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Erfolgsstrategien in volatilen Milchmärkten Chancen nutzen, Risiken abfedern Leopold KIRNER Institut für Unternehmensführung, Forschung und Innovation Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik [email protected] Rinderfachtage 2016, 21.-23. Jänner 2016

Erfolgsstrategien in volatilen Milchmärkten · Erfolgsstrategien in volatilen Milchmärkten Chancen nutzen, Risiken abfedern Leopold KIRNER Institut für Unternehmensführung,

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Erfolgsstrategien in volatilen Milchmärkten Chancen nutzen, Risiken abfedern

Leopold KIRNER

Institut für Unternehmensführung, Forschung und Innovation

Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik

[email protected]

Rinderfachtage 2016, 21.-23. Jänner 2016

Meine Themen für heute

Volatiler Michmarkt

Folgerungen für die Unternehmensführung

Konkrete Strategien und Potenziale

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Milchmarkt und Milchpreise Warum schwanken die Milchpreise?

Globalisierung am Beispiel Milchpreis in Euro je 100 kg Milch

Geschützter „Heim-markt“ bis 1995

Einfluss des Weltmarktes auf den EU-Milchpreis

Absturz der Preise auf das niedrigere EU-Niveau

Quelle: Kirner 2014 nach AMA, IFCN

Wie funktionieren Agrarmärkte?

Produktpreis steigt

weniger Nachfrage

mehr Angebot

Lagerbe-stände steigen

Produktpreis sinkt

mehr Nachfrage

weniger Angebot

Lager-stände sinken

Triebfedern für ANGEBOT• Produkt-Futterpreise• Technischer Fortschritt• Agrarpolitik• Entwicklung Abnehmer• Wetter, Krisen,…

Triebfedern f. NACHFRAGE• Bevölkerungswachstum• BIP / Einkommen• Ernährungsgewohnheiten• Urbanisierung

Quelle: Kirner 2015

Milchmarkt und Milchpreise Was sind die Gründe für die jetzige Milchpreiskrise?

Relation von Milch- und Futtermittelpreis Weltmarktpreise in US-Dollar je 100 kg

Quelle: Kirner 2015 nach IFCN

1. Milchkrise

2. Milchkrise

3. Milchkrise

Auslöser bzw. Verstärker der 3. Milchpreiskrise

HoheMilchpreise

2013-14China

Russland Rohölpreis

Milchmarkt und Milchpreise Wie könnten sich die Milchpreise in Zukunft entwickeln?

Preisprognosen für Kuhmilch bis 2024

Quelle: Kirner 2015 nach OECD-FAO Agricultural Outlook 2015-2024=> Auf und Ab der Milchpreise sind auch in Zukunft zu erwarten!

MMP = Magermilchpulver, VMP = Vollmilchpulver

Deutschland, Quelle IFCN

Uganda, Quelle IFCN

Folgen für die UnternehmensführungWas lernen wir daraus für die Betriebsführung?

Einkommen und Milchpreis Einkünfte aus LuF der Milchviehspezialbetriebe und Weltmarktpreis für Milch

Quelle: Kirner 2016 nach LBG und IFCN 2006-14

Kosten

Preise

Preise Preise

PreisePreise

Kosten

Kosten

Kosten

Kosten

Zeit

Euro

Ge

win

n

Ge

win

n

Ge

win

n

Ge

win

n

Ge

win

n

Gilt für Standardprodukte auf Massenmärkten mit potenzieller Überversorgung

Quelle: Stockinger, LfL-München 2009

Spiralfedertheorie: Volatile Preise und Kosten

Die richtigen Aktionen zur rechten ZeitHochphasen nützen!

Quelle: Kirner 2016 nach LBG und IFCN 2006-14

Was wollen wir beibehalten?Was wollen wir verändern?

=> Was lassen wir weg?=> was kommt neu hinzu?

Liquidität sicherstellenInvestitionen aufschiebenLängerfristige Strategie beibehalten

Puffer für schlechte Zeiten ansparen!

Strategische Lücken erkennen (nach M. Weiss 2011, TRIGON in Anlehnung an G. Johnson 2008)

� Wie leiten wir frühzeitig Veränderungen ein?

� Bsp. Landwirtschaft: Konsumentenwünsche, Tierschutz, steigende

Lebenshaltungskosten, technologischer Fortschritt …

Strategische Lücke

Ku

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Zeit

Hier handeln = Zukunftsbezogen handeln

Hier handeln = Problem getrieben

Radikaler Wandel

Ausstieg aus dem Markt

Änderungen im Unternehmen

StrategienWie wollen wir unsere Milchproduktion in den nächsten Jahren ausrichten?

Was ist unsere Markt-Strategie?

Spezialisierung, Wachstum in der

Milch

Wertschöpfung in Milch

Diversifizierung, Ein-kommenskombination

durch zB Wachstum mit Technik, Partner,

Angestellten

Bsp. UaB, Photovoltaik, Biogas, Forst, Gewerbe

Bsp. Biomilch, Direktvermarktung, Kostenoptimierung

Quelle: nach Dorfner 2015 (LfL München)

Strategische Optionen Milchkuhhaltung (a)

Wachstum und Spezialisierung + Kostenvorteile

+ Nutzen des technologischen Fortschritts+ Know how (BetriebsleiterIn, Beratung etc.)- Wachstumsgrenzen (Flächen, Arbeitszeit, …)- Zunehmende Risiken (Liquidität)- Gesellschaftliche Akzeptanz

Wann ist Wachstum sinnvoll?-

Wo

lle

n

+

- Können +

Lernen, Hilfe von Außen?!

Los geht‘s!

Hände weg!Nutze die

Ressourcen für Anderes!

Quelle: L. Kirner 2013

– 300 bis 350.000 kg Milchverkauf pro Jahr gesamt

– Monatliches Milchgeld von 8.500 bis 10.000 Euro

– Zusätzlich 600 bis 1.000 Arbeitskraftstunden (AKh) im Stall (+2 bis 3 Stunden pro Tag), + 500 bis 700 AKh auf dem Feld

– Extra Pacht von rund 20 Hektar (Pachtpreis, Feld-Hofentfernung?)

– Kosten der Bestandsaufstockung: weniger Rindererlöse bei eigenen Tieren, Zukaufkosten bei fremden Tieren

– Investitionen von rund 300.000 Euro bei Neubau

– Jährlicher Kapitaldienst von rund 15.000 Euro (50.000 Euro Eigenkapital, 20 % Investitionsförderung)

Folgen von Wachstumsschritten im

Familienbetrieb - von 20 auf 40 Kühe

– 12.000 Arbeitskraftstunden pro Jahr bzw. vier bis fünf ständige Mitarbeiter

– 17.000 m³ Gülle (Kapazität und Logistik)

– 400 ha Grün- bzw. Ackerland

– 110 neue Milchkühe Jahr für Jahr (Remontierungsrate 28%)

– Im Schnitt mehr als eine Abkalbung pro Tag

– 10.500 Liter Milch am Tag

– 2 Millionen Euro Fremdkapital

– Rund 2 ha Hoffläche

Folgen großer Wachstumsschritte von 100 auf 400 Kühe (nach Drescher 2013)

Zusammenhang von Betriebsgröße (Stück Milchkühe) und subjektive Lebensqualität (Skala von 1-5)

Quelle: L. Kirner 2013, Projekt „Nachhaltige Milch“ zus. mit BOKU und FIBL

n=31

Korrelation nach Pearson: 0,031

Signifikanz: 0,867

Strategische Optionen Milchkuhhaltung (b)

Wertschöpfung (Differenzierung, Nische)+ Häufig geringerer Kapitaleinsatz

+ Gesellschaftliche Akzeptanz+ Weniger abhängig von Weltmärkten (Stabilität)+ Ausnutzen der öffentlichen Gelder- Nachhaltiges Marktpotenzial?- Langfristige Entwicklungsfähigkeit?- Kostensenkung

Preise für Biomilch und GVO-freie Milch in Österreich von Jänner 2013 bis Nov. 2015 in Ct/kg exkl. Ust.

Quelle: Kirner 2015 nach AMA

12,3 Ct/kg

Strategische Optionen Milchkuhhaltung (c)

Erwerbskombination (Diversifizierung) + Stabilität durch Vielfalt

+ Gesellschaftliche Akzeptanz+ Abwechslungsreiche Arbeit + Ausnutzen der öffentlichen Gelder- Arbeitswirtschaft - Arbeitseffizienz- Produktionskosten- Kapitaleinsatz

Leistungen und Kosten je nach Strategie

Leistungen und Kosten je nach Strategie

StrategienKonkrete Auswirkungen von Professionalisierung, Wachstum und Low-Input

Konkrete Strategien für Milchviehbetriebe

Professionalisierung Höhere Grundfutterqualität, Milchleistung, Nutzungsdauer etc.

Wachstum Flächenpacht, Grundfutterzukauf oder Auslagerung der weiblichen Aufzucht

Wertschöpfung Spezielle Vermarktungsprojekte, zB für Bioheu- und/oder Weidemilch

Kostensenkung Kosteneinsparung durch höhere Weideanteile etc.

Berechnete Strategien

• 30: Ausgangssituation mit 30 Milchkühen und 30 ha LF

– 200 t Milchlieferung, 7.039 kg je Kuh und Jahr

• 30: Professionalisierung

– 8.000 kg je Kuh und Jahr, besseres Grundfutter, 229 t Milch

• 60 AUS: 60 Milchkühe, Auslagerung der weibl. Aufzucht

– Milchleistung wie oben, 457 t Milch

• 60 LI Bio: 60 Milchkühe, Low-Input, Bio

– Milchleistung von 5.500 kg je Kuh, 307 t Milch

• 60: 60 Milchkühe, weibliche Aufzucht

– Milchleistung von 8.000 kg je Kuh, 457 t Milch

Strategien für einen MilchkuhbetriebBetrieb mit 30 Milchkühen und 30 ha Grünland

Kennzahl Einheit

Strategie

3030

PROF

60

AUS

60

LI_BIO60

Produzierte Milch je Kuh kg 7.039 8.000 8.000 5.500 8.000

Milchlieferung Molkerei t 200 229 457 307 457

Fläche ha 30,0 30,0 38,0 45,5 56,0

Kraftfutterbedarf kg/Kuh 1.671 2.106 2.106 439 2.106

Kraftfutterpreis Ct/kg 33,50 36,90 36,90 51,30 36,90

Milchpreis Ct/kg 39,67 39,67 39,67 44,67 39,67

Quelle: Kirner nach Internet-Deckungsbeitrag der BA für Agrarwirtschaft

Deckungsbeitrag je Kuh bzw. je kg Milch

Quelle: Kirner 2015

Einkommen je Betrieb bzw. Stunde

Quelle: Kirner 2015

3.327 h ca. 4.600 h

ca.

5.5

00

h

Investitionsbedarf und jährl. Kapitaldienst

Quelle: Kirner 2015

PotenzialeWelche Potenziale stecken in unserem Betrieb?

Rentabilitätsschwellen in Cent je kg in der bayerischen Milcherzeugung

Quelle: nach Dorfner 2016 (BZA Milch Bayern 2013/14)

Internet-Deckungsbeitrag – IDBBerechnen Sie Ihren DB je Milchkuh

Einstieg unter www.awi.bmlfuw.gv.at/idb

Milchkuhhaltung konventionell

Milchkuhhaltung biologisch

Internet-Deckungsbeitrag – IDBDeckungsbeitrag je Mutterkuh und Jahr

Einfluss der Grundfutterqualität auf die Wirtschaftlichkeit

Quelle: Kirner nach Internet-DB der BA für Agrar-wirtschaft, 2016

KennzahlEinheit

Grundfutterqualität

schlecht mittel gut sehr gut

Grundfutterqualität MJ NEL 5,7 5,9 6,1 6,3

Kraftfutterbedarf kg/Kuh 2.637 2.431 2.226 2.021

Kraftfutterkosten €/Kuh 903 832 762 692

Deckungsbeitrag €/Kuh 1.930 2.001 2.071 2.141

Differenz €/Kuh +71 +141 +211

Differenz bei 30 Kühen €/Betr. 2.130 4.230 6.330

Zukunft: Welche Fragen sollen wir uns stellen?

Was ist unsere Strategie für die kommenden Jahre? Nützen wir die guten

Zeiten für den Aufbau von Reserven?

Wonach orientieren sich unsere Investitionen?

Was sind unsere konkreten Ziele?

Kennen wir die kritischen ökonomischen Schwellen in unserem Betrieb?

Den Blick erweitern

Wie viele Dreiecke stecken in dieser Zeichnung?

=> es existieren oft mehr Möglichkeiten als wir glauben!

Quelle: L. Kirner 2013 nach Zeit Wissen Ratgeber 2/2012