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- 1 - Kinderklinik und Poliklinik der Technischen Universität München Extraskeletale Symptome der Osteogenesis imperfecta - Ein Überblick Cornelia Isabel Werner Vollständiger Abdruck der von der Fakultät für Medizin der Technischen Universität München zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Medizin genehmigten Dissertation. Vorsitzender: Univ.-Prof. Dr. D. Neumeier Prüfer der Dissertation: 1. Univ.-Prof. Dr. Dr. B. Pontz 2. apl. Prof. Dr. J. K. Peters Die Dissertation wurde am 03.05.2007 bei der Technischen Universität München eingereicht und durch die Fakultät für Medizin am 26.09.2007 angenommen.

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Kinderklinik und Poliklinik der Technischen Universität München

Extraskeletale Symptome der

Osteogenesis imperfecta -

Ein Überblick

Cornelia Isabel Werner

Vollständiger Abdruck der von der Fakultät für Medizin der Technischen

Universität München zur Erlangung des akademischen Grades eines

Doktors der Medizin

genehmigten Dissertation.

Vorsitzender: Univ.-Prof. Dr. D. Neumeier

Prüfer der Dissertation: 1. Univ.-Prof. Dr. Dr. B. Pontz

2. apl. Prof. Dr. J. K. Peters

Die Dissertation wurde am 03.05.2007 bei der Technischen Universität

München eingereicht und durch die Fakultät für Medizin am 26.09.2007

angenommen.

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Vielen Dank

Herrn Prof. Bertram F. Pontz für die freundliche Betreuung und viele gute Ratschläge

Herrn Prof. David Sillence für die Unterstützung via Internet aus Sydney

Den Angestellten der Bayerischen Staatsbibliothek München

Meiner Familie

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INHALTSVERZEICHNIS

Seite

1. Abkürzungsverzeichnis 5

2. Abbildungsverzeichnis 6

3. Tabellenverzeichnis 7

4. Einleitung 8

5. Formen der Osteogenesis Imperfecta 12

5.1. Typ I 14

5.2. Typ II 16

5.3. Typ III 19

5.4. Typ IV 20

5.5. Typ V 21

5.6. Typ VI 23

5.7. Typ VII 24

5.8. Typ VIII 25

5.9. Typ IX 26

5.10. Typ X 27

6. Fragestellung 28

7. Extraskeletale Symptome

7.1. Ophthalmologische Beteiligung 29

7.1.1 Das Symptom der Blauen Skleren 32

7.2. Dermatologische Symptome 35

7.3. Sehnen- und Gelenkbeteiligungen 37

7.4. Akustische und Vestibulocochleäre Symptome 39

7.5. Störungen des Metabolismus 42

7.6. Beteiligung des Urogenitaltraktes 45

7.7. Neurologische Auffälligkeiten 47

7.8. Kardiovaskuläre Manifestationen 52

7.9. Dentinogenesis Imperfecta 55

7.10. Gastrointestinale Probleme 58

7.11. Respiratorische Komplikationen 59

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Seite

8. Diskussion

8.1. Diskussion 60

8.1.1 Untersuchungsprotokoll Tab. 2+3 als Zeitstrahl-Diagramm 62

8.1.2 Untersuchungsprotokoll Tab. 4 nach Alter 64

9. Zusammenfassung 65

10. Quellenverzeichnis 67

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1. Abkürzungsverzeichnis:

A. Arteria, Arterie

AD autosomal-dominant

AR autosomal-rezessiv

AS Augensymptomatik

BI Basiläre Invagination/Impression

BERA brainstem electrical response audiometry = Hirnstamm-Audiometrie

BMP Bone morphologenic protein

CCS Cole-Carpenter-Syndrom

dB Dezibel

DI Dentinogenesis Imperfecta

ESWL Extrakorporelle Stoßwellenlithotripsie

HM Hörminderung

Hz Hertz

Iα1 Kollagen-Kette α I

Iα2 Kollagen-Kette α II

IMP Inosinmonophosphat

MH Maligne Hypertonie

OAE Otoakustische Emissionen

OI Osteogenesis Imperfecta

OPS Ostopenie-Pseudoglaukom-Syndrom

P pathologischer Befund

ZNS Zentrales Nervensystem

+ mit

Ø ohne / kein

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2. Abbildungsverzeichnis: Seite

Abb.1 Trichterbrust; Dia-Archiv Prof. B. F. Pontz, Kinderklinik 8

der TU-München

Abb.2 Strukturmodell Kollagen I 9

Abb.3 Letale OI (Typ II). Gut zu erkennen sind die starken 18

Deformierungen der Beine; Dia-Archiv Prof. B. F. Pontz, Kinderklinik der

TU-München

Abb.4 OI Typ V mit starker Kallusbildung am Femur. Infolge der 22

überschießenden Kallusbildung kommt es zu Spannungsblasen.

Dia-Archiv Prof. B. F. Pontz, Kinderklinik der TU-München

Abb.5: Röntgen-Bild derselben Patientin. Eine normale Femurstruktur 22

ist nicht mehr erkennbar. Dia-Archiv Prof. B. F. Pontz, Kinderklinik der

TU-München

Abb.6: typische Gesichtszüge bei Cole-Carpenter-Syndrom; deutliches 26

Sonnenuntergangsphänomen. [4 (S.274)]

Abb.7: Blaue Skleren. Dia-Archiv Prof. B. F. Pontz, Kinderklinik der 33

TU-München

Abb.8: Überbeweglichkeit der Finger. Dia-Archiv Prof. B. F. Pontz, 38

Kinderklinik der TU-München

Abb.9: BI vor und nach operativer Dekompression durch transorale 50

Klivektomie mit Laminektomie des Atlas und anschließender

Stabilisierung mit zwei Rippentransplantaten und Drähten. Gut

sichtbar ist, dass die A. vertebralis vor dem operativen Eingriff die

Gesichtsnerven komprimiert. Das Ergebnis ist ein hemifacialer

Spasmus. [44 (S.138)]

Abb.10: Dentinogenesis mit opaleszenten, brüchigen und malokklusiven 56

Zähnen. Dia-Archiv Prof. B. F. Pontz, Kinderklinik der TU-München

Abb.11: Dentinogenesis Imperfecta mit starken Verfärbungen und 57

Malokklusion. Dia-Archiv Prof. B. F. Pontz, Kinderklinik der TU-

München

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3. Tabellenverzeichnis: Seite

Tab.1: Übersicht 10 Formen der Osteogenesis Imperfecta 12

Tab.2+3: Untersuchungsprotokoll als Zeitstrahl-Diagramm 62

Tab.4: Untersuchungsprotokoll, Tabelle nach Alter 64

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4. Einleitung:

Osteogenesis Imperfecta, auch Glasknochenkrankheit genannt, ist mit einer Inzidenz

von zwischen 1:10 000 und 1:60 000 eine seltene Erkrankung des Binde- und

Stützgewebes. Der Erbgang ist je nach Typ unterschiedlich. So werden Typ I und IV

autosomal-dominant vererbt, Typ II und III ebenfalls autosomal-dominant oder durch

Keimzellmosaik.

Charakteristisch sind erhöhte Knochenbrüchigkeit, Knochenverbiegungen und

Wachstumsretardierung. Die multiplen und meist früh in der Kindheit auftretenden

Frakturen führen häufig zu Deformierungen des Skeletts. Diese, z.B. Kyphoskoliosen

und Brustwandveränderungen, treten allerdings auch unabhängig von Brüchen auf. [ 55 (S.617); 75 (S.735); 78 (S.359); 71 (S.221); 84 (S.1673)]

Abb.1: Trichterbrust; Dia-Archiv Prof. B. F. Pontz, Kinderklinik der TU-München

Die Krankheit beruht auf einem Kollagensynthesedefekt und wird in den klassischen

Fällen durch eine Mutation der auf den Chromosomen 7 und 17 liegenden Gene,

welche die α-Ketten des Typ I Kollagens kodieren, verursacht. Folge sind qualitativ

und quantitativ mangelhafte Kollagenfibrillen.

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Kollagen vom Typ I besteht aus 3 Aminosäureketten, die zu einem Drittel aus Glycin

bestehen. Diese Ketten werden zu einer Tripel-Helix verdrillt. Ihre Helix-Struktur wird

durch Hydroxyprolin- und Hydroxylysinreste stabilisiert.

Zwei der drei Ketten sind α1-Ketten, deren kodierende Gene, COL1A1 genannt, auf

Chromosom 17 liegen. Sie sind hinsichtlich ihrer Nukleotidsequenz identisch. Die

dritte Kette, die α2-Kette, wird von COL1A2-Genen auf Chromosom 7 kodiert.

Die Ausprägung des Phänotyps ist abhängig von verschiedenen Variablen. Da ist

zunächst die Lokalisation der Mutation, die entscheidet, welche α-Kette des

Kollagens betroffen ist. Zudem bestimmt die Anzahl der Zellen, die von der Mutation,

bzw. dem Mosaik betroffen sind, in welchem Maße noch funktionierendes Kollagen

des Typ I gebildet wird. [ 15 (S.392-393); 71 (S. 219); 59 (S.1)]

Abb.2: Strukturmodell Kollagen I

Da Kollagen Typ I eines der wichtigsten Proteine des Körpers darstellt, ist es nur

verständlich, dass so gut wie alle Organe, die auf Bindegewebsstrukturen basieren

von den Auswirkungen des Kollagendefekts betroffen sein können. Die Osteogenesis

Imperfecta (OI) stellt somit eine Bindegewebserkrankung dar, die auch systemische

Symptome hat.

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Dementsprechend kommt es zu sogenannten extraskeletalen Symptomen.

Schon 1831 entdeckte Axman eine häufige Koexistenz von Frakturanfälligkeit und

blauen Skleren. 1917 dann stellte Van der Hoeve eine Verbindung zwischen

verminderter Knochenbelastbarkeit, blauen Skleren und einer frühzeitig einsetzenden

Schwerhörigkeit fest. [72 (S.41)]

Diese auffälligste, häufig auftretende Kombination extraskeletaler Symptome bei OI

heißt seitdem „Van der Hoeve-Trias“ und stellte nur den Anfang einer stetig

wachsenden Liste extraskeletaler Symptome bei OI dar, die mit der steigenden

Lebenserwartung der Erkrankten zunehmend an Bedeutung für die behandelnden

Ärzte gewinnt.

Im Laufe der Zeit gab es in der Literatur unterschiedliche Ansätze, die

extraskeletalen Symptome bei Osteogenesis Imperfecta einzuteilen.

Eine Möglichkeit wäre, die Symptome in altersabhängige und altersunabhängige

einzuteilen. So fielen unter die Kategorie der altersabhängigen Symptome z.B.

Sklerenfarbe, Basiläre Invagination und Schwerhörigkeit, da diese sich alle im Laufe

des Lebens verschlechtern oder, wie im Fall der blauen Skleren, auch bessern

können. Allerdings funktioniert diese Einteilung schon bei der Sklerenbeteiligung

nicht, da sie bei manchen Typen der OI ein Leben lang persistieren und somit zu

altersunabhängigen Symptomen gezählt werden müssten. [1 (S.85)]

Außerdem kann man zwischen primären und sekundären extraskeletalen

Symptomen unterscheiden.

Sekundäre Symptome entstehen infolge pathologischer Veränderungen wie

Deformierungen der Knochen, die daraufhin andere Systeme negativ beeinflussen.

So entstehen z.B. viele pulmonale Probleme im Rahmen einer OI meist durch die

teils starke Verformung des knöchernen Thorax. Weitere sekundäre Folgen sind

auch Nebenwirkungen von Knochendichte fördernden Medikamenten wie z.B. den

Bisphosphonaten. Unerwünschte Wirkungen beim oralen Einsatz dieser

Medikamente sind gastrointestinale Symptome wie Erbrechen, Übelkeit, Diarrhoe

und Ulzera. Bei der meist bevorzugten intravenösen Applikation treten grippale

Symptome, Uveitis und Temperaturerhöhung auf. Generell können Bisphosphonate

zu Hypokalzämie und Hypomagnesiämie führen. [6 (S.186-8)]

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Die primären Symptome aber werden, wie die Knochenpathologie selbst, direkt durch

die der Osteogenesis zugrunde liegenden Kollagenopathie ausgelöst. Dies geschieht

aufgrund der generell hohen Bedeutung, die Kollagen als Stützgewebe und Matrix im

gesamten Körper besitzt.

Eine weitere Einteilung, wahrscheinlich die übersichtlichste bei einer Arbeit wie

dieser, bei der eine Übersicht über extraskeletalen Symptome der OI im Vordergrund

steht, erfolgt einfach anhand der betroffenen Organe bzw. Organsysteme. Diese wird

hier bevorzugt.

Die extraskeletalen Symptome gewinnen zunehmend an Bedeutung, da sie mehr

und mehr in den Vordergrund treten. Dies ist eine Folge der erfolgreichen neueren

Therapieoptionen mit Bisphosphonaten und chirurgischer Intervention, die eine

verbesserte Lebensqualität herstellen und bei manchen Typen sogar die Mobilität

komplett erhalten oder zumindest die mögliche Immobilität herauszögern können.

Manche der im Weiteren dokumentierten Symptome sind nur bei einzelnen Patienten

beobachtet worden. Dies liegt an den meist kleinen, aufgrund der Seltenheit der

Krankheit beschränkten Patientenzahlen der einzelnen Autoren. Nichtsdestotrotz

sind sie erwähnenswert, sobald sie Anlass zur Annahme geben, dass sie in direktem

Zusammenhang mit der Grunderkrankung stehen und somit auch bei anderen OI

Patienten auftreten können. Die Rarität der Osteogenesis Imperfecta, ihre vielen

Untertypen und die oft nicht sichere diagnostische Zuordnung zu diesen sind auch

verantwortlich für die schwer eruierbaren Inzidenzen vieler extraskeletaler

Symptome. Die veröffentlichten Prozentzahlen differieren zum Teil stark. Daher

werden in dieser Arbeit die Angaben auf wenige, dafür relativ reproduzierbare

Inzidenzen beschränkt.

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5. Formen der Osteogenesis imperfecta – Einteilungen:

Dank Sillence, Glorieux und weiteren Wissenschaftlern existiert inzwischen eine

Unterteilung der Osteogenesis Imperfecta in 7 Formen. Nach einem Vorschlag von

Pontz werden diese um 3 Formen aufgrund derer starker Assoziation mit OI, nämlich

um das Bruck-Syndrom, das Cole-Carpenter-Syndrom und das Osteoporosis-

Pseudogliom-Syndrom erweitert.

Tab.1 Übersicht:

TYP ERBGANG SKELETT SKLEREN MUTATION

I A Ø DI,

B + DI

AD

verhältnismäßig wenig

Frakturen,

kaum Deformierungen

blau

Kollagen I

II A, B, C

DI nicht

relevant

heterogen:

Keimzellmosaik, AD-

Neumutationen

schwerste Form, letaler

Verlauf mit massiven und

gehäuften Frakturen und

Deformierungen

blau

Kollagen I

III A Ø DI

B + DI

heterogen:

AD-Neumutationen,

Keimzellmosaik,

selten AR

schwerster lebensfähiger

Typ, stark kleinwüchsig

durch Deformierungen

weiß,

schwach blau

Kollagen I

IV A Ø DI

B + DI

AD, häufig

Neumutationen

wie Typ I, mehr

Minderwuchs und

Deformitäten

weiß, grau

Kollagen I

V Ø DI

AD

ähnlich Typ IV,

hyperplastische

Kallusbildung, Synostose

der Membranae

interosseae

weiß

unbekannt

VI Ø DI vermutlich AR ähnlich Typ IV,

Wirbelkörpereinbrüche

weiß

Chromosom 3

VII Ø DI

AR

starke Knochenbeteiligung,

Rhizomelie

leicht blau

Chromosom 3

VIII Ø DI

Bruck

AR

ähnlich wie Typ III/IV,

+Gelenkkontrakturen

weiß

knochenspezifische

Lysylhydroxylase auf

Chromosom 17,

IX + DI

Carpenter

unbekannt

wie Typ III,

Craniosynostosen

blau

unbekannt

X

OPS

vermutlich AR

starke Knochenbeteiligung,

wie Typ III

weiß

LRP5 (Low density

lipoprotein receptor-

related protein 5) auf

Chromosom 11

[7 (S.69-74); 12 (S.470); 71 (S.218); 27 (S.36-38); 28 (S.1656-59); 59 (S.1-2); 56 (#16620,112240,#166210,#259420,%259450,

#259770)]

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Das Bruck-Syndrom, das Cole-Carpenter-Syndrom und das OPS werden hier

aufgrund der bei diesen Syndromen ebenfalls auftretenden Osteoporose und der

damit ähnlichen Klinik dem Oberbegriff Osteogenesis Imperfecta zugeordnet und als

Typen VIII-X tituliert. [4 (S.276-7); 59 (S.1); 56 (112240,%259450,#259450)]

Es folgt eine Übersicht der zehn Formen der Osteogenesis Imperfecta im Detail.

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5.1. Typ I

Lange Zeit wurde dieser Typ auch als Osteogenesis Imperfecta tarda Levis

bezeichnet. Er wird autosomal-dominant vererbt und stellt in der Regel die mildeste

und gleichzeitig mit einer Inzidenz von 1:10 000 – 1:30 000 die häufigste Form der OI

dar. [59 (S.1-2) ;67 (S.117); 70 (S.12-13); 55 (S.616)]

Dieser Form liegt eine Mutation des für die Codierung der Iα1- und / oder Iα2-Ketten

des Kollagens zuständigen Allels zugrunde. [ 59(S.1-2); 15 (S.393); 56 (#166200)] Daher ist die

Menge an Kollagen I in sämtlichen Geweben deutlich vermindert. Bei einigen

Patienten ist nur die Menge an Iα1 vermindert und die von Iα2 unverändert. Das

Resultat ist, dass im Gewebe nur 50% der normalen Kollagenmenge vorhanden ist. [15 (S.393); 74 (S.431); 56 (#166200)]

Je nach Zahnbeteiligung unterscheidet man einen Typ I A (ohne Dentinogenesis

Imperfecta) und einen Typ I B (mit Dentinogenesis Imperfecta). [59 (S.2)]

Der Typ I der Osteogenesis Imperfecta wurde eine Zeit lang auch „die milde Form

der OI“ genannt. [72 (S.9)] Das Größenwachstum ist nur gering beeinflusst, Frakturen

treten im frühen Lebensalter, teilweise schon bei Geburt, auf. Die

Knochenbrüchigkeit sistiert in der Regel in der Pubertät, tritt meist im Alter von 60

Jahren bei Männern und nach der Menopause bei Frauen wieder auf. Es entwickeln

sich kaum Deformierungen, jedoch bis zu 20% Kyphoskoliosen. Zu einer Immobilität

kommt es nur äußerst selten, und die Patienten erreichen meist eine normale

Körpergröße. [55 (S.616); 78 (S.12-13); 59 (S.2); 28 (S.1651)]

So sind die auffälligsten klinischen Symptome die gesteigerte Frakturhäufigkeit,

blaue Skleren, dreieckige Gesichtsform, eine allgemeine Überbeweglichkeit und

Bindegewebsschwäche, die für Nabel- und Leistenhernien prädisponieren. [59 (S.1); 70

(S.12-13)]

An extraskeletalen Symptomen kommen bei Patienten dieser Form am häufigsten

vor: Bei

- 100% blaue Skleren, somit sind diese ein Definitionskriterium [67 (S.119)]

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- 35-78% eine Beeinträchtigungen des Gehörs [75 (S.735)]

- 49-65% Überbeweglichkeit der Bänder und Gelenke [67 (S. 118)]

- 37-78% eine Blutungstendenz aufgrund erhöhter Kapillarfragilität [67 (S. 118)]

- 25-34% Arcus corneae senilis bzw. juvenilis [67 (S. 118)]

- bis zu 60% Dentinogenesis Imperfecta [74 (S.431)]

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5.2. Typ II

Als Synonyme gebrauchte Ausdrücke für diese Variante sind: Letale Osteogenesis

Imperfecta congenita oder Typ Vrolik. [70 (S.12)]

Definiert wird dieser Typ durch das Versterben der Patienten im ersten Lebensjahr

und stellt damit die schwerste Form der OI dar. Ungefähr 50% der Kinder werden tot

geboren, die andere Hälfte verstirbt kurze Zeit nach der Geburt.

Schon im Uterus kommt es oft zu multiplen Frakturen, die das Wachstum des Fetus

empfindlich stören. Viele Organe bleiben unterentwickelt, die Schädeldecke besteht

teilweise nur aus Knocheninseln mit überdimensional großen Fontanellen, die Augen

treten stark hervor, die Nase ist klein und hakenförmig. Die für OI typische

Dreiecksform des Gesichtes und der Hypotelorismus sind deutlich zu erkennen. Die

Knochen sind durch Frakturen und Heilung in Fehlstellung verwachsen. Es kommt zu

einer so genannten Rosenkranzrippen-Bildung. Bei ca. 5% der Säuglinge kann es

bei der Geburt, infolge einer durch die starke Bindegewebsschwäche verstärkten

Mazeration, zu einem Abtrennen des Kopfes kommen. Vom Typ II sind in der Regel

mehr weibliche als männliche Säuglinge betroffen. Die Inzidenz für diese Form liegt

bei 1:60 000. [55 (S.617); 67 (S.120); 70 (S.14); 65 (S.170); 74 (S.436-38)]

Unterteilt wird diese Form in die Untergruppen A, B und C. Die etwaige Existenz

einer Dentinogenesis Imperfecta wird hierbei nicht berücksichtigt, da diese aufgrund

der kurzen Lebenszeit nicht beurteilbar ist. Allen drei Untergruppen ist gemeinsam,

dass sie auf einem Defekt im Kollagen Typ Iα1 und/oder Iα2 beruhen. Bei

Neugeborenen aller drei Untergruppen dieses Typs beobachtet man durchweg blaue

Skleren, allerdings kann diese Tatsache nicht als charakteristisch für Typ II

angesehen werden, da gesunde Neugeborene ebenfalls zunächst blaue Skleren

haben. [59 (S.2); 74 (S. 436-440)]

Typ II A wird durch Keimzellmosaik oder autosomal-dominant vererbt, die Säuglinge

sind stark unterentwickelt, minderwüchsig und weisen schwere

Knochendeformierungen, wie Schaltknochen und starke Kaliberschwankungen der

Röhrenknochen auf. Die mittlere Überlebenszeit bei lebend geborenen Säuglingen

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dieser Form beträgt 2 Stunden. Röhrenknochen wie der Femur sind meist breit,

gestaucht und es zeigen sich perlschnurartige Auftreibungen der Rippen. [59 (S.274); 74

(S.436)]

Typ II B ist eine neonatale, tödliche Form der Osteogenesis Imperfecta, wohl

identisch mit Typ III. Ihr Erbgang ist ebenfalls heterogen. In den meisten Fällen folgt

er einem Keimzellmosaik Muster, gelegentlich aber auch autosomal-rezessivem oder

autosomal-dominantem. Auch hier fallen breite Röhrenknochen auf, jedoch sind die

Rippen unauffällig. [59 (S.2); 74 (S.440)]

Typ II C wird meist autosomal-rezessiv vererbt, die Knochen sind dünn, ebenso wie

die rosenkranzartigen Rippen. Diese Form ist wohl eine der seltensten OI-Formen. [59

(S.2); 74 (S.438)]

Die extraskeletalen Symptome bei der Form II der Osteogenesis Imperfecta sind

aufgrund des schnellen und tödlichen Verlaufs weniger gut dokumentiert als in den

anderen Fällen, da viele dieser Symptome sich erst mit der Zeit bilden oder

bemerkbar werden. Meist sind existierende extraskeletale Symptome, wie z.B. eine

pulmonale Hypoplasie als Folge des fehlenden thorakalen Raumes mit konsekutiver

respiratorischer Insuffizienz, kardiale Probleme, Hypopituitarismus, muskuläre

Hypotonie oder Gehörknöchelchen-Frakturen erst in der Obduktion feststellbar.

Vermutlich stellen systemische Manifestationen wie die pulmonale Hypoplasie und

die konsekutiven respiratorischen Infektionen auch die Todesursache der Kinder dar. [65(S.165);74(S.440),55(S.617);72(S.54)]

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Abb.3: Letale OI (Typ II). Gut zu erkennen sind die starken Deformierungen der Beine; Dia-Archiv

Prof. B.F. Pontz, Kinderklinik der TU-München

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5.3. Typ III

Synonyme sind Osteogenesis Imperfecta tarda gravis oder congenita.

Diese schwerste Form der nicht-letalen OI führt in der Regel zur Rollstuhlpflicht

infolge einer sehr hohen Frakturhäufigkeit und stärkster progressiver Verformungen

der instabilen Röhrenknochen und der Wirbelsäule, die auch unabhängig von den

Brüchen auftreten. [67 (S.120); 70 (S.12)]

Diese Form wird in den meisten Fällen autosomal-dominant vererbt. Doch auch hier

gibt es weitere Vererbungsmodi. So sind autosomal-rezessive Erbgänge belegt, und

auch ein elterlicher Keimzellmosaizismus wird als Ursache vermutet. Abermals sind

die für die Codierung des Kollagens Iα1 und 2 zuständigen Allele betroffen. [56

(#259420); 59 (S.2)]

Bei der Geburt sind Schwere und Größe der Neugeborenen noch innerhalb der

Perzentilen, jedoch entwickelt sich aufgrund der vielen Frakturen und der

Knocheninstabilität eine zunehmende Kyphoskoliose. Unabhängig davon kommt es

zu einem ausgeprägten Kleinwuchs. Die ersten Knochenbrüche sind meist schon bei

Geburt vorhanden. Es sind aber auch Ausnahmen belegt, bei denen die ersten

Frakturen erst zu Beginn des Laufenlernens auftraten. Auch bei diesem Typ nimmt

die Frakturhäufigkeit mit Eintritt in die Pubertät ab.

Gekennzeichnet ist diese Form durch die Schwere der knöchernen Erkrankung, den

ausgeprägten Kleinwuchs, weiße oder nur bei der Geburt bläuliche Skleren, meist DI

und Schwerhörigkeit. [ 67 (S.120-1); 70 (S.14-5); 74 (S. 440)]

Der Typ III ist stark von extraskeletalen Symptomen betroffen. So kommen unter

anderem eine sehr starke Bänder- und Bindegewebsschwäche, starke Keloidbildung,

vaskuläre Komplikationen, schwere Basiläre Impression, Hypopituitarismus und

muskuläre Hypotonie vor. Ein Teil der Betroffenen überlebt aufgrund der

respiratorischen Komplikationen nicht einmal das erste Lebensjahr. [74 (S.440)]

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5.4. Typ IV

Dieser autosomal-dominant vererbte Typ, auch Ekman-Lobstein genannt, ist dem

„milden“ Typ I sehr ähnlich.

Die Mutation betrifft wiederum die die Kollagenketten Iα1 und Iα2 kodierenden Allele

und folgt einem autosomal-dominantem Erbgang.

Die Frakturneigung ist schwächer ausgeprägt als bei den Typen II und III. Im

Unterschied zum Typ I kommt es hier jedoch häufiger zu Minderwuchs und

Deformierungen. Zudem sind die Skleren weiß bis gräulich-bläulich. [59 (S.1-2); 74 (S.446); 56 (#16620,#166201,#259420)]

Wegen der schon perinatal stark vorhandenen Osteopenie treten Knochenbrüche

schon bei Geburt, aber häufig auch erst später auf. Die Schwere der Deformitäten

unterliegt innerhalb und zwischen verschiedenen Familien dieses Typs starken

Schwankungen. Eine schwere Osteogenesis Imperfecta vom Typ IV ist klinisch kaum

von einem Typ III zu unterscheiden und ist von einer erstaunlichen Heterogenität im

Phänotyp geprägt.

Unterteilt wird wieder in A und B, je nach Existenz einer Dentinogenesis Imperfecta.

Die Inzidenz einer Gehörbeteiligung ist sehr gering. [70 (S.16-18); 67 (S.121-122)]

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5.5. Typ V

Der Typ V entspricht klinisch Typ IVA: eine mäßige bis schwere Knochenbrüchigkeit,

ohne blaue Skleren oder Dentinogenesis Imperfecta. Daher wurde er, genauso wie

die noch folgenden Formen, lange Zeit dem Typ IV zugeordnet.

Diese fünfte Form zeichnet sich aber durch zusätzliche Symptome aus: Diese sind

einerseits eine überschießende Kallusbildung im Rahmen einer Frakturheilung,

Operation oder aber auch spontan. [27 (S.1651); 59 (S.1-2); 74 (S.446)]

Zudem sind Verknöcherungen von Interossalmembranen an Unterarmen und

seltener auch an Unterschenkeln charakteristisch. Die Patienten fallen durch eine

Pro- und Supinationsschwäche auf. Ein radiologisch dichtes Metaphysealband direkt

an der Wachstumsfuge ist ein weiteres weit verbreitetes Merkmal. [27 (S.1650)]

Die Einordnung in diesen Typ erfolgt histologisch aufgrund der charakteristischen

Unregelmäßigkeit der Kollagenfaserdicke und –abgrenzungen. Dennoch liegt diesem

autosomal-dominant vererbten Typen kein offensichtlicher Kollagendefekt zugrunde.

Die Pathogenese ist bisher noch nicht bekannt, allerdings ist nicht auszuschließen,

dass die Kollagensynthese nicht doch durch einen Polymorphismus beeinflusst sein

könnte. [27 (S.1657)]

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Abb.4: OI Typ V mit starker Kallusbildung am Femur. Infolge der überschießenden Kallusbildung

kommt es zu Spannungsblasen. Dia-Archiv Prof. B. F. Pontz, Kinderklinik der TU-München

Abb.5: Röntgen-Bild derselben Patientin. Eine normale Femurstruktur ist nicht mehr erkennbar.

Dia-Archiv Prof. B. F. Pontz, Kinderklinik der TU-München

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5.6. Typ VI

Auch diese Form wird nicht durch eine Mutation auf den Kollagen Typ I kodierenden

Genen verursacht. Die Kollagenqualität und –menge entspricht daher der Norm.

Stattdessen kann ein Defekt auf Chromosom 3 für die verminderte Festigkeit der

Knochen und des Bindegewebes verantwortlich gemacht werden. Dieser

Mineralisationsdefekt wird vermutlich autosomal-rezessiv vererbt. [59 (S.1-2)]

Wie der Typ V, kann dieser auch nur histologisch diagnostiziert werden. In

Hüftbiopsien Betroffener zeigen sich unter polarisiertem Licht Lamellenknochen mit

einem für diese Form charakteristischen Fischgrätenmuster. Auch ein Überfluss an

Osteoid ist vorhanden. Dies lässt auf einen Defekt in der Mineralisation vermuten.

Der genaue Mechanismus ist jedoch noch nicht bekannt. [27 (S.34-35)]

Klinisch ähnelt dieser Typ mit den durchwegs weißen Skleren wiederum Typ IV. Die

ersten Frakturen treten im ersten Lebensjahr auf. Ihre Häufigkeit ist jedoch höher als

bei Typ IV, und Wirbelkörpereinbrüche sind ein charakteristisches Merkmal. Zudem

zeigt sich bei vielen Patienten eine Skoliose oder Coxa vara, und etwa die Hälfte der

Betroffenen wird rollstuhlpflichtig. [59 (S.1-2); 27 (S.30,34)]

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5.7. Typ VII

Diese Form wurde erst im Jahr 2002 definiert. Sie ähnelt je nach Stärke ihrer

Ausprägung dem Typ III oder IV. Verursacht wird sie durch eine Mutation auf

Chromosom 3, und sie folgt einem autosomal-rezessivem Erbgang. Auch hier liegt

kein Kollagendefekt vor. [59 (S.1-2)]

Charakteristisch für diese in einem frankokanadischen Indianer-Reservat entdeckte

und auch nur dort vorkommende Form ist eine schwere, in seltenen Fällen auch nur

milde Frakturneigung. Die Säuglinge kommen schon mit zahlreichen

Knochenbrüchen auf die Welt. Weiter kommt es zu progressiven Deformierungen

v.a. der unteren Extremitäten, Coxa vara, Rhizomelie und infolge dessen zu

Kleinwüchsigkeit.

Die Rhizomelie, eine Verkürzung der proximalen Anteile der Extremitäten, betrifft

Femur und Humerus schon zu Geburt. Die Tibialänge verringert sich erst im Laufe

der Kindheit, wohl durch das Missverhältnis zwischen Belastung und verminderter

Belastbarkeit. 50% der Betroffenen leiden im Erwachsenenalter unter schweren

Einschränkungen ihrer Mobilität. [59 (S.1-2); 81 (S.17)]

An extraskeletalen Symptomen sind bisher nur leicht blaue Skleren bekannt. Es gibt

keinen Hinweis auf eine Dentinogenesis Imperfecta oder Schwerhörigkeit. [81 (S.17)]

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5.8. Typ VIII

Das Bruck-Syndrom stellt eigentlich eine eigenständige Erkrankung dar. Inzwischen

wird es aber aufgrund seiner starken Osteoporose und Deformierungen, die klinisch

wie ein OI-Typ III oder IV mit Gelenkkontrakturen imponieren, gerne dem Begriff

Osteogenesis Imperfecta zugeordnet. Daher wird das Bruck-Syndrom in

Verzeichnissen wie dem „Online Mendelian Inheritance in Men“ als „Osteogenesis

Imperfecta mit kongenitalen Gelenkkontrakturen“ bezeichnet. [56 (%259450); 59 (S.1-2 )]

Der Typ VIII der OI wird autosomal-rezessiv vererbt und beruht auf einer Mutation

der knochenspezifischen Lysylhydroxylase auf Chromosom 17. Die Folge dieser

Mutation ist eine Kollagenvernetzungstörung, die sich in stark erhöhter

Frakturanfälligkeit bei Trivialtraumata, Schädel-Schaltknochen, schweren

Deformierungen wie Kyphoskoliose und Minderwuchs äußert.

Charakterisierend für das Bruck-Syndrom sind kongenitale, zum Teil multiple,

symmetrische Gelenkkontrakturen. Des Weiteren wurden im Rahmen dieses

Syndroms auch Pterygien an den kontrakten Gelenken beobachtet. Diese

„Flügelbildung“ könnte Konsequenz eines embryologischen Bewegungsmangels

sein.

Abgesehen von oben erwähnter Pterygium-Bildung, werden bei diesem Syndrom

kaum extraskeletale Symptome beobachtet. Die Skleren sind überwiegend weiß.

Eine Beteiligung der Zähne im Sinne einer DI ist bisher kaum vorgekommen und

wenn, dann in sehr milder Ausprägung. Allerdings kann es zu einem starken

Lungenfunktionsverlust durch die starke Kyphoskoliosenbildung kommen. [56 (%259450)]

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5.9. Typ IX

Das Cole-Carpenter-Syndrom ist gekennzeichnet von einer schweren generalisierten

Osteopenie mit der daraus resultierenden Knochenfragilität in Kombination mit

Craniosynostosen, Hydrozephalus und starker Wachstumsretardierung. Betroffene

Kinder dieser sehr seltenen Form der OI fallen durch ihre speziellen Gesichtszüge

mit Sonnenuntergangsphänomen der Augen, Epikanthus, Micrognathie und

Schädelverformungen, wie z.B. einem Brachyzephalus in Folge der

Craniosynostosen, auf.

Die dieser Erkrankung zugrundeliegende Genmutation ist bisher nicht bekannt. Auch

der Vererbungsmodus ist noch unklar. Kollagen Typ I ist bei diesem Typ normal.

Alle bisher diagnostizierten Fälle mit Cole-Carpenter-Syndrom litten unter

Dentinogenesis Imperfecta und hatten blaue Skleren. [4 (S.273-77); 56 (112240)]

Abb.6: typische Gesichtszüge bei Cole-Carpenter-Syndrom; deutliches Sonnenuntergangsphänomen.

[4 (S.274)]

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5.10. Typ X

Das hier als Typ X klassifizierte Osteopenie-Pseudoglaukom-Syndrom, kurz OPS

genannt, wird gelegentlich auch die „okuläre Form der OI“ genannt. [7 (S.69-74); 56

(#259770)]

Ihre Knochenbeteiligung ähnelt in ihrer Ausprägung der des Typ III, jedoch treten hier

schwere ophthalmologische Symptome wie beidseitige Pseudogliome,

Glaskörperhämorrhagien, Phthisis bulbi, Netzhautablösung oder sekundäre

Glaukome hinzu. Diese führen, wenn die Kinder nicht schon blind zur Welt kommen,

in der Regel in der frühen Kindheit zur Erblindung.

Beim OPS ist die Kollagenbildung normal. Die vorhandene Osteopenie wird durch

eine autosomal-rezessiv vererbte Mutation des Gens für das Low-density-

lipoproteine-receptor-related-proteine 5 auf Chromosom 11, kurz LRP5 genannt,

verursacht. [7 (S.69-74); 56 (#259770); 12 (S.470)]

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6. Fragestellung:

Ziel dieser Dissertation ist einerseits eine aktuelle Zusammenfassung der

extraskeletalen Manifestationen bei Osteogenesis Imperfecta zur Orientierung

behandelnder Ärzte, Betroffener und deren Angehörigen. Andererseits soll die

Tatsache hervorgehoben werden, dass die OI eine Erkrankung systemischen

Charakters ist und daher eine multidisziplinäre Betreuung erfordert.

Zur Erleichterung dieser Aufgabe wird ein Untersuchungsprotokoll vorgestellt, an

dem sich der behandelnde Arzt orientieren kann. Es soll einen Überblick über die

erforderlichen fächerübergreifenden Untersuchungen geben und so durch

Früherkennung eine rechtzeitige Intervention im Sinne einer sekundären Prophylaxe

ermöglichen.

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7. Extraskeletale Symptome der Osteogenesis Imperfecta:

7.1. Ophthalmologische Beteiligung

In der Literatur werden viele verschiedene Augenbeteiligungen der Osteogenesis

Imperfecta aufgeführt. Diese sind in ihrer Inzidenz und Ausprägung allerdings sehr

variabel. So ist z.B. die Inzidenz für blaue Skleren beim OI Typ I 100%, bei Typ V

hingegen liegt sie bei 0%. Betrachtet man alle Formen der OI, so ist insgesamt das

häufigste und auch auffälligste extraskeletale Symptom das der blauen Skleren. [25 (S.240-8)]

Die möglichen Augenbefunde der Osteogenesis Imperfecta sind mannigfaltig.

So wird von häufigem Auftreten eines Arcus juvenilis bzw. senilis (zw. 10-30-%) bei

schon sehr jungen Patienten berichtet. Eine Tendenz zur Hyperopie wird genauso

erwähnt wie eine zur Myopie. Diese kommen jedoch meist sekundär in Folge einer

anderen ophthalmologischen Veränderung im Rahmen der OI vor. Im Falle der

Myopie müssen in diesem Zusammenhang vor allem der Keratoglobus,

Exophthalmus und der Keratoconus genannt werden. Eine Hyperopie bei OI kann

durch eine Cornea plana verursacht werden. Ein Exophthalmus als extraskeletale

Manifestation der OI wird häufig beschrieben. Diese scheinbare Vergrößerung des

Augapfels wird meist erzeugt durch den pathologischen Schädelaufbau mit zu kurzen

Augenhöhlen. Allerdings können die prominenten Augäpfel auch sekundär durch

eine Deformation der Orbitahöhle in Folge von Knochenbrüchen entstehen. [72 (S.43-47)]

Der erwähnte Keratoconus ist eine häufige Wölbungsanomalie der Cornea. Sie tritt

familiär gehäuft auf und entspricht einer Hornhautverdünnung mit gleichzeitiger

Verformung und Trübung. Oft verursacht der Keratoconus einen Descementriß oder

Astigmatismus. Ein akuter Keratoconus zieht einen Sehverlust mit sich.

Bindegewebsstörungen wie die OI prädestinieren zu dieser Fehlbildung. [72 (S.43-46)]

Weitere oft von der OI verursachte ophthalmologische Pathologien sind Subluxatio

lentis, Ectopia lentis oder eine allgemeine Verminderung der okulären Festigkeit.

Die Subluxatio ist eine seltene Lageveränderung der Linse, der eine Auflockerung

der Zonulafasern, die der Aufhängung der Linse dienen, zugrunde liegt. Diese

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Auflockerung tritt bei Gesunden bevorzugt bei Traumata aber bei

Bindegewebsstörungen wie z.B. dem Marfan-Syndrom, Homozystinurie und der OI

auch spontan auf. [72 (S.43-47)]

Bezüglich der verminderten Festigkeit des gesamten okulären Apparates wurde

festgestellt, dass der Grad der Festigkeit negativ mit der Blaufärbung der Skleren

korreliert. [50 (S.416-7); 22 (S.511-2)]

Infolge bereits trivialer Traumata konnten bei OI Patienten des Typ I retinale und

intravitreale Blutungen festgestellt werden. Die Ostegenesis Imperfecta prädisponiert

durch ihre im Kapitel der kardiovaskulären Manifestationen eingehender

geschilderten Veränderungen der Gefäße und Gerinnung dazu. [24 (S.1430)]

Eines der häufigeren Probleme, die OI-Patienten am Auge entwickeln sind Katarakte.

Eine OI-typische Kataraktform stellt die Cataracta zonularis dar. Bei dieser Form

besteht nur eine Teiltrübung der Linse. [72 (S.43-47]

Eine Hornhauttrübung jeglicher Art kann im Rahmen der OI als Grunderkrankung

auftreten. Sie kann zur Erblindung führen.

Patienten des OPS, also des Typ X, sind meist betroffen von diesem harten

Schicksal der Blindheit. Meist werden bei ihnen schon bei Geburt oder im frühesten

Säuglingsalter Pseudogliome, Glaskörperhyperplasien und später Sekundär-

Glaukome diagnostiziert, welche sie erblinden lassen. [22 (S.511-2); 7 (S.69-74); 56 (#259770); 12

(S.470-6)]

Ein Sonnenuntergangsphänomen ist auch als extraskeletale Manifestation

dokumentiert. Häufig betrifft dies Kinder mit schwerer Erkrankung, wie z.B. beim Typ

IX. [4 (S.274)]

Viele Studien lieferten widersprüchliche Ergebnisse betreffend der Hornhautdicke bei

OI Patienten der Typen I, III, IV. So fanden viele Wissenschaftler eine verminderte

Dicke der Cornea bei gleichzeitig blauen Skleren, andere wiederum stellten dies in

Frage und fanden in eigenen Studien heraus, dass die Hornhautdicke der Patienten

in der Norm sei. Aktuelle Studien ergeben mit neuesten Messmethoden, dass bei OI-

Patienten im Vergleich zu Kontrollgruppen die Hornhaut zentral signifikant verdünnt

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ist und dass dies negativ korreliert mit der Blaufärbung der Skleren. [19 (S.650); 22 (S.511-5);

72 (S.46)]

Zudem wird in feinmikroskopischen Untersuchungen von einer Agenesie der

Bowman-Membran in Augen Osteogenesis Kranker berichtet.

Ein Fehlen dieser durchschnittlich 8-14µm dicken Schicht tritt meist in Folge einer

entzündlichen Erkrankung am Auge auf. Bei den von Kasner et al. beschriebenen

Osteogenesis Imperfecta-Patienten allerdings bestand eine Agenesie der Bowman-

Membran ohne Hinweise auf einen entzündlichen Prozess. Diese Agenesie bestand

beidseits und trat bei OI Typen I, II und III auf. Allerdings war sie nur bei Typ III von

leichten Cornea-Unregelmäßigkeiten begleitet. [43 (S.166-9)]

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7.1.1 Das Symptom der Blauen Skleren

Schon 1831 erwähnte Axmann einen möglichen Zusammenhang zwischen der

Glasknochenkrankheit und blauen Skleren. Nur zehn Jahre später bestätigte Ammon

diese These und versuchte, sie mit einer von ihm in der Sektion festgestellten

verminderten Dicke der Skleren bei OI-Patienten zu erklären. In der Tat sind die

bläulichen, teils auch blau-grau oder lila gefärbten Skleren das auffälligste und auch

häufigste extraskeletale Symptom, das je nach OI Typ eine Inzidenz von bis zu 100%

(Typ I) besitzt.

Blaue Skleren alleine sind aber nicht zwingend beweisend für eine OI, da sie auch

idiopathisch, im Säuglingsalter, oder bei Hypophosphatämie, Rachitis, weiteren

Bindegewebsstörungen (z.B. Marfan-Syndrom, Ehlers-Danlos-Syndrom) und unter

Kortikosteroidtherapie vorkommen können. [72 (S.42-45)]

Andererseits können sie trotz manifester Osteogenesis fehlen, da sie nicht bei allen

Typen der Krankheit vorkommen.

Beobachtet werden blaue Skleren bei Typ I, dem perinatal letalen Typ II, dem Typ III,

IX und ganz schwach bei Typ VII. Je nach Dauer der Persistenz des Phänomens bis

in die Pubertät oder ins hohe Erwachsenenalter hinein, erlaubt die Färbung eine

Aussage darüber, zu welchem OI-Typen ein Patient gehört.

So behalten Patienten des Typ I die ausgeprägte Blaufärbung ihr Leben lang,

während die des Typen III evtl. nur eine etwas prolongierte, für Neugeborene

physiologische, Bläue der Skleren besitzen und spätestens in der Adoleszenz diese

Färbung verlieren. [72 (S.42-45); 68 (S.183)]

Entgegen der Erwartung, dass die Sklerenverfärbung stärker ist je größer die

Kollagenstörung und damit die Knochenverformungen sind, korreliert der Grad der

Sklerenfärbung nicht positiv mit dem Grad von Knochenverformung und -brüchigkeit.

Den Grund für die zum Teil unterschiedlich starke Ausprägung dieses Phänomens,

auch innerhalb einzelner Typen und Familien, muss man wohl in der Heterogenität

der Osteogenesis Imperfecta vermuten. [68 (S.184); 72 (S. 42-45)]

Auch innerhalb der Sklera kann die „Verfärbung“ nicht einheitlich, sondern stark

variabel sein. So ist sie meist am stärksten nahe dem Ziliarkörper und am

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schwächsten zum Limbus hin. Aufgrund der Variabilität der Intensität kann es

vorkommen, dass sich bei Patienten mit geradezu unauffälliger Sklerenfarbe nur

kleine Inseln bläulicher Verfärbung als Zeichen für die Osteogenesis-abhängigen

blauen Skleren finden lassen. [72 (S.42-45); 50 (S.416-7)]

Abb.7: Blaue Skleren. Dia-Archiv Prof. B. F. Pontz, Kinderklinik der TU-München

Die Pathogenese des Phänomens der blauen Skleren ist nicht ganz geklärt, auch

wenn es viele Vermutungen gibt.

Die älteste Theorie ist die bereits oben erwähnte These, dass durch eine verminderte

Dicke der Sklera, und / oder der Cornea, die pigmentierte Aderhaut durchscheinen

kann. [72 (S.44-45)] Auf dem Boden dieser Theorie der verminderten Sklerendicke

erklären Sillence et al. die Färbung dadurch, dass durch den durch die verringerte

Dicke verursachten verminderten Brechungskoeffizienten Blau verstärkt reflektiert

wird. Mit dem Ergebnis, dass die Skleren blau scheinen. Gleichzeitig vermutete

Sillence einen vermehrten Wasseranteil in der Sklera, der mitverantwortlich für die

Blau-Reflektion sein könnte. [68 (S.183)]

Ein weiterer Ansatz gründet auf dem elektronenmikroskopischen Befund der

Studiengruppe um Eichholtz und Müller. Bei einer regelrechten Sklerendicke

entdeckten diese zwischen den Skleralamellen eines OI-Patienten elektronenoptisch

dichte Ablagerungen, welche die Blaufärbung erklären könnten. Wenn man, wie

Sillence, Smith und andere dies tun, davon ausgeht, dass es sich dabei um

Proteinablagerungen handelt, so könnten diese Wasser ansammeln. Ein dadurch

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entstandener erhöhter Wassergehalt der Sklera würde wiederum den

Brechungskoeffizient ändern und so möglicherweise für die blaue Farbe

verantwortlich zeichnen. Somit könnte ein solches Protein auch für die zeitlichen

Tönungsschwankungen verantwortlich sein, die bei Patienten beschrieben sind.

Denn je nach Hormonzustand könnte das Protein unterschiedlich viel Wasser

speichern, es entstünden unterschiedliche Brechungs- und Färbegrade. [19 (S.650); 68

(S.186); 72 (S.45)]

Eine auffällige Fluktuation der Farbstärke wird von vielen Patienten und auch von

manchen Wissenschaftlern als Vorbote für eine Fraktur gesehen. Die Hormone, die

wohl diese Veränderung des unbekannten Proteins bewirken, könnten auch einen

Einfluss auf andere Gewebe haben und so in einem Zeitraum eines verminderten

Muskeltonus und damit einer Tendenz zu Frakturen auftreten. [50(S.416);68(S.186)]

Zudem gibt es eine signifikante Korrelation zwischen der verminderten Festigkeit des

gesamten Auges und der Bläue der Skleren. Der Kausale Zusammenhang ist

allerdings noch nicht geklärt. [22 (S.511-2); 50 (S.416-7)]

Vieles lässt einen „persistierenden Fetal-Status“ der okulären Strukturen vermuten.

Dafür spricht unter anderem die Verminderung der Kollagenfasern mit einer

Persistenz des dünneren Kollagens fetalen Ursprungs. Auch die von Eichholtz

entdeckten, vermutlich proteinhaltigen Ablagerungen könnten noch aus der Fetal-Zeit

stammen. Dies lässt vermuten, dass bei der Osteogenesis Imperfecta in jeglichem

Bindegewebe aufgrund der verminderten Produktion von regelrechtem Kollagen

bestimmte Fetal-Strukturen persistieren. Diese Vermutung unterstützt auch die

Tatsache, dass auch in anderen Organen einiger OI-Patienten Gewebe entdeckt

wurde, welches dem fetalen sehr ähnelt. Diese These muss allerdings noch bestätigt

werden. [72 (S.45); 78 (S.359-365)]

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7.2. Dermatologische Symptome

Da die Osteogenesis eine generalisierte Kollagenbildungsstörung darstellt, ist die

Haut mit ihrem hohen Kollagenanteil meist mitbetroffen. Die Fibroblasten, die für die

Kollagensynthese der Haut verantwortlich sind, werden sogar zur biochemischen

Diagnostik der Osteogenesis hinzugezogen. Anhand der mechanischen

Eigenschaften der Haut kann man auch eine Prognose des Verlaufs, eine Typ-

Schätzung und Aussagen über den Schweregrad der Kollagenstörung erstellen, da

die Hautveränderungen gut mit der Ausprägungsstärke der OI korrelieren. [31 (S.911)]

Die Haut der Patienten wird als steif, glatt und empfindlich beschrieben. Der

Gesamtkollagengehalt der Haut ist, wie erwartet, stark vermindert. Das Corium ist

dadurch atrophisch, dünn und vermindert elastisch. Zudem kommt es häufig zu

irregulären Pigmentationen, schlechter Narbenheilung mit exzessiver Keloid- sowie

häufiger Narbenherniation. [31 (S.911); 78 (S.365); 72 (S.52)]

Die Histologie der Haut zeigt eine dünnere Dermis als bei Gesunden und einen

deutlichen Überschuss an argyrophilen Retikulin- und elastischen Fasern. Diese

entsprechen wiederum eher fetalem Gewebe, und der Mangel an adulten, dicken

Kollagenfibrillen ist kennzeichnend. [72 (S.52,S.71); 31 (S.909)]

Eine Kopenhagener Studie ergab, dass bei der Osteogenesis Imperfecta sowohl die

Elastizität als auch die Dehnbarkeit und die Rückstellkräfte der Haut (auch Hysterese

genannt) vermindert sind. Diese Tatsache mag unter anderem auch die hohe

Inzidenz von Striae atrophicae bei OI-Patienten begünstigen. [78 (S.365); 31 (S.909); 29 (S.189)]

Eine milde OI wird als Prädisposition der Elastosis perforans serpiginosa

beschrieben. Diese auch „Keratosis follicularis serpiginosa Lutz“ genannte

Veränderung der Haut besteht aus ringförmig, schlangenförmig angeordneten

Papeln v.a. an Hals und Nacken, die durch transepidermale Ausscheidung

degenerierter elastischer Fasern hervorgerufen wird. [72 (S.52); 61 (S.813)]

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Co-existent mit der OI werden zwei Syndrome beschrieben: Die dominant vererbte

kongenitale Ichthyosis, eine Verhornungsstörung der gesamten Haut mit starker

Hyperkeratosenbildung, Erythrodermie und Rhagadenbildung, und die Poikilodermie

Thompson mit der Trias Teleangiektasien, Pigmentierungsstörung und Hautatrophie. [72 (S.52)]

Als Nebenbefunde werden Onychorrhexis (eine starke Brüchigkeit der Nägel)

Nagelflecken und Trichorrhexis nodosa (erhöhte Brüchigkeit der Haare) beschrieben. [72 (S.52)]

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7.3. Sehnen- und Bänderbeteiligungen

Da Sehnen und Bänder einen hohen Kollagenanteil besitzen, sind sie bei einer

Erkrankung wie der Osteogenesis, die auf einer allgemeinen

Kollagenbildungsstörung beruht, auch betroffen. So findet man bei 50 bis 70% aller

OI-Patienten eine mehr oder minder ausgeprägte Überbeweglichkeit der Gelenke,

die durch eine Ligamentschwäche verursacht ist. Hiervon sind hauptsächlich die

Hand- und Fingergrund-, seltener auch andere Gelenke wie das Schulter- oder

Sprunggelenk betroffen. [87 (S.360-2); 72 (S.41,S.58)]

Die dadurch verursachte Instabilität wird besonders häufig in Assoziation mit

Keratoconus und blauen Skleren beobachtet und kann unter Umständen solche

Ausmaße annehmen, dass sie das Symptom mit dem höchsten Leidensfaktor der

Erkrankung darstellt und damit selbst die Knochenbrüchigkeit in den Schatten stellt. [72 (S.58)]

Die Bänderschwäche führt nämlich in vielen Fällen zu sehr schmerzhaften

habituellen Luxationen, Subluxationen, Bandrupturen oder Verstauchungen.

Erscheinungen wie Pes plana gehören da noch zu den weniger auffälligen

Komplikationen. [16 (S.1319)]

Der Ausprägungsgrad der verursachten Überbeweglichkeit ist sehr variabel, von

habituellen Dislokationen des Radiusköpfchens (häufig auch bilateral), Luxationen

der Schulter, des Ellenbogens, der Hüfte, Patella oder anderer Gelenke bis zur

komplett schlangenähnlichen Überbeweglichkeit. [72 (S.57-59); 29 (S.189)]

Die durch die Bänderschwäche verursachte Instabilität der Gelenke kann eine

Ursache dafür sein, warum Kinder mit Osteogenesis Imperfecta im Durchschnitt

länger als gesunde Kinder brauchen, um das Gehen zu erlernen. [72 (S.58)]

Durch die Sehnenschwäche kommen Rupturen der Sehnen, z.B. der Hand- /

Fingerbeuge-, Quadrizeps-, Achilles- oder Patellarsehnen vor, wobei die

Schwachstellen dann die Knochenansatzpunkte darstellen. Diese Rupturen sind

nicht nur schmerzhaft sondern behindern den Patienten zusätzlich zu seinen

sonstigen Beschwerden stark. Die Sehnenschwäche könnte auch für die bei

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Osteogenesis Imperfecta verbreitete muskuläre Hypotonie verantwortlich sein, oder

zumindest einen gewissen Beitrag dazu leisten. [23 (S.158-60); 72 (S.59)]

Im Kontrast zur häufigen benignen idiopathischen Überbeweglichkeit der Gelenke,

kommt es bei der durch OI bedingten Form zu verhältnismäßig geringen

degenerativen Gelenkveränderungen infolge der Fehlbelastung und Unsicherheit im

Gelenk. [72 (S.58)]

Als weitere Konsequenz der systemischen Bindegewebsschwäche treten vermehrt

Leisten- und Umbilikalhernien auf. Auch Rektusdiastasen sind typisch bei

Osteogenesis Imperfecta. [72 (S.52)]

Abb.8: Überbeweglichkeit der Finger. Dia-Archiv Prof. B. F. Pontz, Kinderklinik der TU-München

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7.4. Akustische und Vestibulocochleäre Symptome

1912 fiel Adair-Dighton der Zusammenhang zwischen Glasknochen und einer

vorzeitigen Schwerhörigkeit auf. 1917, nur wenige Jahre später, wurde die Trias aus

erhöhter Knochenbrüchigkeit, fortschreitendem Gehörverlust und blauen Skleren von

van der Hoeve und de Kleyn zusammengefasst. [57 (S.280); 38 (S.199)]

Bis zu 60% der OI-Patienten leiden unter vestibulärer, cochleärer oder gemischter

Problematik. Ihre Probleme beginnen meist zwischen dem 20. und dem 40.

Lebensjahr, laut neueren Studien auch schon kurz nach Geburt und im Kindesalter.

42-58% behalten zumindest ein Resthörvermögen, bis zu 60% der Patienten

ertauben. [57 (S.282); 45 (S.351); 72 (S.52); 38 (S.201); 75 (S.735)]

Diese Prozentzahl beinhaltet nur diejenigen Patienten, deren Gehörschwäche primär

durch die Osteogenesis verursacht ist. Zählt man, wie in einer neueren australischen

Studie, auch die sekundären Fälle von Schwerhörigkeit mit, die nach einer

exsudativen Otitis media im Kindesalter bei OI-Patienten auftreten, so kommt man

auf einen viel höheren Prozentsatz: Dann sind es nämlich insgesamt 77% der

Patienten, die schon im Alter zwischen 3 bis 19 Jahren unter einer progressiven

Schwerhörigkeit leiden. Diese Zahl kann man als relativ repräsentativ ansehen, da

man davon ausgehen kann, dass die OI das Entstehen einer exsudativen Otitis

media durch kraniofaziale Dysmorphien begünstigt. Auch eine Schwangerschaft

kann auslösender Reiz für eine Schwerhörigkeit als Manifestation der OI sein. [38

(S.201); 72 (S.53)]

Ab dem 50. Lebensjahr steigt die Inzidenz einer neu diagnostizierten Hörminderung

kaum mehr an. Dies lässt vermuten, dass Patienten, die bis zu diesem Zeitpunkt

noch keine Gehörprobleme im Rahmen ihrer Grunderkrankung erlitten haben, auch

weiterhin davon verschont bleiben werden. [57 (S.282)]

Die meisten betroffenen Patienten haben zunächst eine progressive, häufig bilaterale

Schwerhörigkeit in relativ jungen Jahren, zum Teil auch schon in der Kindheit, die

meistens als reine Mittelohr-Schalleitungsstörung beginnt. Mit fortschreitendem Alter

tritt oft eine Innenohrbeteiligung hinzu. Somit sind jüngere Patienten eher von der

konduktiven, ältere mehr von der gemischten oder rein sensorischen Schwerhörigkeit

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betroffen. Im Gegensatz zu der Schwerhörigkeit im Kindes- und Jugendalter ist die

im Erwachsenenalter einsetzende Form nicht immer progressiv. [34 (S.166-167)]

Der Hörverlust nimmt durchschnittlich um 1 dB pro Jahr zu. [26(S.575-582]

In der Literatur gibt es in Bezug auf diesen neuronalen Schaden Hinweise darauf,

dass zunächst ein Defekt in den hohen Frequenzen um 6000-8000 Hz messbar wird,

der sich zunehmend auf die tieferen Frequenzen ausdehnt. [75 (S.736)] Einige Patienten

behalten zeitlebens eine nur sensorische oder rein konduktive Schwerhörigkeit. [57 (S.280); 72 (S.52-7)]

Viele der Veränderungen der Patienten entsprechen denen einer Otosklerose. Selbst

im MRI sehen sich die Befunde täuschend ähnlich. Die Osteogenesis-bedingten

Untermineralisationen der knöchernen Strukturen des Innenohrs sind jedoch

morphologisch anders als die bei Otosklerose. Es kann zwar zu einer Co-Existenz

beider Erkrankungen kommen, sie sind jedoch nicht gleich zu setzen. Histologisch

auffälliger Unterschied ist z.B., dass bei der OI alle drei Knorpelanteile rund um das

Innenohr betroffen sind: Endost, Enchondrium und Perichondrium. Bei einer

Otosklerose ist nur das Enchondrium verändert. [34 (S.167-8)] Eine Ankylosierung des

Stapes kann bei beiden Erkrankungen vorkommen. Als einen weiteren Unterschied

zur Otosklerose kann man anführen, dass die Symptome bei OI früher beginnen und

eine stärkere Mittelohrbeteiligung aufweisen. Zudem besteht eine höhere Inzidenz

eines sensoneuralen Verlustes. [45 (S.351)]

Als weitere vestibulo-cochleäre Symptomatik kommt bei bis zu 52% der Patienten ein

persistierender Drehschwindel unterschiedlicher Qualität und Länge vor. Dieser wird

in manchen Fällen durch eine begleitende Basiläre Invagination bzw. Impression

hervorgerufen. Meist kommt er aber unabhängig von einer BI vor. [45 (S.355-358)]

Als Ursache für diese akustische und vestibulocochleäre Problematik kommen viele

pathologische Veränderungen im Ohr in Frage:

- Verdünnung und Frakturen der Gehörknöchelchen, meist des Steigbügels, mit

konsekutiver Unterbrechung der schalleitenden Knochenkette. Dies bewirkt

eine Mittelohrschwerhörigkeit.

- Stapesankylosis, eine Fixierung der Steigbügelfußplatte im ovalen Fenster, die

ähnlich einer Otosklerose auch zu Leitungsstörungen führt.

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- Mangelnde Ossifikation des tympanischen Rings, der Gehörknöchelchen, der

Bogengänge und des Innenohrs mit einem Überschuss an Faserknochen sind

verantwortlich für eine Frakturanfälligkeit und deren Folgen.

- Störungen des Exo- und Endolymphflusses durch Frakturen verursachen das

Schwindelgefühl.

- intracochleäre Hämorrhagien

- allgemein: ein Persistieren von Knorpel anstelle von Knochen

- erweiterter innerer Gehörgang [72 (S.54); 34 (S.167); 75 (S.737)]

Typ I der OI ist, trotz seiner geringeren Frakturtendenz, mit einer Gehörsymptomatik

bei 35-78% zusammen mit Typ III am stärksten von den akustischen Problemen

betroffen. Somit besteht eine enge Assoziation von Schwerhörigkeit und dem

Symptom der blauen Skleren. Innerhalb der einzelnen OI-Typen gibt es auch starke

familiäre Schwankungen in der Tendenz zur Gehörsymptomatik. [75 (S.735); 57 (S.281)]

Therapieoptionen reichen von Hörgeraten bis zu operativen Eingriffen, wie

Stapedektomie oder Cochlear-Implantaten, mit denen unterschiedlich gute Erfolge

erzielt werden. Bei einer Cochlear-Implantation ist aufgrund der OI jedoch eine

erhöhte Tendenz zu non-akustischer Nervreizung beschrieben, wodurch der Erfolg

des Eingriffs gemindert werden kann. [51 (S.679)]

Analog zum Phänomen der blauen Skleren werden im Ohr blaue bis rosarote

Trommelfelle geschildert. Dieser Effekt beruht wahrscheinlich auch auf einer

verminderten Dicke des Trommelfells.

OI-Patienten leiden zudem häufiger als andere unter einem Tinnitus. [72 (S.57); 45 (S.354)]

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7.5. Störungen des Metabolismus

Unregelmäßigkeiten im Gesamtstoffwechsel bei Osteogenesis-Kranken und deren

Verwandten werden häufig beobachtet.

Auffälligste Anzeichen für eine metabolische Veränderung sind vermehrtes

Schwitzen mit einem dazugehörigen vergrößerten Flüssigkeitsverbrauch, Durst und

chronischer Verstopfung. Zu Letzterem sind die Patienten aber aufgrund mangelnder

Bewegung stark prädisponiert.

Der Metabolismus ist leicht beschleunigt, der Grundumsatz erhöht. Dies lässt sich

auch an erhöhten Herzkreislauf- und Atmungsparametern erkennen. Zudem besteht

eine milde Hyperthermie, welche bei einer messbaren Erhöhung der

Körpertemperatur um durchschnittlich 1°C die vermehrte Schweißsekretion

zumindest zum Teil erklärt. Die betroffenen Patienten schwitzen trotz des Tragens

leichter Kleidung signifikant mehr als Gesunde gleichen Alters und gleicher Statur.

Beides, die erhöhte Grundtemperatur und Schweißsekretion, sind Anzeichen des

erhöhten oxidativen Metabolismus.

Die erhöhten Herzparameter (Frequenz und Ejektionsfraktion) werden wohl durch

einen abnormal niedrigen Gefäßwiderstand mit konsekutiv starker Hautdurchblutung

verursacht. Das Ziel dieser verstärkten Durchblutung ist eine Abkühlung über die

Haut. Ebenso kann die schnelle oberflächliche Atmung bei OI Patienten ohne

Thoraxdeformitäten als Versuch des Temperaturausgleiches interpretiert werden.

Dabei zeigten die jungen Patienten im untersuchten Kollektiv von Cropp et al. keine

klinischen Zeichen einer chronischen Hyperventilation, CO2-Retention oder

pulmonalen Hypertonie. Diese Zeichen können aber in höherem Alter auftreten. [17

(S.375-390)]

Die für Osteogenesis typische, erhöhte Körperkerntemperatur kann als

Infektionszeichen missverstanden werden. Schlimmere Konsequenzen zeitigt jedoch

der umgekehrte Fall, dass ein infektionsbedingtes Fieber als Anzeichen eines

erhöhten Grundstoffwechsels interpretiert wird. [73 (S.299)]

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Tatsächlich existieren bei den Betroffenen Störungen in der Energieproduktion auf

zellulärer Ebene. So zeugt eine Nukleotidverschiebung in der Zelle zu Gunsten der

Energieabfallprodukte Inosinmonophosphat (IMP) und Hypoxanthin von einem

erhöhten Energieverbrauch. Die Leukozyten Betroffener weisen einen bedeutend

höheren O2-Verbrauch als bei Personen im Vergleichskollektiv auf, auch die

Thrombozytenaggregation ist infolge eines gestörten Glukosestoffwechsels abnorm. [37 (S.651-652); 73 (S.300)]

Im Blut finden sich aber nicht nur vermehrt Purine und anorganisches Phosphat als

Zeichen eines höheren Grundumsatzes. Auch die Konzentration der

Schilddrüsenhormone ist bei ca. 50% der Patienten signifikant erhöht. [17 (S.390); 73

(S.300)]

In dieser Tatsache wird allgemein die Ursache für die Stoffwechselbeschleunigung

gesehen, da das viele Serum-Thyroxin die oxidative Phosphorylierung im

Energiekreislauf stört und somit den Energieverlust mit dadurch bedingter physischer

Unterentwicklung hervorruft. So ließe sich die Tatsache erklären, dass auch

bettlägerige Patienten mit gutem Appetit ihre dünne Figur erhalten. Eine Ursache für

die hohen Thyroxin-Werte wurde bisher nicht gefunden. Jedoch wird eine Beteiligung

der Schilddrüse im Rahmen der OI vermutet. [17 (S.387)]

Noch 1972 vermuteten einzelne Forscher, dass die gesamte Symptomatik der

Osteogenesis, auch die Knochenbrüchigkeit, durch den veränderten Metabolismus

verursacht sein könnte. Gestützt wurde diese These durch die Tatsache, dass zur

gleichen Zeit, zu der die Brüchigkeit der Knochen sich bessert, also zur Pubertät,

sich auch der Stoffwechsel normalisiert. Die Relevanz der Sexualhormone in der

Osteogenesis ist nicht ganz geklärt. So scheinen zumindest die Östrogene einen

protektiven Einfluss zu haben. Dafür spricht das Sistieren der Krankheitsprogression

mit Beginn der Geschlechtsreife und die Reaktivierung der Symptomatik nach der

Menopause. Auch die metabolischen Manifestationen, wie Schwitzen und

Hyperthermie, sollten postpubertär nicht mehr vorkommen. [17 (S.387)]

Die Diagnose Osteogenesis Imperfecta spielt bei einer Anästhesie im Rahmen eines

operativen Eingriffs eine gewisse Relevanz, da diese Patienten zu Maligner

Hyperthermie (MH) neigen. Die Ursache für diese Tendenz liegt wohl in den erhöhten

Konzentrationen an Pyrophosphat und Creatinkinase, die beide möglicherweise für

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eine MH prädisponieren. Aufgrund dieses Risikos sollte in keinem Fall einer der MH-

begünstigenden Stoffe Halothan oder Suxamethonium verwendet werden. Auch

Atropin verstärkt die Tendenz zur Hyperthermie. Prinzipiell sollte nur bei

unumgänglicher Indikation operiert werden. Alle betroffenen Patienten, nicht nur die

mit schon bekannter Neigung zu anästhetischen Komplikationen, sollten verstärkt

während und auch nach der Operation, im Hinblick auf einen etwaigen

Temperaturanstieg beobachtet werden. In wenigen nachgewiesenen Fällen stellte

man erst anhand der MH-Neigung die Diagnose Osteogenesis Imperfecta. [62 (S.1445);

73 (S.299)]

Die Veränderungen im Metabolismus könnten unter anderem einen diagnostischen

Zweck erfüllen: So könnte man nicht-symptomatische Erkrankte durch einen

Stoffwechseltest betreffend Atmungskette, Leukozyten, Energieverbrauch und

Plättchenaggregation identifizieren. [37 (S.652)]

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7.6. Beteiligung des Urogenitaltraktes

Bei sonographischen Untersuchungen von Kindern mit OI wurden im Vergleich zu

gleichaltrigen gesunden Kindern tendenziell kleinere Nieren diagnostiziert. Diese

Tatsache relativiert sich jedoch, sobald man die Nierenlänge in Relation mit dem

Gewicht und der Größe des Patienten setzt und nicht mit dem Alter. Dies ist

verständlich, wenn man in Betracht zieht, dass viele Betroffene einen Kleinwuchs

aufweisen. Die Nieren wachsen dabei proportional zum Skelett und sind somit nicht

als verkleinert anzusehen. [14 (S.337)]

Ein auffälliges Merkmal bei 30 bis 36% der Osteogenesis-kranken Kinder ist eine

normokalzämische Hypercalcurie. Zunächst vermutete man als deren Ursache die

therapeutisch erhöhte Calciumaufnahme. Später standen Medikamente wie

Bisphosphonate im Verdacht. Diese erhöhen in der Tat die Calciumausscheidung.

Jedoch stellte man fest, dass auch bei einer deutlich verminderten Calciumgabe oder

gänzlichen Calciumkarenz die Hypercalcurie nicht vollständig verschwand. Auch ein

Beenden der Bisphosphonattherapie bewirkte keine großen Veränderungen. In der

Regel bleiben die Patienten hypercalciuretisch. Allerdings schwankt die Ausprägung

der Hypercalcurie. So ist die Calciumausscheidung in den ersten immobilen Wochen

nach einer erneuten Fraktur zunächst stärker erhöht und danach wieder rückläufig.

Jedoch gibt es auch Patienten des Typ I, bei denen die Hypercalcurie auch ohne

Phasen von Immobilität und Frakturen stärker auftritt. [14 (S.333-7); 3 (S.283-285)]

Da die Stärke der Hypercalcurie mit der Schwere der Knochenfragilität korreliert, wird

angenommen, dass die Knochenpathologie alleine für dieses Symptom

verantwortlich ist. Der genaue Mechanismus ist nicht geklärt. Vermuten lässt sich

eine verminderte Mineralien-Aufnahme der Knochen als mögliche Ursache. [3 (S.283-5)]

Die Tatsache, dass sich ein Sistieren der therapeutischen Calcium-Gabe nicht

signifikant auswirkt, lässt zu dem Schluss kommen, dass die Hypercalcurie nicht von

einer intestinalen Übersupplementierung oder überhaupt von der intestinalen

Resorption beeinflusst wird. Jedoch mag eine absorptive Komponente zumindest

zum Teil an der Entstehung der Hypercalcurie beteiligt sein, da eine Steigerung oder

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Verminderung der oralen Calciumdosis sich in leichten Schwankungen der Calciurie

in die gleiche Richtung auswirkte. [3 (S.285); 14 (S.337)]

Untersuchungen der Nieren ergaben keine pathologischen Veränderungen, welche

die Hypercalcurie erklären könnten. Die Konzentrationsfähigkeit sowie die Creatinin-

Clearance waren in Relation zur Größe in der Norm. Vereinzelt wird über eine leichte

mikroskopische Hämaturie und eine Proteinurie bei schwer Betroffenen OI-Kranken

berichtet. [14 (S.337); 42 (S.134)]

Bei 7% der Kinder mit OI kommt eine Nephrolithiasis vor, die häufig von einer

Papillencalcinose begleitet wird. Dabei kann es zu rezidivierenden Pyelonephritiden

und Nierenkoliken kommen. Gelegentlich besteht die Indikation zur Extrakorporellen-

Stoßwellenlithotripsie (ESWL). [85 (S.169); 78 (S.365)]

Die Diskrepanz zwischen der relativ hohen Inzidenz für Hypercalcurie und der

deutlich niedrigeren für Nephrolithiasis liegt wohl im gleichzeitig ausgeschiedenen

anorganischen Pyrophosphat. Dieses wirkt als Inhibitor bei der Calciumstein-Bildung. [14 (S.333-338)]

Als weitere seltene Veränderungen an den Nieren werden in der Literatur Zysten

geschildert, die in frühem Kindesalter auftreten, einzeln oder multipel in einer oder

beiden Nieren vorkommen und dem Bild einer Polyzystischen Nierenerkrankung

ähneln können. Eventuell besteht eine Co-Morbidität bei Neumutation. [42 (S.134-135)]

Sekundär durch die schweren Beckenverformungen im Rahmen einiger OI-Typen

kann es auch zum chronischen Nierenversagen infolge einer Obstruktion des

Urogenitaltraktes kommen. [10 (S.489)]

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7.7. Neurologische Auffälligkeiten

Bei jedem Schweregrad und –typ der Osteogenesis Imperfecta können

neurologische Manifestationen auftreten.

Diese sind stark unterschiedlich in ihrer Ausprägung und Progredienz. Das klinische

Bild reicht von leichten Gangunsicherheiten und Parästhesien bis zu Paralysen und

Tonsilleneinklemmung. Ihre Inzidenz ist relativ gering.

In der Embryonalentwicklung können beim Typ II die ersten neurologischen

Fehlentwicklungen entstehen. Unter anderem wird die Neuroblastenmigration in der

Phase der ZNS-Entwicklung gestört. Dies kann entweder durch verändertes Kollagen

I, das sonst wohl eine helfende Funktion in der ZNS-Entwicklung einnimmt, oder aber

durch vaskuläre Veränderungen im Rahmen der Grunderkrankung bedingt sein. Eine

weitere These ist, dass kleinste Hirntraumata in utero eine Narbenbildung im ZNS

bewirken, welche die weitere Entwicklung behindern. Für diese Annahme spricht,

dass in den untersuchten Gehirnen der verstorbenen Säuglinge stets auch

Anzeichen für ein Trauma vorhanden waren, wenn man die kleinen Nester von

Neuroblasten in der weißen Substanz fand, die auf eine gestörte Migration

hinweisen. [21 (S.128-129)]

Der Kopfumfang ist häufig vergrößert. Die Schädelknochen sind dünner und können

dadurch schon bei einem leichten Trauma das Gehirn nicht ausreichend schützen.

So treten bei von Osteogenesis Imperfecta betroffenen Säuglingen häufiger

geburtsinduzierte intrakranielle Blutungen auf als bei gesunden. [33 (S.363-364); 44 (S.136)]

Viele der neurologischen Symptome werden induziert von den häufigen Schädel-

und Wirbelsäulendeformitäten wie Skoliose, Kyphoskoliose oder Basilärer

Invagination.

Die häufigsten neurologischen Symptome werden durch die Basiläre Invagination

bzw. Impression (BI) verursacht. Diese tritt mit einer Gesamt-Inzidenz von 25% bei

Osteogenesis Imperfecta auf, allerdings gibt es unter den einzelnen Typen der OI

große Unterschiede in der Inzidenz und der Wahrscheinlichkeit der

Symptomentwicklung. So sind vom Typ IB bis zu 100% der Patienten betroffen von

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einer BI, entwickeln aber meist keine Symptomatik. Der Typ IVB ist zu 71% betroffen,

und diese Patienten werden zu 50% symptomatisch. Dagegen kommt die BI bei den

Typen IA und IVA fast nicht und bei Typ II gar nicht vor. [41 (S.20); 66 (S.140)]

Die Ausbildung einer BI scheint nicht mit der Schwere der Osteogenesis-Erkrankung

zu korrelieren, sondern ist, laut Sillence, wohl eher eine Konsequenz eines frühen

Aufrechtsitzens bei muskulär-hypotonen Säuglingen. Auch andere Theorien führen

unter Hinweis auf die vermehrten Mikrofrakturen und die Knochenschwäche, eine

Prädisposition zur BI auf die schwächeren Strukturen zurück. [41 (S.20); 33 (S.363); 66 (S.140)]

Eine Basiläre Invagination kann schon lange, bevor sie symptomatisch wird, mit der

modernen Bildgebung diagnostiziert werden. Ihre Symptome können schwerst

lebensbedrohlich, sistierend oder schnell progredient aber genauso auch nur

vorübergehender und unauffälliger Natur sein. Schwangerschaften können bei einer

existenten BI zu einer schnellen Verschlechterung führen. Das Durchschnittsalter, in

dem die Erstdiagnose erfolgt, liegt bei 8 Jahren. Die schwersten Symptome treten

aber im Durchschnitt im Alter zwischen 20 und 49 auf. [33 (S.357-364);41 (S.20); 66 (S.140)]

Bei der BI kommt es zu einer progredienten Einstülpung der Ränder des Foramen

Magnum in die Schädelhöhle. Dies verursacht eine unphysiologische Enge.

Sämtliche benachbarte Strukturen wie Medulla, Zervikalspinalkanal, Hirnstamm,

Pons, Kleinhirn und evt. Mittelhirn können durch diesen Raummangel betroffen sein.

Auch Gefäße, häufig z.B. Zweige der A. basilaris, werden aus ihrem physiologischen

Verlauf gelenkt, schlängeln sich aufgrund der verkleinerten Wegstrecke ihres

Versorgungsgebietes und können somit Ursache für verminderte Durchblutung sein

oder auch andere Strukturen komprimieren. Patienten mit einer BI fallen optisch

durch einen zu kurzen Hals auf. [18 (S.217); 33 (S.359-364); 44 (S.138)]

Eines der wohl konstantesten BI-Symptome, der Bewegungs- oder Hustenabhängige

okzipitale Kopfschmerz, wird unter anderem von einer solchen Basilaris-Variation

bzw. einem Basilaris-„Kinking“ verursacht. Bei einem zusätzlich erhobenen Klivus

kommt es verstärkt zu diesen Flußhindernissen und Kompression der Hirnnerven. [33

(S.359-364); 44 (S.138)]

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Die Symptome einer Basilären Invagination sind mannigfaltig:

- okzipitaler Kopfschmerz, meist bei Bewegung, Husten oder Niesen

- Nystagmus: horizontal, vertikal oder konvergent

- Hirnnerveinklemmungen mit möglichen Symptomen wie: Trigeminusneuralgie,

sensorischen Ausfällen im Trigeminusinervationsgebiet (bei bis zu 50%) und

Facialem oder Hemifacialem Spasmus (oft ausgelöst durch Einklemmung des

Nerven durch die A. Vertebralis)

- Parästhesien, Propriozeptive, sensible und motorische Nervenfunktions-

einschränkungen in den Extremitäten

- Lange Bahnenzeichen, v.a. Pyramidalzeichen, Hyperreflexie, muskulärer

Hypertonus der Beine, Tetraplegie, Harnblasenstörungen etc.

- Papillenödem, Hirndrucksteigerung mit Ventrikulomegalie aufgrund eines

akuten Hydrozephalus

- Schwindelgefühl und Gleichgewichtsstörungen

- Schwäche v.a. in den unteren Extremitäten

- Atemstillstand durch Medullakompression

- Plötzlicher Tod, verursacht durch erhöhten Hirndruck infolge Aquedukt-

verlegung, intrakranielle Blutungen etc.

- Syringomyelie, -bulbie

- Kleinhirnzeichen, leichte Gangunsicherheit bis hin zur Ataxie

- Tonsillenherniation [33 (S.20); 41 (S.363-364); 44 (S.137-138); 54 (S.1332); 66 (S.141)]

Da die sekundäre Form der BI, wie hier bei OI, meist progredient ist, sollte ihre

Diagnose und Therapie früh erfolgen.

Ein operativer Eingriff zur Entlastung der durch die Invagination entstandenen

Kompression der einzelnen Strukturen, meist durchgeführt als eine transorale

Klivektomie mit Entlastung der hinteren Schädelgrube, kann nur bei leichter

Symptomatik und schnellem Eingreifen zur absoluten Symptomfreiheit führen. Je

länger und je schwerer die Symptome bestehen, desto geringer ist die

Wahrscheinlichkeit, dass es nach einem Eingriff zu keinem Residualzustand kommt.

Zudem gibt es Vermutungen, dass bei Patienten, die stark von einer BI betroffen

sind, diese auch trotz der Operation weiter fortschreitet (evtl. dadurch sogar

beschleunigt wird), da die Strukturen durch diesen Eingriff vorübergehend zusätzlich

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geschwächt werden, sodass eine Operation nur einen gewissen Aufschub liefert,

bevor erneut Symptome auftreten. [44 (S.136-138)]

Abb.9: BI vor und nach operativer Dekompression durch transorale Klivektomie mit Laminektomie des

Atlas und anschließender Stabilisierung mit zwei Rippentransplantaten und Drähten.

Gut sichtbar ist, dass die A. vertebralis vor dem operativen Eingriff die Gesichtsnerven komprimiert.

Das Ergebnis ist ein hemifacialer Spasmus. [44 (S.138)]

An weiteren neurologischen Pathologien kommen unter anderem vor:

Ventrikulomegalie, Makrozephalus, Hydrozephalus communicans (dieser vor allem

bei Typ IX), Sulcus-Prominenz, Spastische Paresen, Kortikale Atrophie bis zur

Agyrie, Basiläre Invagination bzw. Impression mit Hirnstamm-, Rückenmarks-, oder

Kleinhirnkompression, zudem Epilepsie, Syringomyelie, Periventrikuläre

Leukomalazie, perivaskuläre Kalzifikationen, Gliose etc. Die Inzidenz der meisten

genannten Symptome ist jedoch verschwindend gering. [21 (S.126-129); 11 (S.2603-2607); 50

(S.416)]

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Eben genannte Krampfanfälle, Ataxien, Hemiplegien und spastische Paresen, die als

neurologische Symptome imponieren, können auf einer vaskulären Komplikation der

OI basieren und benötigen weitergehende Diagnostik. [36 (S.73-74); 54 (S.1332); 30 (S.141); 64

(S.270)]

Generell gilt, dass aufgrund eventueller Basilärer Invagination und allgemeiner

Instabilität im Atlantookzipitalgelenk beim Intubieren einer Person mit Osteogenesis

Imperfecta stets darauf geachtet werden muss, dass der Nacken nicht überstreckt

wird. [50 (S.416)]

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7.8. Kardiovaskuläre Manifestationen

Unbestreitbar existiert eine vaskuläre Problematik im Zusammenhang mit der

Osteogenesis Imperfecta.

Bei bis zu 75% der Patienten existiert eine merklich erhöhte Tendenz zur Bildung von

blauen Flecken und Blutungen auch ohne adäquates Trauma. [18 (S.218)]

Die erhöhten Vorkommnisse von Hämorrhagien und Hämatomen haben zwei

Ursachen: Die erste ist die allgemein erhöhte Brüchigkeit und Instabilität der

Gefäßwände. Das wenige und fehlerhafte Kollagen I vermindert auch hier die

Elastizität, Kontraktilität und Festigkeit des Gewebes. [54 (S.1332); 18 (S.217-218)]

Bei ca. 35% der Patienten kommt es daher zu einer verstärkten Brüchigkeit der

Kapillaren und Arterien. [18 (S.218)] Die Gefäße, am häufigsten die Aorta aber auch

Cerebralarterien, Carotis, Vertebralis oder periphere Arterien, dilatieren. Es können

sich Aneurysmen, Dissektionen oder Fisteln bilden, die brüchig werden und

rupturieren. Im Falle einer Vertebral- oder Cerebralarterie kann dies zu

Subarachnoidalblutungen, chronischen Subduralhämatomen und zum Schlaganfall

führen. Auffallend ist eine Assoziation von Typ I der OI, also der milden Form, und

cerebro-vaskulären Symptomen. Diese treten anscheinend gehäuft bei Patienten im

Alter zwischen 36-47 Jahren ohne vaskuläre Risikofaktoren auf. Eine cerebrale

Hämorrhagie, verursacht durch die OI, kann sogar schon im Säuglingsalter auftreten

und sich dann als epiletischer Anfall äußern. [36 (S.73-74); 54 (S.1332); 30 (S.141); 64 (S.270)]

Diese Strukturschwäche findet sich auch am Herzen, vor allem an den Herzklappen

wieder. Die Inzidenz der kardialen Symptome scheint gering zu sein, doch ist, ähnlich

wie beim Marfan-Syndrom, davon auszugehen, dass die in der Literatur

beschriebenen Fälle in direktem Zusammenhang mit der Grunderkrankung stehen.

Betroffen sind vornehmlich die Klappen des linken Herzens. So wird von

Aortenstenosen, -insuffizienz, Mitralstenosen, -insuffizienz oder –prolaps in

Zusammenhang mit OI berichtet. Dabei überwiegen zahlenmäßig die Insuffizienzen. [50 (S.419)]

Die erworbene Aorteninsuffizienz ist mit einer Inzidenz von 1,8% die häufigste

kardiale Komplikation einer OI. [5 (S.555); 86 (S.1440)] Aber auch angeborene Herzfehler

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- 53 -

wie z.B. Vorhofseptum-, Ventrikelseptumdefekte oder Fallot Tetralogie werden

beschrieben. [78 (S.365); 79 (S.37)] Die Chordae tendineae sind oft verlängert, ausgeleiert,

und neigen zur Ruptur. [86 (S.1440)] Die Klappenringe dilatieren, sind dünner als normal,

im Durchmesser vermindert und es scheint zu myxomatösen Degenerationen der

Klappen zu kommen. [2 (S.1396); 53 (S.1398); 86 (S.1440)] Infolge einer starken Brustwand-

Verformungen oder Kyphoskoliose ist auch die Entwicklung einer pulmonalen

Hypertonie mit ihren kardialen Konsequenzen möglich. Davon sind vornehmlich

Patienten des Typ III betroffen. [59 (S.3)]

Untersuchungen am Tiermodel zeigten, dass sowohl der Durchmesser des Myokards

als auch seine Menge an Kollagen stark vermindert sind. Dies scheint zwar eine

Kompensation durch eine leicht vermehrte Verdrillung bzw. Kreuzung der

vorhandenen Kollagenfasern hervorzurufen. Allerdings bleibt dies in der Regel ohne

großen Effekt: In der Literatur werden mindestens zwei Fälle geschildert, bei denen

es im Verlauf einer OI zu einer Ventrikel-, bzw. Vorhofruptur kam. [82 (S.667); 63 (S.189)]

Die zweite Ursache für die erhöhte Blutungsbereitschaft bei OI ist eine gestörte

Blutgerinnung: Aufgrund des fehlerhaft produzierten Kollagens ist die

kollageninduzierte Plättchenaggregation bei Gewebsdefekten, wie z.B. kleinen

Rissen in der Arterienwand, insuffizient. Verletzte Gefäße sind nicht in der Lage,

adäquat zu kontrahieren. So kommt es nach einem Trauma oder einem operativen

Eingriff vermehrt zu Sickerblutungen und verlangsamter Wundheilung. [18 (S.218); 30

(S.141)]

Doch auch die intrinsische Gerinnungskaskade weist Fehler auf: 17% der OI-

Patienten haben einen Faktor VIII-Mangel, genauso viele eine

Thrombozytenspeicherstörung. Dies prädisponiert zu Blutungen, vor allem

postoperativ. [18 (S.218); 52 (S.95-6); 30 (S.141)]

So sollten bei OI-Patienten vor einer Operation stets zusätzliche

Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden. Die Blutungskomplikationen, die in der

Literatur geschildert werden, sind vielfältig und beinhalten auch außergewöhnlichere

Bilder wie periorbitale Petechien, chronische Epistaxis, disseminierte intravasale

Gerinnung oder plötzliche Thrombozytopenien und können einen letalen Ausgang

nehmen. [18 (S.218); 52 (S.95-96)]

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- 54 -

Diese hämorrhagische Diathese stellt ein oft zu beachtendes Problem dar, da OI

Patienten im Laufe ihres Lebens sich mehrfachen Operationen unterziehen müssen,

häufig um die Lebensqualität erhalten zu können. So erhöht diese Disposition die

Mortalität z.B. bei einer etwaigen Herzoperation bei OI auf bis zu 30%. [40 (S.1172)]

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- 55 -

7.9. Dentinogenesis Imperfecta

Die Dentinogenesis Imperfecta stellt eigentlich eine eigenständige Erkrankung dar.

Es gibt mindestens zwei Formen: Typ 1 als Manifestation der Osteogenesis

Imperfecta, Typ 2 ohne Zeichen einer OI. Letztere wird Dentinogenesis Imperfecta

generalisata hereditaria genannt.

In ihrer Klinik ähneln sich diese Formen sehr. Ihre Vererbbarkeit ist stark

unterschiedlich. DI Form II wird fast ausschließlich autosomal-dominant vererbt mit

einem Vorkommen von 1:8000. Es gibt jedoch Vermutungen, dass

Querverbindungen zwischen beiden Formen bestehen. [83 (S.13-6); 20 (S.7); 49 (S.65)]

Die Inzidenz der DI bei OI ist unterschiedlich unter den einzelnen Typen. So sind

50%-60% der Patienten mit Typ I oder IV und mehr als 80% bei Typ III betroffen.

Dies liegt in Einklang mit der Erkenntnis, dass die DI am häufigsten bei schwerer

Knochenbeteiligung auftritt. [58 (S.305-308); 79 (S.38)]

Das Vorkommen einer DI ermöglicht eine weitere Unterteilung der OI-Formen in A

(ohne DI) und B (mit DI). Dabei sollte darauf geachtet werden, dass diese Einteilung

nicht nur nach den äußeren Gebißerscheinungen wie Verfärbung der Zähne,

vorzeitige Abrasion und Splitterung, Zahnfehlstellung, und ähnlichen erfolgt. Etwaige

Fehlbildungen, die nur radiologisch erfassbar sind, wie z.B. Zysten unterhalb der

Zahnwurzeln oder Zahnagenesie, sprechen auch für eine DI. [58 (S.305-308); 20 (S.5); 83

(S.13); 80 (S.256-264); 49 (S.65-70)]

Die Zahnverfärbungen kommen beim OI Typ I mit einer Inzidenz von 90% in den

Milchzähnen häufiger vor als bei den bleibenden Zähnen, die zu 61,5% betroffen

sind. Die Farbe der Zähne kann sich im Laufe des Lebens verändern. [58 (S.305-308); 20

(S.5); 83 (S.13)]

Eine kurze Zusammenfassung der häufigsten Symptome der DI:

- gelbe, blau-braune oder gräuliche Verfärbungen der Milch- und / oder

bleibenden Zähne

- vorzeitige Abrasionen der Zahnkronen

- Absplitterung des Zahnschmelzes

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- schwere Zahnfehlstellungen, mit konsekutiver Malokklusion, z.B. Kreuzbiß

- Pulpaokklusion, Pulpasteine

- Zahnagenesie

- enge Wurzelkanäle, dünne Wurzeln mit konsekutiver Durchblutungsstörung

- Parodontose

- Gingivitis

- erhöhte Kariesneigung

- Form- und Größenabweichungen der Zähne

- Knochenzysten unterhalb der Wurzelspitzen

- verminderte Zahnsensibilität [20 (S.5-6); 72 (S.50); 83 (S.15); 48 (921-932); 80 (S.256); 49 (S.65)]

Zugrunde liegt vermutlich eine mangelnde Differenzierungsfähigkeit des

mesenchymalen Gewebes, welches für die Zahnbildung zuständig ist. Es kommt zu

einer reduzierten Mineralisation der Zähne. Betroffen sind daher vornehmlich Dentin

und Pulpa. Im Rahmen der DI bildet sich übermäßiges und defektes Dentin. Dies

führt zu Wurzel- oder Pulparaumokklusionen und dadurch verursachter mangelnder

Durchblutung. Die Folge sind Absplitterungen des mangelhaft versorgten

Zahngewebes. [20 (S.5-6)]; 80 (S.256)]

Wichtig ist eine prophylaktische oder Zahn-unterstützende Therapie mit Fluoriden.

Bei einer OI-gefährdeten Schwangerschaft sollte die Dentinbildung des Kindes noch

im Uterus durch erhöhte Kalzium-, Vitamin A- und C–Aufnahme der Mutter

unterstützt werden. [20 (S.9)]

Abb.10: Dentinogenesis mit opaleszenten, brüchigen und malokklusiven Zähnen. Dia-Archiv Prof. B.

F. Pontz, Kinderklinik der TU-München

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Abb.11: Dentinogenesis Imperfecta mit starken Verfärbungen und Malokklusion. Dia-Archiv Prof. B. F.

Pontz, Kinderklinik der TU-München

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7.10.Gastrointestinale Probleme

Viele Patienten leiden unter chronischer Verstopfung. Eine genaue Inzidenz, die für

alle Typen gilt, ist nicht erhebbar. Beim Typ III, der Form mit der schwersten mit dem

Leben vereinbaren Knochensymptomatik, gibt es genaue Daten. Dort haben 28% der

Patienten häufige abdominelle Schmerzepisoden. Von dieser Gruppe wiederum

leiden 92% unter chronischer Verstopfung, die bis zur Koprostase geht.

Seltenere Kolonbefunde sind ein Megakolon oder eine komplette mechanische

Unterbrechung der Darmkontinuität. [46 (S.1355)]

Es gibt mehrere Ansätze, die abdominelle Symptomatik zu erklären.

So können zum einen die häufig vorhandene leichte Hyperthermie und der dadurch

bedingte erhöhte Flüssigkeitsverlust das Entstehen einer Obstipation begünstigen. [1 (S.85); 35 (S.1785); 73 (S.299)]

Auffallend oft waren in einer Studie mit Patienten des Typ III die

Abdominalschmerzen und Verstopfung vergesellschaftet mit einer starken

Beckenverformung, z.B. einer Acetabulum-Protusion. Diese Tatsache stützt die

Hypothese, dass ein großer Anteil der intestinalen Symptomatik durch mechanische

Kompression im Rahmen von Knochenverformungen auftritt. [46 (S.1355-1356)]

Weitere Komponenten, die an der Entstehung der Bauchschmerzen und chronischen

Obstipation teilhaben, sind die Immobilität der zum Teil an den Rollstuhl gebundenen

Patienten und eine reflektorische Darmatonie bei starken Schmerzen in Folge von

Frakturen.

Eine gewisse Prophylaxe mit einer faserreichen Diät, erhöhter Flüssigkeitszufuhr,

Laxantien und gelegentlichen Einläufen kann sehr hilfreich sein. [46 (S.1355)]

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7.11. Respiratorische Komplikationen

Die Lunge wird bei Osteogenesis Imperfecta häufig in Mitleidenschaft gezogen.

Die meisten dieser Komplikationen sind jedoch keine primären extraskeletalen

Symptome, die durch die veränderte Kollagenstruktur entstehen, sondern sie sind

sekundäre Folgen starker Thoraxverformungen, wie z.B. einer starken Kyphoskoliose

oder einem Zustand nach multiplen Rippenfrakturen.

In Folge dieser schweren Brustwandveränderungen kommt es zu restriktiven

Lungenerkrankungen mit einer verminderten Vitalkapazität. Durch die dadurch

entstandene Beeinträchtigung der Ventilation und einer eventuellen OI-bedingten

Immobilität ist das Infektionsrisiko des Respirationstraktes erhöht. [1 (S.84); 84 (S.1676-1677)]

Die eigentlich einzige primär von dem der OI zugrunde liegenden Kollagendefekt

verursachte Lungenveränderung, eine pulmonale Hypoplasie, konnte bisher nur in

der Obduktion von Säuglingen des Typ II festgestellt werden. [65 (165-171)]

Die meisten der in den ersten beiden Lebenswochen versterbenden Neugeborenen

erliegen einer respiratorischen Insuffizienz aufgrund einer Brustkorbinstabilität. [55 (S.617); 65 (S.170); 74 (S.440)]

Bei Kindern, die im weiteren Verlauf der Kindheit sterben, ist die tödliche

Respiratorische Insuffizienz jedoch meist durch Infektionen verursacht. Dies betrifft

hauptsächlich Patienten der stark deformierenden Typen II und III. [1 (S.84); 71 (S.220); 79

(S.37)]

Auch im Erwachsenenalter bleibt das Risiko eines vorzeitigen Todes durch eine

pulmonale Erkrankung mit 81,6% bei Typ III und 39% bei Typ I oder IV erhöht.

Wieder sind es die Folgen der Thoraxverformungen und Kyphoskoliose: chronisch

eingeschränkte Vitalkapazität bei limitierter Atemexkursion, Schwäche der

Atemhilfsmukulatur und pulmonaler Kollagenschwäche, die zu pulmonaler

Hypertonie, einem Cor pulmonale oder Pneumonien führen. Dabei korreliert der Grad

der Skoliose mit der Verminderung der Vitalkapazität. [59 (S.3); 79 (S.37)]

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8. Diskussion:

Die Osteogenesis Imperfecta ist eine Systemerkrankung, die Jahrhunderte lang nur

als Knochenerkrankung angesehen wurde. Um die Gesamtheit der Erkrankung zu

erfassen ist eine Kenntnis der Vielfalt der extraskeletalen Manifestationen

unerlässlich. Denn die Vielzahl und Mannigfaltigkeit der extraskeletalen Symptome

und die Beteiligungen fast aller Strukturen und Organe weisen auf die starke

systemische Komponente und die variable Ausprägung der Osteogenesis Imperfecta

hin.

Heutzutage gewinnen die extraskeletalen Symptome zunehmend an Bedeutung.

Dies ist darin begründet, dass die Patienten sich dank stetig weiterentwickelter

Therapiemöglichkeiten der Knochenfrakturen einer höheren Lebenserwartung

erfreuen.

Doch mit steigendem Alter wird die Wahrscheinlichkeit systemischer Komplikationen

größer, da viele dieser Symptome Zeichen eines durch die Bindegewebsschwäche

verursachten vorzeitigen Alterungsprozesses sind.

Daher spielen diese Manifestationen heutzutage eine bedeutendere Rolle als früher,

da sie nun, bei vermindertem Leidensdruck durch die skeletalen Symptome, stärker

in den Vordergrund rücken und gelegentlich sogar zu den subjektiv oder objektiv

größeren Beeinträchtigungen der Patienten führen können.

Die Kenntnis extraskeletaler Symptome bei Osteogenesis Imperfecta kann vor allem

in Hinsicht auf die wichtigste Differentialdiagnose der OI, der Kindesmisshandlung,

von Bedeutung für die Diagnosesicherung sein. Augenscheinlich blaue Skleren oder

der Nachweis einer DI können dabei schnell unangenehme Verdachtsmomente aus

dem Weg räumen. Zudem kann durch systemische Manifestationen die Einordnung

zu einzelnen Typen der OI erleichtert werden.

Diese Arbeit soll bei der Langzeitbetreuung Osteogenesis-Kranker als Orientierung

dienen. Sie soll die Tatsache unterstreichen, dass es wichtig ist, von Anfang an die

Patienten in regelmäßigen Abständen verschiedenen Fachärzten vorzustellen, um

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extraskeletale Manifestationen frühzeitig zu diagnostizieren und möglichen

Spätfolgen vorzubeugen.

Beruhend auf dieser Zusammenfassung der extraskeletalen Symptome folgt nun, in

zwei unterschiedlichen Darstellungsweisen, ein Vorschlag eines

Behandlungsprotokolls für den Typ I, welches dem systemischen Charakter der OI

Rechnung trägt.

Ausgehend von einer Betreuung durch einen zuständigen Spezialisten bzw.

Koordinator, ist darin übersichtlich zu erkennen, welchen Fachärzten in welchem

Alter die Patienten vorgestellt werden sollten. Miteinbezogen sind eventuelle

Ergebnisse dieser Untersuchungen und deren Konsequenzen.

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8.1.1. Untersuchungsprotokoll Tab. 2+3 als Zeitstrahl-Diagramm

Typ I Regelmäßige Kontrolltermine beim Stoffwechsel-Spezialisten

ergänzend dazu sollten erfolgen:

Zahnärztliche Untersuchung:

- sofort nach Dentition - Röntgen des ersten

Gebisses (Begut-achtung bzgl. Pulpa, Wurzel, Agenesie)

- Einteilung in Typ A oder B abhängig von Existenz der Dentinogenesis Imperfecta

Hals-Nasen-Ohrenärztliche Untersuchung:

- Frühdiagnostik: BERA und OAE kombiniert im Säuglingsalter

- weitere Hörtests im Kindesalter alle 2 Jahre, im Erwachsenenalter alle 4 Jahre

Neurologische Untersuchung:

- ab dem Kleinkindesalter

- klinisches und radiologisches Screening auf Basiläre Invagination alle 2 Jahre

- Prävention (nicht zu früh das Sitzen oder Stehen fördern)

Ophthalmologische Untersuchung: - Erste Untersuchung

im Säuglingsalter auf Visus

- Kontrollen im Kindesalter alle 2 Jahre

DI: - Typ B - intensive Fluoridier-ung - halb-jährliche Kontrollen

ØDI: - Typ A - halb-jährliche Kontrollen

Hör-minderung: - früher Einsatz von Hörhilfen - jährliche Kontrollen

Normale Hörfunktion - Weiter-führen der Kontrollen alle 4 Jahre

BI: -halbjährl. Kontrollen - operative Inter-vention bei neurolog. Symptom

ØBI: - weitere Kontrollen alle 5 Jahre mittels MRT

Augen-beteiligung: - jährliche Visus-Kontrollen

Normaler Befund: Kontrollen alle 3 Jahre

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Typ I Regelmäßig Kontrolltermine beim Stoffwechsel-Spezialisten

ergänzend dazu sollten erfolgen:

Abdomen-Sonographie: - jährliche Untersuchung zur

Frühdiagnostik bei Nierenkonkrementen/ Nephrocalcinose und Gefäßveränderungen im Abdomen (Messung des Aortendurchmesser auf Höhe Tr. coeliacus)

Echokardiologische Screening: - Erstuntersuchung im

Neugeborenenalter - weiteres Screening alle 2

Jahre

Pulmologische Tests: - große Lungenfunktions-

diagnostik alle 2 Jahre ab frühest möglichem Alter

- bei einer begleitenden Kyphoskoliose Rö-Thorax alle 2 Jahre

Gefäßver-änderung: β-Blocker. Bei Nieren-steinen: viel Flüssigkeit

Weiter-führen der jährlichen Kontrollen

Vitium: Inter-vention, Prävention eines Cor pulmonale

o.B.: Weiter-führen des Screenings alle 2 Jahre

Ein-schränk-ung der Lungen-Funktion: - Physio-therapie

Normale Funktion: Weiter-führen der Kontrollen

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8.1.2: Untersuchungsprotokoll Tab.4 nach Alter

vollendetes Lebensjahr

0-1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18

Zahnarzt

A X B X

XX XX

XX XX

XX XX

XX XX

XX XX

XX XX

XX XX

XX XX

XX XX

XX XX

XX XX

XX XX

XX XX

XX XX

XX XX

XX XX

XX XX

HNO

+HM X -HM

x

x x

x x x

x

x x

x x x

x x x

x x x

x x x

x x x

Neurologe

+BI -BI

x

x

x

xx x

xx xx x

xx xx x

xx xx

xx xx xx x

xx

Augenarzt

+AS X -AS

x

x x

x x x

x

x x

x x x

x x x

x x x

x x x

x x

x x

Sono

+P X -P

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

Echo

X

X

X

X

X

X

X

X

X

Pulmologe

X

X

X

X

X

X

X

X

A: ohne DI, B: mit DI, +: mit, -: ohne, HM: Hörminderung, BI: basiläre Invagination, AS: Augensymptomatik, P: Pathologischer Befund

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9. Zusammenfassung:

Osteogenesis Imperfecta ist eine seltene Erkrankung des Bindegewebes, deren

auffälligstes Merkmal vermehrte Knochenbrüche sind. Daher wird sie im Volksmund

„Glasknochenkrankheit“ genannt.

Es existieren mehrere in ihrer Ausprägung unterschiedliche Typen, die entweder

autosomal-dominant, autosomal-rezessiv oder durch Keimzellmosaik vererbt werden.

Zusätzlich kommt es zu Erkrankungen durch Neumutationen.

Ursache eines Großteils der Typen (I, II, III, IV) sind Mutationen in Kollagen-I-

kodierenden Genen. Das entstehende Kollagen ist von minderer Qualität. Da

Kollagen I eines der häufigsten Proteine im menschlichen Körper ist, zieht die der OI

zugrunde liegende Mutation systemische Konsequenzen mit sich. Diese werden

extraskeletale Symptome genannt.

Die Organe, die am häufigsten Manifestationen der OI aufweisen, sind Augen und

Ohren. Typisch sind blaue Verfärbungen der Skleren und eine früh einsetzende

Schwerhörigkeit. In geringerer Inzidenz kommen auch Symptome wie Myopie, Arcus

juvenilis oder Linsen-Luxationen am Auge, bzw. Ankylosierungen der

Gehörknöchelchen oder cochleäre Symptomatik am Ohr vor.

Die Zähne sind oft im Rahmen einer so genannten Dentinogenesis Imperfecta

mitbeteiligt. Sie nutzen sich schnell ab, splittern, neigen zu Karies und sind meist

etwas verfärbt.

Weitere Zeichen der verminderten Bindegewebsfestigkeit zeigen sich im gesamten

Körper: durch die schwachen Bandstrukturen kann z.B. eine Basiläre Invagination

mit ihren neurologischen Konsequenzen entstehen. Die Haut ist in ihrer Elastizität

und mechanischen Belastbarkeit eingeschränkt.

Sämtliche Blutgefäße weisen eine erhöhte Fragilität auf. Dies kann zu einer

verstärkten Blutungstendenz, Aneurysmen, Dissektionen, cerebralen Hämorrhagien

oder Apoplexie und weiteren Komplikationen führen. In Anbetracht der Tatsache,

dass diese Symptome auch schon im Säuglingsalter beschrieben sind, sollte bei

einem bisher gesunden Kind mit bekannter positiver Familienanamnese für OI auch

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bei einem unkomplizierten Fieberkrampf eine schnelle und eingehende

Untersuchung hinsichtlich cerebro-vaskulärer Veränderungen und einer zugrunde

liegenden OI-Erkrankung durchgeführt werden.

Herzklappen neigen zur Insuffizienz, Chordae tendineae können reißen. Gelenke

sind instabiler und luxieren oft.

Kollagen sorgt aber nicht alleine für die Festigkeit der Gewebsstrukturen, sondern

nimmt noch weitere Aufgaben im Körper wahr. So kann sich ein Synthesefehler des

Kollagens bei OI unter anderem auch auf die neuronale Migration und die Bildung

der Lungen im embryonalen Alter auswirken. Des Weiteren nimmt es Einfluß auf die

Atmungskette, Leukozytenfunktionen, den Energieverbrauch und die

Plättchenaggregation.

An einer Gentherapie zur Behandlung der OI wird aktuell geforscht. Diese könnte im

Gegensatz zu allen bisherigen Therapieoptionen mit Knochenabbauhemmern und

operativen Methoden nicht nur die Skelettsymptomatik beeinflussen sondern auch

die extraskeletalen Symptome.

Diese Arbeit gibt einen Überblick über die bisher oft wenig beachteten

extraskeletalen Symptome der OI. Dieser ist bei einer Krankheit solch eines

systemischen Charakters wichtig, um eine adäquate interdisziplinäre Behandlung der

Patienten zu garantieren. Als weitere Hilfe kann ein Untersuchungsprotokoll dienen,

wie es in dieser Arbeit vorgestellt wird. So haben der behandelnde Arzt, der

betroffene Patient bzw. seine Eltern einen Leitfaden, an welchen sie sich halten

können und der helfen kann, weitere Komplikationen zur verhindern.

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