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8/18/2019 Fragner--Der Schah Im Schriftverkehr Mit Dem Abendland--ZDMG1972
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DER SCHAH IM SCHRIFTVERKEHR MIT DEM ABENDLAND
Von Bert Fragner, Freiburg
Der timuridische Geschichtsschreiber 'Abd ab-Razz€q Samabqandi schil•
dert in seiner Chronik Matla'-i sa'dain eine interessante Begebenheit, die
unsere Aufmerksamkeit darauf lenkt, welche politischen Konsequenzen die
Verwendung einer bestimmten Urkundenkategorie zur Ausfertigung eines
Staatsschreibens mit sich bringen konnte. Nach S€h-Ruhs Ableben war es
dem Timuriden Abu'l-Q€sim B€bur gelungen, seinem verwandten Rivalen
Muhammad b. B€ysunqur die Herrschaft ‚ber F€rs und 'Ir€q-i 'agam zu
entreiƒen, wobei dieser sein Leben verlor. Als Abu'l-Q€sim B€bur d&rsingmg,
seine neuerrungene Macht zu festigen, wurde sie ihm aber von selten des
Turkmenen „ah€nMh Qara-Qoyunl‚ streitig gemacht. Dieser war bislang
loyaler Statthalter S€h-Ruhs in Azarb€yg€n gewesen. Nach dessen Tod
suchte er nach einer Chance, die timuridische Oberhoheit abzusch‚tteln. Die
dadurch entstandene Auseinandersetzung f‚hrte schlieƒlich zum Sieg der
Turkmenen und beendete im Jahre 1452 die timuridische Herrschaft ‚ber
Zentralpersien. Was hatte …ah€nMh zu seinem folgenschweren Entschluƒ
bewogen, gegen Abu'l-Q€sim B€bur zu Felde zu ziehen? H…ren wir hierzu
'Abd ab-Razz€qs Bericht :
,,Mirz€Gah€n€€hTurkm€ngla,\ihte,die Schw€che des siegreichen Heeres ...
[unter anderem] . . . daraus entnehmen zu k…nnen, daƒ . . . nach dem Sieg
‚ber . . . Muhammad [b. B€ysunqur] die Nachricht ‚ber dieses Ereignis
[von Seiten Abu'l-Q€sim B€burs] in Form eines Briefes {makt‚b) abgefaƒt
wurde, dessen R‚ckseite man mit dem herrscherlichen Siegel versah, der•
art erging die Botschaft nach †zarb€yg€n. Dies best€rkte Mirz€ „ah€n€€h
in seiner Annahme (n€mlich, daƒ ^6M7-Q‡sim 5€„Mrs Position geschw€cht
sei), denn es h€tte dem herrscherhchen Zeremoniell eher entsprochen, wenn
ein k…niglicher Erlaƒ (farm€n-i gah€nmut€') vom Typus 'niS€n' an Mirz€
„ah€n€€h ergangen w€re . . ."^
In den persischen Staatskanzleien der Nachmongolenzeit galten die herr•
scherlichen Sendschreiben stets als eine besondere Kategorie von Staats•
schreiben, nicht nur inhaltlich, sondern auch formal. Hierin unterschieden
sich die persischen Kanzleigepflogenheiten deutlich von denen der Osmanen.
Briefe des osmanischen Groƒherrn an ausl€ndische Souver€ne trugen schon
zur Zeit von S‚leym€n dem Pr€chtigen die €uƒeren Merkmale von Erl€ssen,
1 'Abd ab-Razz€q Samabqandi, Matla'-i sa'dain, hg. M. Shafi', Bd. II/2 S.
1035 f.
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wovon uns die Untersuchung osmanischer Herrschcrurkunden vom Typus
ˆmme" - eben Herrscherbriefe - rasch ‚berzeugt. Derartige ˆn€me" k…nnen
stets als Urkunden im Sinne der abendl€ndischen Diplomatik betrachtet
werden : Ihnen liegt ein bestimmtes Formular zugrunde und sie tragen ein
Beglaubigungsmittel (die tugr€). Der rechtsverbindliche Charakter des
ˆn€me" war f‚r das osmanische Kanzleiwesen selbst dann gegeben, wenn
sich der Inhalt nur auf eine bloƒe Mitteilung beschr€nkte. In einem solchen
Fall bezeugt das ˆn€me" eben die Authentizit€t groƒherrlicher Willens•
€uƒerung, und damit galt es als Beweisurkunde*.
Meines Erachtens gilt das soeben Gesagte auch f‚r das herrscherliche
Sendschreiben in Persien. Die Ausfertigung eines Briefes des Schahs an einen
anderen Herrseher und die Anbringung des Herrschersiegels als Beglaubi•
gungsmittel galten in den persischen Staatskanzleien sicherlich als rechts•
symbolische Akte, so daƒ auch persische Herrscherbriefe als Beweisur•
kunden betrachtet werden k…nnen.
Nichtsdestoweniger unterschieden sich die Sendschreiben der persischen
Schahs in ihrer Gestaltung stets unverkennbar von Urkunden, die Erlaĥ
charakter aufwiesen. Die einzelnen Elemente ihres Formulars entsprachen
zwar inhaltlich denen anderer Urkundenkategorien, f‚r ihre Formulierung
galten jedoch besondere Vorschriften. Man war offenbar bestrebt, bei aller Formalisierung die stilistischen Besonderheiten der literarischen Gattung
,, Brief" nach M…glichkeit beizubehalten. Unter diesem Vorzeichen erfolgte
die Entwicklung der inneren und €uƒeren Form des persischen Herrscher•
briefes, auf die ich hiermit n€her eingehen will.
Zun€chst eine Vorbemerkung terminologischer Natur : Sendschreiben der
persischen Schahs an ausl€ndische Herrscher trugen stets die Bezeichnungen
ˆmakt‚b" oder ˆn€m€". Um sie dem osmanischen ,,mme"-Typus gegen‚ber
abzugrenzen m…chte ich beim Versuch, sie als eine besondere Urkundengat•
tung der persischen Diplomatik darzustellen, f‚r diese Briefe den Terminus
ˆmakt‚b" verwenden.
Aus vorsafawidischer Zeit sind uns Herrscherbriefe fast nur abschriftlich
erhalten*. Was die Originale safawidischer ˆmakt‚b" anlangt, so wurde ihre
Publikation im Rahmen der persischen Diplomatik bislang ein wenig ver•
nachl€ssigt. Dennoch konnte ich die Publikationen von insgesamt zehn
* Besonderes Augenmerk widmet diesem Problem Jossr Matuz in seiner
Habilitationsschrift Das Kanzleiwesen Sultan S‚leym€ns des Pr€chtigen, Frei•
burger Islamstudien Bd. V, Freiburg i. Br. 1974, S. lOOf.
* Allerdings kennen wir einen Brief Timurs an Karl VI. von Frankreich,
ver…ffentlicht von de Sacy in Academie des Inscriptions et Beiles Lettres Bd. V I,
Paris 1822, S. 470-522 und in: Bist maq€l€-yi Qazwini, Teheran 1933, Bd. 1 S.
50 ff., nach de Sacy mit Erg€nzungen von Qazwini.
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Original-Sendschreiben safawidischer Schahs an europ€ische Souver€ne
heranziehen : Ein Schreiben 'Abb€s'I. an die Generalstaaten der Niederlande* ;
einen Brief von Schah Safi an Karl I. von England*, einen an die
Generalstaaten' und einen dritten an Ferdinand II.'. Von Sulaim€n liegen
ein Brief an Karl II. von Spanien* und einer an den russischen Zaren' vor.
Drei Briefe an K…nig Ludwig XIV. stammen von Sult€n Husain^", desglei•
chen ein Brief an August den Starken''. Dieses Schreiben vmd Safis Brief an
Ferdinand II. wurden in t‚rkischer Sprache - genauer gesagt in †zari -
abgefaƒt.
Bei n€herer Betrachtung verschiedener abschriftlich ‚berlieferter
ˆmakt‚b" timuridischen und turkmenischen Ursprungs erkennen wir, daƒ
wohl kaum eine andere Urkundenkategorie jener Zeit dem zust€ndigen
Kanzleischreiber die M…glichkeit geboten hat, seinem rhetorischen Talent
imd seiner Beherrschung vielerlei stilistischer K‚nsteleien in so hohem Maƒe
Ausdruck zu verleihen. Die Gestaltung der f‚r den Herrscherbrief als
verbindlich erachteten Urkundenteile unterlag nur beschr€nkt einer vorge•
gebenen Formalisierung. Es kam vor allem auf die literarische Fertigkeit des
Schreibers an. Ihm muƒte es gelingen, die eigentliche Aussage des Briefes in
eine erstaunhche F‚lle von bildhaften Formulierungen, Metaphern, sowie
Zitaten aus Koran und Dichtung zu kleiden.
Die meisten ˆmakt‚b" des f‚nfzehnten Jahrhunderts beginnen mit einer
inscriptio, in der der Name des Adressaten in eine Reihe von manchmal
formelhaften Eulogien eingebettet wird. Diese inscriptio geht in gef€lliger
Weise in eine salutatio ‚ber, wobei oft Koranverse als Ausgangspunkt zu
allgemeinen Betrachtungen dienen, die ihrerseits in einen Gl‚ckwunsch oder
Gruƒ an den Adressaten m‚nden. Nach dieser oft ausladenden, in jedem
Falle neu formuherten Einleitung stoƒen wir auf den Hauptteil des Briefes,
den sogenannten Kontext. Seine Hauptbestandteile, narratio und dispositio,
* H†NB†B† B€y€ni, ,,A8n€d-i t€rihi-yi daur€-yi Safawi" in: B aeeasih€-yi
T†EiHt Jg. III (1347 s.) Nr. 3/4 S. 67-96 (weiterhin zitiert als B€y€ni I). Der
Brief 'Abb€s' I. findet sich auf S. 78 f.
6 Bay€nI I S. 75 f.
6 BAY†Ni I S. 83 f.
' Layos Fekete, ,,lran ‰ahlarmin Iki T‚rkge Mektubu" in: T‚bkiyatMec•
muasi Bd. V (1935), S. 269-274 (weiterhin zitiert als: Fekete) Nr. 1.8 Bay€ni I S. 85 f.
' Bay€ni I S. 88 f.
'Š H€nb€b€ Bay€ni, ˆAsn€d wa-n€m€h€-yi t€rihi-yi daur€-yi Safawi" in :
Babbasih€-yi t€bihI Jg. III (1347 s.) Nr. 5 S. 181-222 (weiterhin zitiert als:
Bay€ni II). S. 187 f., 188 f., 190 f.
" Fekete Nr. 2. Die in Bay€ni I ver…ffentlichten Briefe befinden sich in
London, diejenigen aus Bay€ni II in Paris. Fekete Nr. 1 liegt im Haus-, Hof-
und Staatsarchiv zu Wien und Fekete Nr. 2 im S€chsischen Hauptstaatsarchivzu Dresden.
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f‚r Karl II. von Spanien: K€rl‚s-p€diS€h
f‚r den Zaren : P€dis€h-i kull al-M‚s
f‚r Ludwig XIV. : L‚'is-p€dis€h, L‚'is-p€diMh-i 6ah€rdahum
f‚r August den Starken : Fridrik TJgusd‚s.
Alle zehn Briefe weisen diese kurze Nennung des Adressaten auƒerhalb des
Schriftspiegels auf. Sechs davon haben eine salutatio oben erw€hnter Art.
Von den vier Briefen, auf denen diese salutatio fehlt, stammen drei von
Sult€n Husain, dem letzten Safawidenschah, dazu kommt Sajis Schreiben
an die Generalstaaten der Niederlande. Auf drei Briefen finden wir oberhalb
von salutatio und Nennung des Adressaten eine kurze invocatio, zweimal
ˆhuwa'll€h subh€nuhu"^*, einmal ,,huwa'llah subh€nuhu ta'€l€"^^. Auf allenanderen sieben , ,nmkt‚b" fehlt die invocatio ‚berhaupt , was in krassem Gegen•
satz zu den osmanischen ,,n€nte" steht, die oftmals eine vielzellige Anrufung
Gottes tragen. Der nun folgende Teil der inscriptio ist graphisch vom ‚brigen
Text nicht mehr abgehoben. Mit Ausnahme von drei ,,maktub" Sult€n
Husains^^ stoƒen wir in allen anderen Urkunden auf eine Aneinander•
reihung schm‚ckender Titel [gal€lat-ma'€b, nisfat-intis€b . . .). Sie €hneln den
inscriptiones fr‚herer Herrscherbriefe, erscheinen aber st€rker formalisiert.
Auff€llig ist, daƒ dieser Teil der inscriptio nur in zwei F€llen in einen
syntaktischen Satz ‚bergeht. Ansonsten tr€gt er die Funktion einer Adresse,
die mit dem nachfolgenden Text in keiner Verbindung steht. Die inscriptio
ist bei allen untersuchten Briefen von ziemlich gleichem Umfang : Die Titel
nehmen zwei bis zweieinhalb Zeilen ein. Das Ende der Aneinanderreihung
von Titeln ist stets durch eine Leerstelle in der Zeile gekennzeichnet. Diese
Gepflogenheit l€ƒt sich schnell durch einen Vergleich mit safawidischen -
und auch fr‚heren - Farm€nen erkl€ren: Sie weisen solche Leerstellen im
Text oft dort auf, wo aus dem Zusammenhang heraus die Nenmmg eines
verstorbenen Schahs erwartet wird. Diese Nennung steht tats€chlich auƒer•
halb des Schriftspiegels, am rechten oberen Rand. Man tat dies mit der
Absicht, die besondere Verehrungsw‚rdigkeit des Genannten herauszustrei•
chen. In unseren ˆmakt‚b" entspricht diesem auf die Mongolenzeit zur‚ck•
gehenden Brauch die besondere Abhebung der Namenskurzform des Adres•
saten, die wohl sekund€r durch die bereits beschriebene salutatio erweitert
wurde. In allen vorhegenden F€llen kann die inscriptio nur dann richtig
gelesen werden, wenn an der leeren Stelle die Einsetzung dieses Namens
durchgef‚hrt wird. Offenbar hatte man sich bei der Regelung der graphi•
schen Gestaltung der inscriptio direkt von den kanzellarischen Gepflogen•
heiten der Farm€nausfertigung leiten lassen. Zun€chst sollte durch diese
" BAY†Ni I S. 78, Fekete Nr. 2.
15 Bay€ni I S. 83.
" Bay€ni II S. 188, S. 190, Fekete Nr. 2.
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graphische Besonderheit nur die Verehrung, die dem Adressaten entgegen•
gebracht wurde, ausgedr‚ckt werden. Man faƒte den oberhalb des Brieftex•
tes placierten Namen des Adressaten aber auch als Briefadresse auf und
erweiterte ihn durch die salutatio.
Ich bemerkte vorhin, in den inscriptiones von drei ^lieien Sult€n Husains
seien die schm‚ckenden Titel nicht vorzufinden. An ihre Stelle tritt in allen
drei F€llen die persische - beziehungsweise t‚rkische - ‹bersetzung der
originalen Titulatur des Adressaten ! Diese lautet beispielsweise in dem Brief
an August den Starken so: ˆP‚luniyawa-Litw€niyawa-R‚slya wa-Pur‚siya
wa-M€s€wiya . . u.s.w. . . wil€y€tl€rinin iqb€llu qir€li". Dies entspricht dem
offiziellen Titel dieses Herrschers :,,... rex Poloniae, magnus dux Lithvaniae,
Russiae, Prussiae, Moscoviae . . .u. s.w. . . que". Offenbar pflegte man etwa
seit 1700, in der inscriptio die nichtssagenden, schw‚lstigen Titel alten Stils
dmch die offizielle Titulatur des Adressaten zu ersetzen, um diesem zu
besonderem Gefallen zu sein. Am Brauche der Namenseinsetzung am Ende
der in.scriptio hielt man zun€chst noch fest. Einzig und allein im t‚rkischen
ˆmakt‚b" an August den Starken ist am Ende der inscriptio keine Leerstelle
auszumachen, obgleich der rechts oben stehende Name ˆFridrik TJgusd‚s"
syntaktisch durchaus am Platze w€re.
An die inscriptio schlieƒt in allen untersuchten Schriftst‚cken der Haupt•teil (der Kontext) an. Im Vergleich zu den Herrscherbriefen fr‚herer Jahr•
hunderte, bei denen die stilistische Gestaltung des Kontextes noch besondere
Anforderungen an die Formulierf€higkeit der Schreiber gestellt hatte, stellen
wir in unseren safawidischen ˆmakt‚b" rhetorische Einfallslosigkeit und
Beschr€nkung auf eine geringere Zahl literarischer Klischees fest. Anl€ƒlich
der Er…rterung guter, politischer Beziehungen zwischen dem Lande des
Schahs und dem des Adressaten erscheinen beispielsweise nahezu automa•
tisch folgende Vokabel : mahabbat und mawaddat ; d‚sti und €Sin€'i ; ulfat
und mu'€lafat; ittih€d, yag€n€gi und €hnliche. Der Gebrauch dieser W…rter
ist mit geringen Abweichungen so regelm€ƒig zu beobachten, daƒ die
Vermutung naheliegt, er sei f‚r die Formulierung dieses Themas vorgeschrie•
ben - zumindest aber: empfohlen - gewesen. In Schah Safis t‚rkischem
,, makt‚b" an Ferdinand II. lassen sich die gleichen Formuherungen feststel•
len: bloƒ, daƒ hier anstelle der persischen ,,y€-yi ??M?.s(‚ar"-Bildungen Aus•
dr‚cke wie d…stluq, €Hn€liq und y€g€n€liq(\) verwendet werden. †hnliche
‹bereinstimmung der Wortwahl flnden wir in unseren ‚rkunden auch bei
anderen inhaltlichen Zusammenh€ngen.
Nun zur Gliederung des Kontextes : In nahezu allen unseren Schriftst‚k-
ken finden wir als ‹berleitung von der inscriptio zur narratio zun€chst eine
arenga. Die Funktion der arenga trugen in €lteren Herrscherbriefen wohl jene
S€tze, in die die inscriptiones ‚bergingen. Das trifft nur bei wenigen unserer
safawidischen Sendschreiben zu. Hier ist die arenga zumeist ein Verh€ltnis-
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m€ƒig kurzer, von der inscriptio deutlich abgehobener Satz, auf den die
narratio unmittelbar folgt. In einigen Schreiben finden wir an der Spitze der
narratio noch die Formel ˆba'da h€d€", wie in vielen Briefen des f‚nfzehnten
Jahrhunderts. In den meisten unserer zehn Briefe wird sie durch einen Satz
eingeleitet, dessen Aussage etwa darin besteht, daƒ der k…nigliche Wille das
Folgende f‚r notwendig erachtet, oder daƒ dieses ihm nicht verborgen
geblieben ist. Das entspricht durchaus €hnlichen Formulierungen fr‚herer
Zeit. W€hrend damals jedoch dieser k…nigliche Wille etwa als ra'y-i mulk-
€r€y oder zamir-i munir bezeichnet worden war, heiƒt es in unseren Schrift•
st‚cken: ra'y-i mahabbat, ra'y-i saw€b-num€, a'y-i muw€l€t. Nur noch
selten wird der k…nigliche Wille mit einem verherrlichenden Beiwort ver•
sehen. In den meisten unserer safawidischen ,,makt‚b" dient diese Einleitung
der narratio der Bekundung des Willens zur Freundschaft, Vertrautheit,
Einigkeit und dergleichen. Wir erw€hnten schon, daƒ es bei Briefen an
Gleichrangige aus €lterer Zeit nicht immer leicht ist, eine dispositio zu
erkennen. In den meisten unserer safawidischen Herrscherbriefe wird die
dispositio hingegen wie in Farm€nen deutlich angezeigt : etwa durch ˆmuqar•
rar farm‚dim", ,,pisnah€d-i himmat-i wal€ €n ast" , aber auch durch Verwen•
dung von Formeln, die ehedem ausschlieƒlich zur Einleitung der narratio
dienten, etwa ˆbar zamir-i munir . . . mahfi nam€nad". Inhaltlich handelt es
sich bei diesen dispositiven Teilen der Briefe meist um Vorschl€ge zur
Intensivierung der Beziehungen oder um Privilegien, die der Schah Unter•
tanen des Adressaten angedeihen l€ƒt, verbunden mit der †uƒerung des
Wunsches nach entsprechenden Zugest€ndnissen der Gegenseite.
In allen zehn Urkunden endet der Kontext - gleichg‚ltig ob nur narrati•
ven oder auch dispositiven Charakters - mit einer Formel, die ich schon oben
mit der sanctio anderer Urkundenarten verglich. Sowohl im Schreiben von
'Abb€s I. als auch in allen drei Briefen von Schah Safi besteht diese ˆsanctio"
in der Aufforderung an den Adressaten, alle Persien betreffenden W‚nsche
und Probleme dem Schah offen darzulegen, Freundschaft und Einigkeit zur
Richtschnur beiderseitigen Handelns zu machen und Zwietracht und Ent•
fremdung zu vermeiden. Hierbei wird wiederum ausgiebig von den bereits
erw€hnten einschl€gigen Vokabeln Gebrauch gemacht. Als Gegensatz zu
ˆyag€n€gi" und ,,mu'€lafat" werden oft die Ausdr‚cke ,,big€n€gi" miA ,,mu-
g€yarat" verwendet. Diese Formel endet in allen vier F€llen mit der Phrase :
,,. . . da die Absicht (die zur Ausfertigung dieses Schreibens f‚hrte) die
†uƒerung von Zuneigung und Freundschaft war, wm-de auf ‚berfl‚ssigen
rhetorischen Pomp verzichtet", eine Formulierung, die sich bereits da und
dort in €lteren Brief texten findet. In den Briefen Sulaim€ns und Sult€n
Husains finden wir sanctiones €hnlichen Inhalts, deren Formulierungen
jedoch von dem eben geschilderten Typus sowie auch untereinander ab•
weichen.
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Der letzte Bestandteil unserer safawidischen Herrscherbriefe ist eine
apprecatio, ein Schluƒgebet um g‚nstiges Geschick f‚r den Adressaten. Auch
die apprecatio findet sich schon in €lteren Herrscherbriefen. In unseren
safawidischen ˆmakt‚b" zeichnet sie sich aber dm-ch eine besondere Formu•
lierung aus. Im ˆmakt‚b" von 'Abb€s I. heiƒt es: ˆM…ge sich das Ende der
Angelegenheiten (des Adressaten) entsprechend g…ttlichem Einverst€ndnis
dem Guten zuwenden, und die Belange (seines) Herrschergl‚cks sollen nach
dem Daf‚rhalten des g…ttlichen Willens geordnet sein". Mit Ausnahme der
beiden ˆmaktvh" von Schah Sulaim€n finden wir in allen anderen untersuch•
ten Schriftst‚cken, auch in den in t‚rkischer Sprache abgefaƒten, €hnlich
lautende apprecationes vor. In den zwei Briefen Sulaim€ns allerdings fehlt
die a pprecatio ‚berhaupt.
Im Gegensatz zu vielen €lteren Herrscherbriefen finden sich in keinem
einzigen der zehn hier besprochenen safawidischen makt‚b" Angaben zum
Ort und zum Datum der Ausfertigung. Auƒerdem sind f‚r sie zwei weitere
Auslassungen charakteristisch. Zum einen fehlt in allen zehn Herrscherhrie-
fen die intitulatio, also die Nennung des Absenders. Die Funktion der
intitulatio ‚bernimmt offenbar das herrscherliche Siegel, auf das ich gleich zu
sprechen kommen werde. Auch konnte ich in keinem , ,makt‚b" eine corrobora•
tio - den Hinweis auf das Beglaubigungsmittel - feststellen.Wie steht es nun mit dem Siegel ? Seine Anbringung vollzog sich offen•
bar l€ngere Zeit hindurch nach der gleichen Regel. Schon der eingangs
zitierte 'Abd ab-Razz€q Samabqandi erw€hnt f‚r das f‚nfzehnte Jahrhun•
dert als Charakteristikum des Herrscherbriefes, daƒ er auf der R‚ckseite
gesiegelt wurde". Das Gleiche ist der Fall bei den zwei von Fekete
publizierten Schreiben, und ich vermute dies auch bei den acht anderen
Briefen, obwohl der Herausgeber bedauernswerterweise weder Beschreibun•
gen, noch Faksimiles der R‚ckseiten gibt. Die Tatsache, daƒ keine einzige
der in Faksimile wiedergegebenen Vorderseiten auch nur Spuren eines
Siegels aufweist, l€ƒt diesen Schluƒ zu. Fbketes Beschreibimg des Siegels
auf den beiden Briefen von Safi und Sult€n Husain entnehmen wir, daƒ es
sich in beiden F€llen um das ,,muhr-i Saraf-i naf€z" genannte Staatssiegel
handelt. Dieses Siegel kam bei einem bestimmten Erlaƒ-Typus in Anwen•
dung, dessen man sich unter anderem bei der Ausfertigung von Vertr€gen
mit fremden M€chten bediente. Die Ausstellung solcher Urkunden oblag in
dem Zeitraum, aus dem unsere Briefe stammen, stets der Kanzlei des munSi
" Das Sendschreiben Timurs, auf das in Anmerkung 3 verwiesen wurde, tr€gt
allerdings eine intitulatio, die sich von den i ntitulationes timuridischer Farm€ne
nur durch das Fehlen der Formel ˆs…z‚m‚z" unterscheidet, auƒerdem ist das
Siegel am unteren Teil der V orderseite angebracht.
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Erlaƒform anreden. Dieses safawidische Formular f‚r herrscherliche Send•
schreiben scheint ‚brigens nicht allzulange ‚ber den politischen Untergang
dieser Dynastie hinaus in Verwendung gestanden zu sein. Herrscherbriefen
aus sp€teren Zeiten lagen offenbar andere kanzellarische Vorschriften zu•
grunde.
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TUR 'ABDiN IM 16. JAHRHUNDERT NACH DEN
OSMANISCHEN ItATASTERB‹CHERN
Von Nejat G…y‚nq, Ankara
T‚r 'Abdin ist vom geograpliischen Gesichtspunkt der Name einer in der
S‚dost-T‚rkei gelegenen Hochebene, die sich von der N€he von Mardin im
Westen bis nach Cizre im Osten erstreckt. Die …stliche und n…rdliche Begren•
zung stellt der Tigris dar. Die von Mardin ‚ber Nusaybin nach Cizre gef‚hrte
alte, heute fast verlassene Straƒe bildet die S‚dgrenze dieses Gebietes. Dieses
Land hat eine West-Ost-Ausdehnung von ca. 200 km und eine Nord-S‚d-
Ausdehnung von ca. 150 km.
Mardin ist zwar die bedeutendste Stadt des T‚r 'Abdin, aber die Haupt•
stadt dieses Gebietes ist Midyat, welche heute als ein Kreis (kam) in der
Provinz von Mardin liegt. Die weiteren bekannten St€dte des T‚r 'Abdin
sind Hisn-i Keyfa {Hasankeyf), Nusaybin und Cizre.
In einer syrischen Quelle aus der Mitte des 4. Jahrhunderts wird der Name
T‚r 'Abdin zum ersten Mal bezeugt. Er bedeutet der Berg der Knechte.
Dieses Gebiet war aber schon den Assyrern bekannt und hieƒ Kaschiari-
Gebirge. Abgesehen davon hatten sie f‚r die Mitte dieses Plateaus den
Namen Nirbu gebraucht, sowie Izala, f‚r die Gegend von Mardin'.
T‚r 'Abdin hat eine groƒe Bedeutung f‚r das Christentum, weil diese
Religion sich dort von Edessa (Urfa) aus sehr fr‚h verbreitet hat. Dieses
Gebiet spielt auch eine sehr wichtige Rolle in der Geschichte des morgeni€n•
dischen christlichen M…nchstum. Es ist bekannt, daƒ das erste Kloster im
s‚dhchen Teil des T‚r 'Abdin im 4. Jahrhundert gegr‚ndet wurde, und in
den sp€teren Zeiten entstanden im T‚r 'Abdin zahheiche Kl…ster, die im
Mittelalter die Zahl 80 erreichten.
Unsere Kenntnisse st‚tzen sich auf die arabischen und syrischen Quellen
f‚r das Mittelalter ‚ber den T‚r 'Abdin. In den arabischen Quellen ist jedoch
h€ufig nur von den Randst€dten dieses Gebietes, wie Mardin, Hisn-i Keyfa,
Nusaybin und Cizre die Rede, dagegen vom eigentlichen und inneren T‚r
'Abdin verh€ltnism€ƒig selten. In der Neuen Zeit schlieƒen sich daran die
Berichte der europ€ischen Reisenden, darunter ist Carsten Niebuhb* der
erste (1766). W€hrend seiner Reise von Musul nach Diyarbekir ber‚hrte er den T‚r 'Abdin an seinem S‚drand und schrieb in seiner Reisebeschreibung
1 M. Streck, T‚r 'Abdin, EI, IV, S. 942-3.
2 Reisebeschreibungen nach Arabien und anderen umliegenden L€ndern, Ko•
penhagen, 1778, II, S. 387-8.