilt, von der Beaufschlagung der gleichenStrahlschicht entlastet werden. Zur Markierung des Eintritts wird nach Abb. 4.7 dieVerbindungslinie zwischen der Spitze der Schaufelmittelschneide und der Drehach-se des Pelton-Rades herangezogen (Anhang 5). Bei Betrachtung der Strahlschichtauf der Strahlachse nach Abb. 4.7 bedeutet die formulierte Bedingung zur Beauf-schlagung, dass der Winkel αo1 −αo2 zweimal dem Schaufelteilungswinkel entspre-chen soll. Diese Anforderung ist somit formuliert in der folgenden Gleichung mitλ= 1:

αo1 −αo2 = 2λ · (2π/N ) (4.19)

Der Faktor λ wird als Platzhalter verwendet, um später reale Betriebsbedingungenberücksichtigen zu können, bei denen es sich nicht um die Beaufschlagung auf ex-akt zwei Schaufeln handelt. Die Bedeutung von λ lässt sich nun damit erklären,dass durchschnittlich eine Anzahl von 2λ Schaufeln gleichzeitig unter Vollbeauf-schlagung eines Wasserstrahls stehen.

Wird Gl. (4.19) in Gl. (4.18) eingesetzt und nach der Laufzahl km aufgelöst,ergibt sich:

km = 2π

N

2λ−1

tanαo1 − tanαo2(4.20)

Page 74: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

4.5 Schaufelzahl des Pelton-Rades 61

Der Winkel αo2 wird durch Gl. (4.19) ersetzt. Daraus ergibt sich schließlich

km = 2π

N

2λ−1

tanαo1 − tan(αo1 −4λπ/N)(4.21)

Diese Gleichung mit λ= 1 stellt eine Bedingung dar, bei der durchschnittlich zweiSchaufeln unter der Vollbeaufschlagung eines Wasserstrahls stehen, wie dies be-reits in Abb. 4.7 veranschaulicht wurde. Wird diese Bedingung, Koinzidenzbedin-gung genannt, beispielsweise auf eine konkrete Pelton-Turbine mit 21 Schaufelnund αo1 = 33.5◦ (nq = 0.1) angewandt, so ist der Arbeitspunkt der Turbine beikm = 0.44 zu erwarten. In den meisten Anwendungen von Pelton-Turbinen liegt dieLaufzahl km bekanntlich zwischen 0.45 und 0.48. Die oben dargestellte Herleitungerklärt somit den physikalischen Hintergrund der praktischen Betriebsbedingungenmit km < 0.5. Weil die in der Praxis auftretenden Werte der Laufzahl größer alserwartet sind, werden zumeist mehr als zwei Schaufeln von einem Wasserstrahlgleichzeitig beaufschlagt. Dies kann aus Gl. (4.21) festgestellt werden, indem sichz. B. mit λ= 1.05 eine Laufzahl von km = 0.47 ergibt, die im Bereich des realen Be-triebspunkts liegt. Der Faktor λ wird somit als Multischaufelziffer bezeichnet undkann zum λ= 1.05 für eine mittlere spezifische Drehzahl von nq = 0.1 angenommenwerden. Wie im nächsten Abschnitt noch gezeigt wird, ist die Multischaufelziffereine Funktion der Laufzahl und der spezifischen Drehzahl eines Pelton-Rades.

Es wurde im Zusammenhang mit Abb. 4.5 erwähnt, dass der mittlere Schaufel-stellungswinkel zwischen αc und αd etwa Null sein soll. Das heißt, dass der Schau-felstellungswinkel αo2 praktisch Null ist:

αo2 = 0 (4.22)

Diese Bedingung wird als Symmetriebedingung bezeichnet. Daraus kann z. B. dieSchaufelzahl in Abhängigkeit der spezifischen Drehzahl eines Pelton-Rades be-stimmt werden.

4.5 Schaufelzahl des Pelton-Rades

Die Symmetriebedingung nach Gl. (4.22) wird auf Gl. (4.19) angewendet. Darausergibt sich die Schaufelzahl

N = 4πλ

αo1(4.23)

Andererseits ergibt sich aus Gl. (4.20) mit αo2 = 0

km = 2π

N

2λ−1

tanαo1(4.24)

Page 75: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

62 4 Interaktion zwischen Wasserstrahl und Pelton-Rad

Aus diesen letzten beiden Gleichungen lässt sich die Multischaufelziffer eliminie-ren. Die Schaufelzahl berechnet sich dann zu

N = 2π

αo1 − km tanαo1= f

(km,nq

)(4.25)

Dabei wurde für die Funktion f(km,nq

)die Beziehung nach Gl. (1.30) verwendet.

Aus Vergleich mit Gl. (4.8) für die Mindestschaufelzahl erkennt man den ähnlichenAufbau der beiden Berechnungen. Die Schaufelzahl nach Gl. (4.25) zeigt ihre klareAbhängigkeit von der Laufzahl und der spezifischen Drehzahl eines Pelton-Rades.

Die Multischaufelziffer wird bestimmt aus Gl. (4.23) und (4.25):

λ= 1

2

1

1− km(tanαo1)/αo1= f

(km,nq

)(4.26)

Mit dieser Multischaufelziffer kann die Schaufelzahl auch direkt aus Gl. (4.23) er-mittelt werden. Ferner wird aus dem Ausdruck cosαo1 nach Gl. (1.30) der Ausdrucktanαo1 gebildet und anschließend in Gl. (4.24) eingesetzt. Daraus ergibt sich eineweitere Berechnungsformel für die Schaufelzahl:

N = π

km

2λ−1√

nq(1+nq

) (4.27)

Diese Form der abgeleiteten Schaufelzahl verknüpft gleichzeitig die Laufzahl, diespezifische Drehzahl und die Multischaufelziffer. Zu einem gegebenen Pelton-Rad(N) unter bestimmter Betriebsbedingung (km, nq) kann somit die reale Multischau-felziffer ermittelt werden. Davon ausgehend lässt sich das Betriebsverhalten derPelton-Turbine bewerten.

Abb. 4.8 und 4.9 zeigen jeweils die Multischaufelziffer und die Schaufelzahl inAbhängigkeit von der Laufzahl und der spezifischen Drehzahl. Für eine mittlerespezifische Drehzahl von nq = 0.11 und Laufzahl von km = 0.47 wird z. B. eine

Abb. 4.8 Multischaufelzifferin Abhängigkeit von der spe-zifischen Drehzahl und derLaufzahl unter Symmetriebe-dingungen

Page 76: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

4.5 Schaufelzahl des Pelton-Rades 63

Abb. 4.9 Schaufelzahl inAbhängigkeit von der spe-zifischen Drehzahl und derLaufzahl unter Symmetrie-bedingungen. Zum Vergleichist die empirische Berech-nung nach Taygun (1946) fürkm = 0.47 dargestellt

Schaufelzahl von N = 22 bestimmt, was auch der Realität sehr gut entspricht. DieMultischaufelziffer ergibt sich dabei zu λ = 1.08. Bei Pelton-Rädern mit kleinerspezifischer Drehzahl und im Betrieb mit km gegen 0.5 gehend, tendiert die Mul-tischaufelziffer zu Eins. Insbesondere für nq → 0 und km = 0.5 ergibt sich λ = 1.In diesem genannten Fall ist die vollkommene Koinzidenzbedingung erfüllt. DieInteraktion zwischen dem Wasserstrahl und den rotierenden Schaufeln ist dann ver-gleichbar mit der Interaktion zwischen dem Wasserstrahl und einer geradlinig be-wegten Schaufel.

Die obigen Berechnungen sind mit der Symmetriebedingung αo2 = 0 ausgeführtworden. Die daraus bestimmte Schaufelzahl für das Pelton-Rad mit großer spezifi-scher Drehzahl kann unter Umständen bei der mechanische Fertigung zu Problemenführen, da der Freiraum zwischen zwei benachbarten Schaufeln relativ eng wird. Insolchen Fällen wird meist eine geringere Schaufelzahl als berechnet gewählt. Wirdbeispielsweise aus nq = 0.13 und km = 0.47 eine Schaufelzahl mit N = 21 berech-net, wählt man in der Praxis eine Schaufelzahl von N = 19. Nach Gl. (4.21) bedeutetdies eine geringe Änderung der Multischaufelziffer von λ= 1.11 auf λ= 1.10. DerSchaufelstellungswinkel αo2 wird nach Gl. (4.19) jedoch von αo2 = 0 auf αo2 = −4verändert. Da diese Winkeländerung nicht besonders groß ist, ist die SchaufelzahlN = 19 anstatt N = 21 ohne weiteres zulässig. Zweifelsfrei lassen sich die in derPraxis auftretenden relativ niedrigen Schaufelzahlen mit der Maximierung des Wir-kungsgrades begründen. Dabei können andere Einflussfaktoren, insbesondere derReibungseffekt nach Kapitel 9, 10 und 11, eine große Rolle spielen. Aus einer frü-heren experimentellen Untersuchung wurde eine empirische Gleichung zur Bestim-mung der Schaufelzahl von Taygun (1946) vorgeschlagen:

N = 15+ 1

2· Dm/d0 (4.28)

Unter der Anwendung der Beziehung nach Gl. (1.26) kann diese empirische Glei-chung auch als Funktion der Laufzahl und der spezifischen Drehzahl dargestellt

Page 77: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

64 4 Interaktion zwischen Wasserstrahl und Pelton-Rad

werden:

N = 15+1.3km/nq (4.29)

Es kann nachwiesen werden, dass die gerundete Schaufelzahl nur sehr gering vonder Laufzahl abhängt. Somit ist für eine mittlere Laufzahl von km = 0.47

N = 15+0.62/nq (4.30)

Sie ist somit eine Funktion rein geometrischer Größen. Zum Vergleich ist die dar-aus berechnete Schaufelzahl in Abhängigkeit von der spezifischen Drehzahl bereitsin Abb. 4.9 dargestellt worden. Es zeigt sich qualitativ eine sehr gute Übereinstim-mung zwischen empirischen und theoretischen Werten. Die aus Koinzidenzbedin-gung bzw. Symmetriebedingung hergeleiteten Beziehungen zeigen die physikali-schen Hintergründe für die Bestimmung der Schaufelzahl eines Pelton-Rades. Da-mit ist nun auch geklärt, warum die Laufzahl bei einer Pelton-Turbine stets im Be-reich zwischen 0.45 und 0.48 liegt, also kleiner als 0.5 sein muss.

4.6 Relativlaufbahn des Wasserstrahls

Die reale Interaktion zwischen dem Wasserstrahl und einer Pelton-Schaufel kannveranschaulicht werden, wenn sie in der bewegten Schaufel betrachtet wird. Dazuwird hier zunächst die relative Laufbahn eines Wasserteilchens, das in die Schaufeleintritt, berechnet. Das Wasserteilchen befindet sich nach Abb. 4.10 auf der Lauf-bahn, die um h von der Drehachse entfernt ist. Mit dem in der Abbildung ein-gezeichneten Koordinaten-System sind die Komponenten der Relativgeschwindig-keit W0 des Wasserteilchens vor dem Eintritt in die Schaufel gegeben durch

Abb. 4.10 Relative Laufbahneines Wasserteilchens, dasbeim Schaufelstellungswin-kel αe in die Schaufel eintritt

Page 78: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

4.6 Relativlaufbahn des Wasserstrahls 65

W0x = C0x −Ux = C0 −ω ·h (4.31)

W0y = 0−Uy = −ω · R · sinα (4.32)

Es wird angenommen, dass das betrachtete Wasserteilchen bei der Schaufelstellungαe an der Stelle Re = h/cosαe in die Schaufel eintritt (x = xe, y = h). Der Eintritts-zeitpunkt wird mit Null fixiert. Die Laufbahn der Partikel vor dem Eintritt in dieSchaufel ist demnach mit negativer Zeit zu berechnen.

Da das Wasserteilchen vor dem Eintritt in die Schaufel sich auf der Bahn h =const d. h. R ·cosα= const befindet, ist nach Gl. (4.31) W0x = const . Die Laufbahndes Wasserteilchens im relativen System ist dann beschrieben durch

x = xe +t∫

0

W0xdt = xe + (C0 −ω ·h) · t (4.33)

y = h +t∫

0

W0ydt = h −ωt∫

0

R · sinαdt (4.34)

Wegen R · sinα = −xe −C0 · t berechnet sich Gl. (4.34) zu

y = h +ωt∫

0

(xe +C0 · t)dt = h +ω(

xet + 1

2C0t2

)(4.35)

Durch Eliminieren der Zeit aus Gln. (4.33) und (4.35) kann die Laufbahn des be-trachteten Wasserteilchens berechnet werden:

y = h +ω x − xe

C0 −ω ·h(

xe + 1

2· x − xe

1−ω ·h/C0

)(4.36)

Die berechnete Laufbahn gilt jedoch nur für Wasserteilchen, die zur Zeit t = 0 ander Stelle x = xe und y = h in die Schaufel eintreten. Die Tangente der Laufbahnam Schaufeleintritt stimmt dort mit der Relativgeschwindigkeit (W0) überein, wiedies in Abb. 4.10 gezeigt ist. Der Eintrittswinkel γ des betrachteten Wasserteilchensin die Schaufel berechnet sich aus der Beziehung

tanγ = −(

W0y

W0x

)

e= ω · xe

C0 −ω ·h (4.37)

Zur Auslegung des Pelton-Rades strebt man oft danach, die Schaufelmittelschneidemit zugehörigem Grundkreis rs so auszulegen bzw. soweit zu kippen, dass diesezur mittleren relativen Laufbahn des gesamten Wassers möglichst senkrecht steht.Die Strömungsausbreitung in der Schaufel sieht demnach so aus, wie sie bereits inAbb. 4.6 veranschaulicht wurde.

Wird die Relativbewegung des Wasserteilchens für die Zeit t > 0 als unbeein-flusst von der Schaufel weiter betrachtet, so würde die Laufbahn des Wasserteil-

Page 79: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

66 4 Interaktion zwischen Wasserstrahl und Pelton-Rad

chens ihren Höhepunkt erreichen, bei der sich die GeschwindigkeitskomponenteWy = 0 ergibt (Abb. 4.10). Das Wasserteilchen befindet sich jedoch auf der y-Achse,da sich nach Gl. (4.32) α = 0 ergibt.

4.7 Strömungsablösung beim Eintritt am Schaufelausschnitt

Es wurde bereits in Abschnitt 4.3 gezeigt bzw. in Abb. 4.4 veranschaulicht, dassbei Pelton-Turbinen mit großer spezifischer Drehzahl die Schaufel mit dem Schnei-den des Wasserstrahls sehr früh beginnt. Daraus ergibt sich, dass aufgrund desGeschwindigkeitsplans nach Abb. 4.11 die Relativgeschwindigkeit sehr „steil“ zurSchaufel gerichtet ist und die Strömung am Schaufeleintritt sich ablösen kann. Dasan der Schaufeleintrittskante vorbeilaufende Wasser folgt dann der relativen Lauf-bahn, die bereits in Abschnitt 4.6 berechnet wurde, und trifft kurz darauf wieder aufdie Innenfläche der Schaufel. Der Ort des Auftreffens des Wassers auf der Innensei-te der Schaufel kann aus Abb. 4.11 bestimmt werden, indem innerhalb der gleichenZeit die Schaufel um �α = ωt verdreht und der Wasserstrahl um eine Strecke von�x = C0 · t bewegt wird. Als Konsequenz dieser Tatsache werden Schäden an ent-sprechenden Stellen auf der Schaufelinnenseite durch das Aufprallen des Wassersentstehen. Diese Schäden sind bereits im praktischen Betrieb von Pelton-Turbinenmit großen spezifischen Drehzahlen beobachtet worden. Abb. 4.12 zeigt das sys-tematische Ausbrechen von Verschleißbeschichtung auf der Schaufelinnenseite ander Stelle, wo das abgelöste Wasser in Form von Tropfen mit der Auswirkung ei-

Abb. 4.11 Strömungsablösungund Wiederauftrittsstelle abei Pelton-Rädern mit grosserspezifischer Drehzahl

Page 80: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

4.8 Stoßfreie Bedingung am Schaufelrücken 67

Abb. 4.12 SystematischesAusbrechen von Beschich-tungen an der Schaufelin-nenseite einer Pelton-Turbine(nq = 0.13), verursacht durchden Hammereffekt von Was-sertropfen

nes Hammereffekts wieder auftrifft. Der hohe periodische Tropfenschlag, im ge-zeigten Beispiel von 30 Hz, schwächt die Haftung der Verschleißbeschichtung undverursacht das Ausbrechen der Beschichtung nach kurzer Betriebszeit. Es ist daherratsam, den Profilverlauf im Bereich des Schaufelausschnitts sorgfältig auszulegen,wenn die spezifische Drehzahl der Pelton-Turbine groß ist.

4.8 Stoßfreie Bedingung am Schaufelrücken

In dem Moment, in dem der Wasserstrahl vom Ausschnitt der Schaufel eingeschnit-ten wird, wird der Wasserstrahl in zwei Teile geteilt. Ein Teil tritt in die Schaufelein; der andere Teil fliegt an der Schneide des Ausschnitts vorbei. Bei ungünstigerAuslegung des Schaufelausschnitts kann es passieren, dass der zweite Teil des Was-serstrahls zum Teil auf den Schaufelrücken stößt. Hierfür sind insbesondere Pelton-Turbinen mit hoher spezifischer Drehzahl anfällig, da nach Abb. 4.11 die Relativge-schwindigkeit am Schaufeleintritt sehr „steil“ ist. Das Anstoßen des Wasserstrahlsauf den Schaufelrücken wird vor allem einen Wirkungsgradverlust verursachen undsoll daher möglichst vermieden werden. Ein Kriterium dazu soll nachfolgend erar-beitet werden.

Der Anhaltspunkt zur Auslegung des Profils am Schaufelausschnitt ist das Ge-schwindigkeitsverhältnis im Relativsystem. Es wurde bereits im letzten Abschnittgezeigt, dass die steilste Relativgeschwindigkeit und daher der kritischste Strö-mungswinkel sich zum Beginn des Einschneidens des Wasserstrahls ergeben. Dieentsprechende Schaufelstellung ist gegeben durch αa und das entsprechende Strö-mungsverhältnis ist in Abb. 4.13 dargestellt. Die Relativgeschwindigkeit weist indie Richtung, die durch den Winkel ϕa gegeben ist. Der Flächenverlauf am Schau-felrücken ist durch S bezeichnet, der einen festen Neigungswinkel von ψ gegen-über dem Positionsradius besitzt. Damit der Wasserstrahl am Schaufelrücken be-rührungsfrei abfließen kann, gilt die Bedingung ψ < ϕa.

Der Strömungswinkel ϕa wird aus dem Geschwindigkeitsverhältnis am Schau-feleintritt ermittelt. Nach dem in Abb. 4.13 eingezeichneten Geschwindigkeitsplan

Page 81: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

68 4 Interaktion zwischen Wasserstrahl und Pelton-Rad

Abb. 4.13 Bedingung zurstoßfreien Strömung amSchaufelrücken in der Aus-schnittszone: ψ < ϕa mitϕa = π/2−βa

berechnet sich der Strömungswinkel ϕa nach dem Sinussatz zu

cosϕa = C0 · sinαa

W0(4.38)

Dabei wurde die Beziehung sin (π−βa)= sinβa = cosϕa verwendet.Die Relativgeschwindigkeit berechnet sich nach dem Kosinussatz aus

W 20 = U2

c +C20 −2UcC0 cosαa (4.39)

bzw.

W 20

C20

= U2c

C20

+1−2Uc cosαa

C0(4.40)

Wird Gl. (4.40) in Gl. (4.38) eingesetzt, ergibt sich

cos2ϕa = sin2αa

(Uc/C0)2 +1−2 (Uc/C0) · cosαa

(4.41)

Diese Gleichung kann auch in Funktion der spezifischen Drehzahl dargestellt wer-den. Dafür werden Gl. (4.10) für αa sowie Gl. (1.33) mit km = 0.47 verwendet. Esergibt sich aus Gl. (4.41)

cos2ϕa = 1− (1−0.81nq)2/(1+2nq

)2

0.22(1+2nq

)2 +0.76nq +0.06(4.42)

Page 82: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

4.9 Stoßkraft und ihre Leistung beim Eintritt 69

Abb. 4.14 Strömungswinkel am Schaufelrücken in Abhängigkeit von der spezifischen Drehzahl

Entsprechend dieser Gleichung ist die Abhängigkeit des Strömungswinkels von derspezifischen Drehzahl in Abb. 4.14 dargestellt. Es ist klar ersichtlich, dass der Strö-mungswinkel ϕa bei Pelton-Turbinen mit großer spezifischer Drehzahl sehr niedrigist. Dies erschwert die stoßfreie Auslegung des Rückenprofils der Schaufel (ψ <ϕa)in der Ausschnittszone. Da der Wasserstrahl auf den Rücken der Schaufel aufkom-men wird und er dadurch eine Gegenkraft zur Schaufeldrehung verursacht, mussman mit einem Wirkungsgradverlust rechnen. Ferner wird auch an dieser Stelle ver-mehrt Abrasion auftreten. Es lässt sich anhand bestätigter Berechnungen zeigen,dass der betrachtete Strömungswinkel ϕa nur sehr schwach von der Laufzahl kmabhängt.

Für die praktische Anwendung kann der Strömungswinkel ϕa in Abhängigkeitvon der spezifischen Drehzahl folgendermaßen angegeben werden:

ϕa = 1500n2q −610nq +63 (4.43)

Diese Gleichung stellt in der Tat eine gute Näherung zu Gl. (4.42) dar. Damit liegtnun eine Referenz zur Auslegung von Pelton-Schaufeln mit ψ < ϕa vor.

4.9 Stoßkraft und ihre Leistung beim Eintritt

Der Eintritt des Wasserstrahls in die Schaufel geschieht sowohl an der Nebenschnei-de am Schaufelausschnitt als auch längs der Hauptschneide d. h. der Schaufelmit-telschneide. An der Nebenscheide kann die Strömungsablösung bei einem Laufradmit großer spezifischer Drehzahl auftreten, wie dies bereits in Abschnitt 4.7 erläu-tert wurde. Abgesehen davon sind sämtliche Eintrittsvorgänge, sowohl an der Ne-benschneide als auch längs der Hauptschneide, mit einer Ablenkung der Strömunggekoppelt und somit stoßbehaftet. Im Vergleich zur stoßbehafteten Gitterströmung,

Page 83: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

70 4 Interaktion zwischen Wasserstrahl und Pelton-Rad

wo die Stoßverluste unvermeidlich auftreten und aus der Anwendung von Energie-und Impulssatz exakt erfasst werden können, kann der stoßbehaftete Eintritt beiPelton-Schaufeln als verlustfrei betrachtet werden. Ein derartiger Strömungsmecha-nismus basiert darauf, dass bei der Ablenkung der Strömung an einer Wand die ver-änderliche kinetische Energie in Druckenergie umgewandelt wird, die kurz daraufwieder als kinetische Energie frei gegeben wird. Die Umwandlung dieser Energiengeschieht ohne räumliche Einschränkung. Eine derartige Strömung mit Ablenkungwurde bereits in Abschnitt 4.1 (Abb. 4.1) gezeigt. Dieser Prozess unterscheidet sichgrundsätzlich von der stoß- und daher verlustbehafteten Gitterströmung und kannsomit als verlustfrei erfasst werden.

4.9.1 Ablenkung der Strömung an der Schaufelmittelschneide

Zur Erfassung dieses verlustfreien Prozesses wird die Eintrittsströmung längs derSchaufelmittelschneide betrachtet. Die Mittelschneide weist meistens einen Win-kel ε von 10◦ bis 20◦ auf (Abb. 4.15) und steht im Allgemeinen schief sowohl zurStrahlgeschwindigkeit als auch zur Relativgeschwindigkeit. Der Einfachheit hal-ber wird hier nur der Fall betrachtet, bei dem die Schaufelmittelschneide senkrechtzur Strahlachse steht. Aus der Ablenkung der Relativströmung um den Winkel εresultiert eine Kraft, die auf die bewegte Schaufel wirkt und daher eine Leistungerbringt. Die Bestimmung der Stoßkraft erfolgt aus dem Impulssatz. Dazu wird an-hand Abb. 4.15 ein x-y-z-Koordinatensystem festgelegt. Die x-y-Ebene liegt in dervon Strahlachse und Schaufelmittelschneide aufgespannten Fläche, wobei die x-und y-Achsen jeweils parallel zur Strahlachse und Schaufelmittelschneide stehen.Allgemein wird davon ausgegangen, dass die Relativgeschwindigkeit unter demNeigungswinkel γ auf die Schaufelmittelschneide gerichtet ist.

Zur Anwendung des Impulssatzes wird im Relativsystem die obere Hälfte derSchaufel betrachtet, in der der Relativdurchfluss und die Stoßkraft jeweils mit Qw/2und FSt/2 gegeben sind. Der Impulsstrom des Wasserstrahls vor der Ablenkung istgegeben durch den Vektor mit drei Komponenten:

I0 =(

1

2ρ QwW0 cosγ,

1

2ρ QwW0 sinγ,0

)(4.44)

Dabei gilt, dass die Relativgeschwindigkeit in der x-y-Ebene liegt.Nach der Ablenkung des Wasserstrahls wird der Impulsstrom durch den Impuls-

vektor I1 = (I1x , I1y, I1z)

angegeben.Die Stoßkraft liegt in der x-z-Ebene. Diese Annahme beruht darauf, dass die

Schaufel im Bereich des Strahleintritts längs der y-Richtung keine Änderung auf-weist und somit die entsprechende Kraftkomponente verschwindet. Die vektorielleStoßkraft ist gegeben durch

1

2FSt =

(−1

2FSt sin

ε

2,0,

1

2FSt cos

ε

2

)(4.45)

Page 84: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

4.9 Stoßkraft und ihre Leistung beim Eintritt 71

Abb. 4.15 Strömungsablenkungan der Schaufelmittelschneide

Aus dem Impulssatz in der Form 12

FSt = I1 − I0 können folgende Beziehungenerhalten werden:

I1x = 1

2

(ρ QwW0 cosγ − FSt sin

ε

2

)(4.46)

I1y = 1

2ρ QwW0 sinγ (4.47)

I1z = 1

2FSt cos(ε/2) (4.48)

Um diese Beziehungen nach der Stoßkraft aufzulösen, wird der Energiesatz verwen-det. Für die verlustfreie Ablenkung der Strömung bleibt die kinetische Energie desWassers nach der Ablenkung erhalten. Dies kann ausgedrückt werden durch

I 21x + I 2

1y + I 21z = I 2

0x + I 20y + I 2

0z (4.49)

Page 85: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

72 4 Interaktion zwischen Wasserstrahl und Pelton-Rad

Daraus ergibt sich die Stoßkraft

FSt/2 = ρ QwW0 cosγ · sin (ε/2) (4.50)

Sie ist auf die Strömung gerichtet. Die Kraft, die auf die Schaufel gerichtet ist, istgegeben durch − FSt/2.

Die Umfangsgeschwindigkeit der Schaufel kann angegeben werden mit U =(U cosα,−U sinα, 0). Unter der Betrachtung von Strömungen in beiden Schaufel-hälften errechnet sich die Leistung, die von der Stoßkraft auf beiden Schaufelhälftenerbracht wird, zu

PSt = − U · FSt = 2ρ QwW0U cosα cosγ · sin2 (ε/2) (4.51)

bzw. infolge sin2(ε/2)= (1− cosε)/2 zu

PSt = ρ QwW0U cosα cosγ · (1− cosε) (4.52)

Die spezifische Arbeit, die durch die Stoßkraft geleistet ist, lässt sich berechnen aus

eSt = PSt

ρ Qw= W0U cosα cosγ · (1− cosε) (4.53)

In Bezug auf die spezifische kinetische Energie C20/2 des Wasserstrahls beträgt die-

se Arbeit einen prozentualen Anteil von

ηSt = eSt12 C2

0

= 2W0

C0

U

C0cosα cosγ · (1− cosε) (4.54)

Dies wird als Teilwirkungsgrad der Stoßkraft bezeichnet. Ein spezieller Fall ist ge-geben, wenn der Schaufelstellungswinkel α = 0 ist und somit γ = 0 und W0 =C0 −Um gelten. Dies entspricht dem senkrechten Ausrichten der Relativströmungauf die Schaufelmittelschneide und ist somit äquivalent zur geradlinigen Schaufel-bewegung. Mit km = Um/C0 ergibt sich aus Gl. (4.54)

ηSt = 2km (1− km)(1− cosε) (4.55)

Sie ist formell gleich der Gl. (1.16) bzw. Gl. (1.40). Somit wird ηSt als Teilwir-kungsgrad bezeichnet. Zahlenmäßig, für beispielsweise km = 0.5 und ε = 15◦, be-trägt dieser Teilwirkungsgrad ηSt = 1.7%. Wird angenommen, dass 10% von derentsprechenden Leistung verloren geht, beträgt der Stoßverlust lediglich 0.17%.

Die separate Betrachtung der Stoßkraft und deren Auswirkung dient dazu, dengesamten Leistungsaustausch zwischen dem Wasserstrahl und den rotierenden Schau-feln in zwei Prozessen zu unterteilen: stoßbehafteter Eintritt und kontinuierlicheStrömung innerhalb der Schaufel bis zum Austritt. Der hydraulische Wirkungsgraddes kontinuierlichen Prozesses berechnet sich dann aus

ηh,k = 2km (1− km) · (cosε− cosβ2) (4.56)

Page 86: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

4.9 Stoßkraft und ihre Leistung beim Eintritt 73

Zusammen mit dem Teilwirkungsgrad ηSt ergibt sich der gesamte Wirkungsgrad,der mit Gl. (1.40) übereinstimmt.

Die Unterteilung des gesamten Prozesses in zwei Teilprozesse findet ihre An-wendung dort, wo Strömungseffekte wie Leistung, Wirkungsgrad usw. aus einerIntegration der Strömung in der Schaufel ermittelt werden sollen. Dabei muss dieuntere Integrationsgrenze am Schaufeleintritt durch Angabe des realen Winkels ε,der ungleich Null ist, festgelegt werden. Ein vergleichbares Rechenbeispiel, bezo-gen auf den nächsten Abschnitt, wird in Kapitel 11 gezeigt, wo die Wirkung derStrömungsreibung auf die Relativströmung in der Schaufel durch Integration be-rechnet wird.

4.9.2 Ablenkung der Strömung an der Ausschnittsschneide

Zur Berechnung der Stoßkraft an der Nebenschneide am Schaufelausschnitt wird dieSchneide mit einer geraden Kante in z-Richtung nach Abb. 4.16 angenommen. Diex-Koordinate steht parallel zur Strahlachse. Da der Fall mit γ > γc die Strömungs-ablösung bei Eintritt in die Schaufel zeichnet und dies entsprechend Abschnitt 4.7nicht vorkommen soll, wird hier nur der Fall mit γ < γc betrachtet.

Abgesehen von der Strömungssingularität an der Eintrittskante steht die Umlen-kungskraft oder Stoßkraft senkrecht zur Schaufeloberfläche. Dies hat zur Folge, dassein Teil des Wassers in Abhängigkeit vom Winkelunterschied �γ = γc − γ rück-wärts läuft. Für die Berechnung der Strömung in der Schaufel müsste man dannnur das vorwärts strömende Wasser berücksichtigen. Da der Winkelunterschied�γ

Abb. 4.16 Stoßkraft an derNebenschneide am Schau-felausschnitt

Page 87: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

74 4 Interaktion zwischen Wasserstrahl und Pelton-Rad

in der Tat einen sehr kleinen Wert darstellt, kann die rückwärts strömende Was-sermenge vernachlässigt werden. Dies führt jedoch nach dem Impulssatz dazu, dassdie Richtung der Stoßkraft leicht von der Normale der Schaufeloberfläche abweicht.Anstatt senkrecht zur Schaufeloberfläche stimmt sie dann mit der Winkelhalbieren-den des Umlenkwinkels überein. Diese Betrachtungsweise ist bereits in Abb. 4.15verwendet worden, wo die Stoßkraft um ε/2 von der Normale der Schaufeloberflä-che abweicht.

Im rotierenden System kann der Impulsstrom des Wasserstrahls vor der Umlen-kung (Index 0) durch seine Komponenten dargestellt werden:

I0x = ρ QwW0 cosγ (4.57)

I0y = ρ QwW0 sinγ (4.58)

Dabei kann der Relativdurchfluss aus Berechnungen im Abschnitt 6.1 bestimmtwerden.

Nach der Umlenkung des Wasserstrahls ist der Impulsstrom des Strahls gegebendurch (mit W1 = W0)

I1x = ρ QwW0 cosγc (4.59)

I1y = ρ QwW0 sinγc (4.60)

Nach dem Impulssatz errechnet sich die Stoßkraft, die auf die Strömung wirkt, aus

FSt,x = I1x − I0x (4.61)

FSt,y = I1y − I0y (4.62)

Die Umlenkung des Wasserstrahls am Eintritt des Schaufelausschnitts geschiehtbeim Schaufelstellungswinkel αb, der bereits in Abb. 4.2 bzw. Abb. 4.3 klar defi-niert wurde. Die Umfangsgeschwindigkeit der Nebenschneide des Ausschnitts istsomit gegeben durch

Ux = Uc cosαb (4.63)

Uy = −Uc sinαb (4.64)

Die Leistung, die von der Stoßkraft erbracht wird, errechnet sich aus dem entspre-chenden Vektorprodukt

PSt = − FSt · Uc = −(FSt,xUx + FSt,yUy)

(4.65)

Durch Anwendung von Gln. (4.57) bis (4.64) und wegen αb + γ = β0 wird dieLeistung dargestellt in der Form von:

PSt = ρ QwW0Uc[cosβ0 − cos(αb +γc)

](4.66)

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4.9 Stoßkraft und ihre Leistung beim Eintritt 75

Die spezifische Stoßarbeit errechnet sich dann aus

eSt = PSt

ρ Qw= W0Uc

[cosβ0 − cos(αb +γc)

](4.67)

Gemäß Abb. 4.16 repräsentiert der Winkel αb +γc den geometrischen Einlaufwin-kel am Schaufelausschnitt und wird daher durch β1 bezeichnet. In Bezug auf diespezifische kinetische Energie C2

0/2 des Wasserstrahls ergibt die Stoßarbeit einenTeilwirkungsgrad von

ηSt = eSt

C20/2

= 2W0Uc

C20

(cosβ0 − cosβ1) (4.68)

Mit km = Um/C0 ergibt sich somit

ηSt = 2k2m

W0

Um

Rc

Rm(cosβ0 − cosβ1) (4.69)

Für β1 = β0 ist die Stoßarbeit gleich Null.Wie bereits im Abschnitt 4.9.1 angedeutet wurde, ist die separate Betrachtung der

Stoßarbeit beim Eintritt deswegen notwendig, da diese Arbeit nicht durch Integra-tionsberechnung innerhalb der Schaufel vom Ein- bis zum Austritt erfasst werdenkann. Ein Rechenbeispiel wird in Kapitel 11 gezeigt.

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Kapitel 5Strömungsmechanikin der rotierenden Schaufel

5.1 Grundgleichungen

Die Wasserströmung in den rotierenden Schaufeln ist ein komplexer hydromechani-scher Vorgang, der durch die Präsenz einer freien Oberfläche und den Einfluss vonZentrifugal- und Coriolis-Kräften sowie Reibungs-, Trägheits- und Druckkräften inder Wasserströmung charakterisiert wird. Diese Kräfte beeinflussen die Ausbreitungdes Wassers in Pelton-Schaufeln und somit letztlich auch den hydraulischen Wir-kungsgrad des Turbinensystems. Der Einfachheit halber wird zuerst die reibungs-freie Strömung betrachtet. Die reibungsbehaftete Strömung und der Einfluss derReibung auf den hydraulischen Wirkungsgrad werden in den Kapiteln 9, 10 und 11behandelt.

5.1.1 Bewegungsgleichung

Die mit der Rotation des Pelton-Rades verbundene Zentrifugal- und Coriolis-Kraft,die sich auf die Bewegung des Wassers in Pelton-Schaufeln auswirken, sind für dieEinheitsmasse des Wassers jeweils gegeben durch

Fct = −ω×(

ω× R)

(5.1)

und

FCo = −2 ω× W . (5.2)

In den weiteren Berechnungen wird unter der Einheitsmasse diejenige Masse be-zeichnet, deren Höhe gleich der Höhe des Wasserfilms in der Pelton-Schaufel ist(Abb. 5.1). Dies hat zur Folge, dass die Einheitsmasse unter konstantem Atmosphä-rendruck steht und daher als eine freie Festpartikel angesehen werden kann. Die

Z. Zhang, Freistrahlturbinen 77DOI: 10.1007/978-3-540-70772-1, © Springer 2009

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78 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel

Abb. 5.1 Strömungskräfteund Koordinatensystem aufdie Bewegung eines Wasser-teilchens in einer rotierendenSchaufel

Berechnung der Partikelbewegung kann dann nach den Gesetzen der Festkörperme-chanik durchgeführt werden.

Die Bewegung der betrachteten Einheitsmasse mit der Strömung in der ro-tierenden Schaufel ist dreidimensional und unterliegt der Zusammenwirkung vonZentrifugal- und Coriolis-Kraft sowie der Kraft, die von der Schaufeloberfläche aufdie Strömung wirkt (Stützkraft). Nach dem Impulssatz ist die zeitliche Änderungdes Impulses gleich der Summe der äußeren Kräfte. Für die Einheitsmasse wirddies ausgedrückt zu:

d Wdt

= dWt

dtt + W 2

rbn = Fct + FCo + Fn (5.3)

Die Stützkraft Fn, die von der Schaufeloberfläche auf die Strömung wirkt, stehtnormal zur Schaufeloberfläche. Nach Gl. (5.3) besteht die Änderung der Relativge-schwindigkeit, bzw. Strömungsbeschleunigung, aus der Beschleunigung der Strö-mung längs der Schaufeloberfläche in Strömungsrichtung (tangential) und der Be-schleunigung normal zur Schaufeloberfläche. Letztere entsteht infolge der Schaufel-krümmung und der daraus resultierenden Änderung der Strömungsrichtung. Diesezweite Beschleunigung ist zum Krümmungszentrum gerichtet. Demzufolge ist, wiein Abb. 5.1 dargestellt, die Normale der Schaufeloberfläche durch den nach demKrümmungszentrum gerichteten Einheitsvektor n repräsentiert. Der Krümmungsra-dius wird mit rb bezeichnet.

Die Bewegungsgleichung (5.3) stellt die Grundgleichung der Strömungsdyna-mik in einer rotierenden Schaufel dar. Davon ausgehend kann sowohl die relativeBewegung des Wasserfilms in der rotierenden Schaufel als auch die Leistung derjeweiligen Kräfte berechnet werden.

Page 92: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

5.1 Grundgleichungen 79

5.1.2 Wasserfilmrotation

In Gl. (5.3) wurde die Normalkomponente der Beschleunigung eines Wasserteil-chens infolge der Flächenkrümmung durch W 2/rb ausgedrückt. Die Relativbewe-gung des Wasserfilms in einer Pelton-Schaufel ist kongruent zur Schaufelform underfährt folglich eine ständige Änderung der Strömungsrichtung. Nach dem Impuls-satz resultiert aus dieser Änderung eine Umlenkungskraft, die senkrecht zur Strö-mungsrichtung auf das Wasser wirkt. Diese Umlenkungskraft ist nichts anderes alsdie Druckkraft unter dem Wasserfilm. Um die Kräfte- und Strömungsverhältnissein derartigen Strömungen darzustellen, wird eine zweidimensionale Rotationsströ-mung gemäß Abb. 5.2a betrachtet. Ein Wasserfilm der Höhe h kreist an der In-nenseite eines Kreisrohres mit Innenradius rb. Die kreisende Bewegung ist dadurchgekennzeichnet, dass die Geschwindigkeit an der Oberfläche des Wasserfilms Woist und die Strömung keine radialen Geschwindigkeitskomponenten hat. Da dieUmfangsgeschwindigkeit hin zur Rohroberfläche abnimmt, kann derartige kreisen-de Wasserfilmbewegung durch das Geschwindigkeitsfeld eines Potentialwirbels be-schrieben werden.

Nach der Euler-Gleichung für reibungsfreie Strömung im zylindrischen Koordi-naten-System entsteht unter dem Wasserfilm ein Druckgradient von

∂p

∂r= ρ

W 2

r. (5.4)

Des Weiteren ist der Druckanstieg im Wasserfilm an die Änderung der Umfangsge-schwindigkeit gekoppelt. Es wird angenommen, dass die Kopplung des Druckes mitder Geschwindigkeit im ganzen Wasserfilm durch die Bernoulli-Gleichung gegebenist:

p

ρ+ 1

2W 2 = const (5.5)

Abb. 5.2 Potentialtheoretische Rotationsströmung und die Druckverteilung unter dem Wasserfilm

Page 93: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

80 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel

Durch Eliminieren des Druckes ergibt sich aus Gln. (5.4) und (5.5) die Differential-gleichung für das Geschwindigkeitsfeld in der Wasserfilmbewegung

W

r+ dW

dr= 0 (5.6)

Die Integration dieser Gleichung führt zur Geschwindigkeitsverteilung unter demWasserfilm:

W = Woro

r(5.7)

Dies entspricht dem Geschwindigkeitsfeld eines Potentialwirbels, das der Bedin-gung der Drehungsfreiheit genügt. In der Strömungsmechanik wird oftmals aus demGeschwindigkeitsfeld nach Gl. (5.7) die Anwendbarkeit der Bernoulli-Gleichung(5.5) im ganzen Strömungsfeld (anstatt sonst nur längs der Stromlinien) abgeleitet.In den obigen Ableitungen ist umgekehrt von der Bernoulli-Gleichung ausgegangenworden, da diese als allgemein bekannt gilt.

Die Geschwindigkeit an der Oberfläche des Kreisrohres errechnet sich mit r = rbund unter der Anwendung von ro = rb −h und h/rb � 1 zu

W 2b = W 2

o

(1− 2h

rb

)(5.8)

bzw.

Wb = Wo

(1− h

rb

)(5.9)

Der Überdruck an der Oberfläche des Kreisrohres beträgt nach Gl. (5.5)

pb = 1

2ρ(

W 2o − W 2

b

)= ρW 2

oh

rb(5.10)

Die Gesamtkraft, die auf die Hälfte des Rohres mit der Einheitslänge wirkt, beträgtnach Abb. 5.2b

F = 2pb · rb = 2ρW 2o ·h (5.11)

Die Betrachtung der Druckkraft auf die Rohrhälfte entspricht dem Sachverhalt beieiner Pelton-Schaufel, in der die Strömung um ca. 180◦ umgelenkt wird.

5.2 Relativströmung und Invarianzgleichung

Zur Verfolgung der Wasserbewegung in einer rotierenden Schaufel muss die Be-wegungsgleichung (5.3) gelöst werden. Aus Abschnitt 5.1 ist bekannt, dass die

Page 94: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

5.2 Relativströmung und Invarianzgleichung 81

Coriolis-Kraft stets senkrecht zur Strömrichtung des Wassers wirkt. Dies bedeutet,dass diese Kraft nur die Strömrichtung, nicht aber den Geschwindigkeitsbetrag einesWasserteilchens bzw. des Wasserfilms direkt beeinflusst. Wird die Bewegungsglei-chung (5.3) mit dem tangentialen Einheitsvektor t (nach Abb. 5.1 auf der Stromlinieliegend) multipliziert, so fallen die Einflüsse von Coriolis- und Stützkraft jeweilsweg und es ergibt sich daraus

dWt

dt= Fct · t (5.12)

Diese Gleichung weist darauf hin, dass der Betrag der Relativgeschwindigkeit einesWasserteilchens inmitten der Wasserströmung in der Schaufel nur durch die Zentri-fugalkraft beeinflusst wird.

Die beiden Seiten der obigen Gleichung werden multipliziert mit Wt dt = ds · t ,der aus der Relativgeschwindigkeit W = ds

dt erhalten ist. Es ergibt sich dann

Wt ·dWt =(

Fct · t)

ds · t = Fct ·ds (5.13)

Mit ds wird die infinitesimale fortlaufende Verschiebung des Wasserteilchens be-zeichnet.

Wegen W 2t = W 2 wird die obige Gleichung neu formuliert zu

d

(1

2W 2)

= Fct ·ds (5.14)

Diese Gleichung zeigt, dass die Änderung der kinetischen Energie der Strömunglängs der Schaufeloberfläche gleich der Arbeit ist, die von der Zentrifugalkraft ge-leistet wird. Dies ist insofern auch selbstverständlich, da die Zentrifugalkraft dieeinzige Kraft darstellt, die den Geschwindigkeitsbetrag beeinflusst.

Das Vektorprodukt Fct · ds in der Gleichung kann unter Berücksichtigung desWinkels ε zwischen den beiden Vektoren Fct und ds nach Abb. 5.1 berechnet wer-den. Aus Gl. (5.14) ergibt sich somit

d

(1

2W 2)

= Fctds · cosε (5.15)

Aus Abb. 5.1 erkennt man, dass sich ds · cosε = dR als Projektion der infinitesi-malen Bewegung ds des Wassers auf der Radialrichtung R abzeichnet. Somit gehtGl. (5.15) in die folgende Gleichung über

d

(1

2W 2)

= Rω2 ·dR (5.16)

Dabei wurde der Betrag der Zentrifugalkraft Fct = Rω2 aus Gl. (5.1) verwendet.

Page 95: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

82 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel

Integration der obigen Gleichung von R1 nach R2 führt zu

W 22 − W 2

1 = ω2(

R22 − R2

1

)(5.17)

Mit U = ω · R als lokale Umfangsgeschwindigkeit der Schaufel ergibt sich schließ-lich aus Gl. (5.17)

W 2 −U2 = W 21 −U2

1 = W 22 −U2

2 = E (5.18)

Diese Gleichung wurde von Zhang (2007a) als Invarianzgleichung bezeichnet,mit E als Energieinvarianz. Nach Gl. (5.18) wird sich die Relativgeschwindigkeiteines Wasserteilchens in der rotierenden Schaufel nur ändern, wenn sich längs derStromlinie die lokale Umfangsgeschwindigkeit auf der Schaufel ändert. Die prakti-sche Bedeutung der Invarianzgleichung ist offensichtlich: ist das Strömungsverhält-nis am Eintritt der Schaufel (Index 1) bekannt, dann können die Strömungen sowohlinnerhalb der Schaufel als auch am Austritt der Schaufel (Index 2) unmittelbar be-rechnet werden, wenn die entsprechende Umfangsgeschwindigkeit dort bekannt ist.

Die Invarianzgleichung (5.18) wurde aus der Annahme erhalten, dass der Druckim Wasserfilm konstant bleibt. Diese Annahme ist gerechtfertigt, wenn die Strö-mung am Schaufelaustritt, wo die Stromlinien geradlinig sind, durch die Invari-anzgleichung bestimmt werden soll. Andernfalls ist die Annahme eines konstan-ten Druckes nicht ganz korrekt. Aufgrund der Schaufeloberflächenkrümmung än-dert sich die Strömungsrichtung des Wassers. Daraus resultiert nach Gl. (5.4) einDruckanstieg normal zur Schaufeloberfläche. Dementsprechend verringert sich dieRelativgeschwindigkeit unter der Wasserfilmoberfläche nach Gl. (5.7). Unter derBerücksichtigung dieses Druckeffektes wird Gleichung (5.18) verallgemeinert zu

p

ρ+ 1

2

(W 2 −U2

)= const (5.19)

Diese Gleichung wird im Fachgebiet der Turbomaschinen als Bernoulli-Gleichungim relativen System oder gelegentlich auch als Rothalpiegleichung bezeichnet. FürPelton-Turbinen, bei denen es sich um Gleichdruckturbinen handelt, geht Gl. (5.19)auf Gl. (5.18) zurück.

An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass die Wasserfilmströmungder Höhe h in einer rotierenden Pelton-Schaufel überkritisch ist, da die Froude-Zahlgemäß der Definition Fr = W/

√gh deutlich größer als Eins ist. Aus der Bedingung

Fr> 1 folgt W 2 > gh, die in Anlehnung an die Invarianzgleichung nach Gl. (5.18)weiter ausgedrückt werden kann durch

E1 + (Rω)2 > gh (5.20)

Für die Strömung in einer rotierenden Schaufel soll diese Bedingung nur dann über-prüft werden, wenn E1 < 0 ist. Dieser Fall ist bei Pelton-Turbinen durchaus realis-tisch, wie die Berechnungen in Kapitel 7 zeigen werden.

Page 96: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

5.2 Relativströmung und Invarianzgleichung 83

5.2.1 Einfluss des Druckgradienteninfolge der Oberflächenkrümmung

Die Invarianzgleichung (5.18) wurde unter der Annahme abgeleitet, dass in derWasserströmung konstanter Druck herrscht. Tatsächlich herrscht jedoch Überdruckunter der Oberfläche des Wasserfilms infolge der Oberflächenkrümmung, wie diesbereits mit Gl. (5.4) gezeigt wurde. Der Einfluss des Druckgradienten innerhalbdes Wasserfilms auf die entsprechende Geschwindigkeitsverteilung ist an der tiefs-ten Schaufelstelle (Abb. 5.3) am größten, da dort die größte Oberflächenkrümmungzu finden ist. Zur Abschätzung des Krümmungseffektes wird Gl. (5.19) betrachtet,die die Krümmungseffekte komplett berücksichtigt. Wird der höchste Druck an derSchaufeloberfläche nach Gl. (5.10) abgeschätzt und in die Gl. (5.19) eingesetzt, soergibt sich

1

2

(W 2 −U2

)+ W 2

oh

rb= const (5.21)

So lange die Filmhöhe gegenüber dem Krümmungsradius sehr klein ist, ist der zwei-te Term auf der linken Seite der obigen Gleichung zu vernachlässigen. Die Strömungkann dann auf einfacher Weise mit Hilfe der Invarianzgleichung nach Gl. (5.18) be-rechnet werden.

Abb. 5.3 Krümmung derSchaufeloberfläche an dertiefsten Stelle der Schaufel

5.2.2 Strahlschichtverfahren

Die Interaktion des Wasserstrahls mit den rotierenden Pelton-Schaufeln ist instatio-när. Dies bedeutet, dass die Invarianzgleichung (5.18) nur zur Verfolgung von ein-zelnen Wasserteilchen mit eigenen Geschwindigkeiten U und W geeignet ist. Fürein komplettes Strahlstück der Länge s2 (Abb. 4.3) würde der Rechenaufwand er-heblich größer werden. Die Erweiterung der Einsetzbarkeit der Invarianzgleichung

Page 97: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

84 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel

wurde von Zhang (2007a) abgeleitet. Dabei handelt es sich um das sogenannteStrahlschichtverfahren, dessen Einsetzbarkeit hier aufgezeigt werden soll.

Nach Abb. 5.4 wird der Wasserstrahl in n flache Schichten geteilt. Die Wasser-teilchen in einer Schicht, die einen Abstand hs zur Drehachse des Pelton-Rades hat,erreichen die Schaufel zu unterschiedlichen Zeiten und folglich an unterschiedli-chen Orten mit unterschiedlichen Umfangs- und Relativgeschwindigkeiten. Werdendie Geschwindigkeitsdreiecke am Schaufeleintritt betrachtet, so besteht nach demKosinussatz ein Zusammenhang zwischen den drei auftretenden Geschwindigkei-ten

W 20 = C2

0 +U2 −2C0U cosα (5.22)

Unter Berücksichtigung der Beziehung U cosα = Ruω ·cosα= hsω wird aus obigerGleichung die Invarianzgleichung gebildet:

E = W 20 −U2 = C2

0 −2hsωC0 (5.23)

Diese Gleichung zeigt, dass alle Wasserteilchen in der gleichen Strahlschicht miths = const (geometrische Konstante) den gleichen Wert von E = W 2

0 −U2 als Kon-stante haben, obgleich W0 und U nicht konstant sind. Aus diesem Grund ist unterAnwendung der Invarianzgleichung (5.18) schlussendlich eine kleine Anzahl vondynamischen Invarianzen E ausreichend, um komplette Strömungen sowohl in derSchaufel als auch außerhalb zu beschreiben. Die Energieinvarianz E ändert sich je-doch von Schicht zu Schicht. Diese Änderung kann anhand von Abb. 5.4 festgestelltwerden. Für die Strahlschicht im Abstand y von der Strahlachse wird die Invarianz-gleichung nach Gl. (5.23) entsprechend formuliert zu

Ey = W 2y −U2

y = C20 −2 (Rm + y)ωC0 (5.24)

Abb. 5.4 Strahlschichtverfahrenzur Erweiterung der Einsetz-barkeit der Invarianzglei-chung

Page 98: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

5.2 Relativströmung und Invarianzgleichung 85

Unter Berücksichtung der Laufzahl km = Rmω/C0, die bereits in Gl. (1.18) definiertwurde, ergibt sich aus Gl. (5.24)

Ey

C20

= 1−2km

(1+ y

Rm

)(5.25)

Die Energieinvarianz ändert sich somit linear von Schicht zu Schicht. Auf derStrahlachse bei y = 0 beträgt die Energieinvarianz

Eo

C20

= 1−2km (5.26)

Im unteren Bereich des Wasserstrahls (y ≈ d0/2) berechnet sich die Energieinvari-anz zu

Eb

C20

= 1−2km

(1+ d0

2Rm

)(5.27)

Da der Klammerausdruck eine Zahl darstellt, die deutlich größer als Eins ist, wirdes oft vorkommen, dass Eb kleiner als Null sein kann. Die Energieinvarianz bleibtmit der Wasserströmung bis zum Schaufelaustritt konstant.

Unter der Anwendung von Gl. (1.26) kann die entsprechende Energieinvarianzals Funktion der spezifischen Drehzahl dargestellt werden:

Eb

C20

= (1−2km)−0.76nq (5.28)

Negative Werte für die Energieinvarianz, die auf W < U hindeuten, sind somit beigroßer Laufzahl und großer spezifischer Drehzahl gegeben. Dass dies in manchenFällen Probleme mit sich bringen kann, wird in Kapitel 7 ausführlich erörtert.

Es sei darauf hingewiesen, dass auf der Schnittlinie ab (Abb. 4.3) stets Uc =Rcω = const gilt. Unter dieser Bedingung wird aus Gl. (5.24) folgende Differenzgebildet:

Ey − Eo1 = W 2y − W 2

o1 = −2ωC0 · y (5.29)

Daraus ergibt sich für die Relativgeschwindigkeit

W 2y = W 2

o1 −2ωC0 · y (5.30)

bzw. in Bezug auf die Strahlgeschwindigkeit

W 2y

C20

= W 2o1

C20

−2kmy

Rm(5.31)

Diese Beziehung zeigt, dass ausgehend von der Relativgeschwindigkeit an der Stel-le o1 auf der Strahlachse (Abb. 4.3) die Relativgeschwindigkeiten von sämtlichenWasserteilchen auf der Schnittlinie ab während des Schneidens berechnet werdenkönnen. Für Wasserteilchen jeweils an der Stelle a (y = −d0/2) und b (y = d0/2)

Page 99: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

86 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel

sind die entsprechenden Relativgeschwindigkeiten jeweils auszudrücken durch

W 2a

C20

= W 2o1

C20

+ kmd0

Rm(5.32)

bzw.

W 2b

C20

= W 2o1

C20

− kmd0

Rm(5.33)

Die bisherigen Analysen in Hinblick auf die Invarianzgleichung basieren auf demEnergiesatz unter der Annahme der Reibungsfreiheit. Da die Reibung zwischen demWasserfilm und der Schaufeloberfläche keine nennenswerte Änderung der Relativ-geschwindigkeit verursacht, ist die Zuverlässigkeit der abgeleiteten Theorien ma-thematisch verifizierbar.

5.2.3 Invarianzgleichung und Euler-Gleichung

Die Invarianzgleichung beschreibt die Relativbewegung des Wassers in einem rotie-renden System, beispielsweise in den Schaufeln einer Pelton-Turbine. Andererseitsgilt die bekannte Euler-Gleichung allgemein für die Berechnung der spezifischenArbeit bei allen Arten von Strömungsmaschinen. Es ist zu erwarten, dass zwischender Invarianz- und der Euler-Gleichung ein Zusammenhang besteht, mit dem die ei-ne aus der anderen abgeleitet werden kann. Für reibungsfreie Strömungen in Pelton-Turbinen berechnet sich die umgewandelte spezifische hydraulische Energie (auchals spezifische Stutzenarbeit bezeichnet) als Differenz der spezifischen kinetischenEnergie zwischen dem Ein- und dem Austritt:

e = 1

2

(C2

1 −C22

)(5.34)

Die Euler-Gleichung, die allgemein für alle Arten von Strömungsmaschinen gilt, istzur Berechnung der spezifischen Stutzenarbeit gegeben durch

e = U1Cu1 −U2Cu2 (5.35)

Dabei stellen Cu1 und Cu2 die Komponenten der Absolutgeschwindigkeit C auf derUmfangsrichtung jeweils am Ein- und Austritt dar (Abb. 5.5). Mit der entsprechen-den Beziehung Cu = C cosα geht aus Gl. (5.35) hervor

e = U1 ·C1 cosα1 −U2 ·C2 cosα2 (5.36)

Durch Gleichsetzen der Gln. (5.34) und (5.36) ergibt sich

C22 −2U2C2 · cosα2 = C2

1 −2U1C1 · cosα1 (5.37)

Page 100: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

5.2 Relativströmung und Invarianzgleichung 87

Abb. 5.5 Geschwindigkeitsplanzur Erläuterung des Zu-sammenhangs zwischender Invarianz- und derEuler-Gleichung

Anschließend wird der Kosinussatz in der Form W 2 = C2 +U2 − 2CU cosα nachAbb. 5.5 in obiger Gleichung verwendet. Daraus folgt

W 22 −U2

2 = W 21 −U2

1 (5.38)

Sie entspricht der bereits abgeleiteten Invarianzgleichung (5.18).An dieser Stelle soll die spezifische Stutzenarbeit in Pelton-Turbinen näher be-

trachtet werden. Der größte Teil des Wasserstrahls tritt annähernd senkrecht zurMittelschneide in die Schaufel ein (Abb. 4.6). Unter dieser Eintrittsbedingung ver-laufen die Wasserteilchen entlang der Schaufelkrümmung mit konstanter Umfangs-geschwindigkeit (U ). Gemäß der Invarianzgleichung muss die Relativgeschwindig-keit W während des ganzen Verlaufs in der Schaufel konstant bleiben. Infolge derBeziehung UCu = U (U + W cosβ) nach Abb. 5.5 wird Gl. (5.35) unter der Bedin-gung β1 = 0 in folgende Form umgewandelt

e = U1W1 (1− cosβ2) (5.39)

Diese Gleichung ist äquivalent mit Gl. (1.9). Die spezifische Energie, die vom Was-ser auf die Schaufel übertragen wird, ist schlussendlich nur eine Funktion des Ab-strömwinkels β2 für die Relativgeschwindigkeit und ist unabhängig vom Weg, dendas Wasser zurücklegt. Bei der praktischen Auslegung von Pelton-Schaufeln wirdder Abströmwinkel β2 am Schaufelaustritt ungefähr mit 170◦ festgelegt. Das Krite-rium zur Festlegung dieses Winkels wird in Abschnitt 7.2 eingehend erläutert.

5.2.4 Beispiel: Relativströmung in einer Halbkreisschaufel

Die Invarianzgleichung deutet darauf hin, dass die Relativgeschwindigkeit einesWasserteilchens in einer rotierenden Schaufel vom Ort des Teilchens abhängt. Be-findet sich das Wasserteilchen auf einer Laufbahn auf der Schaufeloberfläche mitkonstanter Umfangsgeschwindigkeit, so bleibt auch die Relativgeschwindigkeit er-halten. Dieser einfachste Fall bedarf keiner weiteren Betrachtung.

Page 101: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

88 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel

Im Gegensatz dazu soll die allgemein veränderliche Relativgeschwindigkeit ei-nes Wasserteilchens in einer rotierenden Schaufel anhand eines Beispiels näher be-trachtet werden. Der Einfachheit halber wird nach Abb. 5.6 eine zweidimensionale,halbkreisförmige Schaufel herangezogen. Die Bewegung eines Wasserteilchens inder Schaufel nach Abb. 5.6a entspricht annähend dem Strömungsverhältnis einerPelton-Turbine, bei der der Wasserstrahl vom Schaufelausschnitt abgefangen wirdund in Richtung der Schaufelwurzel weiter fließt (Abb. 4.16). Um zu zeigen, dassdie Relativbewegung eines Wasserteilchens in einer rotierenden Schaufel auch vonder Bewegungsrichtung abhängt, wird der Fall nach Abb. 5.6b als Vergleich mitbe-trachtet.

Die Relativgeschwindigkeit des Wasserteilchens in der rotierenden Schaufel wirdnach Gl. (5.18) aus bekannten Eintrittsdaten E = E1 berechnet aus

W =√

E1 +U2 =√

E1 + (ωR)2 (5.40)

Die radiale Position des Wasserteilchens in der Schaufel wird mit R bezeichnet.Durch Anwendung des Kosinussatzes in der Form von R2 = R2

o + r2b ±2rb Ro cosτ

an jeweils beiden Strömungen in Abb. 5.6 ergibt sich aus Gl. (5.40)

W

ωRo=√√√√ E1

ω2 R2o

+(

1+ r2b

R2o

±2rb

Rocosτ

)

(5.41)

Dabei gilt das obere Vorzeichen für die Bewegung des Wasserteilchens in positivert-Richtung (Abb. 5.6a). Der Winkel τ = 0 kennzeichnet dabei stets die Anfangspo-sition des Wasserteilchens beim Eintritt in die Schaufel.

Abb. 5.6 Beispiel zur Strömung in der HalbkreisschaufelFall (a): Bewegung des Wasserteilchens längs der positiven t-RichtungFall (b): Bewegung des Wasserteilchens längs der negativen t-Richtung

Page 102: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

5.2 Relativströmung und Invarianzgleichung 89

Einsetzen der Relativgeschwindigkeit in der Form W = rb · dτ/dt in Gl. (5.41)führt zu

rbdτ

√E1 +ω2

(R2

o + r2b ±2rb Ro cosτ

) = dt (5.42)

Durch Integration folgt:

rb

τ∫

0

1√

E1 +ω2(R2

o + r2b ±2rb Ro cosτ

)dτ = t (5.43)

Diese Gleichung in Form einer Funktion von τ = f (t) stellt den zeitlichen Verlaufdes Wasserteilchens in der rotierenden Schaufel dar. Für ein gegebenes Strömungs-verhältnis am Schaufeleintritt (E1) kann die Integration näherungsweise in Formeiner Summation dargestellt und dann schrittweise berechnet werden.

Um einen Vergleich zwischen den zwei Fällen nach Abb. 5.6 aufzuzeigen, wirdhier die gleiche Eintrittsbedingung für die Wasserteilchen angenommen: die Ein-trittsgeschwindigkeit ist doppelt so hoch wie die Umfangsgeschwindigkeit Uo, näm-lich C0 = 2ωRo. Unter diesem Umstand gilt für die Energieinvarianz am Schaufel-eintritt

E1 = W 21 −U2

1 = (C0 −ωR1)2 − (ωR1)

2 = C0 (C0 −2ωR1) . (5.44)

Aus der gegebenen Bedingung C0 = 2ωRo vereinfacht sich Gl. (5.44) für beideFälle jeweils mit R1 = Ro + rb und R1 = Ro − rb zu

E1 = 4ω2 Ro (Ro − R1)= ∓4ω2 Rorb (5.45)

Dies ist nun in Gl. (5.43) einzusetzen. Daraus ergibt sich

τ∫

0

1√(Ro/rb)

2 +1±2Ro/rb (cosτ −2)dτ = ωt (5.46)

Die Position des Wasserteilchens (τ ) in der Schaufel kann daher als Funktion derZeit oder des Schaufeldrehwinkels ωt dargestellt werden. Unter der angegebenenBedingung mit ωRo/C0 = 0.5 ist τ zusammen mit der jeweils berechneten Relativ-geschwindigkeit nach Gl. (5.41) in Abb. 5.7 dargestellt worden. Es ist ersichtlich,dass die Zeit, die ein Wasserteilchen zum Durchfließen der Schaufel benötigt, inbeiden Fällen sehr unterschiedlich ist. Das Wasserteilchen, das die Schaufel vomkleinen zum großen Radius durchfließt, hat bereits zu Beginn eine größere Relativ-geschwindigkeit W (b) als im umgekehrten Fall. Nach der Invarianzgleichung wirddieses Wasserteilchen noch während der Bewegung in der Schaufel weiter beschleu-nigt, wie auch aus Abb. 5.7 zu entnehmen ist.

Page 103: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

90 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel

Abb. 5.7 Unterschiedliche Bewegungen des Wasserteilchens in der rotierenden Schaufel gemäßAbb. 5.6 mit C0 = 2ωRo und rb/Ro = 0.1

Im erwähnten Beispiel der Strömung nach Abb. 5.6a ist die Energieinvarianzam Eintritt nach Gl. (5.45) negativ. Damit das Wasserteilchen in der Schaufel nichtzum Stehen kommt, muss am Austritt die Bedingung nach Gl. (5.20) erfüllt werden.Dementsprechend ist mit h ≈ 0:

R22 > 4rb Ro. (5.47)

Mit R2 = Ro − rb ergibt sich

rb/Ro < 3−2√

2 ≈ 0.17. (5.48)

Im gezeigten Beispiel beträgt der Wert des Verhältnisses rb/Ro 0.1.

5.3 Kraftwirksamkeit und die Leistungen

Unter Vernachlässigung der Reibungskraft ist die Wechselwirkungskraft zwischender Wasserströmung und den rotierenden Schaufeln die Stützkraft Fn, die senkrechtzur Schaufeloberfläche steht, siehe Abb. 5.1. Sie ist die Summe der Normalkom-ponenten aller Volumenkräfte im Rotationssystem und stellt daher die wirksameTriebkraft zur Schaufelbewegung dar. Für Leistungsberechnungen aus Angaben al-ler wirksamen Volumenkräfte sollten daher nur die Kraftkomponenten normal zurSchaufeloberfläche berücksichtigt werden. Aus Multiplikation der Gl. (5.3) mit nergibt sich

Fn = W 2

rb− Fct · n − FCo · n (5.49)

Page 104: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

5.3 Kraftwirksamkeit und die Leistungen 91

Sie stellt die Kraft dar, die in Form des Druckanstiegs unter dem Wasserfilm exis-tiert. Sie gilt daher als die Kraft, die während der Schaufelrotation von der Was-serströmung auf die Schaufel übertragen wird. Da diese Kraft stets senkrecht zurSchaufeloberfläche steht und im Allgemeinen nicht mit der Richtung der Schaufel-bewegung, d. h. der Richtung der Umfangsgeschwindigkeit, übereinstimmt, ist beidieser Kraft nur die Komponente in Umfangsrichtung der Schaufeldrehung für dasErbringen der Leistung wirksam. Unter Betrachtung der Einheitsmasse des Wasserswird die von der Stützkraft erbrachte Leistung entsprechend berechnet aus

e = de

dt= Fn · (−n) · U = −W 2

rbn · U +

(Fct · n

)n · U +

(FCo · n

)n · U (5.50)

Sie ist zusammengesetzt aus drei Teilleistungen, die im Folgenden einzeln betrach-tet werden. Die Leistungsformulierung einer Volumenkraft (Zentrifugal- wie auchCoriolis-Kraft) nach Gl. (5.50) ist leicht zu verstehen, wenn man bedenkt, dass dieSchaufel nur die Normal-Komponente der Volumenkraft aufnehmen kann. Diese inRichtung der Schaufelnormale wirkende Kraftkomponente wirkt auf die Leistungwiederum nur durch ihre Komponente in Richtung der Schaufelbewegung (U ).

Die Arbeit, die von der Stützkraft Fn im Lauf der Zeit geleistet wird, ist aus derIntegration über die Zeit zu berechnen:

e =t∫

0

edt (5.51)

Die Totalarbeit, die beim Durchqueren des Wasserteilchens durch die Schaufel ent-steht, ist aus der obigen Integration mit t = t2 zu e2 zu berechnen. Mit dem Index 2ist hier der Schaufelaustritt bezeichnet. Für einen mittleren Massenstrom mw, ge-messen im rotierenden System, wird die Leistung mit P = mwe2 berechnet.

5.3.1 Zentrifugalkraft

Die Zentrifugalkraft für die Einheitsmasse ist in Gl. (5.1) gegeben. Ihre Kompo-nente in −n Richtung (hin zur Schaufeloberfläche) gilt als wirksame Kraft für dieSchaufelbewegung und berechnet sich aus

Fct,−n = −ω×(

ω× R)

· (−n) (5.52)

Die entsprechende Leistung, die aus dieser Kraft resultiert, wird nach Gl. (5.50)berechnet aus:

ect = −ω×(

ω× R)

· n(n · U

)(5.53)

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92 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel

Der Einfachheit halber und zum Aufzeigen des Mechanismus des Kraftaustauschsund der Leistungsabgabe in einem Rotationssystem werden hier die Zentrifugalkraftund ihre Wirkung nur in einer zweidimensionalen Schaufel bei zweidimensionalerStrömung betrachtet, die in Abb. 5.1 in der Zeichenebene liegt. Die dritte Koordinatestimmt mit der Drehachse des Rades überein.

Für die Berechung des Vektorprodukts wird nach Abb. 5.1 ein lokales Koordina-tensystem t-n-z festgelegt, wobei die z-Achse senkrecht zur Zeichenebene steht. Indiesem Koordinatensystem können die jeweiligen Vektoren in Gln. (5.52) und (5.53)folgendermaßen dargestellt werden:

n = (0,1,0)R = (−R sinϕ,−R cosϕ,0)

ω = (0,0,ω)U = (ωR cosϕ,−ωR sinϕ,0)

W = (Wt ,0,0)

(5.54)

Dabei ergibt sich der Winkel ϕ zwischen U und t , der von der Strömungsrichtungunabhängig sein soll.

Aus den entsprechenden Vektorangaben errechnen sich Gln. (5.52) und (5.53)jeweils zu

Fct,−n = Rω2 cosϕ (5.55)

und

ect = R2ω3 sinϕ cosϕ. (5.56)

Diese Ergebnisse können auch direkt aus Abb. 5.1 erhalten werden, wenn dort alsZentrifugalkraft die Größe Fct = Rω2 direkt verwendet wird.

Im Schaufelbereich, in dem ϕ < 90◦ gegeben ist, ist ect > 0. Darunter ist zuverstehen, dass die Zentrifugalkraft eine positive Leistung bringt. Die von der Zen-trifugalkraft geleistete Arbeit ab der Zeit t = 0 berechnet sich nach Gl. (5.51) zu

ect = ω3

t∫

0

R2 sinϕ cosϕdt (5.57)

Der Einfluss der Relativgeschwindigkeit auf die Berechnung ist in dieser Gleichungnicht explizit dargestellt, bleibt jedoch wegen der Abhängigkeit von ϕ = f (W, t)bestehen. Mit ds = Wdt als infinitesimale Bewegung des Wasserteilchens in derStrömung geht Gl. (5.57) über in

ect = ω3

s∫

0

R2 sinϕ cosϕ1

Wds (5.58)

Page 106: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

5.3 Kraftwirksamkeit und die Leistungen 93

Die Relativgeschwindigkeit in der rotierenden Schaufel wird durch die Invari-anzgleichung bestimmt. Ausgehend von der Energieinvarianz E1 = W 2

1 − U21 am

Schaufeleintritt wird die Relativgeschwindigkeit zu anderen Zeitpunkten aus derlokalen Umfangsgeschwindigkeit U = Rω mit W =

√E1 + (Rω)2 berechnet. Ent-

sprechend wird Gl. (5.58)

ect = ω3

s∫

0

R2 sinϕ cosϕ1

√E1 + (Rω)2

ds (5.59)

Für die weitere Berechnung mittels Integration soll zwischen Strömungen in posi-tiver und negativer t-Richtung unterschieden werden. Nach Abb. 5.1 gilt sinϕds =∓dR mit dem oberen Vorzeichen für die Strömung in positiver t-Richtung (sieheauch Abb. 5.6a). Somit folgt aus Gl. (5.59)

ect = ∓ω3

R∫

R1

R2 cosϕ1

√E1 + (Rω)2

dR (5.60)

Die Integration kann analytisch durchgeführt werden, indem der Winkel ϕ als Funk-tion der Ortskoordinate R angegeben wird. Andernfalls muss die Integration schritt-weise numerisch gelöst werden.

A Sonderfall 1: Halbkreisschaufel

Zur Vereinfachung der Berechnung in Gl. (5.60) wird wiederum die Wasserbewe-gung in einer rotierenden Halbkreisschaufel nach Abb. 5.6 betrachtet. Nach demKosinussatz gilt die folgende Beziehung:

R2o = R2 + r2

b −2Rrb cosϕ (5.61)

Daraus ergibt sich

R cosϕ = 1

2rbR2 + 1

2

(rb − R2

o

rb

)(5.62)

Durch Einsetzen in Gl. (5.60) erhält man

ect = ∓1

2ω3

R∫

R1

[R3

rb+(

rb − R2o

rb

)R

]1

√E1 + (Rω)2

dR (5.63)

Page 107: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

94 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel

Nach der Lösung des Integrals ergibt sich

ect = ±1

[(r2b − R2

o

rb+ ω2 R2

1 −2E1

3rbω2

)√E1 +ω2 R2

1 (5.64)

−(

r2b − R2

o

rb+ ω2 R2 −2E1

3rbω2

)√

E1 +ω2 R2

]

Ist die Strömung am Schaufeleintritt (R1) bekannt (E1), so kann die spezifische Ar-beit der Zentrifugalkraft in Abhängigkeit von der Position R der Einheitsmasse inder Schaufel berechnet werden. Dabei ist zu beachten, dass in dieser Gleichung E1und ω2 R2

1 nicht als zwei unabhängige Größen betrachtet werden sollen. Entspre-chend ihrer Definition ist die Energieinvarianz am Schaufeleintritt folgendermaßenauszudrücken:

E1 = W 21 −U2

1 = (W1 −U1)(W1 +U1)= (C0 −2U1)C0 = (1−2ωR1/C0)C20

(5.65)

Zum Umformen der Gleichung (5.64) werden nun folgende Abkürzungen einge-führt:

rb = rb

Ro, R = R

Ro, R1 = R1

Ro, ko = ωRo

C0, e∗ = e

C20/2

, E1 = E1

ω2 R2o

(5.66)

Dabei bezieht sich die spezifische Arbeit auf die kinetische Energie, die das Wasser-teilchen am Schaufeleintritt besitzt bzw. die im Wasserstrahl vorhanden ist. Die be-zogene Größe kann daher auch als entsprechender Wirkungsgrad interpretiert wer-den.

Um Missverständnisse bei der Verwendung von Symbolen zu vermeiden, wirdhier das Geschwindigkeitsverhältnis ωRo/C0 durch ko anstatt km erfasst, weil ge-mäß Gl. (1.18) das Symbol km eine klar definierte Bedeutung bei Pelton-Turbinenbesitzt.

Mit Gl. (5.66) vereinfachen sich Gln. (5.64) und (5.65) zu

e∗ct =± k2

o1

rb

{[r2b −1+ 1

3

(R2

1 −2E1

)]√E1 + R2

1 (5.67)

−[r2b −1+ 1

3

(R2 −2E1

)]√E1 + R2

}

mit

E1 = 1

k2o

(1−2ko R1

)(5.68)

Page 108: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

5.3 Kraftwirksamkeit und die Leistungen 95

Oder in allgemeiner Form:

e∗ct = f

(rb,ko, R1, R

)(5.69)

Mit Angaben von rb, ko und R1 kann die Arbeit e∗ct als Funktion von R berechnet

werden. Wegen der Beziehung R2 = R2o + r2

b ± 2rb Ro cosτ aus Abb. 5.6 lässt sichdie geleistete Arbeit auch als Funktion von τ darstellen, wobei τ als Lage des Was-serteilchens in der Schaufel wiederum durch Gl. (5.43) mit der Zeit verknüpft ist.Für den Fall E1 = 0 wird nachfolgend ein Beispiel gezeigt.

Die spezifische Arbeit, die von der Zentrifugalkraft erbracht wurde, während dasWasserteilchen die Schaufel durchquert hat, ist mit R = R2 = 1∓ rb zu berechnen.

B Sonderfall 2: E1 = 0

Es wird nun eine weitere Vereinfachung mit E1 = 0 betrachtet. Diese Vereinfachungbedeutet, dass am Schaufeleintritt (Index 1) die Relativgeschwindigkeit W1 gleichder Umfangsgeschwindigkeit U1 ist. Nach der Invarianzgleichung mit E = E1 = 0muss die Relativgeschwindigkeit auch zu anderen Zeitpunkten immer gleich derlokalen Umfangsgeschwindigkeit sein, d. h. W = Rω.

Mit E1 = 0 ergibt sich aus Gl. (5.68) ko = 1/(2R1). Dementsprechend verein-facht sich Gl. (5.67) zu

e∗ct = ± 1

4R21

1

rb

[(r2b −1

)(R1 − R

)+ 1

3

(R3

1 − R3)]

(5.70)

Infolge der Beziehung R2 = R2o + r2

b ± 2rb Ro cosτ bzw. R2 = 1 + r2b ± 2rb cosτ

(Abb. 5.6) kann die normierte spezifische Arbeit nach Gl. (5.70) als Funktion der La-ge τ eines Wasserteilchens in der rotierenden Schaufel und, aufgrund von Gl. (5.43),auch als Funktion der Zeit wiedergeben werden. Abb. 5.8 zeigt ein Beispiel fürdie Bewegung eines Wasserteilchens in positiver t-Richtung in einer Schaufel mitrb/Ro = 0.1. Zum Zeitpunkt, an dem der Drehwinkel ωt ≈ 9◦ ist, befindet sich dasWasserteilchen an der Stelle τm ≈ 96◦. Ab dieser Position nimmt die geleistete Ar-beit wieder ab. Das ist dadurch zu erklären, dass ab τm ≈ 96◦ dann ϕ > 90◦ wirdund nach Gl. (5.56) ect < 0 ist. Dies kann festgestellt werden durch

de∗ct

dτ= de∗

ct

dR

dR

dτ= 0 (5.71)

Daraus ergibt sich aus Gl. (5.70) mit dazugehörendem R2 = 1+ r2b +2rb cosτ :

cosτm = −rb (5.72)

Für rb = 0.1 ergibt sich somit τm = 96◦.Wird das Wasserteilchen während des Durchlaufens durch die Halbkreisschaufel

betrachtet, so ist die von der Zentrifugalkraft geleistete Arbeit mit R = R2 = 1− rb

Page 109: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

96 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel

Abb. 5.8 Bewegung eines Wasserteilchens in einer rotierenden Halbkreisschaufel und die vonder Zentrifugalkraft geleistete spezifische Arbeit (normiert auf die kinetische Energie vor demSchaufeleintritt), rb/Ro = 0.1, E1 = 0

zu berechnen. Aus Gl. (5.70) mit R1 = 1+ rb ergibt sich dementsprechend

e∗ct,2 = 2

3

(rb

R1

)2

= 2

3

(rb

R1

)2

(5.73)

bzw. mit C0 = 2ωR1 (aus E1 = 0) in expliziter Form

ect,2 = 4

3ω2r2

b (5.74)

Gl. (5.73) stellt eine spezifische Arbeit normiert auf die kinetische Energie dar, diedas Wasserteilchen am Schaufeleintritt besitzt bzw. im entsprechenden Wasserstrahlvorhanden ist. Es ist dabei erkennbar, dass die von der Zentrifugalkraft geleistetespezifische Arbeit ect,2 im Vergleich zu der kinetischen Energie 1

2C20 einen sehr

kleinen Wert aufweist, da rb/R1 im Fall einer Pelton-Turbine im Allgemeinen sehrklein ist.

Es kann nachgewiesen werden, dass man für die Strömung gemäß Abb. 5.6b dasgleiche Ergebnis wie Gl. (5.74) erhält. In diesem Fall ist in Gl. (5.70) das negativeVorzeichen zu verwenden. Entsprechend ist R1 = 1− rb. Mit der Bedingung E1 = 0gilt in diesem Fall stets C0 = 2ωR1, jedoch mit R1 = Ro − rb.

5.3.2 Coriolis-Kraft

Die Coriolis-Kraft der Einheitsmasse ist in Gl. (5.2) definiert. Analog zu Gl. (5.52)ist die Kraftkomponente in Richtung −n (hin zur Schaufeloberfläche) folgenderma-ßen zu berechnen:

Page 110: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

5.3 Kraftwirksamkeit und die Leistungen 97

FCo,−n = −2(

ω× W)

· (−n) (5.75)

Die von dieser Kraftkomponente erbrachte Leistung beträgt nach Gl. (5.50)

eCo = −2(

ω× W)

· n(n · U

)(5.76)

Es wird hier wiederum die zweidimensionale Strömung in einer zweidimensionalenSchaufel betrachtet, indem die Strömung in der Zeichenebene der Abb. 5.1 liegt. Imt-n-z Koordinatensystem nach Abb. 5.1 mit der dazugehörigen Vektordarstellungaus Gl. (5.54) errechnen sich die beiden Gleichungen jeweils zu

FCo,−n = 2ωWt (5.77)

und

eCo = 2Rω2Wt sinϕ = −2Rω2Wr (5.78)

wobei Wt sinϕ = −Wr die Komponente der Geschwindigkeit W in Radialrichtung( R) darstellt.

Gleichung (5.78) stellt auch die Verknüpfung mit der Zentrifugalkraft (Rω2) dar.Die von der Coriolis-Kraft geleistete Arbeit berechnet sich zu

eCo =t∫

0

eCodt = −2ω2

t∫

0

R · Wr dt (5.79)

Mit Wr = dR/dt ergibt sich schließlich

eCo = −2ω2

R∫

R1

R ·dR = ω2(

R21 − R2

)= U2

1 −U2 (5.80)

bzw. unter der Berücksichtigung von Gl. (5.66) erhält man die dimensionslose Form

e∗Co = 2k2

o

(R2

1 − R2)

(5.81)

Gl. (5.80) bzw. Gl. (5.81) zeigen, dass die Coriolis-Kraft für die Strömung in radia-ler Richtung hin zur Radachse (R < R1) positive Arbeit leistet. Diese Erkenntniswird später gebraucht, um die Physik eines speziellen Strömungsmodells, das inAbschnitt 5.3.5 vorgestellt wird, vollständig zu verstehen.

Gegenüber Gl. (5.60) für die geleistete Arbeit durch die Zentrifugalkraft ist diegeleistete Arbeit durch die Coriolis-Kraft nur vom Anfangs- und Endzustand, nichtaber vom durchlaufenen Weg abhängig. Ferner ist die von der Coriolis-Kraft geleis-tete Arbeit unabhängig von der Geschwindigkeit des Wasserteilchens.

Page 111: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

98 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel

Für das Durchlaufen der Schaufel (nicht unbedingt kreisförmig) ist R = R2 inGl. (5.80) einzusetzen, sodass sich folgendes ergibt:

eCo,2 = ω2(

R21 − R2

2

)= U2

1 −U22 (5.82)

Es soll erwähnt werden, dass die Rechenergebnisse nach den Gln. (5.80) bis (5.82)nur für die vereinfachte Strömung in der Zeichenebene gemäß Abb. 5.1 gelten, wodie Schaufel zweidimensional dargestellt ist. Diese Bedingung ist bereits durch denNormalenvektor n = (0,1,0) bestimmt worden. Daher kann aus Gl. (5.82) keineSchlussfolgerung zum Fall U1 = U2 gemacht werden, da dies in der ebenen Strö-mung nach Abb. 5.1 nicht möglich ist.

A Sonderfall 1: Halbkreisschaufel

Die in Abb. 5.6 dargestellte Halbkreisschaufel wird erneut betrachtet. Das Wasser-teilchen bewegt in zwei verschiedenen Richtungen mit dem Eintritt bei R1 = Ro ±rbund Austritt bei R2 = Ro ∓ rb. Somit vereinfacht sich Gl. (5.82) zu

eCo,2 = ±4rb Roω2 (5.83)

bzw. im Bezug auf die ursprüngliche kinetische Energie des Wasserteilchens

e∗Co,2 = eCo,2

12 C2

0

= ±8k2o

rb

Ro(5.84)

B Sonderfall 2: E1 = 0

Eine weitere Vereinfachung gilt für E1 = 0, aus der sich W1 = U1 = C0/2 undko = Uo/C0 = 0.5Ro/R1 ergeben. Aus Gl. (5.81) folgt somit

e∗Co = 1

2

(

1− R2

R21

)

(5.85)

sowie aus Gl. (5.84)

e∗Co,2 = ±2

Ro

R1

rb

R1(5.86)

Im Fall der positiven Arbeit ist aus dem Vergleich mit Gl. (5.73) offensichtlich,dass die von der Coriolis-Kraft geleistete Arbeit deutlich größer ist als die von derZentrifugalkraft geleistete Arbeit.

Page 112: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

5.3 Kraftwirksamkeit und die Leistungen 99

5.3.3 Impulskraft aus Änderung der Strömungsrichtung

Die Wasserströmung längs der Schaufeloberfläche ändert kontinuierlich ihre Rich-tung. Aus der damit verbundenen Impulsänderung resultiert eine Kraft unter demWasserfilm, die senkrecht zur Schaufeloberfläche wirkt. Nach Gl. (5.49) ist einederartige Volumenkraft aus einer Impulsänderung formuliert als

FI = W 2

rb(5.87)

wobei mit rb der lokale Krümmungsradius der Stromlinien bezeichnet wird, diekongruent zur Schaufeloberfläche verläuft.

Die von dieser Kraft erbrachte Leistung wird nach Gl. (5.50) berechnet aus

eI = −W 2

rbn · U (5.88)

Es wird wiederum die zweidimensionale Strömung in einer zweidimensionalenSchaufel nach Abb. 5.1 betrachtet. Mit der entsprechenden Beziehung n · U =−ωR sinϕ wird aus Gl. (5.88)

eI = W 2

rbωR sinϕ (5.89)

Die von der Impulskraft geleistete Arbeit ist dementsprechend

eI =t∫

0

eIdt =t∫

0

W 2

rbωR sinϕdt (5.90)

Um die Integration durchzuführen, wird wieder Gl. (5.12) betrachtet. Unter der Be-

rücksichtigung der Zentrifugalkraft∣∣∣ Fct

∣∣∣= Rω2 und nach Abb. 5.1 ergibt sich

dWt

dt= Fct · t = Rω2 cos

(1

2π+ϕ

)= −Rω2 sinϕ (5.91)

Diese Gleichung wird in Gl. (5.90) zur Eliminierung von dt eingesetzt. Daraus undmit W 2 = W 2

t ergibt sich:

eI = − 1

ω

Wt∫

Wt1

1

rbW 2

t dWt (5.92)

Dabei gilt Wt als positiv, wenn die Strömungsrichtung mit dem Tangentevektor tnach Abb. 5.1 übereinstimmt. Anderenfalls ist Wt negativ.

Page 113: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

100 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel

A Sonderfall 1: Halbkreisschaufel

Wird eine kreisförmige Schaufel mit rb = const betrachtet, so ergibt sich ausGl. (5.92)

eI = 1

3ωrb

(W 3

t1 − W 3t

)(5.93)

Unter Anwendung der Invarianzgleichung, aus der die Relativgeschwindigkeit mitder lokalen Umfangsgeschwindigkeit zu Wt = ±

√E1 + (ωR)2 berechnet werden

kann, ergibt sich Gl. (5.93) zu

eI = ± 1

3ωrb

[(E1 + (R1ω)

2)3/2 −

(E1 + (Rω)2

)3/2]

(5.94)

bzw. in dimensionsloser Form als:

e∗I = ±2k2

o

3rb

[(E1 + R2

1

)3/2 −(

E1 + R2)3/2

](5.95)

In Anlehnung an das Strömungsbeispiel aus Abb. 5.6a gilt dabei das positive Vor-zeichen für die Bewegung des Wasserteilchens längs des Tangentenvektors t . Zubeachten ist, dass E1 und R1 nicht unabhängig voneinander sind, sondern durchGl. (5.68) miteinander verknüpft sind.

B Sonderfall 2: E1 = 0

Unter der Eintrittsbedingung E1 = 0 vereinfacht sich Gl. (5.94) zu

eI = ± ω2

3rb

(R3

1 − R3)

(5.96)

Da aus der Bedingung E1 = 0 gleichzeitig auch W1 = U1 = C0/2 bzw. ωR1 = C0/2folgt, ergibt sich aus obiger Gleichung die entsprechende dimensionslose Form:

e∗I = ± 1

6rb R21

(R3

1 − R3)

(5.97)

Für das Durchlaufen des Wasserteilchens durch die Schaufel (R = R2) wird die vonder Impulskraft geleistete Arbeit berechnet mit

eI,2 = ± 1

3rbω2(

R31 − R3

2

)(5.98)

Nach Abb. 5.6b wird hier ein konkretes Beispiel betrachtet, bei dem die Strömungder negativen t-Richtung folgt. Ein- und Austritt sind jeweils gekennzeichnet durchR1 = Ro −rb bzw. R2 = Ro +rb. Mit dem entsprechenden negativen Vorzeichen in

Page 114: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

5.3 Kraftwirksamkeit und die Leistungen 101

Gl. (5.98) ergibt sich:

eI,2 = 2ω2(

R2o + 1

3r2b

)(5.99)

Es kann nachgewiesen werden, dass man das gleiche Ergebnis erhält, wenn die Strö-mung nach Abb. 5.6a der positiven t-Richtung folgt. Gl. (5.99) ist daher von derStrömungsrichtung des Wassers unabhängig. Zu beachten ist, dass die BedingungE1 = 0, die für beide Strömungsanordnungen zu Gl. (5.99) geführt hat, nicht diegleiche Strahlgeschwindigkeit verlangt. In beiden Fällen gilt zwar C0 = 2ωR1, je-doch müssen jeweils R1 = Ro + rb und R1 = Ro − rb verwendet werden.

5.3.4 Gesamte Wirkung von Impuls-, Zentrifugal-und Coriolis-Kraft

Wie in Abschnitt 5.1.1 bereits gezeigt wurde, liegen in der Strömung längs einerrotierenden Schaufel die Zentrifugal- und Coriolis-Kräfte sowie die Kraft aus derImpulsänderung infolge der Änderung der Strömungsrichtung vor. Alle diese Kräf-te, mit ihren jeweiligen Komponenten senkrecht zur Schaufeloberfläche, vereinigensich zur Stützkraft. Der Beitrag jeder dieser einzelnen Kräfte zur Arbeitsleistungwurde bereits in den vorangegangenenKapiteln aufgezeigt. In diesem Abschnitt solldie gesamte Wirkung sowie das Verhältnis zwischen einzelnen Wirkungen näher be-trachtet werden. Da die Rechenergebnisse unter der Annahme der Halbkreisschaufelmit der Eintrittsbedingung E1 = 0 explizit dargestellt werden konnten, werden dieseBedingungen hier weiter beibehalten.

Die Summe aller drei einzelnen Leistungen, die jeweils in den Gln. (5.70), (5.85)und (5.97) ermittelt wurden, ist nach einer Umformung gegeben als

e∗ = e∗ct+e∗

Co+e∗I = ± 1

4R21

1

rb

[(r2b −1

)(R1 − R

)+(

R31 − R3

)]+ 1

2R21

(R2

1 − R2)

(5.100)

Um diese Gleichung weiter zu vereinfachen, wird zuerst das positive Vorzeichenbetrachtet. Dies entspricht dem Fall gemäß Abb. 5.6a, bei dem R1 = 1 + rb gilt.Somit ergibt sich aus Gl. (5.100)

e∗+ = 1− 1

4 (1+ rb)2

R

rb

[(rb + R

)2 −1]

(5.101)

Analog dazu folgt aus Gl. (5.100) mit negativem Vorzeichen für den Fall ausAbb. 5.6b mit R1 = 1− rb:

e∗− = 1− 1

4 (1− rb)2

R

rb

[1− (rb − R

)2](5.102)

Page 115: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

102 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel

Beim Durchlaufen der Halbkreisschaufel, d. h. mit R = R2 = 1 − rb für Abb. 5.6aund R = R2 = 1+ rb für Abb. 5.6b ergeben sich Gln. (5.101) und (5.102) einheitlichzu

e∗+ = e∗

− = 1 (5.103)

bzw.

e+ = e− = 1

2C2

0 (5.104)

Dies entspricht dem erwarteten Ergebnis. Beim Betrachten der Strahlströmung un-ter der Eintrittsbedingung E1 = 0 heißt das, dass die kinetische Energie im Wasser-strahl komplett an die rotierenden Schaufeln abgegeben wird und der hydraulischeWirkungsgrad in beiden Fällen 100% beträgt. Die Umsetzung der kinetischen in diemechanische Energie ist in diesen beiden Fällen vollständig. Diese Aussage kannauch direkt aus der Invarianzgleichung erhalten werden. Wegen der Zwangbedin-gung E2 = E1 = 0 ist am Schaufelaustritt U2 = − W2 und somit C2 = 0. Die Abso-lutgeschwindigkeit und daher die kinetische Energie der Einheitsmasse am Austrittder Schaufel ist in beiden Fällen Null.

5.3.5 Beispiele

Nachdem die Bewegung eines Wasserteilchens in einer rotierenden Schaufel einge-hend analysiert worden ist, werden hier nun zwei Beispiele gezeigt, um die Eigen-schaften einer derartig kombinierten Bewegung zu veranschaulichen.

Beispiel 1: Beiträge der einzelnen Kräfte zur Arbeitsleistung

In obigen Abschnitten sind die Wirksamkeiten der Zentrifugal-, Coriolis- und Im-pulskräfte in rotierenden Schaufeln untersucht worden. Die Arbeit, die die einzelnenKräfte in der Halbkreisschaufel unter der allgemeinen Eintrittsbedingung E1 �= 0leisten, ist jeweils nach Gl. (5.67), (5.81) und (5.95) zu berechnen. Aus Gründender einfacheren Anwendung werden diese Gleichungen nochmals in zusammenfas-sender Darstellung aufgelistet:

e∗ct = ±k2

o1

rb

{[r2b −1+ 1

3

(R2

1 −2E1

)]√E1 + R2

1 (5.67)

−[r2b −1+ 1

3

(R2 −2E1

)]√E1 + R2

}

e∗Co = 2k2

o

(R2

1 − R2)

(5.81)

Page 116: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

5.3 Kraftwirksamkeit und die Leistungen 103

e∗I = ±2k2

o

3rb

[(E1 + R2

1

)3/2 −(

E1 + R2)3/2

](5.95)

Dabei gilt nach Gl. (5.68)

E1 = 1

k2o

(1−2ko R1

)(5.68)

Das positive Vorzeichen in den Gleichungen gilt für die positive Bewegung des Was-serteilchens gemäß Abb. 5.6a und das negative Vorzeichen entsprechend Abb. 5.6b.Die sich daraus aufsummierende Arbeit für den allgemeinen Fall E1 �= 0 stellt dieTotalleistungsabgabe des betrachteten Wasserteilchens der Einheitsmasse dar:

e∗ = e∗ct + e∗

Co + e∗I (5.105)

Es soll hier zwischen einzelnen Leistungen verglichen werden, wobei nach Abb. 5.6aund 5.6b zwischen zwei Fällen unterschieden werden soll. Der Einfachheit halberwird wiederum der zweidimensionale Wasserstrahl betrachtet, dessen Geschwindig-keit doppelt so hoch wie die Umfangsgeschwindigkeit der Schaufelmitte ist, d. h.C0 = 2ωRo bzw. ko = 0.5. Nach Gl. (5.68) bedeutet dies für beide Fälle jeweils:

E1+ = 4(1− R1

)= −4rb (5.106)

E1− = 4(1− R1

)= 4rb (5.107)

Die Darstellungen der Ergebnisse in Abb. 5.9a und 5.9b zeigen die entsprechen-den Arbeitsleistungen, die jeweils von der Zentrifugal-, Coriolis- und Impulskrafterbracht werden, als Funktion des Schaufeldrehwinkels. Eine derartige Darstellungmit ωt als Variable findet sich in gleicher Weise bereits in Abb. 5.7 und 5.8. DieSumme der gesamten Arbeit ist ebenfalls dargestellt.

Aus der Darstellung wird ersichtlich, dass die Wirkung der Impulskraft auf dieArbeitsleistung dominiert. Während die Wirkung der Zentrifugalkraft in beiden Fäl-

Abb. 5.9 Wirksamkeit von Zentrifugalkraft, Corioliskraft und Impulskraft in einer rotierendenHalbkreisschaufel e = ect +eCo +eI, Parameterfestlegung C0 = 2ωRo, rb/Ro = 0.1 (a) Positivströ-mung nach Abb. 5.6a, (b) Negativströmung nach Abb. 5.6b

Page 117: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

104 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel

len als vernachlässigbar klein betrachtet werden darf, leistet die Coriolis-Kraft einenbeträchtlichen Beitrag zur Arbeitsleistung sowohl in positivem als auch negativemSinne. Bis zum Austritt ist die gesamte geleistete Arbeit je nach Strömungsrichtunge∗+ = 0.983 bzw. e∗− = 0.993.

Beispiel 2: KWO-Gedankenmodell

Zur Anwendung der Invarianzgleichung wurde bei den Kraftwerken Oberhasli(KWO) im Jahre 2005 ein Gedankenmodell entworfen, deren Lösung durch An-wendung der Invarianzgleichung schnell gefunden werden kann. Es handelt sichdabei um eine fiktive Turbine mit zweidimensionaler Becherform nach Abb. 5.10.Für einen zweidimensionalen Wasserstrahl mit einem Geschwindigkeitsverhältnisvon U1/C0 = 0.5 lautete die Frage, ob beide Schaufelhälfte A und B die gleichenLeistungen bzw. die gleichen Wirkungsgrade haben, wenn das Wasser um 180◦ rei-bungsfrei umgelenkt ist.

Aus der vorgegebenen Bedingung mit U1/C0 = 0.5 ist ersichtlich, dass amSchaufeleintritt die Bedingung U1 = W1 herrscht. Nach der InvarianzgleichungW 2 −U2 = const , die im vorliegenden Fall W 2 −U2 = 0 ist, muss auch am Schau-felaustritt selbiges (U2 = W2) gegeben sein, sowohl bei Schaufelhälfte A als auch B.Dies bedeutet, dass die Absolutgeschwindigkeit am Schaufelaustritt in beiden Fäl-len (A und B) gleich Null sein muss: C2 = 0. Das bedeutet wiederum, dass die amSchaufeleintritt vorhandene kinetische Energie in beiden Schaufelhälften komplettabgegeben wird. Die Wirksamkeit beider Schaufelhälften ist daher gleich. DiesesResultat ist bereits in Abschnitt 5.3.4 durch Gl. (5.103) für die Halbkreisschaufelnachwiesen worden.

Dass in beiden Schaufelhälften die gleichen Leistungen ausgetauscht werdenmüssen, lässt sich durch eine weitere Berechnung beweisen, deren Ergebnis in

Abb. 5.10 KWO-Gedankenmodell mit zwei-dimensionaler reibungsfreierStrömung

Page 118: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

5.3 Kraftwirksamkeit und die Leistungen 105

Abb. 5.11 Verlauf der geleisteten Arbeit der Strömung in der Schaufel A und B im KWO-Gedankenmodell: E1 = 0, rb/R1 = 0.2

Abb. 5.11 grafisch dargestellt ist. Aus dem Diagramm lässt sich erkennen, dass beider Schaufelhälfte A die von der Wasserströmung geleistete Arbeit mit der Zeitbzw. Schaufeldrehung sanft zunimmt. Aufgrund der niedrigen Relativgeschwindig-keit erreicht das Wasser erst nach einer Schaufeldrehung von ca. 45◦ den Austritt.Dagegen leistet die Wasserströmung bei der Schaufelhälften B zuerst fast nichts.Erst kurz vor dem Austritt steigt die geleistete Arbeit drastisch an. Da die Relativ-geschwindigkeit hier höher ist als diejenige in Schaufelhälfte A, erreicht das Wasserbereits nach einer Schaufeldrehung von etwa 30◦ den Austritt.

Zum besseren Verständnis derartiger Strömungen soll die Wirkung der Coriolis-Kraft näher betrachtet werden. In der Schaufelhälfte A zeigt die Coriolis-Kraft inRichtung zur Schaufeloberfläche, sodass diese Kraft eine positive Arbeit leistet. Da-gegen weist die Coriolis-Kraft in Schaufelhälfte B weg von der Schaufeloberflächeund leistet daher eine negative Arbeit. Unter der Berücksichtigung unterschiedli-cher Impulskräfte ergeben sich schließlich in beiden Schaufelhälften die gleichenEndleistungen.

Das fiktive Strömungsmodell kann erweitert werden, indem zwei unterschied-lich große Schaufelhälften verwendet werden. Unter den gleichen, wie ursprünglichformulierten Bedingungen, erhält man das gleiche Ergebnis.

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Kapitel 6Wasserausbreitung in der Schaufel

6.1 Relativdurchfluss

Die Ausbreitung des Wassers in Pelton Schaufeln erfolgt dreidimensional und wirdmit dem Impulssatz berechnet. Die Fließgeschwindigkeit des Wassers in einer rotie-renden Schaufel kann durch die Invarianzgleichung beschrieben werden, wie diesbereits in Abschnitt 5.2 abgeleitet wurde. Nach Gl. (5.23) verfügen alle Wasser-teilchen in einer Strahlschicht über dieselbe Energieinvarianz. Werden Geschwin-digkeitspläne am Schaufeleintritt für Wasserteilchen in einer Strahlschicht nachAbb. 6.1a betrachtet, so gilt wegen Ux = U cosα = ωhs = const :

W0x = C0 −Ux = const (6.1)

Diese Beziehung deutet darauf hin, dass sämtliche Wasserteilchen in einer Strahl-schicht vor Eintreten in die Schaufel (Index 0) die gleiche konstante Geschwindig-keitskomponente W0x haben. Die entsprechenden Geschwindigkeitsdiagramme zudrei unterschiedlichen Zeitpunkten, an denen drei bestimmte Wasserteilchen in derbetrachteten Strahlschicht jeweils in die Schaufel eintreten, sind in Abb. 6.1b dar-gestellt. Da die Dicke der Strahlschicht und somit der Querschnitt der betrachtetenStrahlschicht konstant ist, muss der Durchfluss im relativen System während der In-teraktion zwischen einer Strahlschicht und der rotierenden Schaufel konstant sein:

�Qw =�A · W0x = const (6.2)

Der in dieser Gleichung angegebene Durchfluss bleibt auch in der rotierendenSchaufel erhalten. Da dort immer mit dem Betrag der Relativgeschwindigkeit ge-rechnet wird, ist der Durchfluss in einer Schaufelhälfte entsprechend durch�Qw/2 = �d · h · W gegeben. Somit kann der elementare Filmströmquerschnittals Produkt der Filmhöhe h und der elementaren Filmbreite �d nach Abb. 6.2 be-rechnet werden:

�d ·h = 1

2�A · W0x

W(6.3)

Z. Zhang, Freistrahlturbinen 107DOI: 10.1007/978-3-540-70772-1, © Springer 2009

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108 6 Wasserausbreitung in der Schaufel

Abb. 6.1 Geschwindigkeitsplanvon Wasserteilchen aus dergleichen Strahlschicht beiEintritt in die Schaufel

Abb. 6.2 Allgemeine Aus-breitung des Wasserstrahls inder Pelton-Schaufel

Zu beachten ist, dass die Relativgeschwindigkeit W in der rotierenden Schaufelnicht nur von der veränderlichen Relativgeschwindigkeit W0 vor Wassereintritt indie Schaufel abhängt (siehe Abb. 6.1). Sie ändert sich entsprechend der Invarianz-gleichung auch mit der lokalen Umfangsgeschwindigkeit und ist daher im Allge-meinen nicht konstant.

Gemäß Gl. (6.2) ändert sich der Relativdurchfluss von Schicht zu Schicht, nichtnur aufgrund der Änderung des Querschnitts �A, sondern auch aufgrund der Än-derung der Geschwindigkeitskomponente W0x . Der Relativdurchfluss einer ganzen

Page 122: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

6.1 Relativdurchfluss 109

Strahlhälfte ergibt sich aus der Integration der Gl. (6.2) zu

Qw

2= 1

2

A0∫

0

W0xdA = 1

2

d0/2∫

−d0/2

(C0 −ωhs)dA

dydy (6.4)

Mit hs = Rm + y und dA = 2√(d0/2)2 − y2 ·dy als Querschnitt einer infinitesimal

dünnen Strahlschicht nach Abb. 6.2 ergibt sich der entsprechende Relativdurchflussmit

Qw

2= 1

8πd2

0 (C0 −ωRm)= 1

8πd2

0 W0x,o (6.5)

Die repräsentative Geschwindigkeit ist W0x,o. Sie ist die x-Komponente der Rela-tivgeschwindigkeit der Strahlschicht auf der Strahlachse. Weil diese repräsentativeGeschwindigkeit unabhängig von der Schaufelstellung ist, ist der Relativdurchflussnach Gl. (6.5) konstant und gilt für alle Schaufelstellungen, an denen der Wasser-strahl in die Schaufel eintritt. An dieser Stelle soll darauf aufmerksam gemachtwerden, dass der Relativdurchfluss nicht als Produkt aus dem Betrag der Relativ-geschwindigkeit (W ) und dem Strahlquerschnitt betrachtet werden darf, sondernnach Gl. (6.5) als Produkt aus der Geschwindigkeitskomponente W0x,o und demStrahlquerschnitt.

Der Relativdurchfluss nach Gl. (6.5) bleibt auch in der rotierenden Schaufel er-halten. Wie in Gl. (6.3) soll in der Schaufel stets mit dem Betrag der aus allenStrahlschichten gemittelten Relativgeschwindigkeit gerechnet werden. Der mittle-re Querschnitt des Wasserfilms als Produkt der Filmbreite d und -höhe h ist danngegeben durch

h ·d = Qw

2W= 1

8πd2

0W0x,o

W(6.6)

Obwohl der Durchfluss konstant ist, ändert sich der Betrag der Relativgeschwindig-keit W zum einen mit der Änderung der Relativgeschwindigkeit W0 vor Wasserein-tritt in die Schaufel (Abb. 6.1) und zum anderen mit der lokalen Umfangsgeschwin-digkeit nach der Invarianzgleichung. Diese Änderung wird beträchtlicher, je größerdie spezifische Drehzahl einer Pelton-Turbine ist. Dies begründet sich dadurch, dassnach Abb. 4.4 das erste Volleintreten des Wassers in die Schaufel (αb) sehr früh be-ginnt und daher die Relativgeschwindigkeit W0 bis zum letzten Volleintreten desWassers in einem großen Bereich variiert.

Wird aus den Durchflüssen im absoluten Wasserstrahl und in der Relativströ-mung das Verhältnis Qc/Qw gebildet, so ergibt sich mit Qc/2 = πd2

0/8 · C0 (füreine Schaufelhälfte) und Qw aus Gl. (6.5)

2λ= Qc

Qw= C0

C0 −ωRm= 1

1− km(6.7)

Page 123: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

110 6 Wasserausbreitung in der Schaufel

Dies kann als die Anzahl der Schaufeln betrachtet werden, die gleichzeitig von ei-nem Wasserstrahl beaufschlagt werden. Der Faktor λ wird, wie in Kapitel 4, eben-falls als Multischaufelziffer bezeichnet. Sie berechnet sich nach Gl. (6.7) aus demVolumenstromverhältnis, während die Multischaufelziffer nach Gl. (4.26) aus demgeometrischen Zusammenhang zwischen Wasserstrahl und rotierenden Schaufelnhergeleitet wurde. Da bei normaler Auslegung einer Pelton-Turbine km < 0.5 ist,gilt hier λ < 1. Für Pelton-Rädern mit sehr kleiner spezifischer Drehzahl tendiertder Schaufelstellungswinkel αo1 nach Gl. (1.30) zu Null. Gl. (4.26) geht dann inGl. (6.7) über. Das Strömungsverhältnis ist dann vergleichbar mit dem bei einergeradlinig bewegten Schaufel.

6.2 Breite und Höhe des Wasserfilms

Für Berechnungen von z. B. Wirkungsgrad und Reibungseffekt (siehe Kapitel 9)kann der größte Teil des Wassers nach Abb. 6.3 als senkrecht in die Schaufel eintre-tend betrachtet werden. Als erste Annäherung kann angenommen werden, dass dieFilmbreite linear mit dem zurückgelegten Weg des Wasserfilms zunimmt, das heißt

d = d0 + d2 −d0

Ss (6.8)

Dabei stellen d2 und S jeweils die Filmbreite am Schaufelaustritt und die Lauflängedes Wassers in der Schaufel vom Eintritt zum Austritt dar. Am Schaufeleintritt istdie Wasserfilmbreite gleich dem Strahldurchmesser d0. Am Schaufelaustritt kanndie Filmbreite im Fall des Nennbetriebs (d0 ≈ B/3) mit 0.85 der Schaufelbreite Babgeschätzt werden. Daraus ergibt sich

d2,N ≈ 2.5d0 (6.9)

Abb. 6.3 Querausbreitungdes Wasserstrahls in derPelton-Schaufel

Page 124: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

6.3 Überdruck unter dem Wasserfilm 111

Wird die Wasserfilmhöhe h längs der in Abb. 6.3 gekennzeichneten Filmbreite dals konstant angenommen, so errechnet sich h aus dem Massenerhaltungssatz nachGl. (6.6)

h = 1

8πd2

01

d

W0x,o

W(6.10)

Unter Annahme senkrechten Eintretens des Wasserstrahls in die Schaufel folgt dasWasser der konstanten Umfangsgeschwindigkeit zum Schaufelaustritt. Nach der In-varianzgleichung und unter Voraussetzung einer reibungsfreien Strömung (Kapi-tel 5) bleibt auch die Relativgeschwindigkeit W in der Schaufel unverändert erhal-ten. Es gilt somit W = W0x,o. Die Berechnung der Wasserfilmhöhe nach Gl. (6.10)vereinfacht sich zu

h = 1

8πd2

01

d(6.11)

Damit ergibt sich im Nennbetrieb am Schaufelaustritt mit d2,N ≈ 2.5d0, sieheGl. (6.9), für die Filmhöhe

h2,N = π

20d0 (6.12)

Da bei Nennbetrieb d0/B = √ϕB = √

0.11 gilt, kann die Höhe des Wasserfilms amSchaufelaustritt ausgedrückt werden mit

h2,N ≈ 0.05B (6.13)

Tatsächlich ist der Film in der Mitte bezogen auf die Filmbreite am dicksten. Infolgeder realen Strömungsreibung verlangsamt sich die Relativgeschwindigkeit in derSchaufel um bis zu 10% (Kapitel 10), sodass die Filmhöhe zusätzlich größer wird.Diese reale Filmhöhe muss berücksichtigt werden, wenn der störungsfreie Austrittdes Wassers aus der Schaufel durch Festlegung des Austrittswinkels gewährleistetwerden soll. Näheres zur Austrittsbedingung wird in Kapitel 7 behandelt.

6.3 Überdruck unter dem Wasserfilm

Wird der lokale Krümmungsradius der Schaufel durch rb bezeichnet, so lässt sichder Überdruck pb an der Schaufeloberfläche nach Gl. (5.10) berechnen. Unter Ein-bezug der Laufzahl-Definition nach Gl. (1.18) wird zur Berechnung des Überdrucksunter dem Wasserfilm der spezifische Überdruck eingeführt:

cp = pb12ρC2

0

= 2 (1− km)2 h

rb(6.14)

Page 125: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

112 6 Wasserausbreitung in der Schaufel

Dabei wurde die Annahme W = C0 − Um verwendet, die im Grunde genommennur für senkrechtes Eintreten der mittleren Strahlschicht in die Schaufel gilt. DieWasserfilmhöhe ist nach Gl. (6.11) zu berechnen. Daraus ergibt sich der spezifischeÜberdruck

cp = (1− km)2 π

4

d20

rbd(6.15)

Die Größenordnung von cp-Werten kann bei einer Schaufelströmung abgeschätztwerden. Hierfür wird der Nennbetrieb betrachtet, bei dem angenommen werdenkann, dass am Schaufelboden der Krümmungsradius rb gleich 0.55d0 ist (Abb. 5.3).Die Filmbreite d lässt sich dort nach Gl. (6.8) abschätzen. Mit d2,N ≈ 2.5d0 unds ≈ S/2 ergibt sich die abgeschätzte Filmbreite zu 1.75d0. Daraus und mit km = 0.47errechnet sich der spezifische Überdruck am Schaufelboden zu

cp,N ≈ 0.23 (6.16)

Dieser Wert entspricht sehr genau dem gemessenen cp,N-Wert bei Angehrn (2000)und auch dem umgerechneten Messwert bei Perrig et al. (2006).

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Kapitel 7Austrittsbedingungen

Bei der Auslegung von Pelton-Turbinen ist es außerordentlich wichtig, dass dasWasser die Schaufeln sowie das Pelton-Rad störungsfrei verlassen kann. Der Be-trag der Abfließgeschwindigkeit ist zwar ein Maß für den Drallverlust (siehe Kapi-tel 8), muss aber für den sicheren Abfluss des Wassers aus den Schaufeln groß genugsein. Die entsprechenden Austrittsbedingungen sind offensichtlich von der Bauartund Geometrie sowie dem Betrieb der Turbine abhängig. Sie sind beispielsweiseunterschiedlich für horizontale und vertikale Pelton-Turbinen. Dies begründet sichdadurch, dass bei Pelton-Turbinen mit vertikalen Drehachsen das Wasser aus denoberen Schaufelhälften nicht wieder auf dem Rad landen darf. Dafür werden spe-zielle Austrittsbedingungen verlangt. Bevor dies ausführlich behandelt wird, sollzuerst allgemein gezeigt werden, wie die Austrittsgeschwindigkeit des Wassers undderen Verteilung längs der Austrittskante der Schaufel verlaufen. Davon ausgehendwird die allgemeine Austrittsbedingung abgeleitet.

7.1 Geschwindigkeitsverhältnis am Schaufelaustritt

Es wird hier die Wasserströmung für die Situation nach Abb. 7.1 betrachtet, bei derdas Wasser hauptsächlich quer durch die Schaufel fließt. Die Laufzahl des Turbinen-betriebs ist km. Nach Gl. (5.25) ist die Verteilung der Energieinvarianz quer durchden Wasserstrahl gegeben durch

Ey

C20

= 1−2km

(1+ y

Rm

)(5.25)

Je nach Laufradgeometrie und Betriebspunkt ist es möglich, dass Strahlschich-ten mit großen y-Werten negative Energieinvarianzen aufweisen. Da nach der In-varianzgleichung gemäß Gl. (5.18) diese negativen Energieinvarianzen bis zumSchaufelaustritt erhalten bleiben müssen, bedeutet dies, dass die lokale Relativge-schwindigkeit am Schaufelaustritt kleiner als die dortige Umfangsgeschwindigkeitist (W2 < U2). Der entsprechende Geschwindigkeitsplan ist in Abb. 7.1 dargestellt.

Z. Zhang, Freistrahlturbinen 113DOI: 10.1007/978-3-540-70772-1, © Springer 2009

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114 7 Austrittsbedingungen

Abb. 7.1 Allgemeines Strömungsverhältnis am Schaufelaustritt. Bei hinreichend niedriger Lauf-zahl kann E > 0 und somit Cu2 < 0 im ganzen Bereich erreicht werden

Die negative Energieinvarianz des Wassers bedeutet somit nach vorwärts neigendenWasserabfluss (Cu2 > 0) aus der Schaufel. Nur wenn die Laufzahl km genügend tiefausgelegt ist, wird Ey > 0. Somit kann der nach rückwärts neigende Wasserabfluss(Cu2 < 0) längs der ganzen Austrittskante der Schaufel gewährleistet werden. Dassdiese Austrittsbedingung für Pelton-Turbinen mit vertikalen Achsen notwendig ist,wird in Abschnitt 7.3 gezeigt.

7.2 Allgemeine Austrittsbedingung

Damit das Wasser die Schaufeln verlassen kann, ohne die nachkommenden Schau-feln zu berühren, muss das Wasser mit der Austrittsgeschwindigkeit C2 eine seitli-che Geschwindigkeitskomponente aufweisen, die nach Abb. 7.2 der x-Komponenteentspricht. Es wird angenommen, dass mit dieser Geschwindigkeitskomponente dasWasserteilchen an der Oberfläche des Wasserfilms die Zeit �t benötigt, um seitlichmindestens eine Strecke von ha zurückzulegen. Mit ha ist hier die Summe von Was-serfilmhöhe und Schaufelwanddicke bezeichnet. Die Austrittsbedingung kann daherfolgendermaßen formuliert werden:

C2x�t > ha (7.1)

Da der Wasserfilm bei Volllastbetrieb am dicksten ist, soll die Dicke ha immer aufVolllast (Nennbetrieb) bezogen werden.

Innerhalb der Zeit �t legt die nachkommende Schaufel eine Strecke von Tu zu-rück, während das betrachtete Wasserteilchen eine Strecke von Tc in der Gegenrich-

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7.2 Allgemeine Austrittsbedingung 115

Abb. 7.2 Bestimmung derAustrittsbedingung an derSchaufel

tung zurücklegt. Im kritischen Fall muss die Zeit�t in Gl. (7.1) gerade so groß sein,dass die Summe dieser zwei Strecken gleich der Schaufelteilung ist, das heißt

TS = Tu + Tc = (U2 +C2y)�t (7.2)

Daraus folgt

�t = TS

U2 +C2y(7.3)

Nach dem Geschwindigkeitsplan in Abb. 7.2 gilt die Beziehung C2y = W2y −U2.Somit wird aus Gl. (7.3)

�t = TS

W2y(7.4)

Diese Zeitspanne wird in Gl. (7.1) eingesetzt. Mit C2x = W2x ergibt sich dann

ha

TS

W2y

W2x< 1 (7.5)

Wegen tanβ2 = −W2x/W2y erhält man schließlich

− ha

TS· 1

tanβ2< 1 (7.6)

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116 7 Austrittsbedingungen

Das ist die Bedingung, die erfüllt werden muss, damit das Wasser aus der Schaufelfrei abfließen kann. Es kann nachgewiesen werden, dass sich die gleiche Bedingungergibt, wenn der Wasserabfluss sich vorwärts neigt, d. h. C2y < 0 nach Abb. 7.2.

Der aus Gl. (7.6) bestimmte Austrittswinkel hängt von der spezifischen Dreh-zahl einer Pelton-Turbine ab. Bei Pelton-Turbinen mit großer spezifischer Drehzahl(nq) d. h. mit relativ enger Schaufelverteilung wird das Verhältnis ha/TS groß. DerAustrittswinkel β2 muss dann so ausgelegt werden, dass das Wasser mehr seitlichabgelenkt wird. Diese Abhängigkeit wird im Folgenden berechnet.

Die Schaufelteilung TS in Gl. (7.6) wird in Anbetracht der Gl. (4.30) zur Bestim-mung der Schaufelzahl berechnet aus

TS = πDm

N= πDm

15+0.62/nq(7.7)

Die Höhe des Wasserfilms beim Nennbetrieb wurde bereits in Gl. (4.30) angege-ben. Mit der Annahme, dass die Höhe des Wasserfilms näherungsweise gleich derSchaufeldicke ist, also dass ha = 2h2.N = 0.1B ist, ergibt sich aus Gl. (7.6)

tanβ2 >−0.1

π

B

Dm

(15+ 0.62

nq

)(7.8)

Für die weitere Berechnung wird Gl. (1.27) verwendet, um B/Dm durch die spezi-fische Drehzahl nq zu ersetzen. Da es sich um Nennbetrieb handelt, gilt wiederumϕB = 0.11. Mit km = 0.47 erhält man aus Gl. (7.8)

tanβ2 >−(1.2nq +0.05)

bzw. (7.9)

β2 < π− arctan(1.2nq +0.05

)(7.10)

Die daraus gerechneten Grenzwerte des Schaufelaustrittswinkels in Abhängigkeitvon der spezifischen Drehzahl sind in Abb. 7.3 dargestellt. Es ist ersichtlich, dass beiPelton-Turbinen mit großer spezifischer Drehzahl die Strömung am Schaufelaustrittmehr abgelenkt werden muss als bei Pelton-Turbinen mit kleiner spezifischer Dreh-zahl. Zu bemerken ist, dass sowohl die Berechnung nach Gl. (7.10) als auch diegrafische Darstellung in Abb. 7.3 nur für die Schaufeldicke gelten, die gleich derHöhe des Wasserfilms ist. Dies entspricht lediglich näherungsweise der praktischenAuslegung von Pelton-Schaufeln. Zur genauen Bestimmung des Schaufelaustritts-winkels β2 muss die Bedingung nach Gl. (7.6) direkt bezogen werden. Dabei istdie Höhe des Wasserfilms h2,N = 0.06 B statt des Mittelwertes gemäß Gl. (6.13) zuverwenden, da der Film in der Mitte bezogen auf die Filmbreite am dicksten ist unddie Höhe des Wasserfilms infolge der reibungsbedingten Verzögerung der Strömungzusätzlich größer wird. Andererseits verlässt das Wasser gegenüber dem geometri-schen Austrittswinkel (180◦ −β2) um einen sogenannten Übertreibungswinkel von5◦ bis 8◦ (Raabe 1989) die Schaufel. Da das Wasser zu Gunsten der Austrittsbe-dingung dementsprechend stärker seitlich abgelenkt wird, soll dies bereits bei dergeometrischen Auslegung der Pelton-Schaufeln berücksichtigt werden.

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7.2 Allgemeine Austrittsbedingung 117

Abb. 7.3 Schaufelaustrittswinkel in Abhängigkeit von der spezifischen Drehzahl, ermittelt mit derAnnahme, dass die Schaufeldicke gleich der Dicke des Wasserfilms ist

In obigen Betrachtungen steht β2 für den Austrittswinkel, der stets von der Rich-tung der Umfangsgeschwindigkeit gemessen werden soll. Unter dieser Bedingunggelten die Berechnungen auch für die Auslegung des Austrittswinkels im Schau-felwurzelbereich und im Bereich des Schaufelausschnitts. Gemäß Gl. (7.6) mussman jeweils mit der entsprechenden Schaufelteilung TS rechnen. Oft ist es vor-teilhaft, den Austrittswinkel bezogen auf die Schaufelaustrittskante anzugeben, dienach Abb. 7.4 eine Tangente zu einem Grundkreis mit dem Radius ra ist. Bei dieserBetrachtungsweise wird der Strömungsverlauf am Schaufelausschnitt wie auch imWurzelbereich deutlich unterschiedlich zum Strömungsverlauf im Schaufelmitten-bereich (bei Dm). Wenn die Neigung der Schaufelaustrittskante durch δ bezeichnetist, so berechnet sich der Strömungswinkel β ′

2 im Bereich des Schaufelausschnittsnach Abb. 7.4

β ′2 = 270◦ − δ−β2 (7.11)

Für beispielsweise β2 = 173◦ und δ = 7◦ ergibt sich β ′2 = 90◦.

Abb. 7.4 Bestimmung des Austrittswinkels bezogen auf die Schaufelaustrittskante

Page 131: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

118 7 Austrittsbedingungen

Der Austrittsverlauf des Wassers steht also in diesem Fall senkrecht zur Schau-felaustrittskante.

Im Schaufelwurzelbereich wird der Austrittswinkel β ′2 nach Abb. 7.4 entspre-

chend berechnet mit

β ′2 = 270◦ + δ−β2 (7.12)

Für β2 = 165◦ und δ = 10◦ ergibt sich der Austrittswinkel β ′2 = 115◦.

Gegenüber der Schaufelaustrittskante verläuft die Strömung also deutlich flach.

7.3 Austrittsbedingung für Vertikalturbinen

Bei vertikalen Pelton-Turbinen tritt das Wasser aus den oberen Schaufelhälften nachoben aus. In der Auslegung sowie für den Betrieb von solchen Turbinen muss daraufgeachtet werden, dass das Austrittswasser genügende Energie hat, um das Rad nachAbb. 7.5 gegen die Erdanziehungskraft über der Strecke T sicher zu verlassen. ZweiAspekte müssen berücksichtigt werden:

• Das Wasser aus dem Schaufelteil in der Wurzelzone hat die größte Strecke überdas Turbinenrad zurückzulegen und stellt daher den kritischsten Fall dar.

• Das Wasser aus dem Schaufelteil in der Nähe des Schaufelausschnitts muss rück-wärts, d. h. gegen die Drehrichtung der Schaufel, gerichtet sein, damit es im gan-zen Bereich längs der Schaufelaustrittskante rückwärts abfließt.

Offenbar sind beide Aspekte mit der Laufzahl der Pelton-Turbine gekoppelt. Fürden sicheren Betrieb einer Pelton-Turbine muss die Laufzahl hinreichend tief (nachAbschnitt 7.1) festgelegt werden, damit die Bedingungen der beiden Aspekte erfülltwerden können.

7.3.1 Bedingung für die Austrittsströmung in der Wurzelzone

Damit das Wasser über der Strecke T störungsfrei abfließen kann, muss die kleins-te Austrittsgeschwindigkeit C2 aus der Schaufel bestimmt werden. Die freie Bewe-gung des Wassers nach dem Austritt aus der Schaufel ist unter Berücksichtigung desSchwerkrafteinflusses zu berechnen. Nach dem festgelegten Koordinatensystem inAbb. 7.5 sind die beiden Geschwindigkeitskomponenten des „fliegenden“ Wassersjeweils berechnet zu

C2x = C2x,0 (7.13)

C2y = C2y,0 − gt (7.14)

mit C2x,0 und C2y,0 als jeweilige Geschwindigkeitskomponente am Schaufelaustritt.

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7.3 Austrittsbedingung für Vertikalturbinen 119

Abb. 7.5 Bestimmung derMindestschaufelaustritts-geschwindigkeit bei einerPelton-Turbine mit vertikalerDrehachse

Die Bahnlinie des fliegenden Wassers in Abhängigkeit von der Zeit t erhält mandurch Integration der obigen Geschwindigkeiten als

x = C2x,0 · t (7.15)

y = C2y,0 · t − 1

2g · t2 (7.16)

Die Bahnlinie ist daher in der Form y = f (x) gegeben. Für den störungsfreien Was-serflug muss die folgende Bedingung am Ende der Flugstrecke erfüllt werden:

y = f (T ) > ha (7.17)

Dabei stellt ha nach Abb. 7.5 die Summe der Wasserfilmhöhe und Schaufelwanddi-cke dar.

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120 7 Austrittsbedingungen

Die nach Gl. (7.17) angegebene Bedingung wird auf die Gln. (7.15) und (7.16)angewendet. Dadurch erhält man

T = C2x,0 · t (7.18)

ha = C2y,0 · t − 1

2g · t2 (7.19)

Eliminiert man die Zeit t und unter der Berücksichtigung von tanα2 = −C2y,0/C2x,0lässt sich die Geschwindigkeit C2x,0 ermitteln aus

C22x,0 = − gT

2 (ha/T + tanα2)(7.20)

Das ist die kleinste Austrittsgeschwindigkeit, die das Wasser besitzen muss, umsicher vom Pelton-Rad wegspritzen zu können. Dies soll auf die Austrittsströmungaus der Schaufelwurzelzone angewandt werden, da dort die Flugstrecke des Wassersoffensichtlich am größten ist. Es stellt sich die Frage, wie die kleinste Austrittsge-schwindigkeit nach Gl. (7.20) überhaupt erreicht werden kann. Es ist offensicht-lich, dass dafür die Laufzahl km nach Abschnitt 7.1 hinreichend tief festgelegt wer-den muss. Die sich daraus ergebene tatsächliche Austrittsgeschwindigkeit aus derSchaufelwurzelzone soll dann mit dem erforderlichen Wert nach Gl. (7.20) vergli-chen werden. Dazu wird der Sinussatz für den Geschwindigkeitsplan entsprechendAbb. 7.5 angewendet:

C2 = sinβ2

sinα2W2 (7.21)

bzw. in der Form der Geschwindigkeitskomponente

C2x,0 = C2 cosα2 = sinβ2

tanα2W2 (7.22)

Die Aufgabe besteht nun darin, die Relativgeschwindigkeit im Bereich der Schau-felwurzel (W2) sowie den Strömungswinkel α2 sowohl in Gl. (7.20) als auch inGl. (7.22) in Abhängigkeit von der Laufzahl zu bestimmen. Dazu kann die Inva-rianzgleichung verwendet werden. Aus der Realität wird nach Abb. 7.1 angenom-men, dass das Wasser in der Strahlschicht y = −d0/2 die Schaufelwurzel erreichenwird. Die Energieinvarianz, die diese Strahlschicht besitzt, ist nach Gl. (5.25) mitDm = 2Rm:

E−d0/2

C20

= 1−2km

(1− d0

Dm

)(7.23)

Da die Energieinvarianz E−d0/2 bis zum Austritt im Bereich der Schaufelwurzel(Index 2) erhalten bleibt, gilt somit

W 22 −U2

2

C20

= 1−2km

(1− d0

Dm

)(7.24)

Page 134: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

7.3 Austrittsbedingung für Vertikalturbinen 121

Daraus kann die entsprechende Relativgeschwindigkeit berechnet werden aus

W 22

C20

= U22

C20

+1−2km

(1− d0

Dm

)(7.25)

Mit dem Peripheriedurchmesser D2 der Schaufelwurzel und aus dem Zusammen-hang U2

C0= Um

C0· U2

Um= km

D2Dm

ergibt sich dann

W 22

C20

= k2m

(D2

Dm

)2

+1−2km

(1− d0

Dm

)(7.26)

Nun wird Gl. (7.26) in Gl. (7.22) eingesetzt. Daraus resultiert

C2x,0

C0= sinβ2

tanα2

k2m

(D2

Dm

)2

+1−2km

(1− d0

Dm

)(7.27)

Das ist der Zusammenhang, aus dem die zur Strahlschicht y = −d0/2 gehörendeGeschwindigkeit der Wasserströmung am Schaufelaustritt in Abhängigkeit von derLaufzahl bestimmt werden kann. Um zusammen mit der Bedingung nach Gl. (7.20)die gesuchte Laufzahl bestimmen zu können, muss der Austrittswinkel α2 sowohl inGl. (7.27) als auch in Gl. (7.20) noch als Funktion der Laufzahl bestimmt werden.Dazu lässt sich der Sinussatz für den Geschwindigkeitsplan nach Abb. 7.5 einsetzen:

W2

sinα2= U2

sin (β2 −α2)= U2

sinβ2 cosα2 − cosβ2 sinα2(7.28)

Daraus erhält man

tanα2 = sinβ2

U2/W2 + cosβ2(7.29)

bzw. mit U2C0

= kmD2Dm

:

tanα2 = sinβ2

km (D2/Dm) (C0/W2)+ cosβ2(7.30)

Dabei kann W2/C0 aus Gl. (7.26) berechnet werden. Somit ist auch der Zusammen-hang α2 = f (km) berechenbar.

Die obigen Berechnungen bilden ein in sich geschlossenes System, um die kri-tische Laufzahl zu bestimmen, unterhalb derer die erforderliche Austrittsgeschwin-digkeit C2x,0 nach Gl. (7.20) erreicht werden kann. Die Berechnung kann tabel-larisch erfolgen, wie dies im folgenden Beispiel veranschaulicht ist. Anhand desBeispiels zeigt sich, dass die Austrittsbedingung nach Gl. (7.20) in allgemeinen Be-trieben von Pelton-Turbinen bei weitem erfüllt wird.

Page 135: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

122 7 Austrittsbedingungen

Beispiel:

Die betrachtete Pelton-Turbine hat folgende Dimensionen:

• Schaufelbreitverhältnis: B/Dm = 0.25;• Wurzeldurchmesserverhältnis: D2/Dm = 0.65;• Austrittswinkel in der Schaufelwurzelzone: β2 = 170◦;• Strecke zum Überqueren: T = 1.5 m;• Dickenverhältnis: ha/T = 0.025;• Fallhöhe: H = 300 m.

Bei Volllast wird d0 = B/3 angenommen. Die Ausdrücke von d0/Dm in Gln. (7.26)und (7.27) werden dann durch 1

3 B/Dm ersetzt. Tabelle 7.1 zeigt den Rechenvorgangund Vergleich mit der erforderlichen Austrittsgeschwindigkeit, wobei in der letztenZeile die verwendeten Gleichungen angegeben sind.

Tabelle 7.1 Bestimmung der Austrittsgeschwindigkeit in der Schaufelwurzelzone im Vergleichmit den erforderlichen Sollwerten

km W2/C0 U2/W2 α2 (◦) (C2x/C0)ist (C2x/C0)soll

0.44 0.52 0.55 158.4 0.231 0.0580.45 0.51 0.57 157.1 0.210 0.0560.46 0.50 0.60 155.6 0.190 0.0540.47 0.48 0.63 153.6 0.169 0.052Gln. (7.26) (7.32) (7.31) (7.27) (7.20)

Bei der Berechnung des Winkels α2 in der Tabelle 7.1 ist darauf zu achten, dassfür tanα2 < 0 der Winkel α2 > 90◦ ist. Dementsprechend folgt aus Gl. (7.29)

α2 = π + arctan

(sinβ2

U2/W2 + cosβ2

)(7.31)

Ferner errechnet sich das Geschwindigkeitsverhältnis U2/W2 aus

U2

W2= C0

W2

Um

C0

D2

Dm= km

D2

Dm

C0

W2(7.32)

Die entsprechenden Rechenergebnisse sind in Abb. 7.6 veranschaulicht. Anhanddes gezeigten Beispiels ist offensichtlich zu erkennen, dass die Bedingung für stö-rungsfreies Abfließen des Wassers im Bereich der Schaufelwurzel für alle berech-neten km-Werte bei weitem erfüllt ist. Obwohl es sich hier um ein Beispiel handelt,wird die entsprechende Bedingung erwartungsgemäß auch bei anderen Turbinenimmer erfüllt. Dies kann man in der vorgeführten tabellarischen Berechnung durchÄnderung aller relevanten Parameter schnell feststellen. Aus diesem Grund kanndavon ausgegangen werden, dass der Abfluss des Wassers auch in der Wurzelzo-ne der Schaufel problemlos erfolgt. Der Einfluss des Dickenverhältnisses ha/T inGl. (7.20) ist übrigens vernachlässigbar klein.

Page 136: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

7.3 Austrittsbedingung für Vertikalturbinen 123

Abb. 7.6 Reale und erforderliche Austrittsgeschwindigkeit in der Schaufelwurzelzone

Die Betrachtung gilt für das sichere Abfließen des Wassers aus den oberen Schau-felhälften. Im Fall, dass die Austrittsbedingung sehr ungünstig ist, können die obe-ren und unteren Schaufelhälften jeweils unterschiedlich ausgelegt werden, da dieunteren Schaufelhälfte nicht an die behandelten Austrittsbedingungen gebundensind. Eine derartige Auslegung wurde, soweit bekannt, praktisch noch nicht um-gesetzt. Der Grund dafür dürfte in der Tatsache liegen, dass das Spritzwasser dieLeistung der Pelton-Turbine nur geringfügig beeinflusst, wie dies in Abschnitt 7.3.3noch gezeigt wird.

7.3.2 Bedingung für die Austrittsströmung im Ausschnittsbereich

Nach Abb. 7.5 muss man insbesondere dafür sorgen, dass die absolute Austrittsge-schwindigkeit im Ausschnittsbereich ebenfalls rückwärts gerichtet ist. Quantitativheißt das, dass die Energieinvarianz von der äußersten Schicht des Wasserstrahls(y = d0/2, siehe auch Abb. 7.1) größer als Null sein muss. Das heißt wiederum,dass die Energieinvarianz des gesamten Wasserstrahls größer als Null wird. Dieswird nach Gl. (5.28) erreicht, wenn die folgende Bedingung für die Strahlschichtbei y = d0/2 erfüllt ist

Eb

C20

= (1−2km)−nq

1.32> 0 (7.33)

Daraus erhält man die maximal zulässige Laufzahl

km,max = 0.5−0.38nq (7.34)

Diese Bedingung deutet darauf hin, dass bei Pelton-Turbinen mit großer spezifischerDrehzahl die Laufzahl km deutlich reduziert werden muss (Abb. 7.7). Für eine spe-zifische Drehzahl von nq = 0.1 muss die Laufzahl beispielsweise auf ca. km = 0.46

Page 137: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

124 7 Austrittsbedingungen

Abb. 7.7 Maximale Lauf-zahl für störungsfreien Was-seraustritt im Bereich desSchaufelausschnitts für Turbi-nen mit vertikalen Drehach-sen

reduziert werden. Dies entspricht wiederum einer Einstellung, die sich in der Praxisbereits sehr bewährt hat.

Da die erforderliche Laufzahl nach Gl. (7.34) deutlich unter 0.5 liegt, wird dieBedingung für das sichere Wegfliegen des Wassers von der Schaufelwurzel überdas Pelton-Rad automatisch erfüllt (Abschnitt 7.3.1). Die Laufzahl nach Gl. (7.34)gewährleistet somit das sichere Überqueren des Pelton-Rades im ganzen Schaufel-bereich. Gl. (7.34) gilt daher als Auslegekriterium einer vertikalen Pelton-Turbine.

Die hier erarbeitete Notwendigkeit, dass die Laufzahl km einen Wert kleiner als0.5 annehmen soll, dürfte der zweite Grund sein, weshalb in der Praxis die Lauf-zahl üblicherweise mit einem Wert kleiner als 0.5 festgelegt wird. Dieser Sach-verhalt gilt zumindest für vertikale Pelton-Turbinen. Als erster Grund sei hier andie Koinzidenz- und Symmetriebedingungen (Abschnitt 4.4) erinnert, aus denen dieLaufzahl km bereits mit Werten kleiner als 0.5 ermittelt wurde.

7.3.3 Auswirkung des Spritzwassers im Fall km > km,max

Es wurde gezeigt, dass für den störungsfreien Wasserabfluss die Bedingung km ≤km,max erfüllt werden soll. Im Fall km > km,max landet ein Teil des Wassers ausden oberen Schaufelhälften wieder auf dem Pelton-Rad und muss von diesem aufmaximal Um beschleunigt werden. Die dadurch verbrauchte spezifische Energie ist12U2

m. In Bezug auf die spezifische Energie 12 C2

0 des Wasserstrahls beträgt der ent-sprechende Verlust dann�ηi = k2

m. Es wird hier angenommen, dass 5% des Wasseraus den oberen Schaufelhälften, oder 2.5% bezogen auf die Gesamtwassermenge inder Turbine, das Rad nicht korrekt verlassen und daher einen Verlust von�ηi = k2

mbewirken. Der dadurch entstandene Verlust im Systemwirkungsgrad beträgt dannmaximal (für km = 0.5)

�η = 0.025 ·�ηi = 0.025 · k2m ≈ 0.6% (7.35)

Page 138: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

7.3 Austrittsbedingung für Vertikalturbinen 125

Dieser Verlust ist unbeträchtlich. Diese Abschätzung gilt auch allgemein für denLeistungsverlust durch Spritzwasser, das wiederum vom Pelton-Rad auf etwa Umbeschleunigt wird, nicht nur in Vertikal-, sondern auch in Horizontalturbinen. Dar-aus lässt sich schließen, dass der Wirkungsgradverlust durch Spritzwasser nichtmehr als 1% bis 2% beträgt.

Da das Auftreffen kleiner Wassermenge auf das Pelton-Rad als nicht folgen-schwer zu bewerten ist, darf dann auch die Laufzahl den maximalen Wert nachGl. (7.34) geringfügig übersteigen. Dadurch gewinnt man wiederum an hydrauli-schem Wirkungsgrad durch Reduktion des Austrittsverlustes.

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Kapitel 8Austrittsverluste

Zur Bestimmung und Erhöhung des Systemwirkungsgrades von Pelton-Turbinenist es unentbehrlich zu wissen, welche hydraulischen und mechanischen Verluste esgibt und wie solche Verluste bestimmt und vor allem auch effizient reduziert wer-den können. Die Bestimmung des Wirkungsgrades einer Pelton-Turbine erfolgte bisheute fast ausschließlich aus Messungen, entweder direkt in einem Kraftwerk durchthermodynamische Messungen nach der Norm IEC60041 oder auf einem Prüfstandmit einer Modellturbine. Aus solchen Messungen ist es jedoch nicht ohne weite-res möglich, Informationen zur Wirksamkeit einzelner Komponenten einer Pelton-Turbine zu gewinnen sowie Aussagen über Einzelverluste wie Drall- und Austritts-verluste, Reibungsverluste, Ventilations- und Lagerreibungsverluste zu treffen. Umall diese Einzelverluste in einer Pelton-Turbine beurteilen zu können, werden, aus-gehend von diesem Kapitel, zuerst die Drallverluste für reibungsfreie Strömungen inder Schaufel und die Verluste aufgrund des gestörten Abfließens des Wassers unmit-telbar nach dem Austritt aus der Schaufel berechnet. Die anderen hier aufgezähltenVerluste werden in den darauf folgenden Kapiteln behandelt.

8.1 Drallverluste

Der Drallverlust steht in Verbindung mit dem Austrittsdrall des Wassers beim Ver-lassen der rotierenden Pelton-Schaufeln und entsteht dadurch, da das Wasser nochüber kinetische Energie verfügt, die nicht mehr umgesetzt werden kann. Für einegeradlinig bewegte Schaufel als ein Sonderfall wurde ein derartiger Austrittsverlustbereits in der Berechnung des Wirkungsgrades nach Gl. (1.16), Kapitel 1, berück-sichtigt. Zur Abschätzung der entsprechenden Verhältnisse in einer Pelton-Turbinewurde Gl. (1.40) verwendet, die direkt aus dem Rechenmodell für geradlinig beweg-te Schaufeln übernommen wurde. Sie gibt die prozentuale Nutzung der im Wasser-strahl vorhandenen kinetischen Energie an. Der hydraulische Wirkungsgrad beträgt100%, wenn der Drallverlust Null ist.

Z. Zhang, Freistrahlturbinen 127DOI: 10.1007/978-3-540-70772-1, © Springer 2009

Page 141: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

128 8 Austrittsverluste

Bei Pelton-Turbinen wird das Strömungsverhältnis so festgelegt, dass das Wasseraus jeder Schaufel seitlich abfließt, um den Weg für die nachkommende Schaufelfrei zu machen. Die entsprechenden Kriterien sind bereits in den Abschnitten 7.2und 7.3 behandelt worden. Der Drallverlust repräsentiert somit die kinetische Ener-gie, die im Austrittswasser aus den rotierenden Schaufeln noch vorhanden ist. Derbestimmende Parameter für diesen Verlust ist die Laufzahl km.

Im Vergleich zum Rechenmodell einer geradlinig bewegten Schaufel, bei demalle Wasserteilchen das gleiche Geschwindigkeitsverhältnis (k = U/C0) haben, istbei einer Pelton-Turbine mit rotierenden Schaufeln jedem Wasserteilchen ein eige-ner Eintritt (Ort und Zeit) in die Schaufel und daher ein individuelles Geschwindig-keitsverhältnis U/C0 und ein individueller Austritt (Ort und Zeit) aus der Schaufelzugeordnet. Dies hat zur Folge, dass die Gesamtleistung bzw. der Gesamtwirkungs-grad eines Wasserstrahls aus der Summierung aller einzelnen Leistungen von Was-serteilchen bestimmt werden muss. Es ist durchaus möglich, dass sich der dadurchbestimmte hydraulische Wirkungsgrad von dem nach Gl. (1.40) berechneten Wertmehr oder weniger unterscheidet.

Zur Bestimmung des Drallverlustes wird das Austreten des Wassers aus derSchaufel betrachtet. Mit dem entsprechenden Geschwindigkeitsplan nach Abb. 8.1ist die Absolutgeschwindigkeit zu berechnen aus

C22 = W 2

2 +U22 +2W2U2 cosβ2 (8.1)

Die damit verbundene kinetische Energie gilt als Verlust, die in Form des Wirkungs-gradverlustes ausgedrückt werden kann

�ηDr = C22

C20

(8.2)

In Hinblick auf den Drallverlust unterscheiden sich die Wasserteilchen in einemWasserstrahl nach Gl. (8.1) schlussendlich in ihrem Strömverhältnis am Schaufel-austritt (U2 und β2). Diesbezüglich wird die Eigenschaft eines Wasserteilchens zu-erst unter der Anwendung der Invarianzgleichung betrachtet.

Abb. 8.1 Austrittsgeschwindigkeitsplan

Page 142: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

8.1 Drallverluste 129

Die Invarianzgleichung für ein Wasserteilchen in einer Strahlschicht, die nachAbb. 5.4 durch hs gekennzeichnet ist, wird aus Gl. (5.23) erhalten:

E = W 22 −U2

2 = C20 −2hsωC0 (8.3)

Daraus wird W 22 bzw. W2 berechnet und anschließend in Gl. (8.1) eingesetzt. Als

Absolutgeschwindigkeit am Schaufelaustritt ergibt sich

C22 = C2

0 +2U22 −2hsωC0 +2U2 cosβ2

√C2

0 −2hsωC0 +U22 (8.4)

Der Drallverlust des betrachteten Wasserteilchens wird nach Gl. (8.2) berechnet aus

�ηDr = 1− 2

C20

(hsωC0 −U2

2 −U2 cosβ2

√C2

0 −2hsωC0 +U22

)(8.5)

Wird im Weiteren die Umfangsgeschwindigkeit U2 in dieser Gleichung durch U2 =R2/Rm ·Um ersetzt und die Laufzahl km = Um/C0 eingesetzt, erhält man somit

�ηDr = 1−2km

⎝ hs

Rm− km

R22

R2m

− R2

Rmcosβ2

1−2kmhs

Rm+ k2

mR2

2

R2m

⎠ (8.6)

Dank der Verwendung der Invarianzgleichung ist der Drallverlust unabhängig vomOrt und Zeitpunkt des Eintritts des Wasserteilchens in die Schaufel. Nur die Lage-position hs der Strahlschicht, in der sich das Wasserteilchen befindet, ist relevant.Sind eine Strahlschicht sowie die Laufzahl km des Turbinenbetriebs vorgegeben, sowird der Drallverlust gemäß Gl. (8.6) nur als Funktion der Austrittsstelle und desentsprechenden Austrittswinkels dargestellt:

�ηDr = f (R2/Rm,β2) (8.7)

Die entsprechende Abhängigkeit wird im Folgenden aufgezeigt.

8.1.1 Einfluss der Austrittsstelle

Der Einfluss der Austrittsstelle (R2) des Wasserteilchens auf den Drallverlust nachGl. (8.6) ist in Abb. 8.2 dargestellt worden, wobei der Austrittswinkel mit β2 = 170◦angenommen wurde. Es ist ersichtlich, dass gegenüber dem Einfluss der Strahl-schichtlagen die Austrittsstellen nur geringfügig den Drallverlust beeinflussen. Ausdiesem Grund ist es für die Wirkungsgradberechnung ausreichend, den mittlerenWert R2/Rm = 1 anzunehmen.

Page 143: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

130 8 Austrittsverluste

Abb. 8.2 Abhängigkeit deshydraulischen Wirkungsgra-des von der Strahlschicht-lage und der Austrittsstelledes Wassers (km = 0.47,β2 = 170◦)

8.1.2 Einfluss des Austrittswinkels

Abb. 8.3 zeigt zusätzlich zum Einfluss der Strahlschichtlage noch den Einfluss desAustrittswinkels β2 eines Wasserteilchens auf den Drallverlust. Bei einer Änderungdes Austrittswinkels von β2 = 172◦ auf β2 = 168◦ vergrößert sich der Drallver-lust um etwa 0.6%. Bei der praktischen Auslegung von Pelton-Schaufeln verändernsich die Austrittswinkel über den Bereich, an dem der größte Teil des Wassers aus-tritt, nur unwesentlich (�β2 < 2◦). Somit ist es zulässig, für die Berechnung desDrallverlustes den mittleren Wert des Austrittswinkels an der Stelle R2/Rm = 1anzunehmen. Dies ist auch deshalb gerechtfertigt, da nach der Austrittsbedingung,die in Abschnitt 7.2 durch Gl. (7.6) bzw. (7.10) angegeben wurde, der gerechneteAustrittswinkel β2 für den ganzen Bereich des Schaufelaustritts geltend gemachtwerden kann (β2 = const).

Abb. 8.3 Abhängigkeit des hydraulischen Wirkungsgrades von der Strahlschichtlage und demAustrittswinkel des Wassers (km = 0.47, R2/Rm = 1)

Page 144: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

8.1 Drallverluste 131

Die Berechnungen und Darstellungen verdeutlichen, dass der Drallverlust beieiner Pelton-Turbine bei lediglich 1% bis 2% liegt.

Wird nur die Strahlschicht hs/Rm ≈ 1 betrachtet und die Austrittsstelle mitR2/Rm ≈ 1 angenommen, so vereinfacht sich Gl. (8.6) zu

�ηDr = 1−2km (1− km)(1− cosβ2) (8.8)

Das zweite Glied auf der rechten Seite der Gleichung ist formell gleich derGl. (1.40), die zur Anwendung auf den ganzen Wasserstrahl angenommen wurde.

Der Einfluss des Austrittswinkels auf den Drallverlust kann auch als Einflussder Austrittswinkeländerung gegenüber dem Austrittswinkel bei β2 = 180◦ darge-stellt werden. Wegen �β2 = 180◦ − β2 � 180◦ und somit cosβ2 = −cos�β2 ≈−(1− 1

2�β22

)wird Gl. (8.8) für km = 0.5 umgeformt zu

�ηDr = 1

4�β2

2 (8.9)

Für �β2 = 8◦ beispielsweise erhält man einen Drallverlust von ca. 0.5%. Wird�β2 = 10◦ angenommen, ergibt sich ein Drallverlust von 0.75%. Eine Änderung desAustrittswinkels um 2◦ bewirkt somit eine Wirkungsgradänderung von ca. 0.25%.

8.1.3 Einfluss der Strahlschichtlage

Aus den obigen Betrachtungen kann geschlossen werden, dass alle Wasserteilchenin einer Strahlschicht gleiche Auswirkungen auf den Drallverlust haben. Der Un-terschied von Schicht zu Schicht in Hinsicht auf den Drallverlust ist nach Gl. (8.6)lediglich auf den Unterschied von kmhs/Rm zurückzuführen. Unter allen Strahl-schichten kann diejenige, die zum Drallverlust minimal beiträgt, durch den Zusam-menhang d (�ηDr)/dhs = 0 gefunden werden. Daraus ergibt sich aus Gl. (8.6)

kmhs

Rm= 0.5+ 1

2k2

mR2

2

R2m

sin2β2 (8.10)

Da der zweite Term auf der rechten Seite der Gleichung vernachlässigbar ist, folgtaus Gl. (8.10):

kmhs

Rm= 0.5 (8.11)

Diese Beziehung ist bereits in Abb. 8.2 und 8.3 veranschaulicht worden, wo sich fürkm = 0.47 der minimale Drallverlust bei der Strahlschicht hs/Rm = 1.06 ergibt.

Page 145: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

132 8 Austrittsverluste

8.1.4 Drallverlust des gesamten Wasserstrahls

Der Drallverlust einzelner Strahlschichten ist nach Gl. (8.6) berechenbar, wobei alsmittlerer Austrittswinkel β2 und als Austrittsstelle R2/Rm = 1 angenommen werdenkönnen. Der gesamte Drallverlust eines Wasserstrahls ist mittels folgender Integra-tion berechenbar (Abb. 8.4):

�ηDr = 8

πd20

d0/2∫

−d0/2

�η

√(d0/2)2 − r2 ·dr (8.12)

bzw. in der Summenschreibweise für einen in n Schichten unterteilten Wasserstrahl:

�ηDr = 8�r

πd20

n∑

i=1

�ηi

√(d0/2)2 − r2

i (8.13)

Dabei gilt8�r

√(d0/2)2−r2

i

πd20

als Gewichtungsfaktor, der den Flächenanteil einer Strahl-

schicht darstellt.

Abb. 8.4 Schema zur Inte-gration des hydraulischenWirkungsgrades eines Was-serstrahls

Abb. 8.5 Vergleich zwischengerechneten Wirkungsgradenaus dem direkten (verein-fachten) Rechenverfahren unddem Strahlschichtverfahren

Page 146: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

8.2 Reibungseffekt am Schaufelrücken 133

Der Vergleich zwischen dem nach Gl. (8.13) berechneten Drallverlust und derBerechnung nach Gl. (1.40) als ein Beispiel zeigt einen Unterschied in der Größen-ordnung von 0.2%, siehe Abb. 8.5.

8.2 Reibungseffekt am Schaufelrücken

In Kapitel 7 wurde die Austrittsbedingung zum freien Abfließen des Wassers bear-beitet. Nach Gl. (7.6) muss beispielsweise der geometrische Austrittswinkel β2 aus-reichend kleiner als 180◦ sein. Andererseits nimmt der Drallverlust nach Gl. (8.9)zu, je mehr sich der geometrische Austrittswinkel β2 von 180◦ unterschiedet. In derpraktischen Auslegung wird der geometrische Austrittswinkel β2 um 2◦ bis 3◦ grö-ßer, also dichter an β2 = 180◦ gewählt, als der aus Gl. (7.6) sich ergebene Wert. DerGrund dafür ist, dass das Abfließen des Wassers aus der Schaufel um den sogenann-ten Übertreibungswinkel stärker seitlich abweicht als von der Schaufelform vorge-geben. Weil in der Praxis manchmal Abnützungsspuren an der Schaufelrückenflä-che beobachtet werden, soll daher die Wirkung des Wasseranpralls an den Rückender nacheilenden Schaufel (Abb. 8.6) quantifiziert werden. Zum einen bremst dasWasser infolge der Reibung zwischen dem Wasser und der Schaufel die Schaufel-bewegung, zum anderen lenkt der Rücken der Schaufel den Weg des Wassers ab.Beide Aktionen verursachen zusätzliche Verluste und reduzieren somit den Wir-kungsgrad. Der Reibungseffekt wird im vorliegenden Abschnitt analysiert, währendder Ablenkungseffekt im nächsten Abschnitt behandelt wird.

Abb. 8.6 Gestörter Abflussdes Wassers

Page 147: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

134 8 Austrittsverluste

Die Relativgeschwindigkeit zwischen dem abfließenden Wasser und der rotie-renden Schaufel wird zu W2 = C0 −Um angenommen. Mit einem Reibungsbeiwertvon cf wird die Schubspannung an der reibenden Schaufelrückenfläche berechnetaus

τ = cf1

2ρW 2

2 = cf1

2ρ (C0 −Um)

2 (8.14)

Mit km = Um/C0 lässt sich die Schubspannung auch ausdrücken als

τ = cf1

2ρC2

0 (1− km)2 (8.15)

Die benetzte Fläche auf einer Schaufelrückseite ist nach Abb. 8.6 durch Af gegeben.Nach Gl. (6.7) befindet sich zu einem Wasserstrahl stets eine bestimmte AnzahlSchaufeln von 2λ = 1/(1− km) (λ als Multischaufelziffer) im Leistungsaustauschmit dem Wasserstrahl. Die Gesamtreibungskraft unter einem Vollwasserstrahl wirdsomit berechnet aus

Ff = 2τ Af · (2λ)= cf (1− km)ρC20 Af (8.16)

Die Leistung, die zur Überwindung dieser Reibungskraft benötigt wird, berechnetsich unter der Berücksichtigung des Winkels zwischen der Reibungskraft und derSchaufelgeschwindigkeit:

Pf = FfUm cos(π−β2)= cf (1− km)ρC20 AfUm cos(π −β2) (8.17)

In Bezug auf die Strahlleistung P0 = 12ρC2

0 · A0C0 ergibt sich der entsprechendeWirkungsgradverlust. Durch Annäherung von cos(π −β2)≈ 1 erhält man

�ηf = Pf

P0= 2cfkm (1− km)

Af

A0(8.18)

Zur quantitativen Abschätzung der Reibungseffekte wird der Reibungsbeiwert mitcf = 0.02 angenommen. Für die Laufzahl km = 0.5 und ein Flächenverhältnis vonAf/A0 = 0.5 wird der Wirkungsgradverlust infolge der Reibung an der Schaufel-rückseite berechnet mit

�ηf = 0.005 (8.19)

Der Verlust beträgt also ca. 0.5%.

8.3 Ablenkungseffekt am Schaufelrücken

Das Auftreffen des Wassers auf den Rücken der nachfolgenden Schaufel hat weiter-hin einen Ablenkungseffekt nach Abb. 8.7 zur Folge. Da die Ablenkung des Wassers

Page 148: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

8.3 Ablenkungseffekt am Schaufelrücken 135

Abb. 8.7 Ablenkungseffektdes Wassers auf der Schaufel-rückseite

eine Kraft bewirkt, die eine Komponente entgegen der Schaufelbewegung aufweist,wird zur Überwindung dieser Kraft ein Teil der Wasserleistung benötigt. Dadurchentsteht ein zusätzlicher Leistungsverlust. Um den entsprechenden Wirkungsgrad-verlust zu bestimmen, wird der Impulssatz im Koordinatensystem ξ -η verwendet,das nach Abb. 8.7 mit der bewegten Schaufel rotiert. Die Interaktion zwischen demAustrittswasser und der Schaufelrückseite wird im drehenden System betrachtet.Mit der Relativgeschwindigkeit von W2 ist der Impulsstrom des Austrittswassersvor der Ablenkung durch I = ρ(Qw/2) · W2 gegeben, wobei der Durchfluss Qw/2sich auf eine Schaufelhälfte bezieht. Die Kraft, die auf das Wasser wirkt und so-mit das Wasser zur Ablenkung zwingt, wird durch die entsprechende KomponentenFξ und Fη dargestellt. Ist die Ablenkung des Wassers durch den Ablenkungswin-kel δ angegeben, so lassen sich die Komponenten der Ablenkungskraft nach demImpulssatz berechnen:

Fξ = 1

2ρ QwW2 sinδ (8.20)

Fη = 1

2ρ QwW2 (cosδ−1) (8.21)

Die Kraftkomponente, die auf die Bewegungsrichtung der Schaufel gerichtet ist,ergibt sich durch Koordinatentransformation mit θ = π −β2

Fu = −Fy = −(Fη cosθ− Fξ sinθ)

(8.22)

Zu dieser Kraft existiert eine gleichgroße Gegenkraft, die von der Strömung auf dieSchaufel wirkt. Sie wird als Stoßkraft bezeichnet und wird berechnet mit

FSt = Fu = 1

2ρ QwW2 [cosθ− cos(θ+ δ)] (8.23)

Die Leistung, die zur Überwindung dieser Stoßkraft benötigt wird, ist dann gegebendurch Multiplikation mit der Umfangsgeschwindigkeit der Pelton-Schaufel

Page 149: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

136 8 Austrittsverluste

PSt = FStUm = 1

2ρ QwUmW2 [cosθ − cos(θ + δ)] (8.24)

Die entsprechende spezifische Arbeit ergibt sich dann aus

eSt = PSt

ρ Qw/2= W2Um [cosθ − cos(θ+ δ)] (8.25)

In Bezug auf die spezifische Energie des Wasserstrahls und unter der AnnahmenW2 = C0 −Um wird der damit verbundene Wirkungsgradverlust berechnet aus

�ηSt = eSt

C20/2

= 2km (1− km) [cosθ − cos(θ + δ)] (8.26)

wobei km = Um/C0 wieder verwendet wurde.Zur quantitativen Abschätzung dieses Verlustes werden die beiden Winkel θ =

10◦ und δ = 4◦ sowie die Laufzahl mit km = 0.5 angenommen. Es ergibt sich somitaus Gl. (8.26)

�ηSt = 0.7% (8.27)

An dieser Stelle wird noch an den Drallverlust erinnert, der in Abschnitt 8.1 betrach-tet wurde. Der Drallverlust in seiner einfachsten Form ist gegeben in Gl. (8.8). WirdGl. (8.26) zur Gl. (8.8) addiert, so ergibt sich unter der Berücksichtigung β2 = π−θ

�ηDr +�ηSt = 1−2km (1− km) [1+ cos(θ + δ)] (8.28)

Die gesamte Wirkung auf den Drallverlust ist gleich der Wirkung, die entsteht, alswenn das Wasser am Schaufelaustritt bei einem Winkel von (θ + δ) ausgeflossenwäre.

In der obigen Betrachtung wurde stillschweigend davon ausgegangen, dass diegesamte Wasserströmung um den Winkel δ abgelenkt wird. Wenn die Wassermen-ge, die an der Rückseite der Schaufel abgelenkt wird, 50% des gesamten Wassersbeträgt, dann reduziert sich der Wirkungsgradverlust nach Gl. (8.26) um 50%.

Der hier berechnete Wirkungsgradverlust infolge der Strömungsablenkung giltals ein Teilverlust. Der andere Teil ist bereits in Abschnitt 8.2 behandelt worden. Dadie Summe dieser Verluste nicht verschwindend klein gegenüber dem Drallverlustist, soll die Strömungsablenkung am Schaufelrücken möglichst vermieden werden.Dies bedeutet, dass der Austrittswinkel θ nach Abb. 8.7 ablenkungsfrei ausgelegtwerden soll. Hierfür dürfte mit dem Winkel θ bzw. β eine Toleranz von ca. 1◦ bis 2◦akzeptabel sein, da nach Gl. (8.9) die damit verbundene Zunahme des Drallverlustesunter 0.25% liegt.

Page 150: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

Kapitel 9Reibungseffekte und FFT-Theorem

Wasser kommt in der Natur als zähes Fluid vor und haftet in der Regel an festenOberflächen. In Pelton-Turbinen tritt diese viskose Haftung in Form von Reibungs-kraft zwischen Wasserströmung und Schaufeloberfläche auf. Dies hat als unmittel-bare Auswirkung eine Reduktion der Relativgeschwindigkeit in der Schaufel zurFolge. Außerdem kann die Reibung die rotierende Bewegung des Pelton-Rades alstreibende oder bremsende Kraft beeinflussen. Im Endeffekt wirkt sich die Reibungauf den hydraulischen Wirkungsgrad der Pelton-Turbine aus.

Der Auswirkung der Reibung in den rotierenden Schaufeln auf den hydrauli-schen Wirkungsgrad einer Pelton-Turbine liegen nach Zhang und Müller (2006b)bzw. Zhang (2007b) folgende Mechanismen zu Grunde:

1. Die Reibungskraft tritt im vorderen Teil der Schaufel als treibende und im hin-teren Teil als bremsende Kraft auf. Dadurch wird unmittelbar positive bzw. ne-gative Arbeit geleistet.

2. Die Reibung an der Schaufeloberfläche hat eine Geschwindigkeitsreduktion imWasserfilm längs der Schaufeloberfläche zur Folge. Dies vermindert die Inten-sität des Energieaustausches zwischen dem strömenden Wasser und den Pelton-Schaufeln. Als Konsequenz muss eine Reduktion des hydraulischen Wirkungs-grades sich ergeben.

3. Die Gesamtwirkung der Reibungskraft auf die Reduktion des hydraulischenWirkungsgrades besteht aus dem direkten Reibungseffekt (1) und dem indirek-ten Effekt aus der reibungsbedingten Strömungsänderung in den Schaufeln (2).

Diese drei Aspekte erfassen sämtliche hydraulische Reibungseffekte in Pelton-Turbinen und werden im Folgenden ausführlich beschrieben.

9.1 Reibungszahl

Da die Strömungsreibung nur in Pelton-Schaufeln direkt spürbar ist, wird sie zuerstfür die Relativströmung in einer rotierenden Schaufel betrachtet. Die Ausbreitung

Z. Zhang, Freistrahlturbinen 137DOI: 10.1007/978-3-540-70772-1, © Springer 2009

Page 151: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

138 9 Reibungseffekte und FFT-Theorem

des Wasserfilms kennzeichnet sich nach Abb. 9.1 dadurch, dass die Filmbreite d unddie -höhe h sich längs des Ausbreitungswegs s ändern. In Richtung der Strömung,in der nur die Reibungskraft und die Zentrifugalkraft ( Fct) wirksam sind, wird derImpulssatz auf die Wasserströmung über die Strecke ds angewandt. Demnach ist dieÄnderung des Impulses gleich der Summe aller auf die Masse wirkenden Kräfte:

ρdhW ·dW = ρdh · Fct ·ds − cf1

2ρW 2d ·ds (9.1)

oder in vereinfachter Form

d

(1

2W 2)

= Fct ·ds − cf1

2hW 2 ·ds (9.2)

Die Gleichung kann auch als Energiegleichung interpretiert werden. Die Änderungder kinetischen Energie ist somit gleich den Arbeiten, die von allen Kräften geleistetwerden.

In der obigen Gleichung ist cf der Reibungsbeiwert, der bei großen Reynolds-Zahlen oder für Reynolds-Zahlen mit kleiner Variation als konstant angenommenwerden kann. Dies gilt jedenfalls für bestehende Pelton-Turbinen, bei denen sichdie Reynolds-Zahl in Abhängigkeit von der Fallhöhe nur sehr wenig ändert. Es istjedoch zu beachten, dass es sich um eine Filmströmung mit freier Oberfläche han-delt. Da die Froude-Zahl in derartigen Filmströmungen stets größer als Eins ist,d. h. Fr = √

W/gh > 1, handelt es sich um eine überkritische Filmströmung. Derentsprechende Reibungsbeiwert unterscheidet sich grundlegend vom Reibungsbei-wert in Grenzschichten von Rohrströmungen oder Gerinne- bzw. Filmströmungenmit Fr< 1.

Für reibungsfreie Strömungen reduziert sich Gl. (9.2) auf Gl. (5.14), aus der dieInvarianzgleichung abgeleitet wurde. Unter der Annahme, dass der größte Teil desWassers quer durch die Schaufel fließt (Abb. 9.1) und daher U = Um = const ange-nommen werden darf, verschwindet die Komponente der Zentrifugalkraft längs der

Abb. 9.1 Querströmung durch die Schaufel und Parameterdefinitionen

Page 152: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

9.1 Reibungszahl 139

Strömung in der Schaufel, sodass Fct ·ds = 0 gilt. Gl. (9.2) vereinfacht sich dann zu

d

(1

2W 2)

= −cf1

2hW 2 ·ds (9.3)

Es soll hier erwähnt werden, dass es sich auf der rechten Seite der Gl. (9.2) um zweiunabhängige Glieder handelt, die die Relativgeschwindigkeit jeweils nur geringfü-gig beeinflussen. Dies gestattet die separate Betrachtung der Effekte der Zentrifu-galkraft und der Reibung, wenn beide Effekte gleichzeitig vorhanden sind. Um dasEndergebnis zu erhalten, müssen die beiden Teilergebnisse addiert werden.

Für die weiteren Berechnungen wird hier die Reibungszahl eingeführt, die fol-gendermaßen definiert ist

cw =s∫

0

cf

h·ds (9.4)

In Verbindung mit der Ausbreitung des Wasserfilms in der Schaufel ist die Rei-bungszahl eine Funktion der Filmhöhe und des Ausbreitungswegs.

Aus Integration von Gl. (9.3) folgt

W = W1e−cw/2 ≈ W1

(1− 1

2cw

)(9.5)

Die Näherungsform ergibt sich aus der Reihenentwicklung der Exponentialfunktionund dem Abbruch nach dem ersten Glied, da cw � 1 ist. Mit W1 wird die Relativ-geschwindigkeit am Schaufeleintritt bezeichnet.

Für weitere Berechnungen wird aufgrund von Gl. (9.5) eine zweite Approxima-tion verwendet:

cf · W = cf · W1 − 1

2cfcw · W1 ≈ cf · W1 (9.6)

Dabei wird der Ausdruck 12cfcw · W1, der um eine Ordnung kleiner als cf · W1 ist,

vernachlässigt. Zu beachten ist, dass diese Approximation nicht als W ≈ W1 inter-pretiert werden darf. Sie darf nur in der gegebenen Form verwendet werden, wo essich um den Reibungseffekt in der gegebenen Größenordnung handelt.

Andererseits hat die Reibungskraft in der Form τ = cf12ρW 2 zur Folge, dass ein

Leistungsverlust im Zusammenhang mit der hydraulischen Dissipation während derAusbreitung des Wasserfilms entsteht:

EDiss =s∫

0

cf1

2ρW 2Wd ·ds (9.7)

Es handelt sich in dieser Gleichung um die Dissipationsrate. Dabei bleibt der Inte-grationsverlauf s vorerst als Variable definiert, wie es bereits bei der Definition derReibungszahl in Gl. (9.4) der Fall war.

Page 153: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

140 9 Reibungseffekte und FFT-Theorem

Mit Qw/2 = Whd als Volumenstrom in einer Schaufelhälfte und in Anbetrachtder Approximation nach Gl. (9.6) erhält man aus Gl. (9.7)

EDiss = 1

2ρW 2

1Qw

2

s∫

0

cf1

hds (9.8)

bzw. mit der oben definierten Reibungszahl

EDiss = 1

2cwρW 2

1 Qw/2 (9.9)

Da die Dissipationsrate in der Strömung direkt proportional zur Reibungszahl ist,kann diese Gleichung auch als Definitionsgleichung der Reibungszahl angesehenwerden.

Aus dem Leistungsverlust in der Relativströmung folgt eine Verlangsamungder Relativgeschwindigkeit und unmittelbar daraus eine Änderung der kinetischenEnergie �E = ρ(Qw/2) · 1

2

(W 2

1 − W 2), die auf eine Schaufelhälfte bezogen ist.

Wird die Änderung der kinetischen Energie mit Gl. (9.9) gleichgesetzt, so folgt

W 2 = W 21 (1− cw) (9.10)

Aus cw � 1 ergibt sich die Relativgeschwindigkeit

W = W1√

1− cw ≈ W1

(1− 1

2cw

)(9.11)

Dieses aus der Energiebetrachtung erhaltene Resultat stimmt mit dem Ergebnis derImpulsbetrachtung, Gl. (9.5), überein.

Wird die gesamte Strömungsreibung vom Schaufeleintritt bis -austritt betrachtet,so errechnet sich die Reibungszahl aus

cw2 =S∫

0

cf1

hds (9.12)

Folglich ist die Relativgeschwindigkeit am Schaufelaustritt

W 22 = W 2

1 (1− cw2) (9.13)

In Kapitel 6 wurde die Ausbreitung des Wassers in der Pelton-Schaufel durchGl. (6.8) angenähert. Mittels linearer Ausbreitung des Wassers wird die Filmhöheaus der Massenerhaltung wie folgt bestimmt:

1

h= Wd

Qw/2= W

Qw/2

(d0 + d2 −d0

Ss

)(9.14)

Page 154: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

9.2 Direkte Reibungseffekte 141

Der Durchfluss Qw/2 bezieht sich auf eine Schaufelhälfte, entspricht also der Hälftedes Wasserstrahls und beträgt nach Gl. (6.5) Qw/2 = 1

8πd20 W0x ,o. Da in der vorlie-

genden Betrachtung nach Abb. 9.1 von einem senkrechten Eintritt des Wasserstrahlsin die Schaufel ausgegangen wird, gilt W0x ,o = W1. Gl. (9.14) wird in Gl. (9.12) ein-gesetzt, womit sich unter der Verwendung der Gl. (9.6) die Reibungszahl berechnenlässt:

cw2 = 4cfd0 +d2

πd20

· S (9.15)

Die Reibungszahl in dieser Form kombiniert den Reibungsbeiwert, die Schaufel-geometrie, die durch den Schaufelparameter S bezeichnet wird und den Wasser-durchfluss, der durch die Strahldicke d0 gegeben ist. Sie ist jedoch unabhängig vonder Drehung der Schaufel. Zahlenmäßig kann die Größenordnung der Reibungs-zahl angegeben werden. Im Nennbetrieb gilt nach Gl. (6.9) d2,N/d0 = 2.5. Fürdie Lauflänge der Strömung in der Schaufel S/d0 = 3 und einen Reibungsbeiwertvon cf = 0.015 berechnet sich die Reibungszahl aus Gl. (9.15) zu cw2,N = 0.2. FürTeillastbetrieb wird die Reibungszahl entsprechend größer.

Es soll erwähnt werden, dass die Filmströmung in der Pelton-Schaufel eine Artder schießenden Strömung mit einer Froude-Zahl größer als Eins (Fr> 1) darstelltund die Reibungsbeiwerte für derartige Strömungen allgemein nicht bekannt sind.Der angenommene Reibungsbeiwert zum cf = 0.015 ist recht hoch gegenüber denReibungsbeiwerten z. B. in turbulenten Grenzschichtströmungen.Wie aus Gl. (9.13)hervorgeht, bewirkt eine Reibungszahl von cw2,N = 0.2 einen Verlust in der kineti-schen Energie von 20% bzw. einen Geschwindigkeitsverlust von 10%. Ein derar-tiger Betrag für den Geschwindigkeitsverlust ist bereits in der Praxis angewendetworden, siehe z. B. Dixon (2005). Zur Vervollständigung der hydraulischen Kennt-nisse in Pelton-Turbinen soll das Reibungsverhalten in der Grenzschicht von schie-ßenden Strömungen noch mit Experimenten systematisch ermittelt werden.

9.2 Direkte Reibungseffekte

Unter direkten Reibungseffekten versteht man Reibungsauswirkungenauf die Schau-felbewegung in Form von positiven und auch negativen Treibkraftkomponenten. Inder vorderen Schaufelhälfte (β <π/2 nach Abb. 9.1) wirkt die Reibungskraft positivauf die Schaufelbewegung. In der hinteren Schaufelhälfte (β > π/2) wirkt die Rei-bungskraft jedoch der Schaufelbewegung entgegen. In beiden Fällen ist die effekti-ve Komponente der Reibungskraft diejenige in Richtung der Schaufelbewegung, diegegeben ist durch cf

12ρW 2 cosβ. Die von der Reibungskraft auf einer infinitesimal

benetzten Fläche d ·ds erzeugte Leistung wird nach Abb. 9.1 berechnet mit

dPw,d = cf1

2ρW 2 cosβ ·Umd ·ds (9.16)

Page 155: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

142 9 Reibungseffekte und FFT-Theorem

Mit dieser Schreibweise wird vereinbart, dass der positive Wert von dPw,d die po-sitive Reibungsleistung darstellt, d. h., die Reibung trägt zur Leistungsabgabe bei.Aufgrund des Massenstroms mw/2 = ρWdh in der Relativströmung in einer Schau-felhälfte folgt aus Gl. (9.16)

dPw,d = mw

2WUmcf

1

2hcosβ ·ds (9.17)

Aus Berechnung in Kapitel 6 bzw. nach Gl. (6.7) ist bekannt, dass in einer Pelton-Turbine die durchschnittliche Anzahl der Schaufeln, die am Leistungsaustausch miteinem Wasserstrahl beteiligt sind, gleich 2λ = mc/mw ist (λ als Multischaufelzif-fer). Werden beide Seiten der Gl. (9.17) mit mc/mw multipliziert, so ergibt sich alsLeistung in 2λ Schaufelhälften:

dPd = mc

2WUmcf

1

2hcosβ ·ds (9.18)

Diese Leistung ist in der Ausgangsleistung der Turbine direkt erfassbar. Hierausfolgt, dass die Leistung nun in einem ortsfesten Koordinatensystem erfassbar ist.Unter Berücksichtigung der Approximation nach Gl. (9.6) ergibt sich durch Inte-gration der Gl. (9.18)

Pd = mc

2UmW1

1

S∫

0

cf1

hcosβ ·ds (9.19)

Diese Leistung wird als direkte Reibungsleistung auf die Leistung 0.5(mc

12 C2

0

)

eines halben Wasserstrahls bezogen. Dadurch erhält man den direkten Beitrag derReibungskraft auf den Wirkungsgrad:

ηd = Pd

0.5(mc

12 C2

0

) = km (1− km)

S∫

0

cf1

hcosβ ·ds (9.20)

Dabei wurden W1 = C0 −Um und die Laufzahl km = Um/C0 verwendet. Für Pelton-Schaufeln mit komplexen Geometrien und einer daraus folgenden komplexen Funk-tion für β = f (s) ist die obige Integration durch Umwandlung in eine Summationschrittweise und tabellarisch leicht lösbar.

Um nun eine quantitative Aussage über die direkte Auswirkung der Reibungauf den Wirkungsgrad zu geben, wird eine kreisförmige Schaufel mit konstantemRadius rb und geradem Austritt (β2 = 180◦) betrachtet. Die Höhe des Wasserfilmswurde bereits in Gl. (6.10) angegeben. Für das vorliegende senkrechte Eintreten desWasserstrahls in die Schaufel gilt W0x,o = W1. Somit erhält man

h = 1

8πd2

0 W1/(Wd) (9.21)

Page 156: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

9.3 Reibungseffekte durch Änderung der Druckverteilung 143

Zusammen mit der Filmbreite nach Gl. (6.8) führt Gl. (9.20) zu

ηd = 81

πd20

km (1− km)

S∫

0

cf

(d0 + d2 −d0

Ss

)cosβ ·ds (9.22)

wobei nach Gl. (9.6) für cfW = cfW1 verwendet wurde.Für eine kreisförmige Schaufel mit konstantem Radius rb gilt s = β · rb und für

den Halbkreis S = π · rb. Somit geht Gl. (9.22) mit cf = const über in

ηd = 8cf

πkm (1− km) · rb

d20

π∫

0

(d0 + d2 −d0

πβ

)cosβdβ (9.23)

Die Integration kann leicht durchgeführt werden. Als Lösung ergibt sich

ηd = −16km (1− km)cf

π2

(d2

d0−1

)rb

d0(9.24)

Der aus der Reibungskraft resultierende Wirkungsgrad ist negativ. Das entsprichtder Erwartung, denn im hinteren Teil der Schaufel (β > π/2), in dem die Reibungs-kraft bremsend wirkt, ist die Reibungsfläche größer als im vorderen Teil der Schau-fel.

Ein Zahlenbeispiel zu ηd wird in Kapitel 10, Abschnitt 10.4, angegeben.

9.3 Reibungseffekte durch Änderung der Druckverteilung

Eine weitere direkte Auswirkung der Reibung zwischen Wasserfilm und Schaufel-oberfläche ist das Abbremsen der Relativgeschwindigkeit während der Ausbreitungdes Wasserfilms. Die dadurch bedingte Reduktion der Relativgeschwindigkeit hatzur Folge, dass der Druck als treibende Kraft an der Schaufeloberfläche abnimmt.Dies erkennt man auch, wenn Gl. (5.10) zur Berechnung des Überdrucks unter demWasserfilm betrachtet wird

pb = h

rbρW 2 (9.25)

Dabei ist rb der lokale Krümmungsradius an der Schaufeloberfläche.Die mit diesem Überdruck verbundene Druckkraft wirkt senkrecht auf die Schau-

feloberfläche. Die effektive Triebkraft zur Schaufelbewegung ist wiederum dieKomponente der Druckkraft in Bewegungsrichtung der Schaufel. Die Leistung, diedie Druckkraft in einer infinitesimalen Schaufelfläche d ·ds erbringt, ist daher nachAbb. 9.1 zu berechnen aus

dPw,p = pb sinβ ·Umd ·ds = h

rbρW 2Um sinβ ·d ·ds (9.26)

Page 157: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

144 9 Reibungseffekte und FFT-Theorem

Mit dem Massenstrom in der Relativströmung mw/2 = ρhdW und ds = rbdβ wirdGl. (9.26) umgeschrieben zu

dPw,p = mw

2WUm sinβ ·dβ (9.27)

Wie bei Gl. (9.18) wird die obige Gleichung ins ortsfeste Koordinatensystem, daherdann auch für 2λ Schaufelhälften geltend, umgewandelt:

dPp = mc

2WUm sinβ ·dβ (9.28)

Diese Gleichung stellt die Leistung dar, die in der Ausgangsleistung der Turbinedirekt messbar ist.

Die Integration über den gesamten Ausbreitungsweg des Wasserfilms (vom Ein-bis zum Austritt) stellt die gesamte Leistung der Druckkraft dar:

Pp = mc

2Um

β2∫

0

W sinβ ·dβ (9.29)

Zur Bestimmung des Reibungseffektes muss die Geschwindigkeit W als Variablebetrachtet werden. Das heißt, dass sie nach Gl. (9.11) eine Funktion der lokalenReibungszahl ist. Daraus folgt

Pp = mc

2UmW1

β2∫

0

(1− 1

2cw

)sinβ ·dβ (9.30)

Für einen späteren Vergleich (Abschnitt 9.5) wird diese Integration weiter berech-net. Unter Anwendung partieller Integration in der Form ∫udv = uv−∫vdu lässtsich obige Gleichung mit u = 1− 1

2 cw und v = cosβ weiter umformen zu

Pp

(mc/2)UmW1= 1−

(1− 1

2cw2

)cosβ2 − 1

2

cw2∫

0

cosβdcw (9.31)

Dabei wurde für s = 0 bzw. β = 0 die Reibungszahl cw = 0 eingesetzt. Der Integral-ausdruck auf der rechten Seite der Gleichung ist nichts anderes als der Integralaus-druck aus Gl. (9.20), da nach Gl. (9.4) dcw = cf/h ·ds gilt.

Dementsprechend erhält man den von der Druckkraft beigetragenen Wirkungs-grad, indem die Leistung Pp aus Gl. (9.30) auf die Leistung eines halben Wasser-strahls bezogen ist:

ηp = Pp

0.5(

12 mcC2

0

) = 2km (1− km)

⎣1−(

1− 1

2cw2

)cosβ2 − 1

2

cw2∫

0

cosβdcw

(9.32)

Page 158: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

9.4 Gesamte Reibungseffekte 145

Die Auswirkung der Strömungsreibung auf die Turbinenleistung bzw. den Turbi-nenwirkungsgrad ist in den letzten beiden Gleichungen veranschaulicht worden.Handelt es sich um eine reibungsfreie Strömung, so vereinfacht sich Gl. (9.32) zu

ηp,0 = 2km (1− km)(1− cosβ2) (9.33)

Sie ist identisch zu Gl. (1.40). Dies deutete unmissverständlich darauf hin, dass ineiner Pelton-Turbine der Leistungsaustausch zwischen der Wasserströmung und densich bewegenden Pelton-Schaufeln letztlich durch die Wirkung der Druckkraft unterdem Wasserfilm geschieht. Es lässt sich auch erkennen, dass der Wirkungsgrad nachGl. (9.32) eine Art des hydraulischen Wirkungsgrades ist.

Der reibungsbedingte hydraulische Verlust durch den Druckkraftverlust ist dann

�ηp = ηp,0 −ηp = 2km (1− km)

⎝−1

2cw2 cosβ2 + 1

2

cw2∫

0

cosβdcw

⎠ (9.34)

Es wird hier wiederum eine kreisförmige Schaufel mit konstantem Radius rb undgeradem Austritt β2 = π betrachtet. Die Integration in Gl. (9.32) wird berechnet,indem dcw = cf/h ·ds und h = 1

8πd20 W1/(Wd) nach Gl. (9.21) sowie die Filmbreite

nach Gl. (6.8) eingesetzt werden:

ηp

2km (1− km)= 2− 1

2cw2 − 4cf

πd20

S∫

0

cosβ

(d0 + d2 −d0

Ss

)·ds (9.35)

Weiter werden s = rbβ und ds = rbdβ eingesetzt. Die Integration lässt sich dannleicht ausführen. Die Reibungszahl cw2 ist nach Gl. (9.15) zu berechnen. Mit S =π · rb ergibt sich schließlich aus Gl. (9.35)

ηp = 4km (1− km)

{1− cf

[d2

d0

(1− 4

π2

)+(

1+ 4

π2

)]rb

d0

}(9.36)

Darin ist die Reibung zwischen dem Wasserfilm und den Pelton-Schaufeln direktdurch den Reibungsbeiwert cf berücksichtigt worden. Ein entsprechendes Zahlen-beispiel findet sich in Kapitel 10.

9.4 Gesamte Reibungseffekte

Die hydraulische Leistung einer Pelton-Turbine inklusive des Einflusses der Rei-bung erhält man direkt aus dem Impulssatz. Wenn der Eintrittswinkel des Wasser-strahls in die Schaufel mit β1 = 0 angenommen wird, berechnet sich die gesamtehydraulische Leistung einer Pelton-Turbine mit

Ph = mc (W1 − W2 cosβ2)Um (9.37)

Page 159: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

146 9 Reibungseffekte und FFT-Theorem

Der Hintergrund dieser Gleichung geht auf Abschnitt 1.2 des Kapitels 1 zurück, woaus dem Impulssatz die hydraulische Leistung berechnet wurde. Für reibungsfreieStrömungen bleibt die Relativgeschwindigkeit konstant (W2 = W1 = W ). Die obigeGleichung reduziert sich dann auf Gl. (1.38).

Da im vorliegenden Fall reibungsbehaftete Strömungen betrachtet werden, giltnach Gl. (9.11) eine veränderliche Relativgeschwindigkeit. Somit beträgt die hy-draulische Leistung

Ph = UmmcW1

[1−(

1− 1

2cw2

)cosβ2

](9.38)

Diese hydraulische Leistung wird nun auf die Strahlleistung bezogen, woraus sichder hydraulische Wirkungsgrad ergibt:

ηh = Ph12 mcC2

0

= 2km (1− km)

[1−(

1− 1

2cw2

)cosβ2

](9.39)

Als Referenzleistung wird die reibungsfreie Leistung Ph,0 verwendet, die mitcw2 = 0 aus Gl. (9.38) sofort erhältlich ist. Die durch Reibung verursachte Wir-kungsgradreduktion berechnet sich somit aus

�ηµ = Ph,0 − Ph12 mcC2

0

= −cw2 · km (1− km)cosβ2 (9.40)

Aus dieser Darstellung lassen sich folgende Erkenntnisse herausstellen:

1. Es wird eine virtuelle Schaufel betrachtet, deren Austrittswinkel β2 < π/2 ist.Da die in der Schaufel befindliche Wasserströmung in Richtung der Schaufelbe-wegung durch die Reibung zusätzlich gebremst wird, erhöht sich der Leistungs-austausch zwischen dem Wasser und der beweglichen Schaufel. Die Reibungverhält sich als treibende Kraft und erzeugt zusätzliche Leistung (Ph > Ph,0).Entsprechend der Definition ist der hydraulische Verlust negativ�ηµ < 0.

2. Unter der Annahme, dass der Schaufelaustrittswinkel β2 = π/2 ist, ergibt sichaus Gl. (9.40) �ηµ = 0. Darunter ist zu verstehen, dass die Austrittsströmung,die die Schaufel senkrecht zur Schaufelbewegung verlässt, keinen Einfluss aufdie Schaufelbewegung hat. Daher ist es auch gleichgültig, ob und wie die Strö-mung in der Schaufel durch die Reibung beeinflusst ist. Gesamt gesehen hatdie Reibung keinen Einfluss auf die Leistungsbilanz, obwohl die Reibung alstreibende Kraft wirksam ist.

3. Bei realen Pelton-Schaufeln ist der Austrittswinkel β2 > π/2. Daraus folgt�ηµ > 0. Das bedeutet, dass die Reibungskraft an der Schaufeloberfläche denhydraulischen Wirkungsgrad stets negativ beeinflusst, obwohl die Reibung imSchaufelbereich β < π/2 scheinbar einen positiven Einfluss hat.

4. Für km = 0.5 und β2 ≈ π , wie dies bei realen Pelton-Turbinen annähernd derFall ist, folgt aus Gl. (9.39)

ηh = 1− 1

4cw2 (9.41)

Page 160: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

9.5 Das Theorem der Strömungsreibung 147

oder, in Form des Wirkungsgradverlustes

�ηµ = 1

4cw2 = cf

d0 +d2

πd20

S (9.42)

Diese Beziehung stellt den Mechanismus der Reibungseffekte auf den hydrau-lischen Wirkungsgrad einer realen Pelton-Turbine dar. Dabei wird die Beschaf-fenheit der Schaufeloberfläche durch den Reibungsbeiwert beschrieben. DieLänge des Strömungsweges ist durch S gegeben. Schließlich ist der Einflussdes Wasserstrahls durch den Strahldurchmesser erfasst worden. Nach der beiGl. (9.15) gemachten Abschätzung der Reibungszahl zu cw2,N = 0.2 für denNennbetrieb wird ein Verlust im hydraulischen Wirkungsgrad von �ηµ = 5%erwartet. Ein Verlust in dieser Größenordnung muss als sehr beträchtlich an-gesehen werden, insbesondere wenn er in Relation zu den in Kapitel 8 be-reits ausführlich beschriebenen Verlusten betrachtet wird. Liegt Teillastbetriebdurch Nadelschließung der Pelton-Düse vor, wird der Wirkungsgradverlust nachGl. (9.42) infolge der Verringerung des Strahldurchmessers noch größer. Das istlogisch, da sich die Reibungsleistung nun auf eine kleinere Strahlleistung be-zieht.Aus Gl. (9.42) ist zu erkennen, dass die Verringerung des hydraulischen Verlus-tes in einer Pelton-Turbine durch eine Reduktion des Reibungsbeiwertes an derSchaufeloberfläche erzielbar ist. Dies dürfte sehr wirksam sein, da sich die Rei-bung an der Schaufeloberfläche als größte Verlustquelle in einer Pelton-Turbinezu bestätigen scheint, wie dies auch bereits von Zhang und Müller (2006b)bzw. Zhang (2007b) festgestellt wurde und in Kapitel 10 noch gezeigt werdenwird.

9.5 Das Theorem der Strömungsreibung

In den vorhergehenden Abschnitten konnte der direkte Reibungseffekt, der auf dieDruckkraft unter dem Wasserfilm wirkende Reibungseffekt sowie der gesamte Rei-bungseffekt mittels des Impulssatzes ausführlich beschrieben werden. Es existiertein klarer Zusammenhang zwischen den drei Ausprägungen der Reibungskraft.Durch einen Vergleich zwischen Gln. (9.20), (9.32) und (9.39) wird folgende Be-ziehung gefunden:

ηh = ηd +ηp (9.43)

wobei die Integrationsteile in Gln. (9.20) und (9.31) aufgrund von dcw = cf/h · dssich aufheben.

Die in Gl. (9.43) dargestellte Beziehung kann auch in Form des Wirkungsgrad-verlustes wiedergeben werden. Die in Abschnitt 9.2 berechnete direkte Reibungs-leistung ist bei Pelton-Turbinen stets negativ. Das bedeutet, dass die Reibungskrafteinen direkten Wirkungsgradverlust bewirkt, der in der Form�ηd = −ηd angegeben

Page 161: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

148 9 Reibungseffekte und FFT-Theorem

wird. Aus Gln. (9.20), (9.33) und (9.40) erhält man dann die folgende Beziehung:

�ηµ =�ηd +�ηp (9.44)

Der in Gl. (9.43) bzw. (9.44) dargestellte Zusammenhang wird als Theorem derStrömungsreibung der Pelton-Turbine bezeichnet, wie sie bereits von Zhang (2007b)als „Flow Friction Theorem (FFT)“ bezeichnet wurde.

Eine weitergehende Betrachtung der Reibungseffekte und ein Zahlenbeispielwerden im nächsten Kapitel gezeigt.

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Kapitel 10Reibungsbehaftete Querströmungdurch die Schaufel

Bei Pelton-Turbinen trifft der Wasserstrahl zum größten Teil annähernd senkrechtauf die Mittelschneide der Schaufel. Diese Strömungsanordnung bedingt, dass dasWasser in der Schaufel der konstanten Umfangsgeschwindigkeit zum Schaufel-austritt folgt und somit die Schaufel quer durchläuft. Da die Relativgeschwindig-keit dann weder von der Zentrifugal- noch von der Coriolis-Kraft beeinflusst wird,konnte im letzten Kapitel der Reibungseinfluss separiert werden. Dabei zeigte sich,dass sowohl die Zentrifugal- als auch die Coriolis-Kraft keine Leistung erbringen.Die Rechenergebnisse des letzten Kapitels werden hier näher betrachtet und quan-tifiziert.

10.1 Kombinierte hydraulische Verluste

Der hydraulische Wirkungsgrad einer Pelton-Turbine unter Einbezug des Reibungs-einflusses ist nach Gl. (9.39) zu berechnen. Daraus kann der hydraulische Verlustberechnet werden als

�ηh = 1−ηh = 1−2km (1− km) (1− cosβ2)− cw2km (1− km)cosβ2 (10.1)

Dieser Verlust wird weiter in zwei Teile unterteilt:

�ηh =�ηDr,0 +�ηµ (10.2)

Dabei sind die Teilverluste jeweils gegeben durch

�ηDr,0 = 1−2km (1− km) (1− cosβ2) (10.3)

und

�ηµ = −cw2km (1− km)cosβ2 (10.4)

Z. Zhang, Freistrahlturbinen 149DOI: 10.1007/978-3-540-70772-1, © Springer 2009

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150 10 Reibungsbehaftete Querströmung durch die Schaufel

Der erste Teilverlust entspricht dem reibungsfreien Drallverlust nach Gl. (8.8). Derzweite Teilverlust ist der reibungsabhängige Verlust, der bereits in Gl. (9.40) ange-geben wurde. Der gesamte Wirkungsgradverlust lässt sich somit als Summe zweierTeilverluste berechnen. Da im Fall der reibungsbehafteten Strömung die Austritts-strömung von der Reibung in der Schaufel abhängt, repräsentiert Gl. (10.3) nicht denrealen Drallverlust. In der Tat ist es auch nicht unbedingt nötig, den realen Drallver-lust zu berechnen, wenn der kombinierte Wirkungsgradverlust bereits aus Gl. (10.2)auf einfache Weise bestimmt werden kann. Um doch einen Einblick in den realenDrallverlust zu haben, wird dieser in Abschnitt 10.2 betrachtet.

Anhand Gl. (9.39) kann festgestellt werden, dass sich der maximale hydraulischeWirkungsgrad bei km = 0.5 ergibt. Nach Abb. 10.1, welche Gln. (10.2), (10.3) und(10.4) grafisch darstellt, sind nur schwache Abhängigkeiten der jeweiligen Verlustevon der Laufzahl auffällig. Insbesondere ist der Verlust�ηµ fast unabhängig von derLaufzahl. Die in der Praxis vorkommenden Betriebseinstellungen mit km = 0.45 bis0.48 sind stets und vorwiegend auf die Koinzidenz- und Symmetriebedingungennach Kapitel 4 sowie auf die Austrittsbedingung nach Kapitel 7 zurückzuführen.

Die in Abb. 10.1 dargestellten Verluste gelten für die Reibungszahl cw2 = 0.2.Diese Reibungszahl wird gemäß Abschnitt 9.2 (Kapitel 9) mit einem Reibungsbei-wert von cf = 0.015 berechnet. Wie bereits dort erwähnt wurde, sind keine Angabenzum Reibungsverhalten in der schießenden Strömung mit Fr > 1 bekannt. Mit derangenommenen Reibungszahl von cw2 = 0.2 ist aus Abb. 10.1 ersichtlich, dass derTeilverlust�ηµ im kombinierten Verlust nach Gl. (10.2) dominiert.

Abb. 10.1 Wirkungsgradverlusteund ihre Bestandteile in einerPelton-Turbine aus Betrach-tung der reibungsbehaftetenStrömung in den rotierendenSchaufeln (cw2 = 0.2)

10.2 Reale Drallverluste

Obwohl die Bestimmung des realen Drallverlustes nach Abschnitt 10.1 für Wir-kungsgradbetrachtung nicht notwendig ist, soll ein Einblick in den realen Drallver-lust gegeben werden. Der reale Drallverlust kann mittels der Änderung der Rela-tivgeschwindigkeit in einer rotierenden Schaufel bestimmt werden. Die Relativströ-mung in der rotierenden Schaufel wurde durch Gl. (9.3) angegeben, deren Integra-

Page 164: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

10.2 Reale Drallverluste 151

tion über dem ganzen Strömungsweg lautet

1

2

(W 2

1 − W 22

)= 1

2

S∫

0

cf1

hW 2 ·ds (10.5)

Es wird hier der Mittelwertsatz der Integration verwendet, sodass sich ergibt:

W 21 − W 2

2 = W 21 + W 2

2

2

S∫

0

cf1

hds = W 2

1 + W 22

2cw2 (10.6)

Dabei geht die Reibungszahl auf die Definition nach Gl. (9.12) zurück.Obige Gleichung kann nach der AustrittsgeschwindigkeitW2 aufgelöst werden:

W 22 = 1− cw2/2

1+ cw2/2W 2

1 = ΦW 21 (10.7)

Für den Fall einer sehr kleinen Reibungszahl cw2/ � 1 ergibt sich Φ ≈ 1 − cw2.Dies ist bereits in Abschnitt 9.1 bzw. bei Gl. (9.13) verwendet worden.

Die Absolutgeschwindigkeit am Schaufelaustritt wird dann berechnet nachAbb. 9.1a in der Form

C22 = W 2

2 +U22 +2U2W2 cosβ2 (10.8)

Zusammen mit Gl. (10.7) wird die Absolutgeschwindigkeit ausgedrückt als

C22 =ΦW 2

1 +U22 +2U2W1

√Φ cosβ2 (10.9)

Wegen U2 = U1 = Um und W1 = C0 −Um sowie km = Um/C0 berechnet sich derreale Drallverlust mit

�ηDr = C22

C20

=Φ (1− km)2 + k2

m +2km√Φ (1− km)cosβ2 (10.10)

Für reibungsfreie Strömung ist Φ = 1. Offensichtlich unterscheidet sich der Drall-verlust bei reibungsbehafteter Strömung vom Drallverlust bei reibungsfreier Strö-mung. Abb. 10.2 zeigt die nach Gl. (10.10) gerechneten Drallverluste an einem Bei-spiel, wobei zum Vergleich jeweils cw2 = 0 und cw2 = 0.2 (siehe Abschnitt 10.1)angenommen wurden. Offensichtlich verschiebt sich die Laufzahl für den minima-len Drallverlust nach unten, wenn eine reale Strömung mit Reibung betrachtet wird.Dies kann auch anhand von Gl. (10.10) bestätigt werden. Unter der gleichen An-nahme cw2 = 0.2, aus der Φ = 0.818 berechnet wird, erhält man die Laufzahl fürden minimalen Drallverlust aus Gl. (10.10) durch d (�ηDr)/dkm = 0 mit

km,min =√Φ

1+√Φ

= 0.475 (10.11)

Obwohl dieses Ergebnis dem realen Betrieb von Pelton-Turbinen sehr gut ent-spricht, soll nicht gefolgert werden, dass die praktische Betriebseinstellung von

Page 165: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

152 10 Reibungsbehaftete Querströmung durch die Schaufel

Abb. 10.2 Drallverlustvergleich zwischen reibungsfreier und -behafteter Querströmung in einerkreisförmigen Pelton-Schaufel, cw2 = 0.2, β2 = 170◦

Pelton-Turbinen bei km ≈ 0.475 dem Zweck der Drallverlustreduktion dient. Wiebereits in Abschnitt 10.1 angedeutet wurde, findet der kombinierte hydraulische Ver-lust sein Minimum stets bei km = 0.5. Dies entspricht wiederum dem Strömungsver-halten bei einer geradlinig bewegten Schaufel. Das ist insofern selbstverständlich,da für die Strömung nach Abb. 9.1 weder Zentrifugal- noch Coriolis-Kraft die Strö-mung beeinflussen. Ferner handelt es sich bei Abb. 10.2 mit km,min = 0.475 nur umeinen mathematischen Extremwert. Tatsächlich ist die Abhängigkeit des Drallver-lustes von der Laufzahl im Bereich von km,min = 0.475 so schwach ausgeprägt, dasssie im praktischen Betrieb von Pelton-Turbinen nicht wahrgenommen werden kann.

Die Berechnung des Drallverlustes nach Gl. (10.10) kann für den Fall cw2/2 � 1vereinfacht werden. Infolge der daraus folgenden Annäherungen Φ ≈ 1 − cw2 und√

1− cw2 ≈ 1− cw2/2 erhält man aus Gln. (10.10) und (10.11) jeweils

�ηDr = 1−2km (1− km)(1− cosβ2)−cw2 (1− km) [1− km (1− cosβ2)] (10.12)

und

km,min = 1− cw2/2

2− cw2/2(10.13)

Für β2 ≈ π ergibt sich

�ηDr = 1− (1− km) [4km + cw2 (1−2km)] (10.14)

Da bei Pelton-Turbinen die Laufzahl km stets nah bei 0.47 liegt und die Reibungs-zahl einen kleinen Wert darstellt, gilt cw2 (1−2km)� 4km. Somit erhält man

�ηDr ≈ 1−4km (1− km) (10.15)

Diese Gleichung entspricht der Gl. (10.3). Das Ergebnis deutet darauf hin, dass derEinfluss der Strömungsreibung auf die Relativgeschwindigkeit und daher letztlichauf den Drallverlust vernachlässigbar ist.

Page 166: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

10.3 Hydraulische Dissipation und Energiebilanz 153

An dieser Stelle soll nun die Bedeutung der Gl. (10.13) hinsichtlich des minima-len Drallverlustes näher erläutert werden. Der minimale Drallverlust soll sich nachAbb. 7.5 offensichtlich ergeben, wenn die Bedingung α2 = π/2 für die Austritts-strömung erfüllt wird. Dementsprechend wird aus Gl. (7.30) für tanα2 = ∞:

km (D2/Dm)(C0/W2)+ cosβ2 = 0 (10.16)

Die Relativgeschwindigkeit W2 am Austritt wird durch W2 = W1

(1− 1

2 cw2

)aus

Gl. (9.13) ersetzt. Mit W1 = C0 (1− km) und für β2 ≈ π sowie D2 = Dm erhält manaus Gl. (10.16)

km = 1− cw2/2

2− cw2/2(10.17)

Diese Gleichung entspricht der Gl. (10.13). Für cw2 = 0.2 ergibt sich km,min = 0.474.

10.3 Hydraulische Dissipation und Energiebilanz

Es soll nun der reibungsabhängige hydraulische Verlust in Pelton-Turbinen nachdem Energieerhaltungssatz näher erläutert werden. Da in der betrachteten Querströ-mung in der Pelton-Schaufel die Änderung der Relativgeschwindigkeit nur durchReibung hervorgerufen wird, kann die von der Strömungsreibung direkt verursach-te spezifische Dissipation aus der Änderung der spezifischen kinetischen Energieberechnet werden:

eDiss = 1

2

(W 2

1 − W 22

)(10.18)

Unter der Berücksichtigung von Gl. (9.13) ergibt sich

eDiss = cw21

2W 2

1 (10.19)

Sie wird auf die spezifische kinetische Energie des Wasserstrahls bezogen. Somiterhält man den entsprechenden Wirkungsgradverlust

�ηDiss = eDiss

C20/2

= cw2W 2

1

C20

(10.20)

Wegen W1 = C0 −Um = C0 (1− km) ist dieser Wirkungsgradverlust als Funktionder Laufzahl darstellbar:

�ηDiss = cw2 (1− km)2 (10.21)

Dieser Wirkungsgradverlust wird als hydraulische Dissipation bezeichnet.

Page 167: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

154 10 Reibungsbehaftete Querströmung durch die Schaufel

In Anbetracht der Gln. (10.1) und (10.12) kann die folgende Bilanzgleichungaufgestellt werden:

�ηDr +�ηDiss = 1−ηh (10.22)

In Abschnitt 10.2 konnte bereits mit Gl. (10.15) die Ähnlichkeit �ηDr ≈ �ηDr,0gezeigt werden. Aus dem Vergleich zwischen Gl. (10.21) und (10.4) ergibt sich fürβ2 ≈ π und km ≈ 0.5 ebenfalls die Ähnlichkeit

�ηµ ≈�ηDiss = cw2/4 (10.23)

Dieser Betrag der reibungsabhängigen Verluste ist bereits in Kapitel 9 bei Gl. (9.41)angegeben worden. Da unter den Bedingungen β2 ≈ π und km ≈ 0.5 der Drall-verlust nach Gl. (10.15) praktisch Null ist, stellt somit Gl. (10.23) den gesamtenhydraulischen Verlust dar. Es bleibt nur noch, die Reibungszahl cw2 nach Gl. (9.15)zu bestimmen. Dies wurde bereits bei Gl. (9.15) für den Nennbetrieb kurz erläutertund wird im nächsten Abschnitt anhand eines Rechenbeispiels weiter veranschau-licht.

10.4 Beispiel zum Einfluss von Reibungseffektenauf den Wirkungsgrad

Das Ausmaß der Reibungseffekte auf den hydraulischen Wirkungsgrad soll nun an-hand eines Beispiels veranschaulicht werden. Der Einfachheit halber wird in diesemBeispiel eine kreisförmige Schaufel mit konstantem Radius rb betrachtet. Die Strö-mungswinkel am Schaufeleintritt und -austritt werden jeweils zu β1 = 0 und β2 = π

festgelegt. Der Ausbreitungsweg des Wasserfilms ist gegeben durch S = π · rb.In Anlehnung an die Konventionen bei hydraulischen Berechnungen einer Pelton-Turbine wird die Schaufelauslastung nach Gl. (1.21) verwendet. Sie ist für die vor-liegende kreisförmige Schaufel entsprechend formuliert als

ϕB = (d0/B)2 = (d0/4rb)2 (10.24)

Unter Verwendung dieses Parameters lässt sich die Reibungszahl nach Gl. (9.15)umformen zu

cw2 = cf

(1+ d2

B√ϕB

)· 1√ϕB

(10.25)

Als Referenz wird der reibungsfreie Wirkungsgrad mit dem Schaufelaustrittswinkelβ2 = π betrachtet. Aus Gl. (9.39) folgt sofort

ηh,0 = 4km (1− km) (10.26)

Page 168: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

10.4 Beispiel zum Einfluss von Reibungseffekten auf den Wirkungsgrad 155

Unter der Anwendung des Parameters ϕB nach Gl. (10.24) werden Gln. (9.24),(9.36) und (9.39) jeweils umgeformt zu

ηd = −ηh,0cf

π2

(d2

B√ϕB

−1

)1√ϕB

(10.27)

ηp = ηh,0

{1− cf

4√ϕB

[d2

B√ϕB

(1− 4

π2

)+(

1+ 4

π2

)]}(10.28)

ηh = ηh,0

[1− cf

4√ϕB

(1+ d2

B√ϕB

)](10.29)

Es lässt sich nachweisen, dass in diesen Darstellungen das FFT-Theorem der Strö-mungsreibung nach Gl. (9.43) erfüllt ist.

Für die Verluste der Wirkungsgrade ergibt sich entsprechend:

�ηd = −ηd = ηh,0cf

π2

(d2

B√ϕB

−1

)1√ϕB

(10.30)

�ηp = ηh,0 −ηp = ηh,0cf

4√ϕB

[d2

B√ϕB

(1− 4

π2

)+(

1+ 4

π2

)](10.31)

und

�ηh = ηh,0 −ηh = ηh,0cf

4√ϕB

(1+ d2

B√ϕB

)(10.32)

Die Verluste sind als Funktion der Schaufelauslastung dargestellt, deren Variati-on der Betriebseinstellung zwischen Nenn- und Teillast entspricht. Ein konkretesBeispiel wird hier betrachtet, bei dem die Wasserfilmbreite am Schaufelaustritt mitd2 = 0.8B und der Reibungsbeiwert mit cf = 0.015 (siehe Abschnitt 9.1) angenom-men werden. Abb. 10.3 zeigt die entsprechenden hydraulischen Verluste in Abhän-gigkeit von der Schaufelauslastung. Aufgrund der weiteren Annahme km = 0.5 gilthier ηh,0 = 1.

Es ist aus der Darstellung ersichtlich, dass die direkte Auswirkung der Reibungauf den Wirkungsgrad gegenüber dem Reibungseffekt, der durch Verminderung des

Abb. 10.3 Wirkungsgradverlusteinfolge der Strömungsrei-bung in kreisförmigenPelton-Schaufeln

Page 169: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

156 10 Reibungsbehaftete Querströmung durch die Schaufel

Drucks unter dem Wasserfilm verursacht wird, sehr klein ist. Ferner nimmt der Wir-kungsgradverlust mit der Verringerung der Schaufelauslastung (Richtung Teillast)zu. Das ist dadurch zu erklären, dass der Leistungsverlust infolge der Strömungsrei-bung bei Teillast auf eine entsprechend kleinere Leistung des Wasserstrahls bezogenist.

Der festgestellte Verlust des hydraulischen Wirkungsgrades infolge der Strö-mungsreibung ist beträchtlich. Insbesondere verdoppelt sich der Verlust, wenn derReibungsbeiwert auf cf = 0.03 steigt. Bei abgenutzten Schaufeln mit angerautenOberflächen steigen der Reibungsbeiwert und somit der hydraulische Verlust deut-lich an. Aus diesen Ergebnissen lässt sich der Schluss ziehen, dass der Wirkungs-gradverlust infolge der Strömungsreibung den Hauptverlust in einer Pelton-Turbinedarstellt. Zum Vergleich beträgt der Drallverlust nach Abb. 8.5 lediglich 1 bis 2%,siehe Kapitel 8. Wie in Kapitel 12 noch gezeigt wird, sind auch die Ventilations-und Radreibungsverluste lediglich in der Größenordnung von weniger als 1%.

Page 170: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

Kapitel 11Reibungsbehaftete Längsströmungdurch die Schaufel

Eine Längsströmung in der rotierenden Schaufel wird angetroffen, wenn der Was-serstrahl nach Abb. 4.16 vom Ausschnitt abgeschnitten wird und sich zur Schau-felwurzel hin ausbreitet. Tatsächlich läuft das Wasser nicht rein radial zur Schau-felwurzel. Das ist nicht nur wegen der geometrischen Schaufelauslegung, sondernauch wegen der Coriolis-Kraft, die stets senkrecht zur Strömungsrichtung wirkt unddaher die Strömrichtung des Wassers ständig verändert. Zur Vereinfachung der Be-rechnung und vor allem zur Darstellung der Strömungsmechanik in solchen Fällenmit angenäherter radialer Strömung wird in diesem Kapitel die reine radiale Strö-mung betrachtet. Weil die Coriolis-Kraft die Bewegung dann nicht beeinflusst, wirddie Bewegung des Wassers in der rotierenden Schaufel nur durch Zentrifugal- undReibungskraft bestimmt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Coriolis-Kraft keineLeistung erbringt. Sobald die Coriolis-Kraft eine Kraftkomponente senkrecht aufdie Schaufeloberfläche hat, wird eine Leistung als Folgerung der Schaufelbewegungerbracht.

11.1 Kinematische Gleichung der Strömungin der rotierenden Schaufel

Unter Berücksichtigung der Einflüsse von Zentrifugal- und Reibungskraft ist dieEnergiegleichung zur Wasserbewegung in einer rotierenden Schaufel bereits durchGl. (9.2) allgemein formuliert worden:

d

(1

2W 2)

= Fct ·ds − cf1

2hW 2 ·ds (9.2)

Der erste Term auf der rechten Seite der Gleichung entspricht Gl. (5.14), deren Be-rechnung zur Gl. (5.17) geführt hat. Somit lässt sich die obige Gleichung integrieren

1

2

(W 2 − W 2

1

)= 1

2ω2(

R2 − R21

)−

s∫

0

cf1

2hW 2 ·ds (11.1)

Z. Zhang, Freistrahlturbinen 157DOI: 10.1007/978-3-540-70772-1, © Springer 2009

Page 171: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

158 11 Reibungsbehaftete Längsströmung durch die Schaufel

Diese Gleichung zeigt explizit, dass die Relativgeschwindigkeit des Wassers in derrotierenden Schaufel sowohl von der lokalen Umfangsgeschwindigkeit der Schau-fel als auch von der Reibung zwischen Wasser und Schaufeloberfläche abhängt. Fürreibungsfreie Strömungen (cf = 0) ergibt sich daraus Gl. (5.18). Auf der anderenSeite reduziert sich die Berechnung nach Gl. (11.1) für die Strömung quer durchdie Schaufel (U = const) auf die Berechnung, die bereits in Kapitel 9 und 10 aus-führlich behandelt wurde. Gl. (11.1) stellt eine rein kinematische Gleichung dar undwird verwendet, um die Strömung in der rotierenden Schaufel zu berechnen. Dazusind einige Zwischenberechnungen für die radiale Position R notwendig. Der Ein-fachheit halber wird eine kreisförmige Schaufel angenommen, deren Krümmungs-radius nach Abb. 11.1 durch rb bezeichnet ist. Die Annahme ist berechtigt, da dasLängsprofil einer Pelton-Schaufel sehr gut durch ein kreisförmiges Profil wiederge-ben werden kann.

Als Ausgangslage wird nach Abb. 11.1a ein Wasserteilchen betrachtet, dessenHöhe gleich der Höhe des Wasserfilms ist. Das Wasserteilchen wird am Schaufel-eintritt durch den Positionswinkel τ = 0 lokalisiert. Die entsprechende Zeit ist mitNull festgelegt. Die zeitabhängige Position des Wasserteilchens in der Schaufel wirdberechnet aus rbdτ = Wdt durch

t =τ∫

0

rb

Wdτ (11.2)

Die Integration ist über dem Positionswinkel τ zu berechnen. Der Grund dafür ist,dass die obere Integrationsgrenze als eine geometrische Größe oft vorgegeben ist.Insbesondere kann aus obiger Integration der Schaufeldrehwinkel direkt mit demPositionswinkel des Wasserteilchens in der Schaufel gekoppelt werden:

�α = ωt = rbω

τ∫

0

1

Wdτ (11.3)

Nach Abb. 11.1b ist mittels des Kosinussatzes die radiale Position des Wasserteil-chens in der Schaufel gegeben durch

R2 = r2b + R2

o −2rbRo cos(ψ − τ) (11.4)

Der Winkel ψ gilt als ein fester Wert, da mit der angenommenen kreisförmigenSchaufel das Krümmungszentrum der Schaufel feststeht. Dieser Winkel kann ausder Bedingung τ = 0 und R = Rc nach Abb. 11.1a berechnet werden mit

cosψ = R2o + r2

b − R2c

2rb Ro(11.5)

Der Relativbewegungswinkel β des Wasserteilchens wird aus dem Kosinussatz be-rechnet mit

Page 172: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

11.1 Kinematische Gleichung der Strömung in der rotierenden Schaufel 159

Abb. 11.1a,b Parameterbezeichnung zur Längsbewegung eines Wasserteilchens durch eine Pel-ton-Schaufel mit kreisförmigen Längsverlauf

cosβ = R2 + r2b − R2

o

2rb R(11.6)

Zur Zeit t = 0 befindet sich das Wasserteilchen am Schaufeleintritt:

cosβ1 = R2c + r2

b − R2o

2rb Rc(11.7)

Der Winkel β1 kennzeichnet den Winkel der Wasserteilchenbewegung am Schau-feleintritt, jedoch schon auf der Schaufel liegend. Der Relativbewegungswinkel desWasserteilchens vor dem Eintritt ist gekennzeichnet durch β0. Da normalerweiseβ1 �= β0 ist, tritt bei Wassereintritt in die Schaufel bekanntlich die Stoßkraft auf, dieeine entsprechende Leistung erbringt und bereits in Abschnitt 4.9 berechnet wur-de. Zur Berechnung der gesamten hydraulischen Leistung muss diese Teilleistungberücksichtigt werden.

Die obigen Gleichungen zeigen lediglich die geometrischen Zusammenhängezwischen den geometrischen Parametern wie R, τ , �α, ψ und β. Die zeit- oderortsabhängige Relativgeschwindigkeit des Wasserteilchens im Wasserfilm wird ausGl. (11.1) bestimmt, aus der sich, unter Berücksichtigung der Beziehung sinβds =−dR längs des Bewegungswegs s, ergibt

1

2

(W 2 − W 2

1

)= 1

2ω2(

R2 − R21

)+

R∫

R1

cfW 2

2h sinβdR (11.8)

Page 173: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

160 11 Reibungsbehaftete Längsströmung durch die Schaufel

Die Wasserfilmhöhe h kann analog zu Kapitel 6 ermittelt werden. Der Relativdurch-fluss des gesamten Wasserstrahls ist nach Gl. (6.5) zu berechnen aus

Qw = 1

4πd2

0 W0x,o (11.9)

Dabei bezieht sich die Geschwindigkeitskomponente W0x ,o auf die Strahlschicht,die auf der Strahlachse liegt. Sie wird berechnet aus W0x ,o = C0 −Um und bleibt füralle Wasserteilchen in der Strahlschicht konstant.

Nach Abb. 11.2 ist die Breite des Wasserfilms in beiden Schaufelhälften durch dbezeichnet. Da der Durchfluss auch durch Qw = hdW zu berechnen ist, ergibt sichbeim Gleichsetzen mit Gl. (11.9) die Wasserfilmhöhe:

h = π

4

d20

d

W0x,o

W(11.10)

Am Schaufeleintritt mit s = 0 ist nach Abb. 11.2 d ≈ d0. Der Vergleich mit Gl. (6.6)lässt einen Unterschied in den Filmhöhen um den Faktor zwei erkennen. Dies liegtdaran, dass im vorliegenden Fall der Wasserstrahl bei Eintreten in die Schaufel eineBreite von d0 für beide Schaufelhälften hat, während für Gl. (6.6) nach Abb. 6.3 dieFilmbreite d0 für jede Schaufelhälfte gilt. Dieser Unterschied muss insbesondereberücksichtigt werden, wenn die Wasserausbreitung in der Schaufel deutlich andersals rein radial erfolgt.

Der Einfachheit halber wird wiederum ein lineares Ausbreiten des Wasserfilmsin beiden Schaufelhälften angenommen, sodass gilt

d = d0 + d2 −d0

Ss (11.11)

Mit d2 wird die Gesamtbreite des Wasserfilms am Schaufelaustritt bezeichnet.Aus der Annahme eines konstanten Reibungsbeiwerts wird Gl. (11.8) weiter ab-

geleitet zu

1

2

(W 2 − W 2

1

)= 1

2ω2(

R2 − R21

)+ 2cf

πd20 W0x,o

R∫

R1

W 3d

sinβdR (11.12)

Abb. 11.2 Längsströmungdes Wassers durch eine Pel-ton-Schaufel

Page 174: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

11.2 Dynamische Gleichungen und Leistungsberechnungen 161

Die Integration kann mittels Summationsberechnungen tabellarisch ausgeführt wer-den. Dies wird in Abschnitt 11.4 anhand eines Rechenbeispiels gezeigt.

11.2 Dynamische Gleichungen und Leistungsberechnungen

Um das dynamische Verhalten der Strömung in der rotierenden Schaufel darzu-stellen, werden Beiträge von der jeweiligen Volumenkräfte und der Reibungskraftquantifiziert. Als Volumenkräfte wirken Zentrifugal- und Coriolis-Kraft mit ihrenKomponenten senkrecht zur Schaufeloberfläche auf die Schaufel. Die Definitionder Zentrifugal- und Coriolis-Kraft findet man jeweils in Gl. (5.1) und (5.2). Eineandere Volumenkraft ist die Kraft in Zusammenhang mit der Änderung der Strö-mungsrichtung längs der Schaufeloberfläche. Da die Änderung der Strömungsrich-tung eine Änderung des Impulsstroms darstellt, wird die damit verbundene Kraftals Impulskraft bezeichnet. Dieser Kraft begegnete man bereits bei Gl. (5.10) sowieGl. (9.25), wo sie als einzige effektive Kraft der Druckkraft unter dem Wasserfilmentgegengesetzt wurde.

Nach Abb. 11.3 mit den dargestellten Kraftvektoren und der Schaufelnorma-le (n) stellt die Summe aller Kraftkomponenten senkrecht zur Schaufeloberflächedie Stützkraft dar. Für die Einheitsmasse gilt somit die spezifische Stützkraft

Fn = W 2

rb− Fct · n − FCo · n (11.13)

Dabei wird rb als Krümmungsradius der Schaufeloberfläche bezeichnet.Die Reibungskraft, die aus der Schubspannung entsteht, wirkt direkt auf die

Schaufel tangential zu deren Oberfläche in Richtung der Strömung. Die in einer

Abb. 11.3 Kräfteverhältnisbei der Längsbewegung einesWasserteilchens in einer kreis-förmigen Pelton-Schaufel.Fct, FCo und Fn wirken aufdas Wasserteilchen; Fd wirktauf die Schaufel

Page 175: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

162 11 Reibungsbehaftete Längsströmung durch die Schaufel

infinitesimalen Reibfläche entstehende Reibungskraft erhält man durch

dFd = cf1

2ρW 2 ·d ·ds (11.14)

Da die Schaufel dreht, verrichten sowohl die normale Stützkraft als auch die Rei-bungskraft an der Schaufeloberfläche mechanische Leistungen. Zu beachten ist,dass die effektive Kraft für die Arbeitsleistung stets die Kraftkomponente in Um-fangsrichtung der Schaufel ist. Die Leistungen, die jeweils durch spezifische Volu-menkräfte und direkte Reibungskraft erbracht werden, berechnen sich aus

e = de

dt= Fn · (−n) · U = −W 2

rbn · U +

(Fct · n

)n · U +

(FCo · n

)n · U (11.15)

und

dPd = cf1

2ρW 2 cosβ ·U ·d ·ds (11.16)

Dabei handelt es sich in Gl. (11.15) um die spezifische Leistung, vergleichbarmit Gl. (5.50), während Gl. (11.16) die infinitesimale Leistung darstellt, die mitGl. (9.16) vergleichbar ist. Um obige Gleichungen weiter zu bearbeiten, müssen siedurch die kinematische Gleichung (11.12) ergänzt werden.

Die Leistungen erhält man aus Integration der Gln. (11.15) und (11.16) mitSchaufeleintritt und -austritt als Grenzwerte. Wie im letzten Abschnitt erwähnt wur-de, leistet die Stoßkraft während des Wasserseintretens in die Schaufel bereits einenBeitrag zu der Arbeitsleistung, die zur gesamten Leistung mitgezählt werden soll.

11.3 Auswirkungen von Strömungskräftenund die hydraulische Dissipation

Um die Vektorberechnungen in Gl. (11.15) durchzuführen, wird ein Koordinaten-system t-n-z nach Abb. 11.3 festgelegt. Dabei weist die z-Koordinate in Richtungder Drehachse des Pelton-Rades. Die entsprechenden Geometrie- und Strömungs-parameter sind schon in Kapitel 5 angegeben worden und werden hier nochmalsangeführt:

n = (0,1,0)

R = (−R sinβ,−R cosβ,0)

ω = (0,0,ω)

U = (ωR cosβ,−ωR sinβ,0)

W = (W,0,0) .

(11.17)

Page 176: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

11.3 Auswirkungen von Strömungskräften und die hydraulische Dissipation 163

11.3.1 Stoßkraft am Schaufeleintritt

Das Eintreten des Wassers in die Schaufel an der Nebenschneide ist normalerweiseimmer mit einer Stoßkraft verbunden, wie dies bereits in Kapitel 4 behandelt wurde.Die entsprechende Leistung und der Teilwirkungsgrad sind jeweils aus Gln. (4.66)und (4.69) zu berechnen. Für die Vollständigkeit der Berechnung im vorliegendenKapitel wird der Teilwirkungsgrad nach Gl. (4.69) in Bezug auf Abb. 4.16 nocheinmal angeführt:

ηSt = 2k2m

W0

Um

Rc

Rm(cosβ0 − cosβ1) (11.18)

Dieser Teilwirkungsgrad gilt als eine Ereignisgröße gegenüber anderen Prozessgrö-ßen, die nur durch Integration berechnet werden können.

11.3.2 Impulskraft in der Schaufel

Die mit der kontinuierlichen Umlenkung der Strömung verbundene Kraft wurde inAbschnitt 11.2 als Impulskraft bezeichnet. Die Arbeit, die im Laufe der Zeit durchdiese Impulskraft geleistet wird, kann aus dem entsprechenden Term in Gl. (11.15)und nach Abb. 11.3 berechnet werden:

eI = −t∫

0

W 2

rbn · Udt =

t∫

0

W 2

rbωR sinβdt (11.19)

Infolge der Beziehung Wdt = ds mit s als Koordinate längs der Strömung sowie derBeziehung sinβds = −dR nach Abb. 11.3 wird Gl. (11.19) umgeformt zu

eI = −ωR∫

R1

W

rbRdR (11.20)

Diese spezifische mechanische Arbeit wird auf die spezifische kinetische Energie12 C2

0 des Wasserstrahls bezogen. Mit der km-Definition nach Gl. (1.18) erhält manden entsprechenden Teilwirkungsgrad aus der Impulskraft in der Schaufel:

ηI = eI

C20/2

= −2k2m

R∫

R1

1

rb

W

Um

R

RmdR (11.21)

Dabei ist nach Abb. 11.1 R1 = Rc die untere Integrationsgrenze. Da die obere Inte-grationsgrenze durch die Variable R angegeben ist, zeigt die obige Gleichung den

Page 177: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

164 11 Reibungsbehaftete Längsströmung durch die Schaufel

Verlauf des Teilwirkungsgrades während des Durchströmens durch die Schaufel.Dies wird unten anhand eines Rechenbeispiels veranschaulicht.

Die Integration kann durch Summation in Zusammenhang mit der kinematischenGleichung (11.12) tabellarisch berechnet werden. Für eine reibungsfreie Strömungin einer kreisförmigen Schaufel reduziert sich die obige Gleichung auf Gl. (5.93).

11.3.3 Zentrifugal-Kraft

Die Zentrifugalkraft ist durch Gl. (5.1) gegeben und beträgt Rω2. Da zwischen derZentrifugalkraft und der Normalen der Schaufeloberfläche nach Abb. 11.3 ein Win-kel π −β gemessen wird, ergibt sich das Vektorprodukt Fct · n = −Rω2 cosβ. DieArbeit, die durch Zentrifugalkraft geleistet wird, wird aus dem entsprechenden Termin Gl. (11.15) berechnet:

ect =t∫

0

(Fct · n

)n · Udt = −ω3

R∫

R1

R2 cosβ1

WdR (11.22)

Dabei werden die Beziehungen Wdt = ds und sinβds = −dR verwendet.Diese spezifische Arbeit wird auf die spezifische kinetische Energie des Was-

serstrahls bezogen. Dadurch und in Anbetracht der km-Definition ergibt sich derentsprechende Teilwirkungsgrad aus der Zentrifugalkraft mit

ηct = −2k2m

R∫

R1

R2

R3m

Um

WcosβdR (11.23)

Wie bei Gl. (11.21) stellt dieser Teilwirkungsgrad eine Prozessgröße dar.

11.3.4 Coriolis-Kraft

Die Coriolis-Kraft ist durch Gl. (5.2) gegeben und beträgt 2ωW . Das entsprechendeVektorprodukt FCo · n wird nach Abb. 11.3 zu −2ωW berechnet. Durch Anwendungvon Gl. (11.17) ergibt sich aus dem entsprechenden Term in Gl. (11.15) die Arbeit,die durch die Coriolis-Kraft geleistet wird, mit

eCo =t∫

0

(FCo · n

)n · Udt = 2ω2

t∫

0

W R sinβdt (11.24)

Page 178: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

11.3 Auswirkungen von Strömungskräften und die hydraulische Dissipation 165

Unter der Berücksichtigung von W sinβ = −Wr = −dR/dt vereinfacht sich dieBerechnung zu

eCo = −2ω2

R∫

R1

RdR (11.25)

Die Integration lautet

eCo = ω2(

R21 − R2

)= U2

1 −U2 (11.26)

In Bezug auf die spezifische kinetische Energie des Wasserstrahls erhält man denentsprechenden Teilwirkungsgrad (mit R1 = Rc)

ηCo = 2k2m

(R2

c

R2m

− R2

R2m

)(11.27)

Es zeigt sich, dass dieser Teilwirkungsgrad unabhängig von dem Weg ist, den dasWasser verfolgt. Er ist auch unabhängig von der Strömungseigenschaft. Somit istGl. (11.27) identisch mit Gl. (5.81) bei reibungsfreier Strömung.

11.3.5 Direkte Reibungskraft

Der direkte Effekt der Strömungsreibung auf die Arbeitsleistung lässt sich ausGl. (11.16) ermitteln:

Pd = cf1

s∫

0

W 2U ·d · cosβds (11.28)

Durch Einsetzen der Beziehung sinβds = −dR ergibt sich

Pd = −cf1

R∫

R1

W 2U · d

tanβdR (11.29)

Da die Wasserfilmbreite d sich nach Abb. 11.2 auf beide Schaufelhälften bezieht,gilt die obige Berechnung für die Reibungsleistung in einer kompletten Pelton-Schaufel. Ferner wurde bereits in Kapitel 6 durch Gl. (6.7) die Anzahl der Schaufeln(2λ) angegeben, die von einem Wasserstrahl gleichzeitig beaufschlagt sind. Unterdiesen Umständen lässt sich der Teilwirkungsgrad aus der Reibungskraft berechnen,indem die entsprechende Leistung auf die Leistung eines Wasserstrahls P0 bezogenwird:

Page 179: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

166 11 Reibungsbehaftete Längsströmung durch die Schaufel

ηd = 2λPd

π/4 ·d20C0 · 1

2ρC20

= − 4cf

πd20

k3m

1− km

1

U3m

R∫

R1

dW 2U

tanβdR (11.30)

Wie noch gezeigt wird, ist dieser Teilwirkungsgrad erwartungsgemäß negativ undvernachlässigbar klein, wenn die Integration mit R = R2 (bis zum Schaufelaustritt)berechnet wird. Ein vergleichbares Ergebnis ist bereits in Kapitel 10 für die Quer-strömung mit U = const erhalten worden.

11.3.6 Hydraulische Dissipation

Die Reibungskraft zwischen Wasserfilm und Schaufeloberfläche ist durchGl. (11.14) definiert worden. Die durch diese Reibungskraft erzeugte infinitesimaleDissipationsrate wird berechnet aus

dEDiss = WdFd = cf1

2ρW 3d ·ds (11.31)

Die Dissipationsrate kann als Funktion des zurückgelegten Strömungswegs in derSchaufel dargestellt werden, indem die obige Integration ermittelt wird:

EDiss = cf1

s∫

0

W 3d ·ds (11.32)

Da die Wasserfilmbreite d sich nach Abb. 11.2 auf beide Schaufelhälften bezieht,gilt die Berechnung für eine komplette Pelton-Schaufel. Ferner stehen nach Ab-schnitt 6.1 bzw. nach Gl. (6.7) stets 2λ Schaufeln unter der Beaufschlagung voneinem Wasserstrahl. Die gesamte Dissipationsrate bei 2λ Schaufeln wird dann aufdie Strahlleistung bezogen. Daraus ergibt sich der dissipative Wirkungsgradverlust

�ηDiss = 2λEDiss

P0= 4cf

πd20

k3m

1− km

1

U3m

s∫

0

W 3d ·ds (11.33)

Aufgrund der Beziehung sinβds = −dR lässt sich die obige Gleichung auch schrei-ben als

�ηDiss = − 4cf

πd20

k3m

1− km

1

U3m

R∫

R1

W 3d

sinβdR (11.34)

Sie stellt hier ebenfalls eine Prozessgröße zwischen Schaufeleintritt und -austrittdar. Für das Durchströmen des Wassers durch die Schaufel wird die obere Integra-tionsgrenze in obigen Gleichungen jeweils durch s = S und R = R2 ersetzt.

Page 180: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

11.4 Beispiel 167

Wird die Breite d des Wasserfilms in Gl. (11.33) durch Gl. (11.10) ersetzt unddie Näherung von cfW 2 ≈ cfW 2

1 nach Gl. (9.7) eingesetzt, so wird aus Gl. (11.33)für das Durchströmen des Wassers durch die Schaufel

�ηDiss = k3m

1− km

W 21

U3m

W0x,o

S∫

0

cf1

hds (11.35)

In Anbetracht der Definition der Reibungszahl nach Gl. (9.12) und aufgrund W0x,o =C0 −Um = C0 (1− km) resultiert aus Gl. (11.35)

�ηDiss = cw2k2m

W 21

U2m

= cw2W 2

1

C20

≈ cw2 (1− km)2 (11.36)

Diese Gleichung ist vergleichbar mit Gl. (10.21).

11.3.7 Gesamtwirkungsgrad

Die Summierung aller Teilwirkungsgrade gibt den hydraulischen Wirkungsgrad deshydraulischen Systems bei rein radialer Strömung gemäß Abb. 11.1:

ηh = ηSt +ηI +ηct +ηCo +ηd (11.37)

Die Differenz dieses hydraulischen Wirkungsgrades zu dem 100%-Wert ergibt dieSumme aus der reibungsabhängigen hydraulischen Dissipation und dem mit derAustrittsströmung verbundenen Drallverlust:

�ηDiss +�ηDr = 1−ηh (11.38)

Wie das unten ausgeführte Rechenbeispiel zeigen wird, stellt �ηDiss den dominan-ten Anteil im Gesamtverlust des betrachteten Strömungsmodells dar.

11.4 Beispiel

Um die Rechenprozesse zur Bestimmung aller Leistungseffekte und Teilwirkungs-grade zu zeigen, wird ein Strömungsmodell mit kreisförmiger Schaufelform inLängsrichtung betrachtet. Dieses Strömungsmodell entspricht annähernd einer rea-len Pelton-Turbine. Die Spezifikationen dieser Turbine sowie des Strömungsmo-dells sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.

Die Berechnung wird durch Tabellenkalkulation durchgeführt, indem beispiels-weise 20 Schritte vom Schaufeleintritt bis zum -austritt definiert werden. Tabel-le 11.2 zeigt entsprechend das Rechenschema für die vorliegenden Berechnun-

Page 181: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

168 11 Reibungsbehaftete Längsströmung durch die Schaufel

Tabelle 11.1 Parameterspezifikation einer Pelton-Turbine und des Strömungsmodells

Spezifische Drehzahl nq 1/s 0.1Laufzahl km – 0.47Schaufelauslastung ϕB = (d0/B)2 – 0.11Schaufelbreite B/Dm – 0.24Strahldurchmesser d0/Dm – 0.08Kreisdurchmesser der Nebenschneide Dc

/Dm - 1.2

Schaufelkrümmungsradius rb/

B – 0.5Schaufelkrümmungszentrum Ro

/Rm – 1.10

Einlaufwinkel β1◦ 56

Schaufelaustrittswinkel β2◦ 173

Winkel ψ nach Gl. (11.5) ◦ 113Reibungsbeiwert cf – 0.015

Tabelle 11.2 Schema zu Strömungsberechnungen in einer kreisförmigen Schaufel nach Abb. 11.1

τ RRm

β dd0

hRm

(WUm

)2�α ηct ηCo ηI ηd ηh

(CC0

)2�ηDiss

0 1.20 0.95 1.00 0.120 1.375 0 0 0 0 0 0.02 0.982 04.5 1.19 1.02 1.06 0.115 1.342 0.01 0.004 0.013 0.040 0.000 0.08 0.924 0.00069 1.17 1.10 1.12 0.111 1.309 0.03 0.007 0.027 0.081 0.000 0.13 0.864 0.0012...

.

.

....

.

.

....

.

.

....

.

.

....

.

.

....

.

.

....

.

.

.

Gln. 11.4 11.6 11.11 11.10 11.12 11.3 11.23 11.27 11.21 11.30 11.37 – 11.34

gen, wobei der Strahlkreisradius (Rm) und die entsprechende Umfangsgeschwin-digkeit (Um) als Bezugsgrößen verwendet werden.

Die Absolutgeschwindigkeit C/C0 wurde an jeder Stelle aus dem entsprechen-den Geschwindigkeitsplan ermittelt.

Die Ergebnisse zur Strömung in der Schaufel sind in Abb. 11.4 dargestellt. DerTeilwirkungsgrad aus der Stoßkraft am Schaufeleintritt lässt sich im Diagramm beiτ = 0 mit ηSt = 2.0% ablesen. Offensichtlich leistet die Zentrifugalkraft bis zumSchaufelaustritt einen negativen und kleinen Beitrag zur Arbeitsleistung. Der direk-te Reibungseffekt auf den hydraulischen Wirkungsgrad ist kleiner als 0.5%. BeimErreichen des Schaufelaustritts (τ = 107◦) wird ein hydraulischer Wirkungsgradvon 98.1% erreicht. Der gesamte hydraulische Verlust beträgt ca. 1.9%. Dazu zäh-len der Drallverlust und die hydraulische Dissipation.

In den ausgeführten tabellarischen Berechnungen wurden auch der Drallverlustsowie der Verlust durch Dissipation bestimmt. Abb. 11.5 zeigt die entsprechendenErgebnisse in Abhängigkeit vom Drehwinkel �α der Schaufel. Bis das Wasser denSchaufelaustritt erreicht, verdreht sich die Schaufel um einen Winkel von ca. 28◦.Der hydraulische Wirkungsgrad ist der gleiche wie in Abb. 11.4. Das Quadrat desGeschwindigkeitsverhältnisses (C/C0)

2 am Schaufelaustritt stellt den Drallverlustim betrachteten hydraulischen System dar. Wie aus Berechnungen hervorgeht, be-trägt der Drallverlust lediglich 0.37%, während der Verlust aus Dissipation bei 1.5%liegt. Zusammen ist der Wirkungsgradverlust 1.9%. Dieses Ergebnis bestätigt zu-

Page 182: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

11.4 Beispiel 169

Abb. 11.4 Beispiel zu Teil- und Gesamtwirkungsgraden von einem Strömungssystem nachAbb. 11.3. Parameterspezifikation gemäß Tabelle 11.1

Abb. 11.5 Beispiel zu Verläufen des Gesamtwirkungsgrades, der Absolutgeschwindigkeit und derreibungsabhängigen Dissipation in einem Strömungssystem nach Abb. 11.3

gleich die Beziehung nach Gl. (11.38). Aus Berechnungen mit dem angegebenenReibungsbeiwert wurde die Reibungszahl mit cw2 = 0.076 erhalten. Damit wird ausGl. (11.36) der Verlust infolge der Dissipation direkt zum �ηDiss = 2.1% abge-schätzt. Dies stimmt mit dem Wert (1.9%) aus der Integration sehr gut überein.

Das vorgeführte Rechenbeispiel deutet noch mal darauf hin, dass die Reibungzwischen Wasserströmung und Schaufeloberfläche die größte Verlustquelle in einerPelton-Turbine darstellt.

Mit tabellarischen Berechnungen können die Einflüsse aller anderen Parameterwie km, cf, β2, usw. auf die Strömung bzw. den hydraulischen Wirkungsgrad auf ein-fache Weise untersucht werden. Es wurde z. B. in den beiliegenden Berechnungenfestgestellt, dass der Drallverlust sehr schwach von der Strömungsreibung abhängt.Diese Erkenntnis wurde bereits in Kapitel 10 durch Gl. (10.15) aufgezeigt.

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Kapitel 12Ventilations- und Radreibungsverluste

Ventilations- und Radreibungsverluste werden auch als innere mechanische Verlustebezeichnet. Sie entstehen dadurch, dass die Luft um das Pelton-Rad ununterbrochenzum Zirkulieren angeregt wird und die Drehung des Pelton-Rades durch die Luftrei-bung an der Radoberfläche gebremst wird. Die entsprechende Förderleistung für dieLuftzirkulation und die Leistung zur Überwindung der Reibungskraft zählen somitzu den mechanischen Verlustleistungen in einer Pelton-Turbine. In der Realität sinddie beiden Verluste so eng miteinander gekoppelt, dass sie nicht separat voneinan-der behandelt werden können. Da diese Verlustleistungen von der Gestaltung desTurbinengehäuses, der Raddimension und -drehzahl abhängen, ist ihre genaue Be-rechnung nicht möglich. Insbesondere kommt dem mit Spritzwasser angereichertenLuftgemisch eine besondere Rolle zu, da hierdurch die mittlere Dichte der zirkulie-renden Nassluft beeinflusst wird.

Das einfachste Modell, bei dem Ventilations- und Radreibungsverluste auftreten,ist eine unverschalte Drehscheibe in Luft. Aus Angaben, z. B. nach Dubs (1954),basierend auf früheren Erfahrungen, sowie nach IEC60041 (1991) werden die be-trachteten Verluste berechnet mit

PVR = 75.6n3D5(

1+1.8B

D

)·10−3 (W) (12.1)

Mit B und D sind hier die Scheibendicke bzw. der -durchmesser bezeichnet. Beider Drehzahl n ist die Einheit 1/s zu verwenden. Der Klammerausdruck berück-sichtigt die gesamten freien Oberflächen der Drehscheibe. Es ist auffällig, dass dieVentilations- und Radreibungsverluste von der 3. Potenz der Drehzahl und der 5. Po-tenz des Raddurchmessers abhängen. Diese Gesetzmäßigkeit bedeutet aus dem Di-mensionsvergleich nichts anderes als, dass der Zahlenfaktor in Gl. (12.1) die Dimen-sion der spezifischen Dichte (kg/m3) hat. Daraus wird klar, dass diese Gleichungstreng genommen nur für eine mittlere spezifische Dichte der Umgebungsluft gilt.

Die aufgezeigte Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit der Drehzahl und demScheibendurchmesser hat sich in der Praxis auch allgemein bewährt. Sie wird z. B.

Z. Zhang, Freistrahlturbinen 171DOI: 10.1007/978-3-540-70772-1, © Springer 2009

Page 185: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

172 12 Ventilations- und Radreibungsverluste

auch zur Bestimmung der Radreibungsverluste beim Radseitenraum in anderenStrömungsmaschinen verwendet (Pfleiderer 1986).

Bei Pelton-Turbinen handelt es sich um ein beschaufeltes Rad in einem geschlos-senen Raum. Wegen der Beschaufelung des Rades werden die Ventilations- undRadreibungsverluste deutlich höher als bei einer einfachen Drehscheibe. Da dieVentilations- und Radreibungsverluste bei einer Pelton-Turbine von der Gestaltungdes Gehäuses abhängen, muss zwischen horizontalen und vertikalen Auslegungenvon Pelton-Rädern unterschieden werden (Gerber 1956). Ferner handelt es sich beiPelton-Turbinen stets um die Nassluft, die in der Tat eine Mischung von Luft undSpritzwasser darstellt und somit von Fall zu Fall unterschiedliche Dichte aufweisenkann.

12.1 Pelton-Turbinen mit horizontaler Achse

Für Pelton-Turbinen mit horizontalen Drehachsen sind die charakteristischen Ge-staltungsparameter in Abb. 12.1 dargestellt. Die Leistung, die zur Überwindung derVentilations- und Radreibungsverluste benötigt wird, ist nach IEC60041 (1991) mitfolgender Gleichung zu berechnen:

PVR = 15n3D5(

Ba

D

)1/4( Bio

D

)3/4( Biu

D

)5/4( Rio

D

)7/4

(W) (12.2)

Abb. 12.1 Parameterdefinition für die Berechnung der Ventilations- und Radreibungsverluste ineiner horizontalen Pelton-Turbine nach IEC 60041 (1991)

Page 186: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

12.1 Pelton-Turbinen mit horizontaler Achse 173

Neben der gleichen Gesetzmäßigkeit wie in Gl. (12.1) sind hier die Einflüsse derGehäuseparameter auf die Verluste berücksichtigt. Bei der Drehzahl n ist wiederumdie Einheit 1/s zu verwenden. Für eine gegebene Pelton-Turbine wird Gl. (12.2)vereinfacht dargestellt mit

PVR = a ·n3 D5 (W) (12.3)

Dabei gilt a als eine Konstante, die die Lufteigenschaft und Gestaltung des Turbi-nengehäuses kombiniert und die Dimension kg/m3 aufweist.

Zum Vergleich mit Gl. (12.1) wird hier ein Zahlenbeispiel betrachtet. Für einTurbinengehäuse mit Ba/D = 0.2, Bio/D = 0.3, Biu/D = 1 und Rio/D = 0.6 ergibtsich aus Gl. (12.2):

PVR = 1.7n3D5 (W) (12.4)

Die Ventilations- und Radreibungsverluste bei einer Pelton-Turbine sind in diesemBeispiel ca. 16-mal größer als bei einer vergleichbaren Drehscheibe in der Luft.Dies ist nicht nur wegen der Verschalung, sondern vorwiegend wegen der Beschau-felung des Pelton-Rades so. Es soll darauf hingewiesen werden, dass Gl. (12.2)nur für eine mittlere spezifische Dichte der Nassluft gilt und somit lediglich ei-ne beschränkte Genauigkeit in der Größenordnung von ±50% zu erwarten ist. DieGültigkeit für nur eine mittlere spezifische Dichte ist aus dem Dimensionsvergleichersichtlich. Die genauen Ventilations- und Radreibungsverluste sind von der Anla-gengestaltung direkt abhängig und können z. B. durch sogenannte Auslaufversuchedirekt bestimmt werden. Darauf geht Abschnitt 12.3 näher ein.

Die Größenordnung der Ventilations- und Radreibungsverluste soll nun behan-delt werden. Dafür wird der entsprechende Verlust auf die Nennleistung der Pelton-Turbine P0,N = ZρgH QD, mit Z als die Düsenzahl, bezogen:

�ηVR = PVR

P0,N= a

ρZ

n3D5

gH QD(12.5)

Für weitere Betrachtungen wird D ≈ Dc angenommen (Dc siehe Abb. 1.4 und 1.5).Es gilt mit der Nenndrehzahl nN der folgende Ausdruck:

n3N D5

gH QD= 22.5g1.5

π5

(πnN Dm√

2gH

)5(

H 3/4

nN

√QD

)2D5

c

D5m

(12.6)

Unter der Berücksichtigung der Gl. (1.31) für Dc/Dm zum Nennbetrieb sowie denDefinitionen jeweils für km nach Gl. (1.18) und nq nach Gl. (1.22) erhält man ausobiger Gleichung

n3N D5

gH QD= 0.57k5

m

(1+2nq

)5 1

n2q

(12.7)

Page 187: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

174 12 Ventilations- und Radreibungsverluste

Dementsprechend wird der Wirkungsgradverlust nach Gl. (12.5) für ρ= 1000kg/m3

und mit n als eine Variable dargestellt durch

�ηVR = 0.57 ·10−3 a

Zk5

m

(1+2nq

)5 1

n2q

n3

n3N

(12.8)

bzw. allgemein für km = 0.47 durch

�ηVR = 1.3 ·10−5 a

Z

(1+2nq

)5 1

n2q

n3

n3N

(12.9)

Es wird hier die dimensionslose Ventilationszahl eingeführt, die folgendermaßendefiniert wird:

Vn = g1.5

(1+2nq

)5

n2q

(12.10)

Der entsprechende Verlust wird dann ausgedrückt mit

�ηVR = 4.2 ·10−7Vna

Z

n3

n3N

(12.11)

bzw. im Fall der Nenndrehzahl und für eindüsige Turbinen:

�ηVR,N = 4.2 ·10−7aVn (12.12)

Die Ventilationszahl ist gemäß ihrer Definition eine Funktion der spezifischen Dreh-zahl, wie in Abb. 12.2 gezeigt ist. Es soll erwähnt werden, dass Gl. (12.11) keinevollständige Abhängigkeit der Ventilationsverluste von der spezifischen Drehzahlzeigt. Dies liegt daran, dass der Gestaltungsparameter a in Gl. (12.11) von der Ge-

Abb. 12.2 Ventilationszahl in Abhängigkeit von der spezifischen Drehzahl

Page 188: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

12.2 Pelton-Turbinen mit vertikaler Achse 175

staltung des Turbinengehäuses und daher ebenfalls von der spezifischen Drehzahldes Turbinenrades abhängt.

Für eine eindüsige Pelton-Turbine beispielsweise mit der spezifischen Drehzahlvon nq = 0.1 und für die Gestaltungskonstante a = 1.7 entsprechend Gl. (12.4)errechnet sich der Verlust infolge der Ventilation und Radreibungen zu

�ηVR = 0.0055 (n/nN)3 (12.13)

Der Verlust beträgt im Nennbetrieb also 0.55%. Bei mehrdüsigen Pelton-Turbinenwird ein derartiger Verlust noch kleiner.

In der obigen Betrachtung sind verschiedene Beziehungen zur spezifischen Dreh-zahl verwendet worden. Da alle diese Beziehungen nur zum Nenndurchfluss ver-wendet werden sollen, gelten die Berechnungen von Gln. (12.8) bis (12.13) nur fürden Betrieb mit Nenndurchfluss. Die entsprechende Verlustleistung errechnet sichsomit aus

PVR =�ηVR P0,N (12.14)

Diese Verlustleistung ist von der Drehzahl, nicht jedoch vom Wasserdurchfluss ab-hängig.

12.2 Pelton-Turbinen mit vertikaler Achse

Für Pelton-Turbinen mit vertikalen Drehachsen sind die charakteristischen Gestal-tungsparameter in Abb. 12.3 dargestellt. Die Leistung, die zur Überwindung derVentilations- und Radreibungsverluste benötigt wird, ist aus folgender Gleichungabzuschätzen (IEC 60041):

PVR = 22 ·n3D5(

Ba

D

)2/3( Bi

D

)4/3( Ri

D

)(12.15)

Sie gilt im Grunde genommen nur für eine mittlere spezifische Dichte der Nassluftim Turbinengehäuse. Für ein verschaltes Turbinen-Rad mit Ba/D = 0.2, Bi/D = 0.3und Ri/D = 1 errechnet sich die Verlustleistung aus Gl. (12.15) mit

PVR = 1.5 ·n3D5 (12.16)

Diese Gleichung ist vergleichbar mit Gl. (12.4), die für Pelton-Turbinen mit ho-rizontaler Drehachse gilt. Für die Berechnung der Wirkungsgradverluste könnenGln. (12.9) und (12.11) direkt verwendet werden. Man braucht lediglich die gelten-de Konstante a zu verwenden.

Zur genauen Bestimmung der Ventilations- und Radreibungsverluste wird dieMethode des sogenannten Auslaufversuches im nächsten Abschnitt erläutert.

Page 189: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

176 12 Ventilations- und Radreibungsverluste

Abb. 12.3 Parameterdefinition für die Berechnung der Ventilations- und Radreibungsverluste ineiner vertikalen Pelton-Turbine nach IEC 60041 (1991)

12.3 Auslaufversuch

Wie aus obigen Betrachtungen hervorgeht, hängen die Ventilations- und Radrei-bungsverluste sowohl von der Gestaltung des Turbinengehäuses als auch von derGeometrie des Pelton-Rades ab. Da die spezifische Dichte der Nassluft in Berech-nungen nicht individuell berücksichtigt wird, können die Ventilations- und Radrei-bungsverluste fast in keinem Fall genau berechnet werden. Zur genauen Bestim-mung der Ventilations- und Radreibungsverluste hat sich der sogenannte Auslauf-versuch als besonders gut geeignet herausgestellt. Dabei wird auch der mechanischeVerlust aufgrund der Lagerreibung mit bestimmt. In der Tat bilden Ventilations- undRadreibungsverluste zusammen mit dem Lagerreibungsverlust den gesamten me-chanischen Verlust einer Pelton-Turbine. Da der Lagerreibungsverlust sich mit derDrehzahl anders verhält (Kapitel 13) als die Ventilations- und Radreibungsverluste,kann er aus dem Auslaufversuch separat bestimmt werden. Es wird hier das Prinzipdes Auslaufversuches zur experimentellen Bestimmung der mechanischen Verlustegezeigt, während auf den Lagerreibungsverlust in Kapitel 13 noch näher eingegan-gen wird.

Der Auslauf des Pelton-Rades startet, wenn alle Wasserstrahlen der Pelton-Turbine abgelenkt werden und die Last auf der Seite des Generators abgeworfenwird. Die Drehung des Pelton-Rades verlangsamt sich aufgrund der Bremseffekteder Ventilation, Rad- und Lagerreibungen. Man führt einen Auslaufversuch durch,indem die zeitabhängige Drehzahl des Pelton-Rades in der Form n = f (t) ge-messen wird. Werden das Massenträgheitsmoment des Rotationssystems (Pelton-Rad, Welle, Rotor des Generators) durch J und die Bremsenmomente jeweils von

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12.3 Auslaufversuch 177

Ventilations- und Lagerreibung durch MVR und MLR bezeichnet, so ist nach demDrehimpulssatz:

Jdn

dt= MVR + MLR (12.17)

Das Bremsmoment MVR bezüglich Ventilation und Radreibung kann aus Gl. (12.4)bzw. (12.16) proportional zum Quadrat der Drehzahl gesetzt werden, sodass gilt

MVR = KVR

2πn2 (12.18)

Zur Bestimmung des Lagerreibungsmoments MLR werden hydrodynamische Gleit-lager angenommen, die bei Pelton-Turbinen oft zum Einsatz kommen. Dafür kannz. B. nach Angaben gemäß Kapitel 13 folgender Ansatz für Schwerlastbereich ge-troffen werden:

MLR = KLR

2πn0.5 (12.19)

Somit ergibt sich aus Gl. (12.17)

dn

dt= KVR

2π Jn2 + KLR

2π Jn0.5 (12.20)

Sobald der Drehzahlverlauf aus dem Auslaufversuch gemessen wird, kann dieFunktion dn

dt = f (n) gebildet und dargestellt werden. Die Darstellungen werdendann durch Funktion nach Gl. (12.20) angenähert. Daraus können zwei KonstantenKVR/J und KLR/J bestimmt werden. Ein derartiger Versuch wurde bereits vonTaygun (1946) durchgeführt. Dabei wurde die Lösung der Differentialgleichung(12.20) auch angegeben. Um die Konstanten KVR und KLR zu bestimmen, mussdas Massenträgheitsmoment bekannt sein.

Im Fall, dass infolge der Lagerart und des Betriebsverhaltens der Gleitlager derExponent in Gl. (12.19) nicht einfach zu 0.5 angenommen werden kann, empfiehltes sich, durch präzise Auswertungen des Auslaufversuchs den bestgeeigneten Expo-nenten zu bestimmen. Bei Bedarf können der Auslaufkurve n = f (t) verschiedeneGesetzmäßigkeiten hinsichtlich der exponentiellen Funktion im Lagerreibungsver-lust zugeordnet werden.

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Kapitel 13Leistungsverlust durch Lagerreibungen

Bei Pelton-Turbinen werden fast ausschließlich Gleitlager verschiedenster Kon-struktionen verwendet. Je nach der Bauart von Pelton-Turbinen unterscheidet manRadiallager für Querkräfte bei Horizontalturbinen und Axiallager für Längskräf-te bei Vertikalturbinen. Die zur Anwendung kommenden Gleitlager bei Pelton-Turbinen sind hydrodynamisch geschmiert. Hydrodynamische Gleitlager funktio-nieren nach dem Prinzip des Schmierkeils, der zwischen gleitenden Flächen selb-ständig entsteht und seine Tragfähigkeit durch den Druckaufbau erreicht. Dadurchwerden sowohl die Reibung als auch der Verschleiß auf ein Minimum reduziert.Gegenüber den Wälzlagern sind hydrodynamisch geschmierte Gleitlager auch beigroßer Last einsetzbar, haben lange Lebensdauer und laufen ruhiger. Die Tragfähig-keit von hydrodynamischen Gleitlagern hängt vom Druckaufbau im Schmierfilmund daher stark von der Betriebsdrehzahl und von der Schmierung ab. An dieserStelle sei auf die detaillierte Beschreibung der hydrodynamischen Schmiertheoriein der Fachliteratur für Maschinenelemente, z. B. von Decker (2007) und Haberhau-er (2007), hingewiesen.

Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Vorhaben werden nur Reibleistungenin hydrodynamisch geschmierten Gleitlagern näher betrachtet. Die Reibungskraft ineinem Gleitlager ist nach dem Reibungsgesetz proportional der Belastungskraft:

FLR = μFN (13.1)

Entsprechend ist die Reibleistung gegeben durch Multiplikation der Reibungskraftmit der Gleitgeschwindigkeit:

PLR = μFNu (13.2)

Dabei wirdμ als Reibungskoeffizient bezeichnet. Die gesamten Reibleistungen hän-gen somit nicht nur von den Lagerarten, der Lagerflächenbeschaffenheit sowie denEigenschaften des Schmierstoffs und der Lagertemperatur, sondern auch von denRadial- und Axialbelastungen und der Betriebsdrehzahl ab. Die Abhängigkeit desReibungskoeffizienten von der Betriebsdrehzahl ist durch die Stribeck-Kurve ge-mäß Abb. 13.1 beschrieben. Findet keine Relativbewegung statt, so herrscht Haftrei-

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180 13 Leistungsverlust durch Lagerreibungen

Abb. 13.1 Reibungskoeffizientennach Stribeck (Stribeck-Kurve)

bung bzw. Feststoffreibung. Beim Anfahren und Auslaufen der Maschine befindensich die hydrodynamischen Lager zwangsläufig im Gebiet der Mischreibung. In die-sen Betriebszuständen, in denen Festkörperberührungen auftreten, sind große Reib-werte und starker Verschleiß zu erwarten. Erst ab einer bestimmten Gleitgeschwin-digkeit bzw. Betriebsdrehzahl bildet sich ein Schmierfilm zwischen den gleitendenFlächen. Die hydrodynamische Schmierung in Gleitlagern wird somit erreicht. Siekennzeichnet einen Schmierzustand, auf dem der Betrieb von Gleitlagern bezüglichder Drehzahl abgestimmt werden sollen.

Die im Schmierfilm vorhandene Reibung wird als Gleitreibung oder Flüssig-keitsreibung bezeichnet. Grundsätzlich ist der Verschleiß im Bereich der Flüssig-keitsreibung am geringsten. Der Wiederanstieg des Reibungskoeffizienten mit derDrehzahl ist auf die innere Reibung der Flüssigkeit zurückzuführen, da mit zuneh-mender Geschwindigkeit bzw. Drehzahl die Scherrate des Schmierstoffs zunimmt.Aufgrund dieses Schmierverhaltens wird die Reibleistung bei Flüssigkeitsreibung,gemäß Gl. (13.2), ausgedrückt

PLR = KLRnq (13.3)

Dementsprechend errechnet sich das Reibungsmoment mit

MLR = KLR

2πnq−1 (13.4)

Dabei wird KLR als lagerspezifische Konstante bezeichnet. Sie ist eine Funktionder Lagerart, Lagerbelastung, dynamische Viskosität des Schmierstoffes und derLagertemperatur. Um die Flüssigkeitsreibung zu erreichen, ist bei großer Lagerbe-lastung ein Schmierstoff mit höherer dynamischer Viskosität zu verwenden. DerÜbergang von Mischreibung in die Flüssigkeitsreibung findet bei größerer Drehzahlstatt, je größer die Lagerbelastung ist. Der entsprechende Zusammenhang ist durchdie Sommerfeldzahl (So) gegeben (Decker 2007, Haberhauer 2007). Der Exponentq in Gl. (13.3) hängt ebenfalls von den geometrischen und betrieblichen Eigenschaf-ten hydrodynamischer Gleitlager ab und liegt zwischen 1.5 und 2. Nach Vogelpohl(1967), siehe auch Haberhauer (2007), wird der Exponent q mit 1.5 für Schwerlast-bereich (So> 1) und mit 2 für Schnellaufbereich (So< 1) gesetzt.

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13 Leistungsverlust durch Lagerreibungen 181

Die lagerspezifische Konstante in Gl. (13.3) kann auf experimentellem Weg be-stimmt werden. Ein in der Praxis sehr gut bewährtes Verfahren ist die Methode desAuslaufversuchs, die bereits im letzten Kapitel (Abschnitt 12.3) beschrieben wurde.Dazu braucht man lediglich den Exponenten q vorzugeben. Im Versuch von Taygun(1946) wurde z. B. q = 1.5 angenommen.

Die in Gl. (13.3) dargestellte Abhängigkeit der Reibleistung von der Betriebs-drehzahl wird in Kapitel 16 verwendet, um die reale Durchgangsdrehzahl zu be-stimmen.

Ein weiterer vergleichbarer mechanischer Verlust ist der Reibungsverlust bei al-len Wellendichtungen. Da Wellendichtungen nicht durch Tragkräfte belastet sindund ferner nur sehr kleine Gleitfläche aufweisen, sind die entsprechenden Verlustevernachlässigbar gegenüber den Verlusten von Gleitlagern. Aus diesem Grund wirdim Rahmen des vorliegenden Buches nicht speziell auf die entsprechenden Verlusteeingegangen. Beim sogenannten Auslaufversuch, der bereits in Kapitel 12 beschrie-ben wurde, werden entsprechende Verluste mit den Lagerreibungsverlusten wegender vergleichbaren Gesetzmäßigkeit zusammen erfasst.

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Kapitel 14Hydraulischer und mechanischer Wirkungsgrad

14.1 Hydraulischer Wirkungsgrad

Der Ausgangspunkt zur Bestimmung des hydraulischen Wirkungsgrades einer Pel-ton-Turbine ist Gl. (1.40) in Kapitel 1. Diese Gleichung wurde von der Gleichungfür die reibungsfreie Strömung in der Schaufel mit geradliniger Bewegung direktübernommen und berücksichtigt nur den mit dem Austrittsdrall verbundenen Aus-trittsverlust. Da der Wirkungsgrad dort mit einer konstanten Laufzahl berechnetwird und in der Tat jedes Wasserteilchen ein eigenes Interaktionsverhältnis zurSchaufel hat, gilt die Berechnung als eine Annäherung. Ihr Vergleich mit Rechen-ergebnissen aus dem sogenannten Strahlschichtverfahren (Abschnitt 5.2.2) zeigteeinen Unterschied von lediglich 0.2% (Abb. 8.5). Das bedeutendste Merkmal inPelton-Turbinen ist, dass der beste Wirkungsgrad bei der Laufzahl von km = 0.45 bis0.48 anstatt bei km = 0.5 liegt. Offenbar bedarf die Berechnung des Wirkungsgra-des nach Gl. (1.40) einer Modifikation. Wenn der beste Wirkungsgrad einer Pelton-Turbine beim Nennbetrieb mit der Laufzahl km,N zu finden ist, dann dürfte Gl. (1.40)für die kleine Variation der Laufzahl z. B. infolge der Fallhöhenschwankungen nachZhang (2007a) modifiziert werden zu

ηh = Ph

P0= km

km,N

(1−0.5

km

km,N

)(1− cosβ2) (14.1)

Die Gesetzmäßigkeit des Wirkungsgrades in Abhängigkeit von der Laufzahl bleibterhalten. Der hydraulische Wirkungsgrad in dieser Form gilt nur für die reibungs-freie Strömung und berücksichtigt nach wie vor nur den Drallverlust (Kapitel 8).Der Einfluss der Reibung auf den Wirkungsgrad wurde bereits in Kapitel 9, 10 und11 eingehend untersucht. Analog zu Gl. (14.1) wird Gl. (9.39) entsprechend modi-fiziert zu

ηh = km

km,N

(1−0.5

km

km,N

)(1− cosβ2 + 1

2cw2 cosβ2

)(14.2)

Der hydraulische Wirkungsgrad in dieser Form ist grundsätzlich komplett. Nebendem Austrittsverlust ist auch der Reibungsverlust berücksichtigt. Ferner ergibt sich

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184 14 Hydraulischer und mechanischer Wirkungsgrad

der maximale Wirkungsgrad bei der Nennlaufzahl km,N, die dem Realbetrieb einerPelton-Turbine entspricht. Zu beachten ist, dass nach Gl. (14.2) die Abhängigkeitdes Wirkungsgrades von der Laufzahl nur für einen kleinen Variationsbereich derLaufzahl gilt. Die reale Wirkungsgradkennlinie in Funktion der Laufzahl im ganzenVariationsbereich bis zur Durchgangsdrehzahl wird in Kapitel 15 angegeben.

Der hydraulische Wirkungsgrad nach Gl. (14.2) bezieht sich auf die Leistungdes Wasserstrahls. Wenn der Wirkungsgrad sich auf die Nettofallhöhe vor der Dü-se beziehen soll, muss Gl. (14.2) noch mit dem Düsenwirkungsgrad multipliziertwerden.

14.2 Mechanischer Wirkungsgrad

Der mechanische Wirkungsgrad betrifft die Leistungsübertragung vom Turbinen-rad auf die Welle, an deren Ende sich der Rotor des elektrischen Generators be-findet. Die möglichen Widerstände in der Leistungsübertragung sind Ventilationund Radreibungen im Turbinengehäuse sowie Reibungen an den Wellenlagern undDichtungen. Die entsprechenden Verluste sind bereits in den Kapitel 12 und 13 be-handelt worden. Dabei handelt es sich bei den Wellenlagern, die bei Pelton-Turbinenzum Einsatz kommen, um hydrodynamische Gleitlager. Eine allgemeine Eigen-schaft der mechanischen Verluste ist die Abhängigkeit von der Drehgeschwindigkeitder Welle, wobei nach Kapitel 12 und 13 es unterschiedliche Gesetzmäßigkeitengibt:

�ηVR = KVRn3

P0(14.3)

für Ventilations- und Radreibungsverluste und

�ηLR = KLRnq

P0(14.4)

für Lagerreibungsverlust.Dabei gilt P0 als hydraulische Leistung der gesamten Wasserstrahlen. Der Expo-

nent q in Gl. (14.4) erreicht gemäß Kapitel 13 einen Wert zwischen 1.5 und 2, ab-hängig von den geometrischen und betrieblichen Eigenschaften hydrodynamischerGleitlager. Mit der Drehzahl als Variable geben die beiden Gleichungen mechani-sche Verlustkennlinien wieder. Offensichtlich werden die Verluste im mechanischenWirkungsgrad größer, wenn die Turbinen mit Teillast betrieben werden. Aus diesemGrund ist es oft vorteilhaft, von der mechanischen Verlustleistung zu sprechen, dielediglich von der Drehzahl jedoch nicht von der Betriebseinstellung abhängig ist.

Ausgehend von Gln. (14.3) und (14.4) wird der mechanische Wirkungsgrad be-rechnet mit

ηm = 1−�ηVR −�ηLR (14.5)

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Kapitel 15Reale hydraulische Wirkungsgradkennlinien

Der hydraulische Wirkungsgrad, der nach Gl. (14.1) bzw. (14.2) zu berechnen ist,repräsentiert den Wirkungsgrad in Abhängigkeit von der Laufzahl in einem kleinenVariationsbereich um den Auslegungswert. Unter Umständen kann die Berechnungauch als gültig bis zur Laufzahl gleich Null verwendet werden, wenn eine gewisseUngenauigkeit zulässig ist und eine qualitative Aussage über den Einfluss der Lauf-zahl gemacht werden soll. Die Gültigkeit der Berechnung ist jedoch nach oben da-durch begrenzt, dass ab einer bestimmten Laufzahl das Wasser teilweise die Pelton-Schaufeln durchschleusen kann, ohne seine Energie an die Schaufeln abzugeben.Dieses Geschehnis verzerrt die Wirkungsgradkennlinie gegenüber der gerechnetenKennlinie nach Gl. (14.2). Die Laufzahl, bei der das Durchschleusen des erstenWassertropfens auftritt und dadurch die Gültigkeit von Gl. (14.2) aussetzt, wird alsuntere kritische Laufzahl bezeichnet. Die obere kritische Laufzahl ist erreicht, wennzum ersten Mal in allen Strahlschichten das Durchschleusen des Wassers auftritt.Unter der Berücksichtigung des teilweise aufgetretenen Durchschleusens von Was-ser soll in diesem Kapitel die reale hydraulische Kennlinie einer Pelton-Turbine imoberen Bereich der Laufzahl berechnet werden.

15.1 Kritische Laufzahl

Wegen der periodischen Interaktion zwischen Wasserstrahl und drehenden Pelton-Schaufeln wird hier nur eine Schaufel betrachtet. Ihre Schneide am Schaufelaus-schnitt (als Nebenschneide bezeichnet) befindet sich auf dem Radius Rc. Wie inAbb. 4.3 veranschaulicht, beginnt die Schaufel bei der Schaufelstellung αa den Was-serstrahl abzuschneiden. Die Menge des Wassers, die in eine Schaufel eintritt, istdurch das Strahlstück abcd bezeichnet worden. Nach Gl. (4.14) ist die Länge diesesStrahlstücks gegeben durch

s = 1

km· 2π

NRm (15.1)

Dabei bezeichnet N die Schaufelzahl eines Pelton-Rades.

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186 15 Reale hydraulische Wirkungsgradkennlinien

Abb. 15.1 Positionsverhältnis des Wasserstrahls zu Pelton-Schaufeln

Nach Abb. 15.1 wird eine Strahlschicht der Dicke dy in einem Abstand y zurStrahlachse betrachtet. Diese Strahlschicht erreicht die Schaufel bei der Schaufel-stellung αy (Position 1) und beginnt in die Schaufel einzutreten. Unter der normalenBetriebsbedingung kann diese Strahlschicht vollständig in die Schaufel eintreten,bevor die Schaufel zur Position 2 wechselt. Wenn das Pelton-Rad sich mit einerGeschwindigkeit dreht, die hinreichend höher als im Normalfall ist, dann könntees passieren, dass ein Teil des Wassers der betrachteten Strahlschicht dem Eintrittin die drehende Schaufel ausweicht. Dieses Geschehen wird als Durchschleusendes Wasserstrahls bezeichnet. Als kritische Drehgeschwindigkeit des Pelton-Radeswird diejenige Geschwindigkeit bezeichnet, bei der der letzte Wassertropfen in ei-ner Strahlschicht gerade bei der Schaufelposition 2 in die Schaufel eintritt. Für diebetrachtete Strahlschicht bei y ist die entsprechende Bedingung formuliert mit

s +2Rc sinαy = C0 · ty (15.2)

Dabei ist die Interaktionszeit zu ty = 2αy/ω gegeben, mit ω als Winkelgeschwin-digkeit des Pelton-Rades. Zusammen mit Gln. (1.18) und (15.1) kann die kritischeLaufzahl für die betrachtete Strahlschicht aus Gl. (15.2) berechnet werden.

km,c = αy −π/N

sinαy

Rm

Rc(15.3)

Diese kritische Laufzahl ändert sich von Schicht zu Schicht quer durch den Wasser-strahl. Aufgrund der Beziehung Rm + y = Rc cosαy d. h. αy = f (y) ist die kritischeLaufzahl in obiger Gleichung eine Funktion von y, die die Strahlschicht angibt. Dieentsprechende Abhängigkeit ist in Abb. 15.2 für ein konkretes Pelton-Rad darge-stellt worden. Offensichtlich ist die untere kritische Laufzahl bei der Strahlschichty/d0 = 0.5 zu finden. Mit der entsprechenden Schaufelstellung αb wird diese unterekritische Laufzahl berechnet mit

km,c = αb −π/N

sinαb

Rm

Rc(15.4)

Page 200: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

15.1 Kritische Laufzahl 187

Abb. 15.2 Kritische Laufzahl eines Pelton-Rades in Bezug auf einzelne Strahlschichten

Diesbezüglich ist die kritische Laufzahl auch eine Funktion der Schaufelzahl. DieGleichung kann daher zur Bestimmung der Mindestschaufelzahl verwendet werden,wenn zur Auslegung der Pelton-Turbine die Laufzahl vorgegeben ist. Aus Gl. (15.4)folgt dementsprechend

Nmin = π

αb − kmRc/Rm · sinαb= π

αb −Uc/C0 · sinαb(15.5)

Diese Bestimmungsgleichung für die Mindestschaufelzahl ist bereits in Ab-schnitt 4.2 bei Gl. (4.7) gezeigt worden. Da in der praktischen Auslegung vonPelton-Turbinen die Schaufelzahl deutlich höher als minimal notwendig ist, sieheAbschnitt 4.5, wird das Durchschleusen des Wassers im Nennbetrieb nicht auftreten.

Die obere kritische Laufzahl wird erhalten, wenn die Strahlschicht bei y/d0 =−0.5 aus Abb. 15.2 betrachtet wird. Der Bereich zwischen unterer und oberer kriti-scher Laufzahl wird als kritischer oder Übergangsbereich bezeichnet und muss spe-ziell betrachtet werden, wenn die reale Wirkungsgradkennlinie im oberen Bereichder Laufzahl berechnet wird.

Obwohl das Durchschleusen des Wassers bei der äußersten Strahlschicht y/d0 =0.5 beginnt, ist das Ausmaß des Durchschleusens noch gering, denn die Strahl-schicht am Strahlrand besitzt lediglich ein kleines Segment des Strahlquerschnitts.Aus diesem Grund und für praktische Anwendungen wird die mittlere kritischeLaufzahl, die sich auf die mittlere Strahlschicht auf der Strahlachse bezieht, als kri-tische Laufzahl des gesamten Wasserstrahls bezeichnet. Somit wird aus Gl. (15.3)mit y = 0 und unter der Berücksichtigung von cosαo = Rm

/Rc

km,c = αo −π/N

tanαo(15.6)

Page 201: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

188 15 Reale hydraulische Wirkungsgradkennlinien

Dabei bezeichnet αo die Schaufelstellung, bei der die Schaufelschneide auf demRadius Rc die Strahlschicht auf der Strahlachse (y = 0) abschneidet (entspricht derSchaufelstellung αo1 in Abb. 4.7).

Da der Schaufelstellungswinkel αo nach Gl. (1.30) eine Funktion der spezifi-schen Drehzahl ist, wird Gl. (15.6) dementsprechend auch als Funktion der spezifi-schen Drehzahl dargestellt:

km,c = 1

2

(arccos

1

1+2nq− π

N

)1

√nq(1+nq

) (15.7)

Infolge km,c = πDmnc/C0 und der Betriebslaufzahl km,Be = πDmnN/C0 wird dieentsprechende kritische Drehzahl berechnet mit

nc = km,cnN/km,Be (15.8)

15.2 Reaktionsgrad des Wasserstrahls

Wenn die Drehgeschwindigkeit des Pelton-Rades soweit steigt, dass die kritischeLaufzahl erreich wird, dann wird ein Teil des Wassers aus dem Strahl die drehendenSchaufeln durchschleusen, ohne Arbeit zu leisten. Damit diese Gegebenheit quan-titativ erfassbar ist, wird nach Abb. 15.1 eine Strahlschicht bei y betrachtet. DieMenge des Wassers, die in eine Schaufel eintritt, ergibt sich aus

dQ+ = (C0 · ty −2Rc sinαy) ·b ·dy (15.9)

Die Schichtbreite ist gegeben mit b = 2√(d0/2)2 − y2. Mit ty = 2αy/ω als die Dau-

er der Schaufelbewegung von der Position 1 nach Position 2 wird die obige Glei-chung erweitert zu

dQ+ = 4(C0 ·αy/ω− Rc sinαy

) ·√(d0/2)2 − y2 ·dy (15.10)

Weiterhin wird die Strahlgeschwindigkeit C0 durch die Laufzahl nach Gl. (1.18)ersetzt. Daraus ergibt sich

dQ+ = 2Rm

(αy

km− Rc

Rmsinαy

)·d2

0

1−4

(y

d0

)2

·d(

y

d0

)(15.11)

In dieser Berechnung ist sinαy selbst eine Funktion der Strahlschichtposition y. Umden Wasserteil dQ+ direkt als Funktion von y darzustellen, wird nach Abb. 15.1 diefolgende Beziehung verwendet:

Rm + y = Rc cosαy (15.12)

Page 202: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

15.2 Reaktionsgrad des Wasserstrahls 189

die umgeformt wird zu

αy = arccos

(Rm

Rc+ y

Rc

)(15.13)

Wegen yRc

� RmRc

wird diese Gleichung linearisiert zu

αy ≈ arccos

(Rm

Rc

)− 1√

1− cos2αo

y

Rc= αo − 1

sinαo

y

Rc(15.14)

bzw.

sinαy = sin

(αo − 1

sinαo

y

Rc

)≈ sinαo − 1

tanαo

y

Rc(15.15)

Gln. (15.14) und (15.15) werden in Gl. (15.11) eingesetzt. Daraus ergibt sich mitcosαo = Rm/Rc

dQ+ = 2Rm

[(αo

km− tanαo

)− 1

sinαo

d0

Rc

(1

km−1

)y

d0

]

·d20

1−4

(y

d0

)2

·d(

y

d0

)(15.16)

Zur Bestimmung der gesamten Wassermenge, die von der Schaufel abgefangenwird, soll die obige Gleichung über die Strahldicke integriert werden. Dabei müs-sen der kritische Bereich und der sich anschließende überkritische Bereich separatbehandelt werden.

15.2.1 Reaktionsgrad im kritischen Bereich

Der kritische Bereich der Laufzahl wurde bereits in Abb. 15.2 spezifiziert. Inner-halb dieses Bereichs ist jede kritische Laufzahl einer Strahlschicht yc zugeordnet.Bei einer kritischen Laufzahl mit entsprechender Zuordnung zur Strahlschicht ycunterliegen dann alle Strahlschichten mit y > yc einem teilweisen Durchschleusen.Von allen diesen Strahlschichten lässt sich die Wassermenge, welche wirksam mitder rotierenden Schaufel Leistung austauscht, durch Integration der Gl. (15.16) vonyc bis zum Strahlrand y = 0.5d0 bestimmen:

Q+ (yc)= Rm ·d20

(αo

km− tanαo

)⎡

⎣π4

− yc

d0

1−(

2yc

d0

)2

− 1

2arcsin

(2

yc

d0

)⎤

− 1

6

d30

tanαo

(1

km−1

)[

1−(

2yc

d0

)2]3/2

(15.17)

In dieser Gleichung hängen yc und km durch Gl. (15.3) und wegen αy = f (y) zu-sammen.

Page 203: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

190 15 Reale hydraulische Wirkungsgradkennlinien

Die Gesamtwassermenge in allen Strahlschichten mit y > yc, welche durch einenSegmentquerschnitt nach Abb. 15.3 zusammengefasst sind, wird berechnet mit

Q (yc)= s · Ac = 1

km· 2π

NRm

⎝arccosyc

d0/2− yc

d0/2

1−(

yc

d0/2

)2⎞

⎠ d20

4(15.18)

Das Volumen des Wassers, das die rotierenden Pelton-Schaufeln durchschleust, istdementsprechend

�Q (yc)= Q (yc)− Q+ (yc) (15.19)

Auf der anderen Seite ist die Gesamtwassermenge im ganzen Wasserstrahl der Län-ge s gegeben durch

Q = π

4d2

0 · s = π

4d2

01

km· 2π

NRm (15.20)

Um die Wassermenge, welche wirksam mit der rotierenden Schaufel reagiert, pro-zentual anzugeben, wird der Reaktionsgrad des Wasserstrahls eingeführt, der nachZhang und Müller (2007d) wie folgt definiert ist:

ηQ = Q+Q

= 1− �Q (yc)

Q(15.21)

Dieser Reaktionsgrad wird verwendet, um die reale Wirkungsgradkennlinie im kri-tischen Bereich der Laufzahl zu berechnen.

Abb. 15.3 Flächeninhalteines Segmentes im kreisför-migen Strahlquerschnitt

Page 204: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

15.2 Reaktionsgrad des Wasserstrahls 191

15.2.2 Reaktionsgrad im überkritischen Bereich

Wenn die Drehgeschwindigkeit des Pelton-Rades bis zur oberen kritischen Laufzahlnach Abb. 15.2 zunimmt, unterliegen dann alle Strahlschichten dem Durchschleu-sen. Die wirksame Wassermenge, welche mit der rotierenden Schaufel die Leistungaustauscht, kann durch die Integration der Gl. (15.16) von yc/d0 = − 1

2 bis yc/d0 = 12

oder direkt aus Gl. (15.17) mit yc/d0 = − 12 erhalten werden:

Q+ = 1

2πRm ·d2

0

(αo

km− tanαo

)(15.22)

Der entsprechende Reaktionsgrad des ganzen Wasserstrahls wird dann berechnetmit

ηQ = Q+Q

= Nαo

π

(1− km

tanαo

αo

)(15.23)

Wie noch gezeigt wird, kann dieser Reaktionsgrad wegen seiner einfachen Berech-nung näherungsweise auch für den Übergangsbereich der Laufzahl verwendet wer-den.

15.2.3 Beispiel zum Reaktionsgrad

Mit obigen Betrachtungen und der Einführung des Reaktionsgrades ist veranschau-licht worden, dass die reale Wirkungsgradkennlinie einer Pelton-Turbine in Bezugauf die Laufzahl in eine unterkritische, kritische und überkritische Zone unterteiltwerden muss. Eine konkrete Pelton-Turbine wurde bereits in Abschnitt 15.1 im Zu-

Abb. 15.4 Reaktionsgrad in den drei Zonen der Laufzahl: unterkritische Zone (1), kritische bzw.Übergangszone (2) und überkritische Zone (3). Die Übergangszone kann gegebenenfalls durchVerlängerung der Zonen 1 und 3 ersetzt werden

Page 205: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

192 15 Reale hydraulische Wirkungsgradkennlinien

sammenhang mit Abb. 15.2 betrachtet. Für diese Turbine wird nun der Reaktions-grad des Wasserstrahls in den erwähnten drei Zonen berechnet. Während in derunterkritischen Zone der Reaktionsgrad gleich 1 ist, ist der Reaktionsgrad in der kri-tischen und überkritischen Zone jeweils nach Gl. (15.21) und (15.23) zu berechnen.Abb. 15.4 zeigt den berechneten Verlauf des Reaktionsgrades in allen drei Zonen derLaufzahl. Die kritische Zone (Zone 2) kann in Näherung durch eine Erweiterung derunterkritischen (Zone 1) und überkritischen Zone (Zone 3) ersetzt werden.

15.3 Reale hydraulische Wirkungsgradkennlinie

Der in Gl. (14.2) angegebene Wirkungsgrad gilt im Prinzip nur für den Bereich un-terhalb der kritischen Laufzahl. Ab der kritischen Laufzahl muss der Reaktionsgraddes Wasserstrahls bei der Berechnung des Wirkungsgrades berücksichtigt werden.Die Teilwassermenge, die mit rotierenden Pelton-Schaufeln reagiert, erbringt nur ei-ne Partialleistung. Es kann angenommen werden, dass der entsprechende Wirkungs-grad stets nach Gl. (14.2) berechnet werden kann. Der Wirkungsgrad bezogen aufdie Gesamtwassermenge des Wasserstrahls wird dann unter der Berücksichtigungdes Reaktionsgrades berechnet:

ηh = km

km,N

(1−0.5

km

km,N

)(1− cosβ2 + 1

2cw2 cosβ2

)·ηQ (15.24)

Von der Struktur dieser Gleichung her ist zu erkennen, dass in der Berechnung deshydraulischen Wirkungsgrades alle drei Verluste berücksichtigt sind:

• Drallverlust,• Reibungsverlust und• Wasserverlust.

Da ein großer Wasserverlust eine Strömungsänderung innerhalb der Schaufel be-wirkt, beispielsweise in Form einer Verringerung der Wasserfilmdicke, ändert sichnach Gl. (9.12) auch die Reibungszahl cw2 und daher der Reibungsverlust. Gegen-über dem Wasserverlust, der im überkritischen Bereich bis zu 100% werden kann,ist die Änderung der Reibungsverluste jedoch vernachlässigbar. Das heißt, dass inGl. (15.24) der Wasserverlust dominiert, sobald dieser auftritt.

Gl. (15.24) kann auch direkt als Funktion der Drehzahl dargestellt werden. NachGl. (1.18) hängt die Laufzahl von der Drehzahl und der Strahlgeschwindigkeit (so-mit von der Fallhöhe) ab. Es wird nun angenommen, dass die Turbine unter derNennfallhöhe betrieben ist. Somit gilt

km/km,N = n/nN (15.25)

Mit β2 ≈ π wird Gl. (15.24) umgeformt zu

Page 206: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

15.3 Reale hydraulische Wirkungsgradkennlinie 193

ηh = 2

(1− 1

4cw2

)n

nN

(1−0.5

n

nN

)·ηQ (15.26)

Ein Beispiel zur realen Wirkungsgradkennlinieeiner Pelton-Turbine zeigt Abb. 15.5.Der Einfachheit halber wurde cw2 = 0 und β2 = π angenommen. Es handelt sich

Abb. 15.5 Reale Wirkungsgradkennlinie einer Pelton-Turbine (KWA) mit km,N = 0.470. DieÜbergangszone ist gegeben bei km,c = 0.547 bis 0.687. Die Durchgangskonstante beträgt kR0 =0.848

dabei um die gleiche Pelton-Turbine, die bereits in Abb. 15.2 und 15.4 betrachtetwurde. Die Laufzahl beim Nennbetrieb beträgt km,N = 0.47. Aus der Darstellungist ersichtlich, dass die Wirkungsgradkennlinie der Pelton-Turbine ab km > 0.687stark deformiert ist gegenüber der symmetrischen fiktiven Kennlinie, welche ledig-lich für geradlinige Schaufelbewegungen gilt. In der Abbildung wird auch gezeigt,wie genau der Wirkungsgrad im kritischen Bereich durch Anwendung des Reakti-onsgrades nach Gl. (15.23) angenähert werden kann. Es muss erwähnt werden, dassin der praktischen Anwendung von Pelton-Turbinen selten Bedarf für genaue Be-rechnungen in diesem kritischen Bereich vorhanden ist. Aus diesem Grund darf derReaktionsgrad nach Gl. (15.23) auch für den kritischen Bereich verwendet werden.

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Kapitel 16Durchgangsdrehzahlund Beschleunigungsverlauf

Im Normalbetrieb wird eine Pelton-Turbine durch den elektrischen Generator be-lastet, der ein Gegenmoment an der Turbinenwelle verursacht und dadurch das dy-namische Gleichgewicht des Rotationssystems gewährt. Fällt dieses Gegenmomentdurch Lastabwurf beim Generator weg, so beginnt das Pelton-Rad unter voller Be-aufschlagung des Wasserstrahls sich zu beschleunigen. Die maximal erreichte Dreh-zahl des Pelton-Rades wird als Durchgangsdrehzahl bezeichnet, bei der der Wasser-strahl nahezu komplett das Pelton-Rad durchschleust, ohne seine kinetische Energiean die Pelton-Schaufeln abzugeben. Die Durchgangsdrehzahl einer Pelton-Turbineist ungefähr die zweifache Nenndrehzahl. Hinsichtlich der mechanischen Sicherheitund der Baukosten, hauptsächlich des Generators und gegebenenfalls der Getriebe,ist die Durchgangsdrehzahl ein wichtiger Faktor, der bereits in der Auslegungsphaseeiner Turbinenanlage berücksichtigt werden muss. Das Erreichen der Durchgangs-drehzahl mit vollem Durchschleusen des Wasserstrahls geschieht am rechten Endeder Wirkungsgrad- bzw. Leistungskennlinie, wo der Wirkungsgrad und die Leistungder Pelton-Turbine nahe bei Null liegen. Beim Vorliegen solcher Kennlinien kanndie Durchgangsdrehzahl direkt bestimmt werden. Aufgrund der in Kapitel 15 be-rechneten realen Wirkungsgrad- bzw. Leistungskennlinie wird nun die Methode zurBestimmung der Durchgangsdrehzahl in diesem Kapitel erläutert.

Die Durchgangsdrehzahl wird auch als Durchbrenndrehzahl bezeichnet.

16.1 Theoretische Durchgangsdrehzahl

Die Durchgangsdrehzahl eines Pelton-Rades ist eine Drehzahl, bei der nahezukein Leistungsaustausch zwischen dem Wasserstrahl und den rotierenden Schau-feln stattfindet. Diese Bedingung kann auch dadurch ausgedrückt werden, dass beimErreichen der Durchgangsdrehzahl der Reaktionsgrad des Wasserstrahls (siehe Ka-pitel 15) Null wird. Ein derartiger Zusammenhang zwischen der Durchgangsdreh-zahl und dem Reaktionsgrad des Wasserstrahls führt zur sofortigen Bestimmung derDurchgangsdrehzahl. Aus Gl. (15.23) ergibt sich unter der Bedingung ηQ = 0 die

Z. Zhang, Freistrahlturbinen 195DOI: 10.1007/978-3-540-70772-1, © Springer 2009

Page 209: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

196 16 Durchgangsdrehzahl und Beschleunigungsverlauf

der Durchgangsdrehzahl entsprechende Laufzahl mit

kR0 = αo

tanαo(16.1)

Die Benutzung des Index „R“ geht auf die Bezeichnung der Durchgangsdrehzahlnach Zhang und Müller (2007d) zurück, wo für die vorliegende Ableitung dieDurchgangsdrehzahl als „runaway speed“ bezeichnet und bereits mit „R“ vermerktwurde. Die Durchgangslaufzahl kR0 wird auch als Durchgangskonstante bezeich-net. Aus Vergleich mit Gl. (15.11) erkennt man, dass die gerechnete Durchgangs-konstante des ganzen Wasserstrahls gleich der Durchgangskonstante der mittle-ren Strahlschicht auf der Strahlachse ist. Das heißt, dass man aus Gl. (15.11) mitdQ+ = 0 und y = 0 das gleiche Ergebnis wie mit Gl. (16.1) erhält.

Die Durchgangskonstante nach Gl. (16.1) stellt eine geometrische Größe desPelton-Rades dar. Sie ist weder vom Durchfluss (Q) noch von der Schaufelzahl (N)des Pelton-Rades abhängig. Da der charakteristische Schaufelpositionswinkel αonach Gl. (1.30) durch die spezifische Drehzahl bestimmt werden kann, soll dieDurchgangskonstante ebenfalls als Funktion der spezifischen Drehzahl dargestelltwerden. Unter der Verwendung der Gl. (1.30) wird die Durchgangskonstante nachGl. (16.1) ausgedrückt mit

kR0 = 1

2

arccos 11+2nq√

nq(1+nq

) (16.2)

In Abb. 16.1 ist die aus dieser Gleichung berechnete Durchgangskonstante gegen-über der spezifischen Drehzahl dargestellt. Bei Pelton-Turbinen mit niedrigen spe-zifischen Drehzahlen wird die Durchgangskonstante nahe bei 1 liegen.

Ausgehend von der Definition der Laufzahl nach Gl. (1.18) lässt sich aus derDurchgangskonstante die Durchgangsdrehzahl bestimmen:

nR0 = kR0C0

πDm(16.3)

Abb. 16.1 Durchgangskonstantein Abhängigkeit der spe-zifischen Drehzahl vonPelton-Turbinen, gültig fürkm = 0.475 und φB = 0.11

Page 210: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

16.2 Reale Durchgangsdrehzahl 197

Sie ist direkt proportional zur Strahlgeschwindigkeit, die wiederum nur von derFallhöhe abhängt. Unter der Berücksichtigung der Betriebseinstellung bei km,Be =πDmnN/C0 kann die Durchgangsdrehzahl auch ausgedrückt werden mit

nR0 = kR0nN

km,Be(16.4)

Die hier gegebene Durchgangsdrehzahl muss als theoretische oder reibungsfreieDurchgangsdrehzahl bezeichnet werden. Sie repräsentiert dadurch die maximal er-reichbare Drehzahl eines Pelton-Rades. Bei dieser Drehzahl beträgt die Umfangs-geschwindigkeit des Rades (auf dem Strahlkreis):

Um,R0 = kR0 ·C0 (16.5)

Diese Gleichung zeigt, dass beim Erreichen der Durchgangsdrehzahl die Umfangs-geschwindigkeit des Pelton-Rades nicht gleich der Strahlgeschwindigkeit ist. Daserklärt zugleich, weshalb die Durchgangsdrehzahl nach Gl. (16.4) nicht einfach ausdem Verhältnis nN/km,Be zu berechnen ist. Die Durchgangskonstante kR0 wirkt alsein Faktor, der kleiner als Eins ist.

Es wurde bereits in Abb. 15.5 ein Beispiel zur Berechnung der kompletten Wir-kungsgradkennlinie gezeigt. Die reibungsfreie Durchgangskonstante wurde dort di-rekt mit kR0 = 0.848 erhalten. Das Verhältnis zum Nennbetrieb bei km,N = 0.47ist 1.80, d. h. nR0/nN = 1.80.

Die reale Durchgangsdrehzahl einer Pelton-Turbine ist etwas tiefer als die rei-bungsfreie Durchgangsdrehzahl. Ihre Bestimmung verlangt die Kenntnisse des me-chanischen Verlustes, um das Gleichgewicht zwischen der hydraulischen Leistungund dem mechanischen Verlust zu erstellen. Das Berechnungsverfahren zur Bestim-mung der realen Durchgangsdrehzahl wird im nächsten Abschnitt beschrieben.

Durch Anwendung der Durchgangskonstante nach Gl. (16.1) wird der Reakti-onsgrad des Wasserstrahls nach Gl. (15.23) ausgedrückt mit

ηQ = Nαo

π

(1− km

kR0

)= Nαo

π

(1− n

nR0

)(16.6)

Der Reaktionsgrad ist somit eine lineare Funktion der Drehzahl des Pelton-Rades.

16.2 Reale Durchgangsdrehzahl

Die in Abschnitt 16.1 berechnete Durchgangsdrehzahl gilt für den Betrieb ohne me-chanische Verluste und wird daher als theoretische Durchgangsdrehzahl bezeichnet.In Wirklichkeit verhalten sich Reibungskräfte durch Ventilation und in Wellenla-gern als Bremskräfte, die auf das Pelton-Rad und die Welle wirken und mechanischeVerluste verursachen. Die reale Durchgangsdrehzahl eines Pelton-Rades stellt somiteine Drehzahl dar, bei der das dynamische Gleichgewicht zwischen der Strahlkraft

Page 211: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

198 16 Durchgangsdrehzahl und Beschleunigungsverlauf

und sämtlichen Bremskräften erreicht wird. Mit anderen Worten: die vom Wasser-strahl an die Pelton-Schaufeln abgegebene hydraulische Leistung muss gleich dergesamten mechanischen Verlustleistung sein. Aus diesem Gleichgewicht kann diereale Durchgangsdrehzahl bestimmt werden.

16.2.1 Mechanische Verlustkennlinie

Zu den mechanischen Verlusten in einer Pelton-Turbine gehören Ventilations- undRadreibungsverluste sowie Verluste infolge der Lagerreibungen, wie sie bereits inKapitel 12 und 13 behandelt und in Kapitel 14 zusammengefasst wurden. Meistenssind solche Verluste durch die zugehörigen Wirkungsgradangaben beim Nennbe-trieb gegeben. Da sie als Leistungsverluste nur von der Wellendrehzahl abhängen,können sie mit den Nennbetriebsdaten für jede andere Drehzahl bestimmt werden.

Nach Gl. (14.3) hängen Ventilations- und Radreibungsverluste von der drittenPotenz der Drehzahl ab. Dies gilt sowohl für vertikale als auch für horizontale Tur-binen. Im Nennbetrieb mit der Nenndrehzahl nN wird der daraus resultierende Wir-kungsgradverlust dargestellt durch

�ηVR,N = KVRn3N

ρgHN QN(16.7)

In dieser Gleichung wird das Verhältnis der Verlustleistung zur dritten Potenz derDrehzahl als Konstante KVR bezeichnet.

Auf gleicher Weise wird aus Gl. (14.4) der Wirkungsgradverlust infolge der me-chanischen Lagerreibung berechnet. Für hydrodynamische Gleitlager mit q = 2 er-gibt sich

�ηLR,N = KLRn2N

ρgHN QN(16.8)

Dabei wird das Verhältnis der entsprechenden Verlustleistung zur zweiten Potenzder Drehzahl als Konstante KLR bezeichnet.

Sofern die entsprechenden Verluste im Nennbetrieb bekannt sind, können ausden obigen Gleichungen die Konstanten KVR und KLR bestimmt werden, die zurDarstellung der Verlustkennlinie verwendet werden sollen. Die mechanische Ver-lustkennlinie lässt sich somit generell zusammenfassen als

�Pm = KVRn3 + KLRn2 (16.9)

Sie wird gebraucht, um zusammen mit der hydraulischen Leistungskennlinie diereale Durchgangsdrehzahl zu bestimmen.

Page 212: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

16.2 Reale Durchgangsdrehzahl 199

16.2.2 Effektive hydraulische Leistung

Der Betrieb einer Pelton-Turbine wird durch die hydraulische Fallhöhe H und dengesamten Durchfluss Q definiert. Daraus ergibt sich die hydraulische Leistung mitP0 = ρgH Q. Aus Gln. (15.26) und (16.6) ist die effektive hydraulische Leistungoder die Leistungskennlinie gegeben durch

Ph = 2

(1− 1

4cw2

)N

παo P0

(1−0.5

n

nN

)(1− n

nR0

)n

nN(16.10)

oder in verkürzter Form

Ph = P

(1−0.5

n

nN

)(1− n

nR0

)n

nN(16.11)

mit

P = 2

(1− 1

4cw2

)N

παo P0 (16.12)

Der Ausdruck P ist eine Konstante, die die Rad-Parameter und die Strahlleistungkombiniert. Zum Zweck der Bestimmung der realen Durchgangsdrehzahl kann dieReibungszahl cw2 praktisch als Null angenommen werden, ohne die Berechnungwesentlich zu beeinflussen (Zhang 2007d).

16.2.3 Reale Durchgangsdrehzahl

Die reale Durchgangsdrehzahl ergibt sich aus dem Gleichgewicht zwischen der me-chanischen Verlustleistung und der effektiven hydraulischen Leistung. AusGln. (16.9) und (16.11) erhält man sogleich mit n = nR:

(

KVRnN − 0.5P

nNnR0

)

n2R +

(

KLRnN + P

nR0+ 0.5P

nN

)

nR − P = 0 (16.13)

Aus dieser quadratischen Gleichung kann die reale Durchgangsdrehzahl nR be-stimmt werden. Ihre grafische Bestimmung zeigt Abb. 16.2 an einem bekanntenBeispiel, das bereits in Kapitel 15 verwendet wurde. Der Kreuzungspunkt der hy-draulischen Leistungskennlinie und der mechanischen Verlustkennlinie repräsen-tiert die reale Durchgangsdrehzahl. Wie man aus dem Diagramm erkennen kann,ist die reale Durchgangsdrehzahl nur geringfügig kleiner als die verlustfreie Durch-gangsdrehzahl. Unter dem Aspekt, dass die Durchgangsdrehzahl nicht unterschätztwerden darf, sollte immer die verlustfreie Durchgangsdrehzahl nach Gl. (16.3) bzw.(16.4) verwendet werden. Das ist zugleich besonders vorteilhaft, da die Berechnungextrem einfach ist.

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200 16 Durchgangsdrehzahl und Beschleunigungsverlauf

Abb. 16.2 Bestimmung der realen Durchgangsdrehzahl am Beispiel des Kraftwerks Amsteg

Wie von Zhang und Müller (2007d) gezeigt wurde, ist die Ungenauigkeit dervorliegenden Methode zur Bestimmung der Durchgangsdrehzahl kleiner als 2%.

Bei Anwendung der Gl. (16.13) sollen folgende Punkte berücksichtigt werden:

• In der Berechnung des Parameters P nach Gl. (16.12) gilt Q als gesamter Durch-fluss, der dem aktuellen Betrieb (Voll- oder Teillast sowie mehrdüsigem Betrieb)entspricht.

• Wenn die Ordinate in Abb. 16.2 durch P0 auf Eins normiert wird, dann handeltes sich bei den Kennlinien um die Wirkungsgradkennlinien. Die entsprechendeDarstellung wurde bei Zhang und Müller (2007d) gezeigt.

• Die quadratische Gleichung (16.13) wurde aus Gl. (16.9) und (16.11) erhalten,wobei in Gl. (16.9) die Drehzahl jeweils in zweiter und dritter Potenz auftritt.Wird z. B. die Reibleistung der Lager in der Form n1.5 dargestellt, dann wirdin Gl. (16.13) entsprechend n0.5

R vorkommen. In diesem Fall kann man denAusdruck n0.5

R in der Nähe der verlustfreien Durchgangsdrehzahl nR0, wegen(nR0 −nR)� nR0, wie folgt linearisieren:

n0.5R = [nR0 − (nR0 −nR)]0.5 = 0.5n0.5

R0

(1+ nR

nR0

)(16.14)

Dadurch wird Gl. (16.13) mit n0.5R wieder in eine quadratische Gleichung umge-

wandelt.

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16.3 Beschleunigungsverlauf 201

16.3 Beschleunigungsverlauf

Im Fall des Lastabwurfs beim Generator beginnt die Drehung des Pelton-Rades un-ter der Beaufschlagung der Wasserstrahlen sich zu beschleunigen, bis die stabileDurchgangsdrehzahl erreicht wird. Der Beschleunigungsverlauf hängt neben demvom Wasserstrahl übertragenen Drehmoment auch noch von der Gesamtmassen-trägheit des Pelton-Rades, der Welle und des Generatorrotors ab. Als eine Anlagen-kenngröße ist die Gesamtmassenträgheit meist bekannt. Anderenfalls kann sie ein-fach berechnet werden. Zur Berechnung des Beschleunigungsverlaufs muss danndie hydraulische Strahlkraft in Abhängigkeit des Prozesses bzw. der Drehzahl desPelton-Rades bekannt sein. Dafür ist analog zur Berechnung der hydraulischen Leis-tungskennlinie der Reaktionsgrad des Wasserstrahls zu berücksichtigen. Offensicht-lich müssen dabei unterkritische und überkritische Drehzahlbereiche unterschied-lich behandelt werden. Der Übergangsbereich kann nach Abb. 15.4 der Einfachheithalber durch Verlängerung der unter- und überkritischen Bereiche eliminiert wer-den.

Der dynamische Beschleunigungsverlauf der gesamten Rotationseinheit (Pelton-Rad, Welle und Rotor des Generators) unterliegt dem Drehimpulssatz. Bei Vernach-lässigung der mechanischen Verluste ist die Drehbewegung beschreibbar durch

Jdω

dt= FT · Dm

2(16.15)

Dabei ist das gesamte Massenträgheitsmoment der Rotationseinheit durch J ge-geben. Die gesamte hydraulische Kraft wird mit FT bezeichnet. In der Tat han-delt es sich dabei um die Kraftkomponente, die tangential auf den Strahlkreis Dmwirkt. Die hydraulische Kraft bezogen auf einen Wasserstrahl wurde bereits durchGl. (1.37) angegeben. Bei der vorliegenden Berechnung handelt es sich um diegesamte hydraulische Kraft aller Wasserstrahlen. Dies muss entsprechend berück-sichtigt werden. Unter der Berücksichtigung des Reaktionsgrades errechnet sich diewirksame hydraulische Kraft auf dem Pelton-Rad mit

FT = mcC0 (1− km) (1− cosβ2) ·ηQ (16.16)

Dabei gilt mc für den gesamten Massenstrom im Betrieb der Pelton-Turbine.Gl. (16.16) wird in Gl. (16.15) eingesetzt. Daraus ergibt sich mit β2 ≈ π

dn

dt= mcC0 Dm

2π J

(1− πDm ·n

C0

)ηQ (16.17)

Für weitere Berechnungen muss zwischen unter- und überkritischen Bereichen un-terschieden werden.

Page 215: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

202 16 Durchgangsdrehzahl und Beschleunigungsverlauf

16.3.1 Unterkritischer Bereich: n < nc

Der unterkritische Bereich ist durch die Drehzahlvariation von nN bis nc und denReaktionsgrad ηQ = 1 gekennzeichnet. Dementsprechend ergibt sich aus Gl. (16.17)

n∫

nN

dn

1−πDm/C0 ·n dn = mc ·C0 Dm

2π Jt (16.18)

Daraus folgt

ln1−πDm/C0 ·nN

1−πDm/C0 ·n = mcD2m

2Jt (16.19)

Um die Berechnung und Darstellung zu vereinfachen, wird hier die erste Anfahr-zeitkonstante definiert durch

τ1 = 2J

mcD2m

(16.20)

Unter Anwendung der Beziehungen km,Be = πDmnN/C0 für den anfänglichen Be-trieb bei der Nenndrehzahl und km = πDmn/C0 für den Beschleunigungsverlaufwerden die entsprechenden Parameter in Gl. (16.19) durch die Laufzahlen ersetzt.Nach Umformung erhält man:

km = 1− (1− km,Be)e−t/τ1 (16.21)

bzw. in der Form der Drehzahl

n = nN

km,Be

[1− (1− km,Be

)e−t/τ1

](16.22)

Die Zeit für die Beschleunigung des Pelton-Rades bis zum Erreichen der kritischenDrehzahl (n = nc) berechnet sich aus Gl. (16.21)

tc = τ1 ln1− km,Be

1− km,c(16.23)

16.3.2 Überkritischer Bereich: n > nc

Im überkritischen Bereich der Drehzahl tritt das Durchschleusen des Wassers auf.Unter der Berücksichtigung des Reaktionsgrades, der durch Gl. (16.6) gegeben ist,ergibt sich die zeitliche Änderung der Drehzahl aus Gl. (16.17)

Page 216: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

16.3 Beschleunigungsverlauf 203

dn

dt= mcC0 DmNαo

2π2 J

(1− πDm ·n

C0

)(1− n

nR0

)(16.24)

bzw. in der Integrationsform

n∫

nc

dn

(1−πDm/C0 ·n)(1−n/nR0)= mcC0 Dm Nαo

2π2 J(t − tc) (16.25)

Die Integration kann leicht ausgeführt werden. Daraus ergibt sich

ln

(1−πDm/C0 ·n1−πDm/C0 ·nc

· 1−nc/nR0

1−n/nR0

)= t − tc

τ2(16.26)

Dabei wird τ2 als die zweite Anfahrzeitkonstante bezeichnet, die für den überkriti-schen Bereich gilt und wie folgt definiert ist

1

τ2=(

1

nR0− πDm

C0

)mcC0 Dm Nαo

2π2 J(16.27)

Um aus Gl. (16.26) die zeitabhängige Drehzahl zu berechnen, wird eine weitereKonstante verwendet, die folgendermaßen definiert ist:

K = 1−πDmnc/C0

1−nc/nR0= 1− km,c

1−nc/nR0= 1− km,c

1− km,c/kR0(16.28)

Die zeitabhängige Drehzahl des Pelton-Rades im überkritischen Bereich ergibt sichdann aus Gl. (16.26) mit kR0 = πDmnR0/C0 als Durchgangskonstante:

n

nR0=

1− K exp(

t−tcτ2

)

kR0 − K exp(

t−tcτ2

) (16.29)

16.3.3 Gesamter Beschleunigungsverlauf

Mit obigen Berechnungen wurde gezeigt, dass der gesamte Beschleunigungsverlaufeines Pelton-Rades beim Lastabwurf aus unter- und überkritischen Bereichen be-steht. Abb. 16.3 zeigt den berechneten Beschleunigungsverlauf an einem Beispiel,das bereits in Abb. 15.5 und 16.2 betrachtet wurde. Dabei wurde das Massenträg-heitsmoment des gesamten Rotationssystems mit J = 105 kg m2 angenommen. ZumVergleich ist auch der fiktive Beschleunigungsverlauf eingezeichnet, der unter derAnnahme berechnet wurde, dass im ganzen Beschleunigungsverlauf bis zum Errei-chen der Durchgangsdrehzahl der Reaktionsgrad des Wasserstrahls 100% beträgt.

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204 16 Durchgangsdrehzahl und Beschleunigungsverlauf

Abb. 16.3 Beschleunigungs-verlauf eines Pelton-Radesnach dem Lastabwurf

Der fiktive Beschleunigungsverlauf ist nichts anderes als die Erweiterung des Be-schleunigungsverlaufs des unterkritischen Bereichs auf den ganzen überkritischenBereich. Die sich daraus ergebende stabile Enddrehzahl entspricht der Drehzahl, diesich aus der symmetrischen Wirkungsgradkennlinie nach Abb. 16.2 ergibt.

Aus der Abbildung ist ersichtlich, dass der reale Beschleunigungsverlauf deutlichunterschiedlich zum fiktiven Beschleunigungsverlauf ist.

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Kapitel 17Hydraulische Auslegung von Pelton-Turbinen

17.1 Dimensionierung des Pelton-Rades

Zur hydraulischen Auslegung einer Pelton-Turbine sind das Nettogefälle des ver-fügbaren Wassers und die zu verarbeitende Wassermenge von fundamentaler Be-deutung. Aus diesen Angaben ergibt sich die potentielle Nutzleistung des Wassers.Die Auslegung einer Pelton-Turbine beginnt mit der Dimensionierung des Pelton-Rades, Festlegung der Drehzahl und Bestimmung der Düsenzahl. Dazu helfen diefolgenden Anhaltspunkte aus dem Betrieb von Pelton-Turbinen:

• Die Laufzahl km liegt im Bereich von 0.45 bis 0.48;• Die Schaufelbreite ist ungefähr gleich dem dreifachen Strahldurchmesser bei

Volllast, gekennzeichnet durch B ≈ 3d0 bzw. ϕB ≈ 0.11;• Die spezifische Drehzahl bezogen auf eine Düse ist normalerweise auf nq < 0.13

beschränkt. Dieses Kriterium beruht darauf, dass am Schaufeleintritt keine Strö-mungsablösung auftreten soll, siehe Kapitel 4, Abschnitte 4.7 und 4.8. NachGl. (1.27) ist die Radform durch Dm/B > 3 gegeben. Wird eine kleine spezifi-sche Drehzahl bevorzugt, so muss man nach Gl. (1.27) mit einem relativ größerenPelton-Rad rechnen.

Alle diese Anhaltspunkte müssen in einer bestimmten Form gekoppelt werden, umin der Anfangsphase der Turbinenauslegung die Raddimension, die Düsenzahl unddie Drehzahl des Pelton-Rades festzulegen. Zu diesem Zweck ist die spezifischeDrehzahl anzuwenden, die in Wirklichkeit die Radform wiedergibt (Kapitel 1). Un-ter der Berücksichtigung des gesamten Wasserdurchflusses und der Düsenzahl wirdGl. (1.22) umgeformt zu:

nq = n

√Q√

ZD · H 3/4(17.1)

Zu einer angenommenen spezifischen Drehzahl nq < 0.13 können Düsenzahl undDrehzahl der auszulegenden Pelton-Turbine gekoppelt bestimmt werden. Zur Fest-legung der Drehzahl sind die Netzfrequenz ( f ) und die Polpaarzahl (p) des Genera-

Z. Zhang, Freistrahlturbinen 205DOI: 10.1007/978-3-540-70772-1, © Springer 2009

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206 17 Hydraulische Auslegung von Pelton-Turbinen

tors zu berücksichtigen, indem die Drehzahl auf die nächstgelegene Synchrondreh-zahl des Generators gerundet werden soll:

n = f/p (1/s) (17.2)

Die Netzfrequenz ist üblicherweise mit 50 Hz genormt. In den USA und Kanada istdie Netzfrequenz zum Teil auch mit 60 Hz festgelegt.

Für den Generator ist die minimale Polpaarzahl auf 2 begrenzt. Die entsprechen-de Drehzahl beträgt somit 25 in 1/s bzw. 1500 in 1/min. Unter Umständen kanndiese Drehzahl zu hoch sein. Man erhöht dann beim Generator die Polpaarzahl, biseine angemessene Drehzahl aus Sicht der hydraulischen und mechanischen Ausle-gung erreicht wird.

Unter der Berücksichtigung von Gl. (17.2) können aus Gl. (17.1) verschiedeneKombinationen von Düsenzahl und Drehzahl der Pelton-Turbine zur Auswahl ste-hen. Zu jeder Kombination steht auch die Radgröße fest, die aus der Definition derLaufzahl nach Gl. (1.18) berechnet wird:

Dm = km√

2gH/(π ·n) (17.3)

Die Schaufelgröße, die durch die Schaufelbreite B gegeben ist, wird aus Gl. (1.27)bestimmt:

B

Dm= nq

2.63km√ϕB

(17.4)

Für die Normalbetriebswerte von ϕB = 0.11 und km = 0.47 ergibt sich schließlich

B = 2.5nqDm (17.5)

Der obige Berechnungsprozess gilt im Grund genommen hauptsächlich für die Be-stimmung der Düsenzahl und der Drehzahl der Turbine. Dabei sind die sich ergeben-de Radgröße und Schaufelbreite zu berücksichtigen. Um den Prozess dieser erstenAuslegung einer Pelton-Turbine darzustellen, wird hier ein Beispiel gezeigt.

Aufgaben:Zum Bau eines Wasserkraftwerks mit einer Pelton-Turbine stehen die FallhöheH = 750m und der Durchfluss Q = 8m3/s zur Verfügung. Es ist die Pelton-Turbine auszulegen, die eine spezifische Drehzahl von nicht mehr als 0.12 auf-weisen soll.

Lösung:

– Für eine angenommene Düsenzahl berechnet sich die Drehzahl aus Gl. (17.1):

n = nq√

ZD · H 3/4/√

Q (a)

– Polpaarzahl nach oben gerundet: p > 50/n (b)– Synchronisierung der Drehzahl: n = 50/p (c)

Page 220: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

17.1 Dimensionierung des Pelton-Rades 207

– Spezifische Drehzahl nach Gl. (17.1): nq = n

√Q√

ZD H 3/4(d)

– Die Laufzahl wird mit km = 0.47 angenommen. Daraus folgt der Strahlkreis-durchmesser: Dm = 0.475

√2gH/(πn) (e)

– Schaufelbreite nach Gl. (17.5): B = 2.5 ·nqDm (f)

Die folgende Tabelle zeigt die entsprechenden Berechnungen jeweils für eine,zwei und drei Düsen. Dabei wird von einer spezifischen Drehzahl nq = 0.12 aus-gegangen. Nach der Synchronisierung der Drehzahl wird die spezifische Dreh-zahl nach Gl. (d) erneuert gerechnet.

Tabelle 17.1 Rechenbeispiel zur Auslegung einer Pelton-Turbine mit H = 750m und Q = 8m3/s:

nq = 0.12

Gln. Z D 1 2 3 3(a) n (1/s) 6.1 8.6 10.5 10.5(b) Polpaar 9 6 5 6(c) n (1/s) 5.56 8.3 10.0 8.3

n (1/min) 333 500 600 500(d) nq 0.110 0.116 0.114 0.095(e) Dm 3.30 2.20 1.83 2.20(f) B 0.90 0.64 0.52 0.52

d0 0.290 0.205 0.167 0.167

In der letzten Zeile der Tabelle sind zusätzlich auch theoretische Strahldurch-messer angegeben worden, die aus dem Massenerhaltungssatz mit der Strahlge-schwindigkeit C0 = √

2gH berechnet wurden.Die Berechnung in den letzten zwei Spalten mit der Festlegung von drei Dü-sen dient zur Veranschaulichung, was passieren würde, wenn die Polpaarzahldes Generators um eins größer als nötig gewählt wird. Die Drehzahl wird von600 U/min auf 500 U/min reduziert. Dadurch müsste der Strahlkreisdurchmes-ser Dm von 1.83 m auf 2.2 m vergrößert werden, was höhere Baukosten ver-ursachen wird. Die kleinere spezifische Drehzahl erweist sich jedoch als vor-teilhaft hinsichtlich der Interaktion zwischen dem Wasserstrahl und den Pelton-Schaufeln sowie der Eintrittsbedingung, die bereits in Kapitel 4 (siehe Abschnitte4.7 und 4.8) erläutert wurde.Gemäß den Berechnungen der obigen Tabelle und von der Dimension und Bau-art her kann die Pelton-Turbine mit zwei Düsen gebaut werden. Die spezifischeDrehzahl des Pelton-Rades beträgt dann 0.116, bei der die gesunde Eintritts-strömung gewährleistet werden kann. Der Vorteil der Auslegung mit zwei anstattdrei Düsen besteht darin, dass die Pelton-Turbine auch mit horizontaler Drehach-se erbaut werden kann. Das Pelton-Rad hat einen Durchmesser von Dm = 2.2 m.Die Schaufelbreite beträgt B = 0.64 m.

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208 17 Hydraulische Auslegung von Pelton-Turbinen

Das Beispiel zeigte die Methode zur Festlegung der Düsenzahl und der Drehzahl derPelton-Turbine. Man kann durch Ändern der spezifischen Drehzahl, die als Aus-gangsgröße vorgegeben ist, verschiedene Auslegungsmöglichkeiten leicht verglei-chen. Zu einer getroffenen Wahl der Auslegung gemäß obiger Tabelle müssen so-wohl der Strahlkreisdurchmesser Dm als auch die Schaufelbreite B noch optimiertwerden. Dies erfolgt mittels eingehender Analysen sowohl hinsichtlich hydrauli-scher als auch mechanischer Aspekte. Wird z. B. die Pelton-Turbine vorwiegend imTeillastbereich betrieben, kann die Schaufelbreite B entsprechend verkleinert wer-den.

17.2 Ellipsenförmiges Schaufelprofil

Das hydraulische Profil auf der Innenseite der Pelton-Schaufeln muss so ausgelegtwerden, dass das Wasser sich möglichst stetig und gerichtet ausbreitet. Das Profilsoll in erster Linie keine Unstetigkeit aufweisen. Das wird nicht nur von der Hy-draulik sondern auch unter dem Aspekt der mechanischen Fertigung der Schaufeln,z. B. mittels Fräsmaschinen, verlangt. Die vollkommene Stetigkeit des Schaufelpro-fils wird erzielt, wenn das Profil in jedem Schaufelquerschnitt durch eine einzigemathematische Kurve beschrieben werden kann. Unter verschiedenen mathemati-schen Funktionen zeichnet sich das Ellipsenmodell offensichtlich als das am bestengeeignete aus. Bei der Anwendung eines Ellipsenmodells ist zu bestimmen, wie dieEllipsenparameter festgelegt werden können und mit welchem Stück der Ellipsedas Schaufelprofil angenähert werden soll. Die gesuchte Ellipse bzw. das passendeEllipsenstück muss die erforderlichen Randbedingungen erfüllen, die aus der Para-meterbestimmung bei der Schaufelauslegung erstellt wurden. Nach Abb. 17.1 mitdem gezeigten Koordinatensystem können die zu erfüllenden geometrischen Rand-bedingungen wie folgt formuliert werden:

• Am Schaufeleintritt: x1 = 0, y1 = 0, Eintrittswinkel ε1;• Am Schaufelaustritt: x = x2, y = y2, Austrittswinkel ε2;• Schaufeltiefe: hb.

Abb. 17.1 GeometrischeRandbedingungen am Ein-und Austritt einer Pelton-Schaufel. SchaufelbreiteB = 2x2

Page 222: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

17.2 Ellipsenförmiges Schaufelprofil 209

Um diese geometrischen Randbedingungen durch ein Teilstück einer Ellipse imgleichen Koordinatensystem zu erfüllen, bedarf die Ellipse in ihrer Grundform einergeeigneten Koordinatentransformation, die aus einer Translation und Rotation derKoordinaten besteht. Es wird hier von der Grundform einer Ellipse ausgegangen,die nach Abb. 17.2a mathematisch beschrieben ist durch

x ′2

a2+ y ′2

b2= 1 (17.6)

Die Ellipse wird zuerst durch eine Translation (u, v) der Koordinaten ins Koordi-natensystem x ′′ − y ′′ transformiert. Der Ursprung des neuen Koordinatensystemsbefindet sich nun auf der Ellipse, die gegeben ist durch

(x ′′ −u

)2

a2+(y′′ − v)2

b2= 1 (17.7)

Weiters wird das Ellipsenmodell samt Koordinaten x ′′ und y ′′ um einen Winkel ϕgegenüber dem fixen Koordinatensystem x–y gedreht (Abb. 17.2b). In Bezug aufdas fixe Koordinatensystem wird die Ellipse dann beschrieben durch

(x cosϕ+ y sinϕ−u)2

a2 + (−x sinϕ+ y cosϕ− v)2b2 = 1 (17.8)

Das gesuchte Profil als ein Teilstück der transformierten Ellipse ist schematisch inAbb. 17.2c mit entsprechenden geometrischen Randbedingungen veranschaulicht.Die Transformationsgleichung enthält fünf Variablen (a, b, u, v und ϕ), die die vor-geschriebenen Randbedingungen erfüllen müssen. Um alle fünf Variablen festzu-legen, müssen fünf Gleichungen aus gegebenen Randbedingungen erstellt werden.Dazu wird vereinbart, dass der Koordinatenursprung sich am Schaufeleintritt befin-det.

Abb. 17.2a–c Koordinatentransformation einer Ellipse zur Erstellung des Schaufelprofils

Page 223: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

210 17 Hydraulische Auslegung von Pelton-Turbinen

Randbedingung 1:Der Koordinatenursprung x1 = y1 = 0 befindet sich auf der Ellipse, sodass mitx1 = y1 = 0 am Schaufeleintritt gilt

u2

a2+ v2

b2= 1 (17.9)

Randbedingung 2:Am Schaufeleintritt mit x1 = y1 = 0 ist der Eintrittswinkel nach Abb. 17.1 bzw.Abb. 17.2c gegeben durch dy

dx = tanε1. Somit ergibt sich aus Gl. (17.8)

u (cosϕ+ tanε1 · sinϕ)v (−sinϕ+ tanε1 · cosϕ)

= −a2

b2(17.10)

Randbedingung 3:Am Schaufelaustritt ist x = x2 und y = y2. Dementsprechend erhält man ausGl. (17.8)

(x2 cosϕ+ y2 sinϕ−u)2

a2+ (−x2 sinϕ+ y2 cosϕ− v)2

b2= 1 (17.11)

Randbedingung 4:Am Schaufelaustritt mit x = x2 und y = y2 ist der Austrittswinkel gegeben durchdydx = tanε2. Somit ergibt sich aus der Transformationsgleichung

(x2 cosϕ+ y2 sinϕ−u) (cosϕ+ tanε2 · sinϕ)(−x2 sinϕ+ y2 cosϕ− v)(−sinϕ+ tanε2 · cosα)

= −a2

b2 (17.12)

Randbedingung 5:Die Schaufeltiefe ist nach Abb. 17.2c gegeben durch hb = −yb. Die genaue Posi-tion des Tiefpunktes ist noch durch die Berechnung von xb zu bestimmen. Vorerstkann die entsprechende geometrische Randbedingung aus dy/dx = 0 abgeleitetwerden. Aus Gl. (17.8) folgt dann

(xb cosϕ+ yb sinϕ−u)cosϕ

(−xb sinϕ+ yb cosϕ− v)sinϕ = a2

b2(17.13)

Weil der tiefste Punkt auf der Ellipse liegt, müssen xb und yb nach Gl. (17.8) diefolgende Bedingung erfüllen:

(xb cosϕ+ yb sinϕ−u)2

a2 + (−xb sinϕ+ yb cosϕ− v)2b2 = 1 (17.14)

Durch Einführung der Randbedingung fünf bezüglich der Schaufeltiefe tritt hier zu-sätzlich die Koordinate xb als eine Unbekannte auf. Von der Randbedingung einsbis fünf sind jedoch sechs Gleichungen aufgestellt worden, die ein geschlossenesSystem für die Lösungen von sechs Unbekannten (a, b, u, v, ϕ, xb) darstellen. Weil

Page 224: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

17.2 Ellipsenförmiges Schaufelprofil 211

die gleichzeitige Lösung aller Unbekannten schwer zu realisieren ist, wird die fünf-te Randbedingung zunächst außer Betracht gelassen. Im Gleichungssystem unterden Randbedingungen eins bis vier wird der Rotationswinkel ϕ, der hier als Nei-gungswinkel der Ellipse bezeichnet wird, als vorgegeben betrachtet. Das reduzierteGleichungssystem aus vier Gleichungen befasst sich dann mit vier Unbekannten(a, b, u, v). Die Betrachtung des Neigungswinkels ϕ als vorgegebene Größe bedeu-tet, dass der Neigungswinkel sich wie ein Steuerparameter verhält. Wie noch gezeigtwird, steuert der Neigungswinkel die Schaufeltiefe.

Zur Lösung des Gleichungssystems mit den Randbedingungen 1 bis 4 werdenfolgende Größen gebildet:

A = a2, B = b2

M = x2 cosϕ+ y2 sinϕ, N = −x2 sinϕ+ y2 cosϕ

D1 = cosϕ+ tanε1 sinϕ, E1 = −sinϕ+ tanε1 cosϕ

D2 = cosϕ+ tanε2 sinϕ, E2 = −sinϕ+ tanε2 cosϕ

Dadurch wandelt sich das Gleichungssystem um in:

u2

A+ v2

B= 1 (17.15)

(M −u)2

A+ (N − v)2

B= 1 (17.16)

uD1

vE1= − A

B(17.17)

(M −u)D2

(N − v) E2= − A

B(17.18)

Aus diesem Gleichungssystem sind die Unbekannten A, B , u und v zu bestimmen.Aus Gln. (17.15) und (17.16) ergibt sich

AN

BM= − M −2u

N −2v(17.19)

Wegen Gl. (17.17) erhält man dann

D1 N ·uE1M ·v = M −2u

N −2v(17.20)

Gln. (17.17) und (17.18) werden kombiniert zu

D1u

D2v= (M −u) E1

(N − v)E2(17.21)

Diese letzten zwei Gleichungen stellen ein Gleichungssystem für die Bestimmungder Unbekannten u und v dar. Gl. (17.21) wird nach der Unbekannten v aufgelöstzu

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212 17 Hydraulische Auslegung von Pelton-Turbinen

v = D1 E2 N ·uD2 E1M − D2E1 ·u + D1E2 ·u (17.22)

Dies wird wiederum in Gl. (17.20) eingesetzt. Daraus ergibt sich

u = E1M (E2M − D2N )

2E1E2M − (D2 E1 + D1 E2)N(17.23)

Durch Einsetzen in Gl. (17.22) erhält man auch die Unbekannte v

v = D1 N (E2M − D2N )

(D2 E1 + D1E2)M −2D1D2 N(17.24)

Schließlich werden die Gln. (17.15) und (17.17) nach den Unbekannten A und Baufgelöst zu

A = a2 = u2 −uvD1

E1(17.25)

und

B = b2 = v2 −uvE1

D1(17.26)

Das gesuchte ellipsenförmige Schaufelprofil, das die angegebenen Eintritts- undAustrittsbedingungen erfüllt, ist somit gefunden worden. Dabei verhält sich der Nei-gungswinkel ϕ als eine freie Variable, oder wie oben erwähnt, als ein Steuerpara-meter. Die Funktion dieses Steuerparameters wird in Abb. 17.3 gezeigt. Man sieht,dass dieser Parameter in Wirklichkeit nur die Schaufeltiefe steuert, während sämtli-che Eintritts- und Austrittsbedingungen unverändert bleiben. Wird die Schaufeltiefeangegeben, dann steht auch der Neigungswinkel ϕ eindeutig fest, denn die ange-

Abb. 17.3 Funktion des Nei-gungswinkels als ein Steuer-parameter zur Anpassung andie geeignete Schaufeltiefe

Page 226: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

17.2 Ellipsenförmiges Schaufelprofil 213

gebene Schaufeltiefe kann ja nur bei einem bestimmten Neigungswinkel erhaltenwerden. Gleichzeitig wird auch die Position des tiefsten Punktes (xb, yb) bestimmt.Dieser Zusammenhang wird hier noch gezeigt.

Dazu werden die Gleichungen unter der Randbedingung fünf betrachtet. Für dieBerechnung werden folgende Größen eingeführt:

T1 = xb cosϕ+ yb sinϕ−u (17.27)

T2 = −xb sinϕ+ yb cosϕ− v (17.28)

Somit folgen aus Gln. (17.13) und (17.14) jeweils

T1

T2= a2

b2tanϕ (17.29)

und

T 21

a2+ T 2

2

b2= 1 (17.30)

Es wird T2 aus der ersten Gleichung in die zweite Gleichung eingesetzt und an-schließend nach T1 ausgelöst. Daraus ergibt sich

T1 = ± a2 tanϕ√

a2 tan2ϕ+b2(17.31)

Es sind hier zwei Lösungen zu erwarten, da die Bedingung dy/dx = 0 an zwei Ortenauf einer Ellipse erfüllt wird. Um die Lösung von T1 eindeutig zu bestimmen, wirdGl. (17.27) betrachtet. Da bei den meisten Schaufelauslegungen der effektive Ein-trittswinkel ε1 −90◦, s. Abb. 17.2, größer als der effektive Austrittswinkel 90◦ − ε2ist, ist der Neigungswinkel ϕ > 0. Infolge yb < 0 und u > 0 ist es dann oft der Fall,dass T1 < 0 gilt.

Mit den gleichem Regel wie für T1 erhält man aus Gl. (17.29) dann auch T2:

T2 = − b2√

a2 tan2ϕ+b2(17.32)

Aus Gln. (17.27) und (17.28) werden dann die Koordinaten des tiefsten Punktesgerechnet:

xb = (T1 +u)cosϕ− (T2 + v)sinϕ (17.33)

yb = (T1 +u) sinϕ+ (T2 + v)cosϕ (17.34)

Wie vorhin erwähnt, verhält sich der Neigungswinkel ϕ als ein Steuerparameter,mit dem die Schaufeltiefe verändert werden kann. Mit anderen Worten heißt das,dass für eine vorgegebene Schaufeltiefe der Neigungswinkel entsprechend einge-stellt werden muss. Im Allgemeinen repräsentiert die Schaufeltiefe im Schaufel-

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214 17 Hydraulische Auslegung von Pelton-Turbinen

Abb. 17.4 Längsschnitt eines ellipsenförmigen Schaufelprofils

querschnitt auf dem Strahlkreisdurchmesser (Dm) eine Referenztiefe der Pelton-Schaufeln. Diese Tiefe wird ausgehend von der Schaufelaustrittskante, s. Abb. 17.1,mit h2 bezeichnet. Das Verhältnis der Schaufeltiefe zur Schaufelbreite am Quer-schnitt auf dem Strahlkreisdurchmesser (Dm) beträgt normalerweise

h2

B= 0.275−0.285 (17.35)

Sobald der Neigungswinkel unter Berücksichtigung der Schaufeltiefe bestimmt ist,steht das ellipsenförmige Schaufelprofil fest, das die vorgeschriebenen Randbedin-gungen nach Abb. 17.1 bzw. Abb. 17.2c erfüllt. Der Krümmungsradius am Bodendes Profils errechnet sich aus

R = a2

b(17.36)

Ein Beispiel wurde bereits in Abb. 17.3 gezeigt, wo es sich um ein reales Schau-felprofil einer Pelton-Turbine der Kraftwerke Oberhasli (KWO) handelt. Das be-rechnete ellipsenförmige Profil mit einem Neigungswinkel von ϕ1 entspricht exaktdem vorhandenen Schaufelprofil. Dieser Vergleich bedeutet, dass das ellipsenförmi-ge Schaufelprofil sich bereits in der Praxis durchgesetzt hat. Ein weiteres Beispielzeigt Abb. 17.4, wo der Längsschnitt der betrachteten Pelton-Schaufel sich auf glei-cher Weise durch ein ellipsenförmiges Profil sehr gut annähern lässt.

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Kapitel 18Mehrdüsige Pelton-Turbinen

18.1 Mindestversatzwinkel zwischen Wasserstrahlen

Stehen im Bezugsgebiet hinreichende Wassermengen zur Verfügung, werden Pelton-Turbinen oft mit zwei bis maximal sechs Injektoren ausgeführt (Abb. 18.1). Bei derAuslegung solcher Pelton-Turbinen ist der Mindestversatzwinkel zwischen zwei be-nachbarten Injektoren zu berücksichtigen. Der Wasserstrahl darf nur dann in dieSchaufel eintreten, wenn die Schaufel nach der Beaufschlagung vom voreilendenWasserstrahl bereits entleert ist.

Der Mindestversatzwinkel zwischen zwei benachbarten Injektoren kann mit denGrundlagen aus Kapitel 4 ermittelt werden. Nach Abb. 4.3 ist das Strahlstück abcd ,das in eine Schaufel eintritt, durch s1 und s2 definiert. Von der Schaufelposition αa,an der das erste Wasserteilchen der Strahloberfläche in die Schaufel eintritt, bis zurSchaufelposition αd, an der das letzte Wasserteilchen in die Schaufel eintritt, hat dieSchaufel einen Drehwinkel von �α zurück gelegt:

�α = αa −αd (18.1)

Für den störungsfreien Betrieb muss der Versatzwinkel zwischen zwei Injektorenmindestens �α sein. Die Zeit zur Schaufelentleerung braucht man vorerst nicht zuberücksichtigen, da das letzte Wasserteilchen an der Stelle d die Schaufel anderswoals am Schaufelausschnitt verlässt.

Nach Abb. 4.3 und unter der Annahme αb −αd = αo1 −αo2 kann der Drehwin-kel �α auch wie folgt berechnet werden:

�α = (αo1 −αo2)+ (αa −αb) (18.2)

Im Abschnitt 4.4 wurde darauf hingewiesen, dass es aus Symmetriebedingungenden Schaufelstellungswinkel αo2 ≈ 0 gibt. Somit wird aus obiger Gleichung

�α = αo1 +αa −αb (18.3)

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216 18 Mehrdüsige Pelton-Turbinen

Abb. 18.1 Pelton-Turbine mit fünf Düsen. Kaftwerke Bieudron. Fallhöhe H = 1883 m, DurchflussQ = 25m3/s, Drehzahl n = 428U/min, Leistung P = 423 MW

Das Ziel der weiteren Berechnungen soll darin liegen, dass die Winkeldifferenz�αals Funktion der Laufzahl und spezifischer Drehzahl dargestellt werden kann. DieBetrachtung soll für den Nennbetrieb gelten, sodass die Schaufelauslastung mitϕB = 0.11 angenommen werden kann. Aus Gl. (1.29), für die die AnnäherungDc − Dm = 0.85B gilt, erhält man mit αo = αo1

cosαo1 = km

km +nq(18.4)

Mit gleicher Annäherung und aus Gln. (4.9) und (1.27) ergibt sich

cosαa = km −0.38nq

km +nq(18.5)

Page 230: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

18.2 Düsenschutzdach 217

Analog dazu erhält man aus Gl. (4.11) und (1.27)

cosαb = km +0.38nq

km +nq(18.6)

Aus Gln. (18.4), (18.5) und (18.6) kann die Winkeldifferenz �α gemäß Gl. (18.3)in Abhängigkeit von der Laufzahl und der spezifischen Drehzahl berechnet werden.Die Rechenergebnisse für drei verschiedene Laufzahlen sind in Abb. 18.2 darge-stellt. Bei Pelton-Rädern mit großer spezifischer Drehzahl wird die Winkeldifferenzauch groß. Diese Winkeldifferenz muss berücksichtigt werden, wenn eine zwei-oder mehrdüsige Turbine ausgelegt werden soll. Der Versatzwinkel zwischen zweibenachbarten Düsen muss größer als der Winkel aus Abb.18.2 sein, damit keineBeeinflussungen zwischen den beiden Wasserstrahlen in einer Schaufel stattfindenkönnen. Da in den obigen Berechnungen αo2 = 0 angenommen wurde, ist die be-rechnete Winkeldifferenz�α etwa um 1◦ bis 3◦ kleiner als tatsächlich erforderlich.Für die Auslegung des Versatzwinkels zwischen zwei Düsen soll dies entsprechendberücksichtigt werden. Es ist aus der Berechnung noch zu erkennen, dass die Lauf-zahl die Winkeldifferenz�α nur wenig beeinflusst. Wird die Laufzahl allgemein mitkm = 0.47 verwendet, so gehen die obigen Gleichungen entsprechend auf Gl. (1.30),(4.10) und (4.12) zurück.

Abb. 18.2 Mindestversatzwinkelzwischen zwei Injektoren beimehrdüsigen Pelton-Turbinen

18.2 Düsenschutzdach

Im Fall mehrdüsiger Pelton-Turbinen tritt es häufig auf, dass die Tropfenbildung beieinem Wasserstrahl aus einer Düse den Düsenhut der nachfolgenden Düse beschä-digen wird. Die Bildung von Wassertropfen wurde bereits in Abb. 3.4 (Kapitel 3)veranschaulicht. Die Ursache für die Bildung von Wassertropfen ist die drallbehaf-tete Sekundärströmung im Wasserstrahl, die durch Krümmung der Druckleitung vor

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218 18 Mehrdüsige Pelton-Turbinen

dem Einlauf des Injektors ausgelöst wird. Da die Krümmung der Druckleitung oftunvermeidlich ist, ist die Bildung von Wassertropfen fast nicht zu verhindern. DerEinbau eines Strömungsgleichrichters nach der Rohrkrümmung zur Abdämpfungdes Dralls in der Strömung ist meist schwer zu realisieren. Der Grund ist nicht al-lein in unerwünschten Druckverlusterhöhungen, sondern auch in der Verstopfungs-gefährdung des Injektors zu suchen.

Um den Düsenhut vor dem Tropfenschlag zu schützen, werden oft sogenannteDüsenschutzdächer mit geneigten Wänden verwendet. Bei großen Fallhöhen wer-den die sich bildenden Wassertropfen so schlagkräftig, dass das Material der Dü-senschutzdächer lediglich geringe Standzeiten erreicht. In der Praxis hat sich dieInstallation eines Wasserbeckens auf dem Düsenhut bewährt. Das ständig gefüllteWasserbecken dient zur Absorption der Energie der Wassertropfen. Ein derartigesWasserbecken wurde bereits in Abb. 3.5 vorgestellt. Wegen der ungenauen Positio-nierung des Wasserbeckens entstanden die Materialschäden am Beckenrand.

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Kapitel 19Geometrische und hydraulische Ähnlichkeiten

In den bisherigen Kapiteln sind die hydraulischen Aspekte von Pelton-Turbinen ein-gehend analysiert worden. Die gewonnenen Erkenntnisse tragen zur hydraulischenAuslegung von Pelton-Turbinen bei. Sie dienen zum einen zur Erkennung möglicherPotentiale bei der Erhöhung des hydraulischen Wirkungsgrades und zum anderenals Leitlinie bei der Ausführungsgestaltung. Es ist z. B. aus der Analyse hervor-gegangen, dass die Strömungsreibung die größte Verlustquelle einer Pelton-Turbinedarstellt. Zur Minimierung dieses Verlustes sollen die Schaufeloberfläche stets mög-lichst glatt gehalten werden. Dagegen spielt der Drallverlust nur eine untergeordneteRolle und kann auch nicht weiter effizient verringert werden.

In der langen Geschichte von Pelton-Turbinen sind Entwicklungen bezüglichhydraulischer Aspekte und Wirkungsgrade vorwiegend durch experimentelle Un-tersuchungen vorangetrieben worden. Insbesondere sind Strömungsoptimierungenhauptsächlich durch Modellversuche an Prüfständen erzielt worden. In Anbetrachtder allgemeinen Ähnlichkeitsgesetze der Strömungsmechanik gelten die Ergebnis-se aus Modellversuchen direkt für die Prototypen von Pelton-Turbinen. Vom Mo-dellversuch wird daher die Einhaltung geometrischer und hydraulischer Ähnlich-keiten verlangt. Es ist jedoch auch bekannt, dass im Gegensatz zur geometrischenÄhnlichkeit die hydraulische Ähnlichkeit oft nicht vollständig gewährleistet werdenkann. Für Pelton-Turbinen bedeutet dies, dass die hydraulische Ähnlichkeit z. B. be-züglich der Einhaltung der Reynolds-Zahl nicht gewährleistet ist. Für das ähnlicheStrömungsverhalten in Pelton-Turbinen sind andere Parameter, wie die Laufzahlund Schaufelauslastung, wichtiger als die Reynolds-Zahl. Die Abweichung in Be-zug auf die Reynolds-Zahl hat jedoch Konsequenzen bezüglich des Wirkungsgra-des. Dies begründet sich dadurch, dass die Strömungsreibung in Pelton-Turbinendie größte Verlustquelle darstellt und das Verhältnis der Reibungskraft zu anderenStrömungskräften von der Reynolds-Zahl abhängt. Aus diesem Grund müssen ent-sprechende Bedingungen für die hydraulische Ähnlichkeit in Pelton-Turbinen ohneEinbezug der Reynolds-Zahl vereinbart werden. Die daraus resultierende Abwei-chung im hydraulischen Wirkungsgrad zwischen zwei ähnlichen Turbinen muss ab-geschätzt werden. In der Terminologie der Pelton-Turbinen spricht man z. B. vonder Wirkungsgradaufwertung,wenn aus dem Wirkungsgrad einer Modellturbine der

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220 19 Geometrische und hydraulische Ähnlichkeiten

Wirkungsgrad der ähnlichen Prototypturbine ermittelt werden soll. In den beidenanschließenden Abschnitten werden die geometrischen und hydraulischen Ähnlich-keiten zweier Turbinen definiert, während die sogenannte Wirkungsgradaufwertungim nächsten Kapitel erläutert wird.

19.1 Geometrische Ähnlichkeit

Bereits in Kapitel 1 wurde abgeleitet, dass die Form eines Pelton-Rades sich durchdie spezifische Drehzahl angeben lässt. Dies basiert vor allem auf Gl. (1.27), bei derdas Verhältnis der Schaufelbreite zum Raddurchmesser durch die spezifische Dreh-zahl festgelegt wird. Die Bestimmungsgleichungen von anderen geometrischen Pa-rametern in Abhängigkeit der spezifischen Drehzahl sind in Anhang 3 zusammen-gefasst. Somit ist klar, dass die Form eines Pelton-Rades grundsätzlich durch diespezifische Drehzahl festgelegt wird. Da die spezifische Drehzahl einige Parameter,darunter z. B. die Schaufelzahl eines Pelton-Rades, trotz der Gln. (4.27) und (4.30),nicht exakt angibt, kann bei Pelton-Rädern mit gleicher spezifischer Drehzahl imAllgemeinen noch nicht von geometrischer Ähnlichkeit gesprochen werden.

Die Geometrieähnlichkeit zweier Pelton-Räder gilt nur, wenn die zwei Räderdie gleiche Schaufelzahl und bezüglich sämtlicher geometrischer Größen das glei-che Größenverhältnis haben. Derartige Geometrieähnlichkeit wird immer verlangt,wenn zu einer bestimmten Auslegung eines Pelton-Rades dessen hydraulisches Ver-halten durch einen experimentellen Versuch mit einem geometrisch ähnlichen Mo-dell bestimmt werden soll. Die vollkommene Geometrieähnlichkeit zwischen zweiPelton-Turbinen umfasst auch Geometrieähnlichkeiten bei den Injektoren und derenZulauf sowie der Gestaltung des Turbinengehäuses.

19.2 Hydraulische Ähnlichkeit

In Kapitel 2 wurde die beschränkte Ähnlichkeit von Düsenströmungen gezeigt. Ab-gesehen vom Fallhöheneffekt auf den Durchfluss, welcher in Abschnitt 2.4 demReynoldszahleffekt zugeordnet worden ist, verhalten sich Wasserstrahlen bei ähnli-chen Düsengeometrien gleich. Dies lässt sich daran erkennen, dass die dimensions-lose Durchlasskurve sowie deren Berechnungsformel, z. B. nach Gl. (2.12), sowohlfür das Modell als auch für den Prototyp der Pelton-Turbine gelten. Insbesonde-re gilt auch die erweiterte Ähnlichkeit, dass Düsen mit unterschiedlichen Nadel-steigungswinkeln dem gleichen Ansatz zur Durchflussermittlung folgen, wenn dieeffektive Düsenöffnungsfläche als Referenzfläche zur Berechnung der Durchfluss-zahl nach Gl. (2.19) verwendet wird. Dieses Ähnlichkeitsgesetz konnte bereits mitAbb. 2.4 belegt werden. Ein weiterer Anhaltspunkt für die hydraulische Ähnlichkeitdes Wasserstrahls liegt im Strahl selbst. Innerhalb einer Reallauflänge des Wasser-

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19.2 Hydraulische Ähnlichkeit 221

strahls kann die Strahlerweiterung nach Abschnitt 3.3 im Allgemeinen vernachläs-sigt werden.

Strömungen in geometrisch ähnlichen Schaufeln verhalten sich aus Sicht derStrömungsmechanik ähnlich, wenn alle Kraftverhältnisse in den Strömungen gleichsind oder wenn die Bewegungsgleichungen im gleichen Verhältnis stehen. Aus sol-chen Ähnlichkeitsbedingungen erkennt man, welche dimensionslosen Kennzahleneingehalten werden müssen. Der Einfachheit halber wird die folgende Betrachtungauf reibungsfreie Strömung beschränkt.

Es wird die Strömung in einer rotierenden Schaufel an der Stelle betrachtet, wodie Strömung nach Abb. 19.1 durch die radiale Position R im Rotationssystem ge-kennzeichnet ist. Dort wird ein lokales zylindrisches Koordinatensystem festgelegt,dessen Ursprung im Krümmungszentrum der Schaufeloberfläche liegt. Da die Strö-mung sich kongruent zur Schaufeloberfläche verhält, verschwindet die radiale Kom-ponente der Relativgeschwindigkeit. Die Euler’schen Bewegungsgleichungen wer-den verwendet, wobei für die radiale Komponente gilt:

FR − 1

ρ

∂p

∂r= −W 2

r(19.1)

mit FR als summierende radiale Komponente aller vorhandenen Volumenkräfte. ImRotationssystem sind bei Vernachlässigung der Schwerkraft nur die Zentrifugal-und Coriolis-Kraft wirksam, die jeweils einen Betrag von Rω2 und 2ωW aufweisen.Darum können an Stelle der Kraftkomponente FR in Gl. (19.1) die entsprechendenKomponenten der Zentrifugal- und Coriolis-Kraft eingesetzt werden:

G1 Rω2 + G22ωW − 1

ρ

∂p

∂r= −W 2

r(19.2)

Abb. 19.1 Ausbreitung des Wassers in der rotierenden Schaufel

Page 235: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

222 19 Geometrische und hydraulische Ähnlichkeiten

Dabei gelten G1 und G2 als geometrische Faktoren jeweils für Zentrifugal- undCoriolis-Kraft. Für reine Längsströmung in der Schaufel, z. B. nach Abb. 11.3, wer-den die beiden Faktoren jeweils mit G1 = cosβ und G2 = 1 ermittelt. Gl. (19.2) istdann äquivalent mit Gl. (11.13). Für angenäherte zweidimensionale Querströmungnach Abb. 4.6 verlaufen sowohl die Zentrifugal- als auch Coriolis-Kraft parallel zurOberfläche der Schaufel, sodass G1 = 0 und G2 = 0 gilt.

An der Stelle der betrachteten Strömung in der Schaufel wird Gl. (19.2) über derHöhe h = rb − ro des Wasserfilms integriert. Der Überdruck unter dem Wasserfilmwird dann aus der Integration erhalten

pb

ρ=

rb∫

ro

(G1 Rω2 +2G2ωW + W 2

r

)dr (19.3)

Der erste Term der Integration ist unabhängig von der Integrationsvariable r , wäh-rend aus der Integration des zweiten Terms sich die mittlere Relativgeschwindigkeitergibt. Somit wird aus Gl. (19.3)

pb

ρ= G1 Rω2h +2G2ωWh +

rb∫

ro

W 2

rdr (19.4)

Für die bleibende Integration wird der Mittelwertsatz der Integration verwendet:

rb∫

ro

W 2

rdr = W 2

rb∫

ro

1

rdr = W 2 ln

rb

ro= W 2 ln

rb

rb −h≈ W 2 h

rb(19.5)

Dabei wurde die Approximation aufgrund h � rb gemacht.Mit einer weiteren Annäherung von W 2 ≈ W 2 ebenfalls wegen h � rb wird

Gl. (19.4) in Bezug auf die spezifische kinetische Energie des Wasserstrahls neudargestellt:

pb

ρC20/2

= 2h

R

W 2

C20

(G1

R2ω2

W 2+2G2

W+ R

rb

)(19.6)

Offensichtlich besteht die hydraulische Ähnlichkeit zwischen zwei geometrischähnlichen Systemen, wenn in zwei Systemen die jeweiligen Strömungsgrößen vonh/R, W/C0 und Rω/W gleich sind. Davon ausgehend sollen die bekannten Lauf-zahl und Schaufelauslastung abgeleitet werden.

Es wird zuerst der Kehrwert des Verhältnisses Rω/W d. h. W/U betrachtet,mit U als Umfangsgeschwindigkeit. Aus der Invarianzgleichung nach Gl. (5.18)wird dieses Geschwindigkeitsverhältnis ausgedrückt durch

W 2

U2 = W 21 −U2

1 +U2

U2 = W 21

U21

R21

R2 − R21

R2 +1 (19.7)

Page 236: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

19.2 Hydraulische Ähnlichkeit 223

Das Geschwindigkeitsverhältnis W1/U1 am Schaufeleintritt kann allgemein durchdas Geschwindigkeitsverhältnis Um/C0 dargestellt werden, indem man den Ge-schwindigkeitsplan am Schaufeleintritt betrachtet. Somit ist das Geschwindigkeits-verhältnis W/U in Gl. (19.7) letztlich eine Funktion des Geschwindigkeitsverhält-nisses Um/C0, das in bisherigen Betrachtungen als Laufzahl km bezeichnet wurde.Es gilt somit W/U = f (km). Analog dazu kann das GeschwindigkeitsverhältnisW/C0 in Gl. (19.6) ebenfalls als Funktion der Laufzahl dargestellt werden.

Zum Parameter h/R in Gl. (19.6) wird der Volumenstrom in der Schaufel be-trachtet. In Kapitel 11 wurde im Zusammenhang mit Gl. (11.10) darauf hinge-wiesen, dass die entsprechende Beziehung zwischen der Wasserfilmdicke und demStrahldurchmesser von der Ausbreitung des Wassers in der Schaufel abhängt. All-gemein kann diese Beziehung geschrieben werden als

h

R= G

π

8

1

R

d20

d

W0x,o

W(19.8)

Mit G als geometrischer Richtungsparameter. Für Längsströmung durch die Schau-fel ist G = 2. Gl. (19.8) reduziert sich somit auf Gl. (11.10). Für die Strömung querdurch die Schaufel ist G = 1. Man erhält dann Gl. (6.6).

Gleichung (19.8) verbindet den Wasserdurchfluss mit der Schaufelgröße. Dadie Relativgeschwindigkeit W0x,o mit W0x,o = C0 −Um ausgedrückt werden kann(Kapitel 6) und somit das Geschwindigkeitsverhältnis W0x,o/W eine Funktion derLaufzahl ist, wird Gl. (19.8) umgeformt zu

h

R= G

π

8

B

R

B

d

d20

B2 · f (km) (19.9)

Da die Breite des Wasserfilms d z. B. nach Gl. (11.11) durch den Strahldurchmes-ser errechenbar ist, repräsentiert die rechte Seite der obigen Gleichung, bis auf dieFunktion f (km), die Geometrie eines Pelton-Rades und den Strahldurchmesser. DasVerhältnis d2

0/B2 ist in den bisherigen Betrachtungen als Schaufelauslastung ϕB be-zeichnet worden. Somit wird Gl. (19.6) allgemein ausgedrückt mit

cp = pb

ρC20/2

= f (Geometrie,ϕB,km) (19.10)

Aus dieser Beziehung kann geschlossen werden, dass zwischen zwei Pelton-Turbi-nen mit ähnlicher Geometrie die hydraulische Ähnlichkeit sich nur ergibt, wenn diejeweiligen Laufzahlen und Schaufelauslastungen in beiden Turbinen gleich sind.Die angegebene Gleichung repräsentiert das Leistungsverhältnis in einer Pelton-Turbine, da der Leistungsaustausch zwischen dem Wasser und den rotierendenPelton-Schaufeln letztlich aus der Druckverteilung unter dem Wasserfilm resultiert.Im Abschnitt 6.3 des Kapitels 6 wurde das entsprechende Verhältnis als spezifischerÜberdruck bezeichnet, siehe dazu auch Gl. (6.14).

Page 237: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

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Kapitel 20Modellversuch und Wirkungsgradaufwertung

Aufgrund des komplexen Strömungsverhältnisses in Pelton-Turbinen sind Bestre-bungen zur Verbesserung der Strömungsverhältnisse und zur Erhöhung des hydrau-lischen Wirkungsgrades seit langer Zeit vorwiegend auf den Modellversuch be-schränkt geblieben. Die Übertragung der Beobachtung und Messergebnisse aus demModellversuch in den Prototyp setzt die geometrische und hydraulische Ähnlichkeitvoraus. Aus dem letzten Kapitel ist bekannt, dass unter gegebener geometrischerÄhnlichkeit die hydraulische Ähnlichkeit zwischen zwei Turbinen sich nur ergibt,wenn in beiden Turbinen die Laufzahlen und Schaufelauslastungen jeweils gleichsind. Diese Bedingung für die hydraulische Ähnlichkeit gilt jedoch nur für die Ver-nachlässigung der Einflüsse von Schwerkraft und Reibungen in der Strömung. DerEinfluss der Schwerkraft besteht darin, dass zum einen der Wasserstrahl nach derDüse streng genommen nicht mehr gerade ausgerichtet ist; und zum anderen leistetdie Schwerkraft am Wasser in der Schaufel zusätzliche Arbeit wegen der geodäti-schen Höhendifferenz des Wasser zwischen Ein- und Austritt. Dieser Einfluss mussberücksichtigt bzw. eliminiert werden, wenn es um den Wirkungsgrad geht, der oftbis auf 0.2% genau angegeben werden soll. Der Einfluss der Schwerkraft wird ver-nachlässigbar klein, wenn der Wasserdruck vor der Injektordüse groß genug ist. So-mit kann der Wasserstrahlverlauf nach dem Düsenaustritt im betrachteten Abschnittals geradlinig angenommen werden. Aus diesem Grund wird beim Modellversuchdie Mindestfallhöhe vorgeschrieben. Nach IEC60193 (1999) liegt sie bei ca. 50 m.

Eine direkte Auswirkung der Reibung zwischen Wasser und Schaufelinnenflä-che ist die Verzögerung der Relativströmung in der Schaufel. Nach Kapitel 10 und11 hat diese Strömungsverzögerung kaum Einfluss auf den Austritts- bzw. Drall-verlust, sodass das Strömungsbild in der Schaufel annähernd unbeeinflusst bleibenwird. Dagegen wird nach Kapitel 9, 10 und 11 der Wirkungsgrad der Turbine vonder Reibung beträchtlich beeinflusst. Der Reibungseffekt ist nach Gl. (14.2) in derReibungszahl cw2 bzw. im Reibungsbeiwert cf enthalten und hängt somit von derReynolds-Zahl ab. Wird ein Modellversuch zur Wirkungsgradbestimmung verwen-det, so müssen streng genommen unterschiedliche hydraulische Wirkungsgrade beider Modellturbine und deren Prototyp erwartet werden.

Z. Zhang, Freistrahlturbinen 225DOI: 10.1007/978-3-540-70772-1, © Springer 2009

Page 239: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

226 20 Modellversuch und Wirkungsgradaufwertung

Offensichtlich werden neben der Einhaltung der gleichen Laufzahl und Schaufel-auslastung gemäß Kapitel 19 zusätzlich zwei weitere Bedingungen benötigt, um dieEinflüsse der Schwer- und Reibungskraft auf den Turbinenwirkungsgrad zu erfas-sen. Während der Einfluss der Schwerkraft durch das Einhalten der Mindestfallhöheeliminiert werden kann, wird der Einfluss der Reibungskraft auf den Wirkungsgradoffenbar durch die Reynolds-Zahl erfasst. Die Umrechnung des Wirkungsgradesvon der Modellturbine auf den Prototyp wird als Wirkungsgradaufwertung bezeich-net.

20.1 Wirkungsgradaufwertung

Lange Zeit wurde zur Umrechnung der Wirkungsgrade von Modellturbinen aufderen Prototypen die von Grein et al. (1986b) erfasste Aufwertungsmethode ver-wendet. Es handelt sich dabei um eine empirische Berechnung, die basierend aufden praktischen Betrieb von Pelton-Turbinen aus der Parameteranalyse mittelsΠ-Theorems hergeleitet wurde. Die Rechenmethode ist auch in die IEC60193(1999) aufgenommen worden. In dieser Methode geschieht die Aufwertung der Wir-kungsgrade von Modellturbinen auf deren Prototypen unter Anwendung von dimen-sionslosen Kennzahlen. Neben der bekannten Schaufelauslastung ϕB sind vor allemReynolds-, Froude- und Weber-Zahl als Einflussparameter betrachtet worden. Manwar der Meinung, dass diese drei Kennzahlen die Wirkungsgrade unabhängig be-einflussen. Diese Annahme ist von Zhang (2006a) widerlegt worden, nachdem z. B.die Weber-Zahl durch die Reynolds- und Froude-Zahl eindeutig interpretiert werdenkann. Aus diesem Sachverhalt wurde die alte Aufwertungsmethode neu ausgewer-tet (Zhang 2006a). Die daraus erzielte Vereinfachung der Wirkungsgradaufwertungwird hier dargestellt, wobei die Weber-Zahl nicht mehr benutzt wird.

In den vereinfachten Berechnungen sind lediglich die Reynolds- und Froude-Zahl verwendet worden, die jeweils folgendermaßen definiert sind:

Fr =√

2gH

gB(20.1)

Re =√

2gH · B

ν(20.2)

Dabei bezeichnen H und B die Nettofallhöhe bzw. die Schaufelbreite.Zwischen der Modellturbine und ihrem Prototyp werden entsprechende Verhält-

nisparameter wie folgt gebildet:

CFr = FrP

FrM(20.3)

CRe = ReP

ReM(20.4)

Page 240: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

20.2 Reynolds-Zahl und Strahlkraft 227

Die Aufwertung der Wirkungsgrade von der Modellturbine auf den Prototyp ge-schieht durch Berücksichtigung einer Differenz in den Wirkungsgraden:

ηP = ηM +�η (20.5)

mit

�η = 8.5 ·10−7

ϕ2B

(C0.3

Fr CRe −1)

+5.7 ·ϕ2B

(1−C0.3

Fr

)(20.6)

Die entsprechenden Diagramme sind in Abb. 20.1 dargestellt. Es soll erwähnt wer-den, dass aus vorliegenden Berechnungen mit lediglich Reynolds- und Froude-Zahlen gleiche Aufwertungsergebnisse erzielt werden wie mit der Aufwertung nachGrein et al. (1986b) bzw. nach IEC60193 (1999).

Abb. 20.1 Diagramme zur Aufwertung des Wirkungsgrades von der Modellturbine zum Prototyp

20.2 Reynolds-Zahl und Strahlkraft

In diesem Abschnitt wird die physikalische Bedeutung der in Gl. (20.2) definiertenReynolds-Zahl gezeigt. Nach Gl. (1.34) mit β2 = 180◦ unterliegt die Schaufel einerStrahlkraft von

FSch = 2mcC0 (1− km)2 (20.7)

Der Durchfluss eines Wasserstrahls wird aus mc = ρπ/4 · d20 · √2gH berechnet.

Durch Einsetzen in obige Gleichung folgt mit C0 = √2gH

FSch = πgρ ·d20 (1− km)

2 H (20.8)

Page 241: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

228 20 Modellversuch und Wirkungsgradaufwertung

In Anbetracht der Schaufelauslastung ϕB = d20/B2 wird aus Gl. (20.8)

FSch = πgρ ·ϕB (1− km)2 H B2 (20.9)

Aus dem Vergleich mit Gl. (20.2) erhält man dann

FSch = πρν2

2ϕB (1− km)

2 Re2 (20.10)

Die Reynolds-Zahl repräsentiert in Wirklichkeit nichts anderes als die Strahlkraft,die auf die Schaufel wirkt. Insbesondere für Wasser bei 20◦C sowie für ϕ = 0.11und km = 0.47 ergibt sich

FSch = 50

(Re

106

)2

N (20.11)

Aus Gl. (20.10) kann zur Reynolds-Zahl eine äquivalente dimensionslose Kennzahl,hier als Kraftzahl bezeichnet, definiert werden:

FZ = FSch

ρν2= π

2ϕB (1− km)

2 Re2 (20.12)

Für ϕ = 0.11 und km = 0.47 erhält man

FZ = FSch

ρν2 ≈ 0.05Re2 (20.13)

Obwohl die Kraftzahl die Strahlkraft auf eine Schaufel darstellt und aus der Rey-nolds-Zahl bestimmt werden kann, soll die Strahlkraft nach wie vor auf einfacheWeise direkt aus Gl. (20.7) oder (20.8) berechnet werden.

Page 242: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

Kapitel 21Schaufelfestigkeit und Ähnlichkeitsgesetze

21.1 Dynamische Spannung im Schaufelwurzelbereich

Die Schaufeln einer Pelton-Turbine unterliegen starker dynamischer und periodi-scher Belastung durch den Wasserstrahl und sind daher festigkeitsmäßig hoch be-ansprucht. Die größte Materialbelastung tritt im Schaufelwurzelbereich auf. Bei derAuslegung der Schaufelgeometrie muss immer darauf geachtet werden, dass diemaximale Spannung am Querschnitt im Schaufelwurzelbereich einen vorgegebenenWert nicht überschreiten darf. Die Kräfte, die auf eine Schaufel wirken, sind die pe-riodische Strahlkraft und die konstante Fliehkraft. Zur Auslegung der Schaufelfes-tigkeit muss die Strahlkraft immer unter Volllast berechnet werden. Wie bereits imAbschnitt 1.2.3, ausgehend vom Relativsystem, abgeleitet wurde, siehe Gl. (1.34),tritt die größte Strahlkraft auf, wenn der Austrittswinkel mit β2 = 180◦ angenom-men wird. Daraus folgt

FSch = 2mcC0 · (1− km)2 (21.1)

Eine direkte Abschätzung der Strahlkraft auf die Schaufel ist aus Gl. (20.9) fürϕ = 0.11 und km = 0.47 gegeben

FSch

B2 = πgρ ·ϕB (1− km)2 H ≈ 900H (21.2)

Sie ist der Fallhöhe direkt proportional.Bei Pelton-Schaufeln verursacht diese Kraft ein Biegemoment, das am Schau-

felquerschnitt im Schaufelwurzelbereich die größten Spannungen hervorrufen wird.Wegen der komplexen Schaufelgeometrie können die Spannungen und die Span-nungsverteilung im Querschnitt im Grund genommen nur mit Finite-Elemente-Methoden (FEM) genau berechnet werden. Es besteht jedoch oft das Bedürfnis, diemaximale Spannung im Bereich der Schaufelwurzel auf einfache Weise abzuschät-zen, bevor eine komplexe FEM-Berechnung durchgeführt wird. Zu diesem Zweckwird zuerst die dynamische Strahlkraft nach Gl. (21.1) betrachtet, die auf den Strahl-

Z. Zhang, Freistrahlturbinen 229DOI: 10.1007/978-3-540-70772-1, © Springer 2009

Page 243: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

230 21 Schaufelfestigkeit und Ähnlichkeitsgesetze

kreis Dm = 2Rm wirkend angenommen wird. Wird nach Abb. 21.1 der Querschnittbetrachtet, der eine Entfernung zum Strahlkreis von L hat, so wird das Biegemo-ment am betrachteten Querschnitt berechnet mit

M = FSch · L = 2mcC0 · (1− km)2 L (21.3)

Dieses Biegemoment bewirkt Zug- und Druckspannungen am betrachteten Schau-felquerschnitt. Zur Abschätzung der Normalspannungen wird die lineare Verteilungder Spannungen am Querschnitt angenommen. Dies bedeutet nach Abb. 21.2 mitder entsprechenden Koordinatenfestlegung, dass die Normalspannungen linear umdie neutrale Biegelinie B–B verteilt sind:

σ = a (y −b) (21.4)

Dabei wird die Entfernung der neutralen Biegelinie von der x-Achse durch b be-zeichnet, die vorerst unbekannt bleibt. Ebenfalls unbekannt ist die Konstante a. Esist verständlich, dass oberhalb der Biegeachse (y > b) Zugspannung und unterhalb(y < b) Druckspannung herrschen. Dies gilt nur, wenn die Normalspannung aus derStrahlkraft nicht mit der Zugspannung aus der Fliehkraft überlappt wird.

Abb. 21.1 Strahlkraft auf derSchaufel

Abb. 21.2 Schaufelquerschnittzur Berechnung der Biege-spannung

Page 244: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

21.1 Dynamische Spannung im Schaufelwurzelbereich 231

Zur Bestimmung der Spannungsverteilung an einem Schaufelquerschnitt, d. h.zur Bestimmung der Unbekanten a und b in Gl. (21.4) wird der betrachtete Quer-schnitt in N vertikale Streifen mit einer konstanten Breite s unterteilt. Die unterenund oberen Kanten der Streifen sind jeweils durch y1 und y2 definiert. Weil am be-trachteten Querschnitt nur das Biegemoment vorhanden ist, muss die Summe vonZug- und Druckspannungen gleich Null sein. Die entsprechende Bedingung ist so-mit formuliert durch

N∑

1

⎣y2∫

y1

σ · s ·dy

⎦= a · sN∑

1

⎣y2∫

y1

(y −b) ·dy

⎦= 0 (21.5)

Daraus ist die Bedingung zur Bestimmung der Konstante b gegeben durch

N∑

1

[(y2 −b)2 − (y1 −b)2

]= 0 (21.6)

Die Konstante b muss iterativ berechnet werden. Dies kann leicht durchgeführt wer-den, z. B. mit Hilfe einer Tabellenkalkulation. Mit der berechneten Konstante b wirddie neutrale Biegelinie b–b festgelegt.

Die Bestimmung der Konstante a in Gl. (21.4) erfolgt aus der Bedingung, dassdas über dem Schaufelquerschnitt integrierte Moment gleich dem Biegmoment nachGl. (21.3) sein soll. Die entsprechende Gleichgewichtsbedingung ist dann gegebendurch

N∑

1

⎣y2∫

y1

σ · s (y −b) ·dy

⎦= M (21.7)

Die Spannungsverteilung nach Gl. (21.4) wird eingesetzt. Aus der Berechnung derIntegration erhält man aus Gl. (21.7) die Bedingung zur Bestimmung der Konstan-te a:

a · 1

3s

N∑

1

[(y2 −b)3 − (y1 −b)3

]= M (21.8)

Der Ausdruck auf der linken Seite ohne Konstante a repräsentiert das Flächenträg-heitsmoment J des betrachteten Schaufelquerschnitts um b–b nach Abb. 21.2. Somitkann Gl. (21.8) auch geschrieben werden als

a · J = M (21.9)

Dadurch wird die Konstante a bestimmt.Die größten Zug- und Druckspannungen im betrachteten Querschnitt treten dort

auf, wo maximale und minimale y-Werte der Streifen zu finden sind. Dementspre-

Page 245: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

232 21 Schaufelfestigkeit und Ähnlichkeitsgesetze

chend ergeben sich aus Gl. (21.4)

σmax,Zug = a (ymax −b) (21.10)

σmax,Druck = a (ymin −b) (21.11)

Da diese Spannungen stets an der Oberfläche der Schaufel auftreten, wo keineSchubspannung existiert, dürfen sie als Hauptspannung angesehen werden. Sie re-präsentieren dadurch die maximalen Amplituden der dynamischen Wechselspan-nung, hervorgerufen durch die Strahlkraft.

Neben der periodischen Strahlkraft muss zur Schaufelfestigkeit die konstan-te Fliehkraft berücksichtigt werden, die im Zusammenhang mit der Rotation derSchaufel und dem Schaufelgewicht steht. Zur Berechnung der Fliehkraft kann dieSchaufelmasse mSch auch näherungsweise auf dem Strahlkreis (R = Dm/2) liegendoder knapp darunter mit R = (Dm −0.2B)/2 angenommen werden. Somit berech-net sich die Fliehkraft mit

FFl = mSch · Rω2 (21.12)

Die Masse einer Pelton-Schaufel kann berechnet werden, wenn die Schaufelausle-gung konkret vorliegt. Daher kann zum Abschätzen der Schaufelmasse angenom-men werden, dass das Materialvolumen einer Schaufel das 0.1 fache des Volumensvon B3 ist, mit B als die Schaufelinnenbreite. Die Masse einer Pelton-Schaufel wirddann abgeschätzt mit

mSch = 0.1 ·ρB3 (21.13)

wobei ρ die spezifische Dichte des Schaufelmaterials ist. Für Stahl gilt ρ = 7850kg/m3.

Die aus der Fliehkraft resultierte Spannung am betrachteten Schaufelquerschnitt(A) ist die konstante Zugspannung:

σFl = FFl

A(21.14)

die zur Gl. (21.10) addiert werden soll, um die maximale Zugspannung am Schau-felquerschnitt im Bereich der Schaufelwurzel zu bekommen. Die Überlappung derSpannungen (σmax,zug und σFl) hat eine qualitative Form nach Abb. 21.3. Von Tur-

Abb. 21.3 SchematischeDarstellung der statischen unddynamischen Spannungen imBereich der Schaufelwurzel

Page 246: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

21.2 Ähnlichkeitsgesetze in der Schaufelbelastung 233

binenbauern wird in der Regel verlangt, dass sie die mittlere Spannung σm und diedynamische Spannungsamplitude σa kennen. Diese berechnen sich mit

σa = σmax,zug/2 (21.15)

und

σm = σa +σFl (21.16)

21.2 Ähnlichkeitsgesetze in der Schaufelbelastung

Statische und dynamische Belastungen von Pelton-Schaufeln gelten als Grundla-ge für die Bestimmung der Spannungszustände in den Schaufeln. Zur Berechnungder Spannungen sind aus obigen Betrachtungen nur die Schaufelgeometrie und dieStrahlkraft relevant. Obwohl jede Pelton-Turbine bezüglich ihrer Radgeometrie undder spezifischen Drehzahl immer speziell ausgelegt wird, sind die Schaufelgeome-trien bei Pelton-Turbinen mehr oder weniger immer ähnlich. Mit anderen Wortenunterscheiden sich die Verhältnisse von Schaufelbreite, -länge und -tiefe von Fallzu Fall nicht wesentlich. Diese Ähnlichkeit kann ausgenutzt werden, um die Festig-keitsberechnung wesentlich zu vereinfachen. Liegt z. B. die Festigkeitsberechnungbei einem Pelton-Rad vor, kann davon ausgehend der Spannungszustand im Wurzel-bereich der Schaufel eines anderen Pelton-Rades unter einer anderen hydraulischenBelastung abgeschätzt werden. Dieses Verfahren wird im Folgenden präsentiert.

Es werden zwei Pelton-Räder mit ähnlichen Schaufelgeometrien jedoch unter-schiedlichen Schaufelbreiten (B1 und B2) betrachtet. Aus Gln. (21.8) und (21.9)ist bekannt, dass das Flächenträgheitsmoment J eine Dimension von m4 hat. Ausdiesem Sachverhalt erhält man

J2

J1= B4

2

B41

(21.17)

Andererseits ergibt sich aus Gl. (21.3) mit L2/L1 = B2/B1 das folgende Verhältnisder Biegemomente

M2

M1= mc,2C2

(1− km,2

)2B2

mc,1C1(1− km,1

)2B1

(21.18)

Aus Gl. (21.9) wird das Verhältnis a2/a1 gebildet. Unter der Berücksichtigung vonGln. (21.17) und (21.18) erhält man folglich

a2

a1= M2

M1

J1

J2= B3

1

B32

mc,2C2(1− km,2

)2

mc,1C1(1− km,1

)2 (21.19)

Page 247: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

234 21 Schaufelfestigkeit und Ähnlichkeitsgesetze

Entsprechend ergibt sich aus Gl. (21.10) mit (ymax−b)2(ymax−b)1

= B2B1

das Spannungsverhält-nis

σmax,2

σmax,1= B2

1

B22

mc,2C2(1− km,2

)2

mc,1C1(1− km,1

)2 (21.20)

Dieses Verhältnis dient dazu, dass, ausgehend vom Spannungszustand bei einer Re-ferenzschaufel (Index 1), der Spannungszustand bei einer geometrisch ähnlichenSchaufel (Index 2) direkt berechnet werden kann. Die Betriebsbedingungen, unteranderem die Fallhöhe und die Laufzahl, müssen jedoch nicht gleich sein. Im Ver-gleich mit Gl. (21.1) ist ersichtlich, dass es sich bei Gl. (21.20) um das Verhältnisder Strahlkräfte handelt:

σmax,2

σmax,1= B2

1

B22

FSch,2

FSch,1(21.21)

Diese Beziehung wird als erstes Ähnlichkeitsgesetz bezeichnet. Es lässt sich leichtdurch FE-Berechnungen an zwei ähnlichen Pelton-Schaufeln unterschiedlicher Di-mensionen überprüfen. Wenn die Strahlkräfte im gleichen Verhältnis zum Quadratder Schaufelbreite stehen, dann müssen sich in beiden Schaufeln gleiche Spannun-gen ergeben. Als Beispiel wurden entsprechende Berechnungen an zwei ähnlichenjedoch unterschiedlich dimensionierten (Maßstabfaktor 2.6) CAD Modellen einerPelton-Turbine durchgeführt. Abb. 21.4 zeigt zum Vergleich die Berechungsergeb-nisse. Die für beide Modelle berechneten, fast exakt gleichen Spannungsverteilun-gen jeweils im Kerbenbereich der beiden Schaufeln bestätigen das abgeleitete Ähn-lichkeitsgesetz nach Gl. (21.21).

Gl. (21.20) wird weiter vereinfacht, indem verschiedene Betriebsbedingungenbetrachtet werden.

Fall 1: km,2 = km,1 und ϕB,2 = ϕB,1

Beide Turbinen laufen bei gleicher Laufzahl und unter gleicher Schaufelauslas-tung. Die Bedingung ϕB,2 = ϕB,1 bedeutet nach Gl. (1.21) die Gleichheit vond0,2/d0,1 = B2/B1 mit d0 als Strahldurchmesser. Dementsprechend errechnet sichdas Verhältnis des Massenstroms:

mc,2

mc,1= π/4 ·d2

0,2C2

π/4 ·d20,1C1

= B22C2

B21C1

(21.22)

Damit vereinfacht sich Gl. (21.20) mit C = √2gH als Strahlgeschwindigkeit zu

σmax,2

σmax,1= H2

H1(21.23)

Diese Beziehung wird als zweites Ähnlichkeitsgesetz bezeichnet. Es zeigt, dass diemaximale Spannung in einem Schaufelquerschnitt in erster Linie linear von der Fall-

Page 248: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

21.2 Ähnlichkeitsgesetze in der Schaufelbelastung 235

Abb. 21.4a–c Die aus FEM berechneten Spannungszustände im Schaufelwurzelbereich. Vergleichzwischen ähnlichen Belastungen an zwei ähnlichen Modellen. (a) Originalmodell, (b) Modell auf1/2.6 reduziert, (c) Gesamtübersicht

höhe abhängt. Bei Pelton-Turbinen mit großen Fallhöhen (bis 1800 m) muss derSchaufelfestigkeit eine besondere Beachtung geschenkt werden.

Fall 2: km = const , H = const und B = const

Handelt es sich um eine Pelton-Turbine mit gegebener Schaufelbreite und mit kon-stanter Fallhöhe im Betrieb, dann ist aus Gl. (21.20) zum veränderlichen Durchflussdas Spannungsverhältnis gegeben durch

σmax,2

σmax,1= mc,2

mc,1(21.24)

Unter der Berücksichtigung von mc = ρWπ/4 ·d20 ·√2gH sowie H1 = H2 und B =

const wird aus Gl. (21.24):

σmax,2

σmax,1= d2

0,2

d20,1

= ϕB,2

ϕB,1(21.25)

Page 249: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

236 21 Schaufelfestigkeit und Ähnlichkeitsgesetze

Dieses Verhältnis wird als drittes Ähnlichkeitsgesetz bezeichnet. Es verknüpft dieSpannungen in der Schaufel direkt mit der Schaufelauslastung.

Die hier abgeleiteten Ähnlichkeitsgesetze stellen alle, für die Berechnung dermaximalen Spannungen, die am Rand (ymax) des Querschnitts auftreten, bekanntenGleichungen dar. Tatsächlich gelten sie auch für die Berechnung der Spannung injedem beliebigen Punkt des Schaufelquerschnitts.

Page 250: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

Anhang 1: Parameterbezeichnung

Symbol Einheit Bezeichnung

A m2 FlächeA0 m2 Querschnittsfläche des WasserstrahlsAD0 m2 DüsenmundflächeADe m2 Effektive DüsenöffnungsflächeB m Schaufelbreite innenBa m Schaufelbreite außenC0 m/s StrahlgeschwindigkeitCRe ReynoldszahlverhältnisCFr Froudezahlverhältniscf Reibungsbeiwertcw, cw2 Reibungszahlcp Spezifischer Überdruckd m Wasserfilmbreite in der Schaufeld0 m Strahldurchmesserd2 m Wasserfilmbreite am SchaufelaustrittD0 m DüsenmunddurchmesserDa m Außendurchmesser LaufradDb m Innendurchmesser LaufradDc m Durchmesser des SchaufelnebenschneidekreisesDD m DüsenkanaldurchmesserDK m EntlastungskolbendurchmesserDm m StrahlkreisdurchmesserDN m NadeldurchmesserDs m Spitzenkreisdurchmesser (Mittelschneide)e J/kg Spezifische Energie, spezifische Arbeite W/kg Spezifische LeistungE m2/s2 EnergieinvarianzE J/s Energiefluss

237

Page 251: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

238 Anhang 1: Parameterbezeichnung

Symbol Einheit Bezeichnung

F N KraftFSch N Strahlkraft auf SchaufelFct N/kg Spezifische ZentrifugalkraftFCo N/kg Spezifische Corioliskraftg m/s2 Erdbeschleunigungh m Wasserfilmhöhe in der Schaufelh2 m Schaufeltiefe, gemessen von der Schaufelaustrittskantehb m Schaufeltiefe, gemessen von der Mittelschneidehs m Strahlschichtdistanz zur Radachsehv m FallhöhenverlustH m FallhöheI N ImpulsstromJ kg m2 MassenträgheitsmomentJ m4 Flächenträgheitsmomentkm Laufzahlkm,c Kritische LaufzahlkR0 DurchgangskonstanteL m Hebellänge des Biegmoments bei Schaufelnmc kg/s Massendurchfluss im ortsfesten Koordinatensystemmw kg/s Massendurchfluss im RotationssystemM Nm Drehmomentn 1/s Drehzahlnc 1/s Kritische Drehzahlnq 1/s Spezifische DrehzahlnR0 1/s Reibungsfreie DurchgangsdrehzahlnR 1/s DurchgangsdrehzahlN Schaufelzahlp Pa Statischer DruckP W LeistungQ m3/s Durchfluss in einer Pelton-TurbineQD m3/s Durchfluss bezogen auf eine Düsera m Grundkreisradius der Schaufelaustrittskanterb m Krümmungsradius der Schaufeloberflächers m Grundkreisradius der SchaufelmittelschneideR m RadialkoordinateR m Radiuss m Nadelhubs m Koordinate längs des Strömungswegss1 m Strahlteillänges2 m StrahllängeS m Länge des Strömungswegs von Schaufelein- bis -austrittt s Zeit

Page 252: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

Anhang 1: Parameterbezeichnung 239

Symbol Einheit Bezeichnung

U m/s UmfangsgeschwindigkeitUm m/s Umfangsgeschwindigkeit auf dem StrahlkreisW m/s Relativgeschwindigkeitx , y, z KoordinateY m2/s2 spezifische StutzenarbeitZ Düsenzahl

α ◦ SchaufelstellungswinkelαD

◦ Kontraktionswinkel des DüsengehäusesαN

◦ Nadelsteigungswinkelαs

◦ Schaufelteilungswinkelβ ◦ Relativströmungswinkelγ ◦ Strömungswinkel im Geschwindigkeitsplanε ◦ Keilwinkel der Schaufelmittelschneideεb

◦ Geometrischer Winkel am Schaufelausschnittη Ordinate im ξη-Koordinatensystemηh Hydraulischer Wirkungsgradηm Mechanischer WirkungsgradηM Wirkungsgrad der ModellturbineηP Wirkungsgrad der PrototypturbineηCo Teilwirkungsgrad aus Coriolis-Kraftηct Teilwirkungsgrad aus Zentrifugalkraftηd Teilwirkungsgrad aus direkter ReibungskraftηSt Teilwirkungsgrad aus StoßkraftηQ Reaktionsgrad des Wasserstrahlsκ Zeitfaktorλ Multischaufelzifferμ Reibungskoeffizient (Gleitlager)μ kg/ms Dynamische Viskositätν m2/s Kinetische Viskositätξ Abszisse im ξη-Koordinatensystemρ kg/m3 Dichteσ Pa Druck- bzw. Zugspannungτ Pa Schubspannungτ Positionswinkel des Wasserteilchens in der Schaufelτ1, τ2 s Anfahrzeitkonstanteϕ WinkelϕDo DurchflusszahlϕDe Durchflusszahlψ Druckzahlω 1/s Winkelgeschwindigkeit�ηDiss Wirkungsgradverlust infolge hydraulischer Dissipation

Page 253: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

240 Anhang 1: Parameterbezeichnung

Symbol Einheit Bezeichnung

�ηDr Drallverlust�ηVR Ventilations- und Radreibungsverluste�ηLR Lagerreibungsverlust�ημ Reibungsabhängiger hydraulischer Verlust

Indizes

1 Eintritt2 AustrittCo Coriolisct Zentrifugald Direkte ReibungD DüseDiss DissipationDr DrallF FederFl Fliehkrafth HydraulischLR Lagerreibungm Mechanisch / Mittelwertmax Maximalwertn NormaleN NennwertN NadelR ReibungR DurchgangsdrehzahlR RückstoßSch SchaufelSt Stoßt Tangentialtot TotalVR Ventilations- und Radreibung

Page 254: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

Anhang 2: Definitionen der abgeleiteten Größenund Kennzahlen

Begriffe Definitionen Referenz

Strahlgeschwindigkeit C0 = √2gH Gl. (1.1)

Laufzahl km = Um

C0= nπDm

C0Gl. (1.18)

Durchflusszahl Düsen ϕD0 = QD

π/4 · D20C0

Gl. (2.7)

Schaufelauslastung ϕB = QD

π/4 · B2C0=(

d0

B

)2

Gl. (1.21)

Spezifische Drehzahl nq = n

√QD

H 3/4 = 333ny Gl. (1.22)

Spezifischer Überdruck cp = pb12ρC2

0

= 2 (1− km)2 h

rbGl. (6.14)

Reaktionsgrad ηQ = N

π

(1− n

nR0

)αo Gl. (16.6)

Durchgangskonstante kR0 = αo

tanαoGl. (16.1)

Maximale Durchgangsdrehzahl nR0 = kR0nN

km,BeGl. (16.4)

Froude-Zahl Fr =√

2gH

gBGl. (20.1)

Reynolds-Zahl Re =√

2gH · B

νGl. (20.2)

Kraftzahl FZ = FSch

ρν2 Gl. (20.13)

241

Page 255: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

242 Anhang 2: Definitionen der abgeleiteten Größen und Kennzahlen

Begriffe Definitionen Referenz

Ventilationszahl Vn = g1.5(1+2nq)5/n2

q Gl. (12.10)

Schnellläufigkeit∗ ny = n

√QD

(gH)3/4Gl. (1.23)

Druckzahl∗ ψ = Y/(U2

m/2)

= 1/k2m

Durchmesserzahl∗ δ = Dm/d0

Turbinendurchflusszahl∗ ϕT = 4Q

πD2mUm

= ZϕB

km

B2

D2m

∗ nicht verwendet im vorliegenden Buch

Page 256: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

Anhang 3: Spezifische Drehzahl und ihreAnwendung in Pelton-Turbinen

1. Grunddefinition und äquivalente Darstellungen (1/s)

Grunddefinition äquivalent 1 äquivalent 2

nq = n

√QD

H 3/4nq = 2.63km

d0

Dmnq = 2.63km

√ϕB

B

Dm

Gl. (1.22) Gl. (1.26) Gl. (1.27)

Da die spezifische Drehzahl die geometrische Radform eindeutig wiedergibt,soll sie sich in der Grunddefinition immer aus dem Nenndurchfluss berechnen.Dementsprechend beziehen sich der Strahldurchmesser d0 und die Schaufel-auslastung ϕB in den äquivalenten Darstellungen immer auf die Nennwerte desBetriebs.

2. Anwendung für km = 0.47, ϕB = 0.11 und Dc − Dm = 0.85B

Anwendungen Berechnungen Referenz

Strahldurchmesser d0 d0/Dm = 0.81nq Gl. (1.26)

Schaufelbreite B B = 2.44nqDm Gl. (1.27)

Schaufelstellung a cosαa = 1−0.81nq

1+2nqGl. (4.10)

Schaufelstellung o cosαo = 1

1+2nqGl. (1.30)

Schaufelstellung b cosαb = 1+0.81nq

1+2nqGl. (4.12)

Nebenschneide Dc Dc/Dm = 1+2nq Gl. (1.31)

Geschwindigkeit Uc Uc/C0 = km(1+2nq

)Gl. (1.33)

Max. Laufzahl km,max = 0.5−0.38nq Gl. (7.34)

243

Page 257: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

244 Anhang 3: Spezifische Drehzahl und ihre Anwendung in Pelton-Turbinen

Anwendungen Berechnungen Referenz

kritische Laufzahl km,c = 1

2

(arccos

1

1+2nq− π

N

)1

√nq(1+nq

) Gl. (15.7)

EnergieinvarianzEb

C20

= (1−2km)−0.76nq Gl. (5.28)

Durchgangskonstante kR0 = 1

2

arccos 11+2nq√

nq(1+nq

) Gl. (16.2)

Strahlteillänge s1s1

Dm= 0.46nq√

nq(1+nq

) Gl. (a4.10)

Strahllängenverhältniss1

s2≈ 0.5

1+nqGl. (a4.14)

Schaufelzahl(theoretisch)

N = π

km

2λ−1√

nq(1+nq

) Gl. (4.27)

Schaufelzahl(praktisch)

N = 15+1.3km/nq ≈ 15+0.62/nq Gl. (4.29)

Referenzwinkel fürstoßfreie Zuströmung

ϕa = 1500n2q −610nq +63 Gl. (4.43)

Ventilationszahl Vn = g1.5(1+2nq)5/n2

q Gl. (12.10)

Page 258: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

Anhang 4: Spezifikation des Strahlstücksfür eine Schaufel

Zur Berechnung der Interaktion zwischen dem Wasserstrahl und den rotierendenSchaufeln ist es notwendig, das Strahlstück zu quantifizieren, das in eine Schau-fel eintritt. Dieses Strahlstück ist in Abb. a4.1 durch abcd bezeichnet worden. DerEinfachheit halber wird angenommen, dass die Schaufel einen ebenen Eintritt miteinem Radius von Rc hat. Dieser ebene Eintritt schneidet zur Zeit ta = 0 den Wasser-strahl an der Stelle a auf der oberen Strahlseite. Der entsprechende Positionswinkelder Schaufel ist mit αa bezeichnet, der folgendermaßen berechnet werden kann:

cosαa = Rm −d0/2

Rc(a4.1)

Zur Festlegung der Schnittlinie ab wird provisorisch ein lokales x-y Koordinaten-system an der Stelle a festgelegt. Zu der Zeit t > 0 befindet sich die Schaufelschnei-de (Radius Rc) im Wasserstrahl und wird vom Wasserteilchen erreicht, das bei ta = 0

Abb. a4.1 Bestimmung des Strahlstücks abcd

245

Page 259: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

246 Anhang 4: Spezifikation des Strahlstücks für eine Schaufel

an der Schnittlinie ab lag. Aus dieser Überlegung können folgende Beziehungen er-stellt werden:

x + Rc (sinαa − sinαt)= C0 · t (a4.2)

y = Rc (cosαt − cosαa) (a4.3)

mit αt = αa −ωt . C0 ist die Strahlgeschwindigkeit.Aus diesen zwei Gleichungen wird die Zeit t eliminiert. Daraus ergibt sich:

(y

Rc+ cosαa

)2

+[

x

Rc+ sinαa − C0

ωRcαa + C0

ωRcarccos

(y

Rc+ cosαa

)]2

= 1

(a4.4)

Das ist die Gleichung, die die Schnittlinie ab in der Funktion y = f (x) beschreibt.Um diese Gleichung zu vereinfachen, wird die Beziehung cosαa = (Rm −d0/2)/Rc

verwendet. Wegen d0/2Rc

� RmRc

und |y−d0/2|Rc

� RmRc

wird Gl. (a4.4) linearisiert zu

x

Rc=(

C0

ωRc− Rm

Rc

)1

√1− (Rm/Rc)

2

y

Rc(a4.5)

oder mit km = ωRm/C0 zu

x

Rm= 1√(Rc/Rm)

2 −1

(1

km−1

)y

Rm(a4.6)

Für y = d0 ist nach Abb. a4.1 x = s1. Somit wird aus Gl. (a4.6)

s1

Rm= d0

Rm

1√(Rc/Rm)

2 −1

(1

km−1

)(a4.7)

Die Länge des Strahlstücks s2 wird berechnet aus der Bedingung

�t = s2

C0= 2π

ω · N(a4.8)

zu

s2

Rm= 1

km· 2π

N(a4.9)

mit N als Schaufelzahl der Pelton-Turbine.Unter der Berücksichtigung von Gln. (1.26) und (1.31) für die in der Praxis häufig

auftretende Betriebseinstellung von km = 0.47 kann die Teillänge des Wasserstrahlsin Gl. (a4.7) auch als Funktion der spezifischen Drehzahl dargestellt werden:

Page 260: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

Anhang 4: Spezifikation des Strahlstücks für eine Schaufel 247

s1

Dm= 0.46nq√

nq(1+nq

) (a4.10)

Das Längenverhältnis s1/s2 wird aus Gl. (a4.9) und (a4.10) berechnet:

s1

s2= 0.068nq√

nq(1+nq

)N (a4.11)

Es wurde bereits in den Abschnitten 4.4 und 4.5 aus der sogenannten Koinzidenz-bedingung sowie der Symmetriebedingung die Schaufelzahl gemäß Gl. (4.27) inAbhängigkeit von der spezifischen Drehzahl wie folgt abgeleitet

N = π

km

2λ−1√

nq(1+nq

) (a4.12)

Dabei bezeichnet man λ als die Multischaufelziffer.Diese Gleichung wird in Gl. (a4.11) eingesetzt. Daraus ergibt sich für km ≈ 0.47

s1

s2= 0.45 (2λ−1)

1+nq(a4.13)

und für λ≈ 1.05

s1

s2≈ 0.5

1+nq(a4.14)

Im Allgemeinen beträgt der Wert des Längenverhältnisses s1/s2 zwischen 0.43 und0.46.

Page 261: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

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Page 262: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

Anhang 5: Spezifikation der Schaufelstellungen

In Anhang 4 wurde das Strahlstück abcd , das in eine Schaufel eintritt, berechnet.Für die Beurteilung der Interaktion zwischen dem Wasserstrahl und den rotierendenSchaufeln ist es weiterhin von großer Bedeutung, die entsprechenden Stellungswin-kel der Schaufel zu den Zeitpunkten zu berechnen, bei denen die jeweiligen Wasser-teilchen des Wasserstrahls in die Schaufel eintreten. Nach Abb. a5.1 beginnt (t = 0)die Schaufel bei ihrer Stellung αa den Wasserstrahl an der Stelle a zu schneiden.Nachfolgend erreicht der Wasserpartikel der Stelle b auf der unteren Seite des Was-serstrahls die Schaufel beim Stellungswinkelαb (nicht in der Abbildung dargestellt).Diese zwei speziellen Schaufelstellungen können direkt aus Abb. a5.1 ermittelt wer-den:

Abb. a5.1 Strahlstück abcd mit den entsprechenden Schaufelstellungen

249

Page 263: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

250 Anhang 5: Spezifikation der Schaufelstellungen

cosαa = Rm −d0/2

Rc(a5.1)

cosαb = Rm +d0/2

Rc(a5.2)

Das Wasserteichen im Mittelpunkt o1 der Schnittlinie ab erreicht die Schaufel beider Schaufelstellung αo1 , die gegeben ist durch

cosαo1 = Rm

Rc(a5.3)

Die Zeitpunkte, bei denen alle anderen Wasserteilchen im Strahl die Schaufel er-reichen, können entsprechend berechnet werden. Zur Markierung des Eintritts wirdnach Abb. a5.1 die Verbindungslinie zwischen der Spitze der Schaufelmittelschnei-de und der Drehachse des Pelton-Rades herangezogen. Dies ist zwar etwas will-kürlich, kann aber als nahe der Realität angesehen werden. Ferner vereinfacht dieVereinbarung die Berechnung auch erheblich.

Ein Wasserteilchen im Strahl ist durch p(x, y) definiert und erreicht die Schau-fel zur Zeit t . Die entsprechende Schaufelstellung ist gegeben durch αt = αa −ωt .Aufgrund der Distanzbeziehung nach Abb. a5.1 ergibt sich

C · t = x +(

Rm − d0

2

)· tanαa −

(Rm − d0

2+ y

)· tanαt (a5.4)

Unter der Berücksichtigung von km = ωRm/C0 und αa −αt =ωt wird die Funktionαt = f (x, y) in folgender Form dargestellt

x

Rm= αa −αt

km−(

1− d0

2Rm

)· tanαa +

(1− d0

2Rm+ y

Rm

)· tanαt (a5.5)

Es ist ersichtlich, dass für ein beliebiges Wasserteilchen, welches anfänglich(t = 0) bei p(x, y) lag, der Schaufelstellungswinkel αt, bei dem dieses Wasserteil-chen die Schaufel erreicht, iterativ berechnet werden muss. Für Wasserteilchen aufder Strahlachse (y = d0/2) jeweils an der Stelle o1 und o2 werden die entsprechen-den Schaufelstellungswinkel berechnet aus

s1/2

Rm= αa −αo1

km−(

1− d0

2Rm

)· tanαa + tanαo1 (a5.6)

und

s1/2+ s2

Rm= αa −αo2

km−(

1− d0

2Rm

)· tanαa + tanαo2 (a5.7)

Aus diesen zwei Gleichungen erhält man dann

s2

Rm= αo1 −αo2

km+ tanαo2 − tanαo1 (a5.8)

Page 264: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

Anhang 5: Spezifikation der Schaufelstellungen 251

Mit der Strahlstücklänge s2/Rm, die in Anhang 4 mit Gl. (a4.9) berechnet wurde,wird aus Gl. (a5.8)

αo1 −αo2 = 2π

N+ km (tanαo1 − tanαo2) (a5.9)

Mit dieser Winkeldifferenz wird die sogenannte Koinzidenzbedingung zur Be-schreibung der Interaktion zwischen dem Freistrahl und der Schaufel abgeleitet (Ab-schnitt 4.4).

Da der Schaufelstellungswinkel αo2 normalerweise gegen Null geht, kann dieAnnäherung tanαo2 ≈ αo2 verwendet werden. Somit wird aus Gl. (a5.9)

αo2 = αo1 − km tanαo1 −2π/N

1− km(a5.10)

Die Winkeldifferenz αo1 −αo2 wird dann auch ausgedrückt durch

αo1 −αo2 = km (tanαo1 −αo1)+2π/N

1− km(a5.11)

Die Schaufelstellungswinkel αc und αd, bei denen die Wasserteilchen aus den ur-sprünglichen Stellen c und d aus dem Wasserstrahl in die Schaufel eintreten, könnenjeweils berechnet werden mit

αc = αa − (αa −αc)= αa − (αo1 −αo2) (a5.12)

und

αd = αb − (αb −αd)= αb − (αo1 −αo2) (a5.13)

Dabei wurde (αa −αc) = (αb −αd) = (αo1 −αo2) angenommen. Die Winkeldiffe-renz (αo1 −αo2) ist aus Gl. (a5.11) zu entnehmen.

Page 265: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

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Page 266: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

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Page 269: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

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Sachverzeichnis

A

Ablenkungseffekt 134Ablenkungskraft 135Ablenkungswinkel 135Abströmwinkel 87Ähnlichkeit

Geometrie- 220hydraulische 219, 225

Ähnlichkeitsgesetz 219, 229, 233, 234, 236Anfahrzeitkonstante 202, 203Ausgleichskolbenkraft 39, 40Auslaufversuch 176Austrittsdrall 127, 183

B

Beschleunigungsverlauf 195, 201–204Bewegungsgleichung 77, 78Biegemoment 229–231

C

Coriolis-Kraft 77, 78, 81, 96, 97, 164

D

direkte Reibungskraft 165Dissipation 139, 153, 162, 166Dissipationsrate 139, 140, 166Drallerhaltungssatz 49Drallverlust 127–132, 150–152, 192Druckenergie 15, 25, 26, 70Druckfeder 33, 40Druckzahl 18Dual-Mess-Methode (DMM) 44, 50Durchflusszahl 28, 30–32

Durchgangsdrehzahl 7, 20, 21, 195–197,199, 200

Durchgangskonstante 196, 197, 203Durchmesserzahl 19, 20Durchschleusen 185–187, 195Düsenhut 217Düsenmundstück 25Düsenschutzdach 217Düsenzahl 205

E

Einlaufwinkel 75Ellipsenmodell 208, 209Energieerhaltungssatz 53Energiegleichung 157Energieinvarianz 82, 84, 85, 89, 113Euler-Gleichung 47, 79, 86

F

Fallhöheneffekt 27, 30, 32Fallhöhenverlust 28Federkraft 40, 41Federrate 40FEM 229Flächenträgheitsmoment 231, 233Fliehkraft 229, 230, 232Flow Friction Theorem (FFT) 7, 137, 148,

155Flüssigkeitsreibung 180Froude-Zahl 82, 138, 226

G

Gedankenmodell 104Gleitlager 177, 179, 184Gleitreibung 180Grundkreis 65, 117

257

Page 271: Freistrahlturbinen: Hydromechanik und Auslegung (VDI-Buch)

258 Sachverzeichnis

H

Hammereffekt 67Horizontalturbinen 23, 125hydraulische Leistung 145, 146, 199

I

Impulskraft 99, 100, 161, 163Impulssatz 11, 12, 37, 54, 74Impulsstrom 70, 74Invarianzgleichung 7, 80, 82, 83, 86

K

kinematische Gleichung 158Koinzidenzbedingung 61, 63kombinierter Wirkungsgradverlust 150Kraftzahl 228kritische Drehzahl 188kritische Laufzahl 121, 185, 186

L

Lagerreibungen 179, 198Laser-Doppler-Anemometrie (LDA) 4, 43,

44Laufzahl 17, 19–23, 60–62Leistungskennlinie 199

M

Massenerhaltungssatz 48Massenträgheitsmoment 176, 201mechanische Energie 11mechanische Leistungen 162Mindestfallhöhe 225Mindestschaufelzahl 54, 55, 187Mindestversatzwinkel 215Modellversuch 5, 219, 225Multischaufelziffer 22, 23, 61–63, 110, 134

N

Nadelhub 28–30, 36, 38Nadelkraft 34–36, 38–41Nadelsteigungswinkel 29Nebenschneide 20, 21, 69, 73, 74

P

Polpaarzahl 205, 206Potentialströmung 26, 27, 47

R

Radreibung 184Reaktionsgrad des Wasserstrahls 188, 190,

197Reibleistung 179, 180, 200Reibungsbeiwert 134, 138, 141, 145reibungsfreie Durchgangsdrehzahl 197Reibungskoeffizient 179Reibungsleistung 142, 165Reibungsverlust 181, 183, 192Reibungszahl 137, 139–141, 150Relativdurchfluss 70, 107–109Reynolds-Zahl 30, 138, 219, 226, 227Rotationsströmung 79Rothalpiegleichung 82Rückstoßkraft 37, 38, 40, 41

S

Schaufelauslastung 18, 20–22, 154Schaufelaustrittswinkel 15Schaufelbreite 15, 18, 20, 205–207, 214, 233Schaufelfestigkeit 229Schaufellänge 20Schaufelmasse 232Schaufelmittelschneide 15, 65, 69, 70Schaufelprofil 208, 212, 214Schaufelteilungswinkel 55, 60Schaufeltiefe 208, 210–214Schaufelzahl 15, 61–64Schließkraft 36, 38, 40Schnellläufigkeit 19Schubspannung 134Schutzdach 51Spannungszustand im Wurzelbereich 233spezifische Drehzahl 19–21, 62, 205, 207spezifischer Überdruck 111, 112, 223Spitzenkreisdurchmesser 15Spritzwasser 7, 123, 125Stoßarbeit 75Stoßkraft 54, 69–74, 135, 163, 168Strahleinschnürstelle 28Strahlerweiterung 48, 49Strahlkraft 7, 54, 227, 229Strahlkreis 17Strahlleistung 134, 146Strahlqualität 49, 51Strahlschichtverfahren 83, 84, 183Strähnenbildung 51Stribeck-Kurve 179Stromliniengleichung 27Strömungsablösung 66Stutzenarbeit 18, 86, 87

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Sachverzeichnis 259

Stützkraft 78, 90, 91, 161Symmetriebedingung 59, 61, 63Synchrondrehzahl 206

T

Tropfenschlag 50, 51, 67

U

Überdruck 80, 111, 143, 222Übergangsbereich der Laufzahl 191Übertreibungswinkel 116, 133Umlenkungskraft 73, 79

V

Ventilationszahl 174Verlust

Austritts- 14, 125, 127, 183hydraulischer 45, 145–147, 149, 154, 155Lagerreibungs- 127, 176, 177, 181, 184mechanischer 198Reibungs- 14

Ventilations- 171, 184, 198Versatzwinkel 58, 215, 217Vertikalturbinen 23, 118

W

Wasserfilmhöhe 111, 160Wasserverlust 192Wirkungsgrad

hydraulischer 3, 14, 22, 72, 137, 146, 149,183, 185, 192

mechanischer 184System- 124Teil- 72, 75, 163

Wirkungsgradaufwertung 219, 225, 226Wirkungsgradkennlinie 185, 187, 191, 193,

197

Z

Zeitfaktor 12, 23Zentrifugalkraft 77, 78, 81, 91, 92, 164Zugspannung 230, 232