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Ferdinand Wenzlaff/Christian Kimmich/Oliver Richters Theoretische Zugänge eines Wachstumszwangs in der Geldwirtschaft ZÖSS ZENTRUM FÜR ÖKONOMISCHE UND SOZIOLOGISCHE STUDIEN Discussion Papers ISSN 1868-4947/45 Discussion Papers Hamburg 2014

Ferdinand Wenzlaff/Christian Kimmich/Oliver Richters · als Memorandum beim Denkwerk Zukunft erschienen (Wenzlaff et al. 2012). Wir danken Karl Betz, Hans Christoph Binswanger und

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Ferdinand Wenzlaff/Christian Kimmich/Oliver Richters Theoretische Zugänge

eines Wachstumszwangs

in der Geldwirtschaft

ZÖSS ZENTRUM FÜR ÖKONOMISCHE UND SOZIOLOGISCHE STUDIEN

Discussion Papers

ISSN 1868-4947/45 Discussion Papers Hamburg 2014

Theoretische Zugänge eines

Wachstumszwangs in der Geldwirtschaft

Ferdinand Wenzlaff Christian Kimmich Oliver Richters

Discussion Paper ISSN 1868-4947/45

Zentrum für Ökonomische und Soziologische Studien Universität Hamburg September 2014

Impressum:

Die Discussion Papers werden vom Zentrum für Ökonomische und Soziologische Studien veröffentlicht. Sie umfassen Beiträge von am Fachbereich Sozialökonomie Lehrenden, Nachwuchswissenschaft-lerInnen sowie Gast-ReferentInnen zu transdisziplinären Fragestellungen.

Herausgeber/Redaktion:

Zentrum für Ökonomische und Soziologische Studien (ZÖSS) [email protected] Fachbereich Sozialökonomie Universität Hamburg – Fakultät WISO Welckerstr. 8 D – 20354 Hamburg

Download der vollständigen Discussion Papers: http://www.wiso.uni-hamburg.de/fachbereiche/sozialoekonomie/ forschung/zoess/publikationen/discussion-papers/

Wenzlaff/Kimmich/Richters: Theoretische Zugänge eines Wachstumszwangs in der Geldwirtschaft

* Die Arbeit entstand im Rahmen der Wissenschaftlichen Arbeitsgruppe nachhaltiges Geld, einem Projekt von Wirtschaft Menschlich e.V.: http://www.geld-und-nachhaltigkeit.de. Die Forschungsarbeit wurde auch durch das Denkwerk Zukunft in Bonn angeregt und finanziell unterstützt. Eine frühere Fassung ist als Memorandum beim Denkwerk Zukunft erschienen (Wenzlaff et al. 2012). Wir danken Karl Betz, Hans Christoph Binswanger und Arne Heise für hilfreiche Kommentare zu früheren Versionen.

Abstract*

Dieses Papier adressiert die Frage der Vereinbarkeit einer positiven Zinsrate mit einer nicht mehr wachsenden Wirtschaft. Die Analyse erfolgt anhand verschiedener Ansätze, die uns dazu dienen, Perspektiven einer Theorie der Wachstumsnotwendigkeit in der Geldwirtschaft zu entwickeln. Neben einem sehr breit angelegten Review und der systematischen Darstellung von Ansätzen leisten wir drei analytisch wertvolle Beiträge: Erstens bereiten wir die Forschungsfelder zur Goldenen Regel und zum Zins-Wachs-tums-Differential als Ansätze einer Wachstumsnotwendigkeit auf. Zweitens widerlegen wir die mancherorts zu findende These, dass allein die Kreditgeldschöpfung bereits zu einem Wachstumszwang führen würde, da der Zins eine ständige Ausweitung der Geldschöpfung bedinge. Wir zeigen auf, dass nicht die Geldschöpfung an sich zu pro-blematisieren ist, sondern der Wachstumszwang eine Folge einkommensabhängigen Sparens in Kombination mit einem über den Vermögensmarkt zu bestimmenden Zinssatz ist. Drittens skizzieren wir ein Zentralbankdilemma aus monetärkeynesiani-scher Perspektive, welches darin besteht, dass die Notenbank aus beschäftigungspoliti-schen Überlegungen heraus den Diskontsatz senken müsste um Wachstum zu stimulie-ren, ihn aber zur Stabilisierung der Währung und Vermeidung von Blasen mittelfristig anheben muss und damit wirtschaftliche Stagnation induziert. Das Dilemma drückt die paradoxe Situation entwickelter Geldwirtschaften aus, eine inhärente Tendenz zur Stagnation aufzuweisen und gleichzeitig Wachstum zu benötigen, um die negativen Auswirkungen der Stagnation auf Beschäftigung und Verteilung zu lindern. Die gewählten Ansätze eröffnen weiteren Forschungsbedarf zur theoretischen Vertiefung und empirischen Prüfung der aufgeworfenen Fragen und Thesen.

Keywords: Wachstumszwang, Goldene Regel der Kapitalakkumulation, Zins-Wachs-tums-Differential, Zentralbankdilemma, Monetärkeynesianismus

Ferdinand Wenzlaff, Leuphana Universität Lüneburg, Institut für Unternehmensent-

wicklung; [email protected]

Christian Kimmich, Eidgenössische Forschungsanstalt WSL Umwelt- und Ressourcen-

ökonomie; [email protected]

Oliver Richters, ICBM, Universität Oldenburg, Theoretische Physik / Komplexe Sys-

teme; [email protected]

Wenzlaff/Kimmich/Richters: Theoretische Zugänge eines Wachstumszwangs in der Geldwirtschaft

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I. Einleitung

„Eine kapitalistische Wirtschaft, die nicht mehr wächst,

kann auch nicht mehr einfach auf dem gleichen Niveau weitermachen,

sondern entwickelt eine negative, auf Rückgang und Schrumpfung gerichtete Dynamik.

Das ist kein Wunschtraum, sondern ein Alptraum.“

(Christoph Deutschmann, 2013: 16)

Die Beschäftigung mit der Frage des langfristigen Zustands kapitalistischer Ökonomien lässt sich mindestens bis zu den Gründern der klassischen politischen Ökonomie zurückverfolgen.1 Damit entstand die Frage nach den Treibern des Wachstums, aber ebenso nach den Ursachen sinkender Wachstumsraten. Je nach Annahmen und Methode endeten viele Überlegungen in der paradoxen Schlussfolgerung, dass die Idee der statio-nären Ökonomie erwünscht aber unrealistisch, oder aber realistisch und unerwünscht sind. Vor gut 15 Jahren erschien ein Band zur Annäherung an die kontroverse Frage des Beitrages des Geldes zur wirtschaftlichen Dynamik. Die Beiträge reichen

„von der Einschätzung einer von der Geldwirtschaft ausgehenden Dynamik

in Richtung wirtschaftliches Wachstum bis hin zur These des Wachstums-

zwangs in einer Geldwirtschaft. Es ist unseres Wissens das erste Mal, dass

die mit dieser These verbundenen Fragen in einer derartigen Bandbreite so

unterschiedlicher Ansätze und theoretischer Zugänge diskutiert werden.“2

Kurz darauf gab Greenpeace die Klärung der Frage in Auftrag, ob auf Wirtschafts-wachstum mit seinen ökologischen Folgen verzichtet werden kann und inwieweit sozial-ökonomische Zukunftsprobleme anders als durch Wachstum gelöst werden können. Der dafür vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung organisierte Work-shop „Zukunftsgestaltung ohne Wirtschaftswachstum?“ kam zu dem Schluss, dass ein stationäres System ohne Wachstum eine Reihe von kaum erreichbaren Charakteristika aufweisen müsste:

„Die Initiatoren und wohl auch die meisten Teilnehmer des Workshops

waren sich einig darin, daß eine Begrenzung des Wirtschaftswachstums als

originäres Ziel einer Nachhaltigkeitspolitik nicht sinnvoll sein kann. [...

Denn es zeigt sich,] daß ein stationäres marktwirtschaftliches System, das

hier mit Nullwachstum des realen Sozialproduktes gleichgesetzt wird, hoch-

gradig instabil ist und die heute existierenden Beschäftigungsprobleme mas-

siv ansteigen lassen würde. [...] Fazit: In einer stationären Volkswirtschaft

gelten außerordentlich restriktive Gleichgewichtsbedingungen: Sparen und

Nettoinvestitionen sind Null, falls Gewinne erwirtschaftet werden, müssen

sie – abgesehen von Konsumenten- und Staatskrediten – vollständig konsu-

1 Vgl. Milgate und Stimson (2011: 186–216) und Kerschner (2010) für eine knappe „history of the

steady-state economy“. 2 Biervert und Held 1996: 10f.

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miert werden. [...] Insbesondere müßte die Rolle der Zinsen und die

weitreichende Frage der Zinshöhe genauer geklärt werden.“3

Wesentliches Ergebnis war daher, dass eine Begrenzung des Wachstums zugunsten ökologischer Nachhaltigkeit nur auf Kosten sozial-ökonomischer Stabilität erreichbar ist. Eine Wachstumsbeschränkung sei daher aus sozialen Gesichtspunkten problema-tisch. Was aber, wenn sich die Frage der Wahl nach Wachstum oder keinem Wachstum gar nicht stellt?4 Nimmt man an, dass zukünftig keine nennenswerten Wachstumsraten erzielt werden können, so müsste eingehender geprüft werden, inwiefern die Geldwirt-schaft auf Wachstum angewiesen ist oder Wachstumszwänge auslöst, und wo Ansatz-punkte zur Adaptation und Überwindung möglicher Zwänge liegen. Wachstumszwang und Wachstumsnotwendigkeit werden hier als Synonyme angesehen und folgendermaßen definiert: die Ökonomie befindet sich in einem Zustand, in dem sie Wachstum bräuchte, um den Zustand aus sozialen Gesichtspunkten der Einkommens- und Beschäftigungsmöglichkeiten heraus zu verbessern. Wir unterscheiden daher zwei Gleichgewichte: Das eine Gleichgewicht leitet sich positiv-analytisch aus dem Zusam-menspiel makroökonomischer Schlüsselvariablen (insb. Volkseinkommen, Sparquote, Zinssatz) ab, während sich das andere Gleichgewicht normativ als sozialökonomisches Gleichgewicht begründet. Das sozialökonomische Gleichgewicht kann nicht eindeutig definiert werden. Wir schlagen jedoch folgende Arbeitsdefinition vor, die sich nicht an absolut zu bestimmen-den Größen orientiert, sondern einer Prozessperspektive unterliegt: Eine Ökonomie ist dann in einem sozialen Gleichgewicht, wenn sozialökonomische Größen wie Einkommensspreizung, Vermögensverteilung, Höhe der Sozialtransfers, Volumen der bereitgestellten öffentlichen Güter und Staatsverschuldung eine stabile und anpassungs-fähige Wirtschaft ermöglichen. Als Approximation für dieses nicht eindeutig zu bestim-mende Bündel an Bedingungen eines sozialen Gleichgewichts kann die Vollbeschäfti-gung dienen. Vollbeschäftigung ist definiert durch die Abwesenheit unfreiwilliger Arbeitslosigkeit und bildet die Referenz für ein soziales Gleichgewicht. Zweifelsohne kann sich unter Vollbeschäftigung immer noch ein soziales Ungleichgewicht verstecken. So könnte durch Senkung von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe und Ausweitung eines Niedrig-lohnsektors die Arbeitslosigkeit gesenkt werden; ebenso könnte man sich schulden-finanzierte Beschäftigungsmaßnahmen des Staates vorstellen – beide Lösungen sind jedoch nicht nachhaltig, insofern man Grenzen der Lohnsenkung oder der Staatsver-schuldung annimmt. Dennoch erscheint die Arbeitslosenrate (von Messfehlern abge-

3 Blazejczak 1998: IVff.; Priewe 1998: 19ff. 4 Zunehmend wird die These aufgestellt, dass keine nennenswerten Wachstumsraten mehr erzeugt

werden sollten oder können, vgl. z.B. Paech 2012; Seidl und Zahrnt 2010; Miegel 2010. Das Institut für Wachstumsstudien (2005) prognostiziert anhand einer Extrapolation für Deutschland langfristige Wachstumsraten um 1%.

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sehen) als der repräsentativste Indikator der sozialen Ausgewogenheit der Ökonomie.5 Die „Differenz“ von einem Gleichgewicht mit Unterbeschäftigung zu einem mit Voll-beschäftigung steht für die Wachstumsnotwendigkeit. Unsere keynesianisch begründete Analyse wird zeigen, dass entwickelte Geldwirt-schaften eine inhärente Tendenz zu einem Unterbeschäftigungsgleichgewicht bzw. zur Stagnation aufweisen. Der eher normativ-negativ verwendete Begriff Stagnation ist in einem mittelfristigen Zeithorizont gedacht und trägt unfreiwillige überzyklische Unter-beschäftigung als wesentliches Charakteristikum. Er ist nicht zu verwechseln mit dem klassischen Begriff der stationären Ökonomie, der eher mit Vollbeschäftigung und Null-wachstum (sowie Nullzins) einhergeht.6 Letztendlich entspricht ein stationärer Zustand auch einem sozialen Gleichgewicht, da er die Anpassung der Wirtschaft an das gesell-schaftlich gewünschte Aktivitätsniveau erlaubt. Nur eine stagnierende Wirtschaft kann einem Wachstumszwang ausgesetzt sein. Stagnation und Unterbeschäftigungsgleich-gewicht drücken daher „die Lücke“ zum Potenzial der Wirtschaft bei Vollbeschäftigung bzw. zum Zustand des sozialen Gleichgewichtes aus. Die Forschung zum Wachstumszwang hat daher nicht zum Gegenstand, ob und warum

eine Wirtschaft wächst. Das fällt dem Bereich der Wachstumstheorie zu. Die Theorie der Wachstumsnotwendigkeit verfolgt die Idee, dass eine Ökonomie wachsen müsste, um das normativ begründete Gleichgewicht bei Vollbeschäftigung zu erreichen. Damit wurde der Wachstumszwang definiert, das Forschungsfeld abgesteckt, und unsere Diagnose der heutigen makroökonomischen Probleme angedeutet: entwickelte Geld-ökonomien befinden sich in der paradoxen Situation von Stagnation (mit niedrigen Wachstumsraten und hoher Arbeitslosigkeit) und Wachstumszwang (um die sozialen Verwerfungen zu überwinden). Diejenigen Kräfte, die das Wachstum zum Erliegen bringen, sorgen gleichzeitig dafür, dass mehr Wachstum benötigt wird. Mit dieser Diagnose wird die oben zitierte Botschaft des von Greenpeace initiierten DIW-Work-shops deutlich: sinkende Wachstumsraten mögen aus ökologischer Sicht erfreulich sein, sind jedoch aus sozialer Sicht problematisch. Unser Papier beschränkt sich auf die Analyse von Zusammenhängen makroökonomi-scher Variablen, womit nicht unterstellt werden soll, dass es nicht auch andere nicht-monetäre Zugänge zur Begründung von Wachstumsnotwendigkeiten gäbe, wie z.B. das Ringen um sozialen Status, Profitstreben oder Verzichtsängste. Wie jede Wissenschaft ist die Wirtschaftswissenschaft hochgradig spezialisiert, d.h. in zahlreiche Teildisziplinen untergliedert. Besonders kennzeichnend ist jedoch das

5 Gleichzeitig erscheint Vollbeschäftigung als eine Bedingung für die Durchsetzungsfähigkeit weiterer

sozialer und ökologischer Standards. In einer unterbeschäftigten Wirtschaft bleibt die Macht von Arbeitnehmerinteressen begrenzt.

6 Vgl. Mikosch 1989: 135, 158, 188; Spahn 1986: 27; zu Stagnation siehe auch Reuter, 2009; Zinn 2008.

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Schisma in mindestens zwei kaum zu vereinbarenden Paradigmen. So sagt z.B. Heise, dass es sich

„bei der ökonomischen Disziplin um eine multiparadigmatische Wissen-

schaft handelt: Etwas grobgliederig können wir zwischen den walrasiani-

schen Theorien mit ihrem am allgemeinen Gleichgewicht orientierten

Selbststeuerungsoptimismus und den nicht-walrasianischen, heterodoxen

Theorien mit ihrem Festhalten an der inhärenten Krisenanfälligkeit des

Kapitalismus unterscheiden.“7

Die folgenden Argumente sind zu großen Teilen aus sogenannten heterodoxen Theorien gewonnen, wobei die Idee des Gleichgewichtes der Orthodoxie nicht abgelehnt wird, jedoch die Bedingungen zur Herstellung des Gleichgewichts stärker reflektiert werden. Während in der Orthodoxie das tatsächliche Gleichgewicht – insofern nicht durch Staat und andere Faktoren gestört – mit dem sozialökonomischen Gleichgewicht zusammen-fällt, kann die Heterodoxie zwischen (suboptimalen) Gleichgewichten und sozialökono-misch erwünschten (optimalen) Gleichgewichten unterscheiden. Das Gegenparadigma zur Orthodoxie mit der Idee der Selbstregulierung der Märkte muss daher nicht in einem Paradigma des Ungleichgewichts liegen, sondern darf die Idee des Gleichgewichtes behalten, insofern zwischen suboptimalen und optimalen Gleichgewichtskonstellationen unterschieden wird. Wir unterliegen nicht der Illusion des oft verfolgten Anspruchs einer wertfreien Wissenschaft, sondern sind uns bewusst, dass Forschungsfragen auch den Vorstellungen einer guten Gesellschaft entspringen. Wirtschaftswissenschaft ist daher immer auch po-litische Ökonomie. Die politische Brisanz ökonomischer Erkenntnisse erklärt auch, warum die Bearbeitung der gesellschaftlich relevanten Fragen nicht allein der Wissen-schaft überlassen bleibt, sondern oftmals auch von sozialen Bewegungen oder Laien unternommen wird. Menschen und Gruppierungen ohne wirtschaftswissenschaftlichen Hintergrund neigen dabei oft dazu, in der Wissenschaft längst diskutierte Probleme zu übersehen und Reformen zu fordern, die nach dem Stand der Wissenschaft als ungenü-gend durchdacht zurückgewiesen oder ignoriert werden. Die orthodoxe Wissenschaft abstrahiert hingegen oft zu stark von realen Problemen, lässt ihre Hypothesen zu Glau-benssätzen verkrusten oder greift zu nicht-wissenschaftlichen Mitteln, um sich gegen die Angriffe sozialer Bewegungen zu immunisieren. Folgend wählen wir eine Zwi-schenposition, die ihre Problemwahrnehmung aus der Gesellschaft gewinnt, die Fragen jedoch nach dem Stand und mit den Mitteln der Wissenschaft zu beantworten versucht. Erst eine Auseinandersetzung mit den komplexen und teils widersprüchlichen Fragen der Wirtschaftswissenschaft erlaubt, auf deren Basis zu wirtschaftspolitischen Einsichten und schließlich zu praxisberatenden Ansätzen zu kommen. Die hier angestellten theoretischen Erwägungen verstehen sich als Impuls zur Anregung weiterer Forschungen.

7 Heise 2001: 2.

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Unser Beitrag soll die aktuellen Debatten um Nachhaltigkeit und Postwachstumsökono-mie bereichern. Die Nachhaltigkeitswissenschaften haben sich als ein anwendungs-orientiertes, inter- und transdiszplinäres Projekt etabliert. Allerdings fällt auf, dass trotz des sehr breit angelegten Forschungsprogramms die Frage nach den makroökonomi-schen Zusammenhängen und Bedingungen einer nachhaltigen Ökonomie noch kein wesentlicher Teil der Forschungsagenda ist.8 Heute unter dem Begriff der Ökologischen Makroökonomik zusammengefasst, gibt es verschiedene Ansätze zur Modellierung der Interaktion von Ressourcenverbrauch, Emissionen und makroökonomischen Ergebnis-sen.9 Während der Diskurs zur Postwachstumsökonomie explizit ökonomische Zusam-menhänge zu integrieren versucht, konnte sich bisher keine kohärente makroöko-nomische Grundlage zur Analyse von Wachstum oder dessen systemischer Notwendig-keit etablieren.10 Die Wahrnehmung sowie ein zunehmendes Interesse an der Unter-suchung einer monetär bedingten Wachstumsnotwendigkeit sind jedoch unzweifel-haft.11 Mit dem vorliegenden Beitrag möchten wir die Diskurse um einige makroöko-nomische Überlegungen bereichern und eine entsprechende Forschung anregen. Zunächst soll der komplexe Zusammenhang von Geld und Zins (Abschnitt II.1) sowie die volkswirtschaftliche Bedeutung der Relation von Zins- und Wachstumsrate (Ab-schnitt II.2) aufgezeigt werden, womit das identifizierte Problem eines positiven Zins-Wachstums-Differentials eröffnet wird. Wir grenzen den zu problematisierenden Teil des Zinses von der Risikoprämie und der Bankmarge ab, und erklären die Zinsstruktur als abhängig von der Liquiditätspräferenz (Abschnitt II.3). Die Liquiditätspräferenz-theorie wird dann eingehender diskutiert und um den monetärkeynesianischen Port-folioansatz erweitert, womit ein Paradigma zur Erfassung der Bestimmung und Funktion des Zinssatzes in der Kreditgeldwirtschaft entsteht (Abschnitt II.4). Im Hauptteil der Analyse werden verschiedene Zugänge eines Wachstumszwangs auf-gezeigt, wobei wir mit einem Abriss eher soziologisch orientierter Diskurse beginnen (Abschnitt III.1). Anschließend diskutieren wir Ansätze, welche aufbauend auf Kalecki die Profiterwartung von Unternehmen als Schlüssel zu einer Theorie der Wachstums-notwendigkeit erkennen (Abschnitt III.2). Darauf folgen die von uns identifizierten monetären Zugänge. Dabei wird zunächst die verbreitete These eines durch die Geld-schöpfung an sich bedingten Wachstumszwangs entkräftet (Abschnitt III.3) und gezeigt, dass dieser erst durch die Betrachtung der Verwendung der Zinseinkommen zu erklären ist (Abschnitt III.4). Damit erwächst die theoretisch geleitete (und empirisch plausible) Diagnose einer Tendenz zur Stagnation bzw. einem Unterbeschäftigungsgleichgewicht (Abschnitt III.5). Weiterhin werden die Zugänge über die goldene Regel der Kapital-akkumulation (Abschnitt III.6), das Zins-Wachstums-Differential im engeren Zusam-menhang mit dem öffentlichen Budget und der Staatsverschuldung (Abschnitt III.7)

8 Vgl. z.B. Heinrichs und Michelsen 2014; Miller 2013; Komiyama und Takeuchi 2006; Kates et al.

2000. 9 Vgl. z.B. Daly 1974; Georgescu-Roegen 1971; Victor 2007. 10 Vgl. z.B. Jackson 2009; Paech 2012; Seidl und Zahrnt 2010. 11 Vgl. z.B. H.C. Binswanger 2006; M. Binswanger 2012; Irmen 2011; Seidl und Zahrnt 2012.

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sowie das geldpolitische Dilemma der Zentralbank (Abschnitt III.8) vorgestellt. Ab-schließend ziehen wir ein Fazit. II. Geld, Zins und Wachstum im ökonomischen Denken

Mit der thesenartigen Diskussion des ersten Abschnitts dieses Kapitels wollen wir uns der Frage nähern, ob Geld und Zins analytisch trennbar sind. Dabei wird deutlich, warum Begriffe wie Geld- oder Zinssystem in der Wissenschaft selten verwendet werden. Im zweiten Abschnitt werden die orthodoxe Erklärung der Zinsrate und ihr Verhältnis zur Wachstumsrate kritisiert. Im dritten Abschnitt wird die Theorie der Liquiditätspräferenz vorgestellt und im letzten Abschnitt andere Bestandteile des Zinses von der zu problematisierenden Liquiditätspräferenz abgegrenzt. II.1 Geld und Zins

These 1: Im neoklassischen Denken entspringen alle Kategorien des Wirtschaftens der realen Sphäre. Die Neoklassik geht von einer Produktionsfunktion aus, die mindestens durch die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital (sowie nicht zwingend den Produk-tionsfaktor Boden) bestimmt ist, wobei jeder Produktionsfaktor im Gleichgewichts-zustand seinen Grenzertrag erhält. Ist der Grenzertrag des Kapitals positiv, kann man diesen als (Güter-)Zins interpretieren. Der Güterzins entsteht nach dieser Logik bereits bei geldlosem Wirtschaften und wird durch den Geldzins nur abgebildet. Produktion involviert Arbeitsteilung und damit temporalen und intertemporalen Tausch. Geld ist in dieser Vorstellung nur das vermittelnde Medium, welches diese Tauschakte abbildet oder widerspiegelt, wird selbst aber als neutral betrachtet.12 These 2: In einer idealisierten Geschichte wird nahegelegt, dass der Tausch auf Märkten zu Tauschwerten im Menschen angelegt ist und man zur Erleichterung des Tausches übereingekommen sei, ein Tauschgut oder Numeraire (Zählgut) einzuführen.13 Dabei wird angenommen, die Ausbreitung des Marktes in einem vormals geld- und tausch-wertfreien Gemeinwesen hätte die Basis für die Erfindung und Anwendung des Geldes

12 Man spricht daher auch vom Geldschleier (ein Begriff, den wohl Pigou einführte, wonach Geld keinen

Einfluss auf das reale Wirtschaftsgeschehen hat, vgl. Alisch 2005, Neutralität des Geldes). Zur Geschichte und Kritik der Geld- und Zinstheorie siehe die immer sehr tief in der Dogmengeschichte verankerten Arbeiten von Spahn (z.B. 1986, 2002, 2008).

13 Zur Kritik der Neuen Institutionenökonomik als neoklassische Geschichte der Ökonomie anhand des exponiertesten Vertreters North vgl. z.B. Frambach 2001. Tatsächlich gibt es im allgemeinen Gleichgewichtsmodell der Neoklassik, welches von Walras vor über 100 Jahren angestoßen wurde, gar keinen Raum für Geld: „The most serious challange that the existence of money poses to the theorists is this: the best developed model cannot find room for it.“ (Hahn 1982:1, zit. von Spahn 2003: 310). Zur Kritik der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie siehe z.B. Helmedag 1999 oder Wulff 1985. Selbstverständlich hat sich die Institutionenökonomik durch Einbeziehung von Konzepten der Betriebswirtschaftslehre und der Organisationssoziologie zu einer interdisziplinären Perspektive entwickelt und ist damit fähig die Institution Geld zu erklären (Vgl. z.B. viele Beiträge in Schmid und Maurer 2003; Richter 1989).

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erst geschaffen.14 Die historische Analyse lässt diese Hypothese der Orthodoxie als unwahrscheinlich erscheinen und legt eine umgekehrte Reihenfolge nahe, nach der Märkte sich erst nach der Entstehung von verbrieften Schuldbeziehungen als einer ursprünglichen Form des Kredits entwickelten.15 These 3: Der Widerspruch aus These 1 und 2 lässt sich auf folgende Frage zuspitzen: Brachte der Markt Geld und Zins hervor, oder ist vielmehr das Geldwesen konstitutiv für die Entfaltung des Marktes? Man kann nun noch weiter gehen und die Entstehung von Geld an Bedingungen knüpfen. So sehen Heinsohn und Steiger die Schaffung von Eigentumsrechten als Voraussetzung der Geldentstehung, und Geld als Voraussetzung für die Entstehung von Märkten.16 Demnach ermöglichen erst Eigentumsrechte die Bildung von Schuldkontrakten und Krediten, die dann als Zahlungsmittel oder Geld umlauffähig gemacht erst Märkte hervorbringen. These 4: In These 3 wurde die „Schaffung von Geld“ angesprochen. In vielen Modellen der Orthodoxie kommt Geld entweder gar nicht vor oder wird als Numeraire bzw. Ware gefasst. Zudem wird in historischen oder idealisierten Darstellungen von Geldsystemen gerne zwischen Waren- bzw. Bestandsgeld und Kreditgeld unterschieden, welches im Schuldverhältnis entsteht17, oder das Warengeld wird als Teil des Kreditgeldes gesehen. So sind Heinsohn und Steiger überzeugt, dass auch Goldwährungen im Schuldkontrakt entstandene Forderungen waren, die nur durch den „inneren Goldwert“ zusätzlich abgesichert wurden.18 These 5: Da sich Kreditgeld durch Schuldkontrakte prinzipiell beliebig vermehren lässt, kann es bei Vollauslastung der Produktionsfaktoren zur Inflation kommen. Nach dieser Logik muss Geld knapp gehalten werden, um es für die Verwendung im Wirtschafts-prozess zur Aufnahme und Einlösung von Schuldkontrakten attraktiv zu machen; die Knappheit aber begründet und bedingt einen Geldzins. Entsprechend werfen Produk-tionsmittel deswegen einen Ertrag ab, weil Investitionen knapp gehalten werden.19 Diese kurze Gegenüberstellung hat die Heterogenität der Positionen zur Entstehung von Geld bzw. zur Trennung von Geld und Zins offenbart. Dies liefert Indizien dafür, dass

14 Vgl. Polanyi 1944; Altvater 1992. In dieser marxistisch geprägten Denkrichtung wird die

Marktwirtschaft problematisiert; Geld wird ähnlich wie im klassisch-neoklassischen Denken als Folge des Marktes verstanden.

15 Vgl. Graeber 2012: 21-72. 16 Da Geld durch Schuldkontrakte entsteht und diese mittels Produktion und Absatz beglichen werden

müssen, schließen Heinsohn und Steiger (2006: 260), dass „der Markt als Derivat der Kreditkontrakte in die Welt kommt und gerade keinen konstituierenden Beginn des Wirtschaftens setzt.“

17 Vgl. z.B. Kremer 2012. 18 Vgl. Heinsohn und Steiger 2009. Auch Lüken-Klaßen (1993: 18) sagt, dass Geld immer ein kreditäres

Phänomen ist. 19 Zu diesem Ergebnis kommt insb. die monetärkeynesianische Schule um Hajo Riese, die somit die in

der Neoklassik fehlende Budgetrestriktion des Wirtschaftsprozesses im Geld findet, vgl. z.B. Lüken-Klaßen 1993; Riese 1983; Riese 2001; Schelkle und Nitsch 1995; Spahn 1986. Würde nicht das Geld den zu erwirtschaftenden Zins festsetzen, würde die Produktion ausgedehnt werden, bis der Produktionsprozess keinen Überschuss mehr abwirft; der Zins müsste weiter fallen.

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Zins und Geld zusammen in einem komplexen Prozess mit der Entstehung von Märkten und Eigentumsrechten entstanden sind und in der Wirtschaft eine Funktion erfüllen, die nicht ohne weiteres weggedacht werden kann, will man nicht das marktwirtschaftliche Prinzip ausschalten. Verkehrt wäre jedoch, daraus zu schließen, dass die Frage des Zinses nicht angegangen werden kann. Daher soll die Erklärung des Zinses und des Zinsniveaus näher betrachtet werden. II.2 Zinsrate und Wachstumsrate

Die neoklassische Lehre ist dafür zu kritisieren, dass sie Sparen als Voraussetzung für die Kreditgewährung annimmt, obwohl im Kreditgeldsystem erst durch eine Kreditauf-nahme Mittel entstehen können, die überhaupt gespart werden können. Sie liegt richtig mit ihrer Annahme, dass ein positives Zinsniveau unausgeschöpfte Produktionsmöglich-keiten anzeigt. Kapital ist knapp und erhält daher einen Überschuss; eine Entknappung des Kapitals würde den Zins hingegen auf null bringen. Die Entknappung des Kapitals ist dabei ein selbstverständlicher Prozess, abgeleitet aus dem Wettbewerbsmechanis-mus. Die Theorie der Investitionsnachfrage verdanken wir insbesondere Keynes, der Investitionen plausibel als Nachfrage nach Kapitaleinkommen bestimmte: Solange Pro-fite positiv sind, hat die Konkurrenz Anreize, weiter zu investieren und Kredite nachzu-fragen.20 Besteht kein Anreiz mehr für weitere Investitionen, kommt die Wirtschaft schließlich in einen stationären Zustand und wächst nicht mehr. Bezüglich der Erklärung des Zinses auf der Seite der Kreditnachfrage ist an dieser Zinstheorie nicht viel auszusetzen. Es gibt noch eine Reihe weiterer Zinstheorien, die hier als Grenz-produktivitäts-, Profit-, Ausbeutungs- bzw. Überschusstheorien zusammengefasst werden. Diese Theorien sollen aufgrund ihrer mangelhaften Konzeption des ökono-mischen Wettbewerbs nicht vertieft werden. Sie wurden bereits durch die kapitaltheo-retischen Debatten vor einem halben Jahrhundert als bedeutungslos erklärt.21 Um die nicht eintretende Entknappung dennoch im Rahmen des Wettbewerbs zu erklä-ren, kommt in der neoklassischen Theorie eine angebotsseitige Kategorie dazu: Die Un-terstellung der Gegenwartsvorliebe (Zeitpräferenz), d.h. einer Geringerschätzung zu-künftigen Konsums gegenüber heutigem Konsum.22 Der Nutzenverlust durch heutigen Konsumverzicht wird demnach durch die Zinsrate kompensiert, die einen zukünftigen Mehrkonsum ermöglicht. So kann mit der Gegenwartspräferenz ein knapper Kapital-

20 Vgl. Keynes 1936. 21 Vgl. Smithin, in Lavoie und Seccareccia 2004: 62. Ähnlich Riese (1983: 317): „Aber der Überschuß

bleibt eine markttheoretische Kontradiktion, weil Gleichgewicht dadurch bestimmt ist, daß ihn der Konkurrenzmechanismus zum Verschwinden bringt. Da hilft auch nicht der Rekurs auf eine Reproduktionstheorie des Lohnes, weil er das Problem lediglich auf eine Ebene verschiebt, auf der es dann als Problem der Bestimmung des Subsistenzlohnes wieder auftaucht. [...] Die Grundlagen ökonomischer Theoriebildung verlangen, dass Preise Knappheiten reflektieren, die wiederum an die Existenz von Bedürfnis und Seltenheit gebunden sind. Dieses methodische Postulat aber zwingt auch die Verwertungsbedingungen des Kapitals – seine Reproduktion wie seine Verzinsung – unter das Wertgesetz, erlaubt es nicht, sie als „Restgröße“ und damit als Überschuß zu behandeln.“

22 Diese Theorie geht auf Böhm-Bawerk (1912) zurück und dominiert noch heute; vgl. z.B. Issing 1993, 2007.

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stock und damit ein positiver Zinssatz erklärt werden. Nach der neoklassischen Theorie kann tatsächlich behauptet werden, es würde nicht genug gespart werden, da der Zins-satz zu niedrig ist, so dass selbst die Kapitaleinkommensbezieher einen beträchtlichen Teil des Einkommens konsumieren anstatt investieren. Dabei ist es ebenso möglich, dass die Wachstumsrate unter die Zinsrate fällt. Durch die Unterstellung einer Diskont-rate gelingt es, einen positiven Zins oberhalb der Wachstumsrate als Ertrag eines knap-pen Kapitalstocks zu rechtfertigen. Gleichzeitig ist damit ein formal mögliches Gleich-gewicht einer Ökonomie mit einem positiven Zins-Wachstums-Differential gefunden.23 Kann die Annahme der gesamtgesellschaftlichen Diskontrate der Wirklichkeit nicht standhalten, müsste das Modell entsprechend variiert werden, wobei dann im Ergebnis die Zinsrate ebenso wie die Wachstumsrate im langfristigen Gleichgewicht (stationärer Zustand) auf null fallen müssten. Genau diesen formalen Nachweis lieferte der mäßig bekannte Nobelpreisträger Allais, wobei schon Schumpeter behauptete, dass die Zins-rate nicht die Wachstumsrate übersteigen könne und beide im stationären Zustand auf null fallen müssten24 (hier schließen wir mit der Goldenen Regel in Abschnitt III.6 an). II.3 Bestandteile des Zinses und Zinsstruktur

In der volkswirtschaftlichen Analyse spricht man meistens nur von Zins oder Zinsrate, womit im Prinzip der langfristige Realzins auf dem Kapitalmarkt gemeint ist. Folgend sollen verschiedene Bestandteile des Zinses voneinander abgegrenzt, sowie die Zins-struktur (unterschiedliche Zinssätze für verschiedene Laufzeiten) diskutiert werden. Bankmarge: Ein Teil des an Banken zu zahlenden Kreditzinses dient zur Deckung ihrer Kosten (Gebäude, Personal etc.) und wird Bankmarge genannt. Von der Art der Leis-tung sind Banken zwar nicht mit typischen Unternehmen vergleichbar, sie müssen aber genauso über die Deckung der Kosten hinaus entsprechend ihrer Gesellschaftsform eine Eigenkapitalrendite erwirtschaften, damit beispielsweise die Aktien der Bank gehalten werden. Die Bankmarge inklusive einer Marktrendite bilden lediglich Kosten einer Leistung und haben nichts mit dem Zins im engeren Sinne zu tun, wie wir ihn im Folgenden verstehen wollen.

23 Aufbauend auf der Theorie der optimalen Sparquote von Ramsey (1928) haben beispielsweise Phelps

und Pollak (1968) formal nachgewiesen, dass bei einer entsprechenden Diskontrate die Zinsrate sogar über der Wachstumsrate liegen muss. Die vorgetragene Kritik ist ausführlicher von Huth (2001, 2002) formuliert.

24 Vgl. Schumpeter 1939: 248ff. Schumpeter versuchte Zins mit der Quasi-Renten-Theorie zu erklären, d.h. durch eine sich „überlagernden Abfolge von Bildung und Erosion von Quasi-Renten“, (Spahn 1986:106) die aber auch nicht haltbar ist: „Die Theorie des technischen Fortschritts basiert auf einer Theorie temporärer Renten, hat jedoch nichts mit Genesis und Verwendung des Profits zu tun. [...] Schumpeter wiederholt somit Böhm-Bawerks Fehler, das Entstehen von Renten für eine Erklärung des Zinses heranzuziehen, auf „höherer“ Stufenleiter, wenn für ihn Gewinne, die aus der Durchset-zung neuer Faktorkombinationen entstehen, die Quelle des Profits bilden ... “ (Riese 1983: 139, Anm. 90).

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Risikoprämie: Ähnlich gilt das für die Kategorie Risiko: Mit steigendem Risiko erhöht sich der Anteil der zu zahlenden Risikoprämie. Die Risikoprämie wird anhand statisti-scher Daten über Kreditausfälle kalkuliert, sodass im Idealfall die Summe der Prämien genau der Summe der Kreditausfälle entspricht. Wenn sich die Verluste aus dem Kredit-ausfall und die Erträge aus den Risikoprämien (von der Tendenz her) zu null addieren, entstehen keine Einkommen und damit kein Ansatzpunkt für eine Problematisierung des Zinssatzes. Die Risikoprämie ist nicht mit dem Zinssatz zu verwechseln, sondern ist eine Versicherungsleistung welche durch das Prinzip des Risikoausgleichs unabhängig vom Zinsniveau (und sei dies negativ) erhalten bleiben wird. Zinsstruktur und Liquiditätsprämie: Zu problematisieren ist daher ausschließlich der Zins bzw. Zinsbestandteil, der mit der oben erläuterten Liquiditätspräferenz zusammen-hängt: Da ein Sparer mit längerer Laufzeit (steigender Fristigkeit) einer Anlage (Geld-vermögen, Kreditforderung) länger auf Liquidität verzichtet bzw. ein größeres Risiko des Verlustes des Vermögenswertes eingeht, muss auch die Kompensation höher aus-fallen: Mit der Dauer der Bindung von Liquidität, also der Laufzeit der Anlage, steigen auch die Zinssätze,25 was die typische steigende Zinsstrukturkurve erklärt. Erst die Unterstellung einer Risikoaversität, die sich in der Liquiditätspräferenz nieder-schlägt, kann eine permanente steigende Zinsstruktur erklären. Die neoklassische Bestimmung der Zinsstruktur unterstellt Risikoneutralität, was zu einer flachen Kurve führen müsste, wenn die Anleger keine Zinsänderungen erwarten (weil Risikoneutralität die Anleger indifferent gegenüber kurz- und langfristigen Anlagen macht).26 Eine permanent steigende Zinsstruktur könnte nur anhand von Erwartungen über zukünftig steigende Zinssätze erklärt werden. Da aber die langfristigen risikobereinigten Real-zinsen auf dem Kapitalmarkt in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gefallen sind und ein historisches Tief erreicht haben, ist es unplausibel zu unterstellen, dass die Vermö-gensbesitzer in den letzten Dekaden steigende Zinsen erwartet haben.27 Anhand der Erwartungshypothese hätte die Zinsstruktur der letzten Jahrzehnte also eher invers sein müssen, da erwartete fallende Zinsen die Anlagen in die Langfrist drängen. Empirisch sieht es aber so aus, dass die Vermögen in der Kurzfrist verharren, obwohl langfristig keine steigenden Zinsen erwartet werden können. Die Liquiditätspräferenz kann die Konstellation eines Verharrens in der Kurzfrist trotz (sei es nur flach) steigender Zins-struktur erklären: niedrige Langfristzinsen kompensieren die Liquiditätspräferenz nur ungenügend, sodass der Anreiz hoch ist, in der Liquidität zu verharren. Mithin ist diese Konstellation als Liquiditätsfalle interpretierbar, die als eine Konstellation bekannt ist, 25 Entsprechend der Sparmotive (und der individuell unterschiedlichen Risikoneigung) ergibt sich für die

konkrete Portfolioentscheidung ein Spektrum von Spar- und Anlageformen, vom einfachen Sparbuch mit niedriger Rendite und fast ohne Risiko bis hin zum Handel mit Derivaten, Futures und Options-scheinen mit höherem Renditepotential, aber auch deutlich höherem Verlustrisiko. Dazwischen liegen z.B. langfristige Obligationen bzw. Schuldverschreibungen, die eine mittlere Rendite und ein mittleres Risiko aufweisen.

26 Zur Theorie der Zinsstruktur siehe z.B. Bodie et al. 2014, Ch. 15; Bundesbank, 2006; Cox et al. 1985; Stoklossa, 2010.

27 “The actual risk-free real rate of interest in the world economy is quite low. It cannot decline much further without becoming negative.” (Weizsäcker, 2011: 8).

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in der Indifferenz in der Haltung kurzfristiger Liquidität und langfristiger Schuldtitel herrscht.28 Selbstverständlich gibt es andere Zinsstrukturtheorien29, die darauf hinauslaufen, die reine Erwartungshypothese moderater zu formulieren, indem Marktunvollkommen-heiten und begrenzte Rationalität eingeführt werden. Es bliebe dann immer noch plau-sibel, warum die Zinsstruktur systematisch und permanent eine Steigung aufweist. Diskutiert werden auch emissionsspezifische Faktoren der Intermediäre, wie das Rating, das Emissionsvolumen und die vergangene Rendite, sowie die Anlagehorizonte und Umsatzvolumina der Investoren (z.B. der Unterschied zwischen privaten oder institutionellen Investoren).30 Die Bestimmung aller dieser Faktoren und die Analyse deren Interdependenz tragen zur Erklärung von zusätzlichen Differentialen und Anpas-sungsprozessen bei. Es bleibt jedoch immer die Grundstruktur einer Steigung übrig womit die Hypothese zur Laufzeitenprämie zum dominanten Erklärungsmuster wird. In anderen Worten: Die Laufzeit ist der entscheidende Bestimmungsfaktor einer typisch steigenden Zinsstruktur und die Steigung kann nur plausibel anhand der Liquiditäts-präferenz (Risikoaversität) erklärt werden. Allerdings könnte man noch einwenden, dass doch alle Laufzeiten ähnlich handelbar sind. Wenn eine dreimonatige Anleihe genau wie die 10jährige Anleihe jederzeit zu gleichen Kosten verkauft werden kann und damit in Liquidität umwandelbar ist, warum sollte die langfristige Anleihe ein Verzicht auf Liquidität bedeuten? Wertpapiere sind zwar schnell in Geld verwandelbar, jedoch ist der Betrag des Erlöses unsicher, da ein Kursänderungsrisiko aufgrund von unsicheren Zinsänderungen herrscht.31 Dabei ist jedoch der Kursänderungseffekt bei einem Kurzläufer geringer, sodass langfristige Titel höheren Schwankungen unterworfen sind. Die Möglichkeit des schnellen Umwandelns in Liquidität (Handelbarkeit) ändert nichts an der Gefahr der Kursänderung, womit deutlich wird, dass sich Liquidität nicht durch Handelbarkeit

bzw. Liquidierbarkeit ausdrückt, sondern durch die Fristigkeit der Anlage. Folgend soll die Liquiditätspräferenz weiter fundiert werden.

28 “The liquidity trap – that awkward condition in which monetary policy loses its grip because the

nominal interest rate is essentially zero, in which the quantity of money becomes irrelevant because money and bonds are essentially perfect substitutes.” (Krugman et al. 1998: 137); siehe auch Eggertson, 2008.

29 Vgl. Stoklossa, 2010. 30 Vgl. Bodie et al., 2014. 31 Vgl. Kromphardt 1967.

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II.4 Liquiditätspräferenz und monetärkeynesianische Portfoliotheorie

Entgegen der neoklassischen Erklärung des Sparens als Funktion des Zinses ist bei Keynes und anderen die Sparneigung eine Funktion des Einkommens und weitgehend unberührt vom Zinssatz. Erst die Entscheidung über die Anlageform des einkommens-abhängigen Sparvolumens lässt sich in Beziehung zum Zinssatz setzen.32 Sparquote und marginale Konsumneigung

Sparen sei demnach kein Konsumverzicht, sondern diene der Zahlungsfähigkeit für geplante und ungeplante Ausgaben in der Zukunft. Ein zentrales Motiv sieht Keynes darin, das ungute Gefühl über die Unsicherheit gegenüber der zukünftigen Entwicklung durch Erspartes abzufedern. Keynes erklärt eine Reihe von „objektiven“ und „subjek-tiven“ Faktoren für die Bestimmung der Höhe des Anteils vom Einkommen, der gespart wird (Sparquote).33 Wird ein höheres (bzw. niedriges) Einkommen in der Zukunft erwartet, kann die Sparquote sinken (bzw. steigen). Die bedeutendste Variable in der Erklärung der Sparquote ist jedoch das gegenwärtige Einkommen. Mit steigendem Einkommen wird anteilig mehr gespart und weniger konsumiert,34 was Keynes als „fundamentalpsychologisches Gesetz“ bezeichnet hat.35 Gesamtwirtschaftlich betrachtet führt dies laut Keynes zum Effekt einer sinkenden marginalen Konsumneigung (Konsumquote). Anders formuliert: bei steigendem Volkseinkommen fällt der Anteil des privaten Konsums.36 Damit kann eine mangelnde effektive Gesamtnachfrage erklärt werden die umso höher ausfällt, je ungleicher die Einkommensverteilung ist. Mit dem Ziel der Erhöhung der Gesamtnachfrage (bzw. der Beschäftigung) treten Keynesianer entsprechend mit wirtschaftspolitischen Forderungen auf, die dem Effekt der mit steigendem Einkommen sinkenden marginalen Konsumneigung entgegenwirken (pro-gressive Einkommensbesteuerung, Vermögenssteuern, höhere Sozialtransfers etc.).

32 „Fisher and Keynes, among others, have drawn the useful and fruitful analytical distinction between

choices affecting the disposition of income and choices affecting the disposition of wealth. The first set of choices determines how much is saved rather than consumed and how much wealth is accumulated. The second set determines in what forms savers hold their savings, old as well as new. Considerable economic discussion and controversy have concerned the respective roles of these two kinds of behavior, and their interactions, in determining the rate of interest.” (Tobin 1965: 671).

33 Vgl. Keynes 1936: 91ff, 107ff. 34 In der BRD lag die durchschnittliche Sparquote bei 11,2% in 2009, vgl. Statistisches Bundesamt

2009. Die durchschnittliche Größe ist aber wenig als volkswirtschaftliche Determinante geeignet, da sie die erheblich differierenden einkommensabhängigen Sparquoten verwischt. So erhebt das DIW anhand einer Befragung differenzierte Sparquoten für Einkommensklassen: Während die Bezieher sehr geringer Einkommen negativ Sparen (sich also verschulden), sparen die Bezieher sehr hoher Einkommen rund 40% (Klär und Slacalek 2006; Stein 2009).

35 „The fundamental psychological law, upon which we are entitled to depend with great confidence both a priori from our knowledge of human nature and from the detailed facts of experience, is that men are disposed, as a rule and on the average, to increase their consumption as their income increases, but not by as much as the increase in their income.“ (Keynes 1936: 96).

36 Vgl. Keynes 1936: 113ff. Ähnlich Spahn (1986: 113): „Die Abstinenz als Enthaltsamkeit von einem Geldangebot [Liquiditätspräferenz, die Autoren] ist strikt zu trennen von der Sparsamkeit i.e.S., die eine Präferenz von Haushalten widerspiegelt, aus einem gegebenen [...] Einkommen entweder zu sparen oder zu konsumieren.“

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Liquiditätspräferenz und Zinssatz

Wie kommt nun der Zinssatz ins Spiel, wenn – was auch empirisch gezeigt wurde37 – die Sparentscheidung an sich zinsunabhängig ist?38 Dazu unterstellt Keynes den Menschen eine generelle Liquiditätspräferenz, da Liquidität eine höhere Sicherheit gibt, jederzeit zahlungsfähig zu sein.39 Wie oben bereits angedeutet, impliziert die Haltung langfristiger Vermögenstitel eine höhere Gefahr des Vermögensverlustes durch Zinsänderungen. Geldhaltung hat insofern einen Nutzen und wirft einen nicht-pekuniären bzw. immate-riellen Ertrag ab, der Liquiditätsprämie genannt wird. Gemäß Keynes‘ Liquiditätspräfe-renztheorie (LPT) würde ein rationaler Akteur diesen Vorteil (die Liquiditätsprämie) nur gegen eine entsprechende Kompensation aufgeben, also gegen eine Liquiditätsver-zichtsprämie in pekuniärer Form.40 Der pekuniäre Ertrag entspricht dem Zins, der den Verzicht auf Liquidität (nicht den Verzicht auf Konsum!) kompensiert.41 Insofern langfristige Investitionen tendenziell auch mit langfristigen Titeln refinanziert werden sollen, bildet die zu kompensierende Liquiditätsprämie eine Barriere für Investi-tionen, da der Geldzins erwirtschaftet werden muss. Sie sorgt für einen Mindestpreis des Kredits, womit er knapp gehalten wird. Durch die zinsinduzierte Knapphaltung der Investitionen kann der Überschuss der Produktion über die Kosten erklärt werden, woraus der Zins bedient wird. Die Knapphaltung des Kredits resultiert in einer Begren-zung des Investitionsvolumens, womit Unterbeschäftigung erklärbar wird. Eine tiefer-greifende Erörterung des Unterbeschäftigungsgleichgewichtes erfolgt an späterer Stelle. 37 „Is saving sensitive to the interest rate? The evidence generally shows that interest rates have little or

no effect on private saving. Empirical cross-country tests focusing on saving or consumption levels typically show that interest rates do not influence either ....“ (Schmidt-Hebbel 1999: 8).

38 Da Sparen in Form von Hortung keinen Ertrag abwirft, fand Keynes so ein Argument gegen die Konsumverzichtshypothese basierend auf der Gegenwartsvorliebe; vgl. Keynes 1936:166ff. Auch empirische Untersuchungen zeigen, dass die individuelle Gegenwartspräferenz mit zunehmendem zeitlichem Abstand rasch abnimmt. Das empirische Ergebnis einer hyperbolischen Diskontrate zeigen beispielsweise Ellingsen und Johannesson 2009. Die proklamierte Gegenwartsvorliebe als mensch-liches Gesetz kritisierend schrieb Gesell (1949: 275) polemisch: „Und wenn unsere Ureltern die Win-tervorräte schon immer im Sommer vertilgt hätten, ob wir uns da wohl jetzt unseres Daseins erfreuen würden? Oder verzichteten unsere Väter auf den unmittelbaren Genuß, weil die Vorräte im Keller Zins abwarfen, d.h. immer wertvoller, besser und größer wurden?“

39 Die Liquiditätspräferenz ist individuell unterschiedlich und nicht direkt messbar. Sie wird als psycho-logische Hypothese aus der Unsicherheit über die Zukunft abgeleitet. Heute nicht oder nur ungenau absehbare zukünftige Entwicklungen können objektive Faktoren sein, wie z.B. Regierungswechsel oder Naturkatastrophen, ebenso aber auch subjektive Faktoren, wie Änderungen der persönlichen Lebenssituation bis hin zu Schicksalsschlägen.

40 „Die Verfügung über Geld macht Wirtschaftssubjekte zahlungsfähig. Die Zahlungsmittelfunktion begründet damit einen besonderen Ertrag der Geldhaltung: eine nicht-pekuniäre Liquiditätsprämie. Der prinzipielle Wunsch von Marktakteuren nach jederzeitiger Zahlungsfähigkeit – die Liquiditätsprä-ferenz – bedeutet, daß die Haltung von Geld der Haltung anderer ertragsloser Vermögenswerte vorge-zogen wird.“ Wenn die Liquiditätsprämie der nicht-pekuniäre Ertrag der Geldhaltung ist, so muß bei Substitution eines Geldbetrages gegen eine Kreditforderung ein Zins in gleicher Höhe gezahlt werden.“ (Spahn 2006: 7,10).

41 Rochon betont die Entscheidung zwischen Verbrauch und Sparen (Konsumneigung) als unabhängig von der Liquiditätspräferenz. Letztere bestimmt die Hortungsneigung bzw. die Entscheidung, „on how best to allocate saving between hoards and other assets. It is a portfolio decision.“ (Rochon 1999: 292).

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Folgend soll jedoch die Kritik an der LPT erörtert werden, anhand derer sich die LPT erweitern lässt. Kritik der Liquiditätspräferenztheorie

Die Keynes’sche LPT und die daraus abgeleiteten Variablen Zinssatz und Unterbeschäf-tigung basieren auf einer exogen fixierten Geldmenge, die der Funktionsweise der endo-genen Kreditgeldschöpfung widerspricht.42 Da die LPT in der ursprünglichen Form nur im Rahmen einer exogenen Geldmenge zinsbestimmend sein kann, wurde sie von vielen Postkeynesianern gleich vollständig abgelehnt:

“there is no room for liquidity preference in the determination of interest

rates”43 (Wray).

Ferner erklärt Kaldor:

“if we regard money as an endogenous factor, liquidity preference and the

assumption of interest-elasticity of the demand for money ceases to be of

any importance.”44

Ähnlich kritisiert Rogers das Festhalten an der LPT:

„the natural rate of interest (the personification of the forces of productivity

and thrift) has lost its role as the centre of gravitation in liquidity preference

theory.”45

Nach den Kritikern ist die ursprüngliche Keynes’sche LPT zu stark verknüpft mit der Idee der exogenen Geldmenge und der Loanable Funds-Theorie, nach welcher Investi-tionen das Sparen voraussetzen. Die gegenteilige Tatsache aus der Logik des Kredit-geldes heraus – Investitionen müssen dem Sparen vorausgehen und ermöglichen Sparen überhaupt erst46 – sollte jedoch nicht zu der Folgerung verleiten, dass keine Sparver-mögen zur Refinanzierung der Investitionen nötig wären. Die Kreditvergabe erfordert eine anschließende Refinanzierung (praktisch vergeben Banken simultan Kredite und refinanzieren sich, was die Vorstellung der autonomen Investitionen bzw. des Prinzips der Kreditgeldschöpfung so schwierig macht). Die Refinanzierung erfolgt über Publi-

42 Vgl. Betz 2001; Schröder 2002. 43 Wray, zit. von Lavoie 1992: 191f. 44 Kaldor, zit. von Lavoie 1992: 191f. 45 Rogers 1989: 222. 46 Das Prinzip der Kreditgeldschöpfung wurde vielfach beschrieben und soll anhand einiger Zitate

verdeutlicht werden: „It is much more realistic to say that the banks create credit, that is, that they create deposits in their act of lending, than to say that they lend the deposits that have been entrusted to them.“ (Schumpeter 1954: 1114). „[I]f we consider the banking system as a whole, there are no limits to its lending capacity, no matter what the supply of reserves in terms of notes of the central bank may be. [ ... Banks] are in no way constrained by the amount of deposits previously collected. In fact, it is the very act of lending which creates deposits.“ (Graziani 1988: 283). „Money is created as banks lend [...] and money is destroyed as borrowers fulfill their payment commitments to banks“ (Minsky 1982: xxi). Gute Einführungen in die (keynesianische) monetäre Theorie der Produktion im Rahmen des Kreditgeldansatzes bieten z.B. Graziani, 2003 und Rochon 1999.

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kumseinlagen, über den Interbankenmarkt oder über Kredite bei der Zentralbank. Ohne zu weit auf Kapitel III.8 vorgreifen zu wollen – wo die Interaktion von Zentral- und Geschäftsbank sowie die Zusammenhänge der Zinssätze weiter erörtert werden – soll hier nur gesagt werden, dass die Zentralbank einen Zinssatz wählen muss, der Banken einen Anreiz setzt, sich über Publikumseinlagen zu refinanzieren. Wenn also der Zins-satz der Zentralbank ausreichend hoch ist, bemühen sich Banken um Publikumseinlagen und verzinsen diese auch entsprechend der Fristigkeit. Damit spielt die Liquiditätspräfe-renz der Einleger eine Rolle in der Bestimmung der Zinssätze je nach Fristigkeit der Einlage. Die Zinsstrukturkurve, die die Zinssätze in Abhängigkeit von der Fristigkeit der Einlage darstellt, zeichnet sich typischerweise durch steigende Zinssätze mit steigender Fristigkeit aus. Offenbar verzinsen Geschäftsbanken Einlagen, um die Frist ihrer Verbindlichkeiten zu verlängern und sich damit unabhängig von Zinssatzände-rungen der Zentralbank zu machen. Warum sollte das gesamte Einlagenvolumen nicht einfach unverzinst und kurzfristig bleiben können? Man kann sich eine Ökonomie vorstellen – und genau das ist die impli-zite Annahme in der Modern Monetary Theory mit Wray als einen wichtigem Vertreter – in der durch das Bankensystem unbegrenzt Kredite zum Nullzinssatz geschöpft werden, und die entsprechenden Vermögen unverzinslich und liquide gehalten werden. Man bräuchte wahrscheinlich nicht einmal den Staat als employer of last resort – wie es sich Wray47 vorstellt – um eine vollbeschäftigte Wirtschaft bei Preisniveaustabilität her-zustellen. Diese Rechnung geht jedoch nur auf, insofern man unterstellt, dass die Ver-mögensbesitzer unverzinsliche Geldvermögen halten möchten bzw. keine Portfolioalter-native haben. Solange man keine Portfolioalternative unterstellt und Geld die letzte Instanz (also die liquideste) Form der Vermögensbildung bildet, darf man die Rolle der Liquiditätspräfe-renz bei der Bestimmung der Zinsen anzweifeln. Fehlt den Vermögenden eine Portfo-lioalternative, dürfte der Zins auch negativ werden; die Liquiditätspräferenztheorie würde daher allenfalls die Steigung der Zinsstrukturkurve erklären, nicht aber ihr Niveau bzw. ihre Lage. Nach den Überlegungen der Modern Money Theory hätte die Umwandlung von Vermögen in die längere Frist gar keine Funktion, womit die LPT selbst für die Bestimmung der Steigung der Zinsstrukturkurve hinfällig wäre. Da die Vermögensbesitzer nicht aus dem Geld flüchten können, müssten sie bei Inflation einen negativen Realzins hinnehmen. Gäbe es keine Alternative, könnte es auch keinen Ver-lust einer Prämie geben, der mit einem Zinssatz kompensiert werden müsste. Folglich könnte die LPT unter diesen Annahmen weder die Steigung der Zinsstrukturkurve, noch das Niveau der Strukturkurve erklären. Der Erhalt der Relevanz der LPT gelingt daher nur durch die Bestimmung einer Ausweichmöglichkeit aus dem Geldvermögen.

47 Vgl. Wray, 2006.

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Monetärkeynesianische Weiterentwicklung der Liquiditätspräferenztheorie

Die monetärkeynesianische Schule verfolgt einen Portfolioansatz, wie er insbesondere von Tobin48 entwickelt wurde, erweitert ihn aber um eine Kategorie Sachvermögen, die als Portfolioalternative zur Haltung und Sicherung des Vermögens besteht. Im Ansatz von Tobin (wie auch in den meisten ökonomischen Ansätzen) versteht man unter Sach-vermögen ein materielles Anlagevermögen in einem Produktivzusammenhang (Verwer-tungszusammenhang). Im Portfolioansatz geht es um Anteile von Vermögenspositionen im Portfolio und dessen Ertragsraten. Nimmt man die zwei Aktiva Wertpapier und Immobilien an, so führt ein Steigen der Mieten zu höheren Ertragsraten von Immobilien und zu Portfolioumschichtungen zugunsten der Immobilien. Damit steigt der Anreiz, mehr Immobilien zu bauen, womit die Ertragsraten sinken und das ursprüngliche Port-folioverhältnis wiederhergestellt wird. Dieser Ansatz erklärt Bewegungen auf dem Vermögensmarkt, Ertragsdifferentiale sowie Transmissionsmechanismen (die reale Wirkung von Geldpolitik über die Vermö-gensmärkte), jedoch nicht den Zinssatz selbst. Die Schwäche dieser Variante der Portfo-liotheorie ist, dass implizit von autonomen Ertragsraten oder der Theorie eines natür-lichen Zinssatzes ausgegangen wird. Denn wie bisher argumentiert wurde, kann die Ertragsrate von Kapital ja nur dadurch erklärt werden, dass der Kredit knapp gehalten wird. Alle Ertragsraten sind vom Geldzins abgeleitet und von ihm abhängig. Die Port-foliotheorie kann daher zwar sehr gut die Interdependenz der verschiedenen Bestände an Vermögen und deren Ertragsdifferenziale erklären, sie kann aber nicht erklären, warum der Zinssatz nicht auf null fällt, und warum die Ökonomie in einem stagnativen Zustand verharrt, anstatt in den stationären Zustand zu gleiten. Diese Lücke schließt die monetärkeynesianische Version bzw. Erweiterung des Port-folioansatzes, die auf einer umgekehrten Konzeption von Sachvermögen und der LPT beruht. Die LPT erklärt nicht – wie bei Keynes selbst –, die Geldnachfrage, sondern das Geldangebot, also die Bereitschaft, überhaupt Geldvermögen zu halten. Je höher das gehaltene Nominalvermögen relativ zum Sachvermögen, desto höher sind das Kreditvolumen für produktive Investitionen und das Volkseinkommen. In anderen Wor-ten: die Liquiditätspräferenz der Vermögenseigentümer entscheidet über den Zinssatz und damit über das realisierte Kreditvolumen. Wir erläutern das anhand der bereits auf-geworfenen Frage: Warum sollten Nominalvermögen verzinst werden, wenn die Ver-mögensbesitzer eine Präferenz für Geldhaltung haben und unverzinsliche Nominalvermögen halten würden? Eine plausible Lösung des Problems liegt in der monetärkeynesianischen Konzeption von Sachvermögen. Sachvermögen wird hier nicht als Vermögen in einem Produktivzusammenhang ver-standen, sondern als „gesichertes“ Vermögen ohne Produktivzusammenhang. Dies können Land, Immobilien („Betongold“, d.h. ohne Verwertungszusammenhang), Gold,

48 Vgl. Tobin, 1965.

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Kunstschätze, oder auch Rohstoffe etc. sein.49 Diesem Sachvermögen hängt eine imma-terielle Prämie an (die jedoch nicht mit der Eigentumsprämie von Heinsohn und Steiger zu verwechseln ist). Die Prämie resultiert aus dem unterstellten Realkalkül sowie dem Vermögenssicherungsmotiv: Vermögenseigentümer verfolgen demnach das primäre Ziel, ihr Vermögen zu sichern und sind grundsätzlich risikoavers (darüber hinaus kann sicherlich das Vermögensvermehrungsmotiv greifen, wodurch insb. Spekulationen ge-leitet sind). Das unterstellte Realkalkül bedeutet, dass Sachvermögen nicht in Geld-einheiten gemessen wird, sondern Nominalvermögen wird in Sachvermögenseinheiten gemessen. Nominalvermögen im Portfolio impliziert die Inkaufnahme der Gefahr von Schwankungen des Preisniveaus. Nominalvermögen entspricht einer Realwertunsicher-heit (bzw. einer Vermögenswertunsicherheit), während bei Haltung von Sachvermögen keine Entwertung über Inflation stattfinden kann (die Inflation findet ja eben dadurch statt, dass die Sachvermögenspreise steigen). Hält man einen Sachvermögenswert, ändert Inflation zwar den Preis in Geldeinheiten, nicht aber die Menge der Sachvermö-genseinheiten selbst (es bleiben 10 Hektar Land, während bei einer Inflation von 10% innerhalb einer Periode mit Nominalvermögen am Ende der Periode nur noch gut 9 Hektar erworben werden können).

„Zwar ist Geld nominalwert-, aber es ist nicht realwertgesichert. Die

Möglichkeit von Preisniveauveränderungen bedeutet, daß der Realwert von

Geldvermögen unsicher ist, die Aufnahme von Geldvermögen in ein Port-

folio daher dessen Riskanz steigen, die von Sachvermögen es sinken läßt.“50

Die Abwesenheit der Realwertunsicherheit von Sachvermögen gegenüber Nominalver-mögen entspricht einer nicht-pekuniären Ertragsrate (immaterielle Prämie). Die Bereitschaft zur Aufnahme von Nominalvermögen ins Portfolio begründet daher den Zins, da diese pekuniäre Rate die nicht-pekuniäre Rate von Sachvermögen zu kompensieren vermag:

„Die Bereitschaft zum zeitweiligen Verzicht auf die Disposition über das

eigene Vermögen besteht deshalb nur, wenn der Vermögenseigentümer

dadurch ein Einkommen in Form des Einlagenzinses erzielen kann. Der

jeweilige Zins muß so hoch sein, daß er den nicht-pekuniären Ertrag, der

dem Vermögenseigentümer aus der Möglichkeit, sich durch Portfolioum-

strukturierungen vor Vermögensverlusten zu schützen, erwächst, mindestens

kompensiert. Je niedriger (höher) das Vertrauen der Vermögenseigentümer

in die Gewährleistung der Vermögenssicherungsfunktion eines Geldes ist,

desto höher (niedriger) muß der Zins sein.“51

Die Bereitschaft zur Haltung von Geld- bzw. Nominalvermögen bedingt also einen Zinssatz zur Kompensation der Prämie der Haltung von Sachvermögen. Die Höhe der

49 Vgl. Betz 1993: 73ff; 2001: 102ff. 50 Betz 1993: 77 51 Lüken-Klaßen 1993: 21f

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nicht-pekuniären Rate bzw. die nötige Kompensation (Zinsrate) ist nun abhängig von der Einschätzung der Gefahr von Preisniveauschwankungen. Aber warum soll nun die Bereitschaft zur Haltung von Nominalvermögen relevant sein? Oder anders gefragt, warum ist es nun bedeutsam, dass ein hoher Nominalvermögensan-teil und ein geringer Sachvermögensanteil im Portfolio der Vermögensbesitzer herrscht? Eine höhere Nachfrage nach Nominalvermögen bedeutet ein höheres Geldangebot, respektive ein höheres potenzielles Kreditvolumen zu einem niedrigeren Zinssatz. Das wiederum bedeutet ein höheres Niveau von Volkseinkommen und Beschäftigung. Ein hoher Anteil an Sachvermögen bedeutet, dass Sachvermögen einem produktiven Zusammenhang entzogen wird. Damit entsteht erstens das Problem eines niedrigeren Volkseinkommens- und Beschäftigungsniveaus und zweitens impliziert ein steigender Portfolioanteil von Sachvermögen eine vermehrte Nachfrage nach Sachvermögen. Damit wird das in Produktionszusammenhang gesetzte Sachvermögen verknappt und lässt dessen Preise steigen. Da aber Produktionsprozesse neben der Arbeit auch Sachvermögen als Inputs benötigen (Land, Rohstoffe etc.), steigen die Produktions-kosten und damit die Güterpreise. Um die Aushöhlung der Kohärenz der Geldwirtschaft zu vermeiden, müssen unkontrollierte Inflationsprozesse vermieden werden. Damit wird die Sicherung der Verzinsung des Nominalvermögens zur Bedingung, damit das Sach-vermögen der Produktion zur Verfügung gestellt wird.52 Mit diesen Überlegungen ist nun der Stellenwert der ursprünglichen LPT und ihr Erklärungsbeitrag zur Zinsstruktur einzuordnen: Da die Portfolioalternative Sachver-

mögen gefunden wurde, deren Prämie den absoluten Zinssatz von Nominalvermögen erklärt, kann die ursprüngliche LPT das Differential der Zinssätze in Abhängigkeit der Fristigkeit erklären. Während das monetärkeynesianische Kalkül der Realwertsicherheit die Lage der Zinsstrukturkurve erklärt, erklärt die Keynes’sche LPT die Steigung der Zinsstrukturkurve. Die LPT kann also rehabilitiert werden, wenn sie durch das monetär-keynesianische Realkalkül ergänzt wird. Die Liquiditätsprämie bezieht sich dann auf Nominalvermögen mit kurzer Fristigkeit gegenüber langfristiger Nominalvermögen. Der Zinssatz als Kompensation der Liquiditätsprämie erklärt dann die Bereitschaft zur Haltung langfristiger Nominalvermögen im Gegensatz zu Geld (kurzfristige Nominal-vermögen). Um aber überhaupt die Bereitschaft zu erzeugen, Nominalvermögen zu halten, was ja eine Bedingung dafür ist, dass das Kalkül der Liquiditätspräferenz überhaupt greifen kann, tritt die Portfolioalternative Sachvermögen auf den Plan. Die aus der Realwertsicherheit resultierende Prämie (Sachvermögensprämie, wenn man so will) legt die nötige Kompensation fest, um überhaupt das Kalkül der Liquiditätspräfe-renz zu erzeugen. Die Prämie der Sachvermögenshaltung erklärt damit den Lagepara-meter der Zinsstrukturkurve.

52 Vgl. Betz, 1993.

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Obwohl diese Erkenntnis ganz entscheidend ist, möchten wir zur Vereinfachung folgend nicht mehr auf diesen zwei Bausteinen beharren und integrieren in die LPT immer beide Kalkülstufen. Immer wenn von Liquiditätspräferenz gesprochen wird, schließt das beide Kalkülstufen ein: die Vorliebe für Realwertsicherheit sowie die Vorliebe für kurzfristigere Forderungen. III. Theoretische Zugänge einer Theorie des Wachstumszwangs

Der Kapitalismus ist eben „nichts, wenn er nicht in Bewegung ist“.53 Der kapitalistische Wachstumszwang ist eine verbreitete Intuition, wobei dessen analytische Basis mehr als kontrovers ist. Pennekamp konstatiert in einem Literaturüberblick zu „Wohlstand ohne Wachstum“ den Mangel an makroökonomischen Alternativmodellen zum Wachstums-paradigma.54 Auch wenn Wachstum implizit zum Paradigma von Politik und Wissen-schaft geworden ist55, so hat unsere Auseinandersetzung mit der Standard-Theorie gezeigt, dass insbesondere das Konstrukt der Gegenwartspräferenz einen positiven Zinssatz generieren kann, der mit einer stationären Ökonomie vereinbar ist. Folgend reißen wir von uns identifizierte Diskurse an, die sich einer Fundierung der These des Wachstumszwangs nähern. III.1 Wachstumszwang – ein Streifzug durch den Diskurs

Zunächst fällt auf, dass die These des Wachstumszwangs in der disziplinären Wirt-schaftswissenschaft sehr stiefmütterlich behandelt wird56, aber dafür sehr stark in interdisziplinärer bzw. sozial und ökologisch reformorientierter bis hin zu „grauer“ Literatur thematisiert wird.57 Eine frühe Quelle für stärker akademisch orientierte Literatur liefert Marx, der den dynamisch-dialektischen Charakter der kapitalistischen Produktionsweise analysierte. Gordon und Rosenthal58 präsentieren ihn als den ersten (ihnen bekannten) Theoretiker einer Wachstumsnotwendigkeit anhand einer entspre-chenden Fundstelle aus dem Kapital:

„Außerdem macht die Entwicklung der kapitalistischen Produktion eine

fortwährende Steigerung des in einem industriellen Unternehmen angeleg-

ten Kapitals zur Notwendigkeit, und die Konkurrenz herrscht jedem

individuellen Kapitalisten die immanenten Gesetze der kapitalistischen Pro-

duktionsweise als äußere Zwangsgesetze auf. Sie zwingt ihn, sein Kapital

53 Harvey 2011, zit. von Dörre 2012, S. 102. 54 Pennekamp 2011. 55 Vgl. z.B. Seidl und Zahrnt 2010. Ein Wachstumszwang wird auch auf der Ebene mentaler

Infrastrukturen analysiert (Welzer 2011). 56 Im Lehrbuch von Rogall (2008: 123ff) wird der Begriff Wachstumszwang verwendet. 57 Vgl. z.B. Antonio 2009; Bender 2014; Butterweck 1995; Creutz 1994; Bischoff 1985; Fischbeck

1995; Freiburghaus 1984; Kühling 2009; König 2011; Loske 2011; Onken 1992; Pennekamp 2011; Tichy 2009; Walter 2011.

58 Vgl. Gordon und Rosenthal 2003.

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fortwährend auszudehnen, um es zu erhalten, und ausdehnen kann er es nur

vermittelst progressiver Akkumulation.“59

Ungeachtet der Leistungen von Marx weist seine ökonomische Modellbildung jedoch Schwächen bzgl. einer Kohärenz auf (z.B. das Transformationsproblem von Werten in Preise60, die logischen Widersprüche in der Herleitung des Gesetzes vom Fall der Profitrate61, oder der mangelhaften marktlogischen Bestimmung der Profitrate über-haupt62). Auch wenn sich der Wachstumszwang daher nicht modelltheoretisch ableiten lässt, bietet Marx eine Perspektive mit heuristischem Charakter. Die Arbeit von Edvinsson ist ein Beispiel für die Nutzung der These des Wachstumszwangs ohne tiefergehende analytische Fundierung.63 Der Wachstumszwang wird auch von Soziologen thematisiert. Deutschmann mahnt an, dass sich Wachstum nicht einfach durch ökonomische Wachstumstheorien erklären lässt, sondern in einem gesellschaftstheoretischen Zusammenhang der Modernisierung zu sehen ist. Eine umfassende Analyse der Ursachen und Bedingungen des Wachstums benötige einen soziologischen Zugriff, weil eine rein ökonomische Perspektive die Komplexität des Gegenstandes nicht zu erfassen vermag.64

„Wachstum geht auf emergente gesellschaftliche Prozesse zurück, die

politisch kaum steuerbar sind und im Kern gesellschaftlich erklärt werden

müssen.“65

Deutschmann diagnostiziert treffend, dass entwickelte Länder ja bereits stagnieren, dies aber aus sozialen Gesichtspunkten wenig erfreulich ist. „Wachstum scheint vielmehr eine Bedingung dafür zu sein, dass wir unseren gegebenen Lebensstandard auch nur halten können. Daraus ergibt sich der ‚Wachstumszwang‘.“66 Die Erklärung bleibt (zu-mindest für Nicht-Soziologen) jedoch nicht so leicht verdaulich:

„Der Wachstumszwang entsteht … aus der Unmöglichkeit, das durch den

modernen Kapitalismus geschaffene private Eigentumsrecht auf das

lebendige Arbeitsvermögen einzulösen. … Der Unternehmer als Käufer des

privaten Arbeitsvermögens hat – bei Strafe des Untergangs – kaum eine

andere Wahl, als aus dieser unerschöpflich scheinenden Ressource immer

mehr und immer Neues herauszuholen. Auf der Ebene des Einzelunterneh-

mens drückt sich dieser Wachstumsimperativ in einem Gewinnimperativ

59 Marx, MEW 23: 618. 60 Vgl. Helmedag 1992. 61 Vgl. Heinrich 2001. 62 Vgl. Spahn 1986. 63 Vgl. Edvinsson 2005. 64 Vgl. Deutschmann 2009. 65 Deutschmann 2013: 3. 66 Deutschmann 2013: 2.

Wenzlaff/Kimmich/Richters: Theoretische Zugänge eines Wachstumszwangs in der Geldwirtschaft

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aus: Nur wenn die Produktion einen Gewinn verspricht, kann sie sich

lohnen und findet überhaupt statt.“67

Doch bleibt Deutschmann nicht bei der These stehen, dass einfach der Konkurrenz-prozess zu einem Wachstumszwang führe. Basierend auf einer Klassenstrukturüber-analyse von Robert Merton erkennt Deutschmann in den individuellen Versuchen des Klassenaufstiegs einen Motor von Innovationen und Wirtschaftswachstum. Soziale Ungleichheit und das Aufstiegsmotiv erzeugen Leistungsdruck. Denn der Kapitalismus suggeriert die Möglichkeit, oder erlaubt in Einzelfällen tatsächlich den Aufstieg durch erfolgreiches Agieren auf Märkten.68 Ähnlich erkennen Sturn und Van Treeck Ungleichheit (und Arbeitslosigkeit) als eine Barriere der „Realisierung einer egalitären und postmaterialistischen Gesellschaft“. Ungleichheit ist ein Treiber von Konsum und damit Wachstum, womit aufbauend auf Veblen69 und Stiglitz70 an Deutschmanns Argumente angeknüpft wird. Damit wird aber eher tatsächliches Wachstum und weniger ein Zwang zu Wachstum erklärt.71 Sturn und van Treeck leiten daher ab, dass unter gegenwärtigen Bedingungen Ungleichheit und Arbeitslosigkeit nur durch Wachstum bekämpft werden können. Damit entsteht ein im-pliziter Wachstumszwang. Da aber Wachstum aus ökologischen und sozialen Gesichts-punkten heraus nicht wünschenswert ist, sollte dem Wachstumszwang insbesondere mit Instrumenten der Verminderung von Ungleichheit begegnet werden (z.B. progressive Besteuerung zur Finanzierung gesellschaftlicher Aufgaben oder Arbeitszeitverkürzung). Es ist gar nicht nötig, die Argumentation auf sozialen Effekten und Problemen der Un-gleichheit aufzubauen, denn Einkommensungleichheit lässt sich mit Keynes bereits über die marginale Sparquote problematisieren (Abschnitt II.3). Diesen Weg geht der Sozio-loge Paul. Da zu hohes Sparen ein Nachfrageausfall bedeutet und die Sparneigung mit steigendem Einkommen steigt, entsteht ein Wettlauf von Investitionen, die durch immer größeren Nachfrageausfall eingeholt werden.

„Gleichwohl wird mit wachsendem Wohlstand ein relativ größerer Anteil

des Einkommens gespart, so daß der trotz Wachstum relative Nachfrage-

ausfall nur durch noch einmal gesteigerte Investitionen ausgeglichen wer-

den kann, bis das Problem sich auf höherer Stufe wiederholt. Mit anderen

Worten, die Geldwirtschaft steht Keynes zufolge unter einer Art innerem

Wachstumszwang, der die Krise, die doch gemieden werden soll, bestenfalls

in die Zukunft verschiebt, niemals aber löst oder definitiv verhindert.“72

67 Deutschmann 2013: 7. 68 Vgl. Deutschman 2013: 8ff. 69 Vgl. Veblen 1899. 70 Vgl. Stiglitz‘ (2008) allgemeine Theorien des Konsumismus. 71 Sinnvoll erscheint uns Binswangers (2006) Unterscheidung zwischen Wachstumszwang und Wachs-

tumsdrang. Daher würden wir das aus Konsumverhalten oder Klassendynamik resultierenden Wachs-tum dem Wachstumsdrang zuordnen.

72 Paul 2012: 156.

Wenzlaff/Kimmich/Richters: Theoretische Zugänge eines Wachstumszwangs in der Geldwirtschaft

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Wir kommen später zu einer ähnlichen Diagnose. Neben der Sparneigung behandeln wir expliziter die Bestimmung des Zinssatzes über den Vermögensmarkt als eine Schlüssel-kategorie der Theorie des Wachstumszwangs (Abschnitt III.3ff). Der Ökonom Peter Victor nutzt einen ökonometrischen Ansatz zur Modellierung von drei Wachstumsszenarien. Ressourcenknappheit und andere normative Randbedingun-gen lassen ihn ein Low-Growth-Scenario favorisieren, welches durch „kompensierende Politikmaßnahmen“ bzw. eine „bewusst herbeigeführte politische Veränderung“ ermög-licht werden soll.73 Im Prinzip teilt Victor die Diagnose von Sturn und van Treeck und plädiert ebenfalls für das breit zirkulierende (keynesianische) Repertoire an politischen Steuerungsvariablen (Senkung der Arbeitszeit, steigender Anteil öffentlicher Investitio-nen und Umverteilung). Doch reichen diese Feinsteuerungsversuche wirklich aus, die Vision einer vollbeschäftigten stationären Ökonomie zu erreichen? Wir konstatieren, dass die Rolle des Kreditgeldsystems und des Zinssatzes oft ungenügend problema-tisiert werden. III.2 Wachstumszwang – Unternehmen und Profitwirtschaft

Wir behandeln nun Ansätze, die unterstellen, dass Unternehmen in einer kapitalistischen Ökonomie Profite erwirtschaften müssen. Diese Ansätze kommen so zum Schluss, dass eine Profitwirtschaft unvereinbar mit dem stationären Zustand ist.74 Bei dieser Gruppe von Ansätzen handelt es sich streng genommen noch nicht um monetäre Ansätze des Wachstumszwangs, welche in den folgenden Abschnitten vorgestellt werden. Nach unserem Wissen ist es der Verdienst Hans Christoph Binswangers, ein erstes ex-plizites Modell eines Wachstumszwangs entwickelt zu haben.75 Binswanger betont, dass in einer arbeitsteiligen und geldvermittelten Marktwirtschaft Unternehmen Vorschüsse benötigen, um die Zeit zwischen dem Start des Produktionsprozesses und dem Erzielen der Erlöse zu überbrücken. Da Vorschüsse (Kredite) verzinst werden, bedeutet das für Unternehmen,

„daß mehr Geld zurückgezahlt werden muß als sie erhalten haben. Dies

begründet den Zwang, einen Überschuß der Erlöse der Produktion über

ihre Kosten zu erwirtschaften.“76

Zur Bestimmung des Zinses führt Binswanger das Risiko des Kapitalgebers an, seinen Vorschuss zu verlieren. Ein korrekt kalkuliertes Risiko würde nach unserer Auffassung

73 Pennekamp 2011: 23f. Siehe dort die Quelltexte von Victor. 74 Auch in Management-Diskursen wird ein „growth imperative“ diskutiert (vgl. z.B. Goold 1999; Rich

1999). Zudem wurden „betriebswirtschaftliche Entscheidungen bei Stagnation“ in einem Sammelband thematisiert (vgl. Pack & Börner 1984). Letztendlich wird auch die Rolle der Unternehmen im Übergang zu einer nachhaltigen und wachstumsneutralen Ökonomie thematisiert (vgl. z.B. Kropf-berger 2007; Scherhorn 2010; Shrivastava 1995; Zahrnt et al. 2014).

75 Vgl. Binswanger 1996, 2006. 76 Lüken-Klaßen 1995a: 64. Diese Kapitaldefinition teilt Binswanger daher mit dem Monetärkeynesia-

nismus.

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allerdings (wie oben in II.4 ausgeführt) bedeuten, dass auch tatsächlich Kredite aus-fallen, d.h. der Gesamtgläubiger vom Gesamtschuldner keine Prämie erhält. Daher interessieren wir uns nur für die vom Risiko abstrahierte Zinsrate, die wir als durch die Liquiditätspräferenz bestimmt sehen.77 Eine weitere Pionierarbeit eines ökonomisch fundierten Modells stammt von Gordon und Rosenthal. Dabei wird auch die Perspektive der Unternehmen eingenommen und Wachstumszwang folgendermaßen definiert:

„By a growth imperative, we mean that the enterprise requires the expecta-

tion of a positive growth rate“.78

Die Argumentation läuft folgendermaßen: Wäre die erwartete Wachstumsrate null oder negativ, würde die unweigerlich schwankende und unsichere Profitrate kurz- oder lang-fristig zum Bankrott der Unternehmen führen. Eine Marktwirtschaft mit Privatunter-nehmen und freien Preisen ist daher auf eine ausreichend positive Wachstumsrate ange-wiesen. Der Schlüssel zu diesem Ergebnis liegt in der Modellierung der variablen und unsicheren Profitrate. Würde man den zukünftigen Wert der Profitrate als Erwartungs-wert fassen, wäre das Modell mit einem stationären Zustand vereinbar. Gordon und Rosenthal gelingt eine Theorie des Wachstumszwangs anhand des Konzep-tes der Unsicherheit (im Gegensatz zum Risiko, anhand dessen ein Erwartungswert gebildet werden kann). Die Betonung der Unsicherheit und der daraus abgeleitete Wachstumszwang erscheinen empirisch relevant, bleiben aber analytisch ausbaufähig. Denn es überzeugt letztendlich nicht vollständig, warum man sich in einer Marktwirt-schaft nicht ein Umfeld vorstellen kann, indem Profitraten zu relativ festen Erwar-tungswerten werden und warum aus dem Rest der Unsicherheit ein permanenter Wachstumszwang abzuleiten wäre. Das Modellergebnis ist also abhängig vom Konzept der Unsicherheit und umgekehrt würde in der Reduzierung der Unsicherheit (z.B. durch den Ausbau von Versicherungssystemen und anderen Netzwerken) der Schlüssel zur Senkung des Wachstumszwangs liegen. Interessanterweise kommt das Modell zum Ergebnis eines Wachstumszwangs ohne Be-trachtung von Kreditgeldschöpfung, Zinsrate oder Nachfrage, was zunächst durchaus als Stärke zu fassen ist. Die Argumentation über die Profitrate findet sich auch an anderen Stellen, wie folgend rezipiert wird. Mathias Binswanger argumentiert ähnlich anhand einer Modellvariation. Er begründet einen Wachstumszwang in kapitalistischen Ökonomien damit, dass eine ausreichend hohe Wachstumsrate notwendig sei, damit Firmen im Aggregat Gewinne realisieren können. Seine Argumentationslinie beruht auf einem Modell einer geschlossenen

77 Die konzeptionelle Trennung von Liquiditäts- und Risikoprämie ist empirisch sehr schwierig, was

dafür sprechen könnte, nur von der Risikoprämie zu sprechen. 78 Gordon & Rosenthal 2003: 25.

Wenzlaff/Kimmich/Richters: Theoretische Zugänge eines Wachstumszwangs in der Geldwirtschaft

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Ökonomie mit drei Sektoren sowie mit Bankeinlagen als Zirkulationsmedium. Die Banken wandeln einen Anteil (1-b) der Profite aus Zinszahlungen zum Zinssatz z in Eigenkapital um, was zu einem „'net removal' of money from circulation“ führt.79 M. Binswanger geht nun davon aus, dass bei einem gleichgewichtigen Wachstum Kredite, Profite und Kapitalstock mit einer konstanten Rate w wachsen. Im Fall w = 0, bei dem Kredite, Profite und Kapitalstock sich über die Zeit nicht verändern, ergibt sich für das Verhältnis von Profit und Krediten:

Π

L=

− z (1− b)

r

Das Aggregat der Profite wäre im Gleichgewicht also negativ, sobald ein positiver Zinssatz vorliegt und die Bank einen Teil ihrer Zinseinnahmen dem Eigenkapital zuführt. Binswanger bestimmt außerdem die gleichgewichtige Wachstumsrate w0, unter der Firmen gerade noch keine Profite machen, als minimale Wachstumsrate, bei der die Wirtschaft stabil funktioniert und nicht in einen Schrumpfungsprozess umkippt.80 Dies bezeichnet er als Wachstumszwang. Die minimale Wachstumsrate nimmt mit steigen-dem Zinssatz und sinkender Ausschüttung des Bankensektors zu. Eine größere Reinves-titionsquote senkt die minimale Wachstumsrate, eine größere Abschreibungsrate steigert sie.81 Zu problematisieren ist Binswangers Argumentation aus Bilanzperspektive: Der Nicht-Konsum von Einkommen der Banken (quasi eine positive Sparquote) führt dazu, dass die Kredite der Unternehmen gar nicht vollständig getilgt werden können, sondern der Gewinn der Bank als Forderung gegenüber dem Unternehmen bestehen bleibt. Dadurch baut sich jedoch eine Verbindlichkeit der Unternehmen in Höhe des Eigen-kapitals der Banken auf, die in Binswangers Papier allerdings nicht als Bestandswert bilanziert und daher bei der Analyse übersehen wird. Eine Variation des Ansatzes der Notwendigkeit von Profiten ergibt sich durch das Ein-beziehen von Staat und Haushalten und der Modellierung saldenmechanischer Zusam-menhänge. Ein derartiges Modell wurde ursprünglich von Kalecki82 formuliert und von Johannes Schmidt und Jan Priewe in ähnlicher Form anlässlich eines Workshops „Bedingungen einer stationären Ökonomie“83 vorgestellt. Da das Nettogeldvermögen immer null beträgt (es kann nur umgeschichtet werden kann, da jeder Forderung eine gleichgroße Verbindlichkeit gegenübersteht), entstehen gesamtgesellschaftlich Gewinne nur, wenn Sachvermögen erworben werden können. Im folgenden Modell sind ausschließlich die Investitionen der Unternehmen relevant, weil deren Sachvermögen in den Bilanzen geführt werden und zu einem Bilanzgewinn führen können. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht lassen sich die Gewinne des Unternehmenssektors Qu wie folgt bestimmen:

79 M. Binswanger 2009: 713. 80 Vgl. M. Binswanger 2009:720, Gleichung 23. 81 Diese klare Vorzeichenabhängigkeit stellt Binswanger nicht dar, sie lässt sich jedoch aus Gleichung

23 (Binswanger 2009: 720) herleiten. 82 Vgl. Kalecki 1971: 82ff. Godley und Lavoie (2007: 37) sprechen von “Kalecki's famous equation.” 83 Vgl. Wenzlaff 2013.

Wenzlaff/Kimmich/Richters: Theoretische Zugänge eines Wachstumszwangs in der Geldwirtschaft

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Qu= I un+Cg+(G− T )+( X− M )− ∆GV Y

Hierbei sind Iun die Nettoinvestitionen der Unternehmen, Cg der Konsum der Gewinn-

bezieher, ∆GVY die Geldvermögensbildung der Bezieher von Faktorentgelten, X Export, M Import, G Staatsausgaben und T Steuern. Um die Möglichkeit einer stationären Ökonomie zu prüfen, müssen zunächst Netto-investitionen von null angenommen werden, da ja das Gesamteinkommen nicht steigen darf.84 Damit Unternehmen Profite erzielen können, muss eine der folgenden Bedingun-gen erfüllt werden: - permanentes Staatsdefizit, d.h. bei Nullwachstum eine steigende Staatsschuldenquote - permanenter Leistungsbilanzüberschuss, d.h. eine steigende Verschuldung des

Auslands - Der Konsum aus Gewinneinkommen muss größer sein als die Geldvermögensbil-

dung der Bezieher von Faktorentgelten Die ersten beiden Bedingungen sind nicht nachhaltig erfüllbar, die dritte hängt von den Entscheidungen der Akteure ab und kann nicht garantiert werden. Unter diesen Umstän-den kommt man anhand der Gleichung zum Schluss, dass gesamtwirtschaftliche Gewinnsteigerung nur über Wachstum möglich ist. In der stationären Ökonomie kann es gesamtwirtschaftlich keine Netto-Gewinne mehr geben und es kann daher auch keinen positiven Zins geben.

„Keine Profite bedeutet Ende des Systems Kapitalismus. Ich glaube, es gibt

einen inhärenten Wachstumstrieb“,

erklärte Priewe auf dem Workshop85. Denn zentral im Kapitalismus sei das Gewinn-streben – ohne Aussicht auf Gewinne erlösche der Anreize zur Produktion. Während Gordon und Rosenthal ihre Argumentation an der Unsicherheit festmachen, basiert die Argumentation von Schmidt, Priewe und Binswanger eher auf der Aussicht auf Profite als Produktionsanreiz. Andererseits postulieren die klassischen und neo-klassischen Modelle einen Wettbewerbsprozess, der die Profite (nach Zahlung von Löhnen und Kapitalkosten) tendenziell auf null drückt. In den Unternehmen verbleiben-de Überschüsse über die Kapitalkosten (die ja auch an die Kapitalgeber und Anteils-eigner ausgeschüttet werden müssen) könnten eher als Renten (Pioniergewinne, Wett-bewerbsvorteile, Gewinne aus Patenten oder Wettbewerbseinschränkung) aufgefasst werden, wobei diese Einkommenskategorie von der Genesis des Profits zu trennen ist.86 Nachdem das Feld zum Wachstumszwang ausgeleuchtet wurde, möchten wir nun anhand weiterer und bisher weniger expliziter Zugänge erörtern, ob eine Wirtschaft

84 Vgl. Priewe in 1998: 19ff. 85 Vgl. Wenzlaff 2013, dort auch eine weiterführende Diskussion des Ansatzes von Priewe und Schmidt. 86 Vgl. Spahn 1986; Riese 1983.

Wenzlaff/Kimmich/Richters: Theoretische Zugänge eines Wachstumszwangs in der Geldwirtschaft

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stabil bleiben kann, wenn die Wachstumsrate dauerhaft unter die Zinsrate fällt (positives Zins-Wachstums-Differential). Jeder Zugang für sich bildet einen Ansatz für eine Ana-lyse von Wachstumszwängen, wobei Wachstumszwang in dem Sinne gemeint ist, dass bei gegebener Zinsrate eine untere Grenze für die Wachstumsrate für eine stabile Wirtschaft existiert. Eine Auseinandersetzung mit Kriterien von Stabilität ist nicht Gegenstand der Untersuchung, wobei eine instabile Wirtschaft durch hohe Erwerbs-losigkeit, steigende Staatsverschuldungsquote, steigende Ungleichheit, steigende Speku-lation im Verhältnis zu Realinvestitionen und Krisenhaftigkeit gekennzeichnet ist. Der gegenwärtige Zustand vieler Volkswirtschaften erfüllt diese Kriterien und ist daher ohne Zweifel als instabil zu bezeichnen. III.3 Zins und Geldschöpfung – eine Denkfalle

Mithin existiert die Ansicht, dass bei der Kreditgeldschöpfung nicht genügend Geld entstehe, da nur der Tilgungsbetrag, nicht aber die zu zahlenden Zinsen geschöpft wür-den. Da nur der Tilgungsbetrag geschöpft würde, könnten die Zinsen nicht ohne zusätz-liche Kreditschöpfung in entsprechender Höhe zurückgezahlt werden. Dies begründe einen Zwang zu immer mehr Schulden, exponentiellem Wachstum, oder zwinge mindestens zu regelmäßiger Wertvernichtung.87 Folgend soll diese scheinbar einleuch-tende These falsifiziert beziehungsweise relativiert werden, indem gezeigt wird, dass ein Wachstumszwang erst durch Nichtkonsumption des Zinseinkommens begründet werden kann. Bei der Geldschöpfung durch Kreditvergabe wird durch eine Buchung ein Geldbetrag m auf der Aktivseite der Bankbilanz als Forderung geschaffen. Gleichzeitig wird dem Kreditnehmer eine entsprechende Verbindlichkeit auf der Passivseite der Bankbilanz verbucht. Man spricht deshalb hierbei auch von Bilanzverlängerung. Der Betrag m wird dem Kreditnehmer zur Verfügung gestellt und er verpflichtet sich im Gegenzug im Rah-men eines Tilgungsplans, den Kreditbetrag zurückzuzahlen, sowie zusätzliche Kredit-kosten k aufzubringen. Die Kreditkosten k lassen sich analytisch in drei Bestandteile trennen: Um dieses Geschäft für die Bank und ihre Eigentümer profitabel zu gestalten, muss zunächst eine Bankmarge b gezahlt werden, die die Betriebskosten deckt und die nötige Eigenkapital-verzinsung erlaubt. Mit der Risikoprämie r werden ausfallende Aktiva beglichen. Im Idealfall deckt die Summe aller gezahlten Risikoprämien genau die Forderungsausfälle ab. Verwendet der Kreditnehmer den Betrag für eine Zahlung in bar oder per Über-

87 Diese Idee wurde insb. durch Martin, den Begründer der Schule des „Debitismus“ verbreitet (vgl.

Martin und Lüftl 1986) und wird auch in ähnlicher Form z.B. durch Binswanger (1996, 2006) oder Walter (2011) vertreten. Auch Deutschmann (2013: 7) kann man so lesen: „Wenn nämlich Unter-nehmen die von ihnen produzierten Waren mit Gewinn verkaufen wollen, dann setzen sie dabei eine Nachfrage voraus, die höher ist als die, die sie selbst mit ihren eigenen Kostenzahlungen geschaffen haben. … die Schuldner müssen ja ihrerseits hart arbeiten, um das aufgenommene Kapital zu verwer-ten und mit Zins und Zinseszins zurückzuzahlen – mit der Folge, dass dann noch mehr Kredite nötig werden, um den Absturz zu vermeiden, usw.“

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weisung, so muss die Bank entsprechenden Zentralbankgeldabfluss refinanzieren. Diese Refinanzierung gelingt durch Einlagenbindung von Guthaben anderer Kunden, Kredite auf dem Interbankenmarkt oder Kredite bei der Zentralbank. Vereinfachend wird hier davon ausgegangen, dass sich die Bank durch Kundeneinlagen refinanziert und hierfür l an die Halter der Guthaben bezahlt. Der dritte Bestandteil l bildet nun den Zins im engeren Sinne und wird durch die Liqui-ditätspräferenz bestimmt. Risikoprämie und die Liquiditätsverzichtsprämie bilden Refi-nanzierungskosten, die als Kreditkosten vom Kreditnehmer bezahlt und an die Halter der Guthaben als Einkommen weitergereicht werden. Die Bank kann hierbei als reiner Intermediär zwischen der Gläubiger- und Schuldnerseite betrachtet werden. Die Kreditkosten belaufen sich deshalb auf k = b + r + l, der gesamte Tilgungsbetrag beträgt entsprechend m + k. Folgend möchten wir einen Kreditzyklus durchspielen, die einzelnen aufeinanderfolgen-den Transaktionen sind in Tabelle 1 festgehalten. Zunächst erhält ein Unternehmen U die Kreditmenge m. Nehmen wir vereinfachend an, dass der Kredit m als Lohnfonds verwendet wird und daher vollständig als Einkommen zu den Haushalten H fließt.88 Die Haushalte erhalten auch die Bankmarge b89), sowie (als Vermögensbesitzer bzw. Kreditgeber) die Verzinsung von m in Höhe der Liquiditätsverzichtsprämie l. Hierfür reicht eine einfache Verbuchung bei der Bank als Forderung gegenüber dem Unterneh-men und als Verbindlichkeit gegenüber den Haushalten. Die Kreditkosten können den Haushalten zur Verfügung gestellt werden – verbucht als Verbindlichkeit der Bank gegenüber den Haushalten – weil die Bank eine entsprechende Forderung gegenüber dem Unternehmen besitzt. Bilanziell betrachtet kann die Bank so den Haushalten die Zinseinkommen und Bankmarge zur Verfügung stellen, ohne dass sie hierzu die Forde-rung gegenüber dem Unternehmen erst einlösen muss, gerade weil sie diese Forderung in der Bilanz hält. Die Haushalte können dieses Einkommen für den Konsum der Produkte des Unternehmens verwenden. Wenn wir nun annehmen, dass die Haushalte ihr Einkommen vollständig für den Konsum verwenden, dann (und nur dann) kann das Unternehmen auch die gesamte Kreditforderung der Bank, einschließlich Kreditkosten, aus dem eingangs geschöpften Geldbetrag m tilgen. Im Prinzip handelt es sich bei dieser Analyse um eine saldenmechanische Methode, die auch als bestands- und flussgrößenkonsistente Modellierung bezeichnet wird.90 Zentrale

88 Selbstverständlich sind für ein Investitionsprojekt nicht nur Löhne, sondern Vorleistungen, Mieten,

Lizenzen etc. zu zahlen. Am Ende müssen der Lieferant und dessen Lieferant aber Löhne (und sei es den Unternehmerlohn) bezahlen, sodass unsere Annahme hier vereinfachend, aber nicht ein-schränkend ist.

89 Hier gilt analog: Die Bank hat nicht nur die Löhne ihrer Angestellten zu zahlen, sondern kauft Technik und zahlt Gebäudemieten, die aber in letzter Instanz als Einkommen der Haushalte modelliert werden dürfen.

90 Der im englisch-sprachigen Raum als „Stock-Flow Consistent Modelling“ bekannte Ansatz geht maß-geblich auf Tobin und Turnovsky zurück. Ein vergleichbarer Ansatz entstand parallel in Deutschland und wurde von Stützel (1978) entwickelt. Die Leitaussage und Grundannahme verdeutlichen Godley und Cripps (1983: 18): „[M]oney stocks and flows must satisfy accounting identities in individual

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Komponenten der Modellierung sind die sektorale gesamtwirtschaftliche Bilanzmatrix für Bestandsgrößen und die Transaktionsmatrix für Flussgrößen. Die Analyse des Bei-spiels kann anhand einer einfachen Transaktionsmatrix (Tabelle 1) verdeutlicht werden, in der jeweils die durch die Transaktionen resultierenden Änderungen in den Sektor-bilanzen dargestellt sind. Die Tabelle zeigt, dass die Kreditkosten nicht, wie oft angenommen, als zusätzlicher Kredit geschöpft werden müssen, sondern im Rahmen der Bilanzierung zur Verfügung gestellt werden können. Das Ergebnis zeigt, weswegen kreislauftheoretische Gedanken-experimente ohne die hier vorgenommene saldenmechanische Betrachtung der Bilanzie-rung zu falschen Schlüssen verleiten können.91 Der Geldbetrag k als Zinsertrag l und Bankmarge b kann durch die Bank an die Haushalte ausgezahlt werden, solange min-destens Forderungen in dieser Höhe gegenüber den Unternehmen existieren. Die Haus-halte können dann konsumieren, und die Unternehmen können die Einnahmen zur vollständigen Tilgung verwenden. Dieser Kreislauf ist vereinbar mit einem stationären System. Insofern Zinseinkommen konsumiert werden, ergibt sich keine Notwendigkeit zum Wachstum. Der Kreditgeldkreislauf oder der Zins selbst begründen deshalb noch keinen Wachstumszwang.

Tabelle 1: Transaktionsmatrix zu einem einfachen Kreditkreislauf

Transaktion Sektoren

Unternehmen Bank Haushalte

Aktiva Passiva Aktiva Passiva Aktiva Passiva

Kreditvergabe +m +m+b+l +m+b+l +m

Kreditverwendung als Einkommen der Haushalte

−m −m(U) + m(H)

+m

Verzinsung für m +l +l

Bankmarge als Einkommen der Haushalte

+b +b

Konsum der Einkommen +m +m(U) −

m(H) −m

Vollständiger Konsum +b + l −b−l(H) +b+l(U)

−b − l

Vollständige Tilgung −m−b−l −m−b−l −m−b−l −m−b−l

budgets, and in an economy as a whole provide a fundamental law of macroeconomics analogous to the principle of conservation of energy in physics”. Ein umfassendes Standardwerk des Ansatzes bie-ten Godley und Lavoie (2007). Der Modellierungsansatz erfährt momentan eine Renaissance, da durch eine Modellierung der Bilanzen und deren Dynamik einige Wissenschaftler bereits mehrere Jahre vor Ausbruch die Auslöser und grundlegende Abläufe der Finanzkrise identifizieren konnten, vgl. Bezemer 2010.

91 Keen 2010 zeigt dies ausführlich am Paradox des monetären Profits.

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III.4 Sparquote und Zinseinkommensverwendung

Im letzten Abschnitt wurde gezeigt, dass sich allein aus dem Prinzip der Kreditgeld-schöpfung keine Wachstumsnotwendigkeit ableiten lässt. Die individuelle Sparquote nimmt mit steigendem Einkommen zu (vgl. II.3). Da Zins- bzw. Kapitaleinkommen ins-besondere Vermögenden zufließen, ist plausibel, dass gerade diese Einkommen allen-falls anteilig verkonsumiert werden. Folgend wird daher das Modell um die Betrachtung einer sinkenden marginalen Sparquote erweitert, um im zweiten Schritt ein Unter-beschäftigungsgleichgewicht abzuleiten, welches einen Wachstumszwang im definier-ten Sinne begründet.

Erweiterung des Modells um eine differenziertere Betrachtung von Sparen

Schrittweise wird nun analysiert, welche Folgen sich aus den Verwendungsmöglichkei-ten der Liquiditätsverzichtsprämie l durch die Kreditgeberseite für die Kreditnehmer-seite ergeben. Ausgangspunkt ist die Betrachtung eines vereinfachten Kreditverhält-nisses zwischen einem Kreditnehmer, einem Kreditgeber und einer Bank als Interme-diär im Kontext der Gesamtwirtschaft. Für die Sektoren der Gesamtwirtschaft wird angenommen, dass die Kreditkosten vollständig konsumiert werden, sodass alle Kredite bedient werden können. Dies entspricht den Annahmen im letzten Abschnitt. Nur in einem einzelnen Kreditverhältnis wird die Annahme der vollständigen Konsumption des Zinseinkommens l verändert.92 Um die Auswirkungen auf das Wachstum untersuchen zu können, muss nun zwischen verschiedenen Formen des Konsums und des Sparens unterschieden werden, die schrittweise analysiert werden.93 Zwei Arten des Konsums von l können unterschieden werden:

(C1) Der Ertrag kann für den Konsum von neu produzierten Waren und Dienstleis-tungen verwendet werden und ist unmittelbar als effektive Nachfrage wirksam. Der Konsum führt somit zu einem zusätzlichen nominellen BIP in Höhe von Y+ = m + l. Bei unveränderten Bedingungen bleibt auch in jeder Folgeperiode der Güterumsatz und somit das nominelle BIP konstant. (C2) Der Ertrag kann für den Erwerb eines bereits hergestellten Sachgutes verwendet werden, das dem Konsum dient. Dies führt in jeder Folgeperiode zur konstanten Um-verteilung von Sachgütern, die sich so lange fortführen lässt, wie entsprechende Sach-güter auf der Kreditnehmerseite vorhanden sind. Das aus dem Kredit entstehende BIP beträgt deshalb Y+ = m. In beiden Fällen entsteht daher durch den Konsum kein Wachstumszwang.

92 Die Annahmen können an einem Beispiel verdeutlicht werden: Alle Haushalte i ∈ {1, …, n-1}

konsumieren den Ertrag li vollständig (Sparquote = 0), wie im ersten Fall beschrieben, und nur ein Haushalt als Kreditgeber und Gläubiger spart nun seinen Ertrag ln (Sparquote > 0).

93 Vgl. Freydorf et al. 2012: 29-42, sowie die ausführlichen Tabellen 66-79.

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Für das Sparen können drei Arten unterschieden werden:

(S1a) Der Ertrag kann in Form von Nominalvermögen gehalten werden. Betrachten wir zunächst den Fall der Einlage in Form von Buchgeld. Da der Ertrag l dem Kreditnehmer nun nicht mehr zur Tilgung zur Verfügung steht, die Gesamtwirtschaft aber bereits vollständig konsumiert, bleibt nur die zusätzliche Kreditaufnahme in Höhe von l als Option. Für die Tilgung ist dabei irrelevant, ob der Kreditnehmer selbst oder ein anderer Sektor innerhalb der Gesamtwirtschaft diesen Kredit aufnimmt. Entscheidend für das Wachstum des nominellen BIP ist aber, ob mit diesem Kredit vor der Tilgung Güter nachgefragt werden oder eine direkte Umschuldung stattfindet. Zunächst wird hier eine Kreditnachfrage für Konsum oder Investitionen angenommen. Der getätigten Einlage des Kreditgebers steht dann eine neue Kreditnachfrage in gleicher Höhe durch einen Kreditnehmer gegenüber. Jede Folgeperiode erfordert eine weitere Kreditaufnahme. Aus jedem zusätzlichen Kredit ergeben sich entsprechende Erträge für die Kreditgeber, die wiederum gespart oder konsumiert werden können. Werden diese ebenfalls in Form von Einlagen gespart, so ergibt sich ein exponentielles Wachstum der Nominalvermö-gen und Erträge. Für das Wachstum des aus dem betrachteten Kreditverhältnis ent-stehenden nominellen BIPs gilt demnach Y+(t) = m · (1 + l/m)t, wobei t in Jahren ange-geben ist. (S1b) Nominalvermögensbildung kann in verschiedene Liquiditätsgrade unterteilt wer-den, von der Bargeldhaltung und Buchgeld/Giralgeld über Termingeld (z.B. Tagesgeld) bis hin zu Festgeld mit längerfristigen Laufzeiten und Kündigungsfristen. Mit steigen-der Laufzeit und Fristigkeit und entsprechend abnehmender Liquidität sinken die Risi-ken der Illiquidität für die Bank, gleichzeitig steigen aber die Kosten der Refinanzierung (siehe Abschnitt III.5) durch eine mit der Laufzeit zunehmende Liquiditätsverzichts-prämie und Zinsstrukturkurve. Grundsätzlich entspricht das Wachstum des nominellen BIP hier dem vorangehenden Fall, wobei allerdings die Höhe der Liquiditätsverzichts-prämie l variiert. (S2) Außerdem kann der Ertrag auch in Form verschiedener Anlageklassen und Realin-vestitionen gespart werden. Es können fest- und variabel verzinsliche Wertpapiere zur Kapitalanlage durch Fremdfinanzierung, wie beispielsweise Anleihen, bis hin zu ver-schiedenen Beteiligungsformen wie Aktien unterschieden werden. Der Unterschied liegt hier neben der zeitlichen Terminierung, Handelbarkeit und Mitbestimmungsrechten vor-wiegend in der Höhe der Risikoprämie. Da vereinfacht angenommen wurde, dass sich Forderungen und Forderungsausfälle durch Risiko im Mittel aufheben, soll dieser Aspekt hier nicht weiter analysiert werden. Alle Anlageklassen stehen aber prinzipiell in Konkurrenz zu Einlagen bei einer Bank, und müssen mindestens die Liquiditätsver-zichtsprämie l erwirtschaften. Werden nun vergleichbare Annahmen getroffen wie in S1, so gilt auch hier entsprechend Y+(t)= m · (1 + l/m)t für das zusätzliche nominelle BIP. (S3) Der Erwerb von Sachgütern kann neben dem Konsum auch dem Sparen dienen, oder für spekulative Zwecke der Preisentwicklung und Wiederveräußerung gehalten

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und gehandelt werden. In Bezug auf den Wachstumszwang ist dann entscheidend, für welche Art der Geldanlage sich der Verkäufer des Sachguts entscheidet. Investiert auch dieser in eine Vermögensanlage durch Sachgüter, so kann die Kreditnehmerseite nicht tilgen und der Wachstumszwang bleibt bestehen. Diese Spekulation ist ein Ausdruck der geringen Rendite realer Anlagemöglichkeiten, wie sie S2 bietet. In diesem Szenario kann auch ein Grund für die Vermögenspreisinflation und die als „Entkopplung“ wahr-genommene Entwicklung der Finanzwirtschaft gesehen werden. Für S1 und S2 lässt sich deshalb ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Sparent-scheidung und Wachstumszwang folgern. Wenn die Kreditaufnahme nicht effektiv nachfragewirksam, also beispielsweise zur Umschuldung verwendet wird, ist nur das Nominalvermögen einem Wachstumszwang ausgesetzt. Auf Basis der Annahme, dass jeder zusätzliche Kredit zu effektiver Nachfrage führt, weil der Kreditnehmer einen Teil verkonsumiert, kann jedoch für das nominelle BIP ein exponentielles Wachstum hergeleitet werden. Unsere Bedingung ergibt damit für das Nominalvermögen T+(t) = m · (1 + l/m)t, und durch die effektive Nachfrage jedes zusätzlichen Kredits gilt T+(t) = Y+(t). Zentral für die Auslösung dieses Wachstums-zwangs ist ein positiver Zinsertrag l und die Entscheidung des Kreditgebers, diesen Betrag zu sparen. Die Höhe des Wachstumszwangs ist deshalb sowohl von l, als auch von der Höhe des Sparbetrags abhängig. Wir haben deshalb das scheinbar paradoxe Resultat, dass Konsum gerade nicht zu einem Wachstumszwang führt, auch wenn Kon-sum (in seiner Fortschreibung als Konsumerwartung) durchaus Wachstumsimpulse im Unternehmenssektor auslösen kann. Entgegen verbreiteter Vorstellungen führt das Sparen deshalb nicht kausal zu einem Geldangebot, das sich automatisch, unmittelbar und vollständig in Investitionen niederschlägt. Vielmehr müssen, weil Kredite durch den fehlenden Konsum nicht getilgt werden können, neue Kredite zur Umschuldung aufgenommen werden, die genau dem Umfang des gesparten Betrags entsprechen (I :=

S). Allerdings kann auch hier nicht davon ausgegangen werden, dass neue Kredite für Investitionen verwendet werden. Die Investitionshöhe I ist deshalb als rein bilanzieller Nominalbetrag zu verstehen.94 Der hergeleitete Wachstumszwang lässt sich verallgemeinern. Bisher wurde nur ana-lysiert, welche gesamtwirtschaftlichen Effekte die Verwendung der Liquiditätsver-zichtsprämie l hat. Dieser Zusammenhang kann auf die Verwendung jedes beliebigen Einkommens ausgeweitet werden. Die Aussagen sind deshalb auch auf die gesamtwirt-schaftliche Sparquote anwendbar. Ist die gesamtwirtschaftliche Sparquote positiv, so muss sich ein entsprechendes nominelles Wachstum ergeben. Umgekehrt können bei negativer Sparquote Kredite getilgt werden, und die Nominalvermögen nehmen ab. Aus einem fehlenden Wachstum oder einer Sparquote von Null lässt sich aber nicht folgern, dass nicht gespart wird, da zwischen dem gesamtwirtschaftlichen Aggregat aller

94 Die Bedeutung der Identität von I = S und die entsprechend weite Definition von Investitionen hob

auch Keynes 1936 hervor.

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individuellen Spar- und Entspar-Entscheidungen und dem Sparverhalten einzelner Sek-toren oder Haushalte unterschieden werden muss. So können Erwerbstätige sparen und Rentner ihr Sparvermögen auflösen, und daraus dennoch im Aggregat eine gesamtwirt-schaftliche Sparquote von null resultieren. Die Sparquote der Haushalte ist außerdem zu unterscheiden von der Sparquote der Unternehmen oder des Staates. Eine umfassendere Betrachtung müsste den Einfluss der Kreditausfälle durch syste-misch bedingte Insolvenzen mit berücksichtigen. Auch wurde nicht berücksichtigt, dass die Bestandserhaltung des realen Kapitalstocks ständige Bruttoinvestitionen in Höhe der Abschreibungen erfordert. Eine weder wachsende noch schrumpfende Wirtschaft ist deshalb mit einer positiven Sparquote möglich, wenn diese sich auf die Bruttoinvesti-tionen bezieht. In einer stationären Wirtschaft gibt es aber keine Nettoinvestitionen und deshalb liegt die Sparquote bezogen auf Nettoinvestitionen ebenfalls bei null. Netto-investitionen von null schließen den Ersatz von Abschreibungen ein. Eine Kritik, die gegen diese Begründung eines Wachstumszwangs angebracht werden könnte, ist die scheinbare Missachtung der Umlaufgeschwindigkeit – eine Geldmenge könne ja durch eine höhere Umlaufgeschwindigkeit mehrere Güter umsetzen.95 Im Kontext des Kreditgeldes wird deutlich, dass dies für die bilanzielle Betrachtung irrele-vant ist: Jeder durch Kredit geschöpfte Geldbetrag kann immer nur genau die gleiche Höhe an Schulden tilgen und ist dann vernichtet. III.5 Unterbeschäftigungsgleichgewicht und Wachstumsnotwendigkeit

Trotz der angebrachten möglichen Limitationen der oben angestellten Überlegungen wird eine in der Debatte bekannte keynesianische Diagnose bestätigt: die permanente Unterbeschäftigung. Während kaum mehr bestreitbar ist, dass sich nahezu alle ent-wickelten Ökonomien in einem Zustand persistenter, unfreiwilliger und systemischer Arbeitslosigkeit befinden96, bleibt dessen theoretische Basis bis heute uneindeutig. Theorien des Unterbeschäftigungsgleichgewichtes gehören bisher nicht zum allgemei-nen Stand des ökonomischen Wissens. Schuld daran sind die z.T. widersprüchlichen Interpretationen der Beschäftigungstheorie von Keynes97, die in drei Argumentations-linien aufgeteilt werden können.

95 Im Kontext der monetären Unterkonsumptionstheorie argumentiert Schelkle mit Bezug auf die Quan-

titätsgleichung: „Fälschlicherweise wird hier Geld mit Einkommen und Kaufkraft gleichgesetzt [...]. Aber ein Geldstück kann mehr als einen Kauf tätigen. Deshalb kann es kein physischer Mangel an Geld sein, wenn die Unternehmen aus ihren Güterverkäufen nicht mehr Einnahmen erzielen, als sie an Vorschüssen geleistet haben, um sie zu produzieren. Bei einer sehr knappen Geldversorgung kann sich immer ja noch die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes erhöhen“ (Schelkle und Nitsch 1995: 16). Gleichzeitig wird im Anschluss der vorwissenschaftliche Charakter der Quantitätstheorie verdeutlicht (Schelkle und Nitsch 1995: 30ff). Die Quantitätstheorie beruht auf mehreren Irrtümern. Werner analysiert die mehrfach fehlerhaften Annahmen und entwickelt eine induktiv begründete Version einer Quantitätsgleichung, vgl. Werner 2005: 181ff.

96 Vgl. Arestis et al. 2007; Klär 2006; Stockhammer und Klär, 2008. 97 Eine ausgiebige Erörterung liefert Helmedag, 2012.

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Die erste Gruppe interpretiert die ganze Keynes‘sche Theorie als kurzfristigen Spezial-fall, Unterbeschäftigung resultiert dann aus Geldlohn- oder anderen Rigiditäten, die die Anpassungsprozesse auf Märkten stören.98 Eine zweite Argumentationslinie verläuft über die mangelnde effektive Nachfrage auf-grund der mit dem Einkommen steigenden marginalen Sparneigung, wobei der Zinssatz innerhalb dieser Debatte keine besondere Rolle spielt.99 Die effektive Nachfrage ist umso geringer, je polarisierter die Einkommensverteilung ist. Die plausible wirtschafts-politische Schlussfolgerung dieser Diagnose liegt in der Forderung von Umverteilungs-politik. Während an der Schlussfolgerung nichts auszusetzen ist, so bleibt jedoch nicht ganz plausibel, warum der Marktprozess zu einem Unterbeschäftigungsgleichgewicht führen soll. Betrachtet man die Sparneigung allein, bleibt noch unerklärt, warum nicht ein höheres Investitionsvolumen und letztendlich Vollbeschäftigung über einen sinken-den Zinssatz erreicht werden kann. Eine dritte Argumentationslinie erfolgt daher über den Zinssatz und ist am stärksten elaboriert in der durch Hajo Riese begründeten monetärkeynesianischen Schule (siehe Abschnitt II.3). Der Zins bildet dort eine Barriere für Vollbeschäftigung, weil er die Senkung der Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals verhindert. Die Grenzleistungsfähig-keit des Kapitals bzw. die Profitrate wird durch den Vermögensmarkt (das Portfolio-kalkül der Vermögensbesitzer) vorgegeben. Die Implikationen für die Theorie des Unterbeschäftigungsgleichgewichtes verdeutlichen einige Zitate:

„Die monetär-keynesianische Theorie interpretiert die Liquiditätspräferenz-

theorie des Zinses als Angebotskategorie und rückt damit den Vermögens-

markt ins Zentrum der Analyse. Auf dieser Basis präsentiert sie eine mone-

täre Theorie der Produktion und begründet ein langfristiges, nachfrage-

bestimmtes Gleichgewicht bei Unterbeschäftigung.“100

„Diese allgemeine Liquiditätspräferenz ist Keynes zufolge dafür verant-

wortlich, daß sich der Zinssatz auf einem hohen Niveau hält und damit der

Wohlstandsvermehrung eine Schranke setzt. […] Wenn die Liquiditätsprä-

ferenz ein zum Absinken der ‚Eigenzinsen‘ der Kapitalgüter paralleles

98 Zu dieser Gruppe gehören die Interpretationen von Modigliani, Clower, Klein, Patinkin oder Tobin;

zur Kritik orthodoxer Keynes-Interpretationen vgl. Barens, 1987; Gijsel, und Haslinger 1988; Hagemann, 1988: 183ff.; Mikosch, 1989: 41-77; Park, 2004; Riese, 1983: 127f., 141ff.; Rima, 1989: 175ff.

99 Die Höhe der individuellen Sparquote ist, anders als bei der Konsumverzichtshypothese, nur mittelbar vom Zinssatz abhängig. Da Kapitaleinkommen ein höheres Einkommen voraussetzen, welches wiede-rum eine höhere Sparneigung impliziert, verstärkt diese Dynamik den negativen Nachfrageeffekt. Umgekehrt sinkt bei abnehmender Sparneigung das Kapitaleinkommen, was wiederum einen selbst-verstärkenden negativen Effekt auf die Sparneigung und damit positiven Nachfrageeffekt zur Folge hat.

100 Park, 2004: abstract.

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Absinken des ‚Eigenzinses‘ des Geldes verhindert, restringiert das Geld

(gewissermaßen als knapper ‚Faktor‘) die ökonomische Aktivität.“101

„Unterbeschäftigung [liegt nach Riese] letztlich darin begründet, daß die

Unsicherheit des Vermögensrückflusses über eine Begrenzung des Geld-

angebots, dem ein Anstieg des Vermögenszinses nachfolgt, eine Beschrän-

kung der Verwendung von Ressourcen bewirkt, mit der Konsequenz des

Entstehens von Arbeitslosigkeit.“102

„Dabei ist die Botschaft, die Keynes hinterlassen hat, einfach und klar:

Vermögensbesitzer versuchen stets ihr Vermögen zu retten, selbst wenn sie

auf einen Ertrag verzichten müssen; sie halten deshalb die Aufgabe von

Geld knapp und begrenzen dadurch die Kreditproduktion; sie sind dazu in

der Lage, weil Geld das allgemein akzeptierte Transaktionsmittel ist; der

Preis ist generelle Arbeitslosigkeit, weil sie die notwendige Bedingung dafür

ist, daß eine Vermögenssicherung gelingt.“103

„[Entscheidend ist der Zins auf dem] Kreditmarkt, der die Vorliebe für

Liquidität zu überwinden erlaubt. Auf diese Weise kann dann über lange

Fristen für Keynes der Zins, der im Kreditmarkt für ein Gleichgewicht sorgt,

zu hoch sein, um das bisherige Niveau der Beschäftigung, geschweige denn

Vollbeschäftigung im Arbeitsmarkt zu sichern.“104

„In einem Produktionspreissystem, in dem außer Arbeit alle Inputs produ-

zierte Inputs sind, muß nun aber die Arbeit als einzige realwirtschaftliche

Budgetrestriktion gedacht werden. Dies bedeutet, daß der Arbeiter zwar das

übliche neoklassische Kalkül des Vergleichs von Grenzleid der Arbeit und

(Real-)Lohn haben mag (und dieses auch als Kriterium der Vollbeschäfti-

gung dienen kann), daß jedoch die Dominanz des Marktes für Kredit und

Eigenkapital voraussetzt, daß es nicht zur Budgetrestriktion wird (genau

dies würde es aber im Falle der Vollbeschäftigung) und damit ökonomisch

unwirksam bleibt – oder deutlicher gesagt, daß Unterbeschäftigung eine

Funktionsbedingung der Geldwirtschaft ist.“105

Nimmt man aber einmal eine hohe effektive Nachfrage an bzw. nimmt eine erfolgreiche politische Umverteilung an, so könnte man sich zunächst dennoch Vollbeschäftigung vorstellen. Rein theoretisch wäre es möglich, dass die hohe Nachfrage eine Kapital-knappheit erzeugt, die über der Liquiditätspräferenz der Vermögenseigentümer liegt. Doch auch gegen diese theoretische Möglichkeit bietet Riese eine Argumentationslinie an. Vollbeschäftigung kann nicht die Norm der Wirtschaftspolitik sein, da die Macht-

101 Spahn, 1986: 87, 194. 102 Mikosch, 1989: 144. 103 Riese 1989: 57. 104 Stadermann, 2006: 290f. 105 Lüken-Klaßen und Betz 1989: 227.

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stellung des Arbeitnehmers eine Lohn-Preis-Spirale in Gang setzten würde, die die Stabilität der Ökonomie gefährdet. Eine folgerichtige Intervention der Zentralbank zur Bekämpfung der Inflation drosselt notwendigerweise das Investitionsniveau und sorgt für Unterbeschäftigung. Damit sinkt letztendlich auch die Machtstellung der Arbeit-nehmer und die Lohn-Preis-Spirale wird gebrochen:

„Die Grenzen der Nachfragesteuerung liegen [...] nicht so sehr in ihrer

(vielfach behaupteten) Unwirksamkeit, sondern in der Schaffung eines

Inflationspotentials, das die Geldpolitik über kurz oder lang zu konterkarie-

renden Interventionen zwingt. Arbeitslosigkeit – oder besser gesagt: Über-

schußangebot an Arbeit – wird so zu einem konstitutiven Merkmal einer

Geldwirtschaft. In der Ableitung einer von der Wirtschaftspolitik zu sichern-

den Unterbeschäftigung zeigt sich vielleicht am deutlichsten der Gegensatz

zur herrschenden Theorie der Wirtschaftspolitik, für die, gleichgültig, ob in

der postkeynesianischen staatsinterventionistischen oder in der markttheo-

retisch fundierten neoklassisch-monetaristischen Variante, Vollbeschäfti-

gung der Wirtschaftspolitik die Norm liefert.“106

Selbst wenn diese durchaus provokative und düstere Argumentationslinie der Lohn-Preis-Spirale nicht überzeugt, so bleibt doch hinreichend, dass die Nachfrage entwickel-ter Geldwirtschaften zu schwach ist und die Liquiditätspräferenz der Vermögenseigen-tümer kein Fallen des Zinses zur Realisierung eines höheren Investitionsvolumens erlaubt. Ein formaler Nachweis des Unterbeschäftigungsgleichgewichtes anhand der durch den Vermögensmarkt vorgegebenen Zinsrate gelingt Betz anhand einer Variation des IS-MP-Modells von Romer.107 Implikationen für die These des Wachstumszwangs

Was hat nun das Unterbeschäftigungsgleichgewicht mit der These der Stagnation und der Wachstumsnotwendigkeit zu tun? Das Unterbeschäftigungsgleichgewicht sagt nichts über die Höhe der Wachstumsrate aus, sondern charakterisiert ein Aktivitäts-niveau unter ihrem Potential. Genau das aber ist aus unserer Sicht die Definition von Stagnation. Stagnation ist nicht durch eine niedrige Wachstumsrate oder Nullwachstum gekennzeichnet, sondern durch ein niedriges Volkseinkommensniveau bei unfreiwilli-ger Arbeitslosigkeit, wobei Beseitigung der Unterbeschäftigung eben ein höheres Niveau verlangt. Insofern Vollbeschäftigung erreicht wird, kann selbst bei rückläufiger Wachstumsrate niemals von Stagnation die Rede sein, da es dann am Zustand der Ökonomie nichts zu problematisieren gäbe. Wachstum (bzw. ein höheres Volkseinkom-mensniveau) kann ja kein Selbstzweck oder Bewertungsmaßstab sein, sondern immer nur als Mittel, beispielsweise zur Beseitigung von Unterbeschäftigung, verstanden werden. Solange aber ein Unterbeschäftigungsgleichgewicht besteht, kann dieses nur durch ein höheres Volkseinkommen beseitigt werden. Ein Unterbeschäftigungsgleich-gewicht verlangt daher zumindest einen einmaligen Wachstumsschub zu einem höheren

106 Riese 1990: 6 107 Vgl. Betz, 2012.

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Aktivitätsniveau. Ob sich aber ein Vollbeschäftigungsgleichgewicht bei Nullwachstum halten lässt, kann in diesem Kontext so nicht nachgewiesen werden. Wir vermuten aber, dass die endogenen Mechanismen des Zusammenspiels von Zinssatz und marginaler Sparneigung immer wieder für Unterbeschäftigung sorgen, womit eine permanente Wachstumsrate begründet werden könnte. III.6 Die Goldene Regel der Kapitalakkumulation

In Kapitel II.2 wurde die in der Neoklassik unterstellte soziale Diskontrate kritisiert. An diesem Punkt stellte sich Allais die nüchterne Frage, bei welcher Zinsrate der Konsum maximal sei. Er kommt zum Ergebnis, dass die Zinsrate der Wachstumsrate entsprechen muss (Allais-Theorem). Dieses Theorem wird als „Goldene Regel der Kapitalakkumula-tion“ bezeichnet und wurde auch von anderen namhaften Ökonomen gefunden.108 Die Empirie entwickelter Ökonomien bestätigt diese Theorie jedoch nicht, da die Zinsraten nicht mehr bis zu den Wachstumsraten fallen109, was auch als Zins-Wachstums-Wende bezeichnet wurde.110 Im Einklang mit Keynes vertritt Allais die Theorie der Liquiditätsprämie des Geldes und erklärt so, warum sich der angesprochene Prozess der Entknappung nicht bis zur Vollendung durchsetzen kann. Aufgrund des Potentials zur Hortung von Liquidität müssen Schuldner den Zins als Kompensation der entgangenen Liquiditätsprämie des Gläubigers erwirtschaften. Lassen wir Allais zusammenfassen:

„Die Existenz eines stets positiven Zinssatzes stellt einen rein zufälligen

Umstand dar, der einzig aus den gegenwärtigen Bedingungen des Privat-

eigentums am Boden und der Hortbarkeit der umlaufenden Zahlungsmittel

ohne nennenswerte Kosten resultiert. ... Die Beseitigung dieser Bedingun-

gen [würde] zu einem Gleichgewicht führen ... und, ohne jeden Eingriff des

Staates, zu einem Zinssatz unter seinem heutigen Wert, wenn nicht gar von

Null oder negativ.“111

III.7 Zins-Wachstums-Differential

Angestoßen durch einen Aufsatz von Domar ist die Analyse des dynamischen Zusam-menhangs von Staatsverschuldung (Schuldenquote), Wachstumsrate und Zinssatz ein etabliertes und anerkanntes Feld der Ökonomik und wird unter anderem durch das Stichwort Zins-Wachstums-Differential bezeichnet und umrissen.112 Sobald das Diffe-

108 Vgl. Allais 1947, Allais 1962, Phelps 1961, von Weizsäcker 1962, Solow 1971, Gabisch 1999. Vgl.

auch Huth 2001, 2002; Olah, Huth und Löhr 2010 als Urheber einer Renaissance des analytischen Ansatzes der Goldenen Regel.

109 Vgl. Schulmeister 1995; Turner & Spinelli 2011; Escolano et al. 2011. 110 Vgl. Bourcade und Anschau 2008. 111 Allais 1947, S. 570; übersetzt und zitiert von Hanschitz-Jandl 2011: 20. 112 Vgl. Domar 1944; Escolano 2010; Ley 2010; Schulmeister 1996, Schulmeister 2007.

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rential positiv wird, also die Zinsrate über der Wachstumsrate liegt, ergeben sich für den Staat Schwierigkeiten, die hier anhand des Indikators der Schuldenquote identifiziert werden sollen. Sowohl die Schulden als auch das Primärdefizit werden hierfür ins Verhältnis zum Volkseinkommen gesetzt. Die Schuldenquote wird als Indikator für die Solidität der Staatsfinanzen genutzt; so wurde im Vertrag von Maastricht eine Ober-grenze von 60% für die Staaten der Europäischen Union festgelegt. Das Primärdefizit ist die um Zinszahlungen bereinigte Differenz von Ausgaben und Einnahmen eines Staates und ein Maßstab für die aktuelle Haushaltslage eines Staates, der Primärüber-schuss gerade der negative Wert. Das Modell113 verwendet folgende Variablen (die zeitliche Ableitung einer Größe A wird durch A' bezeichnet):

Y: Volkseinkommen D: Schuldenstand d: Schuldenquote (d = D / Y) g: Wachstumsrate von Y (g = Y' / Y) r: Zinssatz bd: Primärdefizitquote (Defizit / Y) bu: Primärüberschussquote (−bd)

Wir betrachten die zeitlichen Änderungen der Schuldenquote ď und erhalten die Glei-chung:114

ď = bd +(r − g) · d (1)

Soll die Schuldenquote wie im Vertrag von Maastricht beschränkt werden, muss also langfristig die zeitliche Änderung der Schuldenquote gegen 0 gehen. Solange das Zins-Wachstums-Differential (r − g) negativ ist, also die Zinsrate unter der Wachstumsrate liegt, ist dies bei negativem Primärdefizit zu erreichen – der Staat kann also größere Ausgaben tätigen als Einnahmen haben, und trotzdem eine sinkende Schuldenquote d realisieren, weil die Steigerung des Volkseinkommens im Nenner des Bruches größer ist. Sobald das Zins-Wachstums-Differential jedoch positiv wird, was für Deutschland in den letzten Jahrzehnten meist der Fall war,115 ist der Staat gezwungen, größere Einnahmen als Ausgaben zu verzeichnen, um ein übermäßiges Wachstum der Schulden-quote zu verhindern.

113 Nach Schulmeister 1996: 30ff. In der Beschreibung setzen wir voraus, dass die Schuldenquote positiv

ist, der Staat also Nettoschuldner ist, und betrachten vereinfachend eine geschlossene Volkswirtschaft. 114 d = D / Y. Es ergibt sich unter Ausnutzung der Kettenregel für Ableitungen: d' = (D' – g · D)/ Y. Für

D' wird nun die Summe aus Primärdefizit bd · Y und Schuldenlast r · d · Y eingesetzt. 115 Vgl. Feld 2010: 230.

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Die für eine konstante Schuldenquote (ď = 0) notwendige Primärüberschussquote bu ergibt sich aus Formel 1 zu

bu = − bd =(r − g) · d. (2)

Sinkt die Wachstumsrate, so muss der Staat seine Zinszahlungen immer stärker durch Primärüberschüsse generieren, im Falle einer stationären Wirtschaft sogar vollständig. Gelingt dies nicht, resultiert Neuverschuldung und somit bei konstantem Volkseinkom-men zwangsläufig eine Ausweitung der Schuldenquote. Liegt ein zu geringer Pri-märüberschuss vor, müssten Steuereinnahmen erhöht oder Ausgaben gekürzt werden. Beides wirkt kurzfristig dämpfend auf die Wirtschaftsleistung, was die Staatseinnahmen bei konstanter Steuerquote verringert. Dies müsste durch eine erneute Ausweitung des Primärüberschusses kompensiert werden. Um eine Austeritätsspirale zu verhindern, befürworten einige Ökonomen eine Ausweitung der Schulden und hoffen auf späteres Wirtschaftswachstum, bei dem das Differential negativ wird und die Schuldenquote (theoretisch) wieder gesenkt werden kann.116 Zahlreiche Ökonomen, darunter insbeson-dere die Mitglieder des Kronberger Kreises117, ignorieren oder unterschätzen dagegen die genannten Effekte und fordern rigorose Haushaltsdisziplin.118 Wie die Analyse zeigt, ist eine hohe Schuldenquote jedoch nicht nur ein politökonomi-sches Phänomen, sondern auch mit einem saldenmechanischen Reflex eines positiven Zins-Wachstums-Differentials begründbar. Ex post ist rekonstruierbar, welcher Anteil der Neuverschuldung durch das Differential und welcher durch politökonomische Gründe hervorgerufen wird. Für letztere identifiziert Heise unter anderem die „über-zyklischen Lasten, die durch die dauerhafte Abweichung vom Vollbeschäftigungs- bzw. Potentialpfad“119 entstehen, also letztlich durch den Versuch, dem durch zu geringe Investitions- und Akkumulationsraten verursachten Unterbeschäftigungsgleichgewicht zu entkommen. Empirisch lässt sich zeigen, dass der Anstieg der Schuldenquote in Deutschland insbesondere auf die Finanzierung der deutschen Einheit und eine expansive Finanzpolitik nach der ersten Ölpreiskrise in den 1970ern zurückgeht. In den 1980er Jahren wurde auch keine Konsolidierung erreicht, obwohl Primärüberschüsse erzielt wurden, was sich mit dem positiven Zins-Wachstums-Differential erklären lässt. Die Analyse des Zins-Wachstums-Differentials belegt, wie politökonomische Entschei-dungen von saldenmechanischen Prozessen überlagert sind, denen mit strengeren Bud-getregeln und verfassungsrechtlichen Schuldenbremsen nicht beizukommen ist. Die Höhe des Zinssatzes entscheidet hierbei maßgeblich darüber, ab welcher Wachstumsrate und mit welcher Vehemenz die beschriebene Problematik auftritt.

116 Vgl. z.B. Helmedag 2004 im Zusammenhang mit der Kritik der Maastricht-Kriterien zur Begrenzung

der Staatsverschuldung. 117 1982 gegründeter Zusammenschluss wirtschaftsliberaler deutscher Hochschulprofessoren der

Wirtschafts- und Rechtswissenschaften. 118 Vgl. z.B. Feld 2010: 230. 119 Vgl. Heise 2001: 6.

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III.8 Theorie des Zentralbankdilemmas

Die Theorie des Zentralbankdilemmas erklärt, warum der Leitzins nicht auf null sinken kann und warum er nach einer Niedrig- oder Nullzinsphase früher oder später ange-hoben werden muss. Damit bieten wir auch eine Erklärung dafür an, warum moderne Ökonomien zwangsläufig entweder stagnieren (indem der Leitzins dauerhaft hoch ge-halten wird), oder einem Zyklus von Konjunkturaufschwüngen bzw. Spekulationsblasen und anschließenden Rezessionen unterliegen (indem der Leitzins abwechselnd ange-hoben oder gesenkt wird). Damit wird zugleich die These aufgestellt, dass eine ausrei-chende Wachstumsrate dieses Dilemma vermeiden würde.120 Da aber nach keynesiani-scher Denktradition die Sparquote mit steigendem Einkommen zunimmt, ist dem System eine Wachstumsbremse eingebaut. Aufgrund der inhärenten Tendenz zur Stag-nation der Geldwirtschaft sehen wir das Auftreten des Zentralbankdilemmas nicht als temporär oder zufällig, sondern als langfristig und zwangsläufig an. In Kapitel II.3 wurde die Liquiditätspräferenztheorie zur Erklärung der Zinsrate einge-führt, in ihrer ursprünglichen Form kritisiert, und anhand des monetärkeynesianischen Portfolioansatzes reformuliert. Folgend soll erörtert werden, in welcher Beziehung die LPT zum Diskontsatz der Zentralbank steht. Der Diskontsatz entspricht dem Begriff central bank rate und steht dabei für den gebündelten Korridor der Zinssätze, zu welchen sich Geschäftsbanken bei der Zentralbank refinanzieren können. Probleme der Ablehnung der Liquiditätspräferenztheorie

Wie in Abschnitt II.3 angedeutet, wird mit der Ablehnung der Liquiditätspräferenz-theorie die Möglichkeit einer marktendogenen Erklärung des Diskontsatzes der Zentralbank abgeschnitten. Der Diskontsatz wird im postkeynesianischen Denken daher meist als konventionelle bzw. politisch gesetzte Variable exogenisiert. Die Zinsrate wird zu einer „politically determined distributional variable rather than a market determined price.”121 Die politisch-konventionelle Bestimmung des Diskontsatzes ist eine nicht-ökonomische Erklärung. Erfüllt der Diskontsatz keine ökonomische Funk-tion, ist er beliebig festsetzbar. Er müsste dann auf null gesenkt werden können und einem stationären Zustand würde nichts im Wege stehen. Die Ablehnung der Zinsbestimmung durch die Liquiditätspräferenztheorie resultiert aus der Annahme, dass Geschäftsbanken nicht auf Publikumseinlagen angewiesen sind. Man nimmt an, dass sich das endogene Kreditgeld dadurch auszeichnet, dass Banken mehr oder weniger unbegrenzt Kredite schöpfen und sich unbegrenzt bei der Zentral-bank refinanzieren können. Im Prinzip ist das ja auch richtig, aber die Funktionsweise der Geldwirtschaft ist damit noch nicht vollständig erfasst. Denn es bleibt unter 120 Die Theorie des Dilemmas fußt auf monetärkeynesianischen Überlegungen (vgl. z.B. Betz und Riese

2001; Lüken-Klaßen 1993, 1995a, 1995b; Riese 1983, 1986; Spahn 1986, 2006) und wurde in Freydorf et al. 2012; Kimmich und Wenzlaff 2012; Wenzlaff 2010 entwickelt.

121 Eichner, 1987, zit. von Lavoie 1992: 193. Rogers (1989) verwendet den Begriff conventional rate. Die Setzung einer exogenen Diskontrate der Zentralbank ist die typische Hilfskonstruktion um Geld in postkeynesianische Modelle zu integrieren (vgl. Hein und Ochsen 2003; Lavoie, 1995).

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anderem unklar, warum Geschäftsbanken Publikumseinlagen sammeln bzw. warum sie darauf Zinsen zahlen. Mithin bekommt die Bereitschaft zur Haltung von Nominalver-mögen keine ökonomische Relevanz. Marktfundierung des Diskontsatzes der Zentralbank

Eine Exogenisierung des Zinssatzes ist nach unserer Auffassung ein Mangel in der Theoriebildung. Der Weg zu einer Marktfundierung des Diskontsatzes liegt nach unse-rer Ansicht in der Erörterung der Interaktion von Geschäfts- und Zentralbank bzw. der Fristentransformation, die die Liquiditätspräferenztheorie wieder aufleben lässt. Fristentransformation bedeutet, Forderungen und Verbindlichkeiten in ein Fristen-gleichgewicht zu bringen. Banken sind grundsätzlich bestrebt, langfristige Forderungen durch langfristige Verbindlichkeiten des Publikums zu refinanzieren. Je kurzfristiger die Verbindlichkeiten einer Bank im Verhältnis zu ihren Forderungen sind, umso höher ist das Risiko der Illiquidität. Obwohl Banken Kredite autonom (unabhängig von gesam-melten Einlagen und von der Zentralbankpolitik) vergeben können, müssen sie die ver-gebenen Kredite durch längerfristige Verbindlichkeiten refinanzieren. Solange die Re-finanzierung Zinszahlungen bedingt (aufgrund des eingegangenen Liquiditätsverzichts seitens der Einleger), müssen auch diese Kosten bei der Kreditvergabe kalkuliert und eingepreist werden. Worin besteht nun der Anreiz zur Zahlung von Zinsen auf Einlagen bzw. worin besteht das Risiko der Illiquidität bei Verzicht auf Fristentransformation? Refinanziert sich die Geschäftsbank zu sehr bei der Zentralbank, schlagen kurzfristige Erhöhungen des Diskontsatzes sofort als Kosten an, die die Zuflüsse aus den Kreditzinsen übersteigen können. Aus Sicht der Zentralbank ist es gerade notwendig, dass die Kredite kurzfristig bleiben und Zinsänderungen jederzeit wirksam werden. Die Geschäftsbank kann das Risiko durch Fristentransformation der Publikumseinlagen vermindern. Diskontsatzver-änderungen schlagen dann erst langsam auf die Zinssätze der Verbindlichkeiten durch (bei einer Diskontsatzerhöhung müssen die Einlagensätze nicht sofort erhöht werden, wenn die Einlagen längerfristig sind). Aus Sicht der Zentralbank ist es nötig, dass Einlagen verzinst werden, da so die Bereitschaft zur Haltung von Nominalvermögen erreicht wird. Ohne die Bereitschaft zur Haltung von Nominalvermögen entstehen Inflationsprozesse, die die Zentralbank immer vermeiden muss (es geht nicht um kon-trollierte Zielinflation, sondern unkontrollierte kumulative Inflationsprozesse). Aus monetärkeynesianischer Sicht würde nun folgendes passieren, wenn die Notenbank den Diskontsatz (dauerhaft) auf null zu setzen versucht: Da nun die Refinanzierung von Krediten bei der Zentralbank so günstig ist, würden Banken auf Fristentransformation verzichten, d.h. keine Zinsen mehr auf Einlagen zahlen. Nun darf man nicht unter-stellen, dass die Vermögensbesitzer dies ohne Reaktionen hinnehmen. Da nun Nominal-vermögen nicht mehr verzinst werden (d.h. nicht mehr für ihre eingeschränkte Vermö-genssicherungsfunktion kompensiert werden), sind Portfolioumschichtungen zugunsten von Sachvermögen oder Forderungen in ausländischen Währungen zu erwarten. Sowohl durch die Flucht in Sachwerte als auch die Flucht in ausländische Währungen droht

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Inflation. Da aber eine Notenbank das Ziel einer niedrigen Inflationsrate verfolgt, kann sie nicht das Risiko eingehen, die Liquidität durch unbegrenzte Refinanzierung der Ban-ken zu sehr ansteigen zu lassen und Inflationsprozesse auszulösen. Daher steuert die Zentralbank das Refinanzierungsvolumen indirekt durch den Diskont-satz. Der „richtige“ Diskontsatz ist demnach derjenige, der die durch die Banken abge-fragte Geldmenge knapp und die Inflationsgefahr gering hält, indem er Banken den Anreiz setzt, sich beim Publikum zu refinanzieren. Das Publikum hat dann wiederum den Anreiz, verzinste Nominalvermögen im Portfolio zu halten. Anhand dieser Argumentation bestimmt die Liquiditätspräferenztheorie den Diskontsatz der Notenbank maßgeblich. Die Liquiditätspräferenztheorie wurde somit in das endo-gene Kreditgeld integriert und der Diskontsatz hat eine markttheoretische Bestimmung gefunden. Die Zentralbank hat mit ihrem Diskontsatz so zu reagieren, dass der Nomi-nalvermögensmarkt im Gleichgewicht ist bzw. dass ihre Währung im Portfolio der Vermögensbesitzer gehalten wird. Eine Zitatzusammenstellung der Riese-Schülerin Mathilde Lüken-Klaßen fasst die obige Erörterung zusammen:

„Die ökonomische Relevanz der Bereitschaft zum Halten von nominell

fixierten Forderungen ergibt sich aus der Notwendigkeit der Fristen-

transformation durch das Bankensystem. [...] Entscheidend für die Ge-

schäftsbanken ist [...] die Aufrechterhaltung ihrer Zahlungsfähigkeit. Sie

haben deshalb auf die Reservehaltung, die Fristenstruktur ihrer Forderun-

gen und Verbindlichkeiten und die Sicherheit des Rückflusses ihrer Forde-

rungen zu achten. [...] Gerade um ihre Fähigkeit zur Durchsetzung einer

restriktiven Politik zu sichern, kann die Zentralbank nur kurzfristige Kredite

an die Geschäftsbanken vergeben. Dadurch ergibt sich ein Widerspruch

zwischen der Notwendigkeit für die Unternehmen, langfristige Kredite zu

erhalten, und der Fähigkeit der Geschäftsbanken, diese zu gewähren. Um

der Nachfrage nach langfristigen Krediten nachkommen zu können, sind die

Geschäftsbanken auf Einlagen angewiesen. [...] Um das Risiko der Zah-

lungsunfähigkeit auszuschließen, muß die Fristenstruktur der Forderungen

der Fristenstruktur der Verbindlichkeiten weitgehend entsprechen.“122

Heise kommt zu einer Integration der Liquiditätspräferenztheorie in die Theorie des endogenen Kreditgeldes auf eine andere Weise. Er begründet, dass das Verhalten der Geschäftsbanken im Zentrum einer monetären Theorie der Produktion stehen muss. In den obigen Ausführungen wurde das Kalkül der Banken angedeutet, dass Illiquiditäts-risiko zu minimieren (was Fristentransformation bedeutet), aber gleichzeitig der Versu-chung zu unterliegen, durch das Unterlassen von Fristentransformation Refinanzie-rungskosten zu senken. Dabei haben der Diskontsatz (und die Möglichkeit der kurz-fristigen Änderung) seitens der Zentralbank eine disziplinierende Funktion, Fristentransformation zu betreiben. Die Optimierung des Bestrebens, Liquidität aufrecht zu erhalten und gleichzeitig Kosten zu senken, geschieht anhand der Liquiditätspräfe- 122 Lüken-Klaßen 1995b: 177; Lüken-Klaßen 1993: 20f. Lüken-Klaßen 1995a: 67.

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renz der Geschäftsbanken. Während nur die Liquiditätspräferenz erlaubt, einen optimalen Grad an Fristentransformation zu finden, bestimmt Heise damit gleichzeitig den Zinssatz:

“[T]here is a dilemma any banker has to face. On the one hand, he is

tempted to run down noninterest-bearing reserves toward zero and to

increase lending as much as possible (i.e., as is demanded) in order to

maximize profits. On the other hand, he is induced to keep as many liquid

reserves as possible in order to be able to minimize the uncertainty of

illiquidity, which would involve heavy losses in interest-earning power. This

is what we may call the liquidity preference of commercial bankers”123

Damit findet eine Integration der Liquiditätspräferenztheorie und postkeynesianischer Theorie des endogenen Kreditgeldes statt und der Zinssatz wird markt- bzw. portfolio-theoretisch begründet. Die Unterscheidung der Liquiditätspräferenz von Vermögens-eigentümern (Publikum) und Vermögensbesitzern (Finanzintermediäre)124 ist weiterzu-verfolgen, um zu einer umfassenden Theorie der Funktionsweise der Kreditgeld-wirtschaft zu kommen. Wir sehen jedoch ein Vorteil darin, dass sich das Dilemma der Zentralbank bereits durch weniger Komplexität – d.h. allein durch die Liquiditätspräfe-renz der Vermögenseigentümer (Publikum) begründen lässt. Das Dilemma der Zentralbank

Das Problem der Geldpolitik besteht nun darin, dass ein ausreichend hoher Leitzins zwar das Geld knapp und den Vermögensmarkt im Gleichgewicht hält, gleichzeitig jedoch die Investitionen und damit das Sozialprodukt unter ihrem Potential bleiben müssen. Würde die Wirtschaft brummen und hohe Wachstumsraten erzielen, gäbe es dieses geldpolitische Problem nicht, weil die Notenbank den Zins dann sogar anheben müsste, um ihn in Einklang mit der Wachstumsrate zu bringen (vgl. III.3). Aus Gründen der Konjunkturförderung senkt die Notenbank den Leitzins bei sinkender Wachstumsrate. Das Dilemma beginnt, sobald die Leitzinsen unter die Liquiditätspräfe-renz fallen. Dann befindet sich Geldpolitik bereits in der sogenannten Liquiditätsfalle, in der verkürzt gesagt Liquidität statt längerfristigen Forderungen als Vermögen gehal-ten werden. Eine Notenbank kann nun zunächst den steigenden Grad an Liquidität ignorieren und durch weitere Leitzinssenkungen versuchen, Konjunkturimpulse in die Wirtschaft zu geben, um eine Rezession oder gar Deflation abzuwenden, der Hand-lungsspielraum der herkömmlichen Geldpolitik ist jedoch erschöpft, sobald die Nullzins-Grenze (Zero Lower Bound) erreicht ist:

„Warum ist es nun für die Wirtschaftspolitik so schwierig, die Selbstverstär-

kungsprozesse einer Deflation zu stoppen? Der Hauptgrund hierfür liegt in

einem asymmetrisch angelegten Handlungsspielraum der Geldpolitik. Im

123 Heise, 1992: 285. 124 Die Unterscheidung von Vermögenseigentümern und -besitzern findet sich bei Lüken-Klaßen, 1993.

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Inflationsfall kann die Notenbank die Zinsen nahezu unbegrenzt anheben

und Sätze von 1000 Prozent und mehr fordern; in der Deflation hingegen

stößt sie sehr rasch an die Null-Linie, da es nun einmal keine negativen

Nominalzinsen geben kann.“125

Um eine „Sicherheitsmarge gegen eine deflatorische Entwicklung“ zu haben, verfolgt die EZB deshalb selbst ein Inflationsziel126 „von unter, aber nahe 2%“.127 Die Veranschaulichung an der älteren und bis heute andauernden Krise Japans sowie der jüngsten, in den USA ausgelösten Krise zeigt, dass sich Notenbanken einem Kon-flikt der Zielerreichung zwischen niedriger Inflationsrate und Beschäftigung bzw. Konjunkturförderung ausgesetzt sehen. Eine stabile Währung erfordert Knappheit und damit einen ausreichend hohen Leitzins, der jedoch die Konjunktur dämpft (Stag-nation). Eine Konjunktur kann durch niedrige Leitzinsen gefördert werden; früher oder später sieht sich jedoch die Zentralbank gezwungen, die steigende Liquidität und damit verbundene Inflationserwartungen zu stoppen, indem sie den Leitzins heraufsetzt. Wenn der Leitzins drastisch erhöht wird, wie im Falle der amerikanischen Zentralbank (FED) in 2006, ist die Entstehung einer Krise kaum auszuschließen. Zugespitzt muss sich die Zentralbank entscheiden, ob sie eine Aufeinanderfolge von Aufschwung und Depres-sion in Kauf nimmt (Boom-Bust-Zyklus), oder eine längerfristige Stagnation und die damit verbundenen sozialen Kosten riskiert. Erwerbslosigkeit, Niedriglohnsektor, Staatsverschuldung und Kürzung der Sozialetats sind die Themen, die den politischen und medialen Diskurs seit Jahren in nahezu allen entwickelten Volkswirtschaften dominieren. Implikationen für die These des Wachstumszwangs

Welche Schlussfolgerungen lassen sich hinsichtlich der Forschungsfrage ziehen, ob und inwiefern von der Funktionsweise der Kreditgeldwirtschaft Wachstumstreiber oder -zwänge ausgehen? Das Dilemma träte nicht auf, würde die Wachstumsrate immer min-destens der Zinsrate entsprechen, die für das geldpolitische Ziel einer niedrigen stabilen Inflationsrate oder gar Geldwertstabilität erforderlich ist. Die Zentralbank käme dann nicht in die Lage, aus konjunktur- bzw. beschäftigungspolitischen Überlegungen heraus die Liquiditätsfalle oder gar das Erreichen der Nullzinsschranke zu riskieren.

125 Bofinger und Flassbeck 2002, vgl. auch Buiter 2009: 214. Die Zero-Bound-Problematik und ihre

Überwindung bildet spätestens seit der Japan-Krise ein wichtiges Feld von Ökonomen und Zentral-bankpolitikern; vgl. z.B. Billi 2005, Buiter 2009, Buiter und Panigirtzoglou 2003, Eggertsson und Woodford 2003, Goodfriend 2000, C. Lavoie und Murchison 2007.

126 Eine ausreichend hohe Zielinflation könnte daher ein mögliches Instrument zur Systemstabilisierung und zur Begegnung des Wachstumszwangs sein, wobei hier die Reaktionen auf Devisenmärkten zu beachten sind.

127 Vgl. Bundesbank 2010: 124f. Die kanadische Notenbank verankerte schon 1991 ein explizites Inflationsziel von 2% als Deflationssicherheitsabstand, vgl. C. Lavoie und Murchison 2007.

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IV. Zusammenfassung und Ausblick

Analysen der Funktionsweise der Geldwirtschaft ergeben, dass sinkende Wachstums-raten aus sozialen und ökonomischen Gesichtspunkten unerwünscht sind.128 Gleich-zeitig deuten jedoch immer mehr Forschungsergebnisse darauf hin, dass mit insgesamt rückläufigen Wachstumsraten – nicht nur in den gesättigten Industrienationen – zu rechnen ist, und dass Wirtschaftswachstum zunehmend an ökologische Grenzen stößt. Mit den von uns analysierten Wirkungsbeziehungen von Zinssatz und Wachstumsrate lässt sich schließen, dass langfristig die Zinsen sinken müssen. Im Kreditgeldsystem ist die Aufnahme von Krediten Voraussetzung für die Schaffung von Einkommen, die gespart werden können. Die Neoklassik kann formal einen Gleichgewichtszinssatz herleiten, der Investitionen und Sparen ins Gleichgewicht bringt und zudem über der Wachstumsrate liegen kann. Dieses formal richtige Ergebnis bedingt jedoch die Annahme einer sozialen Diskontrate (Geringschätzung von zukünfti-gem gegenüber heutigem Konsum). Mit dieser unrealistischen Unterstellung entsteht der Zins als Konsumverzichtsprämie und sichert den nötigen Kapitalstock. Ohne den Zins gäbe es kein Kapital, da die Menschen aufgrund der Gegenwartspräferenz ihre Einkommen vollständig verkonsumieren würden (vgl. II.2). Empirische Untersuchun-gen und theoretische Erwägungen sprechen dafür, dass Sparentscheidungen maßgeblich von der Höhe des Einkommens abhängen und nicht – wie von der Neoklassik behauptet – von der Höhe des Zinssatzes: Je höher das Einkommen, desto höher die Sparneigung. Der Zinssatz dagegen steht in Beziehung zur Portfolioentscheidung, d.h. die Entschei-dung darüber in welchen Formen gespart bzw. Vermögen gebildet wird (vgl. II.3). Der Zinssatz setzt sich zusammen aus einer Bankmarge, einer Risikoprämie und einer Liquiditätsprämie. Unter der Annahme der korrekten Berechnung ist die Risikoprämie nicht weiter zu problematisieren und ebenso kann die Bankmarge vernachlässigt werden (vgl. II.4). Die Liquiditätsprämie beruht auf der Umwandlung eines zunächst nicht-pekuniären Ertrags in einen pekuniären Ertrag (Zinsen) und ist der zu problematisieren-de Bestandteil des Zinssatzes. Geldschöpfung und Zins alleine begründen noch keinen Wachstumszwang. Werden Zinseinkommen vollständig konsumiert, ist eine stationäre Umverteilungswirtschaft möglich, die keines zusätzlichen Wirtschaftswachstums bedarf (vgl. III.1). Die Wachstumsnotwendigkeit kann erst durch den unvollständigen Konsum von Zinseinkommen begründet werden (vgl. III.4). Erst dann muss die Wirtschaft (min-destens) in Höhe des nicht konsumierten Anteils wachsen, insofern man die Grenzen von entgegenwirkenden Maßnahmen und Mechanismen anerkennt. Kurz- bis mittel-fristig kann Staatsverschuldung aufgebaut oder steigende Einkommensungleichheit und Vermögenskonzentration hingenommen werden, wobei langfristig selbstverstärkende Effekte in Kauf genommen werden, die die Wachstumsnotwendigkeit nur aufschieben. Der Wachstumszwang ist mithin keine Folge der Geldschöpfung (vgl. III.3), sondern

128 Vgl. Blazejczak, 1998.

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Folge des einkommensabhängigen Sparens verbunden mit einem Zinssatz, der durch die Liquiditätspräferenz bestimmt wird (vgl. III.4). Die Liquiditätspräferenz fundiert die Dispositionen auf dem Vermögensmarkt und führt zu einer Erklärung eines Zinssatzes, der die Volkswirtschaft unter ihrem Potential hält. Die Entstehung eines keynesianischen Unterbeschäftigungsgleichgewichtes ist gleich-bedeutend mit einer inhärenten Tendenz zur Stagnation. Damit werden auch aus der monetärkeynesianischer Perspektive zumindest Wachstumsschübe nötig, wenn nicht gar auch eine permanente Wachstumsnotwendigkeit abzuleiten ist (vgl. III.5). Die Analyse anhand der goldenen Regel bildet einen weiteren Zugang zu einer Pers-pektive einer Wachstumsnotwendigkeit. Die goldene Regel postuliert, dass die Zinsrate nicht die Höhe der Wachstumsrate übersteigen darf und bei Nullwachstum entsprechend auf null fallen muss (vgl. III.6). Dabei erklärt die monetärkeynesianische Portfolio-theorie (vgl. II.3), warum ein Absinken des Zinses unter ein gewisses Niveau verhindert wird, und damit die Gleichgewichtsbedingung der goldenen Regel verletzt wird. Ein weiterer Zugang aus dem Kontext der public debt dynamics bzw. Zins-Wachstums-Differential kann man als spezielle Anwendung der goldenen Regel auf die Staats-finanzen verstehen. Der Ansatz zeigt, dass ein Zinsniveau oberhalb der Wachstumsrate aus Sicht des Staatshaushalts mittelfristig problematisch ist (vgl. III.7). Diese Perspektive ist daher interessant, da sie einen Zugang selbst aus orthodoxer Sicht ermöglicht. In anderen Worten: selbst bei Ablehnung der keynesianischen Kategorien der effektiven Nachfrage und Aufrechterhaltung der Zinsbestimmung durch Produkti-vität und Sparneigung erscheint ein positives Zins-Wachstums-Differential als Problem. Der letzte Zugang knüpft an die monetärkeynesianische Theorie des Unterbeschäfti-gungsgleichgewichtes an, indem die Perspektive auf die Interaktion von Zentral- und Geschäftsbank eingenommen wird. Das Dilemma der Zentralbank illustriert, warum die Zentralbank unter gegebenen Bedingungen und Instrumenten einen Zinssatz erhalten muss, der über der Wachstumsrate liegen kann. Während die Zentralbank aus konjunk-tur- und beschäftigungspolitischen Gesichtspunkten heraus den Diskontsatz senken müsste, erfordert der gleichgewichtige Vermögensmarkt einen Zinssatz, der die Wirt-schaft in der Stagnation hält (vgl. III.8). Anhand des Dilemmas der Zentralbank wird ganz besonders die paradoxe Situation deutlich, dass eine Geldwirtschaft langfristig zur

Stagnation drängt (Wachstumsbremse) und gleichzeitig Wachstum benötigt (Wachs-

tumsnotwendigkeit), um der in der Stagnation steigenden sozialen Schieflage zu ent-

kommen. Unsere Botschaft ist daher, dass eine Theorie des Wachstumszwangs nicht behaupten kann, dass eine Wirtschaft tatsächlich wächst. Paradoxerweise resultieren diesselben Kräfte gleichzeitig in einer Wachstumsbremse und einer Wachstumsnotwendigkeit. Daher ist auch anzumerken, dass eine Änderung der Kräfte – also eine Senkung des

Zinssatzes und/oder eine höhere Konsumneigung – den Druck zur Wachstumsnot-

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wendigkeit nimmt und gleichzeitig Wachstum erwarten lässt. Mittel- bis langfristig allerdings erscheint ein stationärer Zustand bei Nullwachstum möglich, insofern es gelingt den Zinssatz ausreichend zu senken. Der Aufsatz intendierte, Perspektiven der Unvereinbarkeit einer stationären Ökonomie mit einer positiven Zinsrate aufzuzeigen. Die eingeführten Ansätze sind zu einer Theorie der Wachstumsnotwendigkeit zu entwickeln und zu integrieren. Wir fassen drei analytische Kernbeiträge zusammen: (1) Die Forschungsfelder zur Goldenen Regel und zum Zins-Wachstums-Differential werden expliziter als bisher zu Ansätzen einer Wachstumsnotwendigkeit aufbereitet. (2) Wir widerlegen die mancherorts verbreitete These, allein die Kreditgeldschöpfung würde bereits zu einem Wachstumszwang führen; gleichzeitig weisen wir anhand der Integration der einkommensabhängigen Sparquote einen theoretischen Weg. (3) Basierend auf monetärkeynesianischer Über-legungen skizzieren wir eine Perspektive der Erklärung von Unterbeschäftigung, Stagnation und des Zentralbankdilemmas. Wir hoffen, dass wir hiermit weitere For-schungen zur theoretischen Vertiefung und empirischen Prüfung der aufgeworfenen Fragen und Thesen anregen können.

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