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3I. OKTOBER I936 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 15. JAHRGANG. Nr. 44 1599 gegenfiber labilen Seris eille Steigerung erfahren kann. Denn auch bei den AntikSrperreaktionen ist nur der prim~re Vor- gang der Antigen-AntikSrperverbindung spezifisch. SekundXr liegen kolloidale Reaktionsmechanismen vor, ftir die nicht die eigentliche Antigenfunktion, sondern ihre kolloidalen Tr~ger maBgebend silld. Die Praxis der Serodiagnostik wird daher wesentlich yon dem Bestreben geleitet, die kolloidale Reak- tionsf~Lhigkeit llach M6glichkeit abzuschw~chen, sie aber dabei noch in jenen Grenzen zu erhalten, die fiir die Manifestation der Antik6rperwirkung notwendig sind. DaB bei maximaler Empfindlichkeit Grenzf~lle vorkommen .kSnnen, ill dellen mit besonders labilen Seris eine Kolloidreaktion eintri• und derart eine AntikSrperreaktion vorget~uscht wird, ist schon erw~hnt worden. Von GY~RFFY und LISS~_K werden schlieBlich als Beweis gegen die Antik6rpernatur der serologischen Luesreaktionen lloch die yon IX~INNI und MOLINARI sowie yon SILBER und FRIESE erhobenen Befunde angeffihrt, nach denen man die Organextrakte bei der Wassermallnschen Reaktion dutch Phenol-Alkohol oder dutch Paraf]inemulsionen ersetzen kann. Demgegenfiber muB hervorgehobell werden, dab die Allgaben von NINNI und MOLINARI 4 fiber den Ersatz der Organextrakte durch Phenol-Alkohol eine Aufkl~rung dutch die Untersuchun- gen voll S~c~s und SOLL~ZZO ~ erfahrell haben. Es hat sich er- geben, dab Phenol-Alkohol Lipoidantigene in unterschwelligen Dosell oder in unterschwelligem Dispersit~tszustand zu akti- vieren vermag. ! n Wassermann~positiven Seris werden daher durch Phenol-Alkohol die Eigenlipoide des Serums gr6ber dis- pers bzw. aus ihrer Maskierung durch die EiweiBstoffe befreit und derart reaktionsf~hig. Es handelt sich also in Wirklich- keit nicht um einen Ersatz des Extraktes dutch Phenol- Alkohol, vielmehr um eine Alctivierung der Serumlipoide, die dann mit den AntikSrpern des eigenen Serums reagieren, ohlle dab dabei die Phellol-Alkoholreaktioll bisher geeignet sein dfirfte, den Extrakt beim serologischen Luesnachweis in prak- fischer Hinsicht zu ersetzen. Ob es sich bei dem yon SILBER und FnlESE~ angegebenen Ersatz der Extrakte durch Paraffin- emulsionen um den gleichen Mechanismus handelt, mag dahin- gestellt bleiben. Eigene Erfahrullgen~ schienen in diesem Sinne zu sprechen. So wird man also auch in diesen an und fiir sich interessantell Befunden einen Gegensatz zu tier Anti- kSrpertheorie der syphilitischen Blutver~nderung nieht er- blicken dfirfen. Was elldlich die vielf~ltigen negativen Versuche anlangt, beim Menschen durch Vorbehandlung mit Gemischen yon Organ- extralct und artfremdem Serum positive Wassermannsche Beak- tion zu erzielen, so sei erneut darauf hingewiesen, dab die Be- dingungen methodo]ogisch meist andersartig liegen wie im Kaninchellversuch. Der Ullterschied ist, abgesehell yon der besonderen Eignung des Kaninchens zur Antik6rperbildung, im allgemeinen bereits darin gelegen, dab beim Mellsehen die f fir das Kaninchen erforderliche oft wiederholte intravenSse Einverleibung von Extrakt-Serum-Gemischen aus begreif- lichen Grfinden nicht gangbar ist. Immerhill liegell gerade aus neuester Zeit Berichte von GRONEBERG s vor, nach denen es gelungen sein soll, durch intraven6se Kombinationsimmuni- sierung mit Pallidaantigen und Organextrakt der Wasser- mannschen Reaktion entsprechende Blutver~nderungen zu erzeugen. Aber auch ohne derart best~tigende Befunde dtirfte das negative Ergebnis kaum geeignet sein, an der AntikSrper- natur der syphilitischen Blutver~nderung Zweifel aufkommen zu lassen. Denll sicherlich enthalten die zum serologischen Luesllachweis dienenden Organextrakte im Tierversuch nach- weisbare Haptene, die unter den Bedingungen der Kombina- tionsimmunisierung zu Vollantigenen werden. Damit ist die Haptennatur der Organextrakte bewiesen, undes steht nichts im Wege, dementsprechend die bei Syphilis im Serum auftretenden Ver~nderungen als Folge einer Anti- kSrperbildung anzusprechen. DaB dieser Betrachtungsweise bisher beweiskrMtige Grtinde nicht entgegenstehen, diirften die vorstehenden Ausffihrungen gezeigt haben. Ihr Zweck war zugleich darzutun, daft grunds~itzlich zweierlei Realctions- m6glichkeiten des Serums bestehen, die sich einerseits aus der Antik6rperwir~ung, andererseits aus der kolloidalen Reaktions- ]~ihiglceit ergeben. Sie theoretisch und praktisch auseinander- zuhalten, ist nicht nur ffir die wissenschaffliche Durchdringung der Erseheinungen, sondern auch ffir die diagnostische Be- urteilung der Ergebnisse yon groBer Bedeutung. Literatur: 1 j. GYSRFFY U. K. LlSSAK, Klin. Wschr. z935~ lO28. -- 2 C. LANGE, Med. Kolloidtehre, S. 391. Dresden u. Leipzig 1935. -- ~ E. WITEBSKY, Z. Immun.forsch. 80, 323 (1933). -- 4 C. NINNI u. G. MOLINA~I, Zbl. Bakt. IO4, 5o2 (1927) ; vgl. Patho- logica I927128. -- s H. SAclis u. G. SOLLAZZO, Zbl. Bakter. II2, 325 (1929). -- ~ L. SILBER U. W. FRIESX, Z. Immun.forsch. 42, 425. (1925). -- ~ H. SACHS, Zbl. Hautkrkh. 33, 428 (1929). -- S'TH- G~O~EBER~, Med. Welt I935, 1799. EXPERIMENTELLE STUDIEN ZUR FRAGE DER PERIPHEREN GEF~SSREGULATION. III. Mitteilung*. ZUR FRAGE DER HUMORALEN GEGENREGULATION. Von H. HOFF und E. PICHLER. Aus der Psychiatrisch-Neurologlschen t~linik der Wiener Universitat (Vorstand: Prof. Dr. O'UFO P(~TZL). Wir haben in experimentellen Untersuchungen (siehe II. Mitteilung) den Nachweis erbringen k6nnen, dab bei elektrischer Reizung tier Aorta abdominalis eine betr~cht- liche Vermehrung des Acetylcholingehalts der Medulla oblongata erfolgt. Wit konnten auch den Weg, den diese Erregung nimmt, feststellen, und zwar ge]angt sie dutch periarterielle Nerven entlang der Aorta -- Carotis communis -- Carotis interna -- Circul. art. Willisi -- Arteria basilaris zur Medulla. Wit interessierten uns zun~chst ffir die Frage, yon welchen Arterien aus diese Acetylcholinvermehrung im ttirn- stamm noch zu erzielen war. AuBer den eben angefiihrten Gef~Ben hatte eine Ligatur der Coronararterien den gleichen Erfolg, w~hrend der Versuch ullter sollst gleichen Bedingun- gen, also kiinstliche Atmullg mit ~berdruek and Er6ffnung des Perikards, abet ohne Ligatur der Herzkranzgef~Be den Ac.Ch.-Gehalt der Medulla unbeeillfluBt lieB. I~ein Erfolg stellte sich abet nach Reizung der Artt. femorales und brachia- les ein, und zwar weder im Hirnstamm noch im Liquor. Es scheinen also nur die Get,Be der groBen KSrperhShlen diese F~higkeit der zentralell Ac.Ch.-Bildung zu haben. Diese Tatsaehe ist nicht ohne anatomische Grundlage. W~hrend n~mlich die Eingeweide auch afferellte vegetative Fasern aufweisen, wird der Standpunkt vertreten 1, dab die Extremi- t~tengef~Be lediglich efferente Fasern aufweisen, und zwar gelangen sie yon den benachbarten Nerven zu den Gef~Ben. Von den Arteriell der Extremit~ten ist also deswegen kein Reizerfolg zu erwarten, well afferente Gef~Bnerven fehlen. Es war nun von Interesse, zu untersuchen, was mit dem in der Medulla in relativ groBer Menge vorhandenen Ac.Ch. weiterhill geschieht, and so versuchten wir zun~chst, es im Liquor der Cysterna cerebellomedullaris nachzuweisen. Wir gingen dabei folgendermaBen vor: Kaninchen wurden mit Pernocton-~ther narkotisiert und im Nacken rasiert; die Aorta wurde, wie dies in der II. Mitteilung be- schrieben ist, durch 3 Minuten mit faradischem Strom gereizt; hier- auf wurde Zisternenliquor mittels einer gewShnlichen Injektions- nadel und Pravazschen Spritze entnommen, wobei die Reizung bis zu Beendigung der Punktion, die h6chstens 1[2 Minute in An- spruch nahm, fortgesetzt wurde. In der Spritze befand sich bereits o,i ccm einer L6sung yon Physosfigmin. salicyl. I :5oooo. An Liquor wurde o,5--i ccm gewonnen. Er war ausnahmsweise sangui- nolent, was aber nach unserer Erfahrung beim Ausfall des Versuches in keiner Weise yon Belang war. Der Inhalt der Spritze wurde entweder im ganzen oder nach vorheriger Verd~innung rnit Ringer ohne Bicarbonat sofort dem bereits sensibilisierten Blutegel- pr~parat zugesetzt, das in 5 oder io ccm I~altbliiter-Ringer suspen- diert war. Bei den I~=ontrollversuchen wurde ebenso verfahren, nur die Reizung der Aorta weggelassen. Es sei darauf hingewiesen, dab w~hrend einesVersuches nut einmal eine Punktion vorge- nommen werden kann. Eine Wiederholung am gleichen Tier ist * I. Mitteiluug: H. HOFF und E. PICHLER, Klin. Wschr. 1933, 51. -- II. Mit- teilung: H. HOFF und E. PICHLER, Klin. Wschr. 1935, I824.

Experimentelle Studien zur Frage der Peripheren Gefässregulation

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3I. OKTOBER I936 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 15. J A H R G A N G . N r . 44 1 5 9 9

gegenf iber l ab i l en Seris eille S t e ige rung e r f a h r e n k a n n . D e n n a u c h bei den A n t i k S r p e r r e a k t i o n e n i s t n u r de r p r i m ~ r e Vor- g a n g de r A n t i g e n - A n t i k S r p e r v e r b i n d u n g spezifisch. SekundXr l iegen kol loidale R e a k t i o n s m e c h a n i s m e n vor , ftir die n i c h t die e igen t l i che A n t i g e n f u n k t i o n , s o n d e r n ih re ko l lo ida len Tr~ger m a B g e b e n d silld. Die P r a x i s de r Se r od i agnos t i k wi rd d a h e r wesen t l i ch yon d e m B e s t r e b e n gelei te t , die kol loidale Reak - tionsf~Lhigkeit l lach M6gl ichke i t abzuschw~chen , sie a b e r dabe i noch in j e n e n G r e n z e n zu e rha l t en , die fiir die M a n i f e s t a t i o n de r A n t i k 6 r p e r w i r k u n g n o t w e n d i g sind. DaB be i m a x i m a l e r E m p f i n d l i c h k e i t Grenzf~l le v o r k o m m e n .kSnnen, ill de l len m i t b e s o n d e r s l ab i l en Seris e ine K o l l o i d r e a k t i o n e int r i • u n d d e r a r t e ine A n t i k S r p e r r e a k t i o n v o r g e t ~ u s c h t wird, i s t s c h o n e r w ~ h n t worden .

Von GY~RFFY und LISS~_K w e r d e n schlieBlich als Beweis gegen die Antik6rpernatur der serologischen Luesreaktionen lloch die yon IX~INNI und MOLINARI sowie yon SILBER und FRIESE erhobenen Befunde angeffihrt, nach denen man die Organextrakte bei der Wassermallnschen Reaktion dutch Phenol-Alkohol oder dutch Paraf]inemulsionen e r se t zen k a n n . Demgegen f ibe r muB he r vo r gehobe l l werden , d a b die A l lgaben v o n NINNI u n d MOLINARI 4 f iber d e n E r s a t z de r O r g a n e x t r a k t e d u r c h P h e n o l - A l k o h o l eine A u f k l ~ r u n g d u t c h die U n t e r s u c h u n - gen v o l l S ~ c ~ s u n d SOLL~ZZO ~ e r fahre l l h a b e n . Es h a t s ich er- geben, d a b P h e n o l - A l k o h o l L i p o i d a n t i g e n e in un t e r schwe l l i gen Dosel l ode r in u n t e r s c h w e l l i g e m D i s p e r s i t ~ t s z u s t a n d zu ak t i - v i e r e n ve rmag . ! n W a s s e r m a n n ~ p o s i t i v e n Seris w e r d e n d a h e r d u r c h P h e n o l - A l k o h o l d i e E igen l ipo ide des S e r u m s g r6be r dis- pers bzw. aus i h r e r M a s k i e r u n g d u r c h die EiweiBstoffe be f re i t u n d d e r a r t r eak t ions f~h ig . Es h a n d e l t s ich also in Wi rk l i ch - ke i t n i c h t u m e inen E r s a t z des E x t r a k t e s d u t c h P h e n o l - Alkohol , v i e l m e h r u m eine Alctivierung der Serumlipoide, die d a n n m i t d e n A n t i k S r p e r n des e igenen S e r u m s reagieren , ohl le d a b d a b e i die Phe l lo l -Alkoho l reak t io l l b i she r gee igne t sein dfirfte, den E x t r a k t b e i m sero logischen L u e s n a c h w e i s in p r ak - f i sche r H i n s i c h t zu e rse tzen . Ob es sich bei d e m y o n SILBER u n d FnlESE~ a n g e g e b e n e n E r s a t z de r E x t r a k t e d u r c h P a r a f f i n - e m u l s i o n e n u m den g le ichen M e c h a n i s m u s h a n d e l t , m a g d a h i n - ges te l l t b le iben . E igene E r f ah ru l l gen~ sch i enen in d iesem S inne zu sp rechen . So wi rd m a n also a u c h in d iesen a n u n d fiir s ich i n t e r e s s an t e l l B e f u n d e n e inen Gegensa tz zu t ier An t i - k S r p e r t h e o r i e de r s yph i l i t i s chen B l u t v e r ~ n d e r u n g n i e h t er- b l i cken dfirfen.

W a s el ldl ich die v ie l f~ l t igen negativen Versuche anlangt, beim Menschen durch Vorbehandlung mit Gemischen yon Organ- extralct und artfremdem Serum positive Wassermannsche Beak- tion zu erzielen, so sei e r n e u t d a r a u f h ingewiesen , d a b die Be- d i n g u n g e n me thodo ] og i s ch m e i s t a n d e r s a r t i g l iegen wie im K a n i n c h e l l v e r s u c h . D e r Ul l t e r sch ied ist, abgesehel l yon de r b e s o n d e r e n E i g n u n g des K a n i n c h e n s zu r A n t i k 6 r p e r b i l d u n g , im a l lgemeinen be re i t s d a r i n gelegen, d a b b e i m Mel l sehen die f fir das K a n i n c h e n e r fo rder l i che of t w iede rho l t e i n t r a v e n S s e E i n v e r l e i b u n g v o n E x t r a k t - S e r u m - G e m i s c h e n aus begreif - l i chen Gr f inden n i c h t g a n g b a r ist. I m m e r h i l l liegell ge rade aus n e u e s t e r Zei t B e r i c h t e v o n GRONEBERG s vor, n a c h d e n e n es ge lungen se in soll, d u r c h i n t r a v e n 6 s e K o m b i n a t i o n s i m m u n i - s i e rung m i t P a l l i d a a n t i g e n u n d O r g a n e x t r a k t de r Wasse r - m a n n s c h e n R e a k t i o n e n t s p r e c h e n d e B l u t v e r ~ n d e r u n g e n zu erzeugen. A b e r a u c h ohne d e r a r t be s t ~ t i gende B e f u n d e d t i r f te das n e g a t i v e E r g e b n i s k a u m gee igne t sein, a n de r A n t i k S r p e r - n a t u r de r syph i l i t i s chen B l u t v e r ~ n d e r u n g Zweifel a u f k o m m e n zu lassen. Denl l s icher l ich e n t h a l t e n die z u m serologischen Lues l lachweis d i e n e n d e n O r g a n e x t r a k t e im T i e r v e r s u c h n a c h - we i sba re H a p t e n e , die u n t e r d e n B e d i n g u n g e n der K o m b i n a - t i o n s i m m u n i s i e r u n g zu V o l l a n t i g e n e n werden .

D a m i t i s t die H a p t e n n a t u r de r O r g a n e x t r a k t e bewiesen, u n d e s s t e h t n i ch t s im Wege, d e m e n t s p r e c h e n d die bei Syphi l i s i m S e r u m a u f t r e t e n d e n V e r ~ n d e r u n g e n als Folge e iner An t i - k S r p e r b i l d u n g a n z u s p r e c h e n . DaB dieser B e t r a c h t u n g s w e i s e b i she r bewei sk rMt ige Gr t inde n i c h t en tgegens t ehen , d i i r f t en die v o r s t e h e n d e n A u s f f i h r u n g e n gezeigt h a b e n . I h r Zweck wa r zugle ich d a r z u t u n , daft grunds~itzlich zweierlei Realctions- m6glichkeiten des Serums bestehen, die sich einerseits aus der Antik6rperwir~ung, andererseits aus der kolloidalen Reaktions-

]~ihiglceit ergeben. Sie t h e o r e t i s c h u n d p r a k t i s c h a u s e i n a n d e r - zuha l t en , i s t n i c h t n u r ffir die wissenschaf f l i che D u r c h d r i n g u n g de r E r s e h e i n u n g e n , s o n d e r n a u c h ffir die d i agnos t i s che Be - u r t e i l u n g de r E r g e b n i s s e y o n groBer B e d e u t u n g .

L i t e r a t u r : 1 j . GYSRFFY U. K. LlSSAK, Klin. Wschr. z935~ lO28. -- 2 C. LANGE, Med. Kolloidtehre, S. 391. Dresden u. Leipzig 1935. -- ~ E. WITEBSKY, Z. Immun.forsch. 80, 323 (1933). - - 4 C. NINNI u. G. MOLINA~I, Zbl. Bakt. IO4, 5o2 (1927) ; vgl. Pa tho- logica I927128. -- s H. SAclis u. G. SOLLAZZO, Zbl. Bakter. II2, 325 (1929). - - ~ L. SILBER U. W. FRIESX, Z. Immun.forsch. 42, 425. (1925). - - ~ H. SACHS, Zbl. Hautkrkh . 33, 428 ( 1929 ) . - - S ' T H - G~O~EBER~, Med. Welt I935, 1799.

E X P E R I M E N T E L L E STUDIEN Z U R FRAGE D E R P E R I P H E R E N GEF~SSREGULATION.

III. Mitteilung*. ZUR FRAGE DER HUMORALEN GEGENREGULATION.

Von

H . HOFF u n d E . PICHLER. Aus der Psychiatrisch-Neurologlschen t~linik der Wiener Universitat

(Vorstand: Prof. Dr. O'UFO P(~TZL).

W i r h a b e n in e x p e r i m e n t e l l e n U n t e r s u c h u n g e n (siehe I I . Mi t te i lung) den Nachweis e r b r i n g e n k6nnen , d a b bei e l ek t r i sche r Re i zung tier A o r t a a b d o m i n a l i s eine b e t r ~ c h t - l iche V e r m e h r u n g des Ace ty l cho l i ngeha l t s de r Medul la o b l o n g a t a erfolgt . W i t k o n n t e n a u c h den Weg, den diese E r r e g u n g n i m m t , fes ts te l len, u n d zwar ge]angt sie d u t c h per ia r te r ie l le N e r v e n e n t l a n g de r A o r t a - - Carot is c o m m u n i s - - Carot i s i n t e r n a - - Circul. a r t . Will is i - - A r t e r i a bas i lar is zu r Medul la . W i t i n t e r e s s i e r t en uns z u n ~ c h s t ffir die Frage , y o n we lchen A r t e r i e n aus diese A c e t y l c h o l i n v e r m e h r u n g im t t i r n - s t a m m n o c h zu erzie len war . AuBer den eben ange f i i h r t en Gef~Ben h a t t e eine L i g a t u r de r C o r o n a r a r t e r i e n den gle ichen Erfolg, w ~ h r e n d de r Ve r such u l l te r sollst g le ichen B e d i n g u n - gen, also k i ins t l i che A t m u l l g m i t ~ b e r d r u e k a n d E r 6 f f n u n g des Pe r ika rds , a b e t ohne L i g a t u r de r Herzkranzgef~Be den Ac .Ch . -Geha l t de r Medul la unbee i l l f luBt lieB. I~ein Er fo lg s te l l t e s ich a b e t n a c h Re i zung de r A r t t . femorales u n d b r a c h i a - les ein, u n d zwar weder im H i r n s t a m m noch im Liquor . Es s che inen also n u r die Ge t ,Be de r groBen K S r p e r h S h l e n diese F ~ h i g k e i t de r zen t ra le l l Ac .Ch . -Bi ldung zu h a b e n . Diese T a t s a e h e i s t n i c h t ohne a n a t o m i s c h e Grund lage . W ~ h r e n d n~ml i ch die E ingewe ide a u c h afferel l te v e g e t a t i v e F a s e r n aufweisen, wi rd de r S t a n d p u n k t v e r t r e t e n 1, d a b die E x t r e m i - t~ tengef~Be ledigl ich e f fe ren te F a s e r n aufweisen, u n d zwar ge langen sie y o n den b e n a c h b a r t e n N e r v e n zu den Gef~Ben. Von den Ar te r ie l l de r E x t r e m i t ~ t e n i s t also deswegen kein Reizerfolg zu e rwar ten , well a f fe ren te Gef~Bnerven fehlen.

E s w a r n u n v o n In teresse , zu u n t e r s u c h e n , was m i t d e m in de r Medul la in r e l a t i v groBer Menge v o r h a n d e n e n Ac.Ch. wei te rh i l l geschieht , a n d so v e r s u c h t e n wir zun~chs t , es im L i q u o r de r C y s t e r n a cerebe l lomedul la r i s nachzuweisen . W i r g ingen d a b e i f o lgende rmaBen v o r :

Kaninchen wurden mi t Pernoc ton-~ ther narkotis ier t und im Nacken rasiert ; die Aorta wurde, wie dies in der II . Mitteilung be- schrieben ist, durch 3 Minuten mi t faradischem Strom gereizt; hier- auf wurde Zisternenliquor mittels einer gewShnlichen Injektions- nadel und Pravazschen Spritze entnommen, wobei die Reizung bis zu Beendigung der Punktion, die h6chstens 1[2 Minute in An- spruch nahm, fortgesetzt wurde. In der Spritze befand sich bereits o,i ccm einer L6sung yon Physosfigmin. salicyl. I :5oooo. An Liquor wurde o ,5 - - i ccm gewonnen. Er war ausnahmsweise sangui- nolent, was aber nach unserer Erfahrung beim Ausfall des Versuches in keiner Weise yon Belang war. Der Inha l t der Spritze wurde entweder im ganzen oder nach vorheriger Verd~innung rnit Ringer ohne Bicarbonat sofort dem bereits sensibilisierten Blutegel- pr~parat zugesetzt, das in 5 oder io ccm I~altbliiter-Ringer suspen- dier t war. Bei den I~=ontrollversuchen wurde ebenso verfahren, nur die Reizung der Aorta weggelassen. Es sei darauf hingewiesen, dab w~hrend einesVersuches nut einmal eine Punkt ion vorge- nommen werden kann. Eine Wiederholung am gleichen Tier ist

* I. Mitteiluug: H. HOFF und E. PICHLER, Klin. Wschr. 1933, 51. -- II. Mit- teilung: H. HOFF und E. PICHLER, Klin. Wschr. 1935, I824.

16oo t ( L I N I S C H E W O Q H E N S C H R I F T . 15. J A H R G A N G . Nr. 44 5 r . O K T O B E R x936

erst nach etwa einer Woche, also nach Wiederauffiillung der Zisterne m6glich.

In den 5 Versuchen mit Aortenreizung hatte der Liquor jedesmal eine starke Wirkung auf den Blutegel. Wurde der gesamte Spritzeninhalt dem Pr~iparat zugesetzt, so entstand innerhalb I Minute jedesmal eine maximale Kontraktur. Wurde eine Verdiinnung vorgenommen, so dab der Liquor in der Suspensionsfliissigkeit im Verh~iltnis i : iooo verdiinnt war, so war er immer noch wirksam und in mehreren Ver- suchen einer Verdiinnung roll Ac.Ch.-Chlorid (Fa. Hoffmann- La Roche) I : IO 1~ ungef~thr wirkungsgleich, mitunter sogar etwas st~irker wirksam als diese (s. Abb. I). Der Original- liquor entspricht also ungefXhr einer Ac.Ch.-Jgonzentration yon I : I o . In den Kontrollversuchen war der Liquor, auch wenn der gesamte Spritzeninhalt einem sicher empfindlichen Pr~- parat zugesetzt wurde, vollkommen unwirksam. Bei einer Empfindlichkeit des Pr~iparates yon I : IO ~~ kann bei iofacher Verdiinnung des Liquors angenommen werden, dab in ihm

Abb. I . B lu t ege ip r~pa ra t ; L iquor nach fa rad ischer Re izung de r Bauchao r t a . i : L iquor I : ioo; 2: L iquor i : iooo ; 3: Ae.Ch.-Chlorid i : IO I~

sicher weniger als o,i y / ioo ccm verhanden ist. Es war also m6glich, nach der gleichen Zeit, nach der Ac.Ch. im Hirnstamm auftritt, diese Substanz in betrachtlichen Mengen auch im Liquor nachzuweisen. So wie dort ist sie im Liquor fliichtig nnd Verschwindet innerhalb der kiirzesten Zeit nach Beendignng der Reizung, wie wi res in einem Versuch nachweisen konnten.

Wit stellten uns die Frage, wie Ac.Ch. in den Liquor kommt und meinen, ohne einen exakten Nachweis dafiir er- bringen zu k6nnen, dab es lgngs der Spaltrgume, die yon His Ms Lymphspalten gedeutet wurden - - eine Ansicht, die bis heute noch strit t ig ist - - in den Liquor gelangt. Dieser Meinullg nach wgre also das Auftreten des Ac.Ch. im Liquor ein Zeichen seines Abtransportes, wobei allerdings dieser Ab- transport iiberraschend schnell erfolgen wiirde.

Unsere ngchste Frage ging dahin, zn untersuchen, welche Wirkung Ac.Ch., das wit in relativ so groBer Menge im Hirn- s tamm und im Liquor nachweisen konnten, entfaltet. Selbst wenn es im H i m keinen Angriffspunkt fgnde, so wiirde es doch vom Liquor in das Blur iibergehen und so peripher eine Funktiollsgnderung hervorrufen miissen. Beim Hund und beim Kaninehen wurden Atmung, Elektrokardiogramm und Blutdruck registriert und hierauf die Aorta gereizt. Das Resultat war ein iiberrasehendes: es zeigte sich ngmlich, dab auBer nllweselltlichen Anderungen des Ekg. sich iiberhaupt keine Vergnderung zeigte. Wit mul3ten uns also fragen, ob die von uns gefundene Ac.Ch.-k{enge iiberhaupt imstande ist, vom Oft ihrer Entstehnng aus quant i ta t iv eille registrier- bare Vergnderung vegetativer Funktionen zu veranlassen. DIKSHIT 2 konnte durch Applikation yon o ,o5-- I y Ac.Ch. in den 3. Ventrikel Unregelm~il3igkeit der Herz- und Atem- t~itigkeit, ja sogar Atemstillstand erzielen. Eigene Unter- suchungen ergaben, dab Ac.C-h. etwa in einer Menge yon io suboccipital in die Zisterne eingebracht, schon deutlich wirk- sam ist, abet wesentlich weniger als I y direkt in die Blut- bahn (Carotis oder Ohrvene) eingebracht. Die Differenzen in der Wirkung bef intrazisternaler, intraventrikuliirer und intraven6ser Verabreichung - - yon letzterer ist bekannt, dab o,ooi y und weniger n0ch deutlich blutdruckwirksam ist - - m6gen wohl darauf znrtickzuftihren sein, dab Ac.Ch. j edesmal verschieden fang dem Spaltungsverm6gen der Esterase ausgesetzt ist, bevor es seinen Angriffspunkt erreicht. Ob Ac.Ch imstande ist, direkt auf die Zentren der Medulla zu wirken, ist

unseres Erachtens nicht sichergestellt, ist in diesem Zusammen- hang aber anch gar nicht wichtig. Das eine ist aber klar, dab Ac.Ch. in unseren Versuchen, wenn es im Hirnstamm und in der Zisterne gefunden wird, wohl aueh im Ventrikel vorhallden sein mul3. Und im Hinblick auf die Befunde von DIKSt~IT mul3 daher als sicher angenommen werden, dab Ac.Ch. wirk- sam sein miigte; sind doch die yon nns gefundenen Mengell mindestens ebenso grol3 wie die yon DIKSHIT verwelldeten Ac.Ch.-Dosen. Etwa anzunehmen, dab Ac.Ch. in einer physiotogiseh unwirksamen Form freigemacht wird oder die Erfolgsorgalle nicht ansprechen, liegt kein Grund vor. Es muB daher an die M6glichkeit gedacht werden, dab gleich- zeitig irgelldein Stoff vorhanden ist, der den Effekt des frei- gemachten Ac.Ch. zu paralysieren ve rmag .

Nun ist es eine bekannte Tatsache, dab nach Injektion gr613erer Insu!inmengen Adrenalin ausgeschiittet wird, oder dal3 nach Vagusreizllng eine Blutdruckerh6hung ebenfalls durch eine konlpensatorische Adrenalinproduktion zustande kommt. Es war also ftir uns die MSglichkeit gegeben, dal3 ein iihnlicher Vorgang sieh aueh bei unseren Versuchen ab- spielt und Ac.Ch. als Reaktion auf eine antagonistisch wir- kende Snbstanz etwa Sympathicusstoff entsteht, der prim~ir bei der Reizung frei werden kSnnte.

Wean diese Annahme Berechtigung h~tte, so mtiBte es gelillgen, dutch ein Mittel, das auf prim~ires Freiwerden yon Ae.Ch. infolge Reizung cholinergischer Fasern keinen Einflul3 hat, wohl aber das Wirksamwerden eines sympathischen Reizerfolges verhindert, also durch Ergotamin die Ac.Ch.- Bildung in der Medulla und im Liquor zu verhindern. Wenn vor d e r Reizung der Bauchaorta i mg Gynergen (Fa. Sandoz, Basel) intraven6s injiziert wurde, so blieb tats~tchlich in allen 3 Versuchen die Ac.Ch.-Vermehrung vollkommen aus; Liquor ulld Hirnrinde zeigten iiberhaupt keinen Ausschlag am Pr~iparat, der Ext rak t der Medulla unterschied sich in nichts yon dem eines normalen Tieres.

Zur weiteren Stiitzung unserer Annahme wurde versucht, die Reizung der Gef~iBnerven dllrch Einbringung yon sym- pathicomimetischen Substallzen zu ersetzen, die ebenso Ac.Ch.- Bildung zur Folge haben mtiBten. Zuerst verwendeten wir das zentral angreifende Tetrahydro-/~-llaphthylamin in einer Dosierung yon o,o 3 pro Kilogramm K6rpergewicht ohne Narkose (3 Versuche). Wir warteten, bis der bekannte Er- regungszustand auftrat, und nahmen dann Zisternenliquor ab. Die Ac.Ch.-Konzentration entsprach zwar nicht der bei Rei- zung der Aorta; ihre Wirksamkeit ist aber immerhin einer Verdiinnung yon Ac.Ch.-Chlorid zwischen I : IO s und I : lO 9 ~iquivalent. Eine viel st~rkere Wirkung, die fast an die nach Aortenreizung heranreichte, erzielten wir mit Adrenalin (4 Ver- suche). Nach Injektioll yon 0,2 Adrenosan i : iooo (Sanabo- Chinoin) in die Ohrvelle wurde unter Urethan-Pernocton-Nar- kose punktiert, darauf neuerlich o, 2 Adrellosan gegeben und hier- auf Hinrinde und Medulla entfernt ulld davon in der iiblichen Weise Extrakte hergestellt. Bereits o, I der Liquor-Physostig- min-Mischung den io ccm Suspensionsfliissigkeit, also in ioo- facher Verdiinnung, zugesetzt, hat te eine betr~ichtliche Kon- t raktur des Blutegels zur Folge, die einer Wirkullg yon Ac.Ch. I : Io t~ gquivalent war. Der unverdiinnte Liquor entsprach also ungefghr einer Ac.Ch.-Konzentratioll yon I : IO s. Die Ex- trakte der Hirllrinde waren unwirksam, die der Medulla zeigten noch in ioofacher Verdiinnung einen deutlichen Anssehlag.

Nach AbschluB nnserer Untersuchungen erschien eine Arbeit yon FELDB]ERG und S C H R I E V E R ~, deren Ergebnisse mit den unsrigen in guter ~bereinst immung stehen. Sie gingen yon der Arbeit yon DIKSI~tT aus nnd fallden bei Anwesenheit yon Physostigmin infolge Asphyxie und Adrenalinapplikation, aber auch schon nach gr6Beren Mengen yon Physostigmin allein beim Hunde Ac.Ch. im Liquor. Die yon ihnen nach Adrenalin gefundenen Werte betrugen I : 4 • v, sind also kaum h6her als die nnsrigen. Dies ist auffallend, da unsere Tiere nicht mit Physostigmin vorbehandelt wurden. Dies diirfte abet so zu erldgren sein, dab es beim Kaninehen in geringerem AusmaB notwendig ist, die spaltende Wirkung der Cholinesterase durch Physostigmin zu hemmen, der Esterasegehalt der llerv6sen Organe des Kaninchens also

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geringer ist als beim Hund. Die Ergebnisse yon FELDBERG und SC~RlSVER bringen auch insofern eine Erg/~nzung unserer Auffassung, als sie den Nachweis erbrachten, dab die Ver- ~nderungen der Ac.Ch.-Konzentration im Liquor mit denen im Blut nicht paraltel gehen, also kein ~be r t r i t t des Ac,Ch. vom Blut in den Liquor anzunehmen ist. Dies wS, r e b e i der yon uns behaupteten Herkunft des Liquor-Ac.Ch. aus Teilen des Hirnstammes tibrigens gar nicht zu erwarten.

E i n wichtiger Punkt muBte noch gekl~,rt werden: ob n~mlich die im Zentralnervensystem beobachtete Ac.Ch,- Zunahme mit der dutch Adrenalin hervorgerufenen Blut- drucksteigerung irgendeine Beziehung hat. Dies butte in Anbetracht unserer Versuchsergebnisse mit Ergotamin und Tetrahydro-fi-naphthytamin allerdings nur wenig Wahrschein- lichkeit. FELI~BnRG und SCI~RIEVER haben in ihren Versuchen die Blutdrucksteigerung des Adrenalins durch eine eigene Kompensatorvorrichtung verhindert und bekamen trotzdem die geschilderte Ac.Ch.-Zunahme im Liquor. Aber noch ein Moment muBte berficksichtigt werden. Es war yon vorn- herein nicht auszuschliegen, dab in unserem Versuch mit Adrenalin das in der Medulla gefundene Ac.Ch. nichts anderes darstellt als die hormonale Substanz, die zentral die l~ber- leitung yon zentripetalen durch Pressoreceptoren vermit te l ten Impulsen auf den Vagus besorgt. Wit muBten daher daran gehen, die beim Kaninchen bekannten pressoreceptorischen Nerven auszuschalten und dann Adrenalin zu geben. \Vurde dieser Versuch nach vorhergehender Durchschneidung des Carotissinusnerven, des N. depressor und des Vagus durch- geftihrt, so zeigte sich nach Adrenalininjektion kaum weniger Ac.Ch. im Liquor als nach Adrenalin allein. Auch wenn in einem anderen Versuch nach der Nervendurchschneidung Tetrahydronaphthylamin gegeben wurde, so zeigte der Liquor die gleiche erh6hte Ac.Ch.-I~onzentration wie ohne Nerven- durchschneidung. Es kann also der SchluB gezogen werden, dab Adrenalin Ac.Ch. im Liquor erscheinen l~Bt, auch wenn der durch die Blutdrucksteigerung ausgel6ste und durch den Vagus ausgeftihrte depressorische Effekt wegf/~llt.

lJberblicken wir die bisherigen Ergebnisse: Die Annahme, dal3 bei Reizung der Bauchaorta Ac.Ch. im Hirnstamm infolge Reizung cholinergischer Fasern frei wird, wird fraglich an- gesichts der Tatsache, dab der Effekt der Aortenreizung dutch sympathicomimetische ~Iittel fast vollkommen ersetzt werden kann ; sie erscheint vollends unvereinbar Init der Tatsache, dab die Ac.Ch.-Bildung infolge Aortenreizung durch Ergotalnin verhindert werden kann. Unsere Befunde scheinen uns viel- mehr daffir zu sprechen, dab Ac.Ch. sekund/~r Ms Reaktion auf prim~tr dutch Reizung adrenergischer Fasern gebildeten Sympathicusstoff entsteht.

Der letzte Beweis daffir schiene uns erbracht, wenn es uns gelingen sollte, Sympathicusstoff, der ja bekanntlich chemisch mit Adrenalin identisch oder wenigstens mit ihm nahe ver- wandt ist, direkt im Liquor nachzuweisen. Wenn unsere An- nahme stimmt, durften wit hoffen, dab er denselben W'eg nehmen wiirde wie Ac.Ch., das ja yon der St~tte seiner Bildung in den Liquorraum abgegeben wird. Es wurde Mso wie oben nach Aortenreizung und bei einem Kontrollt ier Liquor sub- occipital entnommen. Zur vergIeichenden Adrenalinbestim- mung sehien uns die yon BAcQ~ modifizierte Viale-Reaktion besonders geeignet zu sein.

In 2 Versuchen zeigte es sich, dab der Reizliquor nach Zusatz der notwendigen Reagenzien (HgCI v t~JO~, Sulfanils~ure) schon nach Ablauf yon 2 Minuten Rosaf~rbung zeigte, die sich in der 3. Minute noch verst~rkte. Der t~ontrolliquor blieb dagegen farblos. In einem 3. Versuch wurde auch der Kontrolliquor etwas rosa, doch zeigte der Reizliquor eine einwandfrei dunklere Farbt6nung. Es-geht daraus hervor, dab Adrenalin nach Aortenreizung im Liquor in emer st/~rkeren Konzentration als I : 3o Millionen vorhanden ist; denn dies ist nach B~cQ die geringste bei dieser Reak~cion noch nach- weisbare Verd~nnung.

Zur weiteren Unterst / i tzung machten wit noch Versuche am Kaninchenohrpr/iparat nach KRAWI~OW-PlSSU~S~I.

Aueh diese Versuche hatten ein gteichsinniges 1Resultat. Im i. Versuch ergab der Reizliquor eine nach 17 Minuten wieder ver- schwundene tlerabsetzung der Tropfenzaht yon 7 ~ pro Minute

Ktinische Wochenschrift, I5. Jahrg.

auf minimal 2, der Kontrolliquor ~tagegen nut eine 7 Minuten dauernde Herabsetzung von 7 ~ pro Minute auf minimal 8. In einem 2. Versuch machte der Reizliquor bei einer viel geriugeren Empfind- lichkeit des Pr~parates eine Herabsetzung um 2o%, wXhrend der Kontrolliquor keine Ver~nderung zur Folge butte. Adrenalin- bestimmungen in der Medulla selbst schienen uns, abgesehen yon den methodischen Schwierigkeiten, nicht unbedingt notwendig zu sein, denn wir glauben, dab es ebenso wie Ac.Ch. nicht etwa aus dem Blute in den Liquor gelangt, sondern aus dem Hirnstamm in dell Liquorraum abgegeben wird.

Wit sehen in dem Ergebnis dieser Versuchsreihe einen erneuten Beweis f/it die Richtigkeit unserer Annahme, dab primXr Adrenalin auf Grund der Reizung adrenergischer periarterieller Nervenfasern im Hirns tamm entsteht und lokal als Gegenreaktion darauf Ac.Ch. frei wird. Die gleich- zeitige Anwesenheit yon Ac.Ch. und Adrenalin erkl~trt auch die uns zun~chst nicht verst~ndliche Tatsache, dab nach Aorten- reizung an Blutdruck, Atmung und Herzt/~tigkeit keine Ver- ~nderung zu beobachten war. Und da dies so ist, k6nnen wit auch den Schlug ziehen, dab die freigesetzten Mengen Adre- nalin denen yon Ac.Ch. wirkungsgteich sind. Die Frage, welcher Ar t die abdominellen Fasern sind, deren Reizung letzten Endes zu Ac.Ch.-Vermehrung an Stellen des Hirn- stammes ffihrt, wurde in unserer II. Miteilung aufgeworfen. W/ihrend uns damals ihre parasympathische Natur wahr- scheinlicher schien, glauben wir heute behaupten zu k6nnen, dab primer sympathische Fasern gereizt werden, deren humoraler Endeffekt dnrch Ac.Ch.-Bildung kompensiert wird, es sich also um eine humorale Gegenregulation im Be- reich vegetat iver Gebilde im ZNS. handelt.

Gegenregulationen im Verlauf hormonalen Geschehens sind uns nicht unbekannt. Aul3er den bereits erw~hnten Bei- spielen sei auf den yon dem einen yon uns mit WeRMER a klargestellten Mechanismus verwiesen: Die Wirkung eines Diureticums wird gebremst und schlieBtich aufgehoben dutch die antidiuretische Wirkung yon Pituitrin, das im Zisternen- liquor nachweisbar wird. Bedenken wir ferner, dab zentral angreifende sympathicomimetische Substanzen zentral be- dingte Erregungszust~nde zur Folge haben, tiberhaupt die Auffassung des ZNS. als Angriffspunkt des sympathischen Systems vor allem dutch die Untersuchungen yon \V. R. HEss und E. T~I. BROCKE gel~tufig wurde, dann k6nnfen wir ent- sprechend den Gedankeng/ingen ~V. R. HEss in der Ac.Ch.- Vermehrung einen Faktor sehen, der nicht nut die vegetat ive Leistung des Adrenalins hemmt, sondern auch der allgemeinen Wirkung des Adrenalins und damit des sympathischen Systems auf die Ganglienzelle selbst hemmend gegeniiber- trit t . Es hebt sich also damit vermutl ich die zentrale Ac.Ch.- Vermehrung als Reaktion auf sympathicomimetische Sub- stanzen fiber das Niveau einer vegetativen Gegenregulation hinaus und wird dadurch Anteil einer h6heren Funktion, die P6TZL 6 unter dem System der niveauhaltenden Faktoren zusammenfaBt und die vielleicht ihre Einzelfunktion in der ,,Gegenreaktion der Zentren" nach diesem Autor findet.

Zusammenjassung der Ergebnisse: I. Nach elektrischer Reizung der Aorta abdominatis erscheint Acetylcholin (Ae.Ch.) im Liquor der Cysterna cerebellomedullaris.

2. Nach vorhergegangener Applikation yon Ergotamin ist die 1Reizung der Aorta. erfolglos.

3. Nach Adrenalin und Tetrahydro-fl-naphthylamin ist Ac.Ch. in betr~chlichem AusmaB im Zisternenliquor nachweis- bar. Dieses 1Resultat ist unabhXngig you der dutch diese Mittel hervorgerufenen Blutdrucksteigerung.

4- Nach elektrischer Reizung der Aorta kann im Liquor Adrenalin nachgewiesen werden.

5- Es wird angenommen, dab die Aortenreizung prim/~r infolge Reizung adrenergischer Fasern in Stetlen des Hirn- stammes zu Adrenalinbildung ffihrt, wodurch sekund~r Ac.Ch.-Bildung veranlagt wird.

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