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Dr. Nicola Jacobshagen
Forum BGM Ostschweiz
Wertschätzung als wichtiges Konzept
04.12.2018
> Feedback generell
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Feedback
Feedback ist ein wichtiges Führungsinstrument.
Während positives Feedback dazu verhelfen soll gezeigtes Verhalten aufrecht zu erhalten, soll negatives Feedback dazu führen, eine Diskrepanz zwischen dem Soll- und IST-Zustand zu beheben.
Die Forschung zeigt: Ein Drittel aller Feedbacks im Arbeitskontext wird - unabhängig vom Vorzeichen –nicht akzeptiert (=Führungsinstrument funktioniert also nicht in diesen Fällen).
Kluger & DeNisi, 1996
Arten von Feedback
Positiver Inhalt:
LOB
Konstruktive Kritik Destruktive Kritik
Negativer Inhalt:
KRITIK
FEEDBACK
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> Wertschätzung generell
Wertschätzung
Überlegen Sie sich kurz
a) Haben Sie in der letzten Woche eine Wertschätzungssituation erlebt?
b) Haben Sie in der letzten Woche als Führungskraft einem Mitarbeitenden aktiv Wertschätzung gegeben?
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Definition Wertschätzung
> Selbstwert bezieht sich auf die Evaluation der eigenen Person.
(Asendorpf, 2002; Dauenheimer et al., 2002; Mohr, 1991)
> Wertschätzung bezieht sich auf die Evaluation der Person durch andere.
(Semmer & Jacobshagen, 2003)
“The deepest principle in human nature is the craving to be appreciated”.
(James, 1920)
Wertschätzung im Allgemeinen
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> Soziale Beziehungen (Maslow 1968; Deci & Ryan, 2000)> Motivation (Herzberg, 1974) > Selbstwert (Leary, 2007)> Fairness (De Cremer & Sedikides, 2005)> Feedback (Hug, 2003; Yukl, 2002)> Management Stile (Gebert & Rosenstiel, 2002)
> Stress-as-Offense-to-Self (Semmer, Jacobshagen, Meier, & Elfering, 2007)
> Effort-Reward-Imbalance (Siegrist, 1996)
Wertschätzung in der psychologischen Literatur
Wertschätzung – was fehlt?
> Systematische Betrachtung von Wertschätzung am Arbeitsplatz
— Wer gibt sie?
— Wann und Warum?
— Wie wirkt sie sich aus?
> Oder bleiben wir bei „NO News is GOOD News“
> «Nicht getadelt ist gelobt genug» (Preussen)
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> Interviews über 2 erlebte Wertschätzungssituationen
Wertschätzung systematisch untersucht
> Quellen: Vorgesetzte: 44.0%Kollegen: 19.2%Kunden: 24.8%Mischkategorie: 8.8%Andere: 3.2%
> Formen: Loben / Danken: 74.4%Einmalige Belohnungen: 15.2%Verb. Arbeitsbedingungen: 7.2%Anderes: 3.2%
> Ursachen: Ursachen Person: 12.0%Ursachen Arbeit: 84.0%Ursachen Organisation: 1.6%Anderes: 2.4%
Jacobshagen & Semmer, 2009
Wertschätzung systematisch untersucht
N=125
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> Entwicklung einer neuen Skala:
— Quellen: Vorgesetzte, Kollegen, Kunden
— Formen: Lob, Komplimente, Verständnis, Aufmerksamkeit, Dankbarkeit, Belohnungen, Verbesserte Arbeitsbedingungen
— Ursachen: Arbeitsleistung, Persönliche Charaktereigenschaften
Wertschätzung systematisch untersucht
Jacobshagen & Semmer (2009); Jacobshagen & Semmer (2018); Jacobshagen et al. (2008); Semmer
et al. (2015); Meier et al. (2018); Stocker et al. (2010); Stocker et al (2014)
Wertschätzung Vorgesetzte (5 Items; α = .79 - .89)
• Wenn ich eine Aufgabe gut erledige, dann werden mir weitere interessante Aufgaben übertragen.
• Ich bekomme Komplimente von meiner(m) Vorgesetzten für meine Arbeit.
Wertschätzung KollegInnen (5 Items ; α = .77 - .82)
• Es gibt viele Handlungen, die mir zeigen, dass meine ArbeitskollegInnen mir vertrauen.
• Wenn meine ArbeitskollegInnen in schwierige Situationen kommen und ich ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehe, dann schätzen sie das.
Wertschätzung KundInnen (5 Items ; α = .79 - .83)
• Meine KundInnen bringen mir manchmal kleine Geschenke.
• Ich bekomme Komplimente von meinen KundInnen für meine Arbeit.
Wertschätzung systematisch untersucht
Trifft überhaupt nicht zu (1) – Trifft vollständig zu (7)
Gesamtskala: α = . 85 - .89
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> Stichproben
— 228 Berufsoffiziere CH Militär (QS – ohne Kundenitems)
— 133 CH Lehrpersonen (QS – ohne Kundenitems)
— 1377 Schwedische Ärzte und Ärztinnen
— …
— 2 CH Grosskonzernen (LS - 8 Wochen N = 139)
— 4 kantonale Ämter (LS – 8 Wochen N = 211)
— Universitätsspital ( LS – 8 Wochen N = 77)
— …
Wertschätzung systematisch untersucht
Fragestellung
Kann Wertschätzung Varianz erklären in
Ressentiments gegenüber Organisation (Geurts et al., 1999)
Arbeitszufriedenheit (Baillod & Semmer, 1994)
auch wenn kontrolliert wird für Handlungsspielraum (Semmer et al., 1995)
Soziale Unterstützung (Frese, 1989)
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> JA für beide AV im Querschnitt
> Gesamtskala: 3-6% Varianz
> Subskala VG: 2-4% Varianz
> Subskala Kollegen: 1-3% Varianz
> Subskala Kunden: 2-4% Varianz
> Und im Längsschnitt: Ja, für Ressentiments (2 Stichproben)
Wertschätzung systematisch untersucht
> Entwicklung eines Tagebuchs
— Wer gibt wann wie Wertschätzung und wie wirkt sie sich aus
— Analyse über 5 Arbeitstage
— Bis zu 10 Wertschätzungssituationen + chronischer Fragebogen
Wertschätzung systematisch untersucht
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> Stichprobe der Tagebuchstudie
— N=85 (50 SchweizerInnen und 35 Deutsche)
— 39 Männer
— Alter M=42 Jahre (19 – 62 Jahre)
— Beschäftigungsdauer M=11 Jahre (0.5 – 42 Jahre)
Wertschätzung systematisch untersucht
> Anzahl berichteter WS-Situationen
—282 insgesamt (von 75! Personen statt 85)
= 10 Personen berichteten keine einzige Wertschätzungssituation
Wertschätzung systematisch untersucht
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> Auftrag war eher unklar, habe ihn beim ersten Mal zur vollsten Zufriedenheit ausgeführt. Chefin bedankte sich.
> Eine Frau beschreibt, warum sie ausgerechnet wieder zu mir kommen möchte. Sie fühlt sich frei und zielorientiert betreut.
> Marienkäfer aus Schokolade erhalten, als Dankeschön für die Arbeit.
Wertschätzung systematisch untersucht
> Arbeitsgruppe wurde von Chef zum Essen auf Firmenkosten eingeladen.
> Der Betrieb startet im Frühling eine PR-Aktion: Da so mehr Arbeit, will mein Vorgesetzter wegen meiner guten Arbeit und meinem grossen Engagement mich 20% mehr anstellen.
> Auf einer Kundenveranstaltung, zu der ich eingeladen war, begrüsste mich der Gastgeber mit den Worten: "Da kommt die wichtigste Frau des Unternehmens." Leider hat das mein Chef nicht gehört.
Wertschätzung systematisch untersucht
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> Anzahl berichteter WS-Situationen
— 282 insgesamt (von 75 Personen)
Wertschätzung systematisch untersucht
0=10 Personen1=10 2=143=134= 95=156=107= 2
10= 2
> Anzahl berichteter WS-Situationen wird beeinflusst durch ...Stressoren?Ressourcen?Befinden?Persönlichkeit?Demographische Variablen?Anstellungsbedingungen?
Wertschätzung systematisch untersucht
Es gibt nur eine signifikante Korrelation ...
Diese ist nur signifikant für die deutsche Stichprobe ...
Bruttolohn r=.372, p=.039, N=31
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Weitere deskriptive Ergebnisse (N=282)
> Quelle der WS (Anzahl Situationen)VG=77, Kollegen=99, Kunden=91, Andere=11, Kombi=4
> Form der WSLob=219, Belohnung=17, verb. Arbbed.=5, Anderes=41
> Ursache der WS (1 Missing)Leistung=163, Person=51, Kultur=4, Andere=21, Kombi=42
Wertschätzung systematisch untersucht
Weitere deskriptive Ergebnisse (N=282)
> Auswirkungen der WS (Anzahl Situationen)
Höhere AZ = 200
Höhere Motivation = 162Höhere Leistungsfähigkeit = 35Überforderung = 2Höheres Verantwortungsbewusstsein = 36Höheres Commitment = 35KEINE Veränderung = 39
Wertschätzung systematisch untersucht
Mehrfachantwort möglich
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Statistische Ergebnisse (Multilevel-Analysen, N=282)
> Wenn ich von einem Vorgesetzten Wertschätzung bekomme, dann— fühle ich mich optimistischer und bin enthusiastischer— fördert es mehr die Leistung
als wenn durch andere Quellen
> Wenn ich von einem Kollegen/In Wertschätzung bekomme, dann — fühle ich mich weniger fröhlich und energievoll— fördert es weniger die Arbeitszufriedenheit
als wenn durch andere Quellen
> Wenn ich Lob erhalte, dann— fühle ich mich kompetenter und mein persönlicher Selbstwert steigt
mehr als wenn durch andere Belohnungen
Wertschätzung systematisch untersucht
Fazit
> Wertschätzung erklärt Varianz in Befinden über andere Ressourcen
hinaus – auch im Längsschnitt
> Fördert u.a. Motivation und Zufriedenheit
> Kunden sind eine häufige Quelle von Wertschätzung
> WS durch KollegInnen als Quelle wirken sich schwächer als WS
durch andere Quellen (eher selbstverständlich?)
> Belohnungen werden gegeben, aber
haben schwächere Auswirkungen als andere
Wertschätzungsformen
Möglichweise lassen sie manchmal die WS weniger spürbar
werden
WS kann viele Formen annehmen! Phantasie entwickeln!
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Implikationen
> Eine wertschätzende Kultur im Unternehmen aufzubauen, ist eine
effiziente Art, um Befinden und Einstellungen gegenüber der
Organisation zu verbessern.
> Ergebnisse deuten an, dass Vorgesetzte besonders wichtig
> WS ist in dem Sinne „gratis“, als viele WS-Formen kein Geld kosten
(und Belohnungen scheinen besonders wenig effizient zu sein)
> WS ist allerdings teuer in der „Währung“, in der viele Vorgesetzte arm
sind: Sie kostet Zeit
Und die Führungskräfte?
> Sehr wenige wissenschaftliche Publikationen
> Ergebnisse deuten an, dass Vorgesetzte besonders wichtig sind
> Diese werden von ihren Mitarbeitenden nur selten geschätzt
> Aber wenn ein gewertschätzer MA weniger Stress erlebt, wäre es
dann nicht auch sinnvoll Führungskräfte zu schätzen?
> Vorträge für MA genauso wie Seminare für Führungskräfte
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Literatur (Auszug) Jacobshagen, N. (2018). Einmal Lob hier, bitte. Psychoscope, 6, S. 22-24.
Jacobshagen, N. & Semmer, N. K. (2009). Wer schätzt eigentlich wen? Kunden als Quelle der Wertschätzung am Arbeitsplatz.
Wirtschaftspsychologie, 1, 11-19.
Jacobshagen, N. & Semmer, N.K. (2018). Kann das Sinnerleben durch illegitime Aufgaben erschüttert werden? In S. Badura, A.
Ducki, H. Schröder, J. Klose, & M. Meyer (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2018, 133-142. Berlin: Springer.
Jacobshagen, N., Oehler, N., Stettler, E., Liechti, S., & Semmer, N. K. (2008, November). Appreciation at Work: Measurement and
Associations with Well-Being. Poster presented at the 8th Conference of the European Academy of Occupational Health
Psychology in Valencia, Spain.
Semmer, N. K. & Jacobshagen, N. (2003). Selbstwert und Wertschätzung als Themen der arbeitspsychologischen
Stressforschung. In K.-C. Hamborg & H. Holling (Eds.), Innovative Personal- und Organisationsentwicklung (pp. 131-155).
Göttingen: Hogrefe.
Semmer, N. K., Jacobshagen, N. & Meier, L. L. (2006). Arbeit und (mangelnde) Wertschätzung. Wirtschaftspsychologie, 2, 87-95.
Semmer, N. K., Jacobshagen, N., Meier, L. L., & Elfering, A. (2007). Occupational stress research: The „Stress-As-Offense-to-Self“
perspective. In J. Houdmont & S.McIntyre (Eds.), Occupational health psychology: European perspectives on research, education
and practice, Vol. 2 (pp. 43-60). Castelo da Maia, Portugal:ISMAI Publishing.
Semmer, N.K., Jacobshagen, N., Meier, L., & Elfering, A. (2015). Illegitimate tasks as a source of work stress. Work & Stress,
Semmer, N.K., McGrath, J.E., & Beehr, T.A. (2005). Conceptual issues in research on stress and health. In C.L. Cooper (Ed.),
Handbook of Stress and Health (2nd ed., pp. 1-43). New York: CRC Press.
Semmer. N. K., Tschan, F., Meier, L. L., Faccin, S., & Jacobshagen, N. (2010). Illegitimate Tasks and Counterproductive Work
Behavior. Applied Psychology: An International Review, 59 (1), 70-96.
Stocker, D., Jacobshagen, N., Semmer, N. K., & Annen, H. (2010). Appreciation at Work in the Swiss Military Forces. Swiss
Journal of Psychology, 69 (2), 117-124.
Nicola Jacobshagen, Psychologin Dr. phil.
Marktgasse 61
CH - 3011 Bern
Tel +41 - (0) 79 – 329 49 89
Email: [email protected]
Web: www.jacobshagen.ch
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